16°
Logo lw

Gazettchen

Bitte nicht mit dem Löffel draufhauen!

Ich muss mich immer wieder darüber wundern, was uns Konsumenten so alles geraten wird. Den Vogel abgeschossen haben die Verpackungsgestalter meines Lieblings-Joghurts.

Marketingsprüche sollen uns Konsumenten dazu verleiten, ein bestimmtes Kaufverhalten an den Tag zu legen. Dabei amüsiere ich mich immer wieder, was uns da für ein Unfug zugemutet wird. Ein schönes Beispiel liefert ein bekannter Brotaufstrich, der seine Produkte bewirbt mit der Aussage: „Mit dem Besten aus entrahmter Milch.“ Damit muss wohl Wasser gemeint sein, denn entrahmte Milch enthält definitionsgemäß sonst nicht mehr viel. Wenn es um unnütze Hinweise geht, hat jedoch ein Joghurt den Vogel abgeschossen.

Wir kaufen seit geraumer Zeit immer den gleichen deutschen Joghurt, der in Glasbechern von einem halben Liter verkauft wird. Die Glasbecher sind mit einem Etikett versehen, auf dem allerlei Text steht. Da wäre die Zusammensetzung zu erwähnen, das Haltbarkeitsdatum sowie einige Marketingzusätze, die das Produkt ausloben nebst einem anregenden Bild. Wobei die Bemerkung „Serviervorschlag“ nicht fehlen darf.

Harte Schläge können das Glas beschädigen.

Die Krönung jedoch steht auf dem Etikett ganz oben: „Harte Schläge mit dem Löffel können das Glas beschädigen.“ Was bitte sehr, hat diese Bemerkung auf einem Glasbecher Joghurt verloren? Oder bin ich bereits so weit von der Realität entfernt, dass ich den tieferen Sinn dieses sicherlich gutgemeinten Ratschlags nicht mehr nachvollziehen kann?

Eine ganz neue Erkenntnis ist es ja nun beileibe nicht, dass harte Schläge nicht nur Glas, sondern im Grunde genommen nahezu jedes Material beschädigen können. Und zumindest mir ist nicht bekannt, dass es zum Alltag gehört, mit einem Löffel auf Joghurtgläser draufzuhauen. Aber immerhin, der Hinweis besagt ja nur, dass das Glas beschädigt werden kann. Es besteht also nur die Möglichkeit und nicht die Sicherheit, dass es zerbricht oder sonst wie kaputtgeht. Vielleicht sollte ich es doch mal versuchen, um zu sehen, was passiert.

Aus dem Leben der LW-Journalisten

Das „Gazettchen“ ist eine informelle Kolumne, in der die Autoren auf legere Weise von ihren Alltagserlebnissen erzählen oder auch schon mal Einblick in ihre Gedankenwelt gewähren. Das hat eine lange Tradition: Am 3. Dezember 1946 erscheint erstmals ein Meinungsstück mit dem Titel „Heute“ am Seitenanfang oben links auf der ersten Lokalseite im „Luxemburger Wort“. Am 13. Januar 1971 wird dann aus der bei den Lesern ausgesprochen beliebten und sehr persönlichen Kolumne das „Gazettchen“, das bis heute und über alle Layout-Überarbeitungen hinweg seinen Premium-Platz in Luxemburgs auflagenstärkster Tageszeitung behalten hat. 

Das könnte Sie auch interessieren








Das Neueste aus Wort+