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Telgte der Kindheit

Rendezvous bei schummerigem Licht

Telgte

„Weißt Du noch…?“ entfuhr es den 15 Telgtern mehrmals, als Stadtführerin Elke Bokermann sie unter dem Thema „Kindheit in Telgte“ an geschichtsträchtige Orte in der Altstadt brachte.

wn

Von Elke Bokermann (3.v.r.) erfuhren die Teilnehmer der Stadtführung viel Wissenswertes, und etliche alte Erinnerungen wurden dabei wieder wach.
Von Elke Bokermann (3.v.r.) erfuhren die Teilnehmer der Stadtführung viel Wissenswertes, und etliche alte Erinnerungen wurden dabei wieder wach. Foto: privat

„Weißt Du noch…?“ entfuhr es den 15 Telgtern mehrmals, als Stadtführerin Elke Bokermann sie unter dem Thema „Kindheit in Telgte“ an geschichtsträchtige Orte in der Altstadt brachte. Bei der Veranstaltung standen Alltagsgeschichten von früher auf dem Programm, organisiert von Reinhild Spitz vom Ortsverband der Grünen.

Vom Ausrufer auf dem Marktplatz ging’s zum Paotersgängsken, ein beliebter Ort für ein erstes Rendezvous wegen der eher spärlichen, schummerigen Lichtverhältnisse. Die Herrenstraße 10, ursprünglich eine Tuchfabrik, wurde 1835 von der Stadt als Domizil einer Mädchenschule eingerichtet – sehr spärlich, wie die damalige Bezirksregierung konstatierte, die auf einer Verbesserung der unzureichenden sanitären Ausstattung - „Abtrittshäuschen im Hof“ – beharrte. „Ein derartiger Mangel an Einsicht, bei gleichzeitig vorhandenem Vermögen der Bürger ist uns noch nie begegnet“, lautete der deutliche Rüffel an die Stadt. Für Jungen wurde ein Gebäude nebst Turnhalle auf dem jetzigen Parkplatz an der Ritterstraße errichtet.

Nächste Station: sie Badeanstalt an der Ems, 1889 von Dr. August zu Verth, Arzt im Rochus-Hospital, gegründet. Holzplanken trennten den Nichtschwimmer-Bereich ab. Zwei mal zwei Meter große Badezellen mit 80 Zentimeter tiefem Wasser waren dem Arzt vor allem aus hygienischen Gründen ein wichtiges Anliegen: War’s in der Ems zu kalt, konnten die drei Badeanstalten der Familie Elberfeld an der Bahnhofstraße genutzt werden.

In Haus Nr. 15 an der nach ihm benannten Straße wirkte ab 1926 Dr. Josef Koch, der auch als Schularzt tätig war. Hausbesuche erledigte er per Motorrad. Nur ein Drittel der damaligen Schüler badete überhaupt einmal pro Woche, weniger als ein Sechstel putzte sich die Zähne.

Mandelentzündungen und Kopfläuse erforderten regelmäßig ärztliche Behandlung. Die Diagnose erfolgte häufig über die Analyse abgegebener Urinproben. Mehrere „Stadtrundgänger“ - vier von ihnen sind in Telgte geboren – erinnerten sich an die in den 1960er Jahren gut besuchten Kinos Parktheater und Lichtburg der Familie Homoet.

Elke Bokermann ging auch auf die Geschichte des Mariä-Geburtsmarktes ein, der ursprünglich am Montag stattfand. Weil das aber bedeutete, dass bereits am Sonntag der Viehauftrieb begann, bestand die Geistlichkeit auf einer Verlegung auf den Dienstag. Der von da an „stille Montag“ lockte aber zum Leidwesen des Pfarrers und der Gendarmen „allerlei Gesindel nach Telgte und verleitete die Arbeiter zu Alkoholkonsum und Müßiggang“.

Wilhelm Theilmeier konnte die Schilderung der Tätigkeit Dr. Kochs um dessen Empfehlung an ein kinderloses Ehepaar ergänzen, doch mal die Harkampsheide aufzusuchen. Dem Paar wurden mehrere Kinder geboren . . .