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Programmmacher Christoph Maier spricht über das Herforder Capitol und dessen Zukunft

»Kino ist ein Gemeinschaftserlebnis«

Herford (WB). In Goldgräberstimmung sei die Branche nicht, sagt Christoph Maier. Denn die Kinos seien großer Konkurrenz ausgesetzt – Stichwort Streamingdienste. Dennoch ist der Capitol-Programmmacher positiv gestimmt: »Kino macht mich nicht reich, aber es bereichert mein Leben.«

Hartmut Horstmann

Christoph Maier wartet auf die Besucher. Mit mehr als 70.000 Gästen rechnet der Capitol-Programmmacher für dieses Jahr. Sein Grundgefühl, was die Zukunft des Kinos angeht, bezeichnet er als »vorsichtig optimistisch«. Unter anderem setzt Maier auf lokale Kooperationen.
Christoph Maier wartet auf die Besucher. Mit mehr als 70.000 Gästen rechnet der Capitol-Programmmacher für dieses Jahr. Sein Grundgefühl, was die Zukunft des Kinos angeht, bezeichnet er als »vorsichtig optimistisch«. Unter anderem setzt Maier auf lokale Kooperationen. Foto: Moritz Winde

Christoph Maier erinnert sich noch gut an die Zeit, als die Herforder Kinolandschaft in Trümmern lag. Im Dezember 2009 hatte auch das letzte Kino geschlossen.

420 Plätze

Dann schlug die Stunde eines dreiköpfigen Betreiber-Konsortiums, welches das Capitol nach umfangreicher Renovierung im November 2010 wiedereröffnete. Insgesamt 420 Plätze verteilen sich auf vier Säle. Diese seien mittlerweile alle digital, betont Maier. 65.000 Euro habe man allein für die Technik ausgegeben. Zwei der Säle seien 3D-fähig. Als nächsten Schritt kündigt er eine neue Bestuhlung an. Dies sei ein Projekt für die nächsten zwölf Monate, wobei die Verantwortlichen eine konservative Planung bevorzugen – und das heißt: »Wir wollen keine Schulden machen.«

2018 war Negativjahr

Bestätigt sieht sich der 53-Jährige in seiner Vorsicht durch die Zahlen des vergangenen Jahres – wobei Herford im bundesweiten Negativtrend lag. »Wir hatten 52.000 Besucher«, erläutert Maier. Es sei das schlechteste Jahr seit der Wiedereröffnung gewesen.

Zum Vergleich: Im Jahr 2016 wurden 75.000 Capitol-Kinogänger gezählt. Für dieses Jahr rechnet der Programmmacher wieder mit mehr als 70.000 Besuchern. Als Ursache für den Ausrutscher nach unten nennt er: »Das lag vor allem am heißen Sommer.« Für die Branche sei 2018 das schlechteste Jahr seit 1992 gewesen.

Im Ranking gestiegen

Grundsätzlich ist die jüngere Geschichte des Kinos Capitol die Geschichte eines Aufstiegs. Am Anfang habe man den Verleihern regelrecht hinterherlaufen müssen, erinnert sich Maier. Mittlerweile bekomme das Capitol fast jeden Film als Bundesstart – was bedeutet, dass die Herforder Kinogänger nicht länger warten müssen als die Filmfans in den Großstädten. Dieser Aufstieg bei den Verleihern hat etwas mit dem Besucherranking zu tun.

Tops und Flops

Angefordert werden müssen die Filme lange Zeit im voraus. Mit Blick auf Regisseur und Schauspieler traut sich der Programmmacher eine Prognose hinsichtlich der Erfolgssaussichten zu. Doch es gibt auch Flops, die Maier und andere Vertreter der Branche nicht voraussehen – zum Beispiel »Man in Black«. Die ersten drei Teile waren Welterfolge, die vierte Auflage bringt der Programmmacher auf die knappe Formel »Publikumskatastrophe«.

Konkurrenz durch Netflix

Für ein ohne öffentliche Mittel finanziertes Kino ist die Publikumsorientierung überlebensentscheidend. Nichtsdestotrotz legt das Capitol-Team Wert auf eine lokale Zusammenarbeit jenseits aller Blockbusterfilme. So werden oft Begleitfilme zu den Ausstellungen im Zellentrakt gezeigt. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Schulklassen – und damit an junge Menschen, die über die Zukunft des Kinos entscheiden.

Zu den Bedrohungen zählt Christoph Maier die Konkurrenz zum Beispiel durch Angebote wie Netflix oder Streamingdienste. Und er hält dagegen: »Das Gemeinschaftserlebnis, welches durch das Kino ermöglicht wird, ist einzigartig. So wenn sich bei uns zum Bundesstart 420 Leute gleichzeitig den »König der Löwen« anschauen.«

»Herforder entscheiden«

Dennoch fällt die Prognose für die Zukunft des Kinos ambivalent aus. Kinos werde es immer geben, aber immer weniger in den Innenstädten, so Maier. Dies habe mit den Immobilienpreisen zu tun. In kleineren Städten spielten auch die weiteren Angebote für Jugendliche – zum Beispiel Disko – eine Rolle. Um das Kino breit aufzustellen, will Maier lokale Kooperationen intensivieren. Sein Grundgefühl bezeichnet er als »vorsichtig-optimistisch«: »Am Ende entscheiden aber die Herforder, ob es ein Kino gibt.«

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