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Beschaulich bis bewegt

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hed_hau_kurpark002_24062_4c_4 © Annette Hausmanns

Der Bad Nauheimer Kurpark ist wunderschön und steckt voller Genuss und Abenteuer. In Pandemiezeiten kann da ein Sonntagsspaziergang auf der Suche nach Ruhe, Erholung und Abstand schon mal zum Spießrutenlauf werden. Muss aber nicht. Ganz im Gegenteil: Der vergangene Sommersonntag in den Parkanlagen hatte das Zeug zum perfekten Kurzurlaub für alle Sinne.

Sonntags in den Kurpark? Eigentlich eher nicht. Weil: oft zu voll - zumal in Zeiten, da man trotz sinkender Corona-Inzidenzen Abstand halten möchte. Die Überraschung gelingt anders als gedacht. Sonntagmorgen, 11 Uhr. Start (und Ziel) für einen gemütlichen Spaziergang mit Kamera und Notizblock sind die Kolonnaden. Beim Italiener an der Parkstraße strahlt eine kleine Familie beim Brunchen. »Das ist wie Miniurlaub. Wir waren schon im Freibad. Herrlich!« Wenige Sitzplätze sind noch frei. Die Stimmung ist entspannt unter den schützenden Sonnenschirmen.

Ein Hauch von Gedränge herrscht auf der Verbindungsstrecke zum Brunnen der Erkenntnis. Das soll an diesem beschaulichen Tag aber die Ausnahme bleiben. Auf den Tennisplätzen ist noch viel Luft, wenige Sportler spielen sich in der gleißenden Sonne die Bälle zu. Unterm Blätterdach am Schwyzer Milchhäuschen genießen Radfahrer, Familien und Freunde kühle Köstlichkeiten. Gerne warten Neuankömmlinge auf ihren reservierten Tisch. Andere ziehen enttäuscht weiter, weil sie spontan keinen lauschigen Platz mehr ergattern konnten.

Kaffeeduft liegt in der Luft - und Musik. Magisch zieht sie über die Usabrücke zur Musikschule. Durch die Fenster dringt wundervoller Gesang. Wie war das noch mit Odysseus und den Sirenen?

Zurück im Park, öffnet sich die Minigolfanlage. Derweil das überdimensionale Schachspiel und die Boulebahn nebenan noch verwaist im Halbschatten liegen, geben sich wenige Minigolfer ein fröhliches Stelldichein.

»Wir sind öfter hier, weil’s so schön ist«, erzählt eine Familie aus Wehrheim. Zwei Mädchen auf sonntäglicher Erlebnistour warten geduldig auf ihren Einsatz. »Die Leute nehmenWartezeiten gerne in Kauf«, berichtet die freundliche Dame am Eingang zum barrierefreien Minigolfplatz. Zur gleichen Zeit dürfe sie coronabedingt nur neun Brettchen herausgeben, die Saison sei aber gut angelaufen.

Teils fasziniert, teils irritiert

Über die Kurhauswiese strömt Frühschoppenmusik aus dem Dolce-Biergarten ins Unterbewusstsein. Nahe dem kleinen Teich steht ein schwer beladenes Fahrrad im »Dschungel«, sein Fahrer gönnt sich eine Pause. Hinter der kleinen Steinbrücke schreitet eine kanadische Gänsekolonie mit etlichen Küken im Zeitlupentempo über den Weg und lässt sich ins Wasser gleiten. Fußgänger schauen teils fasziniert, teils irritiert und versuchen, weder den Zorn des großen Ganters auf sich zu ziehen, noch versehentlich in eine glitschige Hinterlassenschaft zu treten.

Beim Erna-Ente-Team herrscht sonntägliche Ruhe, und auch auf dem Holzdeck am Teich ist fast keine Menschenseele zu sehen. Ein Brautpaar nutzt die idyllische Szenerie fürs Fotoshooting.

»Erstaunlich ruhig für einen Sonntag«, finden Parkbesucher. Ein Ehepaar schwärmt vom Erlebniswert: »Für Kinder ist der Kurpark ein Abenteuer und für Ältere eine Oase der Erholung.« Am Großen Teich öffnet Ben Luh gerade seinen Bootsverleih. Viele Stammgäste seien nach dem Lockdown wiedergekommen, berichtet der Pächter. »Das ist wie ein Kurzurlaub hier.« Einem Paar mit Enkeltochter hilft er gerne in das begehrte Entenboot »Elvis«, das sich dafür von seiner Nachbarin, der stolzen Schwänin »Marilyn«, trennen muss. »Die beiden sind unsere Renner«, strahlt Luh. Keine zwei Stunden später sind fast alle Boote »in See gestochen«.

Lachen dringt vom Wasser zum Teichhaus herüber. Es duftet nach Bratwurst. Auch hier warten die Menschen geduldig. An den Bistro-Tischen vorm Eisstadion werden ganz entspannt Kaffee und Kuchen serviert. Bevor es durch immer noch angenehm bewegte Gefilde zurück und zu einem Abstecher in den üppig duftenden Rosengarten und zur Meeresbrise am Gradierbau geht, offenbart sich am Teich das i-Tüpfelchen auf den perfekten Kurparkbummel: Auf ihrer keltischen Harfe verzaubert Natacha Guryca aus Nieder-Mörlen mit zarten Melodien gebannt lauschende Wanderer. Gartenarchitekt Heinrich Siesmayer hätte seine helle Freude gehabt. Vor 160 Jahren schuf er Bad Nauheims grüne Lunge im Stil eines englischen Landschaftsparks - als besonderen Ort zum Krafttanken.

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hed_hau_kurpark004_24062_4c_1 © Annette Hausmanns
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hed_hau_kurpark006_24062_4c_1 © Annette Hausmanns
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hed_hau_kurpark005a_2406_4c_2 © Annette Hausmanns

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