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Ernteausfälle bis zu 80 Prozent erwartet

Erneute Dürre setzt Landwirten zu

Tecklenburger Land

Schon der Februar war trocken, ebenso der April und Mai. Und im Sommer war Regen absolute Mangelware – im Juli, eigentlich der regenreichste Monat des Jahres, fiel wie im Mai lediglich ein Drittel des Niederschlags wie sonst üblich. „Es ist schon besorgniserregend“, sagt Albert Rohlmann, Vorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) im Kreis Steinfurt.

Tobias Vieth

Albert Rohlmann zeigt die Probleme, die die erneute Trockenheit dem Mais gemacht hat. Auch wenn die Pflanzen hochstehen, wird der Ertrag gering werden.
Albert Rohlmann zeigt die Probleme, die die erneute Trockenheit dem Mais gemacht hat. Auch wenn die Pflanzen hochstehen, wird der Ertrag gering werden. Foto: Tobias Vieth

Und die genannten Niederschlagsdaten, aufgenommen am Flughafen Münster Osnabrück, sind nur die halbe Wahrheit. Einen richtigen Landregen, bei dem es mal zwei, drei Tage überall im Kreis durchregnet, hat Rohlmann lange nicht mehr gesehen. Der Regen dieses Jahres war nicht nur gering, er war auch überaus ungleichmäßig verteilt.

Die Landwirtschaft befindet sich schon im zweiten Dürrejahr. Deutlich sichtbar ist das an vielen Stellen an den Maisfeldern. Rohlmann, der selbst Schweine mästet, erklärt, dass gerade die extreme Trockenheit etwa zwischen dem 10. Juli und 10. August in die Zeit falle, die für den Mais für die Befruchtung und den Kolbenansatz besonders wichtig ist. Der Kolben selbst mache etwa die Hälfte des Ertrages aus. Auch der Regen der vergangenen Tage ändert daran nichts mehr – für die Pflanzen ist der Zug abgefahren.

Wobei der Mais nicht überall gleich schlecht aussieht. Rechnet Rohlmann im Mittel mit mehr als 50 Prozent Ertragseinbußen, gibt es auch Standorte, bei denen es auch 80 Prozent weniger Ertrag gibt. Das hängt zum einen mit dem auch räumliche unterschiedlichen Niederschlag zusammen – hie und da ging zur rechten Zeit eben doch ein Gewitter nieder – aber auch mit den Standorten an sich. Auf den Sandböden, sofern sie weit vom Grundwasserspiegel entfernt und nicht in Senken gelegen sind, ist die Situation am extremsten. Die Eschböden mit ihrer großen Humusauflage zeigen sich etwas weniger problematisch. Rohlmann: „Da ist es etwas abgeschwächt.“


Während einige Maispflanzen noch Kolben ausbilden, bleibt der Ertrag bei vielen anderen spärlich.
Während einige Maispflanzen noch Kolben ausbilden, bleibt der Ertrag bei vielen anderen spärlich. Foto: Tobias Vieth

Das Problem hat für die Tierhalter, die den Mais als Futter einsetzen zwei Dimensionen. Zum einen ist es die fehlende Menge, Rohlmann hat nun schlicht weniger Maiskolben für das Schweinefutter. Der Hörsteler muss dann zukaufen, was selbstverständlich ins Geld geht. Für Rinderhalter, etwa die Milchviehbetriebe, die die gesamte gehäckselte Pflanze als Silage verwenden, kommt eine zweite Dimension hinzu: Die fehlende Qualität des entstehenden Futters, das weniger energiereich ist. Bei seinen Milchkühen mache das schnell drei bis vier Liter Milch weniger pro Tag und Tier aus, sagt Benedikt Langemeyer, Milchviehhalter in Mettingen und stellvertretender WLV-Kreisvorsitzender.

Auf etwa einem Drittel seiner Flächen baue er Mais an, um die Tiere zu versorgen, sagt Langemeyer. Maissilage zuzukaufen ist problematisch – der Transport ist anspruchsvoll. Anders als Getreide, das getrocknet recht einfach verfrachtet werden kann, ist die Silage als recht verderbliches Futtermittel im Transport aufwendig und damit teuer.

Wobei sich in Langemeyers Fall die Dürre nicht so extrem auf den Mais ausgewirkt hat wie bei anderen Landwirten. Sein Problem und das vieler anderer Bauern ist eher das Grünland, das die übrigen Flächen des Betriebs ausmacht. „Wir sind seit fünf Wochen am Zufüttern“, sagt Langemeyer, eine Beweidung funktioniert wegen des vertrockneten Grünlands nicht mehr, Kraftfutter muss den Ausfall kompensieren. Etwa vier bis fünf Mal im Jahr könne man normalerweise die Wiese schneiden, um daraus Grassilage zu machen. 2017 etwa habe er fünf gute Schnitte gehabt, erinnert sich der Mettinger. In diesem Jahr gab es bislang erst zwei Schnitte. „Danach war nichts mehr.“ Und selbst, wenn es jetzt noch weiter regnen sollte, rechnet Langemeyer damit, dass in diesem Jahr wohl nur noch ein weiterer Schnitt hinzukommt. Normalerweise könne der Betrieb mit seinen eigenen Flächen das Futter bereitstellen, nun geht das schon zum zweiten Mal in Folge nicht.

Für die Betriebe, sagt Langemeyer, sei zudem auch eine wichtige Frage, wann solche Dürren sie ereilen. Bei stark schwankenden, nicht auskömmlichen Milchpreisen wie in den vergangenen Jahren, zusätzlich eventuell unter dem Druck gerade getätigter Investitionen und dadurch geringerer Rücklagen wird es schnell kritisch. „Es geht um die Existenz“, sagt Langemeyer.

In gewissen Grenzen können die Bauern beim Anbau auf die Wasserknappheit der vergangenen zwei Jahre reagieren. Rohlmann erklärt, dass es wassersparende Bodenbearbeitung gebe, bei der weniger gepflügt wird, und das weniger tief. Eine andere Möglichkeit ist, die Pflanzen dem Standort entsprechend weniger dicht zu setzen, sodass vom knappen Restwasser mehr für die einzelne Pflanze übrig bleibt. Erwischen die Landwirte allerdings ein Jahr, in dem es stärker regnet, bleibt der Ertrag so hinter den Möglichkeiten zurück. Und nach der Dürre im vergangenen Jahr hatten viele schon mit Änderungen reagiert. „Aber dieses Jahr war das an vielen Stellen schon wieder ausgereizt.“

Auf die Forderung von Dürrehilfen, wie sie im vergangenen Jahr laut Rohlmann etwa 70 Betriebe im Kreis beantragten, will der WLV nicht setzen. Denn Bauern schwebt eher vor, dass es ihnen ermöglicht wird, den Gewinn des Betriebes steuerlich über mehrere Jahre glätten zu dürfen, um so Extreme abzufedern. Zudem wünschen sie sich ein System einer bezahlbaren Versicherung gegen Dürreschäden, das von der öffentlichen Hand bezuschusst wird, und mit dem die Risiken so zwischen betroffenen und weniger betroffenen Regionen ausgeglichen würden. Klar ist für Rohlmann schon jetzt, das große Teile des Kreises unter der langen Trockenheit leiden. Und: „Diese zwei Jahre werden auf die Betriebe mehrere Jahre nachwirken.“ Selbst dann, wenn es nächstes Jahr wieder normal regnen sollte.