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Klageerwiderung vom 20.10.2008 - Bohl & Collegen Rechtsanwälte

Klageerwiderung vom 20.10.2008 - Bohl & Collegen Rechtsanwälte

Klageerwiderung vom 20.10.2008 - Bohl & Collegen Rechtsanwälte

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x<br />

<strong>Bohl</strong> & Coll. <strong>Rechtsanwälte</strong> Franz-Ludwig-Straße 9 97072 Würzburg<br />

Amtsgericht Würzburg<br />

- Abteilung für Zivilsachen -<br />

Ottostraße 5<br />

97070 Würzburg<br />

Würzburg, <strong>20.10.2008</strong><br />

BOHL & COLL.<br />

______________________________________________________________________________<br />

<strong>Rechtsanwälte</strong><br />

Unser Zeichen: 0904gu/08Na<br />

Sachbearbeiter: RA Jörg R. Naumann<br />

vorab per Telefax: + 49 (931) 381-450<br />

30 C 2420/08<br />

Stadtwerke Würzburg AG (RA Dr. Stumpf)<br />

g e g e n<br />

Dr. Gutsche, Lothar (<strong>Bohl</strong> & Coll. <strong>Rechtsanwälte</strong>)<br />

w e g e n<br />

Forderung<br />

In vorgenannter Angelegenheit bedanken wir uns für die gewährte<br />

Fristverlängerung.<br />

Für den Beklagten beantragen wir<br />

K l a g e a b w e i s u n g.<br />

Auf den Klageschriftsatz <strong>vom</strong> 02.09.2008 wird für den Beklagten<br />

wie folgt<br />

e r w i d e r t:<br />

� su_7e<br />

Johannes <strong>Bohl</strong> *<br />

Rechtsanwalt und<br />

Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

Lehrbeauftragter an der FH Würzburg<br />

Jutta Kronewald M.A.<br />

Rechtsanwältin und<br />

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht<br />

Jörg R. Naumann<br />

Rechtsanwalt und<br />

Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

Dr. jur. Burkhard Tamm<br />

Rechtsanwalt<br />

ehem. Sozialversicherungsfachangestellter<br />

Schwerpunkt: Medizinrecht<br />

* zugelassene Gütestelle nach dem<br />

Bayer. Schlichtungsgesetz<br />

Die <strong>Rechtsanwälte</strong> der Kanzlei sind vertretungsberechtigt<br />

vor allen deutschen Gerichten<br />

(außer BGH in Zivilsachen) und dem Europäischen<br />

Gerichtshof.<br />

E-Mail: info@ra-bohl.de<br />

Internet: www.ra-bohl.de<br />

Büro Würzburg:<br />

Franz-Ludwig-Straße 9<br />

97072 Würzburg<br />

Telefon: +49 (931) 79645-0<br />

Telefax: +49 (931) 79645-99<br />

E-Mail: wuerzburg@ra-bohl.de<br />

Allgemeine Bürozeiten:<br />

Mo.-Do.: 8.00 – 12.00 und 14.00 – 17.00 Uhr<br />

Fr.: 8.00 – 12.00 und 14.00 – 16.00 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

Zweigstelle Fulda:<br />

Dr.-Weinzierl-Straße 13<br />

36043 Fulda<br />

Telefon: +49 (661) 9336303<br />

Telefax: +49 (661) 9336356<br />

E-Mail: fulda@ra-bohl.de<br />

Termine nur nach Vereinbarung


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 2<br />

I. Zuständigkeit des Gerichts<br />

Der Beklagte rügt die Zuständigkeit des Amtsgericht Würzburg.<br />

Die Klage wurde beim sachlich unzutreffenden Amtsgericht erhoben. Der Beklagte fordert<br />

nicht nur den Nachweis der Billigkeit der Preise für Strom, Gas und Trinkwasser, sondern<br />

auch einen Nachweis dafür, dass die Klägerin mit ihrer Preissetzung für Strom und Erdgas<br />

nicht gegen § 1 und § 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und nicht gegen § 29 des<br />

Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verstößt. Ferner fordert der Beklagte<br />

einen Nachweis dafür, dass die Preissetzung der Klägerin für Strom, Erdgas und Trinkwasser<br />

nicht § 19 Absatz 4 des GWB verletzt, indem die Klägerin ihre marktbeherrschende<br />

Stellung im Großraum Würzburg missbraucht.<br />

Die vermutete Einpreisung der kostenlos zugeteilten Co2-Zertifikate in den Strompreis ist<br />

ein erstes Indiz für solche Verstöße gegen Kartell- und Energiewirtschaftsrecht. Die Akzeptanz<br />

der kartellrechtswidrig überhöhten Vorleistungspreise von Gasvorlieferanten ist ein<br />

weiteres Indiz für derartige Verstöße. Auch die Weigerung der Klägerin, trotz mehrfacher<br />

schriftlicher Hinweise des Beklagten bei den eigenen Vorlieferanten Unbilligkeit einzuwenden<br />

und mit Bezug auf Entscheidungen des Bundeskartellamtes Schadenersatz für überteuerte<br />

Vorleistungen zu verlangen, spricht für einen Missbrauch der regional marktbeherrschenden<br />

Stellung.<br />

Die Klägerin gilt insbesondere in Zell am Main als Grundversorger im Sinne des<br />

§ 36 EnWG. Nach § 1 und § 2 EnWG sind die Stadtwerke zu einer möglichst kostengünstigen<br />

Versorgung verpflichtet. Das EnWG fordert Kosteneffizienz und begrenzt die Gewinne<br />

der Energieversorger. Gemäß § 102 EnWG sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die<br />

sich aus dem EnWG ergeben, ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die<br />

Landgerichte ausschließlich zuständig. Dies gilt auch, wenn die Entscheidung eines<br />

Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach dem EnWG zu<br />

treffen ist. Nach §§ 1 und 2 EnWG ist die Klägerin zu einer möglichst kostengünstigen Versorgung<br />

verpflichtet. Das EnWG fordert Kosteneffizienz und begrenzt die Gewinne der Energieversorger.<br />

Vor diesem Hintergrund ist nicht das Amtsgericht Würzburg, sondern eine<br />

Kammer für Handelssachen am Landgericht Würzburg zuständig.<br />

II. Zur Klageforderung (Ziffer 2. der Klage)<br />

Die Klage ist unschlüssig. Die Klägerin hat nicht den Nachweis der Billigkeit ihrer Energietarife<br />

erbracht.<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 3<br />

1. Fehlender Verzug des Beklagten<br />

Der Beklagte befindet sich bezüglich Erdgas, Strom und Trinkwasser in der Grundversorgung<br />

und besitzt keinen Sondervertrag mit der Klägerin. Denn sein Erdgastarif heißt laut<br />

Abrechnung „Grundpreistarif II Allgemein“. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin bereits<br />

vorgelegten Rechnung Anlage K1.<br />

Der Stromtarif mit der Bezeichnung „Mein Frankenstrom Familie ET“ beinhaltet eine Konzessionsabgabe<br />

von umgerechnet 1,32 Cent/KWh. Daraus ist nach § 2 Abs. 2 b) KAV zu<br />

schließen, dass der Strombezug ebenfalls nach der Grundversorgung erfolgt, da für Sondervertragskunden<br />

nach § 3 Nr. KAV maximal 0,11 Cent/kWh Konzessionsabgabe zulässig<br />

wäre.<br />

B e w e i s: Sachverständigengutachten<br />

Der Trinkwasser-Verbrauch wird nach dem Tarif „Allgemein Zell a. Main“ abgerechnet.<br />

Vom 01.01.2005 bis zum 18.04.2006 hatte der Beklagte mit Schreiben <strong>vom</strong> 30.12.2004 nur<br />

den Preiserhöhungen bei Erdgas und Strom mit Verweis auf § 315 BGB widersprochen<br />

und beim Gas sogar eine Preiserhöhung von maximal 2 % anerkannt.<br />

B e w e i s: Schreiben <strong>vom</strong> 30.12.2004 in Kopie, Anlage B1<br />

Seit dem 18.04.2006 hat der Beklagte die Gesamtpreise als unbillig gerügt und die ursprünglich<br />

zugestandenen 2 % Preiserhöhung zurückgenommen.<br />

B e w e i s: Schreiben <strong>vom</strong> 18.04.2006 in Kopie, Anlage B2<br />

Seit dem 14.11.2006 hat der Beklagte die Zahlungen für Strom und Erdgas komplett eingestellt.<br />

Seit dem 05.12.2006 zahlt der Beklagte auch kein Trinkwasser mehr.<br />

Allerdings leistete der Beklagte für 2006/2007 eine Vorauszahlung von 204,00 €.<br />

B e w e i s: Kontoauszug <strong>vom</strong> 02.12.2006 in Kopie, Anlage B3<br />

Alle Unbilligkeitseinwände wurden der Klägerin <strong>vom</strong> Beklagten außergerichtlich schriftlich<br />

und ausführlich dargelegt gegeben. Im Wesentlichen bemängelt der Beklagte an der Preisgestaltung<br />

der Klägerin folgendes:<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 4<br />

1. Bezugskosten<br />

a. Zeitpunkt und Umfang der geänderten Bezugskosten<br />

b. Werbekostenbeihilfen und Rabatte beim Vorlieferanten (vgl. im Detail<br />

Schreiben <strong>vom</strong> 07.08.2006)<br />

c. Suche nach kostengünstigerem Gaseinkauf vor dem 30.09.2007<br />

d. Einwand der Unbilligkeit gegenüber Vorlieferanten (vgl. Schreiben <strong>vom</strong><br />

18.04.2006)<br />

e. Aktivitäten zum kostengünstigeren Gaseinkauf, nachdem das Bundeskartellamt<br />

am 17.9.2007 in seiner Entscheidung B 8 – 113/03-11 die Langfristverträge<br />

ihres Vorlieferanten Ferngas Nordbayern GmbH als kartellrechtswidrig<br />

eingestuft hat<br />

f. Schadenersatz von Vorlieferanten wegen kartellrechtswidrig überhöhter Vorleistungspreise<br />

(vgl. im Detail Schreiben <strong>vom</strong> 20.03.2008)<br />

2. Kostensenkungen an anderer Stelle, z. B. beim Personal oder im Marketing<br />

3. Quersubventionierung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />

4. Quersubventionierung des Dallenbergbades<br />

5. Abrechnung der Stromsteuer<br />

6. Abrechnung der Abgaben nach EEG und KWKG<br />

7. Preisdifferenzierung zwischen Tarifabnehmern und Kraftwerksgas<br />

8. Bestimmung der Netzkosten vor dem Hintergrund bereits gezahlter Baukostenzuschüsse<br />

9. Berücksichtigung der kostenlos zugeteilten CO2-Emissionszertifikate im Strompreis<br />

10. Nachweis, dass die Klägerin AG in ihren Geschäftsbeziehungen unabhängig <strong>vom</strong><br />

E.ON-Konzern handelt; Hintergrund für diese Frage ist die Geschäftsstrategie der<br />

E.ON AG, über Ihre Tochtergesellschaft Thüga AG auch Minderheitsbeteiligungen<br />

wie an der Klägerin AG wie Konzernunternehmen zu behandeln, vgl. S. 82 im Geschäftsbericht<br />

2006 der E.ON AG, der sich im Internet abrufen lässt unter<br />

http://www.eon.com/de/downloads/GB_D_komplett_geschuetzt_2006.pdf .<br />

11. Geschäftsberichte der Klägerin AG, wie sie bis 2006 einschließlich publiziert worden<br />

sind<br />

12. Nachweis, dass sich die Verluste aus den spekulativen Zinsderivatgeschäften nicht<br />

in den Energie- und Wasserpreisen niederschlagen<br />

Diese Argumente sind der Klägerin aufgrund der außergerichtlichen Korrespondenz vollumfänglich<br />

bekannt. Zur Verweidung von Wiederholungen der Argumente, die beiden Parteien<br />

bekannt sind, und deren (nochmalige) Erläuterung den Umfang dieses Schriftsatzes<br />

sprengen würde sowie der Übersichtlichkeit abträglich wäre, wird vorliegend zunächst von<br />

einem detaillierten Eingehen abgesehen. Sofern die Klägerin sich jedoch weiterhin nicht<br />

zur Offenlegung ihrer Kalkulation bereit erklären sollte, wird der Beklagte hierzu – ggf. auch<br />

nach richterlichem Hinweis – ausführlich vortragen.<br />

Die immer stärkere Reduktion der <strong>vom</strong> Beklagten zugestandenen Preise für Energie und<br />

Wasser beruht darauf, dass erst im Laufe der Zeit immer mehr Einzelheiten öffentlich bekannt<br />

wurden, die seine Zahlungsbereitschaft verminderten. Je mehr sich der Beklagte mit<br />

Geschäftsberichten der Klägerin und mit Hintergründen der Preisfindung für Energie beschäftigte,<br />

desto weniger konnte er einen Anhaltspunkt für einen „billigen Preis“ finden. Die<br />

Preise, die der Beklagte noch 2005 akzeptierte, wurden durch die neuen Informationen für<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 5<br />

ihn 2006 inakzeptabel. Die Gründe dafür sind in den Schreiben an die Klägerin ausführlich<br />

dokumentiert.<br />

Die Einrede der Unbilligkeit nach § 315 BGB hat die (zumindest vorläufige) Nichtfälligkeit<br />

des Zahlungsanspruchs zur Folge. Da der Gesamtpreis und nicht nur die Preiserhöhung<br />

als unbillig im Sinne des § 315 BGB gerügt wurde, ist für Strom, Gas und Trinkwasser überhaupt<br />

keine Zahlung fällig. Deshalb wird der Beklagte die ausstehenden Beträge erst<br />

zahlen, wenn ihm die Billigkeit der Preise nachgewiesen wurde.<br />

Den fehlenden Verzug hatte der Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit Schreiben <strong>vom</strong><br />

24.07.2008 mitgeteilt und dabei auch auf § 17 Absatz 1 der Stromgrundversorgungsverordnung<br />

und § 17 Absatz 1 der Gasgrundversorgungsverordnung verwiesen.<br />

B e w e i s: Schreiben <strong>vom</strong> 24.07.2008 in Kopie, Anlage B4<br />

2. Höhe der Klageforderung<br />

Die Auflistungen auf Seite 2 und 5 der Klageschrift <strong>vom</strong> 02.09.2008 widersprechen sich,<br />

die Gesamtsumme ist deshalb unschlüssig. Die Restzahlung aus 2005 in Höhe von<br />

39,38 € wird auf Seite 5 doppelt gezählt, da sie auch in dem Betrag von 234,72 € enthalten<br />

ist. Tatsächlich wurden die Forderungen der Klägerin von 2005 bis heute wie folgt beglichen:<br />

Rechnung der Klägerin <strong>vom</strong> Rechnungsbetrag <strong>vom</strong> Beklagten gezahlt nicht ge-<br />

der Klägerin<br />

zahlt<br />

03.11.2005 1.815,52 € 1.668,00 € + 108,14 € 39,38 €<br />

03.11.2006 1.935,34 € 1.536,00 € 399,34 €<br />

05.11.2007 2.118,66 € 204,00 € 1.914,66 €<br />

Abschläge 11/2007 – 8/2008 180 € je Monat 0,00 € 1.800,00 €<br />

Summe 4.153,98 €<br />

B e w e i s: für den Fall des Bestreitens: Vorlage der Kontoauszüge des Beklagte<br />

Die Höhe der Klageforderung ist schon deshalb unzutreffend.<br />

3. Unbilligkeit im Sinne des § 315 BGB (Ziffer 4 der Klage)<br />

Die von der Klägerin festgesetzten Energietarife sind unbillig. Die Billigkeitsprüfung nach<br />

§ 315 BGB setzt nur ein einseitiges Preisbestimmungsrecht voraus und ist an keine Marktbeherrschung<br />

oder Monopolsituation gebunden. Es kommt nicht darauf an, welche Preise<br />

Wettbewerber bieten. Die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle erstreckt sich auch auf Bereiche<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 6<br />

außerhalb der Daseinsvorsorge, z. B. auf Versicherungen, Bankgeschäfte, Flughafenbenutzungsgebühren,<br />

Zeitungs-Abonnements und Kabel-TV-Gebühren. Selbst Miethöhen<br />

und im Hinblick auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers der Arbeitsmarkt unterliegen der<br />

Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB. Ein Billigkeitsnachweis besteht nicht nur aus einer einfachen<br />

Preiskalkulation, sondern muss auch belegen, dass die Kalkulation nicht auf zu<br />

hohen Kosten beruht.<br />

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - Urteil <strong>vom</strong> 29.4.2008 - KZR 2/07besteht<br />

in der Grundversorgung zum „allgemeinen Tarif“ für den Versorger nicht nur ein<br />

Recht zur Preiserhöhung, sondern auch eine Pflicht zur Preissenkung, wenn die Kosten<br />

gesunken sind.<br />

In der Urteilsbegründung des BGH wird ausgeführt (Rn. 26):<br />

„Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit<br />

(BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer<br />

Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen.<br />

Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung<br />

so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren<br />

Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen<br />

mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen.<br />

Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers<br />

zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig<br />

ist, und enthält damit gerade dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige<br />

Element, das der von der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel<br />

fehlt.“<br />

Die BGH-Rechtsprechung (Urteil <strong>vom</strong> 21.09.2005 - VIII ZR 38/05) beschäftigt sich mit der<br />

Preisänderungsklausel für Flüssiggasbelieferungsverträge. Der Gaslieferant darf „das im<br />

ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht“ nicht zu seinen<br />

Gunsten verändern. Die Preisanpassungsklausel darf es dem Versorger nicht ermöglichen,<br />

„über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten<br />

Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu<br />

vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen“.<br />

Der BGH stellt für die Preisänderungsklausel des Flüssiggaslieferanten fest:<br />

„Die Klausel koppelt die Preisänderung an die Entwicklung bestimmter Betriebskosten,<br />

die die Kunden der Beklagten nicht kennen und nicht in Erfahrung bringen können (a).<br />

Ferner fehlt es an einer Gewichtung der einzelnen Kostenelemente im Hinblick auf ihre<br />

Bedeutung für die Kalkulation des Gaspreises (b). Schließlich erlaubt die Klausel der<br />

Beklagten eine Preiserhöhung auch dann, wenn nur einer der aufgeführten Kostenfaktoren<br />

sich nach oben verändert hat, die Gesamtkosten wegen eines Kostenrückgangs<br />

in anderen Bereichen aber nicht gestiegen sind (c).“<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 7<br />

Für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand in privater Rechtsform wie bei der<br />

Klägerin haben die Zivilgerichte bestimmt, dass die haushaltrechtlichen Grundsätze zu beachten<br />

sind. Nach dem haushaltsrechtlichen Grundsatz des Äquivalenzprinzips müssen<br />

sich Leistung und Gegenleistung angemessen gegenüberstehen. Nach dem haushaltsrechtlichen<br />

Grundsatz des Kostendeckungsprinzips müssen Gebühren für eine Leistung<br />

zum einen die Kosten der Leistungserbringung decken und dürfen zum anderen die Kosten<br />

im Abrechnungszeitraum nicht übersteigen. An der Erfüllung dieser Grundsätze müssen<br />

sich die Preise der Klägerin zumindest für Trinkwasser messen lassen. Bei einer privatrechtlichen<br />

Ausgestaltung der Wasserversorgung wie in Würzburg sind die Beiträge der<br />

Bürger nach billigem Ermessen festzusetzen und müssen sich an den Kosten orientieren<br />

(vgl. auch BGH-Urteil VIII ZR 7/05 <strong>vom</strong> 21.9.2005 zu Baukostenzuschüssen in der Wasserversorgung).<br />

3.1 Konkreter Umfang des Billigkeitsnachweises<br />

Strom, Erdgas und Trinkwasser haben auch für den Beklagten einen Wert. Jedoch ist es<br />

entgegen der Auffassung der Klägerin deren Aufgabe, nachzuweisen, welcher Wert „billig“<br />

ist im Sinne von § 315 BGB. Diese Verpflichtung ergibt sich insbesondere dann, wenn die<br />

Tarife ausdrücklich als unbillig gerügt werden. Die Klägerin hat bislang den Nachweis der<br />

Billigkeit nicht erbracht.<br />

Der Kläger ist bereit, einen tatsächlich der Billigkeit entsprechenden Betrag an die Klägerin<br />

zu bezahlen. Auch dies ist der Klägerin bekannt. Voraussetzung ist die in nachvollziehbarer<br />

und vollständiger Form dargelegte Billigkeit der von der Klägerin festgesetzten Energieund<br />

Trinkwasserpreise.<br />

Der Billigkeitsnachweis muss speziell die Fragen beantworten, die der Beklagte in mehreren<br />

Schreiben der Klägerin ausführlich aufgeworfen hat. Die Klägerin muss also nicht nur<br />

die Billigkeit der Preiserhöhungen, sondern auch die Billigkeit der Gesamtpreishöhe nachweisen.<br />

Welche Einzelheiten der Billigkeitsnachweis beinhalten muss, hatte der Beklagte<br />

bereits in seinen Schreiben <strong>vom</strong> 18.04.2006 (bereits vorgelegt als Anlage B1), 07.08.2006,<br />

14.11.2006, 05.12.2006 und 12.11.2007 ausführlich dokumentiert.<br />

B e w e i s: Schreiben <strong>vom</strong> 07.08.2006, 14.11.2006, 05.12.2006 und<br />

12.11.2007, Anlagenkonvolut B5<br />

Die <strong>vom</strong> Beklagten vorgetragenen Argumente entsprechen im Wesentlichen den oben bereits<br />

dargelegten Punkten. Auch hier wird aufgrund der Kenntnis der Parteien zunächst von<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 8<br />

einer nochmaligen detaillierten Wiederholung der <strong>vom</strong> Beklagten vorgetragenen Argumente<br />

abgesehen. Sollte das Gericht beklagtenseitig diesbezüglich weiteren Sachvortrag für<br />

notwendig erachten, wird um richterlichen Hinweis gebeten.<br />

Der Beklagte hat von der Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keinerlei Nachweise der<br />

Klägerin erhalten.<br />

Eine einseitige Erhöhung des Strom- , Gas- und Trinkwassertarifs kann unbillig sein, wenn<br />

und soweit bereits der vor der Erhöhung geltende Tarif unbillig überhöht war. Das setzt<br />

voraus, dass auch dieser Tarif der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegt.<br />

Bei Abschluss der Lieferverträge für Gas, Wasser und Strom hat der Beklagte keine Tarife<br />

im Sinne der §§ 145 BGB „vereinbart“, sondern hat die Grundversorgung beansprucht und<br />

die zugehörigen Tarife fertig und als nicht verhandelbar vorgefunden. Die Tarife vor den<br />

späteren Erhöhungen unterlagen schon bei Vertragsabschluss dem alleinigen Bestimmungsrecht<br />

der Klägerin. Die Klägerin hat bislang nicht den Nachweis erbracht, dass der<br />

Tarif vor der Erhöhung bereits der Billigkeit nach § 315 BGB entspricht.<br />

3.2 Historie und Motive des § 315 BGB<br />

Die Klägerin ist als bestimmungsberechtigte Partei verpflichtet, für Strom, Erdgas und<br />

Trinkwasser eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zu treffen. Bei<br />

„Benno Mugdan: Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche<br />

Reich, II. Band, Recht der Schuldverhältnisse“ findet sich auf den Seiten 105–106<br />

eine Dokumentation der Motive des Gesetzgebers zu § 315 BGB, der im ursprünglichen<br />

Gesetzentwurf noch als § 353 nummeriert war. Im folgenden wird aus dieser Quelle zitiert<br />

nach http://www.baurechtsexperte.de/315-bgb-motive-des-gesetzgebers-db30504.html:<br />

„Die Bestimmung der Leistung kann nicht der Willkür des Schuldners überlassen werden.<br />

Es fehlte solchenfalls an der Verpflichtung des Schuldners, einem Essentiale des<br />

Vertrages. Wohl aber kann durch den Vertrag die Bestimmung einer Vertragsleistung<br />

auf das Ermessen eines der Kontrahenten gestellt werden.<br />

Im Interesse der Aufrechthaltung derartiger Verträge und der vermuthlichen Parteiintention<br />

entsprechend stellt der § 315 Abs. 1 die Interpretationsregel auf, daß, falls nach<br />

dem Inhalte des Vertrages eine Leistung von einem der Vertragschließenden bestimmt<br />

werden soll, er die Bestimmung nach billigem Ermessen (arbitrium boni viri) zu treffen<br />

habe.<br />

Daneben giebt der § 316 für die im Verkehre besonders häufig vorkommenden Fälle,<br />

wenn bei gegenseitigen Verträgen (zB. Kauf-, Dienstverträgen) nur die Leistung des einen<br />

Theiles bestimmt, die (an sich verabredete) Gegenleistung aber in Ansehung ihrer<br />

Größe unbestimmt gelassen ist, die besondere, gleichfalls der Verkehrssitte entsprechende<br />

Interpretationsregel, daß die Bestimmung der Größe der Gegenleistung dem<br />

billigen Ermessen desjenigen Kontrahenten überlassen sei, dem sie gebührt.<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 9<br />

Derjenige Kontrahent, dem hiernach die Bestimmung der Leistung anheimgegeben<br />

worden, ist dazu durch den Vertrag verpflichtet. Als vertragliche Erklärung und im Sinne<br />

des Vertrages ist die Bestimmung, wenn sie dem anderen Theile gegenüber erklärt ist,<br />

getroffen und damit unwiderruflich (§ 315 Abs. 2). Auf die Erklärung finden im Uebrigen<br />

die allgemeinen Bestimmungen über rechtsgeschäftliche Willenserklärungen Anwendung.<br />

Der zur Abgabe der Bestimmung berechtigte Kontrahent hat an der endgültigen Erledigung<br />

der Sache durch die Bestimmung des Anderen meist ein dringendes Interesse.<br />

Man kann ihn für den Fall, daß Letzterer die Bestimmung verzögert, nicht auf die allgemeinen<br />

Grundsätze verweisen, dergestalt, daß schließlich die prozeßrechtlichen<br />

Vorschriften Platz griffen.<br />

Der § 315 Abs. 3 eröffnet daher dem betr. Kontrahenten einen einfachen Weg, um zur<br />

Bestimmung der Leistung zu gelangen. Die Bestimmung erfolgt durch Urtheil an Stelle<br />

der Bestimmung durch den Bestimmungspflichtigen, gleichviel, ob der Letztere die Bestimmung<br />

nicht treffen will oder sie in schuldhafter Weise verzögert.<br />

Zuständig ist dasjenige Gericht, diejenige Behörde, welche nach den gesetzlichen Bestimmungen<br />

für das betr. Vertragsverhältniß kompetent ist. Auch das schiedsgerichtliche<br />

Urtheil, wenn die Parteien sich hierauf vereinigen, ist nicht ausgeschlossen. Durch<br />

diese Vorschrift ist dem klageberechtigten Kontrahenten sein Recht, gegen den Säumigen<br />

sein Interesse nach den allgemeinen Normen zu verfolgen, selbstverständlich nicht<br />

benommen.<br />

Eine der Billigkeit nicht entsprechende Bestimmung ist nicht die Vertragsmäßige. Der<br />

andere Kontrahent braucht sie deshalb nicht anzuerkennen. Wird sie nicht anerkannt,<br />

so erfolgt auf Klage des einen oder anderen Kontrahenten die Entscheidung durch<br />

Urtheil wie im Falle der Verzögerung der Bestimmung (§ 315 Abs. 4). In Ansehung der<br />

Beweislast sind die allgemeinen Grundsätze maßgebend.“<br />

Peter-Enrique Bergemann aus Essen beschließt seine Kritik an der BGH-Rechtsprechung<br />

(Urteil <strong>vom</strong> 13.06.2007 - VIII ZR 36/06) wie folgt (siehe<br />

http://www.baurechtsexperte.de/315-bgb-motive-des-gesetzgebers-db30504.html):<br />

„Auf ein Monopol der vertragsbestimmenden Partei kommt es also nicht an. Weder<br />

nach dem Wortlaut des Gesetzes, noch nach dem Willen des Gesetzgebers. Die<br />

Rechtsprechung ist an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz). Bei<br />

Nichtbegründung einer <strong>vom</strong> eindeutigen Wortlaut des Gesetzes abweichenden Entscheidung<br />

handelt ein Gericht objektiv willkürlich.“<br />

3.3 Rechtsgutachten von Professor Schwintowski<br />

Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Berliner Humboldt-Universität hat am<br />

04.03.2005 ein Rechtsgutachten zu dem Thema „Die Frage der Anwendbarkeit der §§ 315,<br />

316 BGB auf die Bestimmung von Netznutzungsentgelten“ vorgelegt, das im Internet veröffentlicht<br />

ist unter http://www2.neue-energieanbieter.de/uploads/05_03_04_LichtBlick-<br />

Gutachten%20von%20Prof%20Schwintowski%20Anwendbarkeit%20%A7%20315%20BGB.pdf<br />

oder unter http://www.neue-energieanbieter.de/data/uploads/05_03_04_LichtBlick-<br />

� su_7e


<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 10<br />

Gutachten%20von%20Prof%20Schwintowski%20Anwendbarkeit%20%A7%20315%20BGB.pdf.<br />

Unter der Überschrift „2. Der Tatbestand von § 315 BGB a) Vertragsanbahnung – Vertragsschluss“<br />

erörtert Professor Schwintowski auf Seite 7 – 11 ausführlich die Bedeutung<br />

und Historie des § 315 BGB sowie die Schuldrechtsreform seit dem 01.01.2002. Nach 3,5<br />

Seiten langen Diskussion kommt Professor Schwintowski zu folgendem Ergebnis:<br />

„Diese Erwägungen zeigen, dass § 315 Abs. 1 BGB weder nach Wortlaut, noch nach<br />

dem Willen des historischen Gesetzgebers, noch nach seiner systematischen Stellung<br />

und nach seinem Sinn und Zweck künstlich in eine vor Vertragsschluss und in eine<br />

nach Vertragsschluss liegende Anwendungsphase aufzuteilen ist. Vielmehr umfasst die<br />

Norm Vertragsverhältnisse in ihrer Gesamtheit und damit von der Anbahnungsphase<br />

über den Vertragsschluss bis zur Abwicklungsphase.“<br />

3.4 Rechtsprechung des BGH<br />

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat sich im Urteil <strong>vom</strong> 18.10.2005 - KZR 36/04 -<br />

mit einer Feststellungsklage wegen überhöhter Netzentgelte beschäftigt. In Randnummer<br />

10 der Urteilsbegründung wird ausgeführt, dass im Falle eines bestehenden einseitigen<br />

Leistungsbestimmungsrechts sich die einheitliche Preisvereinbarung nicht künstlich in einen<br />

vereinbarten Anfangspreis und einen einseitig bestimmten Folgepreis aufspalten lässt,<br />

weil dies zu willkürlichen Ergebnissen führt:<br />

„Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte<br />

Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes<br />

Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur<br />

Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte<br />

Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig<br />

davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann,<br />

wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis<br />

auf die "jeweils geltende Anlage 3" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart.<br />

Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte<br />

Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber<br />

auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete<br />

preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder<br />

nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt<br />

als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich<br />

und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen,<br />

wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (<strong>vom</strong> Zeitpunkt der ersten ausdrücklich<br />

oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig<br />

bestimmten Folgepreisen unterscheiden.“<br />

Wo ein vereinbarter Anfangspreis und die Berechtigung des Leistungsbestimmungsberechtigten,<br />

die Preise in der Zukunft einseitig neu festzulegen, differenziert wird, stellt sich die<br />

Frage, wann die Zukunft beginnt. Die Zukunft beginnt in dem Augenblick, in dem die Gegenwart<br />

vorbei ist, also schon in der nächsten Sekunde. Deshalb ist bei einem bestehen-<br />

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den einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Preis wohl allenfalls für eine juristische<br />

Sekunde nicht einseitig bestimmt. Aus der Sicht des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses<br />

sind alle Preise innerhalb der sich unmittelbar anschließenden Vertragsdurchführungsphase<br />

zukünftige Preise, die also dem einseitigen Preisfestsetzungsrecht der Klägerin unterliegen,<br />

so dass diese Preise jederzeit ab Vertragsabschluss einseitig festgelegt sind.<br />

Deshalb hat der Kartellsenat zutreffend die künstliche Aufspaltung der einheitlichen Preisvereinbarung<br />

in einen vereinbarten Anfangspreis und einseitig festgesetzte Folgepreise<br />

abgelehnt, weil dies innerhalb der Billigkeitskontrolle zu willkürlichen Zufallsergebnissen<br />

führt.<br />

3.5 Differenzierung zwischen Kartellrechtswidrigkeit und Unbilligkeit<br />

Der Einwand der Klägerin, ihre Preise seien „bislang kartellrechtlich nie beanstandet“ ist<br />

nicht geeignet, die Billigkeit der Energietarife der Klägerin zu belegen. Denn nicht jeder<br />

„unbillige“ Preis im Sinne des § 315 BGB ist zugleich kartellrechtswidrig. § 315 BGB stellt<br />

auf die individuelle Interessenlage der Vertragsparteien und die Wahrung des Äquivalenzprinzips<br />

im laufenden Vertragsverhältnis ab. Der ursprünglich vereinbarte Preis darf nicht<br />

dergestalt unbillig erhöht werden, dass nicht nur eine Gewinnschmälerung verhindert, sondern<br />

sogar eine Gewinnmehrung eintritt (vgl. BGH Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 38/05). Dies<br />

kann aufgrund besonderer Konstellation dazu führen, dass auch der neu bestimmte Preis<br />

nicht bis an den wettbewerbsanalogen Preis heranreichen darf, nämlich dann, wenn zur<br />

Erreichung des wettbewerbsanalogen Preises auch eine im Sinne des § 315 BGB unbillige<br />

Erhöhung des kalkulierten Gewinnanteils am ursprünglich vereinbarten Preis notwendig<br />

wäre (vgl. auch Markert, RdE 2006, 87). Insoweit erweist sich § 315 BGB tatsächlich als<br />

„feinfühliger“ gegenüber den kartellrechtlichen Vorschriften.<br />

Die Unbilligkeit fängt aber weit früher an als ein kartellrechtswidriger Preishöhenmissbrauch,<br />

weil bei Letzterem auch Erheblichkeitszuschläge von bis zu 10% eine Rolle spielen.<br />

Schließlich führt ein kartellrechtswidriger Preishöhenmissbrauch zur Nichtigkeit der<br />

Preisbestimmung gem. §§ 19, 20, 33 GWB i.V.m. § 134 BGB wegen Verstoß gegen ein<br />

gesetzliches Verbot. Rechtsfolge ist somit die Nichtigkeit und nicht nur die (derzeitige) Unverbindlichkeit.<br />

Besteht also keine Rechtsmacht zur einseitigen Leistungsbestimmung gem.<br />

§ 315 Abs. 1 BGB, stellt der vereinbarte Preis jedoch einen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch<br />

dar, so ist die Preisvereinbarung gem. § 134 BGB nichtig. Ähnlich verhält<br />

es sich auch beim sittenwidrigen Wucher gem. § 138 BGB, der keinerlei Marktmacht bedarf,<br />

sondern den anderen Vertragsteil in sittenwidriger Weise ausnutzt.<br />

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Die Rechtsfolge eines kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs oder eines sittenwidrigen<br />

Wuchers besteht eben gerade nicht darin, dass ein Gericht gem. § 315 Abs. 3 Satz 2<br />

BGB eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung treffen könnte. Deshalb sind die Voraussetzungen,<br />

Grenzen und Folgen einer zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle und einer kartellrechtlichen<br />

Preismissbrauchskontrolle wie auch des sittenwidrigen Wuchers nach wie<br />

vor vollständig voneinander verschieden. Folglich sind auch die Methoden zur Feststellung<br />

eines kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs methodisch untauglich, um eine zivilrechtliche<br />

Billigkeitskontrolle zu bewerkstelligen. Insbesondere das Vergleichsmarktkonzept<br />

ist daher für eine zivilrechtliche Billigkeitskontrolle vollkommen untauglich.<br />

3.6 Referat von BGH-Richterin Ambrosius<br />

Richterin am Bundesgerichtshof Barbara Ambrosius hielt auf dem Deutschen Mietgerichtstag<br />

2006 ein Referat zum Thema „Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur<br />

Billigkeitskontrolle von Tarifen der Versorgungsunternehmen“. Eine erweiterte Fassung des<br />

Referates findet sich unter<br />

http://www.mietgerichtstag.de/downloads/vortrag06ambrosius.pdf im Internet.<br />

In Abschnitt 3 heißt es:<br />

„3. Der BGH hat auch entschieden, dass das Kartellrecht keine spezialgesetzlichen<br />

Regelungen enthält, die § 315 BGB verdrängen. Der Kartellsenat hat in seinem Urteil<br />

<strong>vom</strong> 18. Oktober 2005 abschließend gesagt, das Berufungsgericht müsse außer § 315<br />

BGB auch § 19 GWB prüfen. Schon 2001 hatte er entschieden, dass der Schuldner<br />

einseitig bestimmter Entgelte diese sowohl kartellrechtlich als auch entsprechend § 315<br />

BGB überprüfen lassen könne. Demnach schließt weder ein etwaiger Missbrauch der<br />

marktbeherrschenden Stellung des Versorgungsunternehmens noch umgekehrt die<br />

wettbewerbsgerechte Preisgestaltung eines marktbeherrschenden Versorgungsunternehmens<br />

die Prüfung der Tarife nach § 315 BGB aus. In einem früheren Urteil hat der<br />

BGH hierzu ausdrücklich ausgeführt: Die Grenzen des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots<br />

fallen nicht mit den Grenzen der Billigkeitsentscheidung nach § 315 BGB zusammen.<br />

Der kartellrechtliche Missbrauchstatbestand ist auf den Bereich der Monopolaufsicht<br />

zugeschnitten; er will allein diejenigen Nachteile ausgleichen, die sich aus dem<br />

fehlenden Wettbewerb ergeben. § 315 BGB soll demgegenüber die der einen Vertragspartei<br />

übertragene Rechtsmacht eingrenzen, den Inhalt des Vertrags einseitig<br />

festzusetzen. (Fußnote mit Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183) Die<br />

kartellrechtliche und Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB werden allerdings oft zum gleichen<br />

Ergebnis führen. Insbesondere ist jede kartellrechtswidrige Preisforderung selbstverständlich<br />

unbillig i.S. des § 315 BGB.“<br />

3.7 Fehlender Nachweis der Billigkeit<br />

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine Tariferhöhung<br />

beispielsweise dann unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg der Bezugskosten<br />

durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird. Die Klägerin hat bislang<br />

nicht den Nachweis erbracht, dass diese Voraussetzungen gegeben sind.<br />

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Ein <strong>vom</strong> Energie- und Wasserversorger einseitig erhöhter Tarif wird - nach Auffassung der<br />

Klägerin - zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende<br />

Jahresabrechnung des Versorgers unbeanstandet hinnimmt, indem er weiterhin Gas von<br />

diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB als unbillig<br />

zu beanstanden. Der Beklagte hat jedoch die Tariferhöhungen der Klägerin beanstandet<br />

und seine Widersprüche detailliert begründet. Des weiteren bestreitet der Beklagte jede<br />

Form von „Vereinbarung“, da er sich in der Grundversorgung befindet und dort weder bei<br />

Vertragsabschluss noch danach irgendwelche Preise aushandeln konnte. Eine Vereinbarung<br />

i.S.d. §§ 145 ff BGB liegt hier deshalb nicht vor.<br />

Solange die Preisbestimmung der Klägerin unbillig ist, ist die Bestimmung unverbindlich<br />

und berechtigt zur Einrede des Beklagten gegen die Forderung. Die Klägerin als Bestimmerin<br />

der Leistungspreishöhe kann daher entgegen der Auffassung der Klägerin die Verpflichtung<br />

zur Offenlegung ihrer Kalkulation treffen. Dies muss insbesondere dann gelten,<br />

wenn – wie vorliegend – der Beklagte substantiierte Argumente und Einwendungen gegen<br />

die Billigkeit vorgetragen hat.<br />

Eine Verpflichtung des Beklagten zum Versorgerwechsel ist mit dem Unbilligkeitseinwand<br />

gerade nicht verbunden und <strong>vom</strong> Gesetz auch nicht gewollt. Der Beklagte beansprucht nur<br />

das Recht, das ihm § 17 Absatz 1 StromGVV, § 17 Absatz 1 GasGVV und § 315 BGB einräumen.<br />

Der von der Klägerin angeführte Sachverhalt zu den <strong>vom</strong> Beklagten gestellten Strafanzeigen<br />

(Ziffer 5 der Klage)ist unvollständig und gibt deshalb ein verzerrtes Bild wider. Insbesondere<br />

ist der von Klägerin vorgetragene Sachverhalt nicht geeignet, die <strong>vom</strong> Beklagten<br />

gerügte Unbilligkeit zu widerlegen. Die Strafanzeigen mit direktem Bezug auf die Gewinnund<br />

Verlustrechnung der Klägerin betreffen folgende Sachverhalte:<br />

• Untreue durch kommunalrechtlich verbotene Spekulation mit Zinsderivaten,<br />

Verstoß gegen den Bayerischen Derivateerlass in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2<br />

AktG<br />

• Untreue durch mangelhaftes Risikomanagement und dadurch mitverursachte Zinsspekulationsverluste<br />

in Höhe von 4,1 Mio. €,<br />

Verstoß gegen § 91 Abs. 2 AktG in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 AktG<br />

• Untreue durch überteuerten Gaseinkauf und dadurch verbotene Einlagenrückgewähr<br />

an E.ON-Konzern in Höhe von 13,7 Mio. bis 65 Mio. € allein in den Jahren<br />

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2004 – 2006,<br />

Verstoß gegen § 93 AktG, § 57 AktG und gegen § 370 Abgabenordnung<br />

• Untreue durch überteuerten Strombezug von nicht selbst erzeugtem Strom hinsichtlich<br />

der kartellrechtswidrig eingepreisten CO2-Zertifikate,<br />

Verstoß gegen § 93 AktG und evtl. gegen § 57 AktG und § 370 Abgabenordnung<br />

• verfassungswidrige Quersubventionierung öffentlicher Aufgaben vor allem im Personennahverkehr,<br />

im Betrieb von Schwimmbädern und in der Kulturförderung mit<br />

jährlich ca. 20 Mio. € bei der Muttergesellschaft der Klägerin, bei der WVV GmbH; ,<br />

Verstoß gegen § 93 AktG, § 57 AktG und gegen § 370 AO<br />

Das Ermittlungsverfahren zur Untreue durch Zinsspekulationsgeschäfte ist bei der Staatsanwaltschaft<br />

Würzburg noch nicht abgeschlossen. Gegen das Nichthandeln der Staatsanwaltschaft<br />

Würzburg und Generalstaatsanwaltschaft Bamberg wegen des überteuerten<br />

Einkaufs von Vorleistungen liegt eine Beschwerde beim Bayerischen Justizministerium vor.<br />

Gegen den Leiter des Finanzamtes Würzburg wurde eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht,<br />

ebenso gegen die verantwortliche Direktorin der Regierung von Unterfranken.<br />

Alle Sachverhalte sind auch zivilrechtlich im Rahmen eines Billigkeitsnachweises und bei<br />

der Prüfung von Verstößen gegen das Energiewirtschaftsgesetz von größtem Interesse.<br />

Dabei ist zu beachten, dass die strafrechtlichen Grenzen im Allgemeinen weiter gesteckt<br />

sind als im Zivilrecht. Selbst wenn zivilrechtliche Verstöße der Klägerin z. B. im Aktienrecht<br />

oder Kartellrecht noch keine strafrechtliche Vorschrift verletzen sollten, so sind die Vorgänge<br />

aber für die Billigkeitsprüfung im Sinne von § 315 BGB bzw. die Kosteneffizienzprüfung<br />

nach dem EnWG von hoher Bedeutung. Da im vorliegenden Fall jährliche Ausgaben in<br />

Millionenhöhe strittig sind und hohe Schadenersatzforderungen gegen Vorlieferanten und<br />

Vorstände bestehen, unterliegt der Billigkeitsnachweis erhöhten Anforderungen.<br />

Schließlich nehmen wir zu Ziffer 6 der Klage <strong>vom</strong> 02.09.2008 wie folgt Stellung:<br />

Mehrfach und ausführlich hat der Beklagte gegenüber der Klägerin die Unbilligkeit der Tarife<br />

nach § 315 BGB eingewandt und sogar mit Begründungen konkrete Punkte genannt, die<br />

mindestens zum Billigkeitsnachweis gehören. Der Beklagte hat neben der Beanstandung<br />

die Preise gekürzt und später die Zahlungen nach Vorankündigung gänzlich eingestellt,<br />

nachdem kein Billigkeitsnachweis seitens der Klägerin erfolgte. Der Vertrag zum Bezug<br />

von Gas, Strom und Trinkwasser wurde <strong>vom</strong> Beklagten wie auch von der Klägerin weiter<br />

erfüllt, es gab „nur“ Uneinigkeit über den Preis.<br />

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<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 15<br />

Eine Verpflichtung des Beklagten zum Versorgerwechsel ist mit dem Unbilligkeitseinwand<br />

gerade nicht verbunden und <strong>vom</strong> Gesetzgeber auch nicht gewollt. Der Beklagte beansprucht<br />

nur das Recht, das ihm § 17 Absatz 1 StromGVV, § 17 Absatz 1 GasGVV und<br />

§ 315 BGB einräumen.<br />

Es geht nicht um die Frage, ob der Beklagte auf eine bestimmte Leistung angewiesen ist,<br />

sondern vielmehr darum, ob der Versorger einen Vertrag abschließen muss. Für die Klägerin<br />

besteht gegenüber dem Beklagten ein Kontrahierungszwang. Der Kontrahierungszwang<br />

ergibt sich für Gas und Strom aus dem Energiewirtschaftsgesetz und aus dem kartellrechtlichen<br />

Diskriminierungsverbot sowie für Wasser aus einem Anschluss- und Benutzungszwang.<br />

Der Beklagte ist als Verbraucher nicht zu einem Vertragsabschluss verpflichtet,<br />

aber die Klägerin auf Grund ihrer marktbeherrschenden Stellung in der Region Würzburg.<br />

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat mehrfach festgestellt, dass ein einheitlicher<br />

Wärmemarkt nicht besteht (vgl. z. B. Urteil <strong>vom</strong> 9. 7. 2002 - KZR 30/ 00 – „Fernwärme für<br />

Börnsen“). Im BGH-Urteil <strong>vom</strong> 29.4.2008 - KZR 2/07 zu einem Erdgassondervertrag lautet<br />

der 1. Leitsatz:<br />

„Die Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas bildet sachlich einen eigenen Markt;<br />

ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht nicht (Bestätigung von BGHZ 151,<br />

274, 282 – Fernwärme für Börnsen).“<br />

Vertieft wird diese Ansicht über den Wärmemarkt in Randnummer 12 des Urteils:<br />

„Der für die kartellrechtliche Beurteilung sachlich relevante Markt ist gleichwohl der<br />

Gasversorgungsmarkt, da ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie nicht besteht<br />

(BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen). Das Berufungsgericht hat dies zutreffend<br />

damit begründet, dass ein Wechsel von einem zu einem anderen Energieträger<br />

mit erheblichen, als Marktzutrittsschranken wirkenden Umstellungskosten verbunden ist<br />

und für viele Letztverbraucher wie Mieter und einzelne Wohnungseigentümer schon<br />

mangels rechtlicher Befugnis zu einem solchen Wechsel ausgeschlossen ist. Dass die<br />

Preisentwicklung auf anderen Märkten für Wärmeenergie die Preisbildung auf dem<br />

Gasversorgungsmarkt wesentlich mitbestimmt, wie schon die auch im Streitfall mit dem<br />

Vorlieferanten der Beklagten vereinbarte Kopplung des Gaspreises an den Marktpreis<br />

für leichtes Heizöl zeigt, ändert nichts daran, dass die Gasversorgung aus der Sicht der<br />

Erdgas als Heizenergie verwendenden Letztverbraucher als Marktgegenseite grundsätzlich<br />

nur in Ausnahmefällen, in denen die Grundentscheidung über die für die Beheizung<br />

eines Gebäudes verwendete Energie erstmals oder erneut getroffen wird,<br />

durch andere Heizenergieträger substituierbar ist (vgl. auch BGH, Beschl. v. 4.3.2008 –<br />

KVR 21/07, Tz. 15 f. – Soda-Club II [für BGHZ vorgesehen]).“<br />

Die Existenz eines einheitlichen Wärmemarktes wird <strong>vom</strong> Beklagten in Übereinstimmung<br />

mit der Rechtsprechung des BGH-Kartellsenates hiermit bestritten. Die Darlegungs- und<br />

Beweislast für das Bestehen eines einheitlichen Wärmemarktes trägt die Klägerin.<br />

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<strong>20.10.2008</strong> BOHL & COLL. <strong>Rechtsanwälte</strong> Seite 16<br />

Der Beklagte bestreitet, dass in Zell am Main in der Zeit von 2002 bis heute ein wirksamer<br />

Wettbewerb für Strom, Gas und Trinkwasser bestand, der die Preise der Klägerin hätte<br />

wirksam begrenzen können. Die Klägerin hat bislang die Billigkeit ihrer Preise nicht dargelegt.<br />

Es ist zu berücksichtigen, dass es derzeit (noch) an einem echten Wettbewerb auf<br />

dem Gasmarkt fehlt. Die Tatsache des fehlenden Wettbewerbs wird bestätigt durch das<br />

„Sondergutachten Strom und Gas 2007“, das am 06.11.2007 von der Monopolkommission<br />

veröffentlicht wurde.<br />

B e w e i s: im Bestreitensfalle: „Sondergutachten Strom und Gas 2007“ der<br />

Monopolkommission <strong>vom</strong> 06.11.2007<br />

Gerade aufgrund des fehlenden Wettbewerbes ist es auch recht und billig, quasi als „Ausgleich“<br />

für die einseitigen Preiserhöhungen eine entsprechende Darlegungspflicht der Klägerin<br />

zu fordern (vgl. AG Lingen, Urteil v. 04.10.2007 – 12 C 925/06 (XI)).<br />

Die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) als Muttergesellschaft der Klägerin<br />

stellte am 06.02.2008 der Öffentlichkeit eine Studie zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung<br />

der WVV vor (siehe auch die zugehörige Pressemitteilung der WVV unter<br />

http://www.wvv.de/wvv/aktuelles/2776.Wesentlicher_Beitrag_der_WVV_fuer_die_Wirtschaf<br />

tskraft.html.) Die Studie wurde <strong>vom</strong> Eduard Pestel Institut aus Hannover im Auftrag der<br />

WVV erstellt. Auf Folie 9 belegt die Pestel-Studie mit dem „Preisvergleich Strom“ den fehlenden<br />

Wettbewerb für Strom: Die Angebote von E.ON Bayern und der Klägerin unterscheiden<br />

sich um 0,1 % bis maximal 1 % voneinander, d. h. faktisch überhaupt nicht. Die<br />

Preissetzung wirft die Frage nach unzulässigem Preiskartell auf, jedenfalls belegt die<br />

Preissetzung keineswegs echten Wettbewerb.<br />

Weiterer Sach- und Rechtsvortrag bleibt vorbehalten, insbesondere nach Erwiderung der<br />

Klägerin bzw. richterlichem Hinweis, um den ausdrücklich gebeten wird.<br />

BOHL & COLL.<br />

<strong>Rechtsanwälte</strong><br />

Naumann<br />

Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

Anlage<br />

I. B1 – B5<br />

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