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Problematik

Wildschäden setzen dem Wald zu

Wildverbiss-Wald
Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 09.12.2022 - 14:40

Der Agrarausschuss zieht eine katastrophale Bilanz. Die Regierung führt Gegenmaßnahmen an.

Wien Wildschäden werden in manchen Teilen Österreichs zu einem immer stärkeren Problem für den Wald. Das geht aus dem Wildschadensbericht 2021 hervor, den Anfang Dezember (5.12.) der Landwirtschaftsausschuss des Nationalrats debattierte. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen zur Kenntnis genommen. Den Antrag der SPÖ, den Bericht auch im Nationalratsplenum zu debattieren, unterstützten indes nur FPÖ und NEOS.

Laut dem Wildschadensbericht sind überhöhte Schalenwildbestände, zu intensive Waldweide und vor allem mangelnde Berücksichtigung der Bedürfnisse des Wildes bei der Waldbewirtschaftung die Gründe für die höheren Schäden. Die Beunruhigung und Verdrängung des Wildes durch Tourismus und Erholungssuchende, Siedlungstätigkeit oder Verkehr verstärken den negativen Trend.

41% der Verjüngungsfläche ist geschädigt

Die Ergebnisse der Österreichischen Waldinventur 2016 bis 2021 zeigen eine Verschlechterung der Schadenssituation durch Wildverbiss. Von den rund 1,4 Mio. Hektar verjüngungsnotwendiger Fläche weisen 41 % oder 577 000 Hektar Wildschäden auf. Davon entfallen 115 000 Hektar auf Schutzwald. Das ergibt ein Plus von vier Prozentpunkten gegenüber dem Zeitraum von 2007 bis 2009. Zu hohe Wildbestände würden eine rechtzeitige Verjüngung und somit eine nachhaltige Entwicklung des Schutzwaldes gefährden, heißt es im Bericht.

Auch die Ergebnisse des Wild-Einflussmonitorings 2019 bis 2021 sind laut Wildschadensbericht wenig zufriedenstellend. Während sich in 40 % der Bezirke Verbesserungen zeigen, ist in 44 % der Bezirke der Wildeinfluss auf die Waldverjüngung angestiegen. Zwischen 2016 und 2018 wiesen noch 62 % aller Bezirke Verbesserungen auf. In Bezirken mit starkem Wildeinfluss werde sich die Situation zudem erst dann nachhaltig verbessern, wenn der Wildeinfluss über mehrere Perioden deutlich sinke, lautet das Resümee.

Auch bei den Schälschäden gibt der Bericht keine Entwarnung. Schälschäden beschränken sich auf Gebiete mit Rotwildvorkommen und treten hauptsächlich in jüngeren Beständen im Stangenholz auf, überwiegend bei Fichte. Im Schutzwald haben die Schälschäden allerdings zugenommen und beeinträchtigen seine Schutzwirkung. Im Wirtschaftswald ist der Anteil der geschälten Stämme nach einem Anstieg seit den 1990er-Jahren erstmals wieder gesunken, um einen Prozentpunkt auf 8,5 Prozent.

Mittel aus Waldfonds sollen helfen

Um die Verbiss- und Schälschadensituation zu verbessern, braucht es laut Bericht verstärkte Anstrengungen, um die rechtzeitige Verjüngung der Schutzwälder, die Wiederaufforstung geschädigter Wälder, den Erhalt der Funktionalität und die notwendige Anpassung der Wälder an den Klimawandel nicht zu gefährden. Mit den Mitteln des Waldfonds unterstütze das Ressort Maßnahmen wie jene für „klimafitte“ Wälder. Die Nachfrage nach der Förderung sei sehr stark, begrüßte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig

Mit der Österreichischen Holzinitiative wolle man Innovationen für die stoffliche und energetische Verwendung von Holz unter anderem durch Forschung, Bildung und Vernetzung fördern, meinte der Landwirtschaftsminister zu Andreas Kühberger (ÖVP). 2021 habe es 1,9 Mio. Festmeter Schadholz durch den Borkenkäfer gegeben, beantwortete Totschnig die Frage von Ernst Gödl (ÖVP) und hob die Bedeutung von raschen Maßnahmen und die Förderung klimafitter Wälder hervor.

Rechungshof-Kritik: Zu wenige Mittel im Wald

Den jüngsten Rechnungshof-Bericht, wonach weniger als die Hälfte der Mittel des Waldfonds unmittelbar auf Waldflächen zum Einsatz kämen, thematisierten neben Cornelia Ecker (SPÖ) auch Franz Leonhard Eßl (ÖVP) und Karin Doppelbauer (NEOS). Laut Parlamentskorrespondenzen wiesen Totschnig und ein Experte aus dem Forstressort auf die hohe Klimarelevanz der Maßnahmen hin. Der Kritik an der Förderung von Forststraßen hielt der Experte entgegen, dass eine solche Infrastruktur eine Notwendigkeit darstelle.

Die Situation des Waldes sei unbefriedigend. Cornelia Ecker (SPÖ) verlangte unter anderem eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Im Waldfonds werde kein Pestizideinsatz gefördert, beantwortete der Landwirtschaftsminister eine Frage von Michael Seemayer (SPÖ). Es könne aufgrund einer Datenbank eine Doppelförderung von Maßnahmen ausgeschlossen werden, erläuterte ein Experte des Ressorts gegenüber Elisabeth Feichtinger (SPÖ).

Grünen finden Bericht erschreckend

Gegen den schlechten Zustand des Waldes werde nichts unternommen und die Naturverjüngung sei durch die Wildschäden nicht mehr möglich, bemängelte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Ein Drittel des Schutzwaldes sei ohne Gegenmaßnahmen zum Verfall verurteilt, warnte Fraktionskollege Alois Kainz. Dies hätte dann die Notwendigkeit von kostenintensiven technischen Schutzbauten zur Folge. Der Wildschadensbericht ist nach Auffassung von Clemens Stammler (Grüne) angesichts der wenigen Verbesserungen und den teilweisen Verschlechterungen erschreckend. Der Wald sei angesichts der Belastung durch Borkenkäfer, Trockenheit und Stürme massiv vom Klimawandel betroffen, sah auch Martin Litschauer (Grüne) Handlungsbedarf.

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