Beatrice Kaps-Zuhrmar spielt zur Zeit in der Alten Molkerei Worpswede. Der Lindenstraßen-Star kam direkt von den Filmfestspielen aus Cannes ins Künstlerdorf und überlegt jetzt, nach Bremen zu ziehen.
Zwei Herzen schlagen tief in ihrer Brust. Ein freies, unbeschwertes und ein tiefgründig geerdetes, sagt Beatrice Kaps-Zurmahr in der Theatergarderobe der Alten Molkerei Worpswede. Vielleicht ist dies das Geheimnis der gebürtigen Dessauerin, die schon als Kind im Rampenlicht stand. Die Theaterfrau ist gerade gefragt wie nie zuvor. Über die französischen Seealpen, genauer gesagt, über die Filmfestspiele in Cannes, kam die über die Lindenstraße bekannte Schauspielerin in dieser Saison direkt nach Worpswede ins Theater Alte Molkerei.
Auf der Kinoleinwand in Cannes spielte sie eine traurige Russin, die Hauptrolle in dem Kurzfilm „The Immigrant“. Die gebürtige Dessauerin spricht fließend Russisch. Diese Tatsache verhalf ihr auch während einiger Jahre in London zu unzähligen Rollen. In Worpswede steht Beatrice Kaps-Zurmahr derzeit als Grit in der musikalischen Boulevardkomödie Tussipark auf der Bühne. Vor jedem Auftritt verwandelt sie sich in eine Schwangere.
Anfängliche Probleme
Anfangs hatte sie damit ein Problem. „Die anderen sahen alle so blendend aus. Und dann komme ich mit meinem Bauch unterm T-Shirt und Schlabberhosen daher. Aber inzwischen habe ich mir die Grit richtig zu eigen gemacht. Sie sprudelt auf der Bühne über vor Emotionen und hat einfach einen guten Humor.“ Als Typ lustige, naive Hausfrau und Mutter wird Kaps-Zurmahr gerne von Regisseuren besetzt. Im echten Leben sei sie eigentlich eine ganz andere. „Aber genau das liebe ich an dem Beruf. Ich mag es, in andere Rollen zu schlüpfen, sie eröffnen mir einen neuen Blickwinkel.“ Vorbilder, um sich in ihre Figuren einzufühlen, suche sie sich in ihrer Umgebung. „Ich habe eine Freundin, Jana, sie hat drei Kinder und immer wahnsinnig viel um die Ohren. Ich denke ganz oft, jetzt bin ich die Jana.“ Eine Wahlfamilie auf Zeit sei genau die richtige Dosis, findet die Vierzigjährige. Das funktioniere auch hinter der Bühne sehr gut. Mit einer Kollegin zusammen wohnt die Schauspielerin in einer Wohnung in Walle. „Ich überlege sogar, ob ich ganz nach Bremen ziehen soll.“ Am Norden reize sie die frische Luft, die Landschaft und die Birken. Hier könne sie sich locker machen und glücklich sein, sagt Kaps-Zurmahr.
In Worpswede steht Beatrice Kaps-Zurmahr derzeit als Grit in der musikalischen Boulevardkomödie Tussipark auf der Bühne.
„In Köln ist es inzwischen ziemlich voll.“ Ende der 90er Jahre hatte sie hier ihre Ausbildung im Theater der Keller begonnen und ist gleich im „ersten Rutsch durchgegangen“, erzählt der inzwischen verstorbene Theaterdirektor und Leiter der Schauspielschule, Herbert Wandschneider, über die Aufnahmeprüfung seiner Nachwuchsschauspielerin in einem Fernseh-Portrait. Von Köln ging es für Beatrice Kaps-Zurmahr nach der Ausbildung über Rudolstadt direkt zum Fernsehen. Seit 14 Jahren spielt sie die Arzthelferin Andrea in der Kultserie Lindenstraße. Das Vorsprechen fand gleich bei ihr um die Ecke statt. Dort wurde sie vom Casting-Guru Horst Scheel entdeckt, der auch Til Schweiger zum Karrieresprung verhalf. „Ich weiß noch wie aufregend das war. Damals im Casting durfte ich mit der echten Lisa, Sontje Peplow, spielen.“ Doch die Drehs machen nur einen ganz kleinen Teil ihrer Arbeit aus. Ihr Hauptstandbein ist die Theaterbühne.
„Seit meiner Kindheit weiß ich, dass diese Bretter mir die Welt bedeuten.“ Ihr Vater war bereits Schauspieler am Dessauer Theater, ihre Mutter Ankleiderin. Sie selbst betrat die Bühne schon mit zehn Jahren. „Leider hat mein Vater das nicht mehr mitbekommen. Er ist früh gestorben.“
Mauerfall vorm Fernseher
Den Tiefgang dieser Erfahrung trägt Kaps-Zurmahr durch ihr Leben – und auf die Bühne. Als Zwölfjährige erlebte sie den Mauerfall vorm Fernseher, gemeinsam mit ihrer Oma. „Ich hatte einen Kloß im Hals und wusste, das ist jetzt etwas ganz Besonderes. Ohne diesen Moment hätte ich vielleicht nicht Schauspielerin werden können.“ Um einen kreativen Beruf zu ergreifen, hätte sie in der DDR vor dem Studium einen praktischen Beruf lernen müssen. Schon in der Schule habe sie das Fach PR, „Produktive Arbeit“, besonders herausgefordert. „Wir mussten Gasherde zusammen schrauben und ich wusste sofort, das ist nicht meins.“
Drei Jahre suchte Kaps-Zurmahr nach einer Schauspielschule. Als Dialektbegabte, fließend Russisch und Englisch sprechende Mezzosopranistin, pendelt sie inzwischen vom Set zur Bühne und zurück. Das Engagement in der Lindenstraße sei emotional wichtig. „Die habe ich früher schon immer mit meiner Mutter geguckt.“
Lückenlose Engagements
Fast lückenlos reihen sich seither die Engagements aneinander. Jedenfalls fast. Vor vier Jahren gab es eine kurze Durststrecke. „Ich habe diese Phase im Nachhinein ganz gut genutzt.“ Schon vor acht Jahren hatte sich Kaps-Zurmahr vorgenommen, mehr zu schreiben. Der Filmklassiker „What ever happend to Baby Jane“ von Robert Aldrich mit Bette Davis und Joan Crawford in den Hauptrollen, inspirierte sie, daraus eine Bühnenfassung zu schreiben. „Wir haben es mit fünf Leuten 14 Abende lang gespielt.“ Regie, Kostüme und Bühnenbild waren von der Autorin handgemacht. „Ich würde das Schreiben und Inszenieren von Stücken gerne noch vertiefen. Es fühlt sich so kribbelig an, wie verliebt sein.“
Lieblingsrollen habe sie keine. "Sobald ich auf der Bühne oder am Set stehe, gebe sie alles. Hundert Prozent. Das war bislang immer so.“ Gerne wäre sie mal die Beatrice in Shakespeares „Viel Lärm um nichts“. Vielleicht ergibt sich ja nach einem möglichen Umzug in ihre Traumstadt Bremen die Gelegenheit.
Weitere Informationen zu Tussipark lassen sich auf der Theater-Homepage unter www.alte-molkerei-worpswede.de finden. Dort steht die Schauspielerin am Sonntag, 9. April, ab 15 Uhr vorläufig zum letzten Mal auf der Bühne. Bis dahin gibt es noch sieben weitere Vorstellungen. Auch heute, Sonntag, 26. März, ab 15 Uhr, in der Osterweder Straße 21, in der Alten Molkerei, Worpswede.