1. www.westfalen-blatt.de
  2. >
  3. OWL
  4. >
  5. Paderborn
  6. >
  7. „Nicht alle werden überleben“

  8. >

Autohandel am Boden: Auch Werkstätten haben weniger zu tun

„Nicht alle werden überleben“

Paderborn (WB). Verrückte Welt: Im Baumarkt stehen die Menschen mit Sicherheitsabstand in einer Warteschlange, doch auf der anderen Straßenseite darf das Autohaus nicht öffnen. Die Autohändler sind in großer Sorge. Bernd Hillebrand vom gleich­namigen Autohaus am Frankfurter Weg ist sicher: „Diese Krise werden einige Autohäuser nicht überleben.“

Ingo Schmitz

Seit zwei Wochen werden in den Autohäusern keine Fahrzeuge mehr verkauft. Lediglich der Werkstattbetrieb läuft weiter. Allerdings geht auch hier die Zahl der Aufträge deutlich zurück, berichtet Ulrich Hofmann von der Thiel-Gruppe in Paderborn.
Seit zwei Wochen werden in den Autohäusern keine Fahrzeuge mehr verkauft. Lediglich der Werkstattbetrieb läuft weiter. Allerdings geht auch hier die Zahl der Aufträge deutlich zurück, berichtet Ulrich Hofmann von der Thiel-Gruppe in Paderborn. Foto: Jörn Hannemann

Nach Worten von Carl-Christian Goll, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn und Lippe, sind die Auslieferung von Fahrzeugen und der Werkstattbetrieb privilegiert. Trotzdem haben die Händler große Schwierigkeiten. Viele haben für ihre Mitarbeiter bereits Kurzarbeit angemeldet.

„Seit zwei Wochen geht gar nichts mehr“

Die Thiel-Gruppe mit Sitz in Paderborn hat immer rund 650 Gebrauchtwagen an den verschiedenen Standorten stehen. Vor Corona wurden zwischen 300 und 400 Gebrauchtwagen pro Monat verkauft, berichtet Geschäftsführer Ulrich Hofmann. Seit zwei Wochen geht gar nichts mehr. „Und bei jedem Gebrauchtwagen tickt die Uhr“, sagt Hofmann mit Blick auf den Wertverlust.

Auch in der Werkstatt ist weniger zu tun. „Ob Inspektion oder Winterreifen-Wechsel: Es werden Termine ohne Angabe von Gründen abgesagt. Im Service haben wir an manchen Standorten Einbrüche von bis zu 50 Prozent“, berichtet Hofmann. Die Situation verlange ein hohes Maß an Flexibilität. „Für uns ist die Kurzarbeit schwer umsetzbar, weil wir die Kunden weiter so gut es geht betreuen wollen“, sagt der Geschäftsführer.

Weniger Autofahrer – weniger Unfälle: Auch das ist eine Folge der Corona-Krise, in der viele Menschen – zum Glück – zu Hause bleiben.

Und wie hat sich das Unternehmen angepasst? Den Hol- und Bringservice für Fahrzeuge hatte Thiel schon vor der Krise. Und auch schon vorher gab es für Kundenfahrzeuge Lenkrad- und Sitzschoner. Im Autohaus selbst wurde der Zugang zu den ausgestellten Fahrzeugen mit Flatterband abgesperrt. Überall wird auf die Einhaltung des Sicherheits­abstandes hingewiesen.

Nachfrage bei Online-Bestellungen tendiert gegen Null

Auch im Autohaus Hillebrand ist das Geschäft eingebrochen. Theoretisch dürfen die Händler Fahrzeuge per Online-Bestellung verkaufen. Doch in der Praxis tendiere die Nachfrage in diesem Bereich gegen Null, berichtet Inhaber Bernd Hillebrand. „Die Erfahrung der vergangenen Wochen zeigt, dass die Kunden Autos nicht im Internet bestellen“, sagt der Geschäftsführer. Probesitzen oder Probefahrt seien obligatorisch, aber in der jetzigen Situation nicht möglich. „Dabei ließe sich das genauso kontaktlos organisieren wie ein Werkstattaufenthalt“, schlägt Hillebrand vor.

„Unser Unternehmen ist gut aufgestellt. Welcher Händler am Ende überleben wird, ist eine Frage des Eigenkapitals“, meint er. Große Sorgen macht er sich auch angesichts der Kurzarbeiter-Welle, die massive Auswirkungen auf das Konsumverhalten haben werde. Die Monate April bis Juni werden zeigen, so Hillebrand, wie es in der Branche weiter gehe. Er ist sicher: „Die Zahl der Insolvenzen wird aber deutlich nach oben ­gehen.“

Das sagt das Straßenverkehrsamt

Auch wenn der Autoverkauf stagniert: Die Motorrad- und Oldtimersaison startet. Unter welchen Bedingungen wird beim Straßenverkehrsamt des Kreises Paderborn gearbeitet?

Bisher habe es keinerlei Einschränkungen in der Bearbeitung gegeben, teilte der Kreis am Freitag auf Anfrage mit. Anträge von Händlern und Zulassungsdiensten werden demnach am Tag der Antragsstellung fertiggestellt, spätestens aber am nächsten Tag. Viele Privatpersonen ließen ihre Fahrzeuge über Dienstleister zu, heißt es weiter. Wer als Privatperson einen Zulassungsantrag stellen will, sendet eine Anfrage per Mail an [email protected].

Hierbei sind der Grund des Anliegens und eine Handynummer anzugeben. Derzeit werde im Schichtbetrieb gearbeitet. Privatpersonen müssen nach Angaben des Kreises zurzeit etwa fünf Werktage warten. Neben den Zulassungsdiensten und Händlern werden täglich an etwa 100 Privatpersonen Termine vergeben. Aktuell gebe es nur einen geringen Rückstau.

ANZEIGE