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Theaterstück im Bürgerhaus

Abrechnung der Freaks

Telgte

„Geh raus und sei Gyros!“, sagt Komiker Sammy Boehme (Heiko Seidel) – und hat das Keller-Niveau seiner Komik damit schon definiert. Für Witze über die Griechenland-Krise reicht dem dumpfbackigen Star der „Sammy-Boehme-Show“ ein Gyros-Kostüm mit einer Zwiebel auf dem Kopf.

Arndt Zinkant

Die Gag-Autoren der „Sammy-Boehme-Show“ in der Krise. Maike Kühl und Christian Ehring kümmern sich um ihren Kollegen (Heiko Seidel, Mitte), den nicht nur die Inspiration, sondern auch die Frau verlassen hat.
Die Gag-Autoren der „Sammy-Boehme-Show“ in der Krise. Maike Kühl und Christian Ehring kümmern sich um ihren Kollegen (Heiko Seidel, Mitte), den nicht nur die Inspiration, sondern auch die Frau verlassen hat. Foto: Zinkant

„Geh raus und sei Gyros!“, sagt Komiker Sammy Boehme (Heiko Seidel) – und hat das Keller-Niveau seiner Komik damit schon definiert. Für Witze über die Griechenland-Krise reicht dem dumpfbackigen Star der „Sammy-Boehme-Show“ ein Gyros-Kostüm mit einer Zwiebel auf dem Kopf. Notfalls, so denkt er, müssten nach jeder Pointe noch „lustige Geräusche“ eingespielt werden, und das Fernsehpublikum lacht sich `nen Ast. Kein Wunder, dass sein Gag-Schreiber (Christian Ehring) am liebsten die Brocken hinschmeißen oder den Chef zumindest beim „Kabarettgerichtshof“ anklagen würde.

„Freaks. Eine Abrechnung“ hieß das gelungene Stück aus der Schmiede des legendären Düsseldorfer Kom(m)ödchens, das im Bürgerhaus Telgte glänzend ankam. Wir befinden uns hinter den Kulissen einer Humor-Sendung, wo talentierte intellektuelle Spötter ihr Talent damit verschwenden, den Witze-Motor einer Rampensau zu ölen, die Putin nicht von Stalin unterscheiden kann. Sicher, die Bildungslücken des Sammy Boehme sind arg dick aufgetragen – die satirischen Funken, die das bewährte Kom(m)ödchen-Team aus dem Plot schlägt, dafür beachtlich. Heiko Seidel und Maike Kühl treten jeweils in mindestens drei verschiedenen Rollen auf; Christian Ehring – als Kabarett-Allzweckwaffe zurzeit in sämtlichen TV-Sendungen – spielt „nur“ den Autor Christian, der sich mit den Neurosen der Kollegen herumschlägt und die Praktikantin Vanessa mit den Hollywood-Flausen im Kopf vergeblich zum Kaffee-Holen animiert.

Der Plot ermöglicht es, nicht nur Witze und Lieder zu bringen, sondern auch zu reflektieren – über die Profi-Humoristen und das ganze, mittlerweile so heikle Unterfangen „Satire“. Stichwort Islam: Es ist ausgerechnet die emanzipierte Autorin, die keine Religionswitze mehr bringen möchte – weil ihr Liebster nun mal Hasan heißt und ihr zum Geburtstag ein Kopftuch geschenkt hat. Ihr Autoren-Kollege Wolfgang (Heiko Seidel) ist dagegen ein Häufchen Elend, von Frau und Selbstbewusstsein verlassen. Dass er sich aufgrund eines kindlichen Traumas wie ein piepsendes Erdmännchen gebärdet, macht die Sache nicht einfacher – nur witziger.

Das Stück scheut keine Comedy-Albernheit, hat aber auch melancholische Momente, wenn das „Erdmännchen“ ein anklägerisches Lied wider den Selbstoptimierungs-Wahn wimmert. Dann sitzt Christian Ehring an den Tasten. Und auch die übrigen Lieder sind textlich und musikalisch auf den Punkt geschrieben. Komplexe Probleme wie Euro und Griechenland lassen sich natürlich nur kalauernd anreißen, etwa wenn Ehring über den kahlen Finanzminister Varoufakis sagt: „Diese Frisur – ist das nun schon der Schuldenschnitt!?“

Die Gewinner der Aktion Platzverweis, die die Westfälischen Nachrichten in Kooperation mit Tourismus+Kultur durchführen sind die Plätze H 169 und C 52.