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Chelostoma florisomne

(Linnaeus 1758)

Hahnenfuß-Scherenbiene

Synonyme: Osmia florisomnis (Linnaeus 1758); Eriades maxillosus (Linné 1767)

male Chelostoma florisomne - Männchen. 8–11 mm. Das letzte Hinterleibssegment ist rund ausgeschnitten und erscheint dadurch zweiteilig; die mittleren Geißelglieder sind bräunlichgelb und unten scharf gesägt.

male Chelostoma florisomne - Weibchen. 7–11 mm. Der Clypeus hat am Vorderrand eine aufrechte Lamelle. Die Mandibeln lang und schmal.

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    male Chelostoma florisomne - Männchen
  • s-01
    male Chelostoma florisomne - Weibchen

Chelostoma florisomne Männchen frontal

Frontalansicht des Männchens.

Chelostoma florisomne Weibchen frontal

Frontalansicht des Weibchens. Die ausgeprägten scherenartigen Mandibeln des Weibchens, die sich für den Bau des Nestverschlusses hervorragend eignen, haben der Artengruppe zu dem Namen »Scherenbienen« verholfen.

Verbreitung

Ganz Europa mit Ausnahme des hohen Nordens. In den Alpen bis 2200 m. – In Deutschland keine Verbreitungsgrenze, in allen Bundesländern verbreitet. Schweiz. Österreich.

Lebensraum

Waldränder, Waldlichtungen, Streuobstwiesen, regelmäßig auch im Siedlungsbereich (synanthrope Art). Als Nistplätze dienen Totholzstrukturen verschiedenster Art, z.B. abgestorbene Äste, anbrüchige Bäume, »wurmstichige« Balken und Bretter von Holzschuppen und Scheunen, alte Zaunpfähle; außerdem Schilfmatten (Sichtschutz) oder reetgedeckte Dächer. In erreichbarer Nähe müssen geeignete Pollenquellen vorhanden sein (Teilsiedler).

Pferdeweide

Auf dieser Pferdeweide mit Streuobstbestand im Tübinger Norden dominiert Mitte Mai der Scharfe Hahnenfuß (Ranunculus acris) und taucht alles in ein strahlendes Gelb. Die älteren Obstbäume enthalten abgestorbene Äste mit Käferfraßgängen. Deshalb sind hier die Lebensraumbedingungen für die Hahnenfuß-Scherenbiene gut.

Nistweise

Solitäre Art, die in vorhandenen Hohlräumen nistet. Bevorzugt werden Insektenfraßgänge in totem Holz und andere röhrenförmigen Hohlräume, z.B. die Internodien der Schilfhalme von reetgedeckten Häusern. Besiedelt regelmäßig auch Nisthilfen, z.B. Bohrungen in Holz, Bambus- und Schilfröhrchen (Innendurchmesser bevorzugt 3,5 mm). Die Nester sind Linienbauten und enthalten meist 2–3, in Schilfhalmen sogar bis zu 8 Brutzellen. Die Zellzwischenwände und der Nestverschluß bestehen aus einem mit Drüsensekreten (?) und Nektar durchtränkten Mörtel aus Lehm oder Sand. Der Nestverschluß ist besonders charakteristisch, weil in den noch weichen Mörtel kleine Steinchen gesetzt werden. Nach dem Trocknen werden die Nestverschlüsse steinhart. (Ausführliche Literaturangaben bei Westrich 2019: Die Wildbienen Deutschlands).

Chelostoma florisomne säubert altes Nest

Chelostoma florisomne nutzt regelmäßig alte Nester. Hier räumt ein Weibchen alte Kotreste und Baumaterial aus einem vorjährigen Osmia-Nest, bevor es das Bambusröhrchen selbst nutzt.

Chelostoma florisomne mit Pollen

Ein Weibchen ist von seinem Sammelflug zurückgekehrt und wird den in der Bauchbürste gespeicherten, leuchtend gelben Hahnenfuß-Pollen im Nest deponieren.

Chelostoma florisomne mit Pollen

Ein Weibchen verschließt das meist mehrzellige Nest, das in einer Bohrung in einem Holzblock angelegt wurde. In den sehr feuchten Mörtel werden kleine Steinchen gesetzt, wozu das Weibchen seine langen, gebogenen Mandibeln benutzt. Der Nestverschluß wird dermaßen hart, daß er selbst mit einer Nadel kaum zu öffnen ist.


Chelostoma florisomne Nest

Geöffnetes Bambusröhrchen mit 4 Brutzellen von Chelostoma florisomne. Der Nestverschluß und damit der ursprüngliche Nesteingang befindet sich am rechten Ende. Die Zwischenwände sind meist recht dünn (0,5 bis 1,5 mm). Jeweils im Anschluß an eine verproviantierte Zelle (Brutzelle) wurden von dem Weibchen sogenannte Leerzellen (Interkalarzellen) gebaut, was für diese Scherenbiene charakteristisch ist.

Chelostoma florisomne Puppe

Eine Larve hat sich in ihrer Brutzelle eingesponnen. Der Kokon ist bei dieser Art milchig weiß und nur schwach durchscheinend.

Chelostoma florisomne Puppe

Hier wurde der Kokon vorsichtig geöffnet. Zu sehen ist die Puppe, die der adulten Biene ähnelt, aber nur eine schwache Färbung angenommen hat. In diesem Stadium findet meist die Überwinterung statt. Erst im kommenden Frühling wird sich die Puppe ganz ausfärben und als adulte Biene den Kokon durchbeißen und das Nest verlassen

Blütenbesuch

Streng oligolektische Art, die auf Ranunculus (Hahnenfuß) spezialisiert ist. Bislang bekannt gewordene Pollenquellen:

  • Ranunculus repens (Kriechender Hahnenfuß)
  • Ranunculus acris (Scharfer Hahnenfuß)
  • Ranunculus bulbosus (Knolliger Hahnenfuß)
  • Ranunculus lanuginosus (Wolliger Hahnenfuß)
Chelostoma florisomne an Ranunculus

Ein Weibchen bei der Pollenernte an Scharfem Hahnenfuß (Ranunculus acris).

Die Weibchen entfernen sich beim Pollensammeln nach Beobachtungen des finnischen Entomologen Käpylä (1978) bis zu 150 m vom Nest, während die Männchen nur 80 m weit weg vom Nest nektarsaugend gefunden wurden. Die Männchen schlafen gelegentlich auch in Ranunculus-Blüten.

Kuckucksbienen und andere Gegenspieler

Bisher wurden keine Bienenarten bekannt, die bei Chelostoma florisomne schmarotzen. – Regelmäßig parasitiert bei dieser Art aber die Keulenwespe Sapyga clavicornis, deren Aussehen und Lebensweise auf dieser Seite detailliert beschrieben ist.

Phänologie

Univoltin. Flugzeit von Ende April bis Ende Juni. Hauptnistaktivität im Mai. Überwinterung meist als unausgefärbte (helle), teils als ausgefärbte (schwarze) Puppe.

Gefährdung und Schutz

Die Art wird in geeigneten Lebensräumen regelmäßig angetroffen. Deshalb ist sie nicht im Bestand bedroht. Als Teilsiedler braucht sie die Kombination von Nistgelegenheiten und ausreichend großen Hahnenfuß-Beständen in erreichbarer Entfernung vom Nistplatz. Im Garten, ja selbst auf dem Balkon läßt sich die Art leicht mit Nisthilfen ansiedeln, wenn z.B. gleichzeitig auf das häufige Rasenmähen verzichtet und die Entwicklung von Blumenwiesen gefördert wird. Außerhalb des Siedlungsbereichs kommt es durch Beseitigung der Nistgelegenheiten, z.B. durch Rodung von alten, anbrüchigen Obstbäumen oder die Beseitigung alter Zaunpfähle, zumindest lokal zu Verlusten. In Streuobstgebieten ist daher die Erhaltung von Totholzstrukturen eine wichtige Schutzmaßnahme.

Ein Männchen trinkt Nektar in einer Blüte von Kriechendem Hahnenfuß (Ranunculus repens).

Ein Weibchen sammelt Pollen in der Blüte des Scharfen Hahnenfuß' (Ranunculus acris).

Die Hahnenfuß-Scherenbiene nistet vielfach auch in Bambusröhrchen mit einem Innendurchmesser von 3–4 mm. Hier wird gerade ein Steinchen in den durch Zugabe von Nektar feuchten Mörtel gesetzt.

Ein Weibchen sammelt in der Nähe des Nestes Lehm und kleine Steinchen für den Bau der Zellzwischenwände und des Nestverschlusses.

Nestverschluß in einem als Nisthilfe mit Bohrungen angebotenen Holzblock (stark vergrößert, natürlicher Durchmesser ca. 4 mm).

Aufgrund der Beigabe von Nektar verpilzen die Nestverschlüsse im Laufe des Winters. An den verpilzten Flächen rund um den Nesteingang kann man die Nester von Chelostoma florisomne auch im Winter noch gut erkennen.