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Gesellschaft

Günter Wallraff: Meine Mutter erkannte mich nicht als "Ali"

München (KNA)

Als "unangenehmen Menschen mit stechenden Augen" hat seine Mutter ihn in seiner Rolle als "Ali" dem türkischen Gastarbeiter wahrgenommen, erzählt Journalist Wallraff. Die Erfahrungen dieser Zeit waren für ihn prägend.

Von KNA

Journalist Günter Wallraff
Journalist Günter Wallraff Foto: Harald Oppitz/KNA

Günter Wallraff (81), Investigativ-Journalist, hat einst sogar seine Mutter durch sein verfremdetes Aussehen getäuscht. Als er ihr unangekündigt als türkischer Gastarbeiter "Ali" mit dunklen Kontaktlinsen und schwarzer Perücke zu Hause gegenüber gestanden sei, habe sie ihn nicht erkannt, erzählte Wallraff dem "Münchner Merkur" (Donnerstag). "Als ich dann einige Zeit später umgezogen als ihr Sohn zurückkam, hat sie mich vor Ali gewarnt und meinte: 'Was war das gerade für ein unangenehmer Mensch mit den stechend schwarzen Augen?'"

Er habe ihr dann zur Antwort gegeben, dass Ali sein bester Freund sei, der ihm bei seiner Arbeit helfe, erzählte Wallraff. Ihre Reaktion darauf sei gewesen: "Du bist immer viel zu vertrauensselig. Ich habe Menschenkenntnis. Du wirst sehen, der wird dir noch mal sehr schaden." Später habe er sie dann aufgeklärt. Seine Mutter habe sich immer Sorgen um ihn gemacht, so der Journalist, und ihm geraten, sich doch den ganzen Ärger zu ersparen und endlich mal einen Roman zu schreiben.

Zwei Jahre als türkischer Gastarbeiter

Die Erfahrungen, die er in mehr als zwei Jahren als ausgebeuteter türkischer Gastarbeiter Ali habe machen müssen, seien für ihn noch immer prägend, sagte Wallraff. Das 1985 dazu erschienene Buch "Ganz unten" hat sich seinen Angaben zufolge in Deutschland bis heute mehr als fünf Millionen Mal verkauft und wurde in 38 Sprachen übersetzt.

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