Wenn man so will, ist Thomas Cook, der zweitgrößte Reisekonzern der Welt, das erste prominente Opfer des Brexits. Denn offenbar haben sich vor allem britische Kunden aus Angst vor dessen Konsequenzen beim Buchen von Pauschalreisen extrem zurückgehalten. Keine Frage, die Folgen werden riesig sein, für die zahlreichen Zulieferfirmen, aber natürlich auch die Tochterfirmen wie Condor, Neckermann Reisen und Öger Tours. Dementsprechend werden die Auswirkungen weit über die Britischen Inseln hinausgehen: Rund 600.000 Menschen sind laut Medienberichten nun betroffen, Schätzungen zufolge befinden sich 120.000 bis 160.000 Deutsche darunter.
Uns als Verbraucherzentralen ist nicht bekannt, wie viele davon sich bereits im gebuchten Urlaub befinden oder wie viele ihre Reise erst gebucht, aber noch nicht angetreten haben. Für beide Fälle raten wir Urlaubern aber als Erstes dazu, sich beim Reiseveranstalter zu informieren, wie es nun mit dem Urlaub und dem Hin- beziehungsweise Rückflug weitergehen soll. Checken Sie alle Kontaktkanäle, die Sie Ihrem Veranstalter bei der Buchung mitgeteilt haben (also auch zum Beispiel Ihre SMS), sowie die Website des Unternehmens.
Nicht eigenmächtig handeln
Wir raten unbedingt davon ab, jetzt eigenmächtig den Flug zu stornieren oder etwa auf eigene Faust einen Rückflug zu buchen. Sie könnten im schlimmsten Fall auf den Kosten dafür sitzen bleiben. Informieren Sie sich zunächst gründlich bei Ihren Ansprechpartnern. Stellen Sie sich auch auf längere Wartezeiten an den Flughäfen ein.
Pauschalurlauber sind normalerweise durch den Reisesicherungsschein geschützt, er garantiert, dass man bei Firmenpleiten nicht im Ausland festhängt und dass das Urlaubsgeld nicht plötzlich futsch ist. Urlauber können sich mittels Nummer auf dem Reisesicherungsschein beim Versicherer der Reise auch informieren, welche Risiken ihre Versicherung abdeckt. Besitzt man so einen Schein, spricht nichts dagegen, eine Reise bei den betroffenen Reiseveranstaltern anzutreten.
Man könnte theoretisch auch jetzt noch Reisen buchen, das muss jede und jeder selbst entscheiden. Es könnte allerdings einen kritischen Fall geben: Thomas Cook hat einen Versicherungsschutz mit bis zu 110 Millionen Euro. Sollten nun alle Geschäfte dieses riesigen Unternehmens stillstehen, werden möglicherweise deutlich höhere Ausfallsummen fällig. Es ist daher dringend nötig, solche Unternehmen zu einer wesentlich höheren Versicherungssumme zu verpflichten.
Einzelbuchungen sind nicht gesichert – schuld daran ist die Politik
Am kritischsten sehe ich aber, dass der Reisesicherungsschein nur für Pauschalreisen gilt – nicht jedoch wenn man nur Einzelleistungen bucht, also nur die Flüge oder nur die Unterkünfte. Hat man dagegen nur einen Flug gebucht, muss man bei einer Insolvenz und einem Ausfall des Fluges an den Insolvenzvertreter direkt herantreten. Die Erfahrung zeigt, dass Verbraucher dabei meist nur einen einstelligen Prozentanteil rückerstattet bekamen. Mit anderen Worten: In solchen Fällen ist das Geld meist verloren.
Die Verantwortung dafür trägt auch die Bundesregierung. Denn die Reisesicherung galt ironischerweise bis ins vergangene Jahr auch für Einzelbuchungen wie Unterkünfte oder Tagesreisen. Dagegen hat die Reiselobby im dann kräftig getrommelt und es tatsächlich geschafft, dass das Reiserecht auf europäischer und nationaler Ebene geändert wurde. Auch Tagesfahrten unter 500 Euro sind nun nicht mehr geschützt. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung hat sich von der Branche weichklopfen lassen und eine Verschlechterung des Reiserechts herbeigeführt. Wirklich alles andere als ein politisches Glanzstück. Insofern wäre es enorm wichtig, dass auch Einzelreiseleistungen – welche lange im Voraus bezahlt werden – wieder eine Absicherung erhalten.
Debattieren Sie mit, liebe Leserinnen und Leser! Sind Sie selbst von der Insolvenz betroffen? Fühlen Sie sich angemessen behandelt, welche Erfahrungen machen Sie gerade mit den Reiseveranstaltern? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!
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