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57<br />

ralf b. korte editorial: granada gambit<br />

d. holland-moritz beat box 1<br />

sylvia egger AXIT – die betriebskantine 1<br />

anke finger kannibalische depesche 1<br />

oswald de andrade manifesto antropófago<br />

evelyn schalk MediaMessAge 1<br />

crauss under the heavy influence of robert stolz<br />

s.c.ambrosig feierabend. faschierte hacksatiren…<br />

katrin marie merten vom band<br />

d. holland-moritz monomastering athens<br />

sophie reyer belgrad (summer)<br />

stefan schweiger self-feeder<br />

markus berger somasucker: alone in the room<br />

katharina bendixen ein hamster schlägt gegen die wand<br />

crauss friz + frizi verfolgungsjagd<br />

stefan schmitzer ballad of a trend-scout<br />

evelyn schalk | ralf b. korte comecon cut<br />

sophie ambrosig | silvia stecher eine art autonomie<br />

max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer kontrollverfahren<br />

> impressum<br />

<strong>00</strong> 7<br />

perspektive<br />

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editorial<br />

granada gambit ralf b. korte<br />

rasende erlkönige im pulk über die carretera del<br />

suspiro del moro, wo ziegen seitwärts in herden<br />

von verklappten tomaten naschen manche die<br />

beeren des nachtschattengewächses als ball gag<br />

überm kopf balancieren die ziegen seitwärts<br />

der schmalen strasse auf der die erlkönige bei<br />

achtunddreissig grad kurze schatten werfen auf den<br />

hohen ebenen zwischen den bergen am horizont<br />

etwas wie dunst, die camouflierten prototypen mit<br />

gewichtigen männern an den instrumenten dass<br />

steinchen springen indessen ungreifbar nah die<br />

dreitausendvierhundertmeterhohen gipfelchen der<br />

sierra nevada leerstand beklagen, kein schnee kein<br />

strauch & reconquista bis heute die mohameticae<br />

sectae prostratores et heretice pervicacie<br />

extinctores in der capilla real zu granada & kein<br />

sephardim kein maure mehr der den reyes catolicos<br />

kontrollverfahren (kv) sind in perspektive<br />

seit p33/97 ortungsinstrumente für den literarischkulturellen<br />

komplex, betrieben von beteiligten<br />

die sich als gruppe p —halb als p-kollektiv halb<br />

als einekeinegruppe— verstanden. kv implizierte<br />

aus|ein|andersetzung als selbstbeobachtende<br />

konfrontation zur kursbestimmung, die sich von<br />

fall zu fall inszenierte, dynamik & dissonanz des<br />

projekts zur aufführung brachte. das aktuelle kv<br />

die reinheit des glaubens beschattet zu lande &<br />

im flirren der luft dieser exodus & die inquisition<br />

verbrennt bücher & puppen in effigie & weniger<br />

flüchtige leute, conversos & moriscos von zweifelhafter<br />

frömmigkeit als material fürs granadaspiel, dieser<br />

gottgefälligen mischung von vertreibung &<br />

verbrennung mit gewichtigen männern an den<br />

instrumenten der wahrheitsfindung, ach schöne<br />

isabella von kastilien / pack deine ganzen utensilien<br />

[wie comedian harmonists sungen] kommst du nicht<br />

bald, mein schatz / brauch ich gewalt, mein schatz.<br />

rasende erlkönige, am horizont etwas wie rauch dass<br />

die camouflierten herzchen springen & regen der<br />

auf die bib rambla fällt im august, die tauben suchen<br />

unterschlupf unter den sonnenschirmen der tapas<br />

bars mach ich dich kalt, mein schatz, küsst du mich<br />

nicht… leergewaschen die plätze, von vierarmigen<br />

laternen umstellt die köpfe von hunden tragen die<br />

jedoch lief exterritorial, als fortführung des in<br />

p52+53 dokumentierten basislagers avantgarde nähert<br />

es sich noch offenen und sich neu öffnenden fragen,<br />

so auch der nach möglichen konzepten für jene<br />

autonome kultur, der das haus in der grenadiergasse<br />

nach besetzung eine plattform hätte abgeben sollen:<br />

eine grazer aktion die ins laufende verfahren fiel<br />

& so einige seiner passagen orientierte, zudem in<br />

einem weiteren essay des vorliegenden heftes zum<br />

gegenstand wird.


editorial<br />

granada gambit ralf b. korte<br />

obst bewachen, jene äpfel granadas deren vielzahl<br />

an kernen auch granaten benennt & den pulk der<br />

gläubigen, in harter schale die fruchtexplosion oder<br />

ekklesia sankta nichts als die rückkehr zur punicaoase,<br />

bei achtunddreissig grad im schatten seitwärts<br />

in den schmalen strassen versteckt, kein schnee kein<br />

strauch. [granada 28./30.08.07]<br />

also granada spielen mit heinrich heine vielleicht der<br />

1821 im almansor diesen wortwechsel schreibt,<br />

das wartburgfest oktober 1817 im blick bei dem<br />

studenten undeutsches druckwerk verbrennen:<br />

almansor: wir hörten, dass der furchtbare ximenes, \<br />

inmitten auf dem markte, zu granada – \ mir starrt die<br />

zung‘ im munde – den koran \ in eines scheiterhaufens<br />

flamme warf! \\ hassan: das war ein vorspiel nur, dort<br />

wo man bücher \ verbrennt, verbrennt man auch am<br />

ende menschen. der erwähnte ximenes, francisco<br />

beginnend mit p56|57 werden in perspektive<br />

neue instrumente implementiert: kolumnen<br />

von sylvia egger, anke finger, d.holland-moritz<br />

& evelyn schalk bilden nun eigenständige<br />

diskurselemente, widmen sich schlaglichtartig<br />

aspekten die perspektive periodisch schon bisher<br />

fokussierte: es geht dabei um kolateralschäden<br />

des medien- und literaturbetriebs, um ausflüge zu<br />

vergangenen popkulturen & deren niederschlag in<br />

zeitgenössischen selbstfindungsprozessen, & um<br />

kardinal jiménez de cisneros, grossinquisitor mit<br />

vorliebe für finale präventivschläge, errichtet den<br />

scheiterhaufen 1499 auf der bib rambla, dem<br />

seidenmarkt von granada, um alle arabischen &<br />

jüdischen schriften in al-andalus verbrennen zu<br />

lassen, eine auslöschung die so total ist wie der ihr<br />

folgende exodus aller andersgläubigen des fortan<br />

katholischen spanien, drei tage zeit & soviel an<br />

gepäck wie der vertriebene auf eigenen händen<br />

ausser landes tragen kann. aber wen wir auch<br />

fragen in österreich weiss dass granada spielen nichts<br />

gutes verheisst, womit es spielt aber wohl nichtmal<br />

jener polizeioffizier vor der grazer grenadiergasse<br />

2, der anlässlich bevorstehender räumung des<br />

dort besetzten schulhauses st.andrä im juli 2<strong>00</strong>7<br />

diesen schachzug im jargon gefühlter stimmigkeit<br />

anzudrohen beliebte…<br />

kurztrips zu entlegeneren manifesten der historisch<br />

gewordenen avantgarden. das von helmut schranz<br />

so genannte hacking von peripherien (in ‚es gibt<br />

keinen grund zu zynischer resignation‘, p54+55)<br />

ist also selbst in zentral-peripherem formenwandel<br />

begriffen, was nur auf veränderte binnen- &<br />

umgebungsbedingungen des projektes reagiert<br />

bzw. taktische varianten einer adaptiven strategie<br />

repräsentiert. bleiben wir bei dem unterschied, nicht<br />

formen zu wollen…


eat box<br />

Über tralfamadorianische Strände, das Trivium, d. holland-moritz<br />

das G8-Summit-2<strong>00</strong>7-Frisbee und die Kicks der Avatare<br />

Für eine späte Hommage an Kurt Vonnegut<br />

braucht‘s noch Billy Pilgrims silberne Stiefel, die<br />

reflektieren auf dem weiten Strand von unterhalb<br />

des Cap Gris-Nez am Pas-de-Calais, auf dem<br />

Abbrüche dunklen Gesteins herumliegen neben<br />

Trümmern vom Weltkrieg, die, behaart mit grünem<br />

Seegras, markieren, wie hoch die Flut hier steigen<br />

kann. Dieser dunstige Küstenstrich also sieht an<br />

diesem Sonntagnachmittag im Frühjahr aus wie<br />

die Oberfläche des Planeten Tralfamadore, von<br />

wo die Fliegenden Untertassen herkommen und der<br />

in Kurt Vonneguts Schlachthof 5 und Die Sirenen<br />

des Titan eine Rolle spielt. Menschen laufen hier<br />

herum wie in den charakteristischen, ‚artgerechten‘<br />

Tralfamadorianischen Freigehegen. Nun, der<br />

im Frühjahr verstorbene Vonnegut kann keine<br />

Auskunft mehr geben über das, was ihn an den<br />

Menschen so sehr desillusioniert hat, an ihren<br />

Kindern und an ihren durch den Sand hechelnden<br />

Hunden, daß er sie in einem Zoo ausstellte. Denn,<br />

wo Menschen sind, herrscht meist genormte Zeit,<br />

die übliche, gemeine, und die ist für ihn abgelaufen<br />

– da werden über Die Sirenen des Titan hinaus keine<br />

weiteren Ausnahmen gemacht, da wird diesmal<br />

keine Nachricht aus der Spiegelwelt mehr möglich<br />

sein.<br />

Nachts dann vom tristen Calais mit seinen leeren<br />

Pubs und verblaßten Moulin Rouge-Verschnitten,<br />

von denen man sich vorstellt, wie sie im Sommer<br />

wieder bevölkert werden von alkoholerhitzten<br />

Engländern mit tätowierten Stiernacken, über das<br />

tote Wasser eines Kanalarms zurück auf die leere<br />

Ausfallstraße, Häuser mit geschlossenen Läden,<br />

Apartmenthäuser, ein Kreisverkehr. Der Hangar<br />

von Sangatte, in dem zeitweise 15<strong>00</strong> Immigranten<br />

eingepfercht waren, ist inzwischen aufgelassen,<br />

Transmanche – eine Gegend, deren Bewohner<br />

nun sagen: Non aux mouliniéres! Nein zu den<br />

Muschelzüchtern, die mit ihren palisadenartigen<br />

Pfahlbauten doch nur eine weitere Grenze zum<br />

Meer einziehen würden…<br />

Später, Richtung Wissant, streckenweise finst‘res<br />

Nichts überland. Bis auf die über die Mittellinie<br />

schweifenden weißen Pfeile und die grellen<br />

blauweißen Scheinwerferreflexe in den Kurven, die<br />

ich mit dem von frühen Schamanen eingetrichterten<br />

Hang zu Ritualen in eine Art Gebet einschließe<br />

– denn da ist es wieder, das Gefühl vom ‚Tag<br />

danach‘ wie in Comac McCarthy, Die Straße, dt.<br />

2<strong>00</strong>7: Laut einer Rezension im Tagesspiegel von<br />

Bruno Preisendörfer unerträglich apokalyptisch<br />

und düster, die Reise eines bluthustenden Vaters<br />

mit seinem Sohn über verbrannte Erde zur Küste<br />

eines aschenschwarzen Meeres [...], in dem ächzend<br />

die Wracks schaukeln. Die Lektüre dieses schwarzen<br />

Epos hinterlasse ein ästhetisches Zentrum, in dem<br />

nichts anderes als das reine Nichts vorherrscht. Mag<br />

sein, daß dies dem Szenario eines entropischen<br />

Endzustandes gleichkommt, in dem der Mensch<br />

nur eine Episode der Evolution ist, ein Aufflackern<br />

ihres Ablaufes, und in der er dieser Tage den<br />

Knick miterlebt, der zum Ende der Rasse führen<br />

könnte, die gezählten Tage dieses Säugers, dieser<br />

kohlenstoffbasierten Lebensform, die sich anmaßte,<br />

ein earth exploiter zu werden…<br />

Der Ereignishorizont eines Gewitters<br />

gilt ja gemeinhin als trivial. Unwetter kitzeln<br />

die Lust am Weltuntergang. Sie sind banal und<br />

besonders zugleich. Sie sind sogar in der Lage,<br />

Ausnahmezustände zu schaffen, Katastrophenfilme,<br />

große Fluten, Twister, Comic Strips, Aquaman<br />

meets Electro… Ihre Attraktoren kennzeichnen, wie<br />

widersinnig es ist, anzunehmen, sie seien nur seicht,<br />

bis zum Überdruß bekannt und daher für die Kunst<br />

bedeutungslos. Unwetter zwingen in die Deckung


eat box<br />

Über tralfamadorianische Strände, das Trivium, d. holland-moritz<br />

das G8-Summit-2<strong>00</strong>7-Frisbee und die Kicks der Avatare<br />

am Trivium, jenem Ort nahe dem Authentischen,<br />

an dem drei viel begangene Wege zusammenstoßen:<br />

Ignoranz, Anmaßung, Sachzwang… Und<br />

über denen sich jetzt wolkenfäusteschüttelnde<br />

Gewittertürme aufbauen, sich der Himmel<br />

schwärzt und ein Sturm losbraust, der fraktale<br />

Plastiktüten veranlaßt, sich unkontrolliert auf<br />

Windschutzscheiben zu stürzen und um Bäume zu<br />

wickeln. Dreck knirscht zwischen den Zähnen…<br />

Draußen steht ein Stuhl im Regen: Ist dies nicht<br />

einer jener eindrücklichen Momente, in denen der<br />

herkömmliche Vorwurf an das Triviale hinfällig<br />

wird, es sei allzu gewöhnlich, als daß es Bedeutung<br />

tragen könne? Und nicht nur bei einem Denotat wie<br />

‚Unwetter‘, das sich bei auch nur halber Entfaltung<br />

seines Spektrums als so eine Art Superzelle falscher<br />

Einschätzung erweist.<br />

[...] Demonstranten blockieren irgendwo<br />

die Gleise; also sitzen wir im Bahnhof [von<br />

Heiligendamm] fest. Zumindest werden wir gut<br />

versorgt, mit Gulaschsuppe und dem Grossen<br />

DuDen. Indiziert die Existenz einer Art sekundären<br />

Abbildungsmatrix, meine Wiederbegegnung mit<br />

einer dieser typischen David Reed-Fotoreportagen,<br />

The Blockade in jungle world 25/2<strong>00</strong>7,<br />

insubordinierende Protokolle von Großen<br />

Ereignissen, Sensationen, Mords-Events, die stets<br />

in der Nähe zur Persiflage operieren, indem er an<br />

ihnen wie gewöhnlich nur Spurensicherung betreibt<br />

und sie mit der Beteiligung persönlicher Umstände<br />

und ‚nebensächlichen‘ Befunden und Fundstücken,<br />

gar Abfallprodukten, einfach unterläuft…<br />

Zu der Reedschen Akkreditierungsbeute während<br />

des G8-Gipfels (Seltsamerweise scheint niemand die<br />

Poolpässe für den großen Moment [des Auftritts der<br />

Regierungschefs] zu überprüfen – all dieser Aufwand,<br />

und ich hätte wahrscheinlich einfach so reingehen<br />

können.) zählt neben den Kotztüten der Presse-<br />

Zubringerboote, einer Dose Nivea-Creme und<br />

einem Handtuch für den Strand auch die Erfahrung<br />

mit den Kontrollpsychosen von Demonstranten, die<br />

schon beim Anblick einer in Anschlag gebrachten<br />

Kamera dazu tendieren, handgreiflich zu werden.<br />

Nebenstehende Polizisten lächeln dazu…<br />

Auf der sekundären Abbildungsmatrix konkretisiert<br />

sich mittlerweile ein ebenfalls in insubordinierender<br />

Manier von Reed abgespeichertes G8-Summit-2<strong>00</strong>7-<br />

Frisbee mit seinen eleganten, Schwerelosigkeit und<br />

glatte Oberflächen vorgaukelnden Eigenschaften,<br />

die, als Fit-for-fun-Bemusterung globaler Rauhheit<br />

genommen, andeuten, wohin sich die Fährten<br />

eines jeden Tatortes letztendlich verlängern – in die<br />

Bereiche unmerklicher, subtilster psychosozialer<br />

Kontrollen und Prägungen. Hinterfotzig Ding, so’n<br />

Gipfel-Frisbee…<br />

„Wie anstrengend diese Bewerbungen doch<br />

sind…“ seufzt Lilly Jäckl in ihrer Textperformance<br />

Confirmation Bias bei perspektive literatur<br />

berlin e.V. in der Rolle einer sich selbst<br />

entfremdeten Karrierefrau, die zu den Reichen,<br />

Jungen, Produktiven irgendwie zählt, Söhne,<br />

Töchter, denen ihre Karriere-Geilheit, ihr<br />

eitles, erfolgsorientiertes Operieren in den<br />

gesellschaftlichen Strukturen auf dem polemischen<br />

Level der Kritik von der Autorin zur Bewährung<br />

ausgesetzt wird. Nur in gelegentlichen Auszeiten<br />

geschieht, daß bei diesen Avataren, die wie in einem<br />

Computerspiel ihre Punkte sammeln, plötzlich<br />

eine unterschwellige Sehnsucht durchschimmert<br />

nach dem längst verschütteten, nicht-strategischen,<br />

unorganisierten, ungestreamten Eigentlichen bei<br />

so viel Hingenommenem, so viel ausgeliefertem,<br />

unbemerkt bleibendem Empfinden während<br />

ihres Rennens durch die katzengoldverzierten<br />

Futterlabyrinthe.


eat box<br />

Über tralfamadorianische Strände, das Trivium, d. holland-moritz<br />

das G8-Summit-2<strong>00</strong>7-Frisbee und die Kicks der Avatare<br />

„Als Power-Frau in der Großstadt ist es der Cold-Kick,<br />

der meine Seele bleacht.“ Squeak cousin cocaine lay<br />

your cool cruel hand on my head – daß Kokain im<br />

Nationalsozialismus eine nicht zu unterschätzende<br />

Rolle spielte, die damals wie heute Schmetterlinge<br />

taumeln und gefrieren läßt, heißt noch lange nicht,<br />

daß die heutige Kick-durch-Kraft-durch-Freudeam-Konsum-Klientel<br />

ihre Konsequenzen daraus<br />

gezogen hätte; Freiheit, die sie meinen… Darauf<br />

hinzuweisen ist wichtig. Und auch, wie albern diese<br />

ganze Marionettenhaftigkeit der jungen Cyborg-<br />

Society beim dauernden Sich-Streamen auf die<br />

‚Hauptsache‘ doch eigentlich ist: Eine Norm jagt die<br />

nächste, Effizienz, Funktion, Rollenerfüllung, dem<br />

Heinz seins…<br />

Und während sich an dieser Stelle die Ergonomik<br />

als Versuch, die Leistungsmöglichkeiten des<br />

arbeitenden Menschen zu plündern und die Technik<br />

seiner Arbeit anzupassen, in den Windkanal<br />

des Kreativ-Jetsets stellt, wundert‘s bei so viel<br />

Oberflächenglätte und Unwidersprochenem in den<br />

derart eisig getuneten Programmen nicht, daß sie<br />

sich gelegentlich das eigene Aus-dem-Leim-Gehen<br />

verhindern müssen durch Rückgriffe auf bewährte<br />

Bondage- und andere S/M-Techniken, Rituale, die<br />

einen zusätzlichen Reizkanal öffnen, der genügend<br />

Rauhheit und Fesselkraft und aufplatzende Häute<br />

aufwendet, um die inneren Widerstände dieser<br />

jungen Startup-Charaktere zu brechen, und der<br />

all das anästhesierte, spröde, unzugängliche,<br />

wortgewaschene Fleisch erneut dem ERLEBNIS<br />

zuführt: die Dämonie der Raketenparabel eines<br />

Thomas Pynchon und ihr zerstörtes Ende…<br />

Nach Lilly Jäckls Textperformance blockiert ein<br />

angetrunkenes, hysterisches Pärchen das Klo.<br />

Heutzutage hat ja, volles Schamhaar zu tragen,<br />

schon Fetischcharakter.


10<br />

gefühlige avantgarde. sylvia egger<br />

eine grenzziehung.<br />

axit–die betriebskantine<br />

es gibt keinen großen bedarf<br />

an wunderkammern. (geert lovink)<br />

auch wenn die FAZ (29.06.07) mit richard<br />

kämmerlings nun glücklich ist, weil sie eine neue<br />

avantgarde in der literatur entdeckt zu haben glaubt,<br />

ist das noch lange keine avantgarde. um es ganz<br />

kurz zu machen: wir wollen es schlicht label-ismus<br />

nennen. er reduziert in seiner begeisterung für junge<br />

literatur – wie ina hartwig, sie herzrasend (BELLA<br />

triste sei „heiß, begeistert und leidenschaftlich“),<br />

er plattfußhaft radikal - avantgarde auf das niveau<br />

einer schlichten bibelstunde: „[lyrik, s. e.] ist hier<br />

endlich einmal wieder vorreiter. früher nannte<br />

man das ‚avantgarde‘“. auch wenn stellungnahmen<br />

von autoren zur werkzeugkunde aktuell nicht so<br />

üblich sind, sind sie, wie in der literaturzeitschrift<br />

BELLA triste abgegeben, ein alter haudegen-trick,<br />

der für editorialliebhaber auch noch mit umwerfend<br />

einfachen hinreichungen zubereitet wird: „nichts<br />

soll bewiesen, vieles gezeigt werden“. um es wieder<br />

ganz kurz zu machen: wir wollen es simplen<br />

anthologischen willen nennen.<br />

abb.1. anzahl der literaturpreise mit dotation (stichprobe: BELLA triste)<br />

so anthologisch der wille, um so williger die<br />

essayistischen geister, ihr spezifisches kapital<br />

aus der feldflasche zu kippen. so harmlos die<br />

stellungnahmen zur avantgarde von ulf stolterfoht<br />

oder ann cotten in BELLA triste daherkommen,<br />

sie entsprechen leider auch der logik des<br />

argumentativen kampfes (bourdieu) im literarischen<br />

feld. schulen oder zeitschriften leben ja gerade<br />

von den unterschieden, die sie setzen. aber warum<br />

hat das herausarbeiten der unterschiede dann<br />

schreibschulniveau?<br />

so führt uns ann cotten in etwas mehr. über die<br />

prämissen und den sinn von dem, was wir mit wörtern<br />

anzustellen imstande sind vor, was avantgarde mit<br />

anspruch für sie bedeutet: „es kommt vor, dass<br />

man an rockmusik nur die primitive struktur<br />

hört und sie völlig überschätzt findet, oder an<br />

avantgardekunst nur den anspruch spürt, der einen<br />

abtörnt. (...) natürlich hat man dann recht, man<br />

hat ja eine haut zu verteidigen.“ abgesehen davon,<br />

dass der vergleich von strukturen dieser art immer<br />

ein wenig hinkt, fragt man sich, vor welchem<br />

anspruch man sie erretten soll? zwei szenarien, die<br />

man aus cottens vorwurf an die avantgarde erstellen<br />

könnte: entweder muss der avantgardeanspruch<br />

möglichst ungewollt-gewollt (avantgarde mimikry<br />

– stufe 1: fehlstart) oder gewollt-ungewollt<br />

(avantgarde mimikry – stufe 2: kaltstart) aussehen.<br />

beide ansprüche schrammen nur an avantgarde<br />

vorbei. diese kunst des durchlavierens macht eines<br />

überdeutlich: mit dem anspruch auf avantgarde<br />

könnte man ja was wollen wollen, ergo: fährt man<br />

lieber nicht aus der haut und bleibt angetörnter<br />

opportunist.


gefühlige avantgarde. sylvia egger<br />

eine grenzziehung.<br />

axit–die betriebskantine<br />

ulf stolterfoht ist in noch einmal: über avantgarde<br />

und experimentelle lyrik ebenfalls ein meister des<br />

lavierfachs: deutlich grenzt sich stolterfoht von<br />

der avantgarde ab – auch hier gilt es wie bei ann<br />

cotten etwas zu erretten. obwohl er die rolle der<br />

avantgarde für seine arbeit klarer machen will, will<br />

es nicht klappen. zu viele ansprüche werden von<br />

der avantgarde erhoben, die er nicht teilen kann<br />

und will. daher sein fazit: wenn avantgarde, dann<br />

nur unter seinen bedingungen. so aristokratisch<br />

dieser anspruch, so klar wird das ansinnen des<br />

textes: stolterfoht fehlt wohl der endgültige<br />

betriebliche ritterschlag im (alles gleichzeitig<br />

einsetzbar: lyrischen, experimentellen, avancierten)<br />

(sub-)feld. er versucht keineswegs, eine lanze für<br />

mehr avantgarde zu brechen, sondern sich in einen<br />

erweiterten lyrischen kanon hineinzuargumentieren<br />

– mit den üblichen verdächtigen als gewährsmänner:<br />

kling, waterhouse, heißenbüttel, papenfuß. im<br />

übrigen hätte klaus zeyringer sicherlich seine<br />

freude an diesem salonhaften jargon stolterfohts.<br />

den zusammenhang von salon, tafelrunde und<br />

funktionärsbüro im kulturbetrieb hat zeyringer ja<br />

bereits herausgearbeitet.<br />

darüber hinaus bleibt stolterfohts versuch,<br />

enzensbergers aporien der avantgarde (1962) zu<br />

entstauben und für seine argumentation fruchtbar<br />

zu machen, eine argumentative vogelscheuche,<br />

welche die einwände gegen avantgarde nur erneuert.<br />

dadurch verstärkt sich der eindruck, dass stolterfoht<br />

nicht auf eine rehabilitierung der avantgarde abzielt.<br />

er unterschlägt wesentliche argumentationslinien<br />

enzensbergers, die rezeption bleibt kontextlos.<br />

stolterfoht spart aus, warum enzensberger so<br />

vehement gegen die avantgarde vorging. sicherlich<br />

ist enzensbergers vorwurf an die avantgarde ähnlich<br />

bedingungslos wie bürgers, jedoch basiert er auf<br />

anderen voraussetzungen – er sieht die avantgarde<br />

vor der bewußtseins-industrie kapitulieren – und<br />

er versteht diese kapitulation als ein ergebnis ihres<br />

klassischwerdens.<br />

die avantgarde sei längst klassisch geworden, so<br />

enzensberger, und richte ihre konzepte als talisman<br />

gegen alle(s) – freunde wie feinde. das läßt sich<br />

durchaus auch als betriebskritische prüfung von<br />

avantgarde lesen. damit befindet sich enzensberger<br />

nah an bürgers altern der avantgarde und, obgleich<br />

unter gänzlich anderem vorzeichen, im kern des<br />

avantgarde-konzepts von bourdieu, welches das<br />

altern der avantgarde, die irgendwann klassisch<br />

oder deklassiert ist, als logik des wandels im feld<br />

begreift. bourdieu versteht den kampf nicht<br />

als wiederholung der wiederholung, sondern<br />

als beständiges „augenzwinkern innerhalb des<br />

milieus“. die rückbindung auf bereits geführte<br />

kämpfe ist essentiell für das spiel der distinktion<br />

im feld. den generalverdacht einer durchgängigen<br />

manipulation teilt bourdieu jedoch nicht, während<br />

bei enzensberger noch der etablierteste avantgardist<br />

im gesamtkontext der bewußtseins-industrie, „die<br />

alles usurpiert“, scheitern muß. die bewußtseinsindustrie,<br />

adornos kulturindustrie-konzept wird<br />

von enzensberger noch weiter zugespitzt, mache<br />

jeden versuch, sich gegen sie zu stellen, zur farce.<br />

nur, wer beständig seine position reflektiere, habe<br />

eine chance. enzensberger sieht dieses manko bei<br />

den etablierten avantgarden in den 60er Jahren<br />

wie beat generation und konkrete dichtung. die<br />

beständige flucht nach vorne reiche nicht mehr aus,<br />

so enzensberger auch im hinblick auf avantgarden,<br />

sie sei geradezu typisch geworden für mitläufer, die<br />

vorläufer sein wollten.<br />

11


12<br />

gefühlige avantgarde. sylvia egger<br />

eine grenzziehung.<br />

axit–die betriebskantine<br />

abb. 2. studium (stichprobe: BELLA triste)<br />

„wozu ist literatur überhaupt gut?“, fragt sich<br />

richard kämmerlings schließlich. yes, indeed – lang<br />

ist‘s her, als texte noch „skalpelle, molotowcocktails<br />

oder minengürtel“ (foucault) sein wollten. man<br />

könnte mit enzensberger unken, zu nichts, wenn<br />

sie nicht ständig auf all ihre bedingungen, auch<br />

ökonomische, reflektiert. kämmerlings hält es<br />

jedoch für völlig nebensächlich, sich ökonomien<br />

wie „betrieb, netzwerke, verkaufszahlen und<br />

preise“ vorzunehmen. oder die gegenseitige<br />

bewunderungsschule (schücking), die jüngere,<br />

abb. 3. anzahl der stipendien mit dotation (stichprobe: BELLA triste)<br />

mit preisen und stipendien bedachte lyriker<br />

mit bereits etablierten autoren in BELLA triste<br />

durchspielen, genauer unter die lupe zu nehmen.<br />

oder nachzusehen, wie symbolisches und/ oder<br />

ökonomisches kapital locker unter der neuen lyrik<br />

verteilt ist (abb. 1,2 und 3).<br />

der junge lyriker zieht es daher vor – so könnte<br />

man es mit falkner auf den punkt bringen -,<br />

einen weiteren text in BELLA triste zu platzieren,<br />

gemeinsam beim wein zu sitzen und dem kritiker<br />

vom avantgarden vorzuschwärmen, einem hilfsverb,<br />

um sich bekannt zu machen.<br />

literatur:<br />

http://www.bellatriste.de<br />

http://www.lyrikkritik.de<br />

bourdieu: die regeln der kunst (1999)<br />

+ praktische vernunft (1998)<br />

enzensberger: bewußtseins-industrie (1962)<br />

+ die aporien der avantgarde (1962)<br />

falkner: baumfällen. zur phänomenologie des niedermachens in der<br />

deutschen literaturkritik, NDL 2/04<br />

schücking: soziologie des literarischen geschmacks (1961)<br />

zeyringer: ehrenrunden im salon (2<strong>00</strong>7)


de andrade: manifesto antropófago anke finger<br />

kannibalische depesche<br />

n a c h r i c h t e n v o m b a n k e t t d e r m a n i f e s t e<br />

wir essen ja alle ganz gern. auch gern mal viel.<br />

auch gern mal ungewöhnliches. oder etwa nicht?<br />

experimentieren sie gar mit zutaten, gewürzen, arten<br />

der zubereitung? mit exotischen kombinationen?<br />

sie fordern sich kulinarisch heraus? sie neigen zur<br />

völlerei? zu gelagen, zu ausflügen an den rand des<br />

erträglichen? prächtig, dann kommen sie doch<br />

mal mit; folgen sie mir, ganz unvoreingenommen<br />

und unbedächtig in die garküchen von texten<br />

globalen und historischen geschmacks, leicht zu<br />

verzehren, schwer zu verdauen. texte, die sich inner-<br />

und aussereuropäisch stets apart absetzten vom<br />

allgemeinmus der allseits präsenten romaneintöpfe;<br />

texte, bei denen sich beizeiten beherzt aufstossen<br />

lässt, aber doch auch texte, die – bei unlustigem<br />

verzehr – grässlich den magen zu versengen und<br />

die stimmung zu versenken vermögen. sie grimmen<br />

ab und zu, diese texte können nichts dafür, sie<br />

präsentieren sich in der planung und ausführung<br />

noch nicht so fatal und schneidig wie bei der<br />

verdauung. sie können weh tun, sie provozieren, sie<br />

produzieren magengeschwüre. also nichts, was sie<br />

nicht vertragen könnten…<br />

achja: obacht! elementarteile der küche sind die<br />

messer. mit denen man schneidet. was unter die<br />

klinge kommt. es blitzt, es quietscht, es grunzt,<br />

es gackert (vielleicht), es kracht und knackt, es<br />

tropft und platscht – gefolgt von totenstille. oder<br />

allmählich, in manchem falle (oder schnitt). das<br />

messer als königsinstrument der zu folgenden<br />

garkochbrutzelkunst; ein assistent des verschlingens<br />

und geniessens, der durch den garaus an flora und<br />

fauna doch sinneslust und gedankenschärfe erst<br />

hervorkitzelt. flambieren, werfen sie dazwischen?<br />

aber ja, doch, auch – mit politik! bewundern sie die<br />

glitzernden klingen, lassen sie sich ein härchen oder<br />

mehr absäbeln, zur geschmacksverstärkung, zum<br />

gaumenschauer.<br />

wovon sprechen wir hier? was köchelt, was<br />

brodelt, ihnen zum genuss, ihnen zum grausen?<br />

manifeste. wir sprechen von manifesten, vom<br />

zubereiten derselben, von den umständen der<br />

küchenkonstellationen, von den köchen und<br />

köchinnen, den pflanzen, tieren und menschen,<br />

die darin auftauchen – und gefressen werden:<br />

„mich interessiert nur, was mir nicht gehört. gesetz<br />

des menschen. gesetz des anthropophagen“ (oda,<br />

aka oswald de andrade). die hundertjahrfeier des<br />

jahrhundertmanifests – das futuristische von<br />

1909 – steht zwar noch aus; doch wer verwehrt<br />

uns die gründliche vorbereitung, die nötige<br />

recherche, das vorkosten und ausprobieren hin<br />

zum wohlgeformten geschmack, zur wohlgeübten<br />

zunge? ein bankett der manifeste steht an, hier<br />

und in den nächsten ausgaben von perspektive, ein<br />

bankett mit ausgewählten speisen aus aller welt,<br />

auf dass uns die vielfalt die einfalt ersetzt. auf dass<br />

wir aufeinander krachen, mit gusto, für manifeste,<br />

gegen die grenzen. denn gemerkt sei: wie schon<br />

oda anwies, wir riechen menschenfleisch, ho hum,<br />

wir riechen das verschlingen von stein und bein,<br />

wir riechen unendlich vieles und vielfältiges, das in<br />

katakomben modert und doch erst frisch erblüht.<br />

und wir machen uns darüber her. wir riechen tote<br />

europäer: „der geist wehrt sich gegen die vorstellung<br />

vom geist ohne körper. der anthropomorphismus.<br />

die notwendigkeit einer anthropophagischen<br />

impfung. für ein gegengewicht zu den religionen<br />

des meridians. und den inquisitionen von außen“.<br />

doch wir fressen alles von überall, texte, kulturen,<br />

geschichten. verdauen es. vielleicht auch nicht.<br />

spucken es wieder aus. machen eine höhlung<br />

in die pampe, füllen noch was hinein. wir sind<br />

für karnivoren und „gegen die importeure<br />

eingemachten bewusstseins.“ kommen sie doch mal<br />

mit. kommen sie doch einfach mal mit. es passiert<br />

ihnen schon nichts. wahrscheinlich passiert ihnen<br />

schon nichts.<br />

1


1<br />

de andrade: manifesto antropófago anke finger<br />

kannibalische depesche<br />

n a c h r i c h t e n v o m b a n k e t t d e r m a n i f e s t e<br />

1920 roch picabia. nichts. es kochte und köchelte<br />

zwar schon seit einigen jahren an orten und in<br />

gemütern, doch „was dada angeht: es riecht nicht,<br />

es bedeutet ja nicht, gar nichts“ (manifest cannibale<br />

dada). das lag aber nicht an dada. das lag an der<br />

ernsthaftigkeit, derer picabia die „schalentiere“<br />

– sie, meine lieben – bezichtigte. „à mort, bringt<br />

sie um, laßt sie verrecken! nur das geld stirbt nicht,<br />

es reist nur ein wenig fort.“ nunja, ein bedingt<br />

lukullischer genuss, ein kleiner anwärmhappen. an<br />

kannibalischem in der moderne ist kein mangel,<br />

kannibalenbälle bei den dadaisten, félix fénéon<br />

und alfred jarry mit von der partie, sich über den<br />

kolonial erregten bürger kannibalisch zu belustigen.<br />

das ging manchmal auch ins auge und schmeckte<br />

etwas säuerlich. fortunato depero, futurist seines<br />

zeichens, verlässt new york 1930 mit den worten:<br />

„babele internazionale—cannibalismo—cinismo—<br />

pugnalate di gomiti-farsi avanti per forza—<br />

raggiungere dollari, dollari, dollari“.<br />

greifen wir zum manifest, das uns für heute laben<br />

soll. 1928. südamerika. brasilien. streichen sie<br />

sich die salsa-rhythmen aus dem kopf, auch die<br />

knackigen vistas auf dem copa cabana erweisen<br />

sich als unrichtige beigabe. aber girls gab es schon:<br />

„wir wollen die karibische revolution. größer als<br />

die französische revolution. die vereinigung aller<br />

wirklichen revolten, die zum menschen führen.<br />

ohne uns hätte europa nicht einmal seine armselige<br />

erklärung der menschenrechte. das von amerika<br />

angekündigte goldene zeitalter. das goldene zeitalter.<br />

und alle girls“. (na, für die leserinnen werfen wir<br />

auch noch ein paar boys dazu…)<br />

oswald de andrade (1890-1954) stellt einen der<br />

grössten textfresser brasiliens, ein gargantua<br />

der moderne. als 22-jähriger europareisender in<br />

italien, frankreich und deutschland. beeindruckt<br />

und beeinflusst von den futuristen, das zweite<br />

buch (1924) geschrieben im telegrafenstil. auch<br />

poet. auch dramatiker. gestorben fern von der<br />

brasilianischen moderne, die er half, zu begründen.<br />

mit kannibalismus. mit primitivismus, der den<br />

europäischen sympathipraktikanten (ach, so<br />

viele) ins gesicht schlagen soll. das manifest ein<br />

letztgültiger kommentar zu seinem poesie-band<br />

pau-brasil (1925), eine unabhängigkeitserklärung an<br />

die dominante ‘poetik’ der europäischen eroberer in<br />

stil und inhalt: „wir hatten die justiz als kodifizierte


de andrade: manifesto antropófago anke finger<br />

kannibalische depesche<br />

n a c h r i c h t e n v o m b a n k e t t d e r m a n i f e s t e<br />

rache. die wissenschaft als kodifizierte magie.<br />

anthropophagie. die ständige verwandlung von<br />

tabu in totem […] doch es waren nicht kreuzfahrer,<br />

die kamen. es waren flüchtlinge einer zivilisation,<br />

die wir jetzt aufessen, denn wir sind stark und<br />

rachsüchtig wie der jabutí“.<br />

brasilien, die karibik, die tupinambá – tupí, or<br />

not tupí: not the question, but the answer: „gegen<br />

die umkehrbare welt und die objektivierten<br />

ideen. die kadaverisierten. den stop des denkens,<br />

das dynamisch ist. das individuum, als opfer des<br />

systems. quelle der klassischen ungerechtigkeiten.<br />

der romantischen ungerechtigkeiten. und das<br />

vergessen innerer eroberungen“. vorwärts aus<br />

der zivilisation, der katholisch-diktatorischen,<br />

vorwärts aus der beklemmenden kleidung der<br />

eroberer, vorwärts ins brasilianische brasilien =<br />

„der karibische instinkt“. und doch immer wieder<br />

zurück ins vorbildliche europa. die bewegung der<br />

antropofagia (und der brasilianischen moderne)<br />

beginnt im februar 1922 mit der semana de arte<br />

moderna in são paulos stadttheater. und endet mit<br />

odas manifest. sie wirkt sich jedoch bis heute aus,<br />

prägt autorinnen, musikerinnen (tropikalismus),<br />

künstlerinnen in einer zwiespältigen ko-existenz<br />

mit den europäischen und u.s. amerikanischen<br />

–ismen und bewegungen: „was geschieht, ist nicht<br />

eine sublimierung des geschlechtstriebes. es ist<br />

die wärmeskala des anthropophagischen triebes.<br />

erst fleischlich, wird er wählerisch und schafft die<br />

freundschaft. affektiv, schafft er die liebe. spekulativ,<br />

die wissenschaft. er weicht ab und überträgt<br />

sich. wir kommen zu seiner herabwürdigung. die<br />

niedere anthropophagie, angehäuft in den sünden<br />

des katechismus – neid, wucher, verleumdung,<br />

mord. die seuche der sogenannten gebildeten und<br />

christianisierten völker ist es, wogegen wir vorgehen.<br />

die anthropophagen“. lesen sie; fressen sie.<br />

das fressen und gefressen werden einzelner und<br />

mehrerer kulturen als hintergrund und basis<br />

der ästhetischen moderne; das fressen und<br />

gefressen werden der hierarchien und schichten<br />

im beginnenden 20. jahrhundert; das fressen und<br />

gefressen werden von texten und kunstwerken von<br />

texten und kunstwerken – unser fokus in der neuen<br />

kolumne. guten appetit!<br />

1


1<br />

manifesto antropofágo de andrade<br />

• Só a Antropofagia nos une. Socialmente.<br />

Economicamente. Filosoficamente.<br />

• Única lei do mundo. Expressão mascarada de<br />

todos os individualismos, de todos os coletivismos.<br />

De todas as religiões. De todos os tratados de paz.<br />

• Tupi, or not tupi that is the question.<br />

• Contra todas as catequeses. E contra a mãe dos<br />

Gracos.<br />

• Só me interessa o que não é meu. Lei do homem.<br />

Lei do antropófago.<br />

• Estamos fatigados de todos os maridos católicos<br />

suspeitosos postos em drama. Freud acabou com o<br />

enigma mulher e com outros sustos da psicologia<br />

impressa.<br />

• O que atropelava a verdade era a roupa, o<br />

impermeável entre o mundo interior e o mundo<br />

exterior. A reação contra o homem vestido. O<br />

cinema americano informará.<br />

• Filhos do sol, mãe dos viventes. Encontrados<br />

e amados ferozmente, com toda a hipocrisia da<br />

saudade, pelos imigrados, pelos traficados e pelos<br />

touristes. No país da cobra grande.<br />

• Foi porque nunca tivemos gramáticas, nem<br />

coleções de velhos vegetais. E nunca soubemos o que<br />

era urbano, suburbano, fronteiriço e continental.<br />

Preguiçosos no mapa-múndi do Brasil.<br />

• Uma consciência participante, uma rítmica<br />

religiosa.<br />

• Contra todos os importadores de consciência<br />

enlatada. A existência palpável da vida. E a<br />

mentalidade pré-lógica para o Sr. Lévy-Bruhl<br />

estudar.<br />

• Queremos a Revolução Caraiba. Maior que a<br />

Revolução Francesa. A unificação de todas as<br />

revoltas eficazes na direção do homem. Sem n6s a<br />

Europa não teria sequer a sua pobre declaração dos<br />

direitos do homem.<br />

• A idade de ouro anunciada pela América. A idade<br />

de ouro. E todas as girls.<br />

• Filiação. O contato com o Brasil Caraíba. Ori<br />

Villegaignon print terre. Montaig-ne. O homem<br />

natural. Rousseau. Da Revolução Francesa ao<br />

Romantismo, à Revolução Bolchevista, à Revolução<br />

Surrealista e ao bárbaro tecnizado de Keyserling.<br />

Caminhamos..<br />

• Nunca fomos catequizados. Vivemos através de<br />

um direito sonâmbulo. Fizemos Cristo nascer na<br />

Bahia. Ou em Belém do Pará.<br />

• Mas nunca admitimos o nascimento da lógica<br />

entre nós.<br />

• Contra o Padre Vieira. Autor do nosso primeiro<br />

empréstimo, para ganhar comissão. O rei-analfabeto<br />

dissera-lhe : ponha isso no papel mas sem muita<br />

lábia. Fez-se o empréstimo. Gravou-se o açúcar<br />

brasileiro. Vieira deixou o dinheiro em Portugal e<br />

nos trouxe a lábia.<br />

• O espírito recusa-se a conceber o espírito sem o<br />

corpo. O antropomorfismo. Necessidade da vacina<br />

antropofágica. Para o equilíbrio contra as religiões<br />

de meridiano. E as inquisições exteriores.<br />

• Só podemos atender ao mundo orecular.<br />

• Tínhamos a justiça codificação da vingança. A<br />

ciência codificação da Magia. Antropofagia. A<br />

transformação permanente do Tabu em totem.<br />

• Contra o mundo reversível e as idéias objetivadas.<br />

Cadaverizadas. O stop do pensamento que é<br />

dinâmico. O indivíduo vitima do sistema. Fonte das<br />

injustiças clássicas. Das injustiças românticas. E o<br />

esquecimento das conquistas interiores.<br />

• Roteiros. Roteiros. Roteiros. Roteiros. Roteiros.<br />

Roteiros. Roteiros.<br />

• O instinto Caraíba.<br />

• Morte e vida das hipóteses. Da equação eu<br />

parte do Cosmos ao axioma Cosmos parte do eu.<br />

Subsistência. Conhecimento. Antropofagia.<br />

• Contra as elites vegetais. Em comunicação com o<br />

solo.


manifesto antropofágo de andrade<br />

• Nunca fomos catequizados. Fizemos foi Carnaval.<br />

O índio vestido de senador do Império. Fingindo de<br />

Pitt. Ou figurando nas óperas de Alencar cheio de<br />

bons sentimentos portugueses.<br />

• Já tínhamos o comunismo. Já tínhamos a língua<br />

surrealista. A idade de ouro.<br />

• Catiti Catiti<br />

• Imara Notiá<br />

• Notiá Imara<br />

• Ipeju*<br />

• A magia e a vida. Tínhamos a relação e a<br />

distribuição dos bens físicos, dos bens morais, dos<br />

bens dignários. E sabíamos transpor o mistério e a<br />

morte com o auxílio de algumas formas gramaticais.<br />

• Perguntei a um homem o que era o Direito.<br />

Ele me respondeu que era a garantia do exercício<br />

da possibilidade. Esse homem chamava-se Galli<br />

Mathias. Comia.<br />

• Só não há determinismo onde há mistério. Mas<br />

que temos nós com isso?<br />

• Contra as histórias do homem que começam<br />

no Cabo Finisterra. O mundo não datado. Não<br />

rubricado. Sem Napoleão. Sem César.<br />

• A fixação do progresso por meio de catálogos<br />

e aparelhos de televisão. Só a maquinaria. E os<br />

transfusores de sangue.<br />

• Contra as sublimações antagônicas. Trazidas nas<br />

caravelas.<br />

• Contra a verdade dos povos missionários, definida<br />

pela sagacidade de um antropófago, o Visconde de<br />

Cairu: – É mentira muitas vezes repetida.<br />

• Mas não foram cruzados que vieram. Foram<br />

fugitivos de uma civilização que estamos comendo,<br />

porque somos fortes e vingativos como o Jabuti.<br />

• Se Deus é a consciênda do Universo Incriado,<br />

Guaraci é a mãe dos viventes. Jaci é a mãe dos<br />

vegetais.<br />

• Não tivemos especulação. Mas tínhamos<br />

adivinhação. Tínhamos Política que é a ciência da<br />

distribuição. E um sistema social-planetário.<br />

• As migrações. A fuga dos estados tediosos. Contra<br />

as escleroses urbanas. Contra os Conservatórios e o<br />

tédio especulativo.<br />

• De William James e Voronoff. A transfiguração do<br />

Tabu em totem. Antropofagia.<br />

• O pater famílias e a criação da Moral da Cegonha:<br />

Ignorância real das coisas+ fala de imaginação +<br />

sentimento de autoridade ante a prole curiosa.<br />

• É preciso partir de um profundo ateísmo para se<br />

chegar à idéia de Deus. Mas a caraíba não precisava.<br />

Porque tinha Guaraci.<br />

• O objetivo criado reage com os Anjos da Queda.<br />

Depois Moisés divaga. Que temos nós com isso?<br />

• Antes dos portugueses descobrirem o Brasil, o<br />

Brasil tinha descoberto a felicidade.<br />

• Contra o índio de tocheiro. O índio filho de<br />

Maria, afilhado de Catarina de Médicis e genro de<br />

D. Antônio de Mariz.<br />

• A alegria é a prova dos nove.<br />

• No matriarcado de Pindorama.<br />

• Contra a Memória fonte do costume. A<br />

experiência pessoal renovada.<br />

• Somos concretistas. As idéias tomam conta,<br />

reagem, queimam gente nas praças públicas.<br />

Suprimarnos as idéias e as outras paralisias.<br />

Pelos roteiros. Acreditar nos sinais, acreditar nos<br />

instrumentos e nas estrelas.<br />

• Contra Goethe, a mãe dos Gracos, e a Corte de D.<br />

João VI.<br />

• A alegria é a prova dos nove.<br />

1


1<br />

manifesto antropofágo de andrade<br />

• A luta entre o que se chamaria Incriado e a<br />

Criatura – ilustrada pela contradição permanente<br />

do homem e o seu Tabu. O amor cotidiano e o<br />

modusvivendi capitalista. Antropofagia. Absorção<br />

do inimigo sacro. Para transformá-lo em totem. A<br />

humana aventura. A terrena finalidade. Porém, só<br />

as puras elites conseguiram realizar a antropofagia<br />

carnal, que traz em si o mais alto sentido da vida e<br />

evita todos os males identificados por Freud, males<br />

catequistas. O que se dá não é uma sublimação do<br />

instinto sexual. É a escala termométrica do instinto<br />

antropofágico. De carnal, ele se torna eletivo e<br />

cria a amizade. Afetivo, o amor. Especulativo, a<br />

ciência. Desvia-se e transfere-se. Chegamos ao<br />

aviltamento. A baixa antropofagia aglomerada nos<br />

pecados de catecismo – a inveja, a usura, a calúnia,<br />

o assassinato. Peste dos chamados povos cultos e<br />

cristianizados, é contra ela que estamos agindo.<br />

Antropófagos.<br />

• Contra Anchieta cantando as onze mil virgens<br />

do céu, na terra de Iracema, – o patriarca João<br />

Ramalho fundador de São Paulo.<br />

• A nossa independência ainda não foi proclamada.<br />

Frape típica de D. João VI: – Meu filho, põe essa<br />

coroa na tua cabeça, antes que algum aventureiro<br />

o faça! Expulsamos a dinastia. É preciso expulsar o<br />

espírito bragantino, as ordenações e o rapé de Maria<br />

da Fonte.<br />

• Contra a realidade social, vestida e opressora,<br />

cadastrada por Freud – a realidade sem complexos,<br />

sem loucura, sem prostituições e sem penitenciárias<br />

do matriarcado de Pindorama.<br />

OSWALD DE ANDRADE Em Piratininga Ano 374 da Deglutição do<br />

Bispo Sardinha.“ (Revista de Antropofagia, Ano 1, No. 1, maio de 1928.)<br />

* „Lua Nova, ó Lua Nova, assopra em Fulano lembranças de mim“, in O<br />

Selvagem, de Couto Magalhães<br />

Oswald de Andrade alude ironicamente a um episódio da história do Brasil:<br />

o naufrágio do navio em que viajava um bispo português, seguido da morte<br />

do mesmo bispo, devorado por índios antropófagos.<br />

http://www.lumiarte.com/luardeoutono/oswald/index.html


alla sera evelyn schalk<br />

MediaMessAge<br />

A l l a s e r a<br />

Kunstelite – Massenkultur. Zwei Phänomene,<br />

die sich ähneln und gleichzeitig bedingen. Das eine<br />

produziert das andere. Opium fürs Volk. Besser:<br />

Weihrauch. Die oberflächenmatten Scheinversuche<br />

der Entelitarisierung von Kunst laufen sich<br />

seit Jahren unter konzeptionellen Phrasen wie<br />

„alle wirken mit“, „jeder ist Künstler“, „jeder ist<br />

gleich präsent“ selbst tot. Leichten Herzens und<br />

voller Brieftasche kann intern darauf verwiesen<br />

werden, wie interessant bei derlei Projekten zwar<br />

das Konzept an sich sei – die Reaktionen der<br />

Angesprochenen, instinktgesteuert, womit sie<br />

erwartungsgemäß dort bleiben wo sie gefälligst<br />

bleiben sollen: beim tierischen Konsum, fressen,<br />

schlafen, vögeln, egal ob das Objekt der zielsicher<br />

erzeugten Begierde Kunst oder Coca Cola ist. Im<br />

Statuieren des Exempels, der „Universum“-mäßigen<br />

Beobachtung und Dokumentation, hat sich die<br />

ganze Sache wieder einmal in der Kalkulierbarkeit<br />

des Objekts „Mensch“ bzw. „Masse“ erschöpft,<br />

auf zu neuen alten überheblichen Ufern. Der<br />

Trick „Wir lassen jede/n teilhaben“ funkt ein paar<br />

mal, auch ein paar mal öfter, aber dann wird er<br />

endgültig zum postmodernen Kalauer der kunstsinnigen<br />

Schenkelklopfer verkommen sein und hat<br />

sich damit rasch und bequem von selbst erledigt.<br />

Dem Anspruch „Alle Menschen sind Intellektuelle“<br />

wurde damit wohl folgenlos genüge getan und<br />

man kann kritiklos auf Antonio Gramscis Satzende<br />

weiterverweisen „aber nicht alle Menschen haben<br />

in der Gesellschaft die Funktion von Intellektuellen“<br />

und setzt noch wortlos hinzu: „und das ist auch<br />

gut so, quod erat demonstrandum“. Pflichtkapitel<br />

abgeschlossen, Rechnung aufgegangen, nächster<br />

Akt in der unendlichen Geschichte der munteren<br />

Selbstbespiegelung.<br />

Gleichzeitig hat man aber eine Alibi-Lösung für<br />

Unliebsameres gefunden, nämlich (Schein-)Ersatz<br />

für die Notwendigkeit, tatsächlich Gelder und<br />

Infrastruktur jenseits der besagten Eliten zur<br />

Verfügung zu stellen. Was schon aufgrund der daraus<br />

resultierenden Reduktion der Mittel für selbige (ob<br />

nun als Kunstgroßbetrieb oder „„unabhängige““<br />

Szene definiert) einerseits und andererseits der<br />

dann zu erwartenden Kritik an beiden tunlichst<br />

zu verhindern ist. Denn diese durch Umverteilung<br />

und andere Zugänge ermöglichte Kritik könnte in<br />

der Folge mediale Verbreitung finden, und so (weil<br />

erstmals allgemeiner nachvollziehbar) bei den bis<br />

dato ruhiggestellten Rezipienten tatsächlich Wirkung<br />

zeitigen…<br />

Doch verhindert wird erfolg- und folgenreich<br />

– sitzen doch die selben Leute in Vergabegremien<br />

und Jurys, die das Geld seit Jahren einsacken,<br />

entscheiden doch genau jene über infrastrukturelle<br />

Zuteilungen, die selbst davon profitieren. Darüber<br />

hinaus ist man – in beiden Fällen – mit zuständigen<br />

Politikern gut verhabert, bei der Weinverkostung<br />

in der Südsteiermark oder am Golfplatz bei Wien<br />

werden, natürlich rein persönliche, Freundschaften<br />

gehegt und gepflegt. Die Behandlung brisanter<br />

Themen wird im übrigen gern an Arrivierte<br />

delegiert, bei jenen weiß man sie gut aufgehoben<br />

und schmeichelweich (weil be-rechenbar) behandelt.<br />

Trotzdem lässt sich das mediale Gesicht vom<br />

kritischen Kunst- und Kulturbetrieb wahren und das<br />

System scheint im Lot.<br />

Nach dem selben Prinzip agieren Sponsoren aus der<br />

Wirtschaft. Ihre Betriebe, und im Einzelfall sogar<br />

Methoden, werden im Kunst-Werk scheinkritisiert,<br />

dessen Urheber empören sich öffentlich über<br />

Arbeitsbedingungen im Kapitalismusuniversum.<br />

Doch alles im Rahmen, Schluss ist, wo’s beginnt weh<br />

zu tun – denn ab da leidet die eigene Brieftasche mit.<br />

Diese hochbezahlte Alibi-Kritik verhindert einmal<br />

mehr tatsächliche – wie auch die Kunstelite mit<br />

1


20<br />

alla sera evelyn schalk<br />

MediaMessAge<br />

A l l a s e r a<br />

ihrer scheinbaren Offenheit und zur Schau gestellten<br />

Öffentlichkeit die tatsächliche Entelitarisierung von<br />

Kunst und Kultur zu verunmöglichen trachtet und<br />

aus Netzwerken Machtstränge flicht.<br />

Minimale Zugeständnisse von hegemonistischer<br />

Seite sind dabei teil des Konzepts, durch sie wird<br />

letztendlich die Kontrolle aufrecht erhalten. Man<br />

erreicht Legitimation durch die scheinbare Zulassung<br />

von Kritik, die wiederum ihrerseits im abgesteckten,<br />

gut kontrollierten Feld stattfindet – und zwar<br />

ausschließlich.<br />

Unter dem Titel „Wunderbarer Luxus der Ausbeutung“<br />

zieht Markus Mittringer im Standard vom 22./23.<br />

September 07 seine Resümees über die aktuelle<br />

herbst-Ausstellung der Grazer Neuen Galerie.<br />

Zu dieser liefert die Galerie folgendes<br />

Einleitungsstatement: „Die Ungleichheit auf der<br />

Welt nimmt stetig zu. Weil neben der Politik speziell<br />

Wirtschaft und Handel für diese Entwicklung<br />

zuständig sind, werden letztere in der Ausstellung<br />

Un/Fair Trade zum Thema gemacht. Allerdings<br />

nicht im Sinne der gängigen Globalisierungskritik,<br />

sondern es wird versucht, den Blick auf den<br />

gerechten Handel, vor allem auf den gerechten<br />

Tausch zu richten.“<br />

Dazu kommen: Interaktiver Saaltext, übern Blogg<br />

kann jede/r Besucher/in seinen/ihren Kommentar<br />

oder sogar das eigene Kunstwerk zur Ausstellung<br />

beitragen, welche dann auch mal direkt in den<br />

jeweiligen Raum projiziert werden. „Netzgespeiste<br />

Quellen“ fordern die BesucherInnen auf, „sich<br />

selbsttätig einen Handapparat an Materialien<br />

zusammenzustellen – einen eigenen Text zur<br />

Ausstellung zu entwickeln.“ Ja, so mögen wir<br />

Kunstbeteiligung, offene Kultur-Konzepte. Die<br />

Leutchen sollen sich gefälligst selbst hinter die<br />

Tasten klemmen und sich die Infos ausm Netz<br />

saugen. Wir liefern ihnen gerne die Andockpunkte,<br />

aber das war’s dann schon. Mit Verlaub: Zu<br />

diesem Zweck hätte eine Massenaussendung<br />

mit themenbezogener Linkliste genügt, es hätte<br />

keine Schau in galeristischen Räumen gebraucht.<br />

Was sich hier – und an zahlreichen ähnlichen<br />

Beispielen! – zeigt, ist aber zweierlei. Erstens, im<br />

besten McLuhan’schen Sinn: The Media ist the<br />

Message. Oder eben „Massage“, „Mess Age“, „Mass<br />

Age“ – welche inhaltliche Tiefsinnigkeit doch aus<br />

einem typographischen Error entstehen kann…<br />

Es wird deutlich: Dabei sein heißt gesehen oder<br />

vielmehr gezeigt werden heißt vorhanden sein,<br />

existieren. Vom Homo Sapiens zum Homo<br />

Videns, ums mit Giovanni Sartori in Anlehnung<br />

an Postman auszudrücken, Wahrnehmung<br />

nicht durch Auseinandersetzung in Form von<br />

Reflexion sondern rein durch Sinneseindrücke,<br />

abseits diskursiver, logischer und sprachbasierter<br />

Denkprozesse. Denn wer bitte verbringt bei einer<br />

Ausstellungsbesichtigung Stunden am PC, die es<br />

zweifellos bräuchte, um das Thema tiefergehend<br />

zu recherchieren. Nach dem selben Schema<br />

funktioniert auch das Gros der österreichischen<br />

Kulturberichterstattung. Berichte nicht zur Reflexion<br />

über die Sache selbst sondern als erweiterter<br />

Veranstaltungskalender, der punktuelle Infos in<br />

leicht konsumierbaren Happen liefert. (Dass auch<br />

hier wieder Macht- statt Netzwerke tragend werden,<br />

hinsichtlich des Wer und Wie oft der Nennungen,<br />

braucht nicht extra betont zu werden. )<br />

Zweitens: Es werden scheinbare Möglichkeiten<br />

geschaffen. Gibt man doch den Leuten die einmalige<br />

Chance, eine in solch renommiertem (!) Rahmen<br />

stattfindende Ausstellung mitzugestalten, darüber<br />

hinaus werden sie auch noch dazu angeregt, sich mit<br />

einem solch hochbrisanten sozialkritischen Thema<br />

näher auseinanderzusetzen, also was will man mehr?<br />

Warum auch nachgrübeln, wie, d.h. vor welchem<br />

strukturellen und finanziellen Hintergrund, die<br />

Kunstwerke, die man beitragen kann, eigentlich<br />

entstehen (sollen), warum sich fragen, aus welchen


alla sera evelyn schalk<br />

MediaMessAge<br />

A l l a s e r a<br />

jeweiligen persönlichen Möglichkeiten sich das<br />

Wissen zur Auseinandersetzung speist? Welches<br />

Netz ist da notwendig? Dazu liefern die Kuratoren<br />

Peter Weibel und Günther Holler-Schuster keinerlei<br />

Andockpunkte. Natürlich nicht, das hieße die<br />

Maschen ihres festgestrickten Netzes zu lockern, das<br />

jenen, die sie zur Teilnahme auffordern, in vielen<br />

Fällen verwehrt bleibt – warum also darüber unken,<br />

dass die Konzeption wieder von „Renommierten“<br />

stammt..?<br />

Fotograf Andreas Gursky erzielt bei Sothebys<br />

schon mal 2,26 Millionen Dollar für seine Bilder,<br />

die beiden mit den endlosen Reihen, denen der<br />

Korbflechter in Vietnam auf der einen und jenen der<br />

Sneakers im Prada-Store auf der anderen Seite, sind<br />

in Un/Fair Trade treffend nebeneinander postiert.<br />

Aber Kunstmarkt ist bekanntlich auch nur ein Markt<br />

und funktioniert nach dem göttlichen (das Ah<br />

und Oh in der Kunst, auch in nachaufklärerischen<br />

Zeitaltern, der göttliche Funke, ohne den’s<br />

schließlich keinen schöpferischen Akt geben kann)<br />

Prinzip von Angebot und Nachfrage. Untertitel der<br />

Schau: „Die Kunst der Gerechtigkeit“.<br />

21


22<br />

alla sera evelyn schalk<br />

MediaMessAge<br />

A l l a s e r a<br />

Als Inspirationsquelle für Alfonso Cancianis<br />

Skulptur „Lavoratorio stanco“, derzeit im Triestiner<br />

Museo Revoltella zu sehen, wird der Erste Mai<br />

genannt. Eine Gipsfigur, die auf den ersten Blick<br />

auch aus ungebranntem Lehm sein könnte, deren<br />

fast rötlich wirkendes Material den Staub der Arbeit<br />

greifbar zu machen scheint, die der Mann mit dem<br />

gesenkten Kopf, und der gebeugten Haltung mit<br />

dem Hammer zu seinen Füssen gerade aus der Hand<br />

gelegt hat. Sein Blick ist resigniert, müde Gestalt<br />

und Gemüt, müde von Arbeit und dem täglichen<br />

(Über)Leben. Canciani war keine Gallionsfigur der<br />

Arbeiterbewegung, hat mit seiner Skulptur auch<br />

nicht Propagandamaterial für den Kommunismus<br />

geliefert, keinen kraftstrotzenden, kämpferischen<br />

Arbeiter geformt. Der seine verbraucht alle Kraft im<br />

Alltag, die Züge um Mund und Augen verweisen auf<br />

jene Reste einer solchen Kraft, von der er sich gerade<br />

fragen mag, ob sie noch fürs Weiterexistieren reicht.<br />

Der Haupttitel der Skulptur lautet übrigens „Alla<br />

sera“, erst am Abend darf er sein Werkzeug zur Seite<br />

legen, gerade noch fähig, sich erschöpft hinzusetzen,<br />

mit hängenden Schultern.


alla sera evelyn schalk<br />

MediaMessAge<br />

A l l a s e r a<br />

Vielleicht sollte an dieser Stelle der Kontext erwähnt<br />

werden, in dem die Plastik im Revoltella gezeigt<br />

wird. Sie ist eine jener Arbeiten, die, gewissermaßen<br />

repräsentativ, für Strömungen und <strong>Perspektive</strong>n<br />

stehen, die auf einen anderen Künstler eingewirkt<br />

haben: den Triestiner Marcello Mascherini (1906<br />

– 1983), dessen Skulpturen einem Querschnitt<br />

von europäischen Arbeiten des 20. Jahrhunderts<br />

gegenübergestellt werden. Vielleicht sollte man<br />

weiters erwähnen, dass es um eine öffentlich<br />

installierte Bronzefigur Mascherinis vor einiger<br />

Zeit eine Kontroverse innerhalb der Stadtregierung<br />

Triests gab, jene mit dem Titel „Cantico dei<br />

Cantici“ („Hohelied“) auf der Piazza Oberdan,<br />

die ein ineinander verschlungenes Liebespaar<br />

darstellt. Vertreter der Rechtsparteien brachten<br />

den Vorschlag ein, die Skulptur durch eine in den<br />

1930ern entstandene des regimetreuen Bildhauers<br />

Attilio Selva zu ersetzen. Denn warum, so der<br />

nationalistische Tenor, solle ausgerechnet auf der<br />

Piazza Oberdan, benannt nach jenem Irredentisten,<br />

der 1882 einen erfolglosen Anschlag auf Kaiser<br />

Franz Josef verübt hatte, ein Werk diesen Titels und<br />

Inhalts (die eindeutigen Assoziationen mit Frieden,<br />

Vereinigung, Toleranz usw. waren wohl Dornen in<br />

den Adleraugen) öffentlich zu sehen sein?<br />

Der Autor und Journalist Mauro Covacich<br />

verbindet in „Trieste sottosopra“ noch eine weitere<br />

Geschichte mit der Skulptur: Jene von der durch<br />

Internierung und Mord durch die Faschisten<br />

auseinandergerissenen Liebe eines Studenten und<br />

seiner jungen Verlobten Laura. Er wird im März<br />

1945 verhaftet während er auf der Piazza Oberdan<br />

auf sie wartet; in den zwanzig Tagen des Arrests,<br />

die seiner Ermordung in der Risiera di San Sabba<br />

vorausgehen, wird er zum überzeugten Partisanen.<br />

Die Geschichte ist eine wahre, von Pino Robusti,<br />

so der Name, ist eine Zahl von Briefen erhalten,<br />

die zu den wichtigsten Dokumenten zählen, welche<br />

die Bedingungen im Lager San Sabba detailreich<br />

schildern.<br />

Die Bedeutung von Cancianis „Lavoratorio stanco“<br />

resultiert in erster Linie aus dem Umstand, dass sie<br />

in den über 115 Jahren, die seit seiner Entstehung<br />

vergangen sind, nicht an Aktualität verloren<br />

hat, denn Canciani zeigt einen Menschen ohne<br />

Netzwerk und macht auch gleichzeitig die Folgen<br />

dieses Fehlens deutlich. Das Kunstwerk spiegelt<br />

Ursache und Resultat der Ausschließung von<br />

Entscheidungsprozessen wider, die sich nach wie<br />

vor in den Händen einiger weniger Privilegierter<br />

befinden. Die „Beteiligung“ des Betrachters erfolgt<br />

im Gegenzug dazu nicht nur über das Sehen,<br />

sondern über das Verstehen, die Reflexion des<br />

Gezeigten.<br />

„Un/Fair Trade provoziert Lust, sich spielerisch dem<br />

Thema einer anderen Konstruktion wirtschaftlicher<br />

Zukunft anzunähern“ folgert Mittringer in Hinblick<br />

auf die interaktiven Dekoeffekte jener Schau. Wir<br />

wollen doch alle nur spielen, wird damit suggeriert<br />

und vermutlich stimmt es sogar. Game over alla sera?<br />

2


2<br />

under the heavy influence of robert stolz crauss<br />

(confessions on a dancefloor)<br />

die lounge war eine mission im schifrinkleid<br />

die herren standen um das medium an<br />

und neu webt das leben das leben.<br />

die wand karbid, berlin brannte vor eifersucht<br />

die drinks gingen direkt in die lenden.<br />

unter beschuss war es heiss unter beschuss<br />

heulten sirenen und countdowns<br />

und neu webt das leben hier ist jeder<br />

abend der letzte und hinreissend unmöglich<br />

die melodien die sie spielen ein auftakt.<br />

am i moving too rapidly? ich sass am klavier<br />

und komponierte innert weniger minuten<br />

und neu webt das leben das leben<br />

ein filmisches bravourstück ohne schnitt<br />

verboten gut und direkt in die lenden.<br />

das gibts nur einmal die herren griffen sich<br />

zwischen die hemdknöpfe und schwitzten<br />

und neu und stille das unerwartete schweigen.<br />

man konnte von babelsberg her<br />

die tram kreischen hören den samtstores zum trotz<br />

und neu<br />

und neu<br />

und neu.<br />

der kongress tanzt lilian harvey schritte<br />

schnittlos schnee rutscht von den dächern nüstern<br />

blähen sich<br />

the lights are on das lebenlebenleben...<br />

und wir wussten aus dem sapphischen: der druck der<br />

nacht<br />

steigert sich ins tropische die lounge die lounge<br />

warum bin ich so müde am i tired of waiting for you.<br />

warum also slowly sollten wir uns dem verwehren.<br />

das sapphische die lebensuhren diamantbalance<br />

lebenlebenleben.<br />

barsche längst schon griffen sich die herren<br />

hinreissend! falsettierte robert stolz die herren<br />

griffen sich die barsche aus dem himmel slowly<br />

time goes by so slowly und wir sahen mädchen<br />

die wie diskokugeln lebenleben<br />

don‘t know what to do wie kugeln in die dämmerung<br />

davongetragen wurden.<br />

jede einzeln eine königin the lights are on<br />

but it‘ll be too late so sieh dich vor sieh vor sieh vor.<br />

ich hänge fest an dir denn alles was du sagst und tust<br />

macht mich verrückt bei tagundnacht —<br />

you heard it all before you heard it all before<br />

die zeit vergeht zu schnell kein zögern mehr<br />

ich hänge fest an dir ich hänge fest an dir<br />

the lights are on so come into the sky:<br />

das sapphische am diskohimmel<br />

und wir sahen mädchen die davongetragen wurden<br />

in die dämmerung die mädchen die wie<br />

diskokugeln<br />

diskokugeln<br />

diskokugeln<br />

dir<br />

diskokugeln<br />

dir<br />

diskokugeln<br />

dir


under the heavy influence of robert stolz crauss<br />

(confessions on a dancefloor)<br />

dir nach<br />

dir nach<br />

und alle wie die königin sieh vor sieh vor sieh vor<br />

wir standen alle unter<br />

langsam<br />

langsam<br />

langsam<br />

time goes by<br />

so slowly<br />

time goes by so<br />

slowly<br />

slowly<br />

slowly<br />

now the instrumental part:<br />

wir standen alle unter einem heavy influence<br />

von robert stolz<br />

und neu webt das leben leben.<br />

unter einem heavy influence von schnee<br />

und pferdchenlaufen pappschnee.<br />

won‘t you let it be bloss jetzt nicht<br />

aufhörn robert stolz let it will be<br />

und webt das leben leben lalo<br />

schifrin nur nicht aufhörn<br />

let it be die lebensuhren diamant die<br />

diskokugeln<br />

diamantbarsch morgens sieh dich vor sieh vor sieh<br />

vor<br />

und webt das leben<br />

sass ich am klavier dance watch me girl<br />

das sapphische one smile one kiss<br />

one smile<br />

one kiss<br />

one smile<br />

one kiss<br />

ein winkel plüsch berlin wien nineteen<br />

fourty five o five o six und schritte<br />

schnittlos schnee das leben<br />

gibts nur einmal new york rio tokyo<br />

münchen munich teheran.<br />

get ready to jump with a lilian harvey stride<br />

fourty five o six o seven mond und unterlasz<br />

get ready i can make it alone (my sisters and me)<br />

can make it alone<br />

can make it alone<br />

can‘t make it alone (my sisters<br />

and me)<br />

2


2<br />

feierabend s.c.ambrosig<br />

faschierte hacksatiren aus österreich<br />

Der kurzfristig aus seinem Untod heraus wiederbelebte<br />

Menschcorpus ist nicht voreilig für verrückt zu erklären,<br />

so bittet man den Leser …<br />

er sei nur als Existenz, also mehr oder weniger ernst zu nehmen.<br />

Fleisch aus Österreich<br />

PERSONEN:<br />

Moderator<br />

Dr. h.c.<br />

Fleisch aus Österreich<br />

Publikum<br />

MODERATOR:<br />

Schön beruhigenden Abend meine Damen und<br />

Herren!<br />

Die Inszenierung ist eine österreichische,<br />

will heißen, ist zugehörig zum Komplex der<br />

österreichischen Inszenierungen, also ein<br />

Traumschiffspanzer mit EU-besteuerung<br />

– Kontokarte gezwickt und abgehoben, die<br />

Herrschaften – Destination: wohlständische<br />

Sicherheit – Bürgerinnen und Bürger mögen<br />

allerdringlichst informiert sein, will heißen im<br />

populistisch-mediengerechtaufbereiteten Sinne in<br />

einer nationalstolzkooperativistisch-aufgearbeiteten<br />

Weise eingeführt werden in die Themen des<br />

Nationalen Alltags – unser heutiges Thema: Fleisch<br />

aus Österreich – in diesem Sinne übergebe ich an<br />

unseren heutigen Gast – einen übertrieben guten<br />

Abend Herr Dr.h.c.!<br />

DR. H.C.:<br />

Ihnen auch einen gut vertrieblichen Abend, Herr<br />

Magister und überschwänglichsten Dank für ihre<br />

enthusiastische Einleitung.<br />

Fleisch aus Österreich, meine Damen und Herren,<br />

Fleisch aus Österreich ist gut, man könnte fast<br />

sagen das beste Fleisch ist das österreichische,<br />

das heimatliche Fleisch, so in appetitlich panierte<br />

Häppchen geschnitzelt, ja das österreichische<br />

Heimatliche ist überhaupt wirklich wunderbar,<br />

wunderbar gutes Fleisch für Österreich, vor<br />

allem das österreichische Fleisch für Österreich,<br />

Österreicher und Österreicherinnen, also gutestes<br />

österreichischstes Fleisch für Österreich, eben das<br />

beste wo gibt…<br />

– vorportioniert und cellophan-verpackt-fertig an<br />

den Arbeitsmarktständen erhältlich – frisch, gut,<br />

saftig – Haltbarkeitsalter 65 – vielleicht mehr – nach<br />

Konsum Verpackung bitte umweltgerecht entsorgen,<br />

die Kosten der Entsorgung werden vom Vertreiber<br />

nicht getragen – achtung: voreilige Verwesung kann<br />

zu ökonomistisch-geahndeten Ballastsymptomen<br />

führen – die Euros müssen wachsen können,<br />

damit die Fighter abheben dürfen müssen – der<br />

qualitativ hochwertig belegbare Sicherheitszustand<br />

garantiert werden können darf – zukünftiglich<br />

hoffentlich in gut englischer Manier in 1.<strong>00</strong>0.<strong>00</strong>0<br />

DPI-Bildauflösung. Alles ganz zwanglos – dann<br />

brauchen Sie auch keine Ausweise mehr, man kann<br />

Sie auf rund 30 Meter Entfernung erkennen und<br />

Ihre Liste von Jugendsünden mit Ihrer Krankenakte<br />

vergleichen – da muss doch ein sicherheitlich<br />

vertrauliches Heimeligkeitsgefühl aufkommen aus<br />

der Zwangslosigkeit von einem österreichischen<br />

Fleisch, das also rein gar nichts müssen tut und<br />

sich nach Lust und Laune austoben kann in der<br />

österreichischen Landschaft, es ist also ein gut<br />

entwickeltes, umsorgtes, ja freilaufendes Freiland-<br />

Fleisch in einer rosaroten Österreich-Landschaft<br />

mit einem etwas übersäuerten beigelegten<br />

Kartoffelsalat, der innenpolitisch nur ein kleines


feierabend s.c.ambrosig<br />

faschierte hacksatiren aus österreich<br />

bisschen fault, eingerieben mit einer parteipolitischrechtsextremistischen<br />

Preiselbeermarmelade unter<br />

einem strahlend-blauen Heidi-Himmel zwischen<br />

wirtschaftlich-überzuckerten Alpenkuchengipfeln.<br />

Ein österreichisches Fleisch ist also ein glückliches,<br />

ja man könnte fast sagen ein gunstbelegtes Fleisch,<br />

dem durchaus ein freier Wille zugesprochen gedurft<br />

werden soll:<br />

———————SCHNITT————————<br />

Das Fleisch aus Österreich kriecht ohne Beine durch<br />

eine Betonlandschaft.<br />

FLEISCH AUS ÖSTERREICH<br />

Mein Beinfleisch haben sie mir schon abgeschwatzt<br />

– im Namen der wohlständischen Sicherheit und<br />

jetzt ist mein Bauchfleisch schon ganz aufgekratzt<br />

von der ewigen Kriecherei – es muss ja immer<br />

alles so schnell gehen heutzutage und bevor<br />

man überhaupt auf gut österreichische Weise<br />

„Ja und Amen“ jaulen kann, hat sich der Herr<br />

Finanzminister schon einen glitzernden Audi-A6<br />

in Schwarz aus dem zerfledderten Bauchfleisch<br />

geschnitten.<br />

Nicht dass ich etwa nicht übergewichtig zufrieden<br />

wäre – die Produktivität bringt einem ja ein ganz<br />

anderes, ein absolut viel mehr erfüllendes Gefühl in<br />

das zerfledderte unterösterreichische Bauchfleisch<br />

hinein, wenn man halt weiß, da ist einer, sei es in<br />

Privatwirtschaft oder Politik oder besser noch in<br />

beidem gleichzeitig, der sich aus meinem mühsam<br />

angesparten Mutterkuchenwurm einmal eine<br />

verlässliche Landesverteidigung bastelt … man<br />

muss schließlich für die kommenden Generationen<br />

sorgen…dass es sie gibt – wo kommen wir denn<br />

hin, wenn von den Österreichischen Uterussen<br />

gar nichts mehr hinausgeworfen wird? Da stirbt<br />

man ja aus und lässt die Festung leerstehen,<br />

damit weiß-Gott-wer von weiß-Gott-wo einfach<br />

hereinrudern und den staatsdienstlich verpachteten<br />

Mutterkuchenwurm zum Drogenkonsum<br />

verleiten kann und einem dann in womöglich<br />

existenzbedrohend räuberischer Absicht in dunklen<br />

Hauseingängen auflauert, (weinerlich) um sich<br />

das zu holen, was nach einem Nulldefizit noch<br />

übrig ist an Suppenfleisch (beginnt zu weinen) und<br />

abgesehen davon – was kann man denn Besseres,<br />

Schöneres, Angenehmeres wollen können als einfach<br />

schon total fertig als österreichisch-behütetes<br />

Uteruswürstelfleisch aus einem so ansprechenden<br />

Nationalfleischwolf hinausgepresst zu werden?<br />

(es schnieft und wischt sich die Tränen ab)<br />

ARBEIT MACHT FREI!<br />

Das Fleisch aus Österreich stemmt seine Hände<br />

entschlossen gegen den Boden und bewegt auf diese<br />

Weise den beinlosen Oberkörper langsam Schritt für<br />

Schritt unter weiteren „ARBEIT MACHT FREI!“-<br />

Rufen ins Off.<br />

Das PUBLIKUM wendet sich angewidert ab.<br />

AUS<br />

2


2<br />

feierabend s.c.ambrosig<br />

faschierte hacksatiren aus österreich<br />

Wow, ATV!<br />

Personen:<br />

FRIDA: 14-24 Jahre jung; sehr attraktiv, Maße 90-<br />

60-90, weiß und solariumgebräunt, geschminkt, mit<br />

sehr knapp bemessener, aufreizender Designermode<br />

bekleidet, lächelt dauernd und begibt sich während sie<br />

spricht immer wieder in aufreizende Posen.<br />

FRITZ: 40-60 Jahre alt, äußerst unansehnlich<br />

– wirkt zerstört und ausgesogen (tiefe Augenringe)<br />

ist übergewichtig und hat unattraktive Proportionen<br />

(dicker Bauch, dünne Gliedmaße).<br />

FRIDA schaut Fernsehen<br />

FRITZ kocht<br />

Frida: Na so ein Wahnsinn! Schau dir die<br />

Schwuchtel am Liveball an! Das muss man gesehen<br />

haben…<br />

Fritz: Jetzt kann ich wirklich nicht…später.<br />

Frida: Schau!<br />

Fritz: Danach…<br />

Frida: Der is ja so komisch, so anders – voll<br />

abnormal…schon interessant dieses ATV+<br />

Da zeigen die die abartigsten Sachen, schau!!! Das<br />

musst man gesehen haben, da quillts einem aus<br />

allen Körperöffnungen…schau!!!<br />

Fritz: Aber das Abendessen…<br />

Frida: Wie ein sachte vom Ozean hin- und<br />

hergeschaukeltes Öl fließt das durch durch den<br />

Körper, das braucht nicht nervenstrapaziös verdaut<br />

zu werden, das rinnt einfach wieder heraus beim<br />

Analloch, das spült dir alles raus, du wirst sehen, das<br />

is fast so gut wie Ariel – der ultimative Weißmacher,<br />

wenn man noch nicht weiß genug ist, oder sich<br />

nicht weiß genug fühlt…der unbedingte Bestandteil<br />

eines jeden beständig reinlichen Hausverhaltens.<br />

Vielleicht ist man ja auch braun wie ein<br />

Schokoriegel – Twix – die Mega-Version der<br />

megamäßigen Karamellsticks, die Einverleibung<br />

ist unbedingt und warmherzigst zu empfehlen…<br />

Natürlich ist der solariumslos schokoriegelbraune<br />

Zustand kein wünschenswerter, nicht hier, im<br />

Land der Berge und Dome, der ökonomischhierarchistische<br />

Verdauungstrakt bekommt<br />

Durchfall davon…<br />

Betreffende sind zum Gehen aufzufordern…wer<br />

Probleme beim Gehen hat und Beinschmerzen von<br />

der hohen soziokulturellen Schwerkraftsbelastung,<br />

kann in Antistax Erlösung und ein Leben in<br />

tiefgehender Schönheit finden – über mögliche<br />

Folgen und Nebenwirkungen informieren Ihr Arzt<br />

oder Apotheker – aber fragen sie lieber den Arzt,<br />

denn der Apotheker verkauft das Zeug schließlich…<br />

Fritz setzt sich neben Frida auf die Couch, einen<br />

Teller mit Rühreiern und ein Stück Schwarzbrot in<br />

der Hand, und beobachtet jede ihrer Bewegungen<br />

bewundernd; Frida scheint ihn nicht zu bemerken<br />

(und spricht weiter)…<br />

aber wo wären wir denn sonst, ohne den Markt<br />

und seine Freiheit… in einer Welt wo alle in<br />

Unterhosen durch den Wald rennen, abwechselnd<br />

die Panflöte spielen und unansehnliche Nahrung<br />

in erdigschmutzig-stinkender Umgebung zu sich


feierabend s.c.ambrosig<br />

faschierte hacksatiren aus österreich<br />

nehmen, die Natur alles entscheiden könnte,<br />

so total allein – das würden wir doch alle nicht<br />

wollen, schließlich sind wir keine Affen mehr<br />

– nein, sind wir nicht – sind wir wirklich nicht<br />

– wir können doch Satelliten in das All machen,<br />

Atombomben und andere total technisierte<br />

Zivilisationsvorkehrungen machen – voll<br />

eigenständig – Müll – aus Zeug, das der Natur<br />

ja von selbst nicht einmal eingefallen wäre …die<br />

Sicherheit ist doch so wichtig, von allein denkt man<br />

doch so selten daran – also, erinnerungsvermögende<br />

Unterstützung: Wie wäre das denn wenn wir nicht<br />

der Stopfung fähig wären und Schokoriegel in<br />

unseren Ländern + Domen herumlaufen würden…<br />

NEIN – eine Unmöglichkeit ja eine Beleidigung…<br />

nein sogar eine Ausdämpfung des Götterfunkens<br />

… das vertragen unsere soziokulturellen Uterusse<br />

gar nicht, so eine artfremde Beschämung, das<br />

ist nicht so gut wie Schokolade-Vanille Eiscreme<br />

von American-Icecream – Style + Flavour in<br />

atemberaubender Kombination + cremig wie noch<br />

nie –<br />

Das muss unbedingt untergriffen werden, das<br />

kann bei der exekutiven General-Reinigung<br />

nicht ausgelassen werden, wie Meister Propper<br />

– der starke Hausmann, der keinem Haushalt<br />

alleinerziehender Mütter fehlen darf… Das wäre ja<br />

so, als würden unserem Land die Skigebiete fehlen<br />

– und die sind doch so schön wie sonst nirgendwo<br />

und vor allem so preisgünstig und unalltäglich<br />

– Alltag raus Österreich rein –<br />

Im Südosten sind Kinder gestorben…keine Angst<br />

unsere Schuld war‘s nicht …eine Bombe ist‘s<br />

gewesen Made in USA – wie das coolste Label der<br />

Streetwear Benni Miles – das muss man haben …<br />

Coca Cola schickt den Weihnachtsmann nun das<br />

ganze Jahr über, vielleicht schaut er auch bei Ihnen<br />

vorbei…<br />

Für den Krieg gegen den Terrorismus und die<br />

Länder, die aufgrund ihrer hohen Ölvorkommen<br />

immer mehr neue Terroristen hervorbringen, ist<br />

kein Ende in Sicht – wird aber auch Zeit, dass<br />

endlich jemand was tut gegen diese diktatorischen,<br />

asozialen Geschwüre, die unseren hyperphagischen<br />

Gesellschaftsschlund nicht bedienen können und<br />

ihm Dynamitwürste in den von überflussig-sozialem<br />

Fäkalpfropfen ausgeweiteten Hinterausgang<br />

leiten – diesbetreffende Informationen werden<br />

millionenfach ausgeglichen … damit auch alles für<br />

beinahe alle finanziell-harmonisch verläuft…und<br />

also für jeden das Beste ist<br />

Und das Beste für die Kinder sind Haribo-<br />

Goldbären, für Erwachsene sind sie aber auch<br />

gut, und Fleisch aus Österreich mit dem AMA-<br />

Gütesiegel ist sowieso für alle gesund – außer für die<br />

Schweinchen.<br />

Die schlimmsten, aggressivsten Kinder unserer Zeit<br />

können sie gleich bei den Super-Nannies bestaunen<br />

– das sind ihre Augen schon wert, da brauchen sie<br />

wirklich nichts zu befürchten zu haben – das ist die<br />

reine Reality da werden sie nur so glotzen…<br />

Frida+ Fritz erheben sich und gehen auf den<br />

Fernseher zu; Frida scheint ihn immer noch nicht<br />

wahrzunehmen, kurz bleiben sie vor dem Fernseher<br />

stehen.<br />

Frida: Wow, ATV!<br />

Als Fritz den Fernseher ausschaltet, verschwindet Frida<br />

darin.<br />

Fritz: Gute Nacht, Frida!<br />

Verdunkelung.<br />

ENDE<br />

2


0<br />

vom band katrin marie merten<br />

leben macht taub _ glaub es oder nicht _ ich<br />

spiele dir mit meinem mund musik in die<br />

stille dieses stummfilms _ leben ist bunt _ du<br />

drosselst die farben herunter _ auf dezente wie<br />

du findest _ dekadente wie ich es sehe _ töne _<br />

findest keine worte für mich _ diesen film haben<br />

wir werweißwieoft gesehen _ dir gefällt das _<br />

leben läuft _ und ich immer hinterher _ in der<br />

werbepause _ am wochenende _ und immer<br />

wieder in mittelmäßigen wochen um mitternacht<br />

_ werweißwieoft _ genauso heute _ liege ich auf<br />

deinem teppich _ leben läuft _ und honigdicke<br />

langeweile die wände deiner wohnung runter _<br />

als ob sie süß schmeckt _ fasziniert mich diese<br />

abgebrochene stille _ ich suche nach _ richten<br />

_ suche nachrichten _ irgendwer sendet immer<br />

_ man dreht am rad und irgendwo finden sich<br />

frequenzen die fetzen _ die sind nicht feige _ nicht<br />

wie wir _ verlassen deinen teppich _ richtung<br />

abwaschtempel _ der heißt nur so _ nur so im spass<br />

_ ich spinne manchmal einfach so rum _ du weißt<br />

das _ hier türmt sich nie was _ ich mag einfach<br />

_ mag die vorstellung von tempeln _ und stehe<br />

vorm konsumtempel deiner geöffneten _ deiner<br />

kühlschranktür _ leben macht durstig _ apfelsaft _<br />

dreikommafünf prozent milch _ und trinkjoghurt<br />

_ das _ nicht mehr _ ist das angebot dieses abends<br />

_ eine geordnete reihe in tetrapacks abgefüllte<br />

gesundheit _ daneben _ ein angetaner burgunder<br />

_ ich entscheide mich für lila _ korkenkrümel am<br />

boden _ die farbe hat den geschmack von braun<br />

angenommen _ leben macht taub _ bis gerade jetzt<br />

_ dann frage ich mich _ wer _ wir _ eigentlich ist _<br />

du korrigierst den winkel zwischen holzbrettern und<br />

arbeitsplatte _ schaffst ordnung in deinem leben _<br />

während meine lippen im lila dieses glases baden<br />

gehen _ ich bin immernoch im wir _ überlege wo<br />

du anfängst _ wo ich aufhöre _ pappiger geschmack<br />

auf der zunge _ aber die farbe gefällt mir _ leben<br />

ist bunt _ so sollte es sein _ du schaffst parallelen<br />

_ mir ist die linienlosigkeit frühlingsfarbener<br />

aquarelle gerade _ eindeutig genug _ noch immer<br />

_ für mich _ ist jede schale unserer goldwaage zu<br />

schwer _ du bist ganz woanders _ werweißwieoft _<br />

dein finger auf einer der wunderbar eckigen tasten<br />

_ um wenigstens irgendwas zu drücken _ spulst du<br />

das band zurück _ dahin folgen dir meine augen<br />

_ hierher später meine schritte _ eine ganze weile<br />

schon redigiere ich unsere dialoge in meinem kopf<br />

_ mit dem ergebnis _ eine gesamtfassung dessen<br />

könnte eine vollständige überarbeitung unserer<br />

wortwechsel _ unserer ganzen geschmissenen<br />

geschichte ergeben _ die sich in der sämigen<br />

konsistenz eines abgenutzten kaugummis durch<br />

unsere tage zieht _ also durch deine tage _ und<br />

durch meine tage _ das sind meine parallelen<br />

_ der film hat nichts zu sagen _ den haben wir<br />

werweißwieoft gesehen _ jetzt hör doch auf zu<br />

spulen _ jede handlung ist raus _ schwarzweißbrühe


vom band katrin marie merten<br />

_ mein mund macht keine musik mehr _ der ist lila<br />

_ das leben bunter _ zeit klebt pflaster und mehr<br />

nicht _ oder was sagt sie dazu _ dass der verkehr an<br />

der dreiuhrmarkierung abgeschnitten wird _ auch in<br />

der großstadt _ wie soll man da heimkommen und<br />

wohin _ finde ich _ und was sagst du dazu _ jede<br />

stadt ist nur ein dorf_ ja na und? _ rundgelutschte<br />

worte_ werweißwieoft gehört _ na und? _ ich spinne<br />

manchmal einfach so rum _ du weißt das _ da bin<br />

ich mir sicher _ und du bist dir sicher _ sagst du<br />

_ das alles sei nur ausgedacht _ ja was denn _ ist<br />

wahrheit? _ seinen lebensrhythmus an sendezeiten<br />

von vorabendserien auszurichten _ wochentags _<br />

jeden abend auf einem pinken plüschsofa zu sitzen<br />

_ um von dort aus _ dort ist ein kleines stück<br />

neben dem mittelpunkt der welt _ aber immerhin<br />

nur ein kleines stück _ alltäglich festzustellen dass<br />

man immer noch normal ist _ immer noch im<br />

durchschnitt _ immer noch im grasgrünen bereich<br />

liegt? _ leben ist bunt _ aber so _ war das nicht<br />

gemeint _ das haben wir werweißwieoft gesehen _<br />

weißt du nicht mehr _ weißt du noch _ wir lagen<br />

still im schnee _ ich weiß nicht wann _ der tag<br />

hatte kein datum und engelchen engelchen flieg<br />

_ da _ genau da war leben _ und der geschmack<br />

von frischem braunen spekulatius und glühwein<br />

in deinem mund _ du hast mir erklärt dass sterne<br />

schon werweißwie lange nicht mehr glühen wenn<br />

wir sie sehen _ und das mit uns davon kein wort<br />

_ wir lagen einfach und unmittelbar im schnee<br />

_ in winter lagen wir _ engelchen engelchen flieg<br />

_ bevor alles anfing _ am boden die ganzezeit<br />

und fanden uns flügel _ im staubschnee dieser<br />

autoabgasgesättigten großstadtwiese _ um unsere<br />

arme _ engelchen engelchen flieg _ und heute? _<br />

der film hat nichts zu sagen _ den hast du schon<br />

werweißwieoft in unsere stunden eingespult _ und<br />

morgen? _ raumwechsel ist immerhin ein anfang _<br />

und du? _ bleib doch in deiner nachmittagswelt _<br />

für dich ist leben eine aneinanderreihung absolut<br />

gleichwertiger augenblicke _ leben macht blind _ für<br />

dich vielleicht nicht genug _ leben hier im moment<br />

_ also mach einfach mit _ drossle dich down auf<br />

schwarzweiß und still und lass mir _ lass mir einen<br />

momentlang das gefühl _ worte ihren mündern<br />

entleiben zu können und tränen loeffel für loeffel zu<br />

teilen wie schokoladenpudding _ weißt du mir gibt<br />

das sitzen auf dem badewannenrand ruhe wie nichts<br />

_ ich verzichte auf dein erbrochenes lachen und _<br />

zwei von zwei millionen möglichkeiten entscheiden<br />

sich auf blassblauen fliesen _ wir wissen nicht was<br />

wir tun _ natürlich _ leben macht taub aber _<br />

ich finde immer frequenzen _ also spar dir deine<br />

analogien _ die schuppenlosigkeit der silberfische<br />

hat nichts mit meiner art leben zu tun _ nur dass<br />

sie einszweidrei fort sind _ einszweidrei so schnell<br />

kannst du nicht gucken _ ich finde immer einen<br />

bus der mich heimfährt hinter der abgeschnittenen<br />

nacht _ ein scheinwerferaugenpaar wie jedes<br />

andere _ und engelchen engelchen flieg _ hab ich<br />

werweißwieoft gedacht _ das ende eines anfangs _<br />

ein guter anfang für ein ende _ nur ein gedanke _<br />

glaub es oder nicht _ ich nenne das leben.<br />

1


2<br />

monomastering athens. d. holland-moritz<br />

aus dem trendmarsch-zyklus<br />

„Die Welt brennt, aber die Möse kämmt sich.“<br />

Griechische Spruchweisheit<br />

Bin noch nicht verfügbar nach all diesen Stationen,<br />

diesen Fahrten, diesem Flug. Daran ändert auch<br />

mein Traum der Nacht nicht viel, denn immerhin<br />

war da eine lange Prozession von Neo-Hippies<br />

mit Dreadlocks und in bunten Wolljacken,<br />

mit Gitarren, Schellen, Tambourinen und die<br />

weiblichen unter ihnen mit bauchfreien Tops. Einen<br />

alten psychedelischen Beatles-Song zelebrierend,<br />

während draußen in Deutschland der zigste<br />

realbrutale Kälte-Alptraum abgeht. Bin noch nicht<br />

bereit, die während meiner Abwesenheit angefallene<br />

Post abzuheften oder Fragen der Verortung und<br />

nach meinem Weg zu beantworten: Wo muß ich<br />

hin? hatte ich mich gestern auf dem neuen Athener<br />

Flughafen Eleftherios Venizelos irritiert noch<br />

fragen müssen. Zum Abfertigungsschalter. Wer<br />

begleitet mich? Eine Warteschlange. Wo werde ich<br />

ankommen? Zu Hause, in einem Mittelalter von<br />

Beziehungslosigkeiten, aber das steckt man weg, das<br />

ist schon zu oft gesagt worden, und ich bin allenfalls<br />

noch zugetan der Einsicht aus meiner Reiselektüre,<br />

Elfriede Jelineks Wolken. Heim., „daß das meiste<br />

ohnehin schon oft gesagt worden ist, und es ist unnötig,<br />

etwas zu erfinden, das anderswo schon besser gesagt<br />

worden ist.“<br />

Ähnlich verhält es sich auch mit der Beschreibung,<br />

wie ich nach der Ankunft in erneuter<br />

großstädtischer Vereinzellung meinen Trolley hinter<br />

mir herzog, heraus aus der Baracke des Flughafens<br />

Berlin-Schönefeld: wo die Gepäckbänder knarrten<br />

und anderweitig stotternde Geräusche von sich<br />

gaben, sich Warnlichter drehten und wo man<br />

seine griechischen Platznachbarn von EZY 4522<br />

endgültig aus den Augen verlor, die einem während<br />

des Fluges noch eine Kykladeninsel in den Kopf<br />

verpflanzt hatten, und wo ich aus der tristen<br />

Empfangshalle nun mit knirschenden Schritten<br />

hinausgehe in die nächtlichen Eisschwellen, auf die<br />

kalten, glitzernden Bahnsteige der S-Bahn. Und<br />

wieviele Male sind eigentlich schon die leuchtenden<br />

Schnellstraßenbänder um die Hügel von Athen<br />

beschrieben worden, die ich zuletzt aus dem<br />

Flugzeugfenster sah und über denen ein bleicher<br />

Vollmond hing, von Wolkenfetzen umzogen, als<br />

ob man dort schwarzes Nanositenpulver in eine<br />

große, weiße Pupille ausgegossen hätte, wimmelnd<br />

und wie mit kleinen Ankern. Und daß es trotzdem<br />

„ein schönes Gefühl“ ist, „in der Nacht über unsere<br />

Autobahnbrücken zu fahren, und unten strahlt es<br />

aus den Lokalen: noch mehr Menschen wie wir!“, die<br />

an den Zubringern vor ihren Hamburgermenüs in<br />

einem Drive In-McDonalds herumsitzen. „Ein heller<br />

Schein“, ja, – der von Leuchtreklamen.<br />

Pefki, 19.01.2<strong>00</strong>5: Graue Wolkenballungen über<br />

diesem besseren, höher gelegeneren Vorort Athens,<br />

eine Menge Wintergewitter, 13°C, Südwind, Süden,<br />

wo das breite, weiße Band der Stadt ausläuft ins<br />

Meer, unten bei Piräus oder Pireefs, wobei sich<br />

die griechischen Sprachregulatoren wie bei allen<br />

anderen Ortsnamen auch erhoffen, daß sie eine Art<br />

1:1-Translitterierung durchgedrückt bekommen,<br />

die auf ‚Pireas‘ hinausläuft, eine Translitterierung,<br />

mit der man zuerst konfrontiert wird in der Metro<br />

oder auf der Autobahn und die, andersrum, bei<br />

einer Übersetzung ins Griechische mitunter zu<br />

einer abstrusen Buchstabenhäufung führen kann:<br />

Da müssen Sie mal drauf achten, welche Blüten<br />

das treibt, wenn insbesondere amerikanische<br />

Produktbezeichnungen oder die Namen von Bars<br />

ins griechische Alphabet übertragen werden. Und<br />

wie man dann in eine Art geistiges Stottern gerät,<br />

immer gezwungen, sich das erstmal hin und her<br />

zu übersetzen. Schnell stößt man an die Grenzen<br />

seiner Beschreibungsfähigkeiten, überreizt von den<br />

kakaphonischen Eindrücken des Stadtzentrums,


monomastering athens. d. holland-moritz<br />

aus dem trendmarsch-zyklus<br />

Omonia, Syntagma, Koukaki, und ich komme erst<br />

wieder zu mir, als sie zwischen das Hingeschüttete<br />

einer Menge weißer Hausschachteln verlaufen dort<br />

draußen an den Berghängen, die in einem dichten,<br />

feinen, weißen Sprühregen wie aufgeschäumt<br />

scheinen.<br />

In Pefki aber, was so ungefähr das Dahlem von<br />

Athen ist mit seinen immergrünumstandenen<br />

Villen und Apartmenthäusern von Reicheleut<br />

und besserem Mittelstand und all seinen<br />

Perlhuhngesängen, entdecke ich im Bücherregal des<br />

Freundes einen Band Selected Poems 1947-1995 von<br />

Allen Ginsberg, der ja gerne auch in Schlips und<br />

Kragen ging und seine Gedichte zum Leierkasten<br />

vortrug, um seine Version von der Vision der<br />

Visionen zu lancieren, „spontaneous bob prosody“,<br />

projective open-form verse, 12 bar blues. Und warum<br />

nicht, um sich erneut zu motivieren, an dieser Stelle<br />

einige prägnante Auszüge seines programmatischen<br />

Gedichts Cosmopolitan Greetings von 1986<br />

wiedergeben?<br />

„Stand up against government, against God. Stay<br />

irresponsible. […] Change is absolute. Ordinary mind<br />

includes eternal perceptions. Observe what‘s vivid.<br />

Notice what you notice. Catch yourself thinking.<br />

Vividness is self-selecting. […] Remember the future.<br />

[…] Two molecules clanking against each other<br />

require an observer to become scientific data. The<br />

measuring instrument determines the appearance of<br />

the phenomenal world after Einstein. The universe is<br />

subjective. […] Inside skull vast as outside skull. Mind<br />

is outer space. […] ‚First thought, best thought.‘ Mind<br />

is shapely, Art is shapely. Maximum information,<br />

minimum number of syllables. Syntax condensed,<br />

sound is solid. Intense fragments of spoken idiom,<br />

best. Consonants around vowels make sense. […]<br />

Others can measure their vision by what we see.<br />

Candor ends paranoia. – Kral Majales June 25,<br />

1985, Boulder, Colorado.“, ergo ein paar schnellere<br />

Eindrücke von der Wetterabhängigkeit auch der<br />

unmittelbaren Umgebung in Pefki, von dem<br />

Blick auf die verwaiste Dachterrasse der Villa mit<br />

dem Seitenkamin gegenüber, von der gebeutelten<br />

Plastiktüte in der entlaubten Pappel vor dem<br />

Fenster, von den flatternden Borten zerschlissener<br />

Markisen, von den nassen Gerippen der mausernden<br />

Tauben auf dem Balkongeländer, von jemand<br />

Vogelgesichtigem, der seine Nase durch die nächste<br />

Terrassentür steckt, von den Zierpalmen, die vor<br />

dem Sturm in die Sicherheit von Balkonecken<br />

verbracht worden sind, verklammerte Wäschestücke,<br />

schnell noch von ihren Ständern genommen<br />

– selbst die nächsthöheren Berge tragen dieser Tage<br />

Schnee…<br />

Während meine Finger schon schwarz von Tinte<br />

sind, und eine Facette meiner Empfindung sich<br />

zusammenzieht angesichts weiterer, lederner<br />

Buchrücken, die im gelben Licht einer Stehlampe<br />

schummern, Albert Speer, Erinnerungen, Joseph<br />

Goebbels, Tagebücher, Hitlers Tischgespräche: „Hast<br />

du mal über die NSDAP gearbeitet?“ frage ich<br />

den befreundeten Politologen. Kein Mondstrahl<br />

fällt von außen ins Zimmer, vom Dunkel her auf<br />

die Regale, während wir weiter ausholen über<br />

die neuen, automatischen, iris-scan-basierten<br />

Erkennungsmethoden, die uns Otto Schily<br />

in der BRD andienen will, und wie uns dann<br />

schwarze Totenkopffalter aus den Augenwinkeln<br />

hereinschweben und wie Schwerölschlieren<br />

verfließen über den Pupillen. Indes aus dem CD-<br />

Player ein alter Cockney Rebel-Song quillt: „It<br />

wasn‘t me who blew their brains / I certainly admit<br />

to putting chains / Around their necks so they couldn‘t<br />

move / But there were others being quite crude…“<br />

Nea Ionia, 20.01.2<strong>00</strong>5: Sich in einem dieser<br />

Habitate von Sporenträgern aufhalten zu können,<br />

die diese verschachtelten Wohngebiete ausmachen,<br />

wünschen wir uns, wie wir so dastehen und<br />

frieren und ein Graupelregen hinwegfegt über<br />

die Bahnsteige, über die hundert Rippenbögen<br />

vom Eingangsbereich des menschenleeren grauen


monomastering athens. d. holland-moritz<br />

aus dem trendmarsch-zyklus<br />

Olympic Complex. Mit uns schwebt eine PC-<br />

Tastatur mit griechischem Alphabet hinter die<br />

sich schließenden Türen des Zuges, in den wir<br />

einsteigen. Maroussi? – Maroussi?! Ah, Katsimbalis,<br />

Henry Millers Erzählerkoloss, Meister des<br />

unterhaltenden Monologs, der „in seinen Reden […]<br />

überall zugleich [war]; er griff von oben und unten,<br />

von vorn und hinten und von den Seiten an. Wenn<br />

er irgendetwas nicht sofort bewältigen konnte, weil<br />

ihm ein Ausdruck oder ein Bild fehlte, um es in allen<br />

Einzelheiten zu beschreiben, spießte er es zunächst<br />

auf und ging weiter,“ und hier ist er, der S-Bahnhof<br />

Maroussi, den Sie sich selber mal anschauen sollten<br />

mit seinem albernen, bunten Röhrensystem,<br />

durch das man auf Rolltreppen hinauffährt zu<br />

den Gleisen. Und unter einem dieser Dächer dort<br />

drüben müsse er gelebt haben, Katsimbalis, hier<br />

gebe es einen kleinen Park, der seinen Namen trägt,<br />

bemerkt Karla und deutet über die Einkaufspassage<br />

hinweg in den Widerschein eines flammenden<br />

Himmels mit galoppierenden wilden Schafsköpfen<br />

darin. Dahinter wieder schneegesprenkelte Berge…<br />

Salamis, 21.01.2<strong>00</strong>5: „MONO MASTERING:<br />

Discover new skills. It‘s never been easier to think in<br />

black & white.“ (Practical Photography), und das<br />

Abblenden der Verhältnisse durch infrarotfilternde<br />

Busfenster auf der Fahrt hinüber zur Insel an diesem<br />

Tage. Die schlanken, marinegrauen Schiffe der<br />

griechischen Flotte, von der Fußgängerfähre aus<br />

gesehen. „Der riecht ja wie unsere parfümierten<br />

Mülltüten“, kommentiert Karla einen dieser<br />

modernen, eingeölten Typen mit Handyknopf im<br />

Ohr. Ein zerknautschter, vibrierender Inselbus, den<br />

man zum Start beinahe hätte kurzschließen müssen,<br />

wenn man nicht zuvor nach der Hauptsicherung<br />

geschaut hätte. Eine staubige Neon-Palme in<br />

einem verwaschenen Orange. Neben den vom<br />

Wind zerfaserten anderen. Schulkinder, die nach<br />

Hause auf die Dörfer wegvibrieren. Freilaufende<br />

Hundemeuten überall am Straßenrand, ihre<br />

klagenden, jagenden Laute. Geschlossene Techno-<br />

Tavernen in der verwaisten Wochenendhauskolonie<br />

auf der anderen Inselseite. Nur drei Katzen, die<br />

begierig einige flappende Fischbäuche im seichten<br />

Wasser einer Bucht beäugen. Dazu das changierende<br />

Blau des Himmels, das durch die Wolken bricht<br />

– ihr Tintenblau, Königsblau, Babyblau…<br />

Aber Dunkelheit zieht schon früh heran, und<br />

man beginnt, schnell wieder auszukühlen im<br />

abendlichen Verkehrslärm des kleinen Hafens von<br />

Salamis. Die orangene Kunstpalme glüht jetzt. Ihre<br />

orangenen Palmwedel glühen. Und wie, zum Teufel,<br />

soll man durch diese endlose Prozession weißer<br />

Scheinwerferaugen auf die andere Straßenseite<br />

zur Fähranlegestelle gelangen? Zuletzt dann doch<br />

die Schwärze des Wassers und die fernen Lichter<br />

am anderen Ufer. „It‘s getting dark too dark to see“<br />

(Bob Dylan, Knockin‘ On Heaven‘s Door). Also<br />

Licht. Licht als Anhaltspunkt. Licht flackert später<br />

auch als Notbeleuchtung über der Tür auf der<br />

langen, gespenstischen Busfahrt durch die bleichen,<br />

minderen Vororte Athens. Beim Aufblicken aus<br />

meinem Schoß der schwellende Hintern einer<br />

jungen Frau, das Quellen ihrer Hüften über einen<br />

strassbesetzten Gürtel…<br />

Nafplio, Peloponnes, 22.01.2<strong>00</strong>5: Und wie<br />

der Bahnhof in Athen und die Fahrt und die<br />

Passagiere am Ende dieses Tages einer gewissen<br />

Verbunkerung als träumerische Artefakte<br />

anheim fallen müssen, einfach müssen, weil sie<br />

rarer werdende Fluchtpunkte sind, die immer<br />

rarer frequentiert und die irgendwann ihren<br />

Anbindungsproblemen erliegen werden und die<br />

jetzt schon wie mit einer Frappanfolie überzogen,<br />

auf ihre Art hin konserviert erscheinen. In unseren<br />

so sehr auseinanderklaffenden modernen Zeiten,<br />

daß mir die Illustrationen des Weltuntergangs-<br />

Plakates wieder reinrutschen, das ich gestern auf<br />

Salamis von einem Strommast herunter gerissen<br />

habe und auf dem unser heimisches Sonnensystem


monomastering athens. d. holland-moritz<br />

aus dem trendmarsch-zyklus<br />

inclusive unseres eigenen, kleinen, blauen, von<br />

Dämonen heimgesuchten Planeten abgebildet ist.<br />

Und auch hierzu eine Rückfahrkarte 2. Klasse, vom<br />

Nihilismus zur Realität… Denn da ist er wieder,<br />

der Eindruck des von goldenem Licht durchfluteten<br />

Reliktes, getöntes Fensterglas und funzelige<br />

Kronleuchter, Schmiedeeisernes, all das, was ihn<br />

ausmacht, den Bahnhof Stathmos Peloponissou,<br />

vor dem ein Trüppchen Albaner geheime Geschäfte<br />

tätigt in ihren staubigen, standesgemäßen BMWs.<br />

Und in dessen Schalterraum man sich unter das<br />

Schild ‚Tickets Issue‘ und unter die Zeiger einer in<br />

Holz gefaßten Uhr und in sein Art Déco stellt und<br />

eine Fahrkarte erwirbt für den Triebwagen über den<br />

Isthmus und weiter. Und wie auch der Fahrpreis von<br />

EUR 3,50 für immerhin 2½ Stunden Fahrt als ein<br />

Überbleibsel aus vergangenen Zeiten erscheint.<br />

Ist ja fast nur noch außerirdisch zu nennen und<br />

wie nach einem zyklotronischen Sturm, daß die<br />

Menschen, wo sie gehen und stehen, mit dieser<br />

Art Geranien-in-Gurkeneimern-Mentalität<br />

beständig ihren Müll auf Deponien abladen und<br />

ihn unterschaufeln mit ein bißchen Dreck, sinniere<br />

ich auf der Fahrt nach Korinth in mein Notizbuch<br />

hinein. Des weiteren über die flackernden Flammen<br />

und die metallisch grauen Pipelines vom der Stadt<br />

vorgelagerten Ölhafen zu den Raffinerien, die man<br />

passiert. Dieser Schnitt, den man macht beim<br />

Halten in Elefsis. Eingeklemmt neben einem älteren<br />

Jeansjackenträger mit nikotingelben Fingern und<br />

Bart. „Der kann ja schließlich sitzen, wo er will“,<br />

diskutieren wir später gemeinsam den schnippischen<br />

Rassismus zweier nachblondierter, älterer<br />

Griechinnen, die einem Afrikaner hinterfotzig<br />

den offensichtlich freien Sitzplatz neben sich<br />

verweigerten. Während wir aus dem Zugfenster<br />

hinausschauen auf das leicht bewegte Wasser des<br />

Saronischen Golfs, das unter uns vorüberzieht<br />

und das sauber ist und sehr blau und in das in<br />

diesem Augenblick eine Halde zerbrochener roter<br />

Dachschindeln hineinlappt – das deklassierte<br />

Wegwerfland um den Isthmus, durch den dieser<br />

weltbekannte Schnitt geht.<br />

Außerhalb Korinths gibt‘s dann einen nagelneuen<br />

Busbahnhof, der wie eine Raumstation aussieht…<br />

Welcome to the Untergegangene Reiche! Enjoy a<br />

weekend on the Peloponnes with our fine selection of<br />

lion branded castles – all venetian!, meint man ein<br />

Schild an der Auffahrt zur Autobahn zu sehen.<br />

Die schwere Süße der Landschaft, die man sich für<br />

einen trunkenen, goldbraunen Sommer erwartet<br />

mit einem Geruch nach Zedernadelteppichen und<br />

Teer. Doch vorderhand sind‘s blattlose knotige<br />

Weinstöcke in den Hängen und die Weine der<br />

Weinbauern, die in Plastikflaschen neben der Straße<br />

verkauft werden. Neben mir in den Sitzpolstern<br />

des Busses einer der Brüder von Roma Ohneland<br />

mit einem juckenden Ausschlag, der ihn stört,<br />

dies ständige Rascheln seiner knitternden Papier-<br />

Trainingsjacke, wenn er sich mit den Fingern untern<br />

Kragen fährt. Kleiner Roma-Bruder, der zum Clan<br />

derer mit dem Ford Transit gehört, von dem eine<br />

Wäscheleine gespannt ist zu einem der Strommasten<br />

am Rand des Hafenerweiterungsgebietes von<br />

Nafplio später. Auch Nafplio eine der Archeological<br />

Sites, die auf europaweit braunen Hinweisschildern<br />

angekündigt oder wie auf meiner Touristenkarte<br />

mit drei Punkten vermerkt werden, die wie die<br />

Punkte auf der Armbinde eines Blinden sind.<br />

Und auf der auch die kleinen Bahnhöfe mit den<br />

hölzernen Bahnsteigsüberdachungen längs der<br />

Strecke verzeichnet sind, die ein bißchen wie aus<br />

alten Wildwestfilmen aussehen oder wo sie sonst<br />

ihren Ort haben und aus welcher Halluzination von<br />

welchem austrocknenden Nemea sie auch immer<br />

aufscheinen mögen.<br />

Hier in Nafplio, unterm rechten Ärmchen<br />

des Peloponnes, fern von Athen, wird uns der<br />

Glöckner drei Urlaubstage einläuten in der<br />

Mittagssonne vorm Kafeneion, drei glattrasierte<br />

Sonnenbrillenträger in Ski-Anoraks an den Tischen<br />

nebenan: „Das Privatfernsehen ist schuld“, lästert


monomastering athens. d. holland-moritz<br />

aus dem trendmarsch-zyklus<br />

Karla und nippt an ihrem Milchkaffee. „Es macht<br />

die Leute immer dümmer.“ Von weiter hinten<br />

plötzlich das Ratschen eines Klettverschlusses – ein<br />

Müllmann, der unbeteiligt auf der Plateia um in<br />

Stein gehauene, mit frischem Lorbeer bekränzte<br />

Freiheitskämpfer herumgefegt hat und der jetzt<br />

unbeholfen in seinem orangenen Overall nach<br />

Zigaretten fingert. Ein Pope schlurft vorbei…<br />

Choose one of three big castles! Dieses eine birgt eine<br />

moderne Hotelanlage, zu der ein Aufzug durch<br />

den Fels hinaufführt und die Drehort hätte sein<br />

können für einen James Bond-Film der 70er Jahre.<br />

Und sie bietet besten Ausblick auf die Feste Bourtsi<br />

draußen im Golf, zu der ein Besichtigungsboot<br />

hinauskurvt in jedem Augenblick an diesem blauen<br />

Kodak-Farbwelt-Wintertag mit bereits einigen<br />

Schwimmern unten in der Bucht. Verknoten also<br />

auch wir unsere Pullover über den schwitzenden<br />

Hüften und beginnen, uns diesen famosen<br />

Kakteenwald zu erlaufen und den Friedhof am<br />

Fuße des jenseitigen Hügels und seine zyklopischen<br />

Mauern. Und erschauern über dem, was wir auf<br />

ihnen hingesprüht finden – mehrere gekreuzte<br />

schwarze Sonnen, Menetekel der neo-faschistischen<br />

‚Goldenen Morgendämmerung‘, die wir am Abend<br />

im Licht einer untergehenden, roteren Sonne als<br />

möglichen Beginn eines erneuten Weltenbrandes<br />

interpretieren, als rußige Signaturen einer Zukunft,<br />

die nur voll brutaler Irrtümer, böser Absichten und<br />

nur Alchimie sein kann und die schon jetzt recht<br />

eigentlich keine mehr ist.<br />

Pefki, 25.01.2<strong>00</strong>5: Möwen schaukeln in der Luft<br />

und werden von Böen weggeweht. Zu besichtigen<br />

auf einer langen Regenfahrt mit der neuen,<br />

hypermodernen Trambahn-Linie von der Station<br />

Faliro nahe Pireas die stürmische Küste entlang.<br />

„But you don‘t need a weatherman to know which<br />

way the wind blows…“ (Bob Dylan, Subterranean<br />

Homesick Blues) Die gehen mir eh zu schnell ab, die<br />

mit ihrem schnellen Abgang. Die Momente. Kommt<br />

drauf an, was der Zeitwind dazu sagt, möchte man<br />

ergänzen, während man all das Konvulsivische<br />

wechselnder Anspannung und Losgelöstheit<br />

erduldet, das man auf Reisen empfinden kann.<br />

Palmen, die sich vor dem von unsichtbaren<br />

Turbulenzen durchzogenen Grau des Himmels im<br />

Wind beugen.<br />

Der Ausblick auf die ‚brasilianische Favela‘, die<br />

dort hinten einen Hügel hinaufkriecht, eines der<br />

Fremdenviertel Athens.<br />

Die unzufriedenen Gesichter junger Mädchen mit<br />

vom Regen verlaufenen Lidschatten und ihren<br />

Boutiquen-Tragetaschen auf den Bahnsteigen.<br />

Einige ausgeblichene griechische Fahnen, die<br />

entlang der neuen olympischen Einrichtungen und<br />

vor den alten Grand Hotels im Wind flappen.<br />

Yachthäfen.<br />

Ich stehe kurz vor einer nötigen Gelassenheit<br />

gegenüber dieser Stadt, die beinahe ausgereicht<br />

hätte, über das bloß Dokumentarische hinaus auch<br />

Fiktionales zuzulassen. Im Wettstreit mit dem<br />

‚Athens MONO MASTERING‘. Und zum Beispiel<br />

mit dem, was man anderes stattfinden lassen<br />

könnte in der Szenerie des unter Denkmalschutz<br />

stehenden alten Olympic Airports, den wir<br />

passieren. Die wollen hier ein Congress- und<br />

Veranstaltungszentrum einrichten. Und unter der<br />

Erkenntnis, daß das griechische Wort πολεµος für<br />

‚Krieg‘ abgeleitet ist von dem, was einsetzt, wenn<br />

die Argumente nicht mehr ziehen, und was man<br />

gleichsam polemisch verwenden könnte – in diesen<br />

von der globalen Bewußtseinsindustrie im Zuge<br />

des Monomastering ausgelösten ikonoklastischen<br />

Kämpfen um die Stadt… Nur wenig, daß ich mich<br />

wundere über die internationalen, planetarchischen<br />

Fronten entlang auch dieser Küstenlinie, immer mal<br />

wieder Ausschau haltend nach einem geöffneten<br />

Strandcafé. Und wobei bereits ein auf den Knien<br />

entfalteter Stadtplan imstande ist, örtliche<br />

Erinnerungsstreiflichter auf das Format eines<br />

Kurzspielfilms einzupendeln: die tote Taube im


monomastering athens. d. holland-moritz<br />

aus dem trendmarsch-zyklus<br />

Rinnstein der Panagi Tsantalis, die in Gruppen auf<br />

dem Fleischmarkt herumlungernden Polizistenkerle<br />

in ihren schwarzen Lederjacken, die Cola-Dosen-<br />

Mofa-Auspuff-Konstruktion von einem, der seine<br />

Hosen mit einer Kordel zusammengebunden<br />

trägt, der Mafiatyp mit dem gebrochenen Finger<br />

in dem anonymen Kellerrestaurant Ecke Odos<br />

Theatrou und der junge Schläger, der ihn begleitet<br />

– all jene Momente, über die man sofort schreien<br />

könnte: Ah Lokalkolorit! Zu welchem auch der<br />

bedächtige Zwerg mit den vier Sprotten auf dem<br />

Teller am Katzentisch nämlichen Gewölbes zählen<br />

würde, ebenso wie der Beamte mit dem modisch<br />

geschnittenen Anzug und der Goldmünze am<br />

goldenen Kettchen, der hier ausgiebigst sein zum<br />

Mittagstisch ausgeführtes Vorzimmerverhältnis<br />

betrillert. Sie kennen diesen besonderen<br />

Halstuchchic von Frauen um die vierzig, den<br />

man von Armani kaufen kann… Fragmente, die<br />

sich unter den Bedingungen einer Wirklichkeit,<br />

die, würde sie noch weiter beschleunigen, sich<br />

unweigerlich selbst überholen müßte, automatisch<br />

zu einer Art Alltagsgroteske zusammenstoppeln, in<br />

deren Nähe ich mich mittlerweile wiederfinde.<br />

Kifissia, 26.01.2<strong>00</strong>5: Licht-Palazzi, barocke<br />

Möbelgeschäfte, eine Galerie bildender Kunst mit<br />

blassen Aquarellen, der von hellen Scheinwerfern<br />

durchstrahlte Park mit den schattenhaften Umrissen<br />

besenhafter Palmen und mit weißen Kieswegen, die<br />

einstigen Residenzen von vermögenden Athenern<br />

oben am sommers kühleren Berg, ein später<br />

Blumenladen an der Ecke der Plateia Platanou, wo<br />

auch McDonalds sich breit gemacht hat, und die<br />

Haltestelle der Linie E 92 zum neuen Flughafen.<br />

Auf der Fahrt dorthin ein kurzes Stück über eine<br />

mautpflichtige Autobahn.<br />

Links im Dunkel eine Lichterschnur, die sich<br />

hügelaufwärts windet. Ein bleicher Vollmond hängt<br />

tief in seiner Senke…<br />

Verwendete Literatur<br />

• Allen Ginsberg, Selected Poems 1947-1995, New<br />

York: Harper Collins 1996<br />

• Elfriede Jelinek, Wolken.Heim., Stuttgart: Reclam<br />

2<strong>00</strong>0.<br />

• Henry Miller, Der Koloß von Maroussi, Reinbek<br />

bei Hamburg: Rowohlt 1965<br />

• Practical Photography 05/2<strong>00</strong>4


elgrad (summer) sophie reyer<br />

die nase ist<br />

ein<br />

loch<br />

oder aber: panzer fügen sich harmonisch ein in<br />

grünflächen/ gras das im wind rieselt (tarnfarben)<br />

stecken kinder ihre köpfe in kanonenrohre =<br />

mülleimer<br />

für<br />

zigarettenpackungen/plastik/papierfetzchen (sagen<br />

wir: aufgerissene vanilleeis=umhüllungen) schreit<br />

eins: „ab die krische“ los geht die fahrt des gefährts<br />

a la münchhausen brausen/ eingestürzts gebäude/<br />

steinmauerbrocken/ und das gesicht aus terracotte<br />

(lochkopf)<br />

hat<br />

kein riechorgan nur eine mulde zwischen den<br />

augen/ gähnendes nasenloch in<br />

durchgekneteter ausfransung rötlichen (rötzlichen)<br />

brauns geht dem der duft flöten<br />

(augenlos)<br />

oder aber: und bei tisch die fettäugige suppe<br />

schlürfen/ hühnerfleischbröckchen kleben sich<br />

zwischen die zähne/ lassen sich nicht rauskletzeln<br />

und dabei: und reden und lächeln und<br />

schwimmen kügelchen auf der flüssigkeitsoberfläche<br />

sagen wir: eiterpfropfen/ gemelktes fett in<br />

kanonenkugelform/ in bläschen und den<br />

löffel an die lippen<br />

führn<br />

i‘m the intellectual cyberpunk ausgefransten<br />

blondhaars sagen wir alabaster/ a la baskenmütze/<br />

flachschuh sagen wir: a la ringelstrümpf und<br />

schlucken in großen<br />

sprüngen weil sich nichts<br />

kauen<br />

lässt & so= weiter<br />

und: am straßentand der bettler: sonnenbrille<br />

und stoppelhaar/ hält sein instrument in den<br />

händen/ spielt damit radioklänge/ rosa rauschen/<br />

radioklänge/<br />

und der hut ist<br />

ein<br />

fettpfropfen nach innen ist<br />

ein loch das<br />

kleingeld in sich aufschluckt in sich reingestülpt<br />

die mulde/ kerbe/ offen<br />

klaffende mundhöhle<br />

zerbombter nasen=/ rachenraum<br />

aufgespreizt


elgrad (summer) sophie reyer<br />

und ich führ sagen wir: impf mir die fettkügelchen<br />

ein die da so auf der<br />

oberflächenspannung der<br />

suppe reiten<br />

sagen wir: in den schlund kippen dass es die<br />

speiseröhre<br />

runtergluckert<br />

meine klaffwunde verdauungsorgan/ aufsaugend<br />

pulsierendes schwämmchen & pulverisierend<br />

= fressloch<br />

einatmender hohlraum in dens<br />

i‘m the little iroquese fairy- poet westweltliches<br />

arschhirn: thinkhirn oder auch tank (thanks)<br />

sickert&gluckert und<br />

mein hirn ist ein loch ist ein rohr aus eisen schraub<br />

ich den kopf ab/ leg ihn dösen zwischen<br />

zigarettenstummeln/ menschenfratzen/ plauderton<br />

und plastik:<br />

vielen dank i have everything<br />

hybride nichtfrau:<br />

to choose my own sex and i‘ll choose childhood: sagen<br />

wir mal ich mir meine ganz persönliche<br />

mangapartx: riesenpupillen= schwarze löcher in die<br />

ich so langsam<br />

reinsicker und<br />

baby- girl fantasy- creation ist nix für ringelstrumpf-<br />

gebärmütter und<br />

klitorisschwänzchen wie mich drum<br />

reib ich mich an träumen ab: einschanzen/ stülp mir<br />

eine mulde über:<br />

nasenblase zerschossene innenwunde<br />

aber: und das haus eine in sich eingefallene<br />

hirnhöhle: zerfetzte nase<br />

von der nur eine<br />

wölbung nach innen<br />

übrig bleibt<br />

etwa: totenschädel= hohl=<br />

schale und<br />

panzer fügen sich<br />

harmonisch in die<br />

landschaft ein= etwas anders gesprenkelte<br />

grünflächen vielen dank ich bin das verwöhnte<br />

boygirl die androgyne augenweide die hungert weil sie<br />

nie gehungert hat ich kotz die fettkügelchen<br />

aus: kapitalismusgöre to choose my own sex and i will<br />

choose my<br />

childhood und plumps mich rein in<br />

eine kerbe/ nest/ ist der sommer schon wieder to be<br />

unable to<br />

cry


0<br />

self-feeder stefan schweiger<br />

they‘re striving for a distance, continuously. und<br />

lösen durch ihre bloße anwesenheit doch so viel<br />

hoffnung in uns aus, daß wir gar nicht mehr daran<br />

denken, einen der nächsten atemzüge zu verweigern.<br />

frei nach dem barbarisch-dumpfen motto „viel ist<br />

mehr.“ nach einem motto, bei dem das wiederholte<br />

aufeinanderschlagen der zähne den grad der lebens-<br />

und einsatzbereitschaft signalisiert. für geistig<br />

brot tun wir fast alles. nehmen selbst den preis der<br />

paranoia in kauf.<br />

und formlose formen. die umsetzung des drucks.<br />

nicht nur reduktionistisch. sondern auf das gespräch<br />

im gespräch hin.<br />

schön gemütlich auch. der roman als ende der<br />

literatur. das erzählen als pervertierung des zu<br />

erzählenden. als systematische verweigerung<br />

jeglichen lernprozesses. line for line. holding the<br />

line.<br />

die selbstansprüche dabei strikt funktional<br />

ausgerichtet: wir verstehen uns.<br />

den ganzen rest stecken wir in brand: no obstacles.<br />

den schlauch dann nach vorn halten, löschen,<br />

damit‘s nicht wieder aufflammt, beim nächsten<br />

starken luftzug.<br />

und anschließend planieren, damit wir uns alle<br />

flachlegen können, flach auf den asphaltierten<br />

grund, auf ein himmelbett, das uns nicht mehr<br />

zurückbringen wird.<br />

nur fetzen kehren zurück, das, was nach dem<br />

nächsten rush von uns, von unserem körper übrig<br />

bleibt:<br />

tempi passati, einzelne glieder einer nicht mehr<br />

beherrschbaren welt, die unser zentrum und deren<br />

zentrum wir waren.<br />

von der aus wir erfolgreich operierten, so erfolgreich,<br />

daß man uns feierte, uns feierte als geniale<br />

erzähler, die den fortschritt, das fortschreiten in<br />

klassischen sowie modernen formen wieder und<br />

wieder erzählten, die krankenhäuser, ausstellungen,<br />

maschinen hinerzählten, als seien es einfache<br />

entwürfe, mit beiden händen herstellbare gerichte<br />

zum allgemeinen verbrauch.<br />

wir stellen nichts mehr her. verzehren die<br />

verbliebenen strünke, werden zur wartezeit. sind<br />

verschluß.<br />

vielleicht zu einem der fenster geworden, eines der<br />

fenster, nach denen wir die hände ausstreckten, die<br />

wir um‘s verrecken erreichen wollten, uns dabei zum<br />

lächerlichen gesamtkunstwerk verwachsend.<br />

zu einer art manischem gnom, der immerzu<br />

weiterleben will. unbedingt weiter durch eine<br />

jeweilige gegenwart geschleift werden möchte.<br />

es genießt, von der präsenz anderer verdaut zu<br />

werden.<br />

ihre schnittstelle von objekt und subjekt zu sein.<br />

fokus des begehrens.<br />

mit einer apologie der gier im anhang.<br />

den sprachspielen, die ihre paradoxa im einen<br />

einführen und im anderen wieder auflösen.<br />

automaten, schwarze, gefiederte fleischklumpen,<br />

in kahlen bäumen sitzend, bis einer von ihnen<br />

sämtliche federn spreizt, bis er abhebt vom gestänge<br />

und ihn jeder der anderen imitiert.<br />

luftnummern, spiele.<br />

bei denen ein automat den anderen mitreißt.<br />

in den abgrund, in‘s offene feld.<br />

auf dem die äste sich in‘s blaue über ihnen spreizen.<br />

in ein blau, das sich vom zweidimensionalen raum<br />

nicht mehr unterscheiden läßt. farblicher widerhall,<br />

antwort einer stimme, einer stimmung auf sich<br />

selbst.<br />

mehr kann ein dialog auch nicht sein. feuer in<br />

einem fenster, das sich nicht öffnet, schwarz wie die<br />

nacht. zeitlos. entzeitlicht. aufgelöst.<br />

fließend, im kopf. schief gebettet auf einen großen<br />

stein.


self-feeder stefan schweiger<br />

eine entleerte zukunft vor sich, ohne fremdes fleisch<br />

in den ecken, ohne nahrungsquelle aber auch.<br />

eine isolierkammer, innerhalb derer wir jegliche<br />

orientierung verloren haben werden. in der wir krieg<br />

spielen, ohne den gegner sehen zu können.<br />

nach lebendem suchend, ohne dergleichen zu<br />

finden.<br />

futterautomaten anbettelnd, in der ungewißheit,<br />

ob sie unser weiterexistieren unterstützen werden,<br />

uns etwas zuschieben, wenn der letzte vorrat<br />

ausgegangen ist.<br />

automaten, denen gleich zu werden wir<br />

uns bemühen, contra voluntatem, wie ich<br />

paradoxerweise sagen muß, wenn ich mir das so<br />

ansehe. wir wollen ja eigentlich nichts produzieren,<br />

auch nichts aus uns selbst heraus. und mit den<br />

automaten stehen wir selbst weder auf kriegsfuß<br />

noch sind wir ihnen zugeneigt.<br />

doch sie sind unvermeidbar. eine zumutung, die uns<br />

mit in die wiege gelegt wurde, ein schatten, der uns<br />

überall hin begleitet.<br />

und von dem wir, also unsere erinnerung, ganz<br />

offensichtlich abhängig sind. der automat, das<br />

automatische bestimmt den nächsten schritt. den<br />

weg in‘s unendliche, von a eins zu a zwei zu a<br />

drei usw., den weg zu einem punkt b, den wir nie<br />

erreichen, da wir die unendlichkeit raumzeitlich<br />

mit uns herumschleppen, jeden punkt auf unserem<br />

weg erst berühren müssen, bevor wir postulieren<br />

können, daß wir angekommen sind.<br />

oder wir machen es gerne umgekehrt: wir<br />

postulieren, wir seien angekommen, längst<br />

angekommen, und sind dann vollkommen<br />

unfähig, den ankunftspunkt so zu formulieren,<br />

daß wir selbst und andere noch glauben würden,<br />

daß wir tatsächlich angekommen seien. wir sind<br />

nicht angekommen, bleiben verstrickt in unseren<br />

handlungen.<br />

im falschen, wie wir gerne sagen.<br />

als ob wir eine wahl hätten. als ob wir aus dem<br />

automaten heraustreten könnten, der wir sind.<br />

längst angekommen, stillgestellt.<br />

unteilbar nur im abstrakten, theosophischen<br />

postulat.<br />

realiter teilbar, so viel der kontext will.<br />

endlos, da nicht definierbar. ein universum des<br />

fraktalen.<br />

und pressen uns ein tuch vor den mund.<br />

werden zum unaussprechlichen. zur<br />

durchstreichung. zum unfreien.<br />

der beginnt, die wörter verkehrt herum zu sprechen,<br />

nach innen.<br />

wie die vögel, die sich über das überleben<br />

unterhalten. mit wasser und wörtern, die sie denken,<br />

so lange denken, bis die wörter die vögel denken. bis<br />

die wörter vögel geworden sind.<br />

mit winzigen chips in ihren augen.<br />

und abheben, raus auf die see. rein in den<br />

konturlosen himmel, in‘s ausdruckslose blau. von<br />

wegen genius loci. nichts dergleichen. vielmehr reine<br />

leere. in die das ganze gewürm hineinbrüllt. namen<br />

hineinschreit, welche ihre genitalien bezeichnen,<br />

auf verunzierende weise zum teil, menschen, die<br />

schon ganz glücklich in der völligen haltlosigkeit<br />

angekommen sind. brüllende und kreischende<br />

wesen, so lange die stimmbänder halten, danach<br />

wimmernd. durchgängig jedoch feuer legend<br />

an das, was sich ihnen in den weg stellt. ein<br />

temperamentvolles geschlecht, das in der nacht<br />

gesellig wird. weise affen und äffchen, die ihre<br />

bändiger verloren. und die unglaublich imponierend<br />

die stirn in falten legen können, ein wahres volk<br />

von stirnrunzlern. gravitätisch und sorgenvoll.<br />

ewig wahrheitssuchend vermutlich in ihren falten.<br />

in denen sich schöne zahlen verbergen. hin und<br />

her laufend in den vielfältigsten linien. diving into<br />

it. fleeing into it. into an abstract refuge. sich in<br />

ein scherbengericht flüchtend. eine zerbrochene<br />

benennung. inmitten eines perpetuierten<br />

selbstzweifels.<br />

1


2<br />

self-feeder stefan schweiger<br />

offen wie ein buch, ein ozean, in den jeder seinen<br />

müll hineinwirft und herausfischt, was dieser aus<br />

jenem macht.<br />

gesichter, widerschein des eigenen gesichts.<br />

und dann: endlich stillgestellt. relieving the tension.<br />

life in light. short term memory loss by low blood<br />

pressure. wir sind locker geworden, kosten die freie<br />

zeit aus. rhythm of relief.<br />

und knüpfen erneut an‘s steinerne an. ohne<br />

rhythmus im engeren sinn. hope we‘ll stay.<br />

rhythmus des bleibens. im ungewissen,<br />

ungesicherten, wo uns niemand auf die schultern<br />

klopft, niemand sagt, es könne so weitergehen, es<br />

werde ein netz geben, einen hörer, jemanden, der<br />

hört.<br />

nein, es gibt vielmehr die gewißheit, daß es<br />

überhaupt niemanden geben wird, daß keiner hört.<br />

wozu auch. hören wäre eine extravagante, ephemere<br />

geste. schaumschlägerei gar, würde sie nach vorn<br />

gebracht. hören: nein, wir schütteln den kopf. es<br />

war eine hybris, daran zu denken. dummes zeug.<br />

vergessen wir‘s.<br />

reinigen wir die bassins und wenden uns ares zu.<br />

dem betrogenen betrüger, der seine geliebten zu<br />

asche verarbeitet. ungeachtet der für menschen<br />

relevanten unterschiede.<br />

ungeachtet der frage, um welchen stellvertreterkrieg<br />

es sich jeweils gerade handelt. welcher opernsänger<br />

gegen welchen opernsänger streitet. welche gorgone<br />

gegen welches andere haupt. welcher taumelnde<br />

sklave gegen welchen betrunkenen, geblendeten<br />

anderen sklaven. welche gier gegen welche gier.<br />

gehören wir doch alle schön zusammen. die<br />

apollinischen kommentare selbstverständlich<br />

inbegriffen. die träume der lehrenden. die träume<br />

der argiver und ihrer jeweiligen feinde. ihrer<br />

stöhnenden und winselnden spielbälle. der erynnien,<br />

die sie selbst abwechselnd heraufbeschwören und<br />

dann wieder zu besänftigen suchen. tempelschänder,<br />

welche jeweils einen gott suchen, der ihr tun<br />

entschuldigt.<br />

häufig glückspilze wie die amis, das heroische volk<br />

aus wahren steiermärkern und steiermärkerinnen.<br />

aus kräftigen rücken und breiten hüften, ein<br />

bißchen größer nur als unsere orientalischen<br />

freunde. ein bißchen größer als der rest der welt.<br />

ein bißchen mehr der nabel der welt, für den wir<br />

uns ja insgeheim auch ein bißchen halten, im kern<br />

doch, ja, ein kleines bißchen schon, machen andere<br />

doch tatsächlich noch mehr falsch als wir. stehen<br />

dem spiegel noch ratloser gegenüber. und wissen<br />

nicht, wen sie noch pflegen sollen. ratlose ratlosen<br />

gegenüber.<br />

mit falschen prognosen im richtigen ansatz.<br />

überzeugt, nur noch wenig oder nichts<br />

mehr ausrichten zu können. auch eine art<br />

verfolgungswahn.<br />

leise musik von ferne im hintergrund. frauengesang.<br />

wir die zeiten durcheinander werfend. an den resten<br />

unserer intelligenz zweifelnd. an der existenz der<br />

reste unserer paläste.<br />

nur noch charos vor augen. seinen nicht<br />

erkennbaren blick. das schwarze loch vor uns. la<br />

déchirure absolue. die abstände von stunde zu<br />

stunde nicht mehr benennbar.<br />

eine flüssigkeit rinnt die innenwände hinab. ein<br />

unablässiger strom, dem meine zeitvorstellung nicht<br />

mehr zu folgen vermag. stillstand oder rasen der<br />

bilderabfolge, ich weiß es nicht zu sagen. kurz- und<br />

langzeitgedächtnis konfundieren. eine geschichte,<br />

unsere geschichte.<br />

leicht wie papier. wie unsere namen. unsere seiten.<br />

unsere gebete. unsere allmählichen entkernungen.<br />

das, was uns fehlt.<br />

und aufgespart, aufgespart sind wir nicht, es sei<br />

denn für den schluß, den letzten gedanken. wenn<br />

die stimme ganz stimmlos geworden ist. das buch<br />

endet, eine lücke läßt: der offene raum für den rest<br />

der zeit in der wahrnehmung einer anderen hälfte,<br />

einer anderen seite, die weiterlebt – aber nur für


self-feeder stefan schweiger<br />

einen moment, den der gedanke daran dauert.<br />

danach ist es zu spät. danach gibt es nur noch<br />

überlebendes, das überlebtes ist. überlebtes, fern<br />

oder nah der sichel, einerlei. doch die erinnerung<br />

bleibt schön.<br />

die erinnerung, die wir uns wünschen. die wir uns<br />

wünschen werden.<br />

die wir rufen, und die wiederum andere<br />

erinnerungen hervorruft, die wir vermeiden,<br />

vermeiden wollen.<br />

erinnerungen, die unsere stimme laufend neu<br />

erschafft. da sie die eine erinnerung wiederhaben<br />

will.<br />

und doch kaum ihre spur halten kann, wenn sie<br />

aufzieht.<br />

vielmehr einen graben zu beschreiben beginnt, einen<br />

graben zwischen ihr und der endlich aufziehenden<br />

erinnerung, einen graben, der sich permanent<br />

erweitert, bis die entfernung zur erinnerung zu groß<br />

wird, um sie noch zu erkennen.<br />

jede verzweifelt arrangierte affirmation umsonst.<br />

en vain. obwohl die einzelnen bilder doch<br />

unauslöschlich sind. aber unser synkretismus<br />

ist zu schwächlich, zu schwach. verliert sich in<br />

andeutungen, die sich selbst wiederum rasch<br />

verlieren.<br />

„nur geduld“ sagen wir uns dann; eine schlechte,<br />

schlecht schmeckende lüge.<br />

eine fülle. die eine leere reise ist. eine abwechslung<br />

der formen:<br />

schmetterling und wurm. verschmähte,<br />

halbverschmähte, verschmähende.<br />

nur die augen bleiben konstant blutunterlaufen. das<br />

bindegewebe konstant zu starken kräften ausgesetzt.<br />

nach der eröffnung nur noch grau gefärbt. die<br />

musica reanimata passé – stille avantgarden; amidst<br />

public domain.<br />

aufgeschrieben, versunken.<br />

genossen im gepflegten. schlechte träume rasch<br />

verdrängt: immer schön klein beigeben. jede figur<br />

krank im maximalmaß. nothing else to relieve.<br />

nothing else to shoot.<br />

lassen die übertragungen mehr zu, um erfolgreicher<br />

zu sein.<br />

und erfolg macht ja auch só sexy. der teddybär wird<br />

gern beschmust.<br />

und die schmusenden tragen ihre fallen bereitwillig<br />

vor sich her. koste es, was es wolle. hauptsache<br />

autark, hauptsache gefühlsecht handlungssicher.<br />

da müssen wir den anderen erst gar nicht mehr<br />

abklopfen. haben ihn schon im vorfeld abgeschafft.<br />

mittels unserer geradezu gewalttätig hohen stirn.<br />

chuzpe am rand.<br />

und schnell wieder vergessen. studieren allesamt der<br />

wahrnehmung hinterher. glauben schon wahnhaft,<br />

wir müssten sie hinterfragen, das zustandekommen<br />

jeder einzelnen erklären. als ob dann eine art<br />

geist skizzenhaft hervorkäme. ein vorstellbares,<br />

zeichenbares system. etwas ausgedehntes, das<br />

uns über das versprengte belehren könnte. hohle<br />

affirmation. so flink und schnell wir auch denken,<br />

so synkretistisch und synthetisch wir auch immer<br />

verfahren wollen.<br />

verbrannte erde. von der aus der blick der<br />

einäugigen und blinden uns von ort zu ort scheucht.<br />

von plateau zu plateau.<br />

und verlieren dabei jeweils die böden unter den<br />

füßen. mille concerts, mille exclusions.<br />

und werden mittlerweile nur noch gelegentlich<br />

aggressiv, toben dann eher implodierend hinter den<br />

hasenställen, hinter den käfigen. was daran, wie<br />

wir behandelt werden, freilich nicht viel ändert.<br />

ausgeschlossen, eingeschlossen. eingeschlossen,<br />

ausgeschlossen. hasenwelt:<br />

identität, widerspruch, ausgeschlossenes drittes<br />

und zureichender grund als der mist, auf dem wir<br />

uns herumdrehen, über den wir hoppeln. groteskes<br />

system, von dem wir glauben, es wäre eins. richtige<br />

universalpragmatiker. domestizierer unserer<br />

ausbruchsversuche, domestiken.


self-feeder stefan schweiger<br />

den kopf voller wald, die köpfe vollgestopft mit<br />

bildern. vivat machina.<br />

heim zu muttern, heim zur grafik, heim zum chip.<br />

heim zum mühlrad, das wir staunend in augen<br />

halten: bebilderung der bilder. kompilierung der<br />

grafikschemen im kopf (was auch immer das ist).<br />

pflücken der blumen am waldrand, das surren der<br />

maschinen im hintergrund: leise irr.<br />

mit verschnittenen bildern auf der haut, im gesicht.<br />

fröhlich anpackend jeweils zu beginn, und rasch<br />

eines besseren belehrt. rasch belehrt, daß es umsonst<br />

war: doch der moment glücklich, zufrieden.<br />

ich freue mich auf den nächsten anfang, auf den<br />

neuen beginn, der in winzigen augenblicken veraltet<br />

sein wird. ein wundervolles konzept. ein lied aus<br />

einem takt, ständig neu begonnen. eine fackel, die<br />

doch keine spuren hinterläßt:<br />

das beste ist die arbeit.<br />

das beste ist, müde zu sein. herauszufallen aus<br />

der aufgabe. herauszufallen aus der erwartung.<br />

hineizufallen in den befehl zu sinken. in den befehl,<br />

nichts mehr zu kosten im schlaraffenland. sich auf<br />

nichts mehr einzulassen. kein brot mehr zu brechen:<br />

fröhlich irr.


somasucker: alone in the room markus berger<br />

0.<br />

= = In Morpheus’ Schlingen: R schreitet \<br />

& schreitet & schreitet & schreit... = =<br />

1.<br />

Träume sind Exkremente<br />

Novalis<br />

Dunkel schillernde grüne Stille. Louminös<br />

verwegene Scharten; ein brüskes Krachen stülpt<br />

meinen heut so juvenilen Verstand gen Norden<br />

– gen Norden, \ & ein Bäumchen quiekt zerfrorn.<br />

*-*-* Molekül für Molekül springt mir vom<br />

Corpus. Immer schneller. Ich schaue gequält und<br />

verzweifelt an mir hinunter und beobachte meinen<br />

eigenen Verfall. *-*-*<br />

OOOOOOOOOOOOOO:<br />

Vita contemplativa. Zauberberg. Regen träufelt,<br />

klimpert orchestral ./. mein Gemüt.<br />

Rainbow exploration. / Wie außerdeutsch der wohl<br />

erlebt wird? ~ ~ ~ ~ ~ +<br />

(------ (Multilinguagrabbel@trip.brain)<br />

:<br />

regenboog --- reënboog --- regnbåge ---<br />

regnbue --- alâimisema --- arcus --- arc-en-ciel ---<br />

arco iris --- arcobaleno --- _____ --- niji ... etc. pp. \<br />

aaaaaa:ja!!))<br />

+ ~ ~ ~ ~ ~<br />

Moos verfängt sich blamabel in Richtung<br />

Zivilisation. / Gilbes Werk unterschuht.<br />

---- Ch schleifn maurigen Tunnel im Schlepptau.<br />

| Staketenkrippe (Raststätte für Wilde!) = luzid:<br />

schasst mich | „Kalfaktor!“ | vom Tafeltableau. \<br />

Tänzelnder Farn umschlingt meinen Senkel.<br />

Geringelt rote Angst hakelt sich einen<br />

Vorsprung hinab. / Ein Blick in die Tiefe erlaubt<br />

Höheres. (Holladrihooo, Kuckuckswürger!)<br />

Pflück ne verpimpelt rote Beere von<br />

rasiertem Buschbein; (dear customer!!) streife<br />

nolens volens das ästliche Dädalusmonstrum<br />

und bleibe mitm Daumen unglücklich hängen --<br />

- der abgerissne Nietnagel schmerzt. | Zünde eine<br />

Glimmstange an & untersuche nen verwitweten<br />

Tanner. \ Da vernehm ich menschliches Rauschen;<br />

& bepullre, lenken müssend (um nicht den Cord zu<br />

benetzen), antwortend: \ glitzernd: dodekaphonisch<br />

prickelnd einer Böschung den smegmabetünchten<br />

Laib. Herrsche über bezwingende Kugeln. \\ 3 letzte<br />

Tröpfchen debattieren angeregt im Slip. /<br />

** Aberwitzig. Vergängliches erfahrend;<br />

metaphysisches Irren. Abgehoben. Verrinnend und<br />

verrinnend: gleich festhaltend, krallend, gebucht,<br />

verbraucht. Altruistische Wut drückt. Stellen,<br />

bellen, schlimmer meint eingeschlossen. Versteck.<br />

Soll niemals: nun Ergebnis. Metaphorisch: handelt:<br />

dich nicht! **<br />

\<br />

„Bleib einmal niemals mich!“ Fragen gleichen;<br />

Krähen passieren. Wut; dennoch: emotions.<br />

Die Dämmrung glupscht --- 96,2 --- über<br />

den Wald. & ein Hügel vermacht der Straße seinen<br />

Nachlass. | 2 Forstareale; --- ich stürme! -- gestüm<br />

gestürmt!! --- umarmen und verknoten sich im<br />

Schatten einer Brücke. | ~ ~JESUS ...~ ~| Falten die<br />

Hände hinterm Rücken. \ Selbst n übergebliebener<br />

Schwamm reckt seine Finger in die Höh; Jepp, die<br />

Protrusion: Si, Myzelien verübeln die huschende<br />

Geschäftigkeit. Jepp, 5 Reifkanten getaillt: {^-^-^-<br />

^-^!?!!!? --....} Duichduichduichduich ----------<br />

Durchbrech das Gehölz einer ehemalgen<br />

Eisenbahnstrecke; schrei--te durch Vogelkot; /<br />


somasucker: alone in the room markus berger<br />

Initiationsritus?)) singulär pauschen kuschen<br />

kruscheln; „schau nach, where ...“>><br />

Rightnow, nu concreet:<br />

m—m—mm—nnnn | m—m—mm—nnnn |<br />

m—m—mm—ooo |<br />

oo—oo—oo—mm | oo—oo—oo—nnnn | mm—<br />

oo—nn—ami / / /<br />

/ / / / ---<br />

Mon ami, der 96,2 Meilenstein: durch<br />

Trassierband vom Leben getrennt. Olivgeplastikter<br />

Draht: gehäkelt zum Zaun. \ Die drei Tropfen,<br />

längst lässig gepaart zu einem, fühlen sich frisch an,<br />

kalt. / Andere: vielleicht 1<strong>00</strong>0 Stiegen?: bereicherten<br />

das Flüsschen zu Füßen. Füllten es auf.<br />

Bodycheck: soave. Zerwürfnis.<br />

Holper erschwert das Laufen, lässt<br />

mich wanken. \ Überläufer! \ & eine spontan<br />

auftretende Refluxösophagitis verdrießt mir den<br />

Spätnachmittag.<br />

Treff ne Kuhle ---- hoffentlich keine<br />

abgründige Rothfalle; eines Trappers Vermächtnis,<br />

grüße sie freundschaftlich und steige vorsichtig<br />

hinüber: Glück gehabt!<br />

N Lächeln gleitet durch die Luft ...<br />

Traktorreifenrinnen dienen als Spatzenbad.<br />

\ Frisch geschlagnes Feuerholz jodelt schwarzQUAL.<br />

Mein resistenter Wald steht schnuppernd.<br />

Die Wiese: n leiser Flickenteppich in<br />

Grünschraffur. / Ein Wildschwein flieht vor mir<br />

(„Sehfahrer Lou!“) ---- dem Schlächter! Die Fichte<br />

senkt ihr Wiegenlied. | & ne gichtgekrümmte<br />

Pflaume machtn Diener. | Lolololol.<br />

Der Mond reitet himmlische Wellen &<br />

die milchige Sonne fährt zwischen gescheitelten<br />

Gewitterwolken allmählich nachhaus. / Nasen<br />

lugen aus Gebüschen; den Kroppzeuchs-Clavis<br />

schon probiert? Paprika-Ecken, Erdnussflippies.<br />

| Entblößte, sich schämende Herkulesstaude, die<br />

RASENde Proprietärin, spielt zum Ausgleich<br />

Medusa; überragt mich: um zwei drei Köpfe.<br />

2.<br />

[Hast du Gott gesehen] \ [Ja, dort drüben:<br />

eine Nase!]<br />

[Hilft er uns??] \ [Er läuft ...]<br />

Vergessener Mais drängt sich ouvrierend<br />

auf. ---- „Huch! Hilfe!“ ---- Dreht rasch sich um /<br />

& Erbsenschoten am Boden. Keuche und zähle die<br />

Spur. Bergan. ((„Roggpfnortze! Pludderknitte!!“))<br />

In dieser verlassenen Gegend, von Planen bedeckt,<br />

quengelt ein Baby. Nein; --- ein Quietscheentchen!<br />

Ch steck den Finger inn Mauseloch. Baller ingeniös<br />

meuchelpuffrig. Quake, knetsche durch Schlamm.<br />

Knorks, knäätsch, knäätsch!! ----- Abfälle verstreuen<br />

sich selbstverliebt. Durchziehen die Furche<br />

beschwichtigt & besänf<br />

tig<br />

end.<br />

6 weiße Dächer (in der Draufsicht) und<br />

ein Haufen zerfuselten Reisigs an holzige Gefährten<br />

geleimt: versperren die Schau aufs Ganze. Ne gelbe<br />

Geschenkschlaufe ziert sich und die Landschaft;<br />

beißt sich mit dem saffftigen Gras. \ Gleiten Hang<br />

hinunter. Verfange mich in Dorngerinn & kreuzige<br />

Taubnesselsalat. Bemühe ne Bank, ein kleines<br />

dahingezimmertes Sitzbrett, zur Relaxion meiner<br />

müden Zehen. | Hallo, peppig‘ Hassium!<br />

Geradeausigen Blicks wogt ein Rain. &<br />

ne einzelne Stute watet vergebens auf Liebstem,<br />

dem altschneidrigen Schwinnekastraten. /


somasucker: alone in the room markus berger<br />

Schnalln Gürteln Loch enger. Ergötze mich an der<br />

Erkenntnis: heut Abend Parasolomelette genießen<br />

zu dürfen. //<br />

Huldige geradewegs und weiter der Kunst, denke<br />

an Jean Paul, Friedlaender, Hoffmann, Pastior,<br />

Wieland, Lessing und Joyce.<br />

Die Nuss knackt im Innern einer<br />

abgebrochenen Sektpulle. Eine andere steckt<br />

aufrecht auf nem Stacheldrahtzaunzahn. (Im<br />

Brunnenweg ...) Popopanz: cool!! / Rotsteinchen<br />

tanzen mit grauen, tanzen mit schwarzen.<br />

\ Genieieieße die offenen Weiden meines<br />

Bewusstseins. Sauge all den Matsch auf. |<br />

... in Schieflage. Auf dem Weg der Pilger. Steil aufwärts.<br />

Es blies heftig. Volle Stimmkraft voraus. Und wieder fallen<br />

Bäume. Geteilte <strong>Perspektive</strong>. Eine Altlast weniger. Ein heißes<br />

Eisen. Gegen die Leere antrinken. Splitting liefert Zündstoff.<br />

Elefanten als Straßendiebe. Weniger denken, mehr leben! Mit<br />

Amoklauf gedroht. Jedermann ist sterblich.<br />

Haaatschi! Alles neu. Vom Spieler zum Millionär. 35 352 Euro<br />

im Schlaf. Acht Kandidaten hoffen. Lachen? Na klar! Gewalt<br />

verkleidet sich kirschrot. Grauen und Idylle. Rachsucht und<br />

Heuchelei. Hauen und Stechen im Büro. Es menschelt ...<br />

Ohne Schutz geht gar nichts.<br />

Das ist mein Lieblingsteil ... das Allegro.<br />

Collage aus: HNA, 13. Januar 2<strong>00</strong>7<br />

Zwei rotgraue Augen funkeln mich<br />

aus fossilem Bunker an: niedrig flach little<br />

furchterregend; Lucky Strike unter Quercifolia.<br />

Schnelle Flucht angetreten! Da kömmt ein Jäger<br />

samt seines giftigen Sausage Dog!<br />

Möchtegernseerosen lungern<br />

neben Säuglingsschilf. Dies Wachsfackelensemble!<br />

\\ Ein Rentier aus Lichtern schmückt eine Schaukel.<br />

Heruntergelassne Jalousien, negligiertes Negligé ---<br />

- &ch möchte das alte Jahr festhalten; den Moment;<br />

doch --------------- ((...)) gelingt es mir nicht.<br />

Geheimnisvolles Sandsteintor: mitten an der Straße.<br />

Verhüllt von Blabla. Nagelneue Ziegel inmitten alter<br />

Klinker. /<br />

........<br />

3.<br />

Fraxinusspalier induziert n epileptischen<br />

Anfall; das Gelaber der Geister aufm Friedhof<br />

geht mir aufn Sack. Mein hajj führt mich über<br />

Straßnnarben & gelochte Serpentinen im Knüll.<br />

UNBERECHTIGT ABGESTELLTE<br />

FAHRZEUGE WERDEN KOSTENPFLICHTIG<br />

ABGESCHLEPPT!!! / Die Pyramide glänzt:<br />

posthum. | Ein Kind ruft herzerweichend weinerlich<br />

MAAAMA; ----<br />

Samenkornhagel: da pigt das versaute<br />

Huhn. \ „Du Stern im Wintergarten.“ Die<br />

Christrose niest. (Gesundheit!)<br />

„Lououlououloulou ...“ ((abgerutscht: baumle überm<br />

Fall. Mindestens 7 Meter. S wieder hoch schaffen<br />

oder alle Knochen brechen | Spazierflug | ... was<br />

lieber? – Hals oder Beine??))<br />

----<br />

„He has a broad, good-natured face: --<br />

-- [I’ve came to the conclusion that your defense<br />

system sucks. Aaaaaafter aaa caaaaaareful<br />

consideraaaaation: I haaave caaaaaame to the<br />

conclusion thaaat your defense system sucks.]“ /<br />

… drawl: it’s angry, rough,<br />

comparison an attempt, dependent be condition<br />

and week and ant try sex, crack on street or water in<br />

drain may branch it foolish in fruit or tray not store<br />

not push it’s market in front some insurance not<br />

circle see tin a delicate the cotton. \ & how many<br />

times did you get unhappy after being shy to take<br />

off your clothes in a romantic moment? ---- You<br />

don’t have to spend the rest of your life exercising<br />

yourself to death. //


somasucker: alone in the room markus berger<br />

************* | *************<br />

************* / *************<br />

„Reanimiere die Peilmarke des Donnervogels!“ -----<br />

In diesem Augenblick erinner ich „Lusche***“ mich<br />

| „Absorber, Hypokrit, Gigasauger: Lou“ | meiner<br />

zonden & der Geliebten. Die da mich Armen<br />

verdächtigt ... [[sitzt bei ihr; mit offnem Schnabel<br />

& »stellet sich ungemein erschrocken an und fragt,<br />

was ihr denn Leides widerfahren sei, worauf sie ihm<br />

mit allen Umständen klaget, daß ihr ihr größtes<br />

Kapital an 12<strong>00</strong> Stück Dukaten weggenommen<br />

worden, auch hinzufügt, er und kein anderer müsse<br />

es entführet haben, derowegen möchte er es nur<br />

bekennen, weil sie ohnedem gesonnen gewesen,<br />

dieses Geld mit ihm zu verzehren.«]]<br />

„Lou!! --- Sub omni canone!!! (You will<br />

be surprised by the selection.)“ \ & das bloß:<br />

wegen eines versemmelt spontanen Hass- &<br />

Hungergefühls. „Omnivorengroove!“ \ C’est un<br />

pauvre hère. Les vieux amis et les vieux écus sont les<br />

meilleurs, ou??<br />

>>& dann: „Lous falling down“


somasucker: alone in the room markus berger<br />

Psychotherapie schlägt jut an, AS, JP und JJ (nebst<br />

anderer) tun ihr Übriges, mich intellektuell &<br />

spirituell bei der Stange zu halten. Wachliegen gibts<br />

mir nicht ...<br />

So gehts denn mittlerweile wieder recht passabel;<br />

**A-Bär**: Monetäres zwickt, so ist zum Beispiel<br />

die Krankenhausrechnung mein aktueller bringer of<br />

torture; da kein Sozialamt bereit mich aufzufangen<br />

(sowiesonich), kein Mäzenatentum (abgesehn<br />

von elterlichem, ergo: RETTENDEM!) mich<br />

oberhalb vernichtender Wassermassen der Panik<br />

schwimmen lassen mag. So paddel ich nunmehr<br />

weiter; im Alleingang -- & steter Hoffnung<br />

innerlich zu gesunden. Mit typisch Jeanpaulschem<br />

(or Schillerschem?) Schuldenberg nicht simpel. S<br />

dürften wohl wenige 1<strong>00</strong>0 sein. Ich nehms wien<br />

Leuchtstoff (welch Wahl!); family im Rückn schafft<br />

Poweröses!<br />

+ + + + TA META TA PHYSICA. /// In<br />

unsrer nervösen, trostlosen, von Angszuständen<br />

durchzognen Zeit ... wie hätte Johann Paulus<br />

geschrieben? ... „Genau so!!“ + + + +<br />

Berichte über Alberts Ehrentag erfüllen mich mit<br />

ambivalent-entzweiendem Freudleid. Für euch wars<br />

wohl immens. Ein Termin, welcher dereinst in<br />

etwaigen Neuauflagen des PLOETZ Erwähnung<br />

finden wird. So meinen die Extrovertierten von<br />

3Sat!<br />

Mit blutend‘ Cor & jetzt & in alle Ewigkeit<br />

(nicht ausschließlich in psychotroper Hinsicht)<br />

absolutement mikrolaut,<br />

euer<br />

LOU (geatmet; grenzwertig!); Ach ja: Enviadme<br />

vuestros comentarios -- if you want2 ----<br />

I please! (mehr als müde)<br />

|| ----<br />

4.<br />

Perturbation: -------- ***ICH*** apportiere<br />

unverhohlen wurmstichige Sentenzen. Eiternder<br />

Inzisiv & Arschmystifikationsembargo. Schmettre<br />

kilopotente Recallien an Erhebendes:<br />

Literaturbote, Dichtungsring, Matrix, Freitext,<br />

Das Dosierte Leben, Manuskripte, Der Literat, Die<br />

Horen, Erostepost, Suhrkamp, Insel, Steinberg,<br />

Fischer, Eichborn, 2<strong>00</strong>1, Kookbooks, Pop Verlag,<br />

Bibliothek, neue Bücher, alte Bücher, Antiquariat,<br />

alle lieben Menschen ... | Ex post \ o Unwillkür! \<br />

arid an Unerbauliches:<br />

Finanzmassacra, Drogengeilheit, Dopeträume,<br />

Alltagsfight, Familiensorge, Brot, Nagelstechen; ---<br />

- nichtvollendete Krampfattacke: :<br />

om<br />

bhur bhuva svaha<br />

tat savitur varenyam<br />

bhargo devasya dheemahi<br />

dhi yo yonah prachodayat<br />

Om Namo Rajo Jushei Sristau<br />

Sthithou Sattwa Mayayacha<br />

Tamo Mayaya Sam-harinei<br />

Vishwa RupayaVedhasei<br />

Om Brahmanyei Namaha<br />

threyambakam yajaamahe sugandhim<br />

pushtivardhanam. oorvaarukamiva bandhanaath<br />

mrityor mikshieya maamamruthaath<br />

Hey, indischer Hammerhagel ... |<br />

Ähemm: 1, 2, 3, 4:<br />

Choral; Pastorale / Fantasie!! --------


0<br />

somasucker: alone in the room markus berger<br />

A: Was wollen Sie denn hier?<br />

B: Es hat jedenfalls nichts mit körperlichen Zuständen zu tun.<br />

A: Das lassen Sie sich aber nicht anmerken.<br />

B: Wünschen Sie sich doch was, während Sie die Kerze ausblasen.<br />

5.<br />

A: Vielleicht das letzte Mal ...<br />

B: ... im Höhenrausch der Gefühle.<br />

A: Oder bis zum Weinen.<br />

B: Wir verzaubern Sie!<br />

A: Haben Sie sich für uns Menschen geopfert?<br />

B: Wir haben schon ganz andre Wunder vollbracht!<br />

A: Recht schön groß! Aufgepasst!<br />

B: So erleben Sie die grandiose Natur!<br />

A: ... ohne auf die schöne Aussicht hinzuweisen.<br />

B: Das vergisst man nicht so schnell.<br />

A: Thats a bigger problem.<br />

Collage aus fünfzehn zufälligen TV-Sendungen<br />

AAAAAAAAAAAAAAAAA!!<br />

6.<br />

A!!AAAAAAAAAAAAA<br />

Take three: gefangen in nem Buddelschiff. Tauche,<br />

vom Brett gefalln, in Trübem:<br />

Lagerfeuergeruch Pfützenauge stielt Späne<br />

wirbeln resolut 9 --- 10 --- & Rhododendronringel<br />

ein blaues Leibchen am Maulbeer plitsch plätsch<br />

sirrr Süprüntüglas unterhält die Strömung<br />

frigide STROMmasten als Türsteher plipliplipli<br />

anheimelnd Caprisonne Margarinedeckel die<br />

Weide treibt neu aus ein Hieb auf Bierschachteln<br />

auseinandergestobener Bock vespert im Bolztor<br />

Kätzchen oder anorganischen Sphinkter?<br />

*-*-* Repulsion. Geniert. Fatigante Problematik<br />

& ausklingende Eindrücke paraphrasiert, in kühl-<br />

atherische Gefilde vaporisiert und verplempert in<br />

biderbem Bügelfaltenformat; ---- Kondeszendenz.<br />

Persönliche Präferenzen de haut en bas: jene<br />

notabene nicht intressieren?! Trossgewichtig<br />

extrahierte Rigorosa, ein linguales Pacta sunt<br />

servanda! -- ein pacta oralis? --- Muyuyuy bien. /<br />

Eingeweicht, nappiert: nolle in causa est, non posse<br />

praetenditur. But who cares? *-*-*<br />

Pflanzen tragen Ohrringe MURKS<br />

ne Sulo-Tonne als Security fürn Gartenzwerch<br />

Orgasmus im Latschenhain Hexenhäuschen<br />

vorm Wegfliegen gesichert annen Apfel gekettet<br />

strohhaarige Hexe reitet aufner Rauchsäule ne<br />

winzige Vogelschar hascht sich ----- vielleicht<br />

Zugvögel<br />

Daheimgebliebne angenagte Birnen<br />

belagern KRÄH KRÄÄH Piepser scheuchen<br />

auf Bohrgeräusche schuffeln Müllbeutellesart<br />

n Plastikmesser verlorn & angeböllert<br />

3beinsternschlucht<br />

Empfinde fremde Fußgänger Autofahrer<br />

und sonstige Vaganten als Eindringlinge in meine<br />

Privatsphäre<br />

Am Abend gebürsteter Waschbeton n<br />

plattgebumstes Regengewürm beflehtn Baumhaus<br />

manövriere Steine vorkappig | --------------<br />

Dickback<br />

Zickzack<br />

Flickflack<br />

Dyckduck<br />

//<br />

Die Anhöhe rüsselt. Erblick eine inn Graben<br />

gefallne Schnecke, krieg Pusteln, nehm sie<br />

vorsichtig raus, drehe sie um, prüfe palpatorisch den<br />

Pegel \ lasse Wasser ablaufen \ & beatme sie Mund<br />

zu Nase. Setz sie sacht aufn letzten Löwenzahn:<br />

hhhhmouammm! ---- wegisse!! | Ad multos annos ...<br />

Lehm markiert nen Mittelstreifen.<br />

Brachliegende Fläche im Zentrum: Ackerrebus.


somasucker: alone in the room markus berger<br />

\ Forcierte Eindrücke; „ampu ampu ampu<br />

amputiert!“: mein schmalstiegiges Theorem. /<br />

***********************<br />

Quartzadern; borstiges Restgras,<br />

so schneeweiß: wie mein Bart. \<br />

Ein Miniaturberg aus größerem Geröll ragt mir bis<br />

ans Knie und exprimiert mein Patellaödem.<br />

&n ausgehöhlter Stein mimt ne Vulva.<br />

Der Wind formt Kreisel aus Blättern, bitztfitzt<br />

in mein Ohr, schlägt ordentlich Alarm. Eiein<br />

zertretenes Gebiss bedeckt die Erde; einzelne Zähne<br />

& Kieferaufhängungen sind noch erkennbar. S<br />

smellt eigentümlich: nach ausgekochtem Knochen. \<br />

Wilder Juniperus ragt ...<br />

Ballenstrupp Eselswolfsmilch |<br />

Klapperknapper Knasterzaster; das winzige Bild am<br />

Horizont ... wird ... immer ... GRÖSSER ... Gebläse<br />

machtn Vollterz. Grandlait frais. \ Königsbürger-<br />

Becher Gummimuffe & Billyboypackerl, eine alte<br />

Schublade ohne Blende ... Grünspan am Nabel;<br />

do jückt da Aronstab! Aah .. Urethrakrampf!! ---<br />

„Riechtn Flatus eigentlich besser, wenn man sichn<br />

Mentholkaugummi inn Arsch steckt??“<br />

Leere Wurstbehältnisse Lutschbonbonkapriolen<br />

Rüttelplatte | im Zeigefinger: ein Schießmuskel<br />

// Benzinprismen pulsieren ne Abtastkelle: ins<br />

epidermische Erdreich gerammt.<br />

Meine Beine werden alt; halte mich mit<br />

beiden Händen fest an der Jacke. Jacke. Jacke.<br />

((Zersplitterte Scheibe.)) Ne alte Tenne wirft meine<br />

schleppenden Schritte als Hall zurück; gedämpfte<br />

Flamme. Spitzhaubig dellige Kürbisknollen im<br />

Knitterlook. Ich bin ausschlägig. Possessed. Jacke.<br />

Jacke. Abrupte Jacke. --- „Loouu, olle Bibamille!“<br />

-------<br />

/ We are falling so slowly that we can‘t be dashed to<br />

pieces when we land.<br />

7.<br />

In der Echtwelt (?) ist fürs phuesische<br />

Wohl zu sorgen. | Fritzlar, Homberg, Bad<br />

Wildungen, Kassel?? --- Behind tons of Aldigemüse<br />

and Shampoofladen treffch Heino Brichnulls<br />

Lebensgefährtin Viera Janárčeková (noch nie<br />

gehört?? – Die is in Musikerkreisen ganz doll<br />

bekannt!). Kollegenami. ((Sie hat mir übrigens<br />

vornem ¾jahr ne echt geile Eigeninterpretation<br />

gesammelter Janáček-Werke auf LP geschenkt.<br />

(((Watne Namensähnlichkeit!! Wenn ichs rová<br />

raustu ... ((((Pohádka * Presto * Z ulice, 1.X.1905<br />

* V mlhách ...)))) --))) ---)) | Grad 3 Tage bein<br />

Kindern gewesen. Flink nach Allmuthshausen --<br />

- er-wartet sehnsüchtigst. Ich antizipier: [Wünsche<br />

in ner halben Woche frohe Weihnacht gehabt zu<br />

haben!] \ [Auchso.] / [Happynewyear.] \ [Dito.] /<br />

[Ciao.] \ [Atschue.]<br />

Samthose & Audra-Deck.<br />

B-lauschtes Lärmchen. ------<br />

Streckbankexanthropisch.<br />

… … …<br />

Brokkoli & Eisberch (da fällt: Salat!)<br />

inn Einkaufskorb & kantaper kantaper inne<br />

Mietimmobilie: Ablenkungsmanöver: Schau-<br />

Movement: \ Fleischbacke Stoiber sacht: Mia<br />

müssn den Kindern mehr Deutsch lernen. | Klock;<br />

wegdamit! --- Noon progressiven Mindspheres<br />

verpflichtet. \ Lo voy a consultar con la almohada.<br />

Schneller als erwartet erteilt es mir jenen:<br />

CHHRRR ........<br />

Kassel? --- Kassel?? \ Kasseler Literaturspaziergang?!<br />

Die Gurgel abjewürcht.: starrsinnig, sturköpfig,<br />

engstirnig & auf ein psychotoxisches, fehlgeleitetes,<br />

1


2<br />

somasucker: alone in the room markus berger<br />

MISSinterpretiertes similia similibus bedacht --- /<br />

---<br />

Jenes Detriment ergibts! & Nemesis weinet<br />

bitterlich; bittet weinerlich. ---- / /<br />

<br />

||<br />

[[Then **that grrl** collapsed<br />

on top of him, a mountain of slack flesh, and he<br />

couldn’t breathe at all. A queer predestinate sense of<br />

failure filled his mind even before he got the handset<br />

to his ear and heard the nothing. Cut to the outside<br />

reverse, showing us an irregular bead of solder where<br />

the door has been sealed shut stupid, sure -------<br />

- not a bit literary -------- but you could do thing,<br />

with it.]]<br />

||<br />

Kleist für Einsame<br />

Als still und kalt, mit sieben Todeswunden, |<br />

der Herr in seinem Grabe lag, | jedoch der<br />

weichen Ruhe überdrüssig | und wie der Sohn<br />

der duftgen Erde / nur sank, damit er stärker werde |<br />

Machtlos schlägt sein Ruf an jedes Ohr |<br />

Der Herr, als er auf Erden noch einherging | gab<br />

für den Hunger nicht, um Brot zu backen | --------<br />

Hat sich die Erde ganz verändert | Da ists kurzweilig<br />

nicht mehr, wie vordem |<br />

Der Herr | hervor aus der Erschlagnen Knochen stiert |<br />

Rings sieht das Auge nichts, als Not und Jammer |<br />

Schwillt ihm die Träne, was, | da jüngst des Himmels<br />

Zorn uns niederschlug |<br />

Greift | schauerlich ins Rad des Weltgeschickes |<br />

Götter, was weint er? |<br />

----- O ihr Götter! | Errettung von dem Tod!<br />

Montage aus Stücken Heinrich von Kleists<br />

Nach semierquickendem Sekundenschlaf<br />

rabiat von der quälenden innren Stimme<br />

aufgescheucht. \ Draufgegaggat: kaum gedacht,<br />

klingelts Telefon. Mein serviler Freund;<br />

wennmansowill, mag unbedingtn Dadaistiker<br />

werdn; --- oder besser: n dadaistoider Literat. |<br />

[Hör mein neuestes Poem!] \ [Muss das sein?] /<br />

[Och: bitte!!] \ [Also schön ...] /<br />

[‹po insistiert rolle fuck zugeschlagen<br />

fuck rolle bums klafft po<br />

hohl insistiert klafft zugeschlagen bums<br />

fuck rolle hohl klafft zugeschlagen<br />

rolle po hohl klafft fuck<br />

klafft rolle po hohl zugeschlagen›<br />

---- un? Begreifste die Message??] \<br />

[Hm ...] / [Ich dachte, du ...] \<br />

[Jaja ... is klar ... toll.] (Drückdieauflegtaste). Fin. //<br />

Ne Ziggi gerollt, inhale!, Teerinsufflation; ok. -<br />

-- N uralter, weißnichwieoft benutzter T-Beutel<br />

als Kaffeesubstitut; pervertiertes Koffeinsurrogat.<br />

Wacherwerchnech. Trotzdem amüsant.<br />

8.<br />

Die Hellebarde bereit!! --- Aufm Weg zum<br />

Brötchenholn das Obstakel der Woche: An der<br />

Gebäcktheke ranzt mich die virile & 4schrötige _-<br />

Kaufmännin an: [WIE VIELE??] \ [Öhh ... 6 & für<br />

den Fall KOMMA dass ...] ------- Cordiali saluti,<br />

nurnethudle!! / Alles apokryphe Makulatur. ||<br />

Then: fast forward: N dreckiger,<br />

apprehensiver Fascho klafft in Tarnjacke und<br />

fetten Knobelbechern | son spitzkegeliger Kahlkopf<br />

(Calvus schwachmatikus; ((nich: Psilocybe<br />

semilanceata!))) | aus der Porta Tante Emma. \ Dem<br />

Fenndiver schäumt die Thymusdrüse. \ Uuääh! –<br />

Watne gesammelte Darmschmiere im Kopf; ekliger<br />

Gesichts-Ileus, das. //


somasucker: alone in the room markus berger<br />

Ruf vernehmlich [Wixgefimmel!<br />

Naziarschloch!!], musste einfach seyn, nehm<br />

precipitando die Stelzen inne Griffel und geb<br />

Gummi; der narbig geschorne Oimel hinnerher. /<br />

Gotthilf ---- & nich solamente: den Fischers, bitte. \<br />

Durch offnes Künstlerleder: nen nassen linken Fuß;<br />

die Socke knüstert. Copalejakulationen imaginär<br />

ins eigene Austlitz gepfeffert; | hilft aber wenig ...<br />

derzeit.<br />

Ch stolpre, streck den dickgewordnen<br />

Korpus flach aufn Straßenbelag, er kricht mich zu<br />

fassn und rückt mir die Nase zurecht. \ So spar ich<br />

mir wenigstens den Chirurgen; thanx alot. | Nu<br />

sitzt alles, wie ichs mir wünschte. Wenn auch die<br />

vakanten Erythrozyten ä weng an Chingachgooks<br />

Kriegsbemalung erinnern; ---- abwaschbar!<br />

„Danke, du zum sohlig‘ Trippeln einzusetzende<br />

Christopherusplakette. --- Die du a priori & a<br />

posteriori metallne Eskorte auf allen Wegn bist.“<br />

Guten52-44! Amen.<br />

************* *************<br />

Arrivée in der Befreiung; n Gatter voller<br />

Engelstrompeten; & ovejaovejaoveja. --- A<br />

narcoleptic attack. ----- \<br />

¿ ¿ ¿<br />

la ozonschicht: mirakulös ausblicken / der<br />

schafhüter jault azurner; gräßliche exdimensionen<br />

schrecksplosionen hätten heuhaufen genossen;<br />

überaus: die trance; das MUSS lebenswandel; \<br />

stasis grellkreischendrot bis die draußen mit blick<br />

tagein ausgeflattert \<br />

verwandelt aspiriert vehement<br />

prophylaktisch / zunächst opilionis: pneumatische<br />

würfel isotonisch opulente \ standen über seinem<br />

sheep-consommé // knochenbeißer<br />

¡ ¡ ¡<br />

Jean Paul steigt mir aus der Hypophyse: »Der Abend<br />

unterband mit einer weichen Binde den Morgen des<br />

Schmerzes – der Mohnsaft von 60 Tropfen Freude<br />

wurde jede Stunde eingenommen, und die Arzenei<br />

betäubte und berauschte sanft« \ Datura suaveolens‘<br />

Duft & || **ich: Tristram Shandy** || Alkaloidae<br />

solanaceae lullen mich in stoporöseres Elysium. /<br />

Ach Götterspeise (Theobroma!) --- komm aktivier<br />

Anandamid!!<br />

Zuletzt gerät jene paranormale<br />

Modellhypnosis ausn entheogenen Fugen; Mein<br />

Endohuasca evoziert vergangenes, verschüttetes<br />

Clandestinewissen:<br />

(((MDP-2-P ... Ausgangsmaterial ...<br />

Herstellung ... MDA, MDMA, MDEA, MDOH.<br />

/ MDP-2-P ... bedarf ... Safrol ... AUS! ... diversen<br />

Pflanzen ... extrahiert ... Sassafras-Öl, Muskatnuss<br />

… / the safrole is then easily isomerized into<br />

isosafrole when heated with xxx and xxx. The<br />

isosafrole is then oxidized into MDP-2-P …<br />

synthesis of MDP-2-P from isosafrole will require<br />

the use of a vacuum pump to evaporate the solvent<br />

from the final product in …))) ----- um Gottes<br />

willen; nix wie weg hier!<br />

9.<br />

Vom Seelenweltraum übers Chemielabor<br />

inne örtliche Polizeiwache; petzen. \ Zellnfülln ... |<br />

Einsperrn. | & nichich: wann moor teim. / Take me<br />

as you never could.<br />

----------------<br />

G-macht!!!! \ Moi: vollständig moribund ... /<br />

Vorm Fenster: konsumtive Gesprächsfetzen &<br />

plumpes Daseinsgemoser: ~ ~ ~ ~


somasucker: alone in the room markus berger<br />

Bitte schau doch mal, ob du ... du hattest mir<br />

einen ... zur Erinnerung, was alles super wäre ... ok<br />

- guck ich mal an ... schön: wie immer: mit dir zu<br />

sprechen / ach: du liebes Lieschen! / sure, I have<br />

listed it below ... how marvelous, that it all worked<br />

out so beautifully ... beseitigte Traumkraft ... mein<br />

lieber Freund ... | ... hola, propuesta de portada ...<br />

der Letzte auf der derzeitigen Liste … perfecto ...<br />

otherwise, everything looks good ... yup, just up<br />

late working. It is about 1:30 am at the moment<br />

… thanks for the note ... | ... wider einmal, bitte<br />

entschuldigen mein schreckliches «Scheißdeutsch»<br />

... ja, voraus dieser Leckerbiss, das Hauptgericht<br />

ist auf dem Weg zu dir ... war schön: letztens mit<br />

dir so anregend zu plaudern ... Quellen der Freude,<br />

Nahrung für unseren Geist, sicherer Wegweiser für<br />

die Menschen, die das Leben und das Licht lieben<br />

... für vertrauenvolle Reisen zu unsern inneren<br />

und anderen Welten ... ich würde die wirklich<br />

gern mit bei haben ... heute Morgen schrieb ich<br />

jemandem den Satz «Das Leben ist schön» ... in der<br />

Anlage meine Stimme ... ((„hmm ... hätt ich auch<br />

nicht wirklich besser ausdrücken können -- bloot<br />

wortreicher.“)) | ... the primary focus will be on<br />

contemporary art ... hoffentlich landen sie an der<br />

richtigen Stelle!! ... das kommt davon, wenn man<br />

nach dem Aussehen urteilt - das kenn ich auch<br />

schon. Aber egal ... äh, mein Hirn macht grad<br />

Pause … unser Hof! | … I will arrive in Berlin on<br />

the 20th at 15:30 … thanks much! I would like to<br />

try to come ... hmm, keinem … we finally worked<br />

something out ... das ist auf der selben Straße, nur<br />

eben mit der Tram circa 20 Minuten fahren oder<br />

mit dem Taxi die selbe Zeit (allerdings dürfte es<br />

eher schneller gehen, am Sonnabend ist nicht so viel<br />

los auf den Straßen dort) ... alas, my wife is staying<br />

at home ... na, dann hau mal in die Taschten ... &<br />

let me know, thanks. | ... warum immer erst, wenns<br />

Kind schon im Brunnen ist?! Allright -- there will<br />

be every possibility to satisfy your needs. | ... nein,<br />

und genau das wird für mich langsam auch zu ner<br />

Belastung ... I‘m sorry for the confusion ... so, jetzt<br />

ist endlich alles in Ordnung..........juhuuuuuuu!<br />

Well, I gotta run … it is generally pretty bad & it’s<br />

a fun piece.<br />

~ ~ ~ ~ //<br />

Acte final, s wiad dumpa: Prãna einatmen,<br />

krachlederne Gedanken aus ... schnober gerupfte<br />

Stoppeln: ’’’’’’’’’’’<br />

--- setz mir die Mütze schief & ...


ein hamster schlägt gegen die wand katharina bendixen<br />

Ein Hamster schlägt gegen die Wand. Eine Frau<br />

verlässt eine Wohnung. Was ist passiert. Eine Tür<br />

schlägt ins Schloss. Eine Balkontür steht offen. Was<br />

ist passiert. Ein Hamster war namenlos, ein Kind<br />

hatte keinen Einfall. Eine Frau hat eine Tür ins<br />

Schloss fallen lassen, eine Frau hat eine Wohnung<br />

verlassen, eine Frau hat einen Balkon verlassen, ein<br />

Hamster hat die Welt verlassen, was ist passiert, was<br />

ist passiert.<br />

Hamster leben durchschnittlich zwei bis vier<br />

Jahre. Sei nicht traurig, wenn dein Hamster schon<br />

nach zwei Jahren stirbt. Das heißt nicht, dass du<br />

ihn nicht gut gepflegt hast. Vielleicht kaufen dir<br />

deine Eltern einen neuen Hamster. Wildlebende<br />

Hamster verbringen einen großen Teil ihrer Zeit<br />

damit, ihr Futter zu suchen, zu sammeln und zu<br />

erarbeiten. Versteck das Trockenfutter deshalb in<br />

Heubergen, in Eierkartons und Pappröhren. Beliebt<br />

sind auch Futterspieße und kleine Graswiesen. Das<br />

Buddeln und Scharren gehört zu den natürlichen<br />

Beschäftigungen des Hamsters, sie behalten das<br />

auch in Gefangenschaft bei. Gib deshalb deinem<br />

Hamster immer wieder die Möglichkeit, in dicker<br />

Einstreu zu buddeln. Auch namenlose Hamster<br />

können bis zu vier Jahren leben. Deiner ist schon<br />

eher gestorben. Sei nicht traurig. Du hast nichts<br />

falsch gemacht: du hast dich immer um dicke<br />

Einstreu und Eierkartons gekümmert. Gebuddelt<br />

und gescharrt hat dein Hamster regelmäßig.<br />

Eine Balkontür steht offen. Ein Balkon hat die<br />

letzten Blumenkästen des Hauses. Der Winter<br />

steht vor der Tür, das sagt man so. Die Frau steht<br />

kurz daneben, läuft dann aber weiter. Der Winter<br />

wird bald den Balkon betreten, die Frau vielleicht<br />

nie wieder. Ein nach innen gelassener Balkon mit<br />

geschlossenen Wänden, ein Balkon, in den niemand<br />

einsehen kann. Ein Balkon mit vier Plastikstühlen<br />

und einem Plastiktisch, den letzten Plastikmöbeln<br />

des Hauses, denn der Winter steht vor der Tür,<br />

das sagt man so, man sagt das und bringt dann<br />

die Plastikmöbel in den Keller, legt über sie eine<br />

Plastikplane und wartet, bis der Sommer vor<br />

der Tür steht oder zumindest der Frühling. Eine<br />

Balkontür steht offen, ein Mann steht auf dem<br />

Balkon, ein Kind steht auf dem Balkon: das Kind<br />

weint, der Mann hält eine Plastiktüte in der Hand.<br />

Es ist ein wenig eng auf dem Balkon, wenn der<br />

Mann und das Kind zu zweit dort stehen und nicht<br />

in den Plastikmöbeln sitzen. Aber für das Sitzen ist<br />

nicht die passende Gelegenheit. Weil der Winter<br />

vor der Tür steht und neben ihm die Nacht, ist es<br />

kühl und fast dunkel auf dem Balkon. Das Kind<br />

wimmert ein wenig, der Mann schweigt und schaut<br />

mit einem geraden Mund auf die Plastiktüte. Er<br />

kann die Plastiktüte jetzt nicht auf die Plastikmöbel<br />

legen. Stattdessen schaut der Mann durch die offene<br />

Balkontür auf die geschlossene Wohnungstür, durch<br />

die die Frau gerade gegangen ist. Hilflos hält der<br />

Mann die Plastiktüte in der Hand und schlägt mit<br />

ihr nervös gegen sein Bein, bis er sich besinnt und<br />

das Schlenkern anhält und seine Hand in die Tüte<br />

verkrampft. Das Kind möchte wissen, was mit dem<br />

Hamster passieren wird. Jetzt ist er tot, erklärt der<br />

Mann. Noch einmal wimmert das Kind besonders<br />

hingebungsvoll.<br />

Auf dem Balkon tritt das Kind hin und her, weil<br />

es nun sehr friert. Die Frau hat ihm die Hand<br />

gehalten, aber dann hat sie den Balkon verlassen,<br />

die Wohnung verlassen, die Tür ins Schloss fallen<br />

lassen. Ein Kind hat eine Hand, die nicht gehalten<br />

wird. Dabei ist der Hamster gerade erst gestorben.<br />

Da müsste dem Kind eigentlich die Hand gehalten<br />

werden. Der Mann aber hält schon die Plastiktüte.<br />

Mir ist schlecht, sagt das Kind. Das bildest du dir<br />

nur ein, sagt der Mann. Das Kind hält sich an der<br />

Lehne eines Plastikstuhls fest. Vielleicht ist es weiß<br />

im Gesicht; um das zu sehen, ist es zu dunkel. Was<br />

machen wir jetzt, fragt der Mann oder das Kind.<br />

Das Kind oder der Mann antworten nicht. Die Frau<br />

läuft schon längst um eine andere, weit entfernte<br />

Häuserecke. Eine Schwester hat die Frau, zu der


ein hamster schlägt gegen die wand katharina bendixen<br />

sie gehen kann, nachdem sie den Balkon und die<br />

Wohnung verlassen hat. Eine Schwester hat die<br />

Frau, zu der sie immer wieder gehen kann, nach<br />

Hamstertoden, nach anderen Toden.<br />

Hier hast du eine Nähanleitung für einen<br />

Plüschhamster: den Grundschnitt für einen<br />

einfarbigen Mittelhamster. Mit dem Plüschhamster<br />

kannst du immer kuscheln. Mit seinen<br />

Filzpfötchen und den Sicherheitsknopfaugen<br />

sieht er wunderschön aus. Schneide die<br />

Hamsterbestandteile ganz sorgfältig aus, wie du es<br />

im Handarbeitsunterricht gelernt hast. Dort hast du<br />

doch immer so schön aufgepasst. Weine nicht mehr,<br />

sonst siehst du die Markierungen zum Ausschneiden<br />

nicht richtig. Die Nase musst du sticken. Lass dir<br />

von jemandem helfen, wenn ihr das Sticken noch<br />

nicht durchgenommen habt. Es hat sich übrigens<br />

bewährt, die Ohren erst anzunähen, wenn der<br />

Plüschhamster schon ausgestopft ist.<br />

Eine Frau hat gesagt: einen Hamster braucht das<br />

Kind nicht, einen Hamster möchte ich nicht,<br />

ein Hamster macht Dreck und kostet Geld, ein<br />

Hamster stirbt irgendwann, ein toter Hamster<br />

wird das Kind untröstlich machen. Ein Mann hat<br />

nicht hören wollen und einen Hamster gekauft,<br />

zunächst ohne Käfig. Ein Hamster war namenlos.<br />

Ein Kind hatte keinen Einfall. Ein Hamster rannte<br />

sich eine Nacht in der zugedeckten Duschkabine die<br />

Füße heiß. Ein Mann hat nicht hören wollen, und<br />

nun hat ein Mann die Rechnung dafür, das sagt<br />

man so. Die Rechnung hält er in der Hand. Das<br />

Kind wimmert mit dem Blick auf die Plastiktüte.<br />

Ein Hamster verliert seine Aktivität, ein Hamster<br />

hat Backentaschenprobleme, ein Hamster hat<br />

ein verletztes Auge. Was wird passieren. Eine<br />

Augenverletzung wächst, vereitert, verschorft. Ein<br />

Kind verliert seine Aktivität.<br />

Sei nicht traurig, wenn dein Hamster schon nach<br />

zwei Jahren stirbt. Das heißt nicht, dass du ihn<br />

nicht gut gepflegt hast. Ein Käfig ist leer, ein Mann<br />

hält eine Plastiktüte in der Hand. Was ist passiert.<br />

Ein Hamster ist krank, ein Mann hat kein Geld.<br />

Was ist passiert. Ein Hamster schlägt gegen die<br />

Wand, eine Frau verlässt eine Wohnung, was ist<br />

passiert, was ist passiert.<br />

Ein eingelassener Balkon, ein Käfig mit einem<br />

kranken Hamster, eine Plastiktüte, ein Mann, eine<br />

Frau, ein Kind. Der Winter steht vor der Tür. Die<br />

Blumenkästen, die Plastikmöbel, die dunkle Erde<br />

der Blumenkästen, kein Platz für ein Hamstergrab,<br />

kein Hamstergrab auf dem Balkon. Eine zitternde<br />

Frau, ein kaltblütiger Mann, ein wimmerndes<br />

Kind. Eine Frau mit den Worten: hab ich es doch<br />

gleich gesagt. Ein Mann mit den Worten: aber er<br />

hat doch fast zwei Jahre gelebt. Ein Kind mit den<br />

Worten: zweiundzwanzig Monate und siebzehn<br />

Tage. Ein Mann mit einer Plastiktüte in der Hand.<br />

Eine andere Hand, die einen Käfig öffnet. Ein<br />

wimmerndes Kind. Ein zappelnder Hamster. Eine<br />

zitternde Frau. Zittern, Wimmern, kaltes Blut.<br />

Eine Frau nimmt die Hand eines Kindes. Ein lautes<br />

Wimmern. Eine Frau mit den Worten: das bringst<br />

du nicht übers Herz. Kühl ist es und dunkel. Der<br />

Winter und die Nacht stehen vor der Tür, das<br />

sagt man so. Eine Frau mit den Worten: Wenn<br />

du das übers Herz bringst, bringst du noch viel<br />

schlimmere Sachen übers Herz. Morgen kommen<br />

die Plastikmöbel und die Blumenkästen in den<br />

Keller, zugedeckt mit einer Plastikplane. Eine Frau<br />

mit den Worten: Wenn du das übers Herz bringst,<br />

bin ich weg. Dieses Jahr gibt es keine Sonne mehr.<br />

Zittern und Wimmern. Eine Frau schreit auf. Was<br />

ist passiert, was ist passiert.<br />

Du hast nichts falsch gemacht: du hast dich immer<br />

um dicke Einstreu und Eierkartons gekümmert.<br />

Vielleicht kaufen deine Eltern dir einen neuen<br />

Hamster. Nun darfst du die ganze Nacht aufbleiben<br />

und weinen. Du musst morgen nicht in die Schule<br />

gehen. Im Handarbeitsunterricht hast du immer<br />

so schön gelernt. Hier hast du eine Nähanleitung<br />

für eine Plüschmutter. Eine neue Mutter zu nähen,<br />

dauert allerdings etwas länger als ein Hamster.


friz + frizi verfolgungsjagd crauss<br />

kennwort: (auf die frage, wo frizi m. ihre liebhaber empfängt)<br />

in einer panischen erzählhaltung beginnt was eine<br />

brieffreundschaft gewesen sein soll: stell dir vor du<br />

korrespondierst mit einem über die jahre hinweg<br />

ohne ihn zu gesicht zu bekommen zu fassen zu<br />

kriegen man versucht ihm doch gestalt anzubiegen<br />

über die jahre hinweg ich meine versucht man das<br />

nicht? die mimosen im zimmer sitzen da und rollen<br />

die kugeln und machen sauere gesichter wenn der<br />

postbote läutet: wie stellst du dir das eigentlich vor<br />

du weisst wohl nicht dass hast du uns einmal wir<br />

haben eine nase für sowas und rollen die kugeln und<br />

wieder son brief und wieder kein bild bei versucht<br />

man doch demjenigen eine gestalt ich meine man<br />

braucht ein gesicht um zu schreiben ich kann<br />

keinen brief schreiben an einen ohne gesicht herr<br />

inspektor. und ja ich hab das schon auch immer<br />

denken müssen an einen film denken spione im<br />

haus spione im treppenhaus auf jeder etage man<br />

sieht nicht wer wirklich dahinter nur die concierge<br />

hat so eine ahnung ich nenne ihn frizi weil ich doch<br />

selber sie wissen ich schreibe mir selber das kommt<br />

von friz ich stell mir agenten im hauseingang vor<br />

die fingern im postkasten öffnen die fanpost unter<br />

ihrem heissen atem von liebhaber kann man nicht<br />

sprechen ab und zu eben besuch das ist dann ein<br />

osten in sepia ein ostberlinisches wien wir haben ein<br />

polaroides geheimnis mein liebhaber empfängt mich<br />

ich habe da weiss keiner von eine photographische<br />

wohnung die ist wie ein spiegel da mach ich mich<br />

nackt dann findet der winterspion nur mich und<br />

sonst nichts wir stürzen den wein wir jagen die<br />

treppen hinunter und in dem drahtkorb zum boden<br />

hinauf wir tänzeln über die balken dann hat er<br />

mich und ich kreische ich bin dann enttarnt aber<br />

lang nicht entwaffnet er hat nicht gerechnet denn<br />

in wirklichkeit bin ich ein sailor girl tahiti cherie<br />

ein faden fantom fan der sich teilen kann und<br />

lasse mich fallen in ein bild hinein da bin ich eine<br />

linie ein reim ein whatever das ihm schrammen<br />

über den hals kratzt die augäpfel aufschneidet um<br />

ans gehäuse zu kommen dramatisches knopfgriffakkordeon<br />

und dann wird das wabern der simsalaorgel<br />

endlich musik ein unglaubliches pauken<br />

ein auswendiglernen über duffle-karierten heften<br />

ein mitunterskopfkissennehmen der briefe man<br />

muss sich mal vorstellen man korrespondiert mit<br />

einem der kein gesicht hat wie sehen die schreiben<br />

dann aus das können nur schmutzbriefe sein keine<br />

freundschaft oder erst recht? ich bin tahiti cherie<br />

ein seidener faden ein schwung durchs gebälk ein<br />

vierkant der fällt formalin.


aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />

1 – ballad of a trend-scout<br />

1<br />

darum geht es, nichtwahr, anschluss<br />

finden, das wort zischt, schmeckt<br />

wie auf diesen gelagen der wein, also anschluss<br />

also der leib das territorium die sehn<br />

sucht rape me my friend also so zwischen blick<br />

und welt und da geht es drum an die diskurse sich<br />

anzuschließen die sounds und die modeklitzekleinigkeiten<br />

damit man was mitkriegt nicht<br />

starr<br />

wird im schädel nicht altert potenz<br />

*<br />

wäre auch so n wort also<br />

anschluss der körper als ein surrogat<br />

für ein sudetenland oder so eine ostmark für den<br />

war dog im hinterkopf dieser traumfigur also<br />

an die wand projiziert vorgestern nacht<br />

da lagen wir<br />

in einem ganz anderen krieg die fronten<br />

zu begradigen einander näherzubringen also<br />

dieses ganze vokabular der vereinzelung<br />

und so einsam sind wir denn doch nicht stehen alle<br />

jeder für sich an einem der fenster<br />

und schauen runter oder<br />

*<br />

gehen rauf aufs dach so<br />

treppenhaus fünfzehnstöckig flachdach tiefliegende<br />

wolken<br />

wer warst du damals nochmal wer war ich also<br />

schaust runter zigarette barbourjacket sonnenbrille<br />

hast einen überblick<br />

und sagst das auch überblickst und fügst aber hinzu<br />

selbst das hier pose<br />

überblickst das zeug jenseits des bahnhofs<br />

also altmöbellager und puff und arbeitsamt gleich<br />

schräg<br />

gegenüber der kreuzung mit dem arbeitsstrich wo<br />

die illegalen rumstehen<br />

so eine scheisse kann man nicht erfinden und selbst<br />

aber<br />

die erwähnung von sowas pose und ziehst an der<br />

zigarette und diesseits<br />

des bahnhofs die strassenbahnlinie 7 und die<br />

kaufmännischen angestellten<br />

aufm heimweg und paar slacker stromern stadtwärts<br />

zeigst auch<br />

auf gebäudeschatten wo plätze waren baumgevierte<br />

baugruben jetzt lärm wenn wir weiter unten<br />

stünden<br />

der blick fürs ganze und die betroffenheit will sagen<br />

dass der baulärm meine stimme übertönt das ist<br />

betroffenheit im wortsinn<br />

der blick fürs ganze also und die betroffenheit nicht<br />

vereinbar<br />

deshalb auch die halblinken fuzzis sagst du<br />

und das ist jetzt wieder pose<br />

das seh ich sogar ohne dass du es dazusagst<br />

die halblinken fuzzis die von betroffenheit reden<br />

dann fährt einem nämlich nicht das weltbild übern<br />

lebensentwurf mit<br />

baustellenlärm und klingeln in den ohren also<br />

*<br />

treppenhaus runter und die strasse und<br />

barbourjacket zu weil wind und<br />

so einsam sind wir nicht breitet sich<br />

erinnerst dich des flachdachs breitet sich aus ein<br />

netz von erinnerungen sagst du tatsächlich ein netz<br />

dazu<br />

und das ist nicht pose das ist unbeholfenheit falsche<br />

vokabel


aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />

1 – ballad of a trend-scout<br />

die sonnenbrillennase ragt über die dinge übers netz<br />

der erinnerungen an die dinge die da rumstanden<br />

wenn du von oben draufgeschaut hast dann auch<br />

im leeren treppenschacht durchs fenster<br />

flüchtig jetzt<br />

betroffen von einem erinnerungsnetz<br />

wie gesagt hier die falsche vokabel<br />

wäre wünschenswert zu wissen was hier an dieser<br />

stelle mal stand was sich<br />

verändert hat und aber was nicht<br />

sagen zu können in welchen bezirken<br />

der mietpreis steigt sinkt stagniert<br />

und in verbindung mit ner zweiten statistik<br />

das wäre die mit den investitionskosten pro block<br />

pro strassenzug<br />

ergäbe das dann auch n bild mit dem sich was<br />

anfangen liesse<br />

*<br />

wüsste einer zum beispiel wieder pose wüsste einer ein<br />

fremder in der stadt<br />

sakko fadenscheinig ledertaschenriemen um die<br />

schulter<br />

bahnhofstor eben geschlossen hinter ihm<br />

blick stadteinwärts strassenbahnlinie 7<br />

wüsste mit solchen statistiken auf einem klemmbrett<br />

und der hilfe<br />

eines markers gelb marke stabilo-pen wüsste also<br />

wohin um anschluss<br />

an die diskurse die relevant sind und/oder<br />

die körper die relevant sind und/oder<br />

die im gegensatz dazu erfolge verheissen<br />

glück im spiel pech in der liebe zur eigenen<br />

geschichte<br />

pech im gedächtnis<br />

glück voraus blick<br />

auf die strassenbahnlinie 7<br />

markiert er dann sitzend die viertel wo die<br />

wohnungsmieten<br />

billig und die ladenlokalpachten astronomisch hoch<br />

sind<br />

dann die gegenden wo bis vor kurzem<br />

wenig bis nix investiert wurde aber dann<br />

plötzlich ja überraschend<br />

ein bau-boom ein sanierungs-boom begann so<br />

wäre der ort charakterisiert an den er hinwill<br />

steigt ein in die strassenbahn<br />

fährt verstaut das klemmbrett<br />

blinzelt knapp über die köpfe der kaufmännischen<br />

angestellten<br />

steigt aus da ist er hier<br />

nicht anderswo hier<br />

und jetzt und das aber<br />

gehört dazu jetzt und<br />

*<br />

hier reisst an dem riemen der die tasche hält und<br />

sucht den spot<br />

wo es abgeht wo was abgeht?<br />

das wieder pose was eben abgeht<br />

kommt ihm wer entgegen rundgesicht button kein<br />

gott<br />

kein staat kein mietvertrag man mustert sich an der<br />

mündung<br />

eines schmalen durchlasses neben der baustelle wo<br />

- erinnerung -<br />

ein geviert mit bäumen war bis anfang april man<br />

mustert sich<br />

sagt der fremde ich bin der trendscout was gibt es<br />

denn hier so<br />

für antiautoritäre projekte? sagt der andere haste mal<br />

n euro?<br />

und weist ihm die richtung


0<br />

aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />

1 – ballad of a trend-scout<br />

der trendscout geht langsam durch den durchlass<br />

er geht und pflegt die taktile empfindung das<br />

abdeckvliess die mauer der baucontainer zur rechten<br />

geht langsam fördert<br />

unbürokratisch und unaufdringlich<br />

was - und nichtmal pose - eben abgeht<br />

2<br />

und wie würdest du n roman daraus machen<br />

trendscout<br />

im ladenlokal des örtlichen sozialarbeiter/<br />

kunstlinke-hippnes-konglomerates<br />

beäugt diskussionsankündigungen ja da sind die<br />

diskurse nichtwahr<br />

und fotoausstellung und die konzertflyer<br />

und die origamikraniche auf konzertflyerbasis äugt<br />

und<br />

trinkt tee und nochmal erinnere dich des flachdaches<br />

beobachter wie<br />

würdest du n roman daraus machen na klar<br />

trendscout trifft sweet nineteen mager logisch<br />

vegane küche sein<br />

raubtierlächeln und aber seine kuhaugen wenn er<br />

nicht lächelt und sie die<br />

scharf und ernst und fragend schaut weil sie nichts<br />

weiss<br />

weisst du nichts kein geschichtsbewusstsein<br />

bassistin fotografin food-not-bombs und so<br />

trinkt auch tee nähert sich mager gutes gewissen<br />

fenchelgeruch die linke hand und<br />

erdbeergeruch die rechte und nähert sich nochmal<br />

und<br />

reagiert der trendscout liest den spin greift ihre hand<br />

sagt wenig an dieser stelle bin ich<br />

ihr verdammter nachhilfelehrer<br />

fragt er später rethorisch<br />

*<br />

trendscout und mädchen in der wg<br />

und nach dem aufwachen tag zwei<br />

fremder in der fremden stadt das wäre der roman<br />

vergiss nicht<br />

tag zwei morgens siebendreissig halb im traum noch<br />

schwer sein oberarm in ihrer linken hand<br />

gewissensbisse also<br />

sich erinnern<br />

statistiken zu lesen wissen<br />

nahe sein den dingen die abgehen schmerzt ihn was<br />

schmerzt ihn was<br />

schmerzt ihn was<br />

findet er teebeutel in der küche<br />

*<br />

auf seinem leib etwas ähnliches wie schweiss<br />

sein brustkorb rasselt dann schon wieder<br />

abend küchentisch schmales fenster schwärmt<br />

vor ihren freunden davon rum nicht mehr<br />

zu sein was er gewesen sei<br />

vergammelt nachhaltig im folgenden<br />

seine bauchdecke ihre fingernägel sie<br />

hat ihm nicht zugehört besser so<br />

dann folgen roman wie gesagt das wäre der roman<br />

erwartbare verwicklungen trendscout<br />

trifft alten kollegen trendscout<br />

im loyalitätenkonflikt nebsamt close-up<br />

körnig mit siebziger-sound und in der totale auch<br />

szenen an den grenzen von bezirken<br />

wo der mietzins sich verschiebt ja schließlich aber<br />

happy-end:<br />

trendscout und kleine bassistin im auto<br />

richtung adria oder kasachstan<br />

ausm radio rio reiser<br />

oder patti smith


aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />

1 – ballad of a trend-scout<br />

das wäre der roman schätzchen erinnere dich wind auf<br />

dem flachdach barbourjacket auf<br />

***<br />

ballade mit gender morphing<br />

1<br />

weisst du gedächtnis<br />

praktisch gelöscht für einzwei monate<br />

so ein mädchen sein<br />

achtzehn neunzehn zwanzig höre ich einundzwanzig<br />

und wie da die willensanstrengungen<br />

durchs fleisch scheinen würden typus plasmabildschirm-körperpastellannäherung<br />

an neonfarben weisst du<br />

gedächtnis praktisch gelöscht<br />

höre ich einundzwanzig<br />

so ein mädchen sein<br />

so für paar monate<br />

luzide haut pastell / neon / taglines<br />

so eine lebende skulptur so ein<br />

bildschirm aus fleisch weisst du unterernährt<br />

weisst du klar<br />

im kopf und hungrig tausend<br />

fronten tausend<br />

schichten krieg:<br />

schicht eins traumtagebuch<br />

schicht zwei was beim erwachen hochkeucht dann<br />

schicht drei was spricht mit den anderen<br />

tauscht taglines und posen vergebungen<br />

schicht vier was das für spuren hinterlässt das<br />

alles in der gesichtshaut<br />

durchscheinend sage ich für einzwei monate<br />

so jemand sein so<br />

gedächtnis praktisch gelöscht<br />

*<br />

und alles bloß willensanstrengungen keines<br />

wegs zufällig sowas<br />

und weisst du nicht mehr diese eine die noch<br />

zur schule gegangen war<br />

1


2<br />

aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />

1 – ballad of a trend-scout<br />

auch ihre kumpels so hart<br />

waren wir nicht drauf der<br />

krieg an mehr fronten als damals<br />

noch weniger sichtbar und aber<br />

noch deutlicher pastellannäherung<br />

an neonfarben oder<br />

was das alles im fleisch hinterlässt<br />

taglines striemen so irreversible spuren<br />

in so luzidem fleisch buchstabiere krieg<br />

gegen die abstammung<br />

gegen das unteilbare krieg<br />

an mehr fronten als früher<br />

so eine sein für einzwei monate genosse<br />

und was daraus zu lernen wäre<br />

*<br />

so eine wandelnde skulptur luzide<br />

klar im kopf unterernährt dünne<br />

klare stimme freundliche unverbindliche<br />

artikulation gegen fremde aber beinahe<br />

gar nichts unter freuden vertrauten körpern da<br />

bloß das rezitativ die gestik mit der schmalen hand<br />

die sanfte berührung oder bis<br />

blut kommt mit der rasierklinge in den unterarm<br />

den eigenen glatten<br />

den weniger glatten vertrauten den der nach<br />

draussen<br />

ausserhalb der stadt riecht nach<br />

wind zwischen laubbäumen nach<br />

wegen im himbeergestrüpp aber blut<br />

ist was anderes hinterlässt keine spuren<br />

in der welt vor der stadt bloß<br />

irreversibel der abdruck in gegenrichtung auf dem<br />

körperscreen<br />

dass krieg was virales wäre dass er sich<br />

fortpflanzte so von<br />

körper zu körper in der glätte<br />

auf der aussenhaut der nacht sich sammelte so<br />

neon und/oder gekicher<br />

das gäbe es zu lernen so<br />

unterernährt klar vegan und brauchte<br />

keine theorie lachte laut wenn einer käme<br />

was sagte von nebenwiderspruch von<br />

profitrate von gewerkschaftsbewegung der krieg<br />

ist zu groß und zu nah und scheint durch<br />

so stünde ich wäre ich so<br />

ein mädchen mal für einzwei monate<br />

klar im kopf zwanzig<br />

höre ich einundzwanzig stünde ich<br />

rum in nem eingang<br />

2<br />

so wartete ich gegens abendlicht grüßte freunde<br />

ginge dann rein würde tee machen<br />

würde den dj kennen der im büro an nem rechner<br />

säße<br />

hätte drei kisten tomaten und brot von der halde<br />

beim kaufhaus gebracht<br />

würde mich aufn sofa werfen da<br />

säße ein fremder<br />

wir redeten wir<br />

hätten später sex er<br />

wäre eigenartig trüge<br />

seinen job wie ein böses tier auf der schulter<br />

streifte ihn an und ab mit dem t-shirt<br />

wie wenn der plot zwischen uns bereits geschrieben<br />

wäre<br />

säße in der küche der typ ich wäre nicht verliebt<br />

bloß glücklich führe mit ihm auf urlaub<br />

weil ich nix besseres zu tun wüsste


aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />

1 – ballad of a trend-scout<br />

*<br />

dann kämen wir heim der kerl<br />

würde verschwinden nach anderswo mit<br />

kartenrollen und plasticksäcken in händen ich<br />

könnte vergessen so weisst du gedächtnis<br />

praktisch gelöscht und schon wieder<br />

nach einzwei monaten<br />

dann würde ich bilder produzieren sag nicht<br />

bilder sag bereich<br />

der bildenden kunst<br />

mit dem vergessenen kerl mit zuneigung hunger<br />

auf dem leib ich<br />

würde die teile ins netz stellen ich<br />

hätte keine ahnung von marketing ich<br />

würde beginnen mir beine und scham zu rasieren<br />

dann<br />

anderes studium und<br />

job oder so auch<br />

monatelang wie der krieg<br />

in den körpern um mich<br />

sitzen würde ich<br />

wäre dann neugierig wie das für die typen ist<br />

ich kaufte mir einen umschnalldildo<br />

ich würde versuchen ne gute freundin<br />

ins bett zu kriegen wir machten<br />

ne eigenartige erfahrung ich hätte ihr<br />

unterleibsschmerzen verursacht dann<br />

säßen wir wieder auf dem sofa ich<br />

würde wieder tee kochen und aber den dj<br />

nicht kennen zur abwechslung mal ich würde<br />

so manches und das manche<br />

wäre nur so lange spannend wie<br />

hinter den dingen die<br />

arbeit der körper wie<br />

hinter den körpern die<br />

arbeit des kriegs wie<br />

hinter dem krieg der<br />

mörderische waffenstillstand<br />

klar ersichtlich rumstünde und<br />

also mit anderen worten mein fleisch<br />

luzide und schimmernd und glatt wäre und<br />

also mit anderen worten solange wie<br />

hunger und sprachlosigkeit<br />

herrschten so<br />

für einzwei monate<br />

höre ich<br />

einundzwanzig?<br />

***


comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

evsc_26.04.07: remember the flight_ par avion_richtungs-<br />

wechsel: über den wolken, im ohr das dröhnen der motoren,<br />

ein mey-plakat erinnernd in einem der u-bahn-schächte,<br />

die augen fallen zu, nachwirkung, im weichen sitz, von<br />

boots and walking, das geräusch wird zur monotonie, in<br />

geschlossene augen und offene ohren mischt sich gitarren-<br />

musik, spanische, dramatischer flamenco-auftakt, warum<br />

nun? erinnernd, u-bahn-musik, zwischen hackbrett und<br />

gebläse, gitarre setzt sich durch im kopf, aber im flugzeug<br />

als theatralisches crescendo. aus dem lautsprecher die stim-<br />

me der stewardess, kaum verständlich in der letzten reihe,<br />

nur die monotonie, once again, der ansage wird deutlich.<br />

gitarren im kopf, zwischen wolken statt zentralalpenmas-<br />

siv darunter, monotone ansagestimme, keine stewardess,<br />

meine damen und herren, kein flugzeug, u-bahn wieder,<br />

oder auch s- , die neue strassenfeger-ausgabe – dazwischen<br />

haltestellen-info der computerstimme, weiter: ich … ohne<br />

festen wohnsitz… schon lange…<br />

ich auch derzeit, sitze fest im flugzeug, kurzer augenauf-<br />

schlag, auf dem schoss das bord-journal, das umweltver-<br />

träglichkeit der dash 3Q-3<strong>00</strong> versichert, gutes gewissen<br />

einbläut, hersteller bombardier, und in profit recycelt.<br />

augen wieder schwer, mono schon wieder, gitarren hängen<br />

verkehrt rum, ich habe einige artikel ausgewählt, die ich ih-<br />

nen präsentieren möchte, blicklosigkeit, irgendwas von g8<br />

war dabei, inhaltsangabe, haltestellenliste, die reihen vor<br />

mir bestellen cappuccino in pappbechern und mega spar-<br />

pakete zu 6,50 für wasser und gummibrot…<br />

kurzes wegknicken, mir fallen die augen zu, der gitarre<br />

reisst eine saite, mit dem kauf dieser ausgabe aber auch mit<br />

jeder spende unterstützen sie mich, meine damen und herren,<br />

ich bedanke mich für ihre aufmerksamkeit…<br />

meine damen und herren wir dürfen uns nun von ihnen<br />

verabschieden und bedanken uns, dass sie mit uns geflo-<br />

gen sind. wir hoffen, sie bald wieder an bord begrüßen zu<br />

dürfen, vielen dank und auf wiedersehen… kurzes hartes<br />

aufsetzen, rasen über die landebahn, die geschwindigkeit<br />

wird zurückgenommen, in diesem moment aber massiver<br />

spürbar als während des ganzen fluges (da zeitlupen-ein-<br />

druck), rasen, langsamer, zum andocken, raus dann in rei-<br />

he, einer nach dem anderen…<br />

langsam von platz zu platz – haben sie vielleicht interesse am<br />

neuen strassenfeger, sie vielleicht interesse, nein, interesse am..<br />

quietschendes halten, sofortiger stillstand, öffnen der tü-<br />

ren, auf wiedersehen, verschwunden zwischen den ein- und<br />

aussteigenden, der station und der strecke…<br />

rbk_02.05.07_<strong>00</strong>.02h_mayday mayday: hi evelyn, so ists<br />

mai & mayday schon wieder vorbei, planet dreht etwas zu<br />

flink weg gerade, & über den wolken geht nicht bei stern-<br />

klarer nacht, nachtflug, diese sehnsucht nach nachtflügen<br />

zuweilen. als wir in der morena bar sassen vereinbarten<br />

wir, getrennte blicke zu werfen auf den gerade vergangenen<br />

tag, oder wars im würgeengel dass wir davon sprachen – &<br />

erinnere ich richtig, dass du da einen campari cocktail<br />

hattest? der mai fing früh an dieses jahr, irgendwie tropfte<br />

die meldung am vorabend ausm radio dass chavez aus iwf<br />

& weltbank austreten wird, 1989 haben die vom iwf dik-<br />

tierten sparverordnungen zu massenprotesten in caracas<br />

geführt, der dagegen aufgebotene polizeieinsatz hat 3<strong>00</strong><br />

das leben gekostet, & die venezolanische freundin ist dann<br />

nach deutschland gekommen, fröstelnd, immer fröstelnd<br />

durch diese winter hier. letztes jahr noch trabten wir mit<br />

einer kleinstdelegation in venezolanischen farben auf der<br />

maidemo mit, etwas neben den baskischen separatisten,<br />

den italienischen anarchosyndikalisten, den kurdischen<br />

trotzkisten, den veganen lesbengruppen aus kreuzberg 61<br />

& schöneberg, das gesinge der italiener ziemlich lauthals<br />

dabei. nicht so gestern, von venezuela irgendwie keine rede<br />

dafür beklagte sich einer dass man skalitzer ecke wran-<br />

gel nicht auf den mcdonalds hinweise, der da seit jahren<br />

hingebaut werden soll neben der berufsschule in der ka-<br />

serne des dritten garderegiments zu fuss, ernährungsfra-<br />

gen. du musst wissen dass dieser erste mai in x-berg ein<br />

jahrestag war, 1987 ging eine bolle-filiale in flammen auf<br />

ecke wiener, da wo nun die neue moschee in den flachen<br />

himmel ragt, gegenüber von feuerwache und morena bar<br />

wo wir bei üppigen frühstücken sonnten, keinen schritt<br />

weiter tun wollten in dieser müdigkeit ein paar tage zuvor.<br />

zwanzigster jahrestag, & so viele wie diesmal waren lang<br />

nicht bei den verschiedenen zügen, kreuzberg hat da die<br />

13h-revolutionäremai-demonstration & die 16h-mayday


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

parade & die 19h-revolutionäremai-demonstration für alle<br />

die es dann derber ausklingen lassen, vielleicht. nachmit-<br />

tags also hübsch aufstellung genommen, neben g8-block<br />

& clown-brigade eine laienspieltruppe die mobilität am<br />

arbeitsplatz illustrierte, hetzten mit umgehängten laptops<br />

& fernsprechgeschirren & servierbrettern im abgesperrten<br />

karree & machten niedriglohn-zirkeltraining, indessen<br />

einer 1-euro-jobs für polizisten auf seinem transparent spa-<br />

zierentrug, spassfraktion, oder kleinkunst im widerstand.<br />

hinterm technowagen das partyvolk bei noch einer gele-<br />

genheit, den bauch wippen zu lassen, dekoriert wie bei der<br />

love parade 1990 vielleicht, more flower than power but<br />

be happy, nachmittagszug. der rest vom 13h-zug kreuzte,<br />

vertrautes gellen orientalischer irakirankriegsgegnerinnen,<br />

das pitch shiften der stimmen gegen du weisst schon, die<br />

imperialisten, schorsch dabbelju & die seinen. 7<strong>00</strong>0 hin,<br />

8<strong>00</strong> her, sonne drauf & anti-konflikt-team-beamte im<br />

neongelben leibchen regeln verkehr, sehen zu. pause, am<br />

landwehrkanal 1 trupp franzosen die blasmusik machen,<br />

die ersten platten der fanfare ciocarlia rauf und runter, paar<br />

serbensongs aus gucha dazu, stehen am ufer und spielen &<br />

tanzen, paar meter weiter dann myfest mit bands von tango<br />

bis reggae, von blues bis industrial, jede menge fressstand<br />

dazu, du erinnerst die kreuzung oranien-/adalbertstrasse,<br />

in der oranien den bierhimmel vor dem am ersten mai fa-<br />

lafel & erdbeerkuchen feilgeboten wird, sound schwappt,<br />

schwaden steigen, paarbildungsverhalten weil man hier-<br />

herkommt um einander zu zeigen wie das ist, nämlich<br />

lebendig, voll gut drauf diese stadt arm aber sexy, drüber<br />

der helikopter der die daten der überwacher bündelt &<br />

spiegelt, schwaden von daten. ein dinner, ägyptische küche<br />

am lausitzer platz & die gastfreundlichkeit erlaubt sowohl<br />

den dort aufmarschierten polizeikräften als auch den da<br />

durchziehenden demonstranten den besuch der toiletten<br />

des restaurants, das couscous habe ich im kommen&gehen<br />

der kombattanten zu den rest rooms gegessen. für den<br />

gender-diskurs hier vermerkt: dass sowohl die damen de-<br />

monstrantinnen auf dem herrenklo die freien schüsseln<br />

besetzten während die kerle in die urinale entleerten, als<br />

auch die kampfbeanzugte beamtin, vom kollegen gesi-<br />

chert, dort bei den herren der schlange bei den ladies ent-<br />

kam. allerliebst, zumal die tür zu den aborten offenstand,<br />

im regen verkehr. dann aber abendaufzug, letztes gefecht,<br />

sammeln, der 19h-zug geht etwas klarer zur sache, nennt<br />

gleichmal die nummern an die man handy-bilder von po-<br />

lizeiübergriffen als mms senden kann, auch eine nummer<br />

für verhaftungsmeldungen tippen sich die umstehenden<br />

in die displays, sodann werden bekleidungsmarken ziviler<br />

ermittler verkündet, immerhin sollen hinter denselben<br />

leute aufstellung nehmen mit schildern, seht her, dies ist<br />

ein verdeckter ermittler. auch holland-moritz neben mir<br />

bemerkt das andere tempo dann, sehr im gegensatz zum<br />

dümpeln & spasshaben des nachmittags gehts anders zur<br />

sache, flinkschritt, mit blick links&rechts um schnelles<br />

unterhaken zu checken, schwarzer block unter kapuzen<br />

wirft strenge blicke. hatte der nachmittag verheissen, dass<br />

ausser minimalmilitanz keine taktik ist, liess die spannung<br />

im block am abend sowas wie bereitschaft spüren, den din-<br />

gen andere richtung zu geben. war das übrigens nicht eine<br />

der offenen fragen unserer begegnung in berlin, nach dem<br />

militärhistorischen & -theoretischen hintergrund bei mir?<br />

aber zum frühstück hatte ich einen text, aus der Zeit feuil-<br />

leton, der nach solidarität als parole des ersten mai die fra-<br />

ge stellt, was davon übrig ist oder was an ihre stelle tritt,<br />

das netzwerk nämlich, das passt vielleicht zu einzwei din-<br />

gen von denen zwischen uns die rede ist: “das zwang- und<br />

ziellose geplauder ist der nerv des networkings. was nicht<br />

heisst, es wäre eine form des schicksalsvertrauens, ein glau-<br />

be an glückliche fügung. im gegenteil: anstelle von hoff-<br />

nung herrschen zweifel und misstrauen. man muss dem<br />

zufall auf die sprünge helfen, und je mehr kontakte man<br />

hat, desto notwendiger wird er sich ereignen. der soziolo-<br />

ge hartmut rosa hat das in die form eines ‘kategorischen<br />

imperativs’ gebracht: ‘handle jederzeit so, dass die zahl<br />

deiner optionen und anschlussmöglichkeiten grösser wird<br />

– denn du weisst nie, welche optionen morgen wichtig sein<br />

werden, und du bist schneller abgehängt, als du denkst.’”<br />

soweit maximilian probst (Zeit 18, 26.04.07), & zu an-<br />

fang war ich etwas irritiert von der weise wie inzwischen<br />

kontakt gehalten wird zu institutionen, also auch mir als<br />

herausgeber einer literaturzeitschrift z.b., da schlich sich


comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

ein halbprivater ton ein der das interesse an publikation<br />

zu übersteigen schien, ein missverständnis dem leicht zu<br />

begegnen ist: als würde man die frage how are you? präzise<br />

beantworten wollen, können dergleichen kontakthalteme-<br />

chanismen geerdet werden durch eingehen auf die ange-<br />

botene ebene, was schnell zum versiegen entsprechender<br />

kommunikation führen wird, weil erfüllung nach gelten-<br />

den massstäben immer übererfüllung ist. “networking setzt<br />

dagegen auf die performative logik der einstellung, die<br />

sich alle optionen offenhält. womit man sich in einer hin-<br />

sicht endgültig entschieden hat: gegen die sache, für die<br />

performance. daran zeigt sich exemplarisch der abersinn<br />

des modernen netzwerks. im grunde verdient es nicht mal<br />

diesen namen, denn der networker bildet in seinem netz<br />

gleichsam einen archimedischen punkt. alle kontakte sind<br />

auf ihn ausgerichtet. unautorisierte querverbindungen<br />

zwischen seinen kontakten sind ihm sogar hinderlich, weil<br />

der vorteil, den er sich von einem kontakt erhofft, mög-<br />

licherweise auf andere entfiele. was sich hinter dem wort<br />

netzwerk verbirgt, gleicht eher dem hierarchischen, zen-<br />

tralistischen staatswesen des absolutismus, keinesfalls aber<br />

einem netz. ein netz hängt nicht am seidenen faden des<br />

einzelnen, ein netz dient immer einer aufgabe, die grösser<br />

ist als die summe seiner einzelnen knoten. ‘kollektiv’ lautet<br />

ein altes wort dafür.” vielleicht zu betrunken jetzt, um wei-<br />

tere linien zu ziehen, der abend draussen war kalt & paar<br />

sachen wurden geworfen, container brannten für reminis-<br />

zenzen, dann abtauchen & frieren, zuhause den single malt<br />

eingeworfen, aufwärmprogramm, ‘fortwährende zitter-<br />

partie auf der freien wildbahn des kapitals’ schreibt probst<br />

ans ende seines artikels in der Zeit, temperatur draussen<br />

auf elf grad celsius gesunken, vom band kräht sinatra von<br />

etwas das in old monterey geschehen sein soll, knacksen<br />

der bandaufnahme der platte, zeit die vergeht, was heisst<br />

das eigentlich, dass zeit vergeht? das ton steine scherben<br />

konzert aufm oranienplatz am abend verpasst übrigens, die<br />

live-platte gibts aber heute schon bei amaZon.de zu bestellen,<br />

das war 1972 beim letzten auftritt der scherben zum<br />

ersten mai etwas anders. veränderte voraussetzungen, die<br />

der tagesspiegel vom 30.04. im beitrag zum sound der revolution<br />

& dem wiederaufgriff des alten labels wohlwollend<br />

kommentiert, mit den worten des drummers der truppe:<br />

“sie seien musiker, keine berufsrevolutionäre, sagt götzner.<br />

pop zeige möglichkeiten auf ohne den machtanspruch der<br />

revoluzzer, und die ‘scherben’ standen immer für ein utopisches<br />

‘keine macht für niemand’. das heisst, sagt funky<br />

götzner: ‘folge nicht dem, der die wahrheit hat, sondern<br />

dem der die wahrheit sucht.’ klingt nach abgedroschener<br />

hippie-weisheit, leuchtet aber ein. und diese suche lässt<br />

eben auch das nachdenken über eine altersvorsorge zu.”<br />

schliesse wohl besser die augen, und melde mich später<br />

zurück… (sentimental journey rasselt vom band, offscreen,<br />

lateinamerikanische rhythmen)<br />

evsc_02.05.07_18.20h_0.34h_et.al.: hallo von mir, hier<br />

aus südlicheren gefilden, in denen ich vor mich hin friere.<br />

seit gestern frage ich mich wie schreiben über diesen 1.<br />

mai, der kein erster mai ist hier in graz, wahrscheinlich<br />

nichtmal hier in österreich oder anderswo und eben gerade<br />

deshalb exemplarisch für den ersten mai stehen kann<br />

und steht wenn wir ihn hier so betrachten. so schreibe ich<br />

nun über die jahrmarktstimmung am hauptplatz und die<br />

bühne auf der die stationen des umzuges durchgesagt werden,<br />

die wartenden bierzelttische. ein kalter mai-morgen,<br />

fiepernd stehe ich an der ecke zur murgasse, wartend und<br />

nicht erwartend, an diesem ersten mai, der doch nicht<br />

mehr mehr ist als das abgehalfterte zitat einer mai-parade<br />

oder demonstration oder -, zitat und aussage.<br />

du hörst im radio über chavez und iwf und erinnerst dich<br />

wärmerer tage mit venezolanischer freundin, chavez lese<br />

ich und denke an die euphorie nach der wahl, eine ausreißer-redakteurin<br />

der ersten stunde schrieb einen artikel<br />

und diskutierte gegen populismusvorwürfe an, dann dieser<br />

kalte jänner, frösteln beim iran-besuch und der umarmung<br />

ahmadinedschads.<br />

die oranienstrasse, das zentrum der mayday-aktionen in<br />

berlin, nicht zu verwechseln mit der oranienburgerstrasse<br />

– ich erinnere wie du mich drauf hingewiesen hast – in der<br />

du einmal vergeblich nach einem lokal-treffpunkt, ausgemacht<br />

in ersterer, gesucht hattest (oder war’s umgekehrt?),<br />

die kuppeln der synagoge dort, ein blauer himmel, davor<br />

polizei-streife und sicherheitskontrolle am eingang.


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

bolle, ja ich weiss, hier ist die verflechtung von konsum und<br />

sozialismus noch immer präsent, ich erinnere konsum-plei-<br />

te (der konsum, das bedeutete für viele identifikation, kau-<br />

fen nur bei konsum usw.), letztes jahr bawag-desaster etc.,<br />

themen, die first of may hier durch köpfe und strassen geis-<br />

tern. strassen, erster mai und strasse, seit den 20ern eine<br />

allianz, strassen in rot, nelken und tücher sind noch immer<br />

da, noch immer.. in der zib am abend später fragte die spre-<br />

cherin: polit-folklore oder politische botschaft.. aber noch<br />

stehe ich in der murgasse, an der ecke, fröstelnd, der wind<br />

bläst mir und den einigen wartenden und schauenden um<br />

die ohren, die massen sitzen drüben am hauptplatz auf<br />

den bierzelt-bänken, oder sind schon bei den kinder-ak-<br />

tivitäten schräg dahinter, familientag. auf der strasse, auf<br />

der sonst die strassenbahn fährt, richtig, hier in graz ge-<br />

hört sie fix zum stadtbild, keine entfernung irgendwo wie<br />

in berlin, aber ausweitung nur wenn neues einkaufscenter<br />

eröffnet wird, man besinnt sich auf den nutzen und macht<br />

so das strassennetz zu eben jenem hierarchischen network<br />

des archimedischen machtpunktes. doch jetzt gerade fährt<br />

die strassenbahn nicht, denn die gleise entlang spazieren<br />

sie vorbei, die einzelnen rot-grüppchen mit irgendeinem<br />

oder auch keinem ausser parteimitgliedschaft, promistatus,<br />

ögb, ak, dazwischen einige transparente, hin und<br />

wieder einzelnes oder auch gruppiertes applaudieren der<br />

am strassenrand stehenden, frost unter der sonne zwischen<br />

dem klicken der fotoapparate beim defilée der stadt- und<br />

landesregierungssmitglieder, die sp-ler kommen vom europaplatz<br />

herunter. ich hätte noch einen pulli drunterziehen<br />

sollen, durch die schweinsbraten-schwaden hindurch wird<br />

mir richtig kalt, überlege ich, warum ich hier stehe, sehe<br />

es als recherche, versuche zu beobachten, bin doch teil,<br />

hoffentlich keine erkältungsfolgen. weiter, da kommen<br />

aber noch viele, da drüben auf der strasse gesichter alter<br />

bekannter, warum geht gerade der im zug mit, kann oder<br />

mag sich wohl trotz allem nicht endgültig lösen, zu lange<br />

schon sein netzwerk…<br />

verstreut teilnehmende nun, die reihe ist immer noch recht<br />

lang, ich stehe am strassenrand. schon bevor er auf meiner<br />

höhe ist nehme ich ihn wahr, nur momente später weist<br />

meine mutter, die neben mir steht und friert, mich auf ihn<br />

hin, ein alter mann, dünn, zerbrechlich, humpelnd, grünkarierte<br />

jacke, stock, unsicherer, wackeliger aber gleichzeitig<br />

bestimmter gang, im knopfloch die rote nelke, schief<br />

hängt sie mittlerweile, wie sein gang, aber da, keine chance<br />

die fällt nicht raus, nicht mal verwelkt ist sie. vom europaplatz,<br />

vom bahnhof also, bis hierher, das ist eine weite<br />

strecke, ich bin mir sicher, er ist die ganze dabeigewesen.<br />

da ist kein jammern kein ich kann nicht kein schon längst<br />

nicht mehr von dem alten mann, da ist nur selbstverständlichkeit.<br />

er ist der einzige, der mir an diesem tag so etwas<br />

wie respekt (ja, der erste mai ist hier der tag des grossen<br />

vokabulars) vermittelt, und der, die poser hier und später<br />

in der zib, pathos hin oder her, noch verachtungswürdiger<br />

macht. respekt im sinne der übersetzung als ‚berücksichtigung’,<br />

dieser tag wurde in seinen anfängen als solcher<br />

eben gerade so definiert, berücksichtigung derer, denen<br />

diese systematisch verweigert blieb-bleibt, kein applaus.<br />

schon wieder frage ich mich, wie schreiben? der alte mann,<br />

der da die strasse entlanghumpelt, ist der einzige, für den<br />

einerseits dieser erste mai tatsächlich sinn hat und der ihm<br />

gleichzeitig, sei es als spiegel-, als zerrbild, sinn verleiht.<br />

nicht unhinterfragte parteitreue, nicht bequemlichkeit wie<br />

jener, bei dem ich mich fragte, was macht er hier, keine<br />

durchhalteparolen brechen sich durch mein zähneklappern,<br />

aber für ihn ist das alles hier, was debords spektakelbegriff<br />

so perfekt entspricht, vielleicht tatsächlich jenseits<br />

davon…<br />

haben genug vom frieren, auf dem hürdenlauf über rosa<br />

zuckerwatte, durch schweinsbratenbeladene tische und<br />

volksmusikalisches dröhnen in den ohren, das mittagsund<br />

nachmittagsprogramm der kpö werde ich versäumen,<br />

die übrigens mit einigen metern abstand dem sp-zug folgte,<br />

und zu der sich obligaterweise die che-marken gesellten<br />

nachdem zuvor und dazwischen die bosporus-fraktion<br />

mit öcalan-bildchen vorbeigezuckelt war. auf der suche<br />

nach aufwärmmöglichkeit landen wir in jenem operncafé,<br />

das ich hier schon mal erwähnt habe. grotesk, nach der<br />

tee-bestellung, stellen wir fest, vom ersten mai profitiert<br />

hier einer der paradekapitalisten der stadt, der besitzer des<br />

übervollen cafés nämlich, jener charly temmel, mit zig weiteren<br />

lokalen inklusive seiner schwarzenegger-kooperation


comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

mit schatzi on the main…ich behalte die jacke auch drin-<br />

nen an, das frösteln mag nicht vergehen…<br />

geht unser frühstückskonzept der getrennten blicke auf,<br />

das aus der morena bar, den campari cocktail im würge-<br />

engel erinnerst du jedenfalls richtig, passte überhaupt nicht<br />

zum später doch noch georderten manchego und den oli-<br />

ven, ein klassisches ergebnis bei mir, ich sass offensichtlich<br />

sogar mit meiner bestellung, wieder mal, zwischen den<br />

stühlen, fühlte mich dann allerdings ganz wohl da, kein<br />

würgen…<br />

höre der erzählung meiner mutter zu, von ersten mai para-<br />

den ihrer kindheit, ich kenne sie, die wägen, die menschen,<br />

rechtzeitig platz sichern um noch was zu sehen, lachen, wir<br />

stellen fest, dass das das alles heute den unverwüstlichen<br />

faschingsumzügen hier vor ort sehr ähnelt; ich ziehe end-<br />

lich meine jacke aus.<br />

ein hoffentlich gelungenes foto noch mit alter kamera<br />

aufgenommen, vom ende des kp-zuges, die, während die<br />

versammelte spö am hauptplatz sich in nostalgie erging,<br />

noch durch die herrengasse weiterzog und sich auf dem<br />

plätzchen vor mariensäule und -lift versammelte. hübsches<br />

bildchen also, die che-flagge unter marias goldglanz, du<br />

erinnerst, einst unsere liftfahrt, eye in eye with mary…<br />

vorm bierhimmel schreibst du, falafel und erdbeerkuchen,<br />

bierhimmel, himmel über berlin, mir summt im ohr weihnachten<br />

über deutschland von sandra & roger, auch ein<br />

frieren drin und ein oben drüber… auf dem rückweg bei<br />

gestiegenen temperaturen, in der schmiedgasse allerdings<br />

wieder beim family-day gelandet und image-pflege von<br />

landeshauptmann und konsorten beim fotoshooting mit<br />

den kleinen, dahinter oldtimer-parade. bevor das frösteln<br />

wieder platz greift abgedreht richtung stadtpark, dort in<br />

der mai-sonne über den mittag gekommen, gen himmel<br />

geblinzelt, schliesse für einen moment nur die augen und<br />

melde mich später zurück…<br />

evsc_03.05.07_23.34h: die kalte nacht danach hab ich<br />

hier drinnen nicht mitbekommen, da sass ich, datenerhebung,<br />

zuhause und replizierte vor dem fernseher der die<br />

bekannten bilder auf und ab spulte, den tag. kein anlass<br />

betrunken zu sein, müde allerdings, wieder mal, die ent-<br />

schlossenheit einer roten nelke schief im knopfloch schiebt<br />

sich vor die flimmerscheibe. spät nachts noch als ich fragte<br />

wie schreiben über sirrten die buchstaben bahnhofgleise<br />

entlang, kameraüberwachten wie der nachrichtenbeitrag<br />

grade mitteilte.. heute also buchstabenentwirrung versucht,<br />

mittlerweile aber schon 4. 5. und unter, nein in den<br />

augen der sand... schliesse jetzt und melde später...<br />

rbk_10.05.07_<strong>00</strong>.40h: röhl, wir begrüssen ulrike röhl sagt<br />

der verantwortliche der galerie nord in moabit, die da sitzt<br />

am tisch vor einem gemälde der ausstellung deutet hinter<br />

sich & sagt, die da hiess so als sie aussah wie da, in der zeit<br />

hat sie seinen namen getragen, guten abend. die tochter,<br />

tochterbuch über die eltern & ihre parallelen & parallaxen,<br />

kommunismus, so macht kommunismus spass heisst das<br />

buch der tochter, gelesen in der ausstellung von der liebe<br />

vor den abbildern der mutter, der eltern der mutter, der<br />

mutter & der schwester als sie ein kind war, abmalungen<br />

von fotografien, bettina röhl wählt stücke am einunddreissigsten<br />

todestag der mutter die nicht so alt geworden<br />

ist wie sie sagt sie, auch die grossmutter, eine reihe jung<br />

sterbender frauen in dieser herstory, von holland-moritz<br />

heute ein buch über frauen im all als geschenk, der mensch<br />

muss über die erde aufsteigen – bis in die oberste atmosphäre<br />

und darüber hinaus; nur dann wird er die welt in der er<br />

lebt vollständig erkennen können, sokrates als leitspruch für<br />

die wegbereiterinnen, auf erden die mutter & die mutter<br />

der mutter, die freundin der mutter als ersatzvater nennt<br />

sich selbst so in ihren briefen, renate riemeck, jüngste<br />

professorin der westrepublik, dazu kampf dem atomtod &<br />

promoviert über spätmittelalterliche ketzerbewegungen, die<br />

strenge von oldenburg, kontrolle, disziplin, härte gegen<br />

sich selbst, bibelspruch zum tod der mutter ins tagebuch<br />

gesetzt, ulrike marie, 9.mai, paraden in moskau wg. kapitulation<br />

der faschisten, vor den sowjets kapituliert die<br />

deutsche wehrmacht nämlich einen tag später, nicht am 8.,<br />

ulrike marie die kommunistin, renate riemeck die wegen<br />

engagements in der friedensbewegung 1960 die lehrbefugnis<br />

verliert, 1957 fliegt laika ins all, der von bettina röhl<br />

aufgezeichnete sprung der mutter vom christentum in den<br />

kommunismus, vom kommunismus in die neue radikale


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

linke, 1963 fliegt valentina tereskova mit vostok 6 ins all,<br />

aber die kommunistischen jahre, konkret, röhl & meinhof<br />

machen konkret, auflage 250.<strong>00</strong>0, libertinage & kampf-<br />

glossen von ulrike marie, dazu 40.<strong>00</strong>0 westmark im monat<br />

von drüben, durchfinanziert am grünen tisch in der roten<br />

zone, tische in der toskana an denen roter wein in strömen<br />

fliesst, expert, eine irgendwie vielgelesene russische zeitung<br />

schickt eine journalistin zu bettina röhl, und hat das sofort<br />

verstanden den titel so macht kommunismus spass. sei ein<br />

schlüssel zum verständnis des ganzen sagte die journalistin<br />

vom expert sagt bettina röhl in moabit, expert group is<br />

a diversified international publishing and research group of<br />

companies. at its core is expert, russia’s nationwide business<br />

weekly magazine, established in 1995 in moscow. the group<br />

also includes four regional business weeklies in russia – expert<br />

severo-Zapad (northwest region), expert ural, expert sibir<br />

(siberia and far east) and expert volga, as well as interna-<br />

tional publications expert kaZakhstan and expert ukrai-<br />

na. expert group includes several research centres – expert<br />

ra rating and ranking agency, expert-data market research<br />

agency, analytical centre expert think tank, and expert<br />

innovation bureau, so macht kapitalismus spass, eine idee<br />

honeckers oder doch von ihm persönlich abgesegnet, kon-<br />

kret, porschefahrende regimegegner das fehlte ja noch,<br />

fahren sie nicht porsche sind sie allerdings moralinsaure<br />

spielverderber, so oder so ist das eben, falsch gewickelt, gewi-<br />

ckelt das kleinkind, kräht ein bisschen, pfeift ein bisschen<br />

im schlaf, vorn einer der pennt & mal links & mal rechts<br />

zurückgeholt wird, atmet laut im schlaf, megabass ausm<br />

tiefergelegten individualverkehr draussen drummt paar<br />

satzteile weg, petflasche reichen sich zwei hinundher dass<br />

es knackt, glasflasche klirrt auf die fliesen, galerie nord,<br />

aufgeheizt, luft zum schneiden, 1963 erste kosmonautene-<br />

he von tereskova & nikolaev in moskau geschlossen, 1964<br />

deren tochter jelena als erstes kind von weltraumreisenden<br />

eltern zur welt gebracht, die liebesbriefe der mutter der<br />

vorlesenden an den vater der vorlesenden der die macht<br />

hat den ersatzvater beiseitezuschieben, fraulichkeit, plötz-<br />

lich diese fraulichkeit bei der wahl der klamotten (“gender<br />

mainstreaming heisst im klartext kompletter umbau der<br />

gesellschaft und neuerfindung der menschheit. gender<br />

mainstreaming ist eine art totalitärer kommunismus in sa-<br />

chen sex und geschlechterbeziehung. die real existierende<br />

welt wird unterschwellig das (zu eliminierende) patriarchat<br />

genannt, und die frau und auch die gesellschaft sollen zu<br />

ihrem glück in gestalt eines matriarchats auf leisen sohlen<br />

gezwungen werden: frauen in den beruf und an die macht,<br />

sprich in die führungspositionen in politik, wirtschaft und<br />

kultur. männer an den herd und in die traditionell zu 1<strong>00</strong><br />

% von männern besetzten schwerstarbeiten, wie unterta-<br />

gebau, kampftauchen, firefighter (die ausdrücklich von der<br />

frauenministerin nicht genannt werden).” soweit bettina<br />

röhl im april 2<strong>00</strong>5 in cicero, einem magazin für politische<br />

kultur das die taZ “eine art vorruhestandsregelung für ehe-<br />

malige springer-redakteure” nennt: “in diesem muffigen<br />

altherren-debattierklub riecht es nach ‘tabak original’ und<br />

socken von gestern…” cicero, dort sätze wie diese von gerd<br />

habermann (professor und leiter des ASU-unternehmer-<br />

instituts. zuletzt von ihm ‘der weg zum wohlstand. ein<br />

adam-smith-brevier’), gegen den gleichheitsstaat merkelscher<br />

prägung, socken ganz frisch, wieviele euro woher im mo-<br />

nat wofür: “schutz ist immer mit herrschaft verbunden. je<br />

mehr soziale zwangsabgaben, desto mehr auch herrschaft<br />

der sozialkleptokraten über das private eigentum. vielfach<br />

lohnt sich die leistung, vor allem die überdurchschnitt-<br />

liche leistung, nicht mehr.”), das dröhnen eines ventilators<br />

der bei 2<strong>00</strong>0 hertz 76 dezibel abgab war das einzige was die<br />

erste kosmonautin im gegensatz zu ihren männlichen kol-<br />

legen als störend empfand, und es war etwas ungewöhnlich<br />

mit frei schwebenden armen zu schlafen, got a ticket for a trip<br />

/ get your kicks on vostok VI / val val val val valentina / teresh-<br />

kova / circling the earth tonight / medienmacher meinhof &<br />

röhl, bei ihr diese fraulichkeit der frisur & dann schwan-<br />

gerschaft, der lesbische ersatzvater hat die stiefkinder<br />

nicht grossgezogen für sowas wie kinderkriegen, glück mit<br />

männern, der karrierebewusste ersatzvater hat die ersten<br />

erotischen begegnungen ulrike maries sabotiert, entweder<br />

abitur oder ausflug mit dem geliebten, zähneknirschend<br />

das abitur, ein pyrrhussieg für den vater der ersatz für den<br />

vater & freundin der mutter ist, eine liebesbeziehung, dazu<br />

bibelverse, oldenburg, disziplin. wir begrüssen ulrike röhl,<br />

es geht um die liebe in den 60ern, es geht um die liebe, sie


0<br />

comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

wolle sich nicht einmischen in die liebe der eltern aber sie<br />

seien ein perfektes team gewesen, konkret, knutschmund<br />

und titten draussen dafür drin moralinsaure glossen, aber<br />

perfekt, rhetorisch brillant, aber kommunistisch, die eltern<br />

reisen alle paar monate zu konspirativen treffen mit dem<br />

führungsoffizier, zuhause familienleben, füsse unterm tisch,<br />

alles ganz normal zuhause sagt bettina röhl, bankauszüge,<br />

lebensversicherung (wann wird die lebensversicherungs-<br />

police der ulrike marie röhl auf ebay versteigert, oder bei<br />

sothebys?), eltern die an artikeln schreiben & kinder die<br />

leise sein müssen, das klappern, geklapper von maschinen,<br />

konzentration.<br />

die fragen danach aus dem publikum, wie das war als kind<br />

solcher mutter (schreibt sie ein buch gerade darüber), glaubt<br />

auch sie dass guerilla ein weg noch sei (glaubt sie nicht.<br />

nicht hier, man müsse das umfeld beachten, die bundes-<br />

republik), eine mit designerbrille & teuren stoffen am leib<br />

lobt für das ausbleiben von klischees, sie sei gekommen in<br />

erwartung von klischees & diese seien ausgeblieben wofür<br />

sie nun danke, danke sagt bettina röhl, es war nicht meine<br />

absicht diese erwartung zu erfüllen, die dame mit brille ist<br />

entzückt von der tochter, lobt wie sie gelesen habe, vonder-<br />

leyenhaftes wohlwollen saturierter ersatzmütter im publi-<br />

kum mit blick auf die scheintochter bei der umverwertung<br />

von kindheitserinnerung, das einzige was die tochter gut<br />

gelesen hat sind die frühen liebesbriefe der mutter an den<br />

vater, stammelnd wie diese (das antiatomtodmädchen &<br />

der untergrundkommunist), nah dran & von sich weisend<br />

auch, aber sich stellend mit atemberaubender offenheit,<br />

was ist mit der liebe, noch einer beklagt dass nicht von der<br />

liebe der tochter zur mutter, der mutter zur tochter die rede<br />

gewesen, ich habe von der liebe der mutter zur grossmut-<br />

ter & dem ersatzvater vorgelesen sagt bettina röhl, es ging<br />

hier um die liebe & die vergangenheit, sagte man mir, sagt<br />

röhl mit seitenblick ins publikum. der kommunismus, die<br />

ungeliebtgebliebenen kerle im publikum werden von der<br />

teilzeitgeliebten tochter um die reinheit der empfindung<br />

zur mutter gebracht, gelungene & misslungene biografien<br />

der anwesenden frauen & männer in dieser verteilung,<br />

glauben sie dass das kommunismus war im osten fragt ei-<br />

ner, meine mutter hat bis 68 den kommunismus im osten<br />

anerkannt, mit schwächen und stärken, sagt die tochter<br />

zum einunddreissigsten todestag der mutter, das hat sich<br />

mit 68 geändert sagt sie von ihr. luft zum schneiden, ein<br />

spiel mit fraulichen mitteln zwischen text & raum am<br />

beispiel ulrike marie, das leben bietet viele beispiele für das<br />

durchhaltevermögen & die leistungsfähigkeit von frauen. im<br />

krieg vollbrachten sie wahre wunder und im weltraum wer-<br />

den sie sich gleichermassen auszeichnen. ehe wir uns versehen,<br />

werden sie ein himmelsmatriarchat gründen, frohlockt juri<br />

gagarin vorm absturz beim nachtflug märz 68 & stirbt,<br />

wird vorerst nicht recht behalten.<br />

wechsel ins café am park mit holland-moritz der sich noti-<br />

zen machte, wechsel in 1 anderes stück: paar anfang vier-<br />

zig, sie älter als er, es geht um den grundbucheintrag, das<br />

paar hat das geld für ein haus in spanien zusammengelegt<br />

& nun will er nur seinen namen im grundbuch sehen, hasst<br />

eben jede abhängigkeit, spricht vom fahrradfahren, man<br />

könne nicht immer tandem fahren es brauche eigene wege,<br />

ein hauskauf ist keine fahrradtour sagt sie, er hat dieses<br />

mützchen aus locken das kerle tragen die sich süss finden<br />

& gern alleine spielen gehen draussen, hasst jede abhängig-<br />

keit, in kreuzberg am morgen hausdurchsuchungen, grup-<br />

pen gegen g8 als terroristische vereinigungen bekämpft,<br />

daten erhoben, in buchläden kundendateien durchkämmt,<br />

den server so36 abgeschaltet auf dem laufen die pages von<br />

nem dutzend initiativen von links, festplatten beschlag-<br />

nahmt, blockade von zufahrtswegen in heiligendamm oder<br />

vorbereitung dazu ist terrorismus, wo ohnmächtige wut über-<br />

legene rationalität ablöst, wo der paramilitärische einsatz der<br />

polizei mit paramilitärischen mitteln beantwortet wird, let<br />

the good times roll, die frau zieht den lippenstift nach &<br />

fragt was sie sich denken solle wenn das geld halbehalbe<br />

und im grundbuch nur er, ob darin eine distanz liege in<br />

ihrer beziehung, er sagt etwas von der idee die so wichtig<br />

sei für ihn dieses haus zu besitzen, die idee sei doch seine,<br />

dabei die hand im nacken verschränkt & die schultern ein<br />

wenig eingezogen, lacht zuweilen, sie sieht ihn an, sieht<br />

ins leere, schrägt den kopf für das lächeln einer mutter vor<br />

dem lügenden kind, er redet weiter & weiss nicht was das<br />

bedeutet, das ist nicht seine mutter realisiert er nicht für


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

den moment, lässt die hübschen fältchen um die augen<br />

spielen & vertraut auf die locken, das eigentum ist doch<br />

ganz gleichgültig sagt er vielleicht, also lass mir das doch.<br />

liebe, wie macht man die, in einem der briefe von ulri-<br />

ke marie m. lässt sich lesen wie sich diese liebe neben die<br />

politische arbeit stellt, wie sie hineinspringt in ihr leben,<br />

eben noch kampf gegen wiederbewaffnung dann glücksge-<br />

fühl, frage der vereinbarkeit, frage des gegensatzes, ulrike<br />

marie m. schreibt in diesen moment die frage & springt<br />

über die antwort hinweg, gibt sich diesem angeber hin, tut<br />

was der ersatzvater immer verhindern wollte um zu sich zu<br />

kommen, zehn jahre familienleben in der medienhisocie-<br />

ty hamburgs, hochsteckfrisuren & fraulichkeit & manch-<br />

mal die verdeckten fahrten nach osten, absprachen dann<br />

mit stellvertretenden hauptabteilungsleitern, gespaltenes<br />

oder doppeltes bewusstsein je nachdem, & die generati-<br />

onen, was da an ballast mitschwimmt, töchter & mütter<br />

& das empfinden der anderen struktur dieser verhältnisse,<br />

in kreuzberg in der nacht verhaftungen nach spontanen<br />

protestdemonstrationen, rempeleien wo ohnmächtige wut<br />

überlegene rationalität ablöst, wo der paramilitärische einsatz<br />

der polizei mit paramilitärischen mitteln beantwortet wird,<br />

in hamburg irgendwas brennt, im vorfeld kriminalisieren<br />

& total normal die wannen an den kiezecken zeigen prä-<br />

senz, & das schreiben, das tagebuchschreiben von bettina<br />

r. das ulrike marie m. im gleichen alter begann was auch<br />

immer das heissen soll, in welches grundbuch da einge-<br />

tragen wird. der spass hat aufgehört, endet meinhofs kon-<br />

kret-artikel nach dem attentat auf dutschke am 11. april<br />

68 aufm kurfürstendamm, vor der 141 die gedenkplakette<br />

ins pflaster gelassen…<br />

rbk_17.05.07_23.43h: hi evelyn, spannungsabfall an der<br />

umlenkspule, kurznotiz ausm hier&vorgestern, schnapp-<br />

schuss vom zentralflughafen tempelhof ostwärts vorm<br />

zaun auf der bank, 14.20h rollt flug 804 zum start, quer-<br />

winde, gummibär grün zwischen den zähnen auf der bank<br />

klickt der auslöser, simuliertes klicken, durchfahrt nach<br />

südwest, mariendorf, friedhof 3faltigkeit, die maschine da<br />

auf der startbahn nimmt anlauf, wind reisst den lärm weg<br />

& die maschine kippt ins licht, steigt, seitwärts gedrückt,<br />

nach oben gummibär rot nachgeschoben, auf durchfahrt<br />

nach südwest, hab 1en schnappschuss gemacht vom start,<br />

wozu, klicken der schaltung, bushaltestellen, mit dem rad<br />

durch die stadt & orientierung auf den plänen in den war-<br />

tekabinen, kalte sonne im nacken, 3faltigkeit abt. A diese<br />

randlagen, leeres feld mit eingesunkenen gräbern, junge<br />

fahrerinnen der BVG am 12.04.45 kurz vor dienstschluss<br />

erwischt & hier zusammen beigesetzt, drüben das mahn-<br />

mal für die ausländischen toten der hauptstadtbombardie-<br />

rung & überall drumherum unbekannt, unbekannt unbe-<br />

kannt, vorn links 1 bäumchen, die maschine kippt ins licht<br />

überm kopf taucht das rauschen der motoren ins rauschen<br />

einer kalten sonne, unterm bäumchen neben der birke der<br />

flache stein & 1 anzahl blumensträusse so knapp nachm<br />

todestag, freiheit ist nur im kampf um befreiung möglich,<br />

gelöscht die zeile über namen & daten nicht toleriert von<br />

der verwaltung, war nicht einfach einen friedhof zu finden<br />

der sie genommen hat, also spruch weggekratzt & namen<br />

gelassen, harte landung, bunter frühsommerstrauss und<br />

die nelken rauschen, ferner blick anderer besucherinnen<br />

drüben bei den richtigen toten, pflegestecker & hinweise<br />

sich zu melden bei der friedhofsverwaltung, abgesunkene<br />

dekorationen über eingedrückten särgen die zeit, unbe-<br />

kannt unbekannt, todestag oder jahr, schattenlage süd-<br />

west, kondensstreifen, am abend in die kulturbrauerei<br />

zum preview vom grossen ausverkauf, luft zum schneiden<br />

die 2te, joseph e. stiglitz im taxi durchn regen manhattans,<br />

das wasser von cochabamba, die zerschlagung von british<br />

rail, die selbstabschaffung von gemeinwesen, ich habe ein-<br />

mal bestimmte aspekte der wirtschaftspolitik mit moderner<br />

kriegsführung verglichen sagt stiglitz im taxi & nacht über<br />

den städten, die guerilla-elektriker von soweto & was übrig<br />

ist vom philippinischen gesundheitssystem nach der priva-<br />

tisierung, dass 1 wissenschaftlich widerlegter standpunkt<br />

zum glaubenssatz politischer kasten wird, gummibären<br />

im dunkeln, dass bolivianische bauern genauer wissen<br />

was world bank ist als deutsche mittelständler mit zugang<br />

zum breitband-infotainment, dass in den westmedien alles<br />

schön bunt von goldener zukunft bei bereitschaft zu voll-<br />

ständiger anpassung singt: mittelmässige apparatschicks<br />

im besitz überwundener wahrheiten krallen sich fest, sie-<br />

1


2<br />

comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

gen zuende bei maximalverlust. the big sellout, wäre ihr<br />

film nicht glaubwürdiger gewesen wenn sie auch einige po-<br />

sitive beispiele der privatisierung genannt hätten, kommt<br />

die frage aus dem publikum. es gibt nur sehr wenige die<br />

zu tun haben mit einer sondersituation: der existenz noch<br />

korrupterer regime die durch den privatisierungsdruck der<br />

weltbank zur umstrukturierung der ausbeutung ihrer be-<br />

völkerungen gezwungen werden, sagt florian opitz freund-<br />

lich vorm vorhang der bühne. am 16.05.1976 in der rand-<br />

lage mariendorf, 3faltigkeit abt. A, ruft rudi dutschke un-<br />

vermittelt mit der faust überm kopf ins blitzlichtgewitter<br />

dass der kampf weiter geht, ulrike – nein, er ruft holger der<br />

kampf geht weiter am 18.11.1974 in hamburg bei der beer-<br />

digung von meins, von meinhof sagt in mariendorf bei der<br />

beisetzung klaus wagenbach sie sei wohl an den deutschen<br />

verhältnissen eingegangen… tagesendmeldung noch, auch<br />

schweden nimmt den klimawandel ernst, & jeder kann<br />

etwas tun um die klimakatastrophe einzudämmen: öko-<br />

bestatten zum beispiel, also gefriertrocknen statt sich roh<br />

verscharren zu lassen. die idee dazu kam kulturministerin<br />

lena adelsohn liljeroth, die ist überzeugt: die neue metho-<br />

de verspreche geringere belastung von luft und wasser als<br />

herkömmliche bestattungsformen, bei denen die zersetzung<br />

der leiche mehrere jahre dauert. bei minus 196 grad celsius<br />

wird die leiche in flüssigem stickstoff gefriergetrocknet &<br />

durch mechanische vibrationen in grobes pulver verwan-<br />

delt. nach dem trocknen & entfernen von metallresten<br />

wiegen die überreste eines 75 kilogramm schweren men-<br />

schen dann nur noch 25 kilogramm… wünsche gut zu<br />

ruhen dann, & melde mich später aus der tupperware-box<br />

zurück…<br />

evsc_18.05.07_23.30h: hi ralf, flash back, über berlin<br />

ist der himmel weit, eine der wenigen städte, auf die das<br />

zutrifft, meintest du, als wir, nun schon beinah einen<br />

monat her, über grünfläche wo jahre zuvor strassenbahn<br />

schlenderten, noch ein paar grillschwaden in der luft, und<br />

diese folterspielgeräte dann, vielleicht erinnerst du…<br />

was die 68er wollen – und janis‘ mercedes benz schallt ausm<br />

ohrstöpsel, programmiert auf bettina röhls homepage, fo-<br />

tos über fotos interviews von und mit der freien journalis-<br />

tin, die gegen die faz gewinnt, vor gericht, da hatte sie ein<br />

anderes match zu schlagen, keine terroristentochter will sie<br />

mehr sein weiss aber wie man zum medienmenschen wird.<br />

freiheit und kampf aufm grabstein, noch dazu als appell,<br />

das war nicht drin, aber gehirnforschung, die schon… hol-<br />

ger, ulrike, der kampf geht weiter, sperrzäune wachsen, un-<br />

sere polizisten schützen die faschisten und die sind ja gewähl-<br />

te parlamentarier, so die verwaltungsdirektorin der kfuni<br />

graz, und es ist doch öh-wahlkampf, ich verbiete doch<br />

auch keine grüne veranstaltung, von ihr also kein strache<br />

blocken auf uni-gelände, polizei mit schilderwall drängt,<br />

distanz, stundenlang dauert der einsatz, das knochenfli-<br />

cken länger, viel länger... deutsche verhältnisse... der öh-vor-<br />

sitzende distanziert sich in rundschreiben und print von<br />

den ausschreitungen, damit habe man nichts zu tun, weder<br />

mit den einen noch den anderen. distanz. vorm sperrzaun,<br />

no demos at all wirtschaftspolitik und moderne kriegsfüh-<br />

rung, distanz des knopfdrucks, das blut rinnt dann übern<br />

bildschirm, sperrgebiet wirtschaft... 2 fotos von cartier-<br />

bresson vor augen, 1962, spielende kinder, an der mauer,<br />

ein mädchen klettert sie hoch, fuss auf stein, hände einge-<br />

krallt oben stacheldraht, aufnahme im westen. noch mal<br />

mauer, drei männer auf ‘nem stromkasten (vermutlich),<br />

von hinten, blick über die mauer ausm westen – 25 jahre<br />

vorwärts, sperrgebiet, km-breit, don’t touch.. himmel über<br />

berlin oder heiligendamm oder anderswo - der materielle<br />

wiederaufbau der religiösen illusion (wieder also debord),<br />

don’t touch, die monstranz funkelt der prozession den weg,<br />

bunt bemalt und anbetungswürdig, best seller, verklärtes<br />

strahlen unberührbarkeit macht sich breit körperlosigkeit<br />

ist nicht angreifbar jenseits als konsum dorthin die verban-<br />

nung der menschlichen kräfte in ein jenseits nämlich, und<br />

prada meinhof bringt röhl immer noch auf die palme…<br />

augenpause nur kurz, melde mich morgen im gleißenden<br />

sonnenschein kalter mai-tage zurück…<br />

nachtrag zu gestern_(19.5.07)_spielende kinder in park-<br />

bäumen, widerstand einer post68er generation, das sind<br />

ihre grundbücher. so macht kommunismus spass ebenso<br />

wie anarchosyndikalismus der da familiensyndikat heisst<br />

antikatholizistisch, hallelujah, hoch den haushaltlichen<br />

widerstand! da werden die euros zum kreisel bevor sie über


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

die theke wandern, wenn sie denn wandern, lieber raus auf<br />

die parkbank, die kostet nichts, vor allem nicht die über-<br />

windung das kreisel ausm tanzen zu bringen. kleinkariert,<br />

wozu um worte feilschen, wir feilschen lieber um die spar-<br />

anlagen des widerstandsnachwuchses, don‘t touch, und<br />

statt des kirchenbeitrags bauen wir einen traumfänger aus<br />

taubenfedern. nachtzeit, die toppt die liebenswerte jeans-<br />

bügelnde ex-hippie-mutter julie delpys bei weitem, deux<br />

jours à paris, aber nur im wg-austausch, kostenreduktion,<br />

zukunftsinvestition, klein-sparer, pace vorm fenster in al-<br />

len farben, die taubenfedern segeln überm bett der famili-<br />

enaufstellungsteilnehmerInnen, gender muss sein, lass uns<br />

doch drüber reden über die rollenklischees, nein, nicht am<br />

telefon, kostet ja, meinst du ich unterstütz noch den mo-<br />

bilfunkkonzern, sparkonto kreiselt, clash of klischees, ste-<br />

reotypes, wozu um worte feilschen, der kampf geht weiter,<br />

ich schreib doch ohnehin geschlechtsneutral, sorry, was los<br />

ist, ich kann nicht reden ich hab ein kind, nein ist tabu,<br />

ich bau ihm doch keine grenzen, kreisel… so macht poli-<br />

tisches engagement spass, zwischen 8 und 12, schulzeit..<br />

nein, ich kann nicht einspringen, das grundbuchamt, du<br />

verstehst.. paradeanarchos der strukturlosigkeit, nachtzeit,<br />

die strukturfesseln werden fester gezogen im familiären<br />

quadratsprung, starres kreisel, fraulichkeit, schriebst du,<br />

ralf, diesen seltsamen 50er jahre begriff, fraulichkeit=körper+sensibel,<br />

sie wirkte doch so zerbrechlich, aber mit den<br />

kleinen kann sie.. die heilige familie der atheisten…<br />

evsc_20.05.07_01.29h: kalter wind heute wohl eher, putin<br />

im schattenglanz der zensur samara ohne kasparow<br />

orf ohne putin merkel für oppositionelle putins wort für<br />

g8-gegner barrosos nein zu eu-spaltung – gruss an putin,<br />

kannste vergessen. putin richtig gefragt, auch die kleine<br />

zeitung lässt sich mal zur satire herab, persona non grata,<br />

putin richtig gefragt wer fragt noch nach persona non<br />

grata der titelseiten und mord-schlagzeilen, kein wort über<br />

gar nichts, schon lang nicht mehr über anna politkowskaja<br />

oder.. regenbogenschimmern auf nassem asphalt, dass<br />

der westen hinter mir steht das ist wie eine kugelsichere weste<br />

meinte sie in einem ihrer letzten interviews, schillern am<br />

boden in wasserlacken nach dem grossen regen die spur<br />

führt gen osten, der wind kalt kein blizzard heute liess<br />

sich ausschließen in der millionenshow als eine der 4 antwortmöglichkeiten<br />

für warmen sahara-wind, schirokko,<br />

das war‘s dann für die beiden kandidaten, sonderausgabe<br />

für singles ausm chat, sie hatten auf den mistral vertraut,<br />

cannes lässt grüssen, die spur ist heiss das wasser nicht<br />

mehr trinkbares farbenspiel. kein putinwort für orf wegen<br />

unfreundlicher berichterstattung, im vorfeld des programmschwerpunkttrailers<br />

tschetschenien-bilder, noch immer<br />

aktuell, politkowskajaworte, gegen ramsam kadyrow moskau-treuer<br />

tschetschenenpremier, bögen wieder, putinwort<br />

für schnelle aufklärung, schweigen eint viele, reden macht<br />

westen löchrig. kadyrow und mord an journalistin, regenbogenspekulationen,<br />

damals dementi, entschieden: eine<br />

frau ist heilig.<br />

unantastbarkeit… sie er es/ frau behaupter argument. opium<br />

fürs volk im zaristischen land von putin und der präsidentenadministration,<br />

schweigen überm regenbogen. eine<br />

frau, nicht ein mensch, nicht presse- und meinungsfreiheit<br />

unantastbar. aber heilige madonna, heilig heisst nicht<br />

lebend, heiligsprechungen erfolgen meist lange nachdem<br />

löchrige westen und zielsicherheit ihre wirkung getan haben,<br />

der papst bin ich. der westen hat uns für das öl verkauft.<br />

wie richtig hatte sie gefragt?<br />

rbk_24.05.07_02.38h: liebe evelyn, eine geruchsprobe<br />

wird zum beispiel mithilfe eines langen metallrohrs genommen<br />

das wird dem betroffenen in die hand gedrückt,<br />

die auf diesem rohr konservierte probe dient dann einem<br />

entsprechend abgerichteten hund bei der späteren erneuten<br />

identifizierung des tatverdächtigen, es sei unverantwortlich<br />

in diesem zusammenhang von schnüffelstaat zu sprechen<br />

sagt der sprecher der gewerkschaft der polizei,<br />

die bundesanwaltschaft allerdings spricht vom reduzierten<br />

indizwert der allenfalls im rahmen einer gesamtwürdigung<br />

verschiedener beweismittel beizuziehen sei, bei den<br />

razzien neulich jedenfalls sind solche proben genommen<br />

worden, die äussere politik wird von rauchfahnen systematischer<br />

verschleierung vernebelt, & nach innen schreitet die<br />

integration mit notstandsvorbereitungen, lohnleitlinien &<br />

schriller werdenden tönen der presse voran, schreibt jürgen


comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

habermas im merkur vom mai 1967, um dem bundesin-<br />

nenministerium die sammeltätigkeit zu erleichtern sind alle<br />

potentiellen gegner des g8 gipfels aufgefordert, von sich aus<br />

geruchsproben ihrer körper zur verfügung zu stellen, schreibt<br />

petra coronato alias tongue tongue hongkong in ihre<br />

02.46h bei mir eingehende mail mit offenem adressvertei-<br />

ler, besonders geeignet dafür sind stark gebrauchte kleidungs-<br />

und wäschestücke. bundesinnenminister wolfgang schäuble:<br />

ich freue mich über jede zusendung und jede anlieferung<br />

von geruchsdaten. die bereitschaft zur zusammenarbeit wird<br />

auch belohnt: jedem freiwilligen der seine eigenen – möglichst<br />

geruchsstarken – körperdaten abliefert, werden 2 potentielle<br />

pluspunkte im potentiellen strafregister der G8 gipfel gegner-<br />

schaft gutgeschrieben, tongue tongue hongkong machte<br />

fiktive verlautbarungen weit vor den spielereien von ka-<br />

thrin passigs ZentralerintelligenZagentur, deren target<br />

inzwischen die entwicklung von kulturformaten ist, lässiger<br />

kreismarsch durchs holodeck der institutionen & ange-<br />

kommen vorm quereinstieg. die kollegen der faZ dagegen<br />

berichten heute von der heimatfront: im görlitzer park in<br />

berlin-kreuzberg, wo an sommernachmittagen fettige schwa-<br />

den aus den grillfeuerstellen die luft schwängern, trafen sich<br />

am vergangenen samstag etwa 2<strong>00</strong> globalisierungsgegner, um<br />

in aller öffentlichkeit und zur verwunderung türkischer grill-<br />

würstchenfreunde ein blockadetraining für den G-8-gipfel<br />

abzuhalten, flash back, über der flachen stadt berlin ist der<br />

himmel weit, grillschwaden & geruchsproben, köfte oder<br />

falafel statt grillwürstchen vielleicht, neulich nachts in der<br />

U1 sassen 2 junge türken & tranken sangria aus einer bau-<br />

chigen flasche & ihnen gegenüber ein junger spanischer<br />

tourist sah sie an, was guckst du fragten die türken, hast du<br />

durst? der spanier antwortete spanisch dass er nur spanisch<br />

spricht, stand dann auf & nahm steife haltung an, sagte<br />

deutsche bratwurst wie eine parole & setzte sich wieder, die<br />

türken lachten & meinten hey wir sind keine deutschen aber<br />

bratwurst ist gut, & currywurst ist noch besser nippten sie<br />

an der sangriaflasche und sagten kopfschüttelnd noch der<br />

muss bescheuert sein in einer deutschen ubahn deutsche brat-<br />

wurst zu sagen, auf den infoscreens über den köpfen wird<br />

kolja mensings minibar beworben, diese plotreduzierten,<br />

sprachlich ausgemergelten erzählstücke beschwören eine me-<br />

lancholie und trostlosigkeit preist frank schäfer das buch im<br />

rolling stone, aber no way krakeelt tanutscha im trailer zu<br />

prinZessinnenbad ausm off, ich komm aus kreuzberg du mu-<br />

schi, generationendifferenz von teiletablierten mittdreis-<br />

sigern ausm prenzlberg & 15jährigen migrantenmädels<br />

im multikultiproblembezirk, “und immer wieder fährt sie<br />

durchs bild: nicht erst mit dem musical linie 1 ist die ber-<br />

liner u-bahnlinie U1 zu einem wahrzeichen für berlin und<br />

vor allem kreuzberg geworden, in der sich, so der mythos,<br />

das grossstädtische leben wie in einem brennspiegel fokus-<br />

siert wiederfindet”, plapperts aufm genderblog.de unterm<br />

leitspruch das geschlecht, nicht die religion, ist das opium des<br />

volkes (erving goffman), [evsc: geschlecht als sedativ - der<br />

strukturen! immer und immer wieder… kreisel dreht wei-<br />

ter… papierrauschen, oder der wind durch die balkontür,<br />

du erinnerst unsere nächtliche debatte um autorinnen und<br />

den glauben an den gleichstellungseffekt durch sex-schil-<br />

derung im literarischen tiefparterre, letztlich bleibt kreisel,<br />

körperreduktion, aber es dreht nicht mal mehr, insofern<br />

tatsächlich wieder bei goffman, windstille dann und 4-<br />

uhr-morgens-müdigkeit…] flash back, dich vor einem mo-<br />

nat durch die grüne & dann die rote vorsatzlinse mitm<br />

mobile phone geknipst in der morgensonne dein lächeln<br />

neben der feuerwache & wie müde wir beide beim früh-<br />

stück in der morena bar, & heutzutage, in dieser scheinbar<br />

autoritätslosen zeit, hat die autorität kein gesicht mehr, sie<br />

nennt sich marktwirtschaft, sie verbirgt sich hinter anonymen<br />

zwängen, objektiven erfordernissen und scheint unangreifbar.<br />

wer heute jung ist hat es schwerer als damals. uns ging es gut,<br />

sonst wären wir nicht auf die strasse gegangen, schreibt ulrich<br />

greiner gerade im feuilleton der Zeit, jedenfalls ergreifen<br />

polizei und nachrichtendienste allerlei massnahmen, die das<br />

land noch nicht gesehen hat. dazu gehören auch drohkulissen.<br />

beinahe im stundentakt warnen behördenchefs und innenmi-<br />

nister schäuble vor anschlägen und gewalttaten und setzen zu-<br />

gleich eine ausnahmeregelung nach der anderen in kraft. aus<br />

gefängnissen in mecklenburg-vorpommern werden häftlinge<br />

in andere bundesländer verlegt, um platz für G-8-zuläufe zu<br />

schaffen, berichtet die faZ vom tage, so oder so, der westen<br />

der hinter mir steht ist wie eine kugelsichere weste, probleme<br />

mit dem urvertrauen vielleicht, oder flimmeraugen oder


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

heiner geissler, ex-cdu-generalsekretär, gerade attac bei-<br />

getreten, auf die frage wie also erreicht man ausgeglichene<br />

lebensumstände weltweit? im Zeit-interview von morgen:<br />

es braucht geistige führung. revolutionen haben noch nie die<br />

armen organisiert. es sind die intellektuellen, die jetzt gefor-<br />

dert sind… schliesse in diesem moment die augen & melde<br />

mich zum dienst, schmutzwäsche unter den armen…<br />

rbk_01.06.07_15.02h: gerade gelandet, wolkenpuffer un-<br />

tern augen, klappten so zu da oben, paar bilder von den<br />

propellerblättern in der luft, sequenzer optische apparatur,<br />

wolkenpuffer & damengruppe nippte schon thalerhofs an<br />

proseccöchen, auf berlin, parallele herrengruppe geneh-<br />

migte sich mittagsbier, gehn-wirs-an, berlinberlin, ahoy<br />

evelyn, grade aufgesetzt in den norden & snapshots vom<br />

flugfeld gemacht, auch wenn helmut schmidt – altkanz-<br />

ler & betagter kettenraucher – will dass tempelhof bleibt,<br />

blendet das head-up-display in der u-bahn über die köp-<br />

fe zwischen trainerwechseln & wetterbericht. G8-treffen<br />

besser auf dem mond?, fragte giovanni di lorenzo den alten<br />

schmidt auf eine zigarette, ja oder wie einst auf einer insel,<br />

antwortete der. die mondmissionen überhaupt wieder im<br />

kommen, lunar exploration orbiter oder lander je nach kon-<br />

zept, hotels im lunapark mit erdblick längst in planung für<br />

jungs denen die learjets allmählich langweilig sind, ahoy<br />

evelyn, 1 dutzend dieser jets lungert weekends zwischen<br />

den rundflugmaschinen, city airport tempelhof. staub<br />

aus graz an den schuhen, dazu schrillstimmige südsteire-<br />

rinnen mit kleinstköfferchen die durchn stadtflughafen<br />

aufm citytrip giggeln, an der brüstung oben gammeln<br />

paar polizisten & äugen zum schein, plaudern seit jahren<br />

schon von anderen sachen. hilft nur das ohr auf die schie-<br />

nen zu legen, zeitraumtakt zu harmonisieren. flash back,<br />

1890 am 1. juni hat hermann holleriths frisch patentierte<br />

rechenmachine bei der zählung des amerikanischen volkes<br />

geholfen, lochkarten in der exakten grösse von dollarno-<br />

ten & 1 gong für jedes erfasste subjekt, die apparatur von<br />

der regierung samt personal nur geleast mit den üblichen<br />

folgen, aus dem kleinen hollerith-unternehmen geht später<br />

ibm hervor, das zählen von zahlen die zählen. vorm fens-<br />

ter hier hammer&sichel&rotichweissrot trotzt noch dem<br />

wind, blechskulptur an der hauswand draussen vor 18 jah-<br />

ren aus grazer abrisstrümmern geborgen & den eltern auf<br />

der heimfahrt in den daimler gelegt, das kpö-signet hängt<br />

& zieht noch paar augen nach oben. wink ich südwärts<br />

dir wieder, liebe perplexe kommunistin, und schliesse die<br />

augen für den moment…<br />

evsc_02.06.07_01.17h: nacht ist’s wieder und deine air-<br />

port impressions mäandern an meinen augen vorbei, auf-<br />

bruchstimmung in die steirische ferienauszeit vom work<br />

flow fürn work flow, snapshots virtuelle, heute gingen sie’s<br />

an in rostock, choreographie des widerstandes auf heiligen-<br />

damm-hp, in tabelle organisiert, wir hier in contact über<br />

text & tabellen, lochkarten auch in euroschein-grösse<br />

vielleicht auf kurs gebracht. keine cocktails erinnernd<br />

diesmal, nur einen blauen portugieser, der wunders nicht<br />

weniger werden wollte in der traminer, da nützte auch die<br />

internationale auf chinesisch nichts mehr… back flash<br />

kurzen, welchen kurs schlugen wir ein, als wir auf roseggerweg<br />

wandelten, balance als aufwärmtraining, später<br />

das kruzifix am wegrand, du rütteltest am materialisierten<br />

leidensfundament, der schrägen fussstütze, alles gut dokumentiert.<br />

zeitfragen denn, als ich noch ein waldbauernbub<br />

war, no boots, just walking, vorgezeichnete marschrichtung,<br />

choreographie statt improvisation. zwischen graz<br />

und triest, da fährt nicht nur die südbahn, kursbestimmung,<br />

flash back, längeren nun, pläne zu 20. jahrhundertbeginn,<br />

auf-bruch, zwischen 1906 und 1914 das gebiet<br />

zwischen graz und triest „germanisieren“, zusammenhängend,<br />

gegen slawischen nationalismus für deutschen, eine<br />

„brücke“ aus „deutschen“ gebieten zwischen städten kakaniens,<br />

gründung verein südmark, existiert heute noch, sitz<br />

in graz, einen stock drunter notariatskanzlei, im stiegenaufgang<br />

„heldentafeln“, alles gut dokumentiert… damals<br />

also aufkaufen verlassener höfe bis runter nach maribor<br />

und besiedelung mit „deutschen“ bauern – und rosegger<br />

spendierte nicht nur die kirche in st. kathrein sondern<br />

sponserte auch diese aktion schreib- und finanzkräftig…<br />

on the road again, hauptstrasse, die heute in graz nach dem<br />

waldheimat-dichter benannt ist, aber eben auch unser wegelchen,<br />

der roseggerhof dann bot uns speis und trank als


comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

stärkung für den rückweg in eine zivilisation aus der wir<br />

nie raus gekommen waren, die dann zwischen häuschen<br />

und durch villenviertel führte wo uns einer der mürrisch-<br />

stolzen besitzer misstrauisch von seiner rasenmäherkarosse<br />

aus beäugte, während er sein geviert in parallelbahnen von<br />

allem befreite, was den grünen teppich zu überwuchern<br />

drohte (zwischen zwei zentimeter halmhöhe sammelt sich<br />

ja so einiges..) und in hohem bogen als fontäne hinter sich<br />

an den zaunbewehrten grundstücksrand beförderte, ein<br />

held und seine choreographie von station und strecke der<br />

grünen mark… dir ein ahoy zurückrufend mäandern vor<br />

meinen augen hammer und sichel an deiner hauswand,<br />

schliesse für kurzen moment nur…<br />

evsc_03.06.07_14.37h: flucht vor der sonntäglichen mit-<br />

tagshitze gerade vorn schirm, auszeit der vororte, zwi-<br />

schen rosen, immer wieder, und pelargonien, erstickende<br />

fenster dahinter. die leere der strassen und zaungevierte,<br />

die da brüten in der sommersonne, strahlenlos zwischen<br />

anrückenden wolkenbergen, bergumkränzte dunstglocke,<br />

kreisgang. wolkenpuffer überm fluss, entlang die übrig-<br />

gebliebenen und die vorhut der folgenden invasion der<br />

flüchtenden, in ihren klamotten, den körpererstickenden<br />

und augen ausstechenden, transpirationswirksam angeb-<br />

lich, für coolness wird bar bezahlt. vorbeirollender famili-<br />

ensinn, industrial design überlaufenes fh-fach, stahlhelm-<br />

geschützte leerlauffixierung zur nachhaltigen ressourcen-<br />

blockade, kreisgang. on the road again, selbstverordnete<br />

freizeit, dynamische nutzung zum scheinkampf um be-<br />

freiung. vorbeizischendes cabrio übern asphalt, staub an<br />

den rädern der vorstadt, sinnlichkeitsblockade, familyerwartung,<br />

ausgepuffte motorfolgen mischen sich mit rosen_duft_blüten_treibt_augentränen,<br />

ausm fenster gesellt<br />

sich zwiebelrostbraten dazu, vorstadt-signet, kreisgang.<br />

ich erinnerte: keinen cocktail diesmal, wandere vorbei an<br />

poolblauen rasenflecken, wellen der präsentierten ressourcen-verschanzung,<br />

da gabs mal nen cocktail des monats,<br />

swimmingpool im pinacolada-glas, in, oh ja!, dizzys pub,<br />

bar, lounge, einst erster in-treff im bermuda-dreieck, heute<br />

haushündchen inklusive… da wartet noch ein 2cv, fetzendachl<br />

inklusive auf die abfahrt, tuckert durch die strassen,<br />

no snapshots, ohne leerlauf, wind bläst durchs dach, auf<br />

dem weg zu nachmittagscocktail nun (kein swimmingpool)<br />

und radikaler vorort-aussperrung meld ich später,<br />

wenn flucht vor tupperware erfolgreich, zurück..<br />

rbk_19.06.07_01.50h: & wie die hitze zwischen den häusern<br />

hing, man die strassenseiten wechselte um in den<br />

schatten zu kommen immer an der wand entlang, & wie<br />

ausm fenster links die stadt in den blick kommt zuvor, ins<br />

erkennen des schlossbergs hinein fährt das fahrwerk aus<br />

beim sinkflug nach thalerhof, & wie die dash einen weiten<br />

bogen fliegt um gegen die anflugrichtung auf der landebahn<br />

aufzusetzen, & wie der taxifahrer auf mich eingeredet<br />

hat von den hautfarben & dass das nicht geht sich als<br />

heller typ auf dunkel zu brennen oder umgekehrt, der taxifahrer<br />

spricht von solarien & künstlichen pigmentveränderungen<br />

auf dieser fahrt in die stadt vorbei an den solarien<br />

& fitnessstudios & den überfüllten gehegen der autohändler,<br />

& so langsam verwechsle ich ob das eine an- oder<br />

abfahrt ist. das taxi hält vorm central & der taxifahrer<br />

spricht vom kunsthaus & scheidet die kunst vom körper<br />

da sei eine differenz, & wie die hitze zwischen den häusern<br />

hängt: an diesem abend werde ich erfahren haben was geht<br />

und was nicht, dass diese stadt geeignet sei für die kleinen<br />

spiele sagt mir einer der kleine spiele spielt in dieser stadt<br />

& dass das tragen von exotischen fussballvereinsleibchen<br />

über solariengebräunten fussballvereinstätigen oberkörpern<br />

zu den hier verstehbaren metaphern fürs attraktive<br />

gehöre, sagt der beides erfüllt & nun stadtrands sein häuschen<br />

auf irgendwas trockenem errichtet oberhalb eines<br />

domestizierten bachlaufes vielleicht. dass das licht am<br />

abend rotblond auf die regennasse herrengasse fällt sagt er<br />

nicht, fällt einem ins auge dafür & wie die oberleitungen<br />

der strassenbahnen das leuchten über den dächern nachstrukturieren,<br />

& wie am tag darauf eine ankommen wird<br />

um zu sagen dass sie vergessen habe wie südlich es sei da,<br />

festgemacht am unteren rand von alpenausläufern & den<br />

schlossberg wie hingeschichtet um einen übergang zu befestigen,<br />

etwas anzuhalten damit, eine blockadestellung:<br />

& wie sich zwischen die zeiten geraten lässt, halb 1989<br />

halb jetzt, & wie wir sprachen von den jahren davor zu


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

letzt, nach den cocktails in diZZy‘s pub in ein eck der tapas<br />

bar verzogen auf einem ritt durch die zeit, wie andeutungs-<br />

weise sich das alles erinnert, schon nicht mehr erinnern<br />

will & doch auf präsenz macht, als wäre alles zugleich &<br />

gestern später als morgen vorbei, kreuzgewölbe mit künst-<br />

licher patina über den köpfen zwischen vergangenheiten,<br />

geschichten die im davon sprechen vor allem schichten<br />

sind sedimente, irgendwas unter den füssen das einen erin-<br />

nert worauf man steht & wielange schon, kommt ins rut-<br />

schen vielleicht, zuviel gleichzeitigkeit, wie wir aus der ta-<br />

pas bar wichen um im theatercafé am achtel roten zu<br />

nippen zweigelt vielleicht, trinkbar irgendwie, gediegene<br />

mit50er grölen dean martins italienische lieder als wärs<br />

eine karaokebar, irgendetwas unter den füssen das einen<br />

vergessen macht wielange man steht und worauf schon<br />

nicht mehr, kommt ins rutschen vielleicht, immer an einer<br />

wand entlang zu den grundstücken vor der stadt, oberhalb<br />

eines domestizierten bachlaufes vielleicht etwas schatten<br />

suchen & das licht fällt durch die lamellen aufs trockene<br />

oder getrocknete, das fahrwerk klappt ein & gibt den blick<br />

frei auf die baggerbadeseen an der autobahn, diese paar<br />

kilometer nach slowenien & die vorgelagerten hügelketten<br />

guterschlossene anbaugebiete, in einer weiten rechtskurve<br />

steigt die maschine nordwärts & wieder die bitte der flug-<br />

begleiterin doch noch etwas angeschnallt zu bleiben, bis<br />

charly der pilot die anschnallzeichen über den köpfen erlö-<br />

schen lässt über den ostalpen, zur linken dann bald passau<br />

& berlin wird 21 grad haben bei leichter bewölkung lässt<br />

charly uns wissen, auch regen der fällt. & im prinZessin-<br />

nenbad die drei gören trudeln durch einen letzten gemein-<br />

samen sommer vielleicht, über den die hochbahn gelbe<br />

striche zieht, beim chatten sagt tanutscha den schon er-<br />

wähnten satz & sagt auch story zum kerl am anderen ende<br />

der leitung, wenn der ihr geschichten erzählt: muss schnell<br />

gehen jetzt, holland-moritz neben mir freilich hatte ge-<br />

hofft etwas mehr unterschicht geboten zu bekommen &<br />

mit unterschicht mehr authentische fetzen von sprache zur<br />

weiteren verwendung, sind ja alle aus den sicheren zonen<br />

die mädels & krachen nicht proletkultig gegen die wand<br />

sagt holland-moritz & trägt das triangle d‘or-t-shirt unter<br />

offener blauer arbeiterjoppe, aber alles im film paar häuser<br />

entfernt von hier & du wirst das meiste wiedererkennen<br />

liebe evelyn, du erinnerst görlitzer park skalitzer strasse<br />

oranienstrasse, naunynstrasse & kottbusser tor, 1 zeitflim-<br />

mern hier, die swimmingpools des prinzenbades überfüllt<br />

& wir haben diese instant-mischungen gar nicht getrun-<br />

ken, trotz strohhalm & dosensaft einfach eisfrei geblieben<br />

beim uns begegnen keine thermosflaschen dabei, keine<br />

picknickstimmung am rand dieses wolfibauersymposiums<br />

& wie oft die mädels sich angerufen haben im film prin-<br />

Zessinnenbad das permanente klingeln der mobiltelefone<br />

über den dächern, irgendwann vorgestern in diesem zeit-<br />

riss hier sass ich an einem brunnen in einer süddeutschen<br />

fussgängerzone & habe vorbeifahrende geldtransporter<br />

mit einem korkenzieher bedroht beim schuleschwänzen<br />

am morgen, die weinflasche zwischen den knien & eine<br />

göre ausm wrangelkiez neben mir auf der abstrakten metallstruktur<br />

des fussgängerzonenbrunnens grölt vielleicht<br />

osolemio, 1 dem tapferen schneiderlein mit seinen flügeln<br />

gewidmeter brunnen dem nicht das wachs schmilzt wie<br />

ikarus der in die kalte luft fällt über dem fluss dafür in ihn<br />

hinein vor den honorationen (habichschon erzählt, story<br />

alter, dass als ich 1 kind war ich auf der wiese indianer<br />

spielte über der dieser schneider von ulm seine flugversuche<br />

machte?), das osolemio & das lachen der geldtransporterfahrer<br />

hinter den panzerscheiben zu leisen grimassen verzogen<br />

blieb sowas wie eine gemeinsamkeit, die sich aus nur<br />

symbolischen bedrohungen der einen durch die anderen<br />

ergeben kann, in diesem herbst seventyseven ff. zuckten am<br />

abend grimassen übern tv-schirm mit forderungen einer<br />

verunsicherten bevölkerung, totmachen, alle totmachen, die<br />

umgehängten maschinenpistolen an den verunsicherten<br />

polizisten bei nacht & nebel entsichert, wenn eine der bezeichneten<br />

taten bestimmt ist die bevölkerung auf erhebliche<br />

weise einzuschüchtern formuliert §129a inzwischen als<br />

straftatbestand in sachen bildung terroristischer vereinigungen,<br />

ich habe weder jemals eine ‘komplette überwachung<br />

des telefonverkehrs’ geplant oder gefordert noch wurde eine<br />

‘telefonverbindungsdatenbank’ aufgebaut seinerzeit lässt<br />

heute horst herold in der gegendarstellung aufm deutschlandfunk<br />

wissen, also überwachung seit 77 keine lineare<br />

geschichte, durchn zeitriss schiebt sich der transporter wie


comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

die lynch‘sche feuerwehr durchn anfang von blue velvet in<br />

slow motion, dabei noch gestern nacht den nachtportier<br />

gesehen mit den schlafaugen aus graz plötzlich in der wie-<br />

ner inneren stadt, dazu zauberflötentöne & die schwarzen<br />

mützen mit dem silbernen totenkopf über den augen char-<br />

lotte ramplings die halbnackt tanzt für 1 wachsfigurenka-<br />

binett aus schutzstaffelmännern singt sie 1 lied vom glück<br />

& der traurigkeit, das langsame winken der feuerwehr-<br />

männer & das stumme lachen der geldtransporterfahrer<br />

wie eine gemeinsamkeit, die nur symbolischen ordnungen<br />

der dinge & wie verärgert du warst die männer diese lieder<br />

grölen zu hören, das pathos der alternden herren gegen vier<br />

am morgen am mitteltisch des theatercafés in graz, eine<br />

verdunklung knapp vor sonnenaufgang & wie die grazer<br />

theaterfrauen ausm theater im bahnhof in graz an bord<br />

der berlinmaschine von den neuen texten sprachen die zu<br />

abstrakt seien ihrer meinung nach, & sich beschwerten wie<br />

pilot charly beim sinkflug nach tempelhof die wolken<br />

streift dass die dash nur so hoppelt, durch die schichten<br />

der luft, geschichten geschichten, & dann landet fast in die<br />

häuser hinein auf dieser zeitinsel die Zentralflughafen<br />

heisst, um dann in den schatten der dachkonstruktion zu<br />

rollen unter der die abgestellten propellermaschinen wie<br />

flugzeugmodelle aussehen die man hinundherschieben<br />

kann, & wie ich deine sms post factum zwischen den ma-<br />

schinen & frauen empfange mit wünschen für flüge nah an<br />

der sonne, so überbrücken wir wieder & verdichten die fä-<br />

den um auf den stoffen fliegen zu können rufen uns an, die<br />

verdachtsunabhängige speicherung sämtlicher telekommuni-<br />

kationsdaten für die dauer von 6 monaten ist ein wichtiges<br />

instrument im anti-terror-kampf lobte schäuble schon am<br />

18.april die kabinettsentscheidung vom tage, da standen<br />

die dinge irgendwie schief im raum bei mir schrieb ich dir &<br />

wie müde ich bin zwischen den zeiten&zeilen, melde ich<br />

(mich) später zurück (ceterum censeo)…<br />

evsc_19.06.07_01.25h: hitze die zwischen den häusern<br />

hängt und den zeilen die sich formen über auf tastatur<br />

im fingersatz eingetippte anweisungen, kontrollleuchte<br />

am laptop blinkt, welche information teilt sie mit? bei tag<br />

noch sassen wir in der enoteca, vor dem erinnern, du hattest<br />

die linguine mit eierschwarmmerln statt des erhofften früh-<br />

stücks – wohl keine selbstgesuchten, die da über die pasta<br />

gestreut waren, hoffentlich al dente. zu eierschwammerln<br />

kann man hier einfach nicht pilze sagen, pfifferlinge heis-<br />

sen sie doch im norden… hitze noch immer die raus hier<br />

suggeriert und das grölen der männer im theatercafé legte<br />

blick auf die grundschichten frei, von den heldentafeln,<br />

die noch immer öffentlich aushängen und mit dem pathos<br />

das den liedern zuwider lief und welche verhältnisse da wie<br />

zutage traten löste meine vieruhrmorgensreaktionen aus…<br />

später am tag dann, während deine dash durch die wolken<br />

auf die häuser zuraste bei mir kontrollinfos am telefon ein-<br />

laufend, keine via tv, da waren die leuchten grad aus, infor-<br />

mationslosigkeit als kundenorientierung, über kamera die<br />

wievielte? keine komplettüberwachung? diesmal auf uni ge-<br />

richtet den sucher, teilt einer mit, dass kontrolleuchte läuft<br />

und präsenz signalisiert. informationen und die schiefstel-<br />

lung von speicherung und vermittlung mit all den zwi-<br />

schenschaltungen… scharfstellung auf youtube dann, ins<br />

tschechische morgenpanorama hatten sich letzten sonntag<br />

roman tyc & künstlergruppe ztohovan, übersetzt raus hier!,<br />

gehackt, vorm riesengebirge keine temperaturangaben für<br />

touristen, keine wolkenformationen sondern pilzalarm,<br />

eingespeist über die drähte, atomexplosion zum frühstück,<br />

und pilz über der landschaft. als bekennerschreiben die<br />

homepageadresse der gruppe eingeblendet und tausen-<br />

de anrufer beim sender, die um ihre eierschwarmmerln<br />

fürchteten, in zukunft. der touristik-manager begründet<br />

sein urteil der unverfrorenheit mit dem geld das er für die<br />

werbung bezahlt und die berge zu den kunden transpor-<br />

tiert werden, blockadestellung schreibst du und der sender<br />

überlegt schon anklage denn da schreit jemand raus hier.<br />

kontrollleuchte der verhältnisse, die frage nach dem wor-<br />

auf und wielange noch und die hitze produziert kein ge-<br />

witter hier, während ich am telefon pilze sammelte und wir<br />

noch nicht mal ne mail gewechselt hatten, durchkämmte<br />

ich die fäden der letzten nacht nach ihren knoten zwischen<br />

den zeitrissen…<br />

rbk_22.06.07_<strong>00</strong>:58h: fennek & tornado sind namen von<br />

fahrzeugen der bundeswehr, 1em panzerspähwagen sowie


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

1em fliegenden mehrzweck2sitzer die sich beide als instru-<br />

mente zur aufklärung eignen. fennek ist 1 wüstenfuchs mit<br />

grossen ohren, der tornado fegt weniger subtil über land-<br />

schaft hinweg & schiesst nebenbei bilder vom untergrund.<br />

1e sendung mit namen scheibenwischer liefert politkaba-<br />

rett fürs öffentlich-rechtliche, hat am abend thematisch<br />

die linke eingekreist: der linke fahre 5er bmw oder besser,<br />

könne sich links leisten & wähle die linke weil ihm egal<br />

sei wofür die stehe, der linke brauche das für sein selbst-<br />

verständnis. der führer der linken heisse lafontaine & wird<br />

im scheibenwischer von 1em der kabarettisten gespielt, der<br />

geht mit heil-rufen von der bühne des fernsehstudios. mit<br />

maomützen & maojoppen bekleidete kabarettisten kehren<br />

auf die bühne zurück, man singt die alten hymnen vom<br />

aufbau der sozialistischen republik zum akkordeon mit<br />

steifen grimassen, womöglich die steifheit & maskenhaf-<br />

tigkeit der bewohner & die technische begrenzung, ja re-<br />

tardiertheit der sozialisitischen republiken selbst im blick.<br />

regen, wird irgendwie zeit über den regen nachzudenken,<br />

irgendwas fällt damit etwas steigt, der bayerische rundfunk<br />

überträgt aus dem eigenen studio den scheibenwischer den<br />

er früher mal abschalten liess & die kabarettisten brin-<br />

gen antifaschismus als kamelle von gestern für betuchte<br />

sentimentale in verruf, in verruf also nicht für die einen<br />

sondern die anderen sentimentalen, endlich angekommen<br />

in der altersprovokanz von der gegenseite, endlich daheim<br />

& gelassen genug sich treiben zu lassen. nachdenken über<br />

den regen der fällt, spuren verwischt. fennek & tornado,<br />

wüstenfuchs & wirbelwind wühlen was auf, suchen ver-<br />

geblich, sammeln daten von personenbewegungen, wär-<br />

mebilder, aufgespürte elektrische & elektronische kanäle<br />

& kommunikation ist mitlesen wollen um unterbrechen<br />

zu können. vom regen reden, wozu sonst scheibenwischer,<br />

im ehemals linksalternativen stadtmagazin Zitty der war-<br />

nende beitrag zu chavez der im rotem hemd vor grüner<br />

kulisse sich präsentiert oder präsentiert wird auf der titel-<br />

seite [immer schon journaille, zu kritisierende pornografie<br />

in grossaufnahme zu zeigen…], hat 1e sendelizenz nicht<br />

erneuert wie wir wissen, wissen die das nichterneuern der<br />

sendelizenz beklagenden welche sendeverhältnisse es so in<br />

venezuela gibt, wissen die warnenden wer hinter den an-<br />

deren sendern steht, & wieviele weitere senden? vom regen<br />

reden vielleicht, der fällt, schwemmt etwas weg. wie fühlt<br />

man sich als münchner kabarettist, wenn man vermutet<br />

dass wähler der linken 5er bmw oder besseres fahren, weiss<br />

man mehr oder weniger als die westerwelles von der welt?<br />

freilich, westerwelle wird noch verhöhnt von den wischern,<br />

gewisse reflexe für die quote vielleicht, das fennek mit den<br />

ohren drei erdlöcher weiter, lauscht auf die hymnen der<br />

neuen zeit, heil-rufe, waren da irgendwo heil-rufe dabei,<br />

wird die linke wegen rechtsradikalismus vom verfassungs-<br />

schutz beobachtet oder hab ich was falsch verstanden? re-<br />

gen der fällt, neben dem mysliwska ein neuer italiener am<br />

eck aus dessen fenstern der wolkenbruch zu beobachten<br />

war, die topfpflanzen sturmgepeitscht & bürgersteige stan-<br />

den unter wasser & feuerwehr rückte aus 1 paar keller leer-<br />

zupumpen, la fète de la musique bringt seit 1 jahrzehnt<br />

den regen zurück, kaum bauen die bands ihr equipment<br />

im freien auf fallen die tropfen, reisst es die schützenden<br />

planen weg, stromgitarren knallen die riffs gegen wasser-<br />

wände dass das stück himmel vibriert das dicht über den<br />

strassen hängt. 1 fennek sein, im zoo unter der wärmebirne<br />

& bisschen zittern wg. stromausfall, würde kalt werden im<br />

käfig dann, die ohren in der toten luft des geheges taub für<br />

die lautlosigkeit der nächsten attacken…<br />

evsc_24.06.07_17.20h: sie kommen drauf dass da einer<br />

nicht mehr da ist und senden was sie noch rasch aufnah-<br />

men als er noch da war schon nicht mehr so wie er einmal<br />

da war dafür anders sodass sie es aufnehmen konnten und<br />

absenden können jetzt kann es ja ruhig ankommen er ist<br />

mittlerweile ruhig geworden jetzt kann man das ja sagen<br />

auch ausserhalb vom lichtermeer und ohne 68er nostal-<br />

gie. er schweigt jetzt und man zeigt sich betroffen andere<br />

schweigen noch immer nicht obwohl sie viel älter sind als<br />

er und noch greiser werden. mit ihnen, wichtiger von ih-<br />

nen, hat er mal gesprochen da hatte er nicht geschwiegen<br />

als viele dies noch taten und viele heute noch immer oder<br />

schon wieder tun gerade die absender.<br />

Wann der oide Wessely im Wirtshaus sitzt und da sitzt er<br />

jeden sonntag nach der kirche und unter der woche auch<br />

weil man hat ja sonst ka freud und dann hat das nicht


0<br />

comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

schweigen hochkonjunktur weil dann Redt er gern von der<br />

Vergangenheit von wegen und totschweigen, er redet sie le-<br />

bendig, eben Nur dass des für eam no ned vergangen is denn<br />

er hat visionen, Weil er träumt von einer neuen Zeit und<br />

mit ihm träumen sie, die da für recht und ordnung sorgen<br />

wollen, die auf der strasse und in den ämtern und die in<br />

den farben den schillernden in den akademischen hallen,<br />

ein volk.<br />

prophetisch: “Ja, i sag’s Euch” sagt der oide Wessely und nicht<br />

nur er sagts uns sondern auch die papiervernichtungsma-<br />

schinerie in gekrönter in millionenauflage “Damals unterm<br />

Hitler war’s scho guat! so spricht und grölt der volksmund,<br />

keine rede von verdrängung, oder? ralf, du erinnerst die<br />

grölende männerrunde im theatercafé, nicht ganz so of-<br />

fen – aber sogar dort und auf der strasse und im super-<br />

markt an der ecke und der bim…und im so hohen haus<br />

und farbenschillernd in den akademischen hallen – und<br />

das volk geschlossen spricht und empfindet sich gesund.<br />

und obwohl alles schon so lange her ist gibts das alles noch,<br />

der stammtischvisionär will endlich saubermachen, denn<br />

Heut, wann der noch lebn tät, gebert’s sowas ned, nämlich<br />

Mit der ganzen Terroristenbruat” da zieht was weg unter<br />

den füssen und schlägt bögen von bis aber welche, denn<br />

der opferapplaus folgt von Seine Feund, die ruafn “Bravo<br />

Wessely” und applaudiert wird den granden der nation<br />

und ihren vorkämpfern mit strassennamen – kernstocks<br />

hochoffizielle wunderholde heimaterde die als volksmal<br />

das hakenkreuz zierte – und platztiteln – dahns antise-<br />

mitismen hängen zwischen den häusern, nicht zu nah an<br />

der synagoge, die erst 2<strong>00</strong>3 wiederaufgebaut wurde – und<br />

institutsbenennungen, die man eigentlich ändern wollte<br />

aber als nabl der welt treu beibehält und – Und bestölln a<br />

neuche Runde Bier, drei um genau zu sein, so bestellt man<br />

noch immer, leutselig ist man ja Und die blade Wirtin setzt<br />

si a dazua aufputz vom in die jahre gekommenen mädel<br />

damit der hormonspiegel in die höhe schiesst für irgend-<br />

was muss es sich doch lohnen das ganze für die weiter-<br />

verzweigung der linien jauchzen erklingt Und sie haut si<br />

auf die fettn Knia und net nur sie auch die typen reihum<br />

während der geifer sabbernd bis zum schwanz rinnt. der<br />

höhepunkt des abends naht Weu da Wessely grad Juden-<br />

witz erzöhld und keiner das staberl über ihn bricht sondern<br />

hochoffiziös in den wind gereimt wird was immer noch als<br />

empfindung erfunden wird Und weu des fuachtbar lustig<br />

is wie viele lachen sich tot? Sagt die blade Wirtin mit ganz<br />

feuchte Augn und der geifer rinnt und hinterlässt fettfle-<br />

cken am abgestossenen sessel unter ihr “Gratuliere, gra-<br />

tuliere, Herr Wessely der lorbeerkranz rückt aus verliehen<br />

zu werden in der ostmark denn Kana kann so Judenwitz<br />

erzöhln wie Sie!” da täuscht sich das greise mädel in ihrer<br />

treulichen verblendung nun aber, nachschub in sicht denn<br />

Draussn auf da Strassen geht a Fackelzug der von der neuen<br />

alten zeit kündet und wer fragt sich wo sie grade bleiben<br />

die aufnahmen weil keiner festnahmen erwartet werden<br />

denn die da gehen gehen ja im licht – Und die Fackeln<br />

leuchten durch die Nacht die zu erhellende, Es wern immer<br />

mehr, bis ganz taghell draussd wird die götterdämmerung<br />

vor der haustür kann doch unmöglich zu übersehen sein<br />

Und bis kana mehr im Wirtshaus lacht die hoffnung aufs<br />

totgelachthaben erfüllt sich nicht Fäuste rütteln draussen<br />

an der Eingangstür geballtes ist man ja gewohnt die hatte<br />

man doch erhoben und will sie wieder erheben und enthe-<br />

ben wer wird da wohin gehievt Und jetzt kommt ein junger<br />

Mann herein das morgen erscheint Und der sagt: “Wo is der<br />

oide Wessely? die suche findet ihr kristallenes ziel, denn Der<br />

soll unser neuer Führer sein!” führerfiguren über die seiten<br />

über greifend geschwelgt wird da hat man nahaufnahmen,<br />

die flimmern übern schirm und in die köpfe wer figur hat<br />

und gemacht bekommt erscheint pixelaufgelöst und ausm<br />

radio dröhnt „heimat ist wo ich geboren bin…“ und die in<br />

der zeit bringt in deutschen landen das foto einer selbstbe-<br />

wussten rassistin mit t-shirt-aufschrift: natural born racist,<br />

aufgerissen die jacke darüber und die brust rausgedrückt<br />

mit den buchstaben, in der ecke rechts unten im bild steht<br />

der kinderwagen mit inhalt Und der oide Wessely springt<br />

auf’n Tisch die tribüne ist in jedem gasthaus, Führermässig<br />

knallt er d’Hackn zamm gelernt is schliesslich gelernt, pa-<br />

rieren aufs wort, da ists vorbei mit österreichischer gemüt-<br />

lichkeit, keine postkarte Und die blade Wirtin sagt: “I hab’s<br />

ja g’wusst die dies immer eh schon gwusst haben, die dies<br />

später ja ohnehin vorausgesehen haben und auf die keiner<br />

gehört hat damals was wusste sie was sie später nie gehört


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

hat? Gratuliere, gratuliere, Herr Wessely feierlauneausbruch<br />

dann, anlass gibts genug weil: Kana kann den Hitlergruass<br />

so guat wie Sie!” qualifikationskriterium nummer eins in<br />

allen facetten, egal ob am ulrichsberg oder beim bierbe-<br />

stellen. doch der traum ein leben? Plötzlich wach i auf und<br />

lieg daham im Bett schön wärs Aber es is eh zum Aufstehn<br />

Zeit dass ists doch immer Druntn vor der Haustür steht a<br />

B’soffener vom bestellten bier wohl Und i hör wie der “Heil<br />

Hitler” schreit wie viele warens denn..? Aufsteh, anziagn,<br />

owegehn, in d’Goschn haun / Des is alles was i machen mecht<br />

emotion am morgen verwunderlich bei solchem aufwecker<br />

wenn alp traum und leben sich verkeilen da hinter jedwe-<br />

den horizonten A wann des nix ändert, mir hilft’s wenigstens<br />

magengeschwürrisikoverminderung, obs die kasse zahlt?<br />

Weu mer is vor Wut im Bauch ganz schlecht und ich kann<br />

gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte, das kam<br />

doch auch bei einem fackelzug, liebermann in der reichs-<br />

hauptstadt volksfeststimmung herrschte da am platz als<br />

wir drüberspazierten, erinnerst? Und es gibt no immer so fü<br />

Wesselys und stammtische, hölzerne und flimmernde und<br />

gedruckte Und ihr Mief verstinkt die ganze Wöd und zieht<br />

kreise konzentrische vielleicht weil die strukturen funkti-<br />

onieren und setzt sich in ritzen und oben drauf und unten<br />

drüber Und die bladn Wirtinnen sterbn a ned aus weil der<br />

nachwuchs wird ja wieder staatsträchtig belohnt, da bleibt<br />

also zu sagen Gratuliere, gratuliere, Herr Wessely schon wie-<br />

der ein anlass zum feiern Kana hat die Jugend so versaut wie<br />

Sie! fortsetzung folgt…<br />

rbk_27.06.07_02.19h: & durchn regen in die kulturbraue-<br />

rei, zur lage des gedichts aufm poesiefestival 2<strong>00</strong>7, general-<br />

stabsbegriff von lagen zu sprechen, kleinen & grossen auf<br />

denen zusammengetragen wird wie es steht, um die eigenen<br />

& die anderen truppen, & wo die stehen vielleicht. dichtung<br />

aus deutschland gehört zum besten, was auf der welt geschrie-<br />

ben wird, steht in der einladung, & ulrike draesner lädt sa-<br />

bine scho, hendrik jackson & uwe kolbe um mit sich davon<br />

sprechen zu können, dem muss endlich rechnung getragen<br />

werden lautet die forderung dieser veranstaltung der litera-<br />

turwerkstatt, deren leiter uns ulrike draesner als 1e der<br />

wichtigsten lyrischen stimmen des landes präsentiert (gratu-<br />

liere gratuliere), um dann mit 2 nachrichten aufzuwarten,<br />

der guten & der schlechten: deutsche dichtung auf höchstem<br />

weltniveau existiert (1). es spricht sich nicht herum (2). über-<br />

rascht dich zu hören, dass der wahrheitsgehalt von (1) unbe-<br />

zweifelt blieb, um in der folge ausschliesslich von (2) zu<br />

sprechen? der vorwurf der dem deutschen gedicht gemacht<br />

werde sei, es besitze nicht genügend welthaltigkeit, referiert<br />

draesner die solche anwürfe hanebüchen findet. dahinter ste-<br />

cke der verdacht dass das zeitgenössische deutsche gedicht<br />

nicht politisch sei, es fehle ihm der aktuelle politische bezug<br />

sagen die kritiker, ruft draesner ins publikum, hanebüchen,<br />

sie sei absolut interessiert an den facetten der welt, sie seien<br />

schliesslich in der welt zuhause sagt draesner was im lauf der<br />

veranstaltung durch zahlreiche verweise auf auslandsaufent-<br />

halte belegt werden kann, das gerede vom politischen greife<br />

daneben, man sehe sich doch die auf der bühne versammel-<br />

ten an – was man da sehen soll sagt draesner allerdings<br />

nicht, irgendwie selbsterklärend auf sich zu weisen. wann<br />

immer draesner im ausland unterwegs sei um in sachen po-<br />

esie präsenz zu beweisen erfahre sie von fremden kollegen<br />

wie grossartig deutsche gedichte sind, & draesner ist ständig<br />

unterwegs (gratuliere gratuliere) & bringt zum beispiel aus<br />

norwegen die erkenntnis mit dass die norweger die deut-<br />

schen für kaptativ halten würden: die poesie aller welt werde<br />

ins deutsche übersetzt aber die deutschen gäben nichts her<br />

von sich, dabei sind sie die besten. woran liegt das nur, fragt<br />

draesner & sagt dass in anderen ländern dem dichten viel<br />

mehr beachtung gezollt werde als hier, zum beispiel england.<br />

england, sagt jackson, da nimmt man gar nichts wahr, da<br />

gibt es gar kein geld für die poesie nur einzwei positionen<br />

auf denen man queengedichte schreiben muss aber den<br />

hund der königin nicht erwähnen dürfe, poetalaureatusposi-<br />

tion in ketten. das nächste beispiel kann dich nicht überra-<br />

schen, es ist österreich: als studentin war draesner auf einem<br />

lyrikfestival und da habe der österreichische ministerienver-<br />

treter immer von tranchen gesprochen, das seien grosse stü-<br />

cke geld die den verschiedenen verlagen und veranstaltun-<br />

gen zur förderung des dichtens in österreich zugeschoben<br />

werden, solche tranchen hätte der österreichische ministeri-<br />

envertreter da jongliert, eine traumhafte situation in diesem<br />

österreich (man bekommt ein sehr plastisches bild der jun-<br />

1


2<br />

comecon<br />

cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

gen literaturstudentin draesner, wie sie das wort tranchen<br />

hört und sich im schlaf wiederholt, eine tranche, noch eine<br />

tranche, drei tranchen springen über den rotweissroten zaun<br />

ins bett der draesner hinein – vielleicht war das die nacht da<br />

sie beschloss, dichterin zu werden…). soweit also die ande-<br />

ren länder der welt, & in deutschland berlin wobei berlin<br />

wie 1 club funktioniere, selbstorganisation, ballung von<br />

kleinverlagen & projekten in denen die einen die anderen<br />

die die einen produzieren produzieren, wahrnehmen auch,<br />

folge der isolation mangels ausreichender förderung sagt<br />

draesner. klar dass im club erstmal jeder auf sich selbst focus-<br />

siert sagt jackson, liegt in der natur des clubs diese gegenseitig-<br />

keit fügt er erklärend hinzu. handvermittelter gedichtverkehr<br />

sei das, so kolbe, eine dichte der netze die er bewundern<br />

könne als angehöriger einer anderen generation, einander<br />

wahrzunehmen um einander publizieren zu können oder<br />

umgekehrt, verrückt-sympathisches netzwerken sagt kolbe<br />

dazu. draesner fügt aus der eigenen dichterinnenwerdung<br />

bei wie sie angefangen hatte, noch im glauben es gäbe nur 2<br />

tote äste, die avantgarde & das engagierte gedicht, dabei<br />

habe sie über die jahre gelernt dass alles viel bunter sei weil<br />

man ideen entwickeln könne nicht auf die toten äste zu<br />

kommen, also nix da mit toten ästen, es schleudere sie um die<br />

welt, es hagele einladungen zu poesie-festivals auf allen<br />

kontinenten, wenn man auch nicht wirklich reich werde<br />

mit dem dichten so könne man doch leben davon, kein<br />

grund zu klagen jedenfalls bis auf diesen vielleicht: dass man<br />

hinausmüsse in die welt um gedichte vorzutragen sei aller-<br />

dings beschwerlich, man wäre lieber in ruhe gelassen & be-<br />

käme gern so das geld um weiter gedichte schreiben zu kön-<br />

nen, auf reisen kann man nicht schreiben, kommt nicht<br />

dazu. noch im blick, worum es da geht, an dem abend?<br />

deutsche dichtung über alles, & keiner geht hin, trotz gedicht-<br />

einblendungen in tages- und wochenzeitungen, trotz 2 dut-<br />

zendmal wiederholtem tagesgedicht aufm deutschland-<br />

funk, das sei ja eine pause so ein gedicht, in den zeitläuften,<br />

ganz wunderbar sagt uwe kolbe, soviel zu welthaltigkeit &<br />

dem aktuellen politischen schonbezug, trotz 111 poesie-<br />

festivals noch immer nicht genug getan für das deutsche<br />

gedicht. kolbe freilich fragt, ob man sich wirklich weimar<br />

wünsche wenn man mehr haben wolle, & draesner sagt: al-<br />

lerdings, so habe sie das gelernt, den umgang mit dem ge-<br />

dicht, wo wenn nicht in weimar lässt sich das lernen, aber<br />

heute gibt es das nicht mehr, heute weiss keiner mehr 1 ge-<br />

dicht zu verstehen, da ist seit 45 etwas weggebrochen sagt<br />

draesner, da müsse gegengesteuert werden (gratuliere gratu-<br />

liere), man müsse wieder lernen gedichtbände zu lesen & es ist<br />

draesner die dabei die bände betont, das buch ist elementarer<br />

bestandteil der poesie sagt draesner, hat nichts gegen litera-<br />

turzeitschriften oder online-portale oder lesungen aber: es<br />

sei schon ein skandal dass man auf poesie-festivals lese<br />

aber das publikum kaufe das nicht, die bücher bleiben auf<br />

den büchertischen liegen, das wahrnehmen einer dichtung<br />

müsse über das buch geschehen wo sie ganz bei sich sei &<br />

von sich umgeben. was sagt scho inzwischen? scho erwähnt<br />

kling, siehe netzwerk-theorie, es ist thomas kling der sabine<br />

scho entdeckte. was war noch? generation sei ein marketing-<br />

begriff sagt draesner und beklagt das fehlen neuer bände der<br />

50-80jährigen dichter, das gute werde vom trend zum jun-<br />

gen gelöscht, dabei sei generation für sie alles was da sei zu<br />

einer zeit, also auch die alten und selbst die toten, draesner<br />

ist 45 & ahnt was auf sie zukommen wird aber spricht da-<br />

von nicht, spricht vom guten das über dem lebensalter des<br />

einzelnen stehe, es sei auch unerträglich dass es diesen zwang<br />

gebe zur vielschreiberei, früher mal hätte koeppen von<br />

suhrkamp jahrzehntlange vorschüsse auf dann nie verfasste<br />

bücher erhalten aber heutzutage müsse jeder spätestens alle<br />

2 jahre was neues liefern um nicht vom markt gefegt zu<br />

werden. war noch was? das lesen-&-nicht-verstehen-kön-<br />

nen des publikums müsse schon aus dem grunde wegerzo-<br />

gen werden, weil sie als dichterin die rückmeldung des pu-<br />

blikums benötige um sich entwickeln zu können, einfache<br />

anwesenheit sei schon viel aber genüge eben nicht, das publi-<br />

kum müsse endlich wieder verstehen lernen was es konnte<br />

bis 45, da sei etwas weggebrochen, du erinnerst dich: dass<br />

nach auschwitz keine gedichte mehr gehen könnten, hat die<br />

junge draesner auf der universität münchen seinerzeit viel-<br />

leicht überhört. noch einmal, al fine: um die welt geschleu-<br />

dertes deutsches dichten auf höchstem weltniveau auf festi-<br />

vals in aller welt präsent (welt-haltigkeit bis zum get-no:<br />

gratuliere gratuliere) & die dichter können sich vor stipen-<br />

dien nicht retten & von den preisen nur die wichtigsten


comecon cut evelyn schalk<br />

schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />

cut<br />

vorlesen lassen um überhaupt noch zum vortrag zu kom-<br />

men, dem muss endlich rechnung getragen werden. ehe man<br />

gebeten wird den saal zu verlassen & sich für die nachrü-<br />

ckenden kanadischen dichter headsets zu besorgen im foyer,<br />

schreiben holland-moritz & ich noch 1 wort auf das draes-<br />

ner verwendet, ohne uns später an den zusammenhang der<br />

verwendung erinnern zu können: wahrnehmungsausschei-<br />

dung. alles irgendwie scheibenverwischer hier, aber als wir die<br />

kulturbrauerei verlassen scheint es trocken zu bleiben für<br />

eine weile…<br />

rbk_28.06.07_01:04h: rotbergn, 16. juni, schwarzweiss,<br />

konrad schiesst auf die sonne ella fitzgerald schenkt dir<br />

die erde die sterne den mond & five years ago nobody knew<br />

cape canaveral das ist der sechste sinn nach der verbrennung<br />

des kopfes: halt sonne! 59\62 am meer (hingehaltene notizbuchnotizen,<br />

datiert immer 16.juni m.r., mit sätzen zu le<br />

soleil la lune & les étoiles). konrad schiesst aus dem fenster<br />

this is the missile test site cape canaveral dort schwarzweiss<br />

das schäumen der wellen am strand (überblendung in auslaufende<br />

wellen, überblendung auf schrift, überblendung<br />

auf frau oder konrad oder beide, usf.), dreisat zeigt experimentalfilm<br />

aus österreich mit dem autor in monte rosso im<br />

anzug, it‘s completely quiet & ella gives you the earth, planetenantrieb<br />

16.juni 6. sinn; verbrennung des kopfes. montage<br />

& schnitt & postkartn vom krieg (kurz, sehr kurz nur),<br />

the postal principle effects the reduction of the different into the<br />

same, the domestication of the alien into the customary, and,<br />

as urban planners say, the gentrification of the unfit into the<br />

acceptable.<br />

lyrische stimmen hören schwarzweiss, „so war es auch für<br />

die vertreter einer eher narrativ orientierten lyrik eine selbstverständlichkeit<br />

geworden, konrad bayer oder oswald wiener<br />

gelesen zu haben. wenn das kein fortschritt ist!“ schreibt<br />

ulf stolterfoht übers pfingstwunder der lyrik inmitten der<br />

öden achtziger auf lyrikkritik.de, aufbruch von kling papenfuss<br />

waterhouse, alle wurden mit dem heiligen geist erfüllt<br />

und begannen, in fremden sprachen zu reden, wie es der geist<br />

ihnen eingab, apostelgeschichte kapitel zwei, diese nacht den<br />

film halt sonne! gesehen, bayer am meer in begleitung, sehen<br />

schiessen sonne frau kreislauf laufstall sprachgeburt, dandyistischer<br />

dadaist (wikipedia) mit suizid 64 (datum, nicht<br />

summe der lebensjahre, letztere datum halbiert), nachtaufnahme<br />

(cape canaveral jupiter vanguard thor atlas rockets, fly<br />

me to the moon) der sechste sinn (vestibulär, das gleichgewicht<br />

betreffend, balance of powers, or threat) konrad schiesst<br />

aus dem fenster, monte rosso 16.juni, das ist bloomsday, 63<br />

fliegt tereshkova am bloomsday vom kosmodrom in baikon-<br />

ur ins all, 07 gründet sich die linke, i give you the earth, 1979<br />

stirbt nicholas ray (‚party girl‘ 1958 offers only a standard<br />

story but director ray makes more of it through clever setups and<br />

inventive techniques) & 1980 wird sibel kekilli geboren, immer<br />

16.juni. „dies hat zur folge, dass heute kaum noch richtig<br />

schlechte gedichte geschrieben werden – davor schützt<br />

die kenntnis der tradition – und sich darüber hinaus eine<br />

unglaubliche vielfalt der stilistischen ansätze entwickelt hat,<br />

die gruppen zulässt, aber schulen verhindert. und so gibt es<br />

unter den jüngeren lyrikern dann auch nur noch ganz wenige,<br />

die ihr schreiben als experimentell bezeichnen würden“<br />

fährt ulf stolterfoht fort, & dieser text dient allein der dichterverehrung,<br />

und doch werde ich keinen einzigen vers, keinen<br />

einzigen doppelzeiler zitieren, weil ich, der lange zeit gedichte<br />

nicht ausstehen konnte, es viel weniger ausstehen kann, wenn<br />

man die poesie eines meisters vorstellt, indem man beispielhafte<br />

schnipsel aufführt. der dichter heisst thomas kunst, er lebt heute<br />

in der heldenstadt leipzig lässt feridun zaimoglu das nachbild<br />

1er begegnung in der villa massimo in die frankfurter<br />

allgemeine sonntagsZeitung letztes weekend suppen, wir<br />

kennen keine schulen mehr, nur noch 1 grosses deutsches<br />

dichten, wohin flattern die fahnen voran?<br />

it‘s completely quiet & alle wurden mit dem heiligen geist erfüllt<br />

nach der verbrennung des kopfes, lichtschutzfaktor sechs im<br />

sinn, & keine experimente, wenn das kein fort schritt ist.


eine art autonomie sophie ambrosig<br />

silvia stecher<br />

Anfang Juli wurde in Graz die ehemalige St.-Andrä-Schule in der<br />

Grenadiergasse besetzt, was im kreise der Grazer politiker und<br />

exekutive offenbar eine panikreaktion auslöste. Denn letztere er-<br />

schien in solcher überzahl zur räumung (120 umfassend ausge-<br />

rüstete einsatzkräfte trafen auf 30 friedlich agierende hausbeset-<br />

zer), dass ein unwissender beobachter hätte meinen können, es<br />

handle sich um die stürmung eines terroristenstützpunkts. Fast<br />

schon humoristisch mutet dieses bild an – in anbetracht der<br />

tatsache, dass jenem aufgebot an einsatzkräften eine harmlose<br />

forderung voranging, nämlich die nach „einem experimentier-<br />

raum, in dem einem niemand auf die finger schaut“, erklärt<br />

eine der hausbesetzerInnen. Diese beanspruchen demzufolge<br />

einen raum für künstlerische und soziale zwecke, wollen an-<br />

derweitig aber nicht in das subventionssystem eingegliedert<br />

werden, sondern möglichst unabhängig von herrschaftsme-<br />

chanismen und etablierten kunstdogmen agieren: „Werkstät-<br />

ten sollen entstehen, in denen vom schweißen übers tisch-<br />

lern bis zum malen alles möglich ist; denn“, wie eine der<br />

autonomen betont, „die vehemente trennung von kunst und<br />

handwerk halte ich nicht für sinnvoll.“


eine art autonomie sophie ambrosig<br />

silvia stecher<br />

Der kunstbegriff der hausbeset-<br />

zerInnen ist folglich ein ziemlich<br />

weit gefasster und facettenreicher,<br />

nicht nur weil einige von ihnen<br />

definitionen solcher begriffe<br />

grundsätzlich als unnötig und<br />

sinnlos erachten. Viele sind<br />

der ansicht, dass kunst alles<br />

ist, was als kunst betrachtet<br />

oder intendiert wird. Natür-<br />

lich gibt es auch kontroverse<br />

ansätze, so meint beispiels-<br />

weise M.subversiv, „kunst ist<br />

dann kunst, wenn sie sich selbst<br />

vom gesellschaftlichen und po-<br />

litischen kontext befreit bzw.<br />

diese befreiung anstrebt oder<br />

ausdrückt“, während eine ande-<br />

re autonome fordert, die kunst<br />

müsse die gesellschaft reflek-<br />

tieren, um kunst zu sein. Aber in<br />

einem sind sich alle einig: Kunst<br />

geht weiter als die verbreiteten<br />

definitionen es ihr zugestehen,<br />

denn auch die lebenskunst wird<br />

unter den meisten autonomen als<br />

kunst angesehen – eine einstel-<br />

lung, die ihre umsetzung in zahl-<br />

reichen aktionen wie dem „kost-<br />

nixladen“ oder der „volxküche“<br />

erfährt.<br />

Der zweck dieser aktivitäten ist<br />

es, „andere wege aufzuzeigen, zu<br />

zeigen, dass man ohne geld leben<br />

und etwas schaffen kann. Das ist nicht nur wichtig,<br />

sondern nötig, weil wir in einer überflussgesell-<br />

schaft leben. Die medien sagen uns, was wir an-<br />

geblich brauchen. Es ist wichtig zu beweisen, dass<br />

sie damit falsch liegen“ (anonyme autonome). Die<br />

höchstmögliche freiheit von herrschaftsmecha-<br />

nismen/hierarchischen strukturen sowie unabhän-<br />

gigkeit von finanziellen mitteln (die einrichtung<br />

und erhaltung der autonomen zone betreffend)<br />

dienen als bisherige zielsetzung – denn: eine pro-<br />

gressive entwicklung im gesellschaftlichen kon-<br />

text sei nur unter autonomen umständen möglich<br />

(M.subversiv).<br />

In der kurzen zeit der besetzung der ehemaligen<br />

St.Andrä-Schule herrschte großer andrang gleich-<br />

gesinnter sowie neugieriger anrainer und besucher.<br />

Der ruf nach umsetzung zahlreicher projekte am<br />

sozial-, wohn- und kultursektor wurde laut. Doch<br />

die reaktion der führenden stadtregierungsmitglie-<br />

der, an ihrer spitze VP-bürgermeister Nagl, war,<br />

im gegensatz zur wiederholt in den medien ver-<br />

lautbarten verhandlungsbereitschaft des bürger-<br />

meisters, ein ausdruck völligen unverständnisses<br />

bzw. widerwillens dieser forderung gegenüber.<br />

Hat die stadt Graz angst, durch subventionsfreie<br />

kunst, welche lediglich einen freiraum als unter-<br />

stützung beansprucht, ein vakuum in der gängigen<br />

förder- und einflusspolitik zu erzeugen? Oder geht<br />

es schlicht und ergreifend um die irritation, dass<br />

der/die eine oder andere autonome traditionell ka-<br />

tegorisierende begriffe von vornherein als obsolet<br />

erklärt und auf die frage, was kunst für sie/ihn be-<br />

deute, lapidar entgegnet: „Is ma wuascht!“?


eine art autonomie sophie ambrosig<br />

silvia stecher<br />

Für die vielfalt der Grazer kulturlandschaft bedeutet<br />

die ignoranz der politik die altbewährte traditions-<br />

monotonie, man kann die herrschaften also beru-<br />

higen: die etablierten kulturvertriebe werden nicht<br />

den löffel weiterreichen müssen. Schließlich sorgt<br />

in Österreich ein nach wie vor gängiger, elitärer<br />

kunstbegriff dafür, dass „kunstpolitik und kunst-<br />

markt alles bestimmen und die elite-kunst-unis nur<br />

künstler etablieren, die deren traditionshörigkeit<br />

folge leisten“, lautet zumindest der standpunkt des<br />

künstlers OND*RF, der weiters meint: „Staat und<br />

markt vereinnahmen die kunst. Die ansätze freier<br />

kunst, die bei uns praktiziert werden, werden vom<br />

staat nicht als solche anerkannt, sondern fallen un-<br />

ter § 125 (sachbeschädigung).“<br />

„Die etabliertheit der kunst- und kulturszene kann<br />

sie behaupten lassen, dass sie definitionsmacht<br />

hätte. Außerdem ist eine etablierte kulturszene fast<br />

nie frei zugänglich, denn: etabliertheit bedeutet<br />

elite bedeutet geschlossenheit.“ (Trigbald). Eine<br />

Meinung, die auf Resonanz stößt: „Kunst ist frei<br />

und freiheit, kuratoren beispielsweise beschneiden<br />

diese freiheit“ (OND*RF). Diesen tendenzen wird<br />

von seiten der writers entgegengewirkt, indem<br />

deren kunst ihren platz im leben bzw. in der in-<br />

nenstadt für sich in anspruch nimmt. Sie deklariert<br />

sich damit als „freilaufende kunst“, wie ein anony-<br />

mer aktivist expliziert, die sich von der „domesti-<br />

zierten kunst“, welche in den museen eingekerkert<br />

ist, emanzipiert.<br />

Da es in Graz allerdings kaum platz für autonome<br />

tätigkeiten gibt, folgt die angemessene reaktion auf<br />

eine solche beschneidung der spärlichen freiheiten<br />

des individuums: „mensch holt sich nur ein stück<br />

von dem zurück, was eigentlich allen gehört, aber<br />

jedem/jeder verschlossen bleibt – man öffnet einfach<br />

eine tür“ (OND*RF). Dementsprechend ist beim<br />

graffiti schon der akt des malens an sich ein<br />

politischer, selbst wenn das bild keinen ex-<br />

plizit politischen inhalt trägt. Es ist eine<br />

form der „stadtguerilla: „man schafft<br />

freiräume und macht von seinem<br />

recht gebrauch, sich in sein um-<br />

feld einzubringen.“ Von dieser<br />

perspektive aus betrachtet, sind<br />

graffitis „markierungen für<br />

autonome zonen“ (OND*RF<br />

+ Trigbald), die das system<br />

bezahlter kommunikations-<br />

flächen im stadtbild unter-<br />

wandern. Sie verändern da-<br />

mit den code der stadt, die<br />

„urbane signalethik“ (nach<br />

Jean Baudrillard), die von<br />

aggressiv-dominanten wer-<br />

befeldzügen geprägt ist.<br />

Gleichzeitig wird die idee,<br />

überhaupt freiraum für sich<br />

in anspruch zu nehmen, um-<br />

gesetzt und weitergetragen.<br />

„Kunst ist ein impuls, der<br />

mich bewegt, und mit der<br />

daraus entstandenen kunst<br />

versuche ich wiederum im-<br />

pulse zu erzeugen“, reflektiert<br />

Trigbald seine künstlerische ar-<br />

beit analog zum schmetterlingsef-<br />

fekt der chaos-theorie.


eine art autonomie sophie ambrosig<br />

silvia stecher<br />

Kunst, deren gestalter den anspruch auf autonomie<br />

erheben, ist durch ihre intention unweigerlich mit<br />

politischem denken verbunden. Aber auch im<br />

umgekehrten sinne werden von autono-<br />

men subversive akte, die den zwang-<br />

haft geregelten alltag unterlaufen,<br />

in das bedeutungsfeld der kunst<br />

hereingenommen. Und das<br />

muss nicht notwendigerwei-<br />

se eine hausbesetzung sein,<br />

sondern kann ebenso still<br />

und leise geschehen, indem<br />

mensch einfach zeit für sich<br />

in anspruch nimmt, um sei-<br />

nen bedürfnissen, wie etwa<br />

der ausübung kreativer tä-<br />

tigkeiten, zu folgen.<br />

Spricht man in zusammen-<br />

hang mit den dargelegten<br />

betrachtungsweisen von<br />

„autonomer kunst“, wird<br />

klar, dass dies nicht im<br />

herkömmlichen sinne der<br />

außerästhetischen zweck-<br />

freiheit zu verstehen ist. Es<br />

verdeutlicht sich, dass es<br />

nicht mehr möglich ist, au-<br />

tonome und politische kunst<br />

als sich ausschließende pole<br />

gegenüberzustellen. Die<br />

kunstform graffiti ist gleicher-<br />

maßen ausdruck eines kreativen<br />

selbstzwecks, indem der künstler<br />

dem eigenen grundbedürfnis zu<br />

malen folgt, wie sie auf agitatorischer ebene frei-<br />

raum für die weiterentwicklung gesellschaftlicher<br />

anliegen reklamiert. Die teilweise hohen ästheti-<br />

schen ansprüche an ein bild und die nicht notwen-<br />

digerweise politischen inhalte des werks könnten<br />

es im sinne der l’art pour l’art für sich selbst ste-<br />

hen lassen. Der zielgerichtete akt der entstehungs-<br />

handlung, bei dem das wann?, wo? und wie? eine<br />

besonders bedeutende rolle spielen, verwandelt<br />

das bild, unabhängig von seinem inhalt, in einen<br />

träger politischer anliegen.<br />

Hausbesetzungen und graffitis sind sich folglich<br />

in ihren wirkungsmechanismen sehr ähnlich – der<br />

mensch fordert seinen lebensraum vom staat, der<br />

alles an die profitwirtschaft verkauft, was privati-<br />

sierbar ist, zurück. In seiner funktion als erhalter<br />

der vorherrschenden, hierarchischen strukturen<br />

lässt sich die abwehrende haltung des bürgermeis-<br />

ters daher durchaus nachvollziehen, da er jedoch<br />

ein vom volk gewähltes organ des staates ist, muss<br />

bgm. Nagl dringend darum ersucht werden, der<br />

bevölkerung zumindest den raum zur verfügung<br />

zu stellen, der sich noch in öffentlicher hand be-<br />

findet. Dies dürfte schließlich keinen allzu großen<br />

aufwand bedeuten, angesichts der tatsache, dass<br />

der städtische geldbeutel in vielerlei hinsicht recht<br />

locker zu sitzen scheint: So wurde die denkmal-<br />

geschützte St.-Andrä-Schule um 620.<strong>00</strong>0 euro der<br />

immobilienfirma Estate Scherer Gmbh „gespen-<br />

det“ – zum wohle der verarmten immobilien- und<br />

spekulantenszene.


kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />

kontroll<br />

special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

1. vorspann spannvorhang hanglage<br />

hs: wir wollten nur die welt verändern,<br />

alles andere ist improvisation.<br />

subcomandante marcos<br />

(guerilla in stand-by-position)<br />

hmx: revolutionär wird der sein,<br />

der sich selbst revolutionieren kann.<br />

(wittgenstein: vermischte bemerkungen,<br />

in: gesamtausgabe 8, 513.)<br />

hmx: //hmx wrote with extrem hervorragenden (= sehr fei-<br />

nen) word-derivaten://<br />

ITEM auf die plätze - fertig - machen - feuer - los usw<br />

sozuviel zum vorspann + jetzt mal rum ums eck nebst ran<br />

an den speck {und was sich reimt tut gut auf jeder feinen<br />

dichterseele [die als solche (=im übrigen) erst garnicht 1x<br />

zur existenz zugelassen werden darf (stichwort TÜV etc.)]}<br />

und wo ein speck - da auch die fliegen - oder seelchen<br />

- oder einfach nur anderes geschmeiß (Vgl. calliphoridae<br />

aus der familie der zweiflügler). und als netter biologie,<br />

der nicht nur sie, sondern auch ich heute vorgebe zu sein,<br />

nimmt man schon ca. ein paar mal seinen blick und wirft<br />

in achtsam in die natur hinein, auf dass er heraus komme<br />

mit ca. etlichen informationen oder textchen oder zahlen<br />

(vulgo: nummern event. knödel) oder einfach nur mit dem<br />

extrem hehren lohn der anerkennung, der sich nur über die<br />

ergibt, die es auch wirklich brauchen [so z.b. zum angeben<br />

(sprich: frauen/männerbefeuchten) oder einfach nur für<br />

mama und papa]<br />

theoretischer exkurs:<br />

kommt eine fachzeitschrift zum biologen und sagt:<br />

>>GUCK EINMAL DICH AN!>LOGO SO WIRDS GEMACHT


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special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

verfahren<br />

1.) besuche von dunkelsten spelunken zu unchristlichsten<br />

zeiten<br />

2.) drogenhandel ungebührenden maßes<br />

3.) drive-by-shootings (aus reiner freude an der gewalt)<br />

4.) abnorme sexualpraktiken (vgl. fisting, MILF-hunting<br />

etc.)<br />

5.) unfeine beschimpfungen<br />

6.) zerstörung der GANZEN kunst nebst aller<br />

errungenschaften des GANZEN abendlandes (z.b. geld)<br />

7.) unerhörtes preisdumping (texte bereits ab 9,90€,<br />

lesungen sogar GRATIS)<br />

8.) lügen<br />

9.) betrügen<br />

10.) spucken<br />

11.) beißen<br />

12.) kratzen<br />

13.) gemeines schnurbarttragen + verkleiden<br />

14.) politische wirrkopferei<br />

c.) …durch max hoefler (=?) jede fachzeitschrift als ver-<br />

ruchtes blattwerk erscheint.<br />

d.) …max hoefler (=?) zwar nicht schreiben, sprechen<br />

und auch nur einen ganzen gedanken fassen kann, aber<br />

mir fällt kein anderer biologe (etc.) ein, der mit meiner<br />

fachzeitschrift (auf grund der angst um das eigene wissen-<br />

schaftliche fortkommen) in kontakt treten würde.<br />

e.) …max hoefler (=?) durch seine permanenten selbst-<br />

disqualifikationen in der forschungscommunity zu recht<br />

als ein pseudowissenschafter zu gelten hat, dem man auflauern<br />

sollte, um ihn einmal so richtig (z.b. mit einer eisenwurze)<br />

zu verprügeln (vgl. hören + sehen vergehen), auf<br />

dass er endlich mit seiner so genannten wissenschaft aufhöre<br />

und z.b. literaturhausführer werde.<br />

f.) …max hoefler (=?) meiner fachzeitschrift (bis auf eventuelle<br />

ehrenbeleidigungsklagen dritter) keinerlei kosten<br />

verursacht. [vgl. punkt b.7.) und punkt. e.)], wodurch zumindest<br />

bis auf weiteres der bestand meiner fachzeitschrift<br />

gewährleistet ist.<br />

g.) …die mit max hoefler bereits äußerst ausführlich<br />

gehabten intimitäten [= suff nebst anschließender bettgeherei<br />

(incl. fummeln)] für eine publikation in meinem<br />

fachblatt völlig reichen.<br />

h.)...etc. etc.<br />

g.)...usw. usf.<br />

rbk: guckst du. brauchst brachialgeilet goldkett zum halsumhänge?<br />

auch der mensch entsteht durch differenzierung.<br />

nicht nur individuell, aus einer einzelnen eizelle bis zum<br />

kompliziertesten organismus differenziert, den die natur hervorbringt<br />

– nein, auch historisch. (engels, dialektik der natur,<br />

in: MEW 20, 322)<br />

hmx: „auch der mensch entsteht durch differenzierung“<br />

Jaja der mensch, welch ein schönes gebäude (incl. fenstern<br />

zum rausschaun, wenn drinnen nix [= ca. 0] los ist). Aber<br />

warum sollten wir von gebäuden sprechen, wenn es eigentlich<br />

um architektur (= design - sprich: differenz um jeden<br />

preis) oder eigentlich noch besser: um physik gehen sollte.<br />

Oder andersrum:<br />

jaja der mensch, wo bleibt er denn, wenn in den kanälen,<br />

in denen wir uns bewegen, (und diese scheinen mir ja der<br />

fokus des KVs zu sein) nur bilder (event. fotos etc.) von<br />

menschen möglich sind? soll heißen:<br />

the medium is the message! Jaja, die kanäle bedingen nun<br />

mal die struktur des dargestellten. und wollen wir diese<br />

kanäle, in denen wir rumplantschen, untersuchen, so wird<br />

wohl ein wichtige frage sein, welche bilder wir abgeben<br />

und welche rolle diese bilder oder bilder überhaupt in bezug<br />

auf die kanäle spielen.<br />

rbk: daten mengen. nicht wir, die daten sausen durch<br />

kommunizierende röhren, stellen sich zu. bilder sind spezialfälle<br />

von daten, haufenbildungen in denen nadeln deponierbar<br />

sind. stochastik und chiffrierung. bilder sind<br />

spezialfälle der literatur, ausserdem, illustrationen, vorangestelltes<br />

autorinnenportrait. wo also bleiben ‚wir‘ wenn<br />

wir telefonieren, wenn ‚wir‘ uns ein bild von uns machen,<br />

oder wenn ‚wir‘ verreisen? reisen die seelen bei höheren geschwindigkeiten<br />

mit uns mit? – vor nicht allzulanger zeit<br />

keine lustige frage…<br />

frage von heute könnte lauten: brauchen die daten noch einen<br />

begriff vom ‚wir‘, vom ‚ich‘, sich zuzustellen? sind ‚wir‘<br />

nicht inzwischen sonderfälle der bewegung, störfaktoren


0<br />

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deren existenz nur äusseren anlass gibt, etwas ingangzuset-<br />

zen? wie bei tv-kanälen das sogenannte programm nur die<br />

jeweilige einblendung bezeichnet, die zwischen den wer-<br />

beblöcken genug publikum bindet den preis für die sende-<br />

sekunde werbung nach oben zu treiben? wozu also bilder,<br />

von ‘uns’, an die ränder der zeilen stellen? was geben wir<br />

ab, auf einem bild, und wem? einen abdruck zu hinterlas-<br />

sen, dellen im datenschlamm, nennen wir kolateralscha-<br />

den biologischer konkurrenz. durch irgendwelche second<br />

lifes zu stapfen, unter umgehung des ersten und letzten,<br />

eine auslagerung in die matrix. die kanäle aber transpor-<br />

tieren elemente von sprache, kleinste einheiten von schrift.<br />

schrift ist ein mittel der vergegenwärtigung, zum beispiel.<br />

sts: !hand! !grei! !flich! zu beantworten das mitm teh-ley-<br />

phon. nämlich: wo bin ich, während meine liebe fremde<br />

stimme fremd durch keinen raum schwirrt und mit einer<br />

anderen fremden stimme in umschlungenheit begriffen ist?<br />

– na ich! geh auf-und-ab zwischen schreibtisch und herd,<br />

wo das mittagessen köchelt, und hab nicht nichts, aber<br />

auch nicht viel mit dem zu tun, was zwischen meiner glot-<br />

tis, meinem apparat, dem !nichts! und dem apparat samt<br />

ohr am anderen ende sich abspielt. dass das mitdem den-<br />

ken-reden automatisiert ist, war ja eh immerschon so (jetzt<br />

phylo- nicht ontogenetisch geredet), macht uns aber erst<br />

des schnurlos-teil so richtig doigt-lich. soweit fortschritt<br />

mac weltgeist, der zu meinem schreitenden körper übers<br />

sprechen spricht. und der generator der anderen fram‘d-<br />

stimme? was weiss denn ich was der tut. sitzt steht geht<br />

wichst scheisst kocht oder eben für alle praktischen belan-<br />

ge an meinem ende: tut nichts davon, und alles zugleich,<br />

schrödingers gesprächspartner quasi. daher auch das fan-<br />

oh-man, dass mensch gesprächspartner hat, mit denen am<br />

appart ganz anderes verhandelt wird als „in echt“, wo der<br />

nichtsraum der stimmen zwar vorhanden, aber gut in der<br />

körperlichkeit versteckt ist, mit der einer rumhängt…<br />

als nämlich: auch so eine nadel, mit der datenmenge „kör-<br />

per“ dann als heuhawfenn…<br />

(jajaja, wir sind wieder mal in der mitte von seinundzeit,<br />

aber auch nur, weil ichs mir noch nicht angetan hab, das<br />

ding zu lesesesesen. lelelele-ley-benn‘s-zeit ist kostbar.)<br />

/MODUS ULIJANOV EIN/<br />

und dann gibts natürlich die tatsache, dass all der daten-<br />

schlamm, der laut ralf im zweifelsphall eher schon eine<br />

berechtigung hat, unsere subjektsposition in frege zu<br />

sch‘dellen, seinersaiz einer frage satisfaktion schuldet, die<br />

da also lautet: wem nutzts? nämlich: es liesse sich verdächtigen,<br />

dass diese neue erkenntnis-erschwernis auf dem selben<br />

mist gewachsen ist wie die älteren methoden, uns von<br />

der MENSCHENgemachtheit der ganzen zivilisation incl.<br />

ausbeutung incl. unserer rolle darin abzulenken, airgo von<br />

der VERÄNDERBARKEIT der verhältnisse. denn dieses<br />

wohlfeile nichts, durch das da meine stimme kreist, wenn<br />

ich das mooo!-bile-phone benutze, ist erst der betrachtung<br />

zugänglich dank diverser kindersoldaten und -arbeiter,<br />

die im kongo (wo die kristalle im hörer herkommen) und<br />

sonstwo (das in ostasien liegt und „wirtschaftsfreundliche“<br />

arbeitsgesetze hat) im interesse von motorola und nokia,<br />

also uns, bluten und schwitzen. also: nicht unbedingt<br />

gezielt eingesetzter kunsteisnebel das ganze, aber ebenso<br />

sicher nicht der fruchtbare tau auf den feldern des fortschritts<br />

der menschheit... eher smog.<br />

/MODUS ULIJANOV AUS/<br />

rbk: & was besagt, 1en modus wählen zu können? sich in<br />

zustände schalten, rollen bedienen, switch off/on, ist rückübertragung<br />

also das reden in maschinen/zungen, ich als<br />

plastikelefant, ich als galeerensträfling, ich/modus es/. was<br />

passiert, wenn sts/modus ‚sts‘ off/, oder genauer noch, was<br />

wenn sts/modus ‚sts‘ on/? das zum 1en, zum anderen aber:<br />

was wenn partner simulanten sind, welche gegenwart wird<br />

von wem garantiert? das brachiale echtkörperpräsenzgetue<br />

resultiert aus der ungewissheit ebendessen was damit als<br />

grundgegebenheit behauptet wird: anwesenheit. was wenn<br />

ehschokloar /modus beobachtung der beobachtung on/ =<br />

woswoasih ≥ blunzn? was wenn [zeit] x [perspektive(n)] ≠<br />

[selbst/modus wahrnehmung on]? tiefenschärfe repräsentiert<br />

nicht ablenkung von schwarzweissgegensätzen, zum<br />

dritten. schwarz ist additive überlagerung von primärfarben,<br />

auch.


kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />

special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

verfahren<br />

sts: /MODUS ZEN AN/ baum=baum<br />

/MODUS STS AUS/ baum≠baum<br />

/MODUS STS AN/ baum=baum<br />

/MODUS ZEN AUS/<br />

... ;-} ...<br />

diese modi, die umschnalldildo-mentalitäten, auf die ich<br />

da mit dem modus /MODUS/ hinwill, sind ahn-geleyg‘d<br />

in briefform/mehr noch mailform/entkörpertheiten/<br />

schriftsprache sowieso. was in ihnen bewahrt ist, die gewährleistete<br />

dauer-anwesenheit der sprache des sprechers,<br />

ist bewahrt bloß kraft der dauer-abwesenheit des sprechers<br />

selbst, sogar wenn der danebensitzen sollte. aber das wissma.<br />

soll gar nix behauptet werden mit der brachialität. die<br />

istn ohnehin-gegebenes. und wenn die ohnehin gegeben<br />

ist, kamma auch was mit ihr machen, nämlich: *räusper*<br />

*höchst volksrednerhaftiglich*:<br />

hoppala, werte damen und herren erzählungen und diskursinen!<br />

ihre abbildfunktionen sind ja ganz unbrauchbar.<br />

konstituieren sich die geehrten jargons und redeweisen und<br />

erzähltraditionen ja über den jeweiligen blinden fleck. darf<br />

ich, geehrte, darauf hinweisen, dass, wenn ich ihn, also<br />

den blinden fleck, als standpunkt einnehme, die erzählung,<br />

die seinem jargon angemessen ist, in eher düsteren farben<br />

wo nicht gar als tintenschwarzes kastl daherkommt? darf<br />

ich? gut. also: definiere tautologie an einem beispiel: angemessenes-objekt-einer-redeweise<br />

plus aussicht-vom-blinden-fleck-derselben<br />

istgleich SCHWARZ DRÜBERPIN-<br />

SELN istgleich unnötig. dh. wirklichkeit=immer mehr<br />

als der rede zugänglich/zuträglich. dh.: wirklichkeit=gar<br />

nicht zur debatte. bloß, dass man immer wieder mal den<br />

hinweis geben sollte, wo die farbkübel stehen, für den fall<br />

des fallös…<br />

aber was erzähle ich das ihnen, verehrteste damen und<br />

herren überbauelemente! das bufet ist eröffnet!<br />

rbk: modi oder das rauschen des was-reden-wir-da, es ist<br />

doch eigenartig dass einerseits die köpfe aus der hüpfburg<br />

weit herausfliegen um dann aber aufzukommen im<br />

ich, oder zwischen den ichen die man zu sein glaubt [war<br />

da nicht dieser test bei der vorzeitigen aufnahme in die<br />

grundschule, bei dem man einen menschen zu zeichnen<br />

hatte, z.b. den eigenen vater der neben einem sitzt? den<br />

zeichnete man dann & wesentlich dabei schien ihn mit<br />

kopf und hals und rumpf und beinen zu zeichnen, weil<br />

ihn als ei zu zeichnen, als kopfrumpfeinheit mit extremitäten,<br />

als der schulbildung vorgängige entwicklungsstufe<br />

betrachtet wurde, jedenfalls in der westdeutschen<br />

fortschrittspädagogik der 60er.. / einschubmodus lose<br />

kopplung off]. also thema wäre der gegensatz, sich eklatant<br />

im über-haupt bewegen zu können, jedoch drunten<br />

im tal, wo der kontostand aktueller beziehungsflüsse sich<br />

im sand der gezeiten zu verewiggestrigen scheint, bleibt<br />

dann katzen-jammer, keine 7 leben mehr, nur noch das<br />

ei-ne. bin ich undeutlich genug? fähigkeit, zu abstrahieren,<br />

aber unfähigkeit, sich rückzukoppeln an abstraktion<br />

die einen nichtsdestotrotz längst durchzieht. frage wäre,<br />

ob modi geräte abgeben, mehrschichtigkeit von bioadapterexistenzen<br />

zu repräsentieren, oder wieder nur das spiele<br />

spielen ermöglichen, lomo homini ludens, klickklick noch<br />

mehr polaroids from the dead. gewährleistung, hübsche sache<br />

versicherungsrechtlich gesehen, der anwesenheit der<br />

sprache des sprechers neben der er zu sitzen kommt, quasi<br />

seiner sprache über die schulter sieht als gewähr-leistender,<br />

da weiss sts weit mehr als anderen lieb, oder genau<br />

wonach andere teuer noch streben. was sts im ehschowiss<br />

anzubieten scheint ist suspendierung zweiter rodung, der<br />

beobachtung, nein ordnung nicht wahr, ungefähr so: was<br />

bringt schon, ergebnisse zu überprüfen auf anderes wenn<br />

nicht wirkungsmacht, welchselbe zählbar ist, siehe stände<br />

von b-ziehungen & anderen konten..? erkenntnis gleich<br />

schwarzes quadrat, das hätte kazimir severinovic malevic<br />

gern gehört, nur nicht die folgerung dass unnötig istgleich<br />

redundant. frage ans literaturbetriebssystem: kulturwirtschaftsgeschichte<br />

minus klassenfrage gleich - jawasnur, sagen<br />

wir betriebswirtschaftslehre erstes semester, mit option<br />

in den crashkurs für künftige oberligisten wechseln zu dürfen?<br />

fall-zu-fall-marxisten beim prüfen zuhandener waffen<br />

für privaterfolg plus gefällig rot betupftes ambiente, frisch<br />

vom unternimmwasberater gecheckt: dass die zöglinge des<br />

sozrealismus für die bedingungen zeitgenössischer kulturmärkte<br />

bestens gewappnet sind, hat dubravka ugresic<br />

1


2<br />

kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />

kontroll<br />

special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

in „lesen verboten“ z.b. präzis genug rekonstruiert, frei-<br />

lich in düsteren farben. die produktionsbedingungen nur<br />

geschickt zu nutzen um ein paar bildchen vom erlesenen<br />

klassenkampf zwischen die zeilen hupfen zu lassen, bei ge-<br />

nug gib-dem-kaiser-was-des-kaisers um allseits verwendbar<br />

zu sein, können nachrücker im modus dshughashwili am<br />

besten. ergo, munter weiterilluminieren & wissen wie der<br />

hase [frohe ostern noch] läuft, nennt sloterdijk der jüngere<br />

zynisch, welchselbe vernunft sogar der kritisiert..<br />

frage mehrschichtigkeit, & frage systeme bleiben, also<br />

sprache zu finden die vom einzelnen nicht abstrahiert um<br />

das ganze sprechen zu können vice versa, mimesis gleich<br />

nach-ahmung schwer für relaisstationen z.b. oder trans-<br />

formatoren, wir sprechen da immer noch vom denken id<br />

est sprache zu definieren nicht wahr, wir sprechen vom<br />

sprechen der sprache & dem rückzug des menschen aus<br />

dem zusammenhang der nicht kompensiert werden kann<br />

durch rekurs, oder scheingewitzten rekurs gleich deklina-<br />

tion gehabter formen [oder drüberfliegergewitzte scheiner-<br />

kenntnis dass diskurs eh blöd wg. zahnloser sprecher, was<br />

betreffs zahnlosigkeit weniger mit sprache zu tun hat als<br />

mit biologischen zyklen der sprecher – oder damit, wer sie<br />

Razliv, many years ago… Lenin: That‘s not bad, my dear chap,<br />

but there‘s one mistake you‘re makin‘…<br />

einem ausgeschlagen hat bei gelegenheit, und ausschlägt<br />

weiter & weiter]. weil was wir zu wissen glauben zwar uns<br />

weiss nur wir nicht wie es. weil was üblicherweise vorhan-<br />

den rhetorik vom durchblick ist, der stückhaft aufgeführt<br />

wird mit marionetten die klappern, tanzen nicht & trans-<br />

zendieren nicht licht vulgo erkennen, arbeit am aufgeho-<br />

bensein meinethalben. klappert nur im wald, sich nicht<br />

ängstigen zu müssen, vor der leere zwischen den hölzern<br />

um einen herum. was zur debatte steht ist wirklichkeit, die<br />

frage nur ob wir es sind die von ihr sprechen… oder, mit<br />

hmx, welche rolle spielen die bilder, die den n-dimensio-<br />

nalen raum auf schattenriss an höhlenwand reduzieren bis<br />

nur noch die tonspur fehlt um weinen zu dürfen… [oder<br />

medientechnologisch überführt: von welcher rolle kom-<br />

men die – bewegtbewegenden – bilder, wie ist das abspiel-<br />

gerät konditioniert?]<br />

sts: erstmal wg. modus dshughashwili, ohne beweischa-<br />

rakter, bloß des amüsemengs wegen. aus einem comic, an-<br />

nahme stalin vs. hitler, superheldenstyle. von einer „anti-<br />

trotzkistischen“ website…<br />

Lenin: The laws of historical inevitability are our strength.<br />

You must learn to make the laws obey you.


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verfahren<br />

zurück zur sache: hmmmmmmmm. also WAS ANSTATT<br />

der suspendierung zweiter rodhodendrung/ordnung? weil<br />

wir wollen ja was anderes als bloß die fade wirkmacht auch<br />

erkennen können! geseufze nämlich, wie so teuer ist das<br />

mobiliar unserer labors! aber sind die tausend teuren frage-<br />

stellungen der geisteswissenschaftlichen traditionen nebst<br />

angeschlossener stammkneipen-subkulturen tatsächlich<br />

der PRAXIS sooo feindlich gesinnt, wie rbk zu scheinen<br />

meint, nein meinen scheint? also stellt sichs tatsächlich so<br />

dar: erwähnung der wirtschaftl. grundlage eines phänomens<br />

samt hinweis auf die farben, die das bild in solchem<br />

lichte annimmt ISTGLEICH leugnung der notwendigkeit<br />

aller weiterführenden analyse/synthese? glaub ich eher<br />

nicht. es gibt nicht JENE fragestellung, die das handgreifliche<br />

jetzt!, und JENE ANDERE, die die horizontlinienzeichnung<br />

desselben ausschnitts bereitstellten, wobei die<br />

beiden einander ausschlössen, weil mensch ja immer nur<br />

in eine richtung schaun kann, nichtwahr. der mensch ist<br />

ausgestattet mit einem 1a halsgelenk, das ihm ermöglicht,<br />

DIESE und JENE perspektive vom selben standpunkt aus<br />

anzuschauen. und wenn, was er da sieht, der mensch, nicht<br />

z’sammenstimmt, na dann braucht er halt mehr daten.<br />

„hier liegt ein totes schaf auf der strasse“ und „die aussicht<br />

ist interessant“ geht gleichzeitig. und kann auch, beides,<br />

von bedeutung für die selbe handlung sein, z.b. fürs lenken<br />

eines autos.<br />

rbk: sagte rbk das, mit der feindlichkeit von geistiwiss &<br />

praxis? vielleicht nicht. vielleicht ist da beim kodieren/dekodieren<br />

ein fehlerchen unterlaufen, & wir reden aneinander<br />

vorbei? differenz zwischen jener & jener anderen<br />

stellung, war gar nicht behauptet. was rbk unter anderem<br />

meinen wollte war aber dies: überdruss am diskurs führt<br />

dazu, ein paar oberflächlich bekannte positionen bereitzuhalten<br />

& ggfs. anzuspielen um kenntlich zu machen: kennt<br />

man schon, hatte man schon, trägt nichts weiter bei. auf<br />

der suche nach neuer unmittelbarkeit probiert sich dann<br />

was, an den gegebenheiten aus, und beobachtet – ohne<br />

ballast, der selbsttäuschung nach – was einem so widerfährt<br />

da draussen, mit seinen sachen. den ballast zitiert<br />

man zur immunisierung als witz, der nachweist dass man<br />

schon weiss aber weiter will, drüber hinaus ins reale. leider<br />

ergibt sich dabei – und nicht gerade im ersten jahr der suche<br />

nach der neuen authentizität – gern nur das folgende:<br />

zugunsten höherer spürbarkeit am eigenen leib enthistorisiert<br />

man ein bisschen, hält eigenwahrnehmung dann für<br />

differenzierter als kopplung an vorlaufende denkprozesse.<br />

man kommt damit zu ergebnissen die längst vorliegen eigentlich,<br />

& irgendwann schonmal startpunkte inzwischen<br />

historischer diskurse abgeben durften. ein problem ist die<br />

reduzierung der komplexität angesichts des wiedererfindens<br />

von rädern, die schonmal gerollt sind in diese oder in<br />

jene niederlage. ein weiteres problem ist, dass die notwendige<br />

entwicklung der am eigenen leib erfahrenen position<br />

letztlich erneut in diskurse mündet, die man dann gern<br />

wie gehabt weiterführt, da das authentoide subjekt, inzwischen<br />

in die jahre gekommen, sich einbringen will um was<br />

abhaben zu können, vom kuchen, der bunten scheibe aus<br />

fetten. jedoch, das sprechen von dingen wird so zur nachahmung<br />

eines sprechens, zum abtausch erinnerter positionen<br />

die äusserlich geblieben sind. der diskurs selbst fällt<br />

hinter sich zurück, ein verlust an gemeinsam gewusstem &<br />

längst etablierter routinen schneidet die abkürzungen weg<br />

über die man schneller vorankommt zur sache. weshalb es<br />

darum geht zu aktualisieren. und neue bedingungen in<br />

neue verfahren zu überführen, anstatt gekränkter eitelkeit<br />

folge zu leisten. gekränkte eitelkeit, die nach vergegenwärtigung<br />

schreit & nicht erkennt dass ebendie eine historisierung<br />

repräsentiert, weil sie von einer subjektkonstruktion<br />

ausgeht die nicht mehr zur verfügung steht..<br />

was perspektiven-wechsel betrifft: zwar sind wir imstande<br />

zu wechseln ohne den standort zu ändern, z.b. mittels<br />

wechsel von zentral- zu bedeutungsperspektive in der<br />

darstellung, ein wechsel des kunsthistorischen bezugsrahmens.<br />

die rundumsicht durch drehung des halses hingegen<br />

stellt keinen perspektivenwechsel vor, sondern ein panorama.<br />

das tote lamm gottes auf der autobahn sowohl als hindernis<br />

als auch als kommentar zu lesen, ist hinwiederum<br />

eine konnotative leistung die das sehen des sehens zur voraussetzung<br />

hat, also abstraktion, verdichtung, einbettung<br />

in präsente bezüge, verallgemeinerungsfähigkeit…


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hmx: //betritt im ornat des beigebsenfes den raum + lässt im<br />

folgenden folgende feinen wörter fallen (als zusammfassung<br />

z.b.)//: + gleich mit der tür ins häusl fallen: geben wir dem<br />

problembalg doch mal einen namen: das perspektiven­<br />

tauglichkeits­problem. geschafft. so. wie is es denn nun<br />

auf den landesstraßen, wenn man im eigens gekauften<br />

autoapparat //on the road + on the run// landschaften<br />

nebst dazugehöriger heiligenerscheinung anvisieren muss<br />

und weil man eben nie etwas anderes macht, als ein bisserl<br />

hier+da-hinschauen, schaut man eben, dass man bald auch<br />

wieder weiterkommt //z.b. ins hl. land event. olymp etc//?<br />

soll heißen: wie ist das mit den/der perspektive/n? was bis-<br />

her vernachlässigt wurde oder einfach nur problematisch<br />

nebelig war:<br />

perspektivenwechsel =<br />

1.) BEWEGUNG DES >>ICHs>ICH>ICH-<br />

NEU>ICHICH<br />

was nun? das ärgerliche bei solchen perspektivendiskussi-<br />

onen ist, dass man den menschen immer aufs auge oder<br />

hirnchen //reflexion = nichts anderes als perspektivenwech-<br />

sel// reduziert - der mensch als superrechner mit schönen<br />

guckschlitzen: = : ein unnötig statisches erklärungsmodel,<br />

denn die landschaft ist nicht nur zum beschauen da, man<br />

kann durchaus auch probebohrungen durchführen oder<br />

erdbeeren pflücken oder katapulte aufstellen oder einfach<br />

wieder in die stadt zurückfahren. die frage ist nun die: was<br />

fang ich mit der eingenommen perspektive an? WIE GE-<br />

BRAUCHE ICH PERSPEKTIVEN? //--diese frage ist ein<br />

teilproblem des in pkt. 2 (symbolischer tausch) ausführlich<br />

diskutierten werkzeug-themas - ich verbleibe darauf<br />

verweisend//<br />

hs: late entry. dass t-i-s-c-h tisch, der, männlich (singular)<br />

sei, du schulschrift-nichtpfeife, du be-handtke-ltes geschichte<br />

des zb blei stiftens, das mit unter sich scheidet von<br />

wieners nicht besserbarem mittel europa – roman, tisch<br />

– zum ofenrohr hinaus / tätersprachen, kritzkratz, jetzt<br />

bedroschelte bäckerei (rad ab, heimchen). und wartet ein<br />

seelenspringbrunnen / some golden shower (nah am wasser<br />

gebaut) du, geheimniszitronenblutschrift am semantischen<br />

südhang, du pissmuschel du sprachtrost du schuss in den<br />

ofen. klit/krit+welt/isch gern zirpt das spieltheoriewiderlich<br />

nebenwiderspruchslieb? das dreht köpfchens rundum,<br />

bricht genick, piffpaffpuff, schlaf/f ins rohr, macho-matsch<br />

… perspektive meint subjekte, die bei positionswechsel<br />

lage rückmelden stay connected, oder lach die paar jahre<br />

gratis, bis es kostet, was nicht schmeckt. etwas prüde im<br />

realismus der strukturen, end/ziel/quaqua nein, konflikt<br />

als interesse ja. interesse, rebound to struggling communities,<br />

ist ein echter wahnsinn, dafür stehen wir ein. screen<br />

on / text ohne gott. wer zu spät kommt, den bestraft, was<br />

offen bleibt. keep bashing theories simply rebound to clash<br />

civilizations within their godnesses. eine perspektive mit<br />

gott-alike-rekurs ist keine. wir sterben. still. ich bin. nicht


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verfahren<br />

da. gewesen, streetwork lamb, belämmert failing, – habe<br />

ach. meine katholischen jahre, rituale, mein immanent<br />

transzendentes hier&jetzt, oder da gern hinaus rüber,<br />

nicht wahr? dass leute beim reden zusammen kommen,<br />

macht auch ihre unterschiedlichen sprechpositionen klar.<br />

und wer an tischen zweifelt, darf auch aufs übers weiter<br />

von ihnen lesen verzichten, ausgenommen: der tisch ist ein<br />

tisch, egal welcher.<br />

rbk: echter wahnsinn, dafür stehen wir ein? interesse, neu<br />

gebunden (printmetapher!) an die um ihre existenz rin-<br />

genden gemeinden? das b. der bücher winkt da fröhlich<br />

zwischen den zeilen (translation wirbelt sedimente vom<br />

grund), ruft urchrist durchn äther vielleicht, dass leute<br />

zusammen kommen beim reden, sogar in verschiedenen<br />

sprachen & positionen, echter wahnsinn. ein nietzsche-<br />

problem, sich den lieben g. vom buckel rutschen zu lassen<br />

& man hat ihn doch in den knochen, & jedes g.=tot wirbt<br />

für die sache, wissen wir aus dem public relations propä-<br />

deutikum, denn entscheidend ist die verbreitung der mar-<br />

ke, dass man im gespräch bleibt nichtwahr, also als gegen-<br />

stand der noch lohnt. worüber man nicht reden soll, davon<br />

kann man nicht schweigen, oder so. mein tisch fragt mich<br />

grade, ob er denn existiere überhaupt, gefällt ihm nicht<br />

dass er nichts sehen kann, dass man ihn nicht sieht weil ich<br />

zuviel draufgepackt habe, kann kaum denken vom vielen<br />

tragen sagt mir der tisch, & da doch cogito ego klum oder<br />

so wär er ja eigentlich gar nicht vorhanden? werde wohl<br />

vorsichtshalber den rechner beiseiteheben ehe ich das haus<br />

verlasse, jetzt…<br />

hs: ganz platt. plot. teutsches sprechen, das kennt „plots“<br />

nur als gross erzählung oder ausdruck überbreiter länge,<br />

– doch hängt ihr ins besonderheit „heimat“ anbei: die gibts<br />

in andren sprachen nicht. tisch. nicht. fleisch. nicht. nicht<br />

wahr, was sprachen sprechen dumm ist und verdient den<br />

sprechern bloss verdingt&pseudo ihr grammatikfeeling<br />

an. als soziales peer-group-phänomen, zwangshandeln am<br />

was-dort-real-zählt und, feldwartens sprechsprichsprach-<br />

beschau, kanonisch draufzahlt, tirilü. wenn was vereinbart<br />

wieder mal ganz wahrnehmbar weil materiell den streik<br />

erklärt : und dass kein möbel dessenthalb verschwindet, ist<br />

wohl klar. streitbar gehts buckel-rutschen nur den pisten<br />

an die gleitmittel. vom gesternschnee ist nur was bleibt.<br />

(wovon mein tisch sich überbiegt, macht ihn um nichts<br />

verschwundener) nur, was wir mitten im gedränge tun,<br />

wahnsinnlich definiern per engagement, was logisch so<br />

nicht logisch ist, bloss willentlich zum argument, riskant<br />

gewagt historisiert, impuls in die debatten speist, ist so real<br />

wie parallel, indem es differiert. um happenings-ab-jetzt :<br />

was sache werden soll im was eh klar (im sinn „vorhanden“)<br />

ist. ein guter plot, ein langes leben, die stange konfektions-<br />

konfekt muss lutschen süss gemacht zum sinnlichen nicht<br />

stock nicht fisch nicht spanferkel durchbohrt von mund<br />

bis arsch real am feuerchen geröstet und gedreht (he, „fern<br />

der heimat“) sein. DAS LUTSCHEN KAPPEN! forget<br />

it (meint sehr aktives verlernen) das fragen fragen ohne<br />

nietzsche-nieschen, ohne das drunter-oder-drübermensch,<br />

das zweiwertlogik-bipolar vom gottchen genius and best of<br />

all that weltverdruss danebenbei, darumgeknickt, da. wis-<br />

sen wir schon. klump ergo ändern. plot ergo platt. heimat<br />

beiseiteheben. vorsichtshalber verlass ich mich. auf mehre-<br />

re und mehreres als mich allein daheim. bleib lieber flach.<br />

das tauscht dann demos durch die wellen waten weiter wil-<br />

de werte wörtlich. und sei‘s drum dada ganz genauer (was<br />

eklig war, wissen wir schon : „leben / nebel / lage / egal“).<br />

rbk: by the way, zu übertreffen sind sie nicht, die riskant<br />

historisierend differieren von dem was mal common sense<br />

gewesen sein mag für paar momente: impuls wie der, dass<br />

marinerichter filbinger (mit todesurteilen gegen fahnen-<br />

flüchtige nach selbstmord des affen auf den sie vereidigt<br />

gewesen) ein gegner des ns-regimes gewesen, nur eben nicht<br />

stark genug dies offen zu leben, verkündet von der spätlese<br />

am gleichen stamm, darf als engagiert wahnsinnlich gel-<br />

ten… verzeihen den ausritt ins südwestdeutsche wesen wo<br />

nicht erst seit rommel so mancher überraschungsangriff<br />

geritten wird. der arme schwabe sei als bauer derart von der<br />

kargen scholle gebeugt, dass jede entschiedene vorwärtsbe-<br />

wegung mit ihm zu machen sei, deshalb seine vorzügliche<br />

verwendung in blitzkriegbelangen, schreiben negt & kluge<br />

in geschichte & eigensinn, der schwabe z.b. stürmt voran um


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den schlechten verhältnissen daheim zu entkommen: so-<br />

viel zur heimat die grundbesitz meint, nur wenn dank erb-<br />

folgeregelung dieses stück vom glück immer schmaler wird<br />

der gürtel nicht weiter davon. geschnallt. & was werden<br />

soll, nennt bloch wo wir noch nicht gewesen: heimat. was<br />

also machen mit daumen, dem bedürfnis die münden zu<br />

lassen? kappen? sehr aktives lustgefühlverlernen das post-<br />

hum zum phantomschmerz gereicht?<br />

2. symbolischer tausch & tod<br />

rbk: wenn wir von bildern sprechen, gestern ist baudrillard<br />

gestorben, ein anderer zugang vielleicht, das hyperreale der<br />

medialen überschwemmung. von allem ein stream, flim-<br />

mern die schirme & blenden uns aus, starren wir geradeaus<br />

ins vergessen. das überfliessen von tauschwerten, schwin-<br />

del erregend, wir verlieren uns aus den augen (aus dem<br />

sinn) & die kopplung von search&destroy medium mit mes-<br />

sage versöhnt, und zugleich über die simulation endloser<br />

tauschkreisläufe hinausgeht im rückgriff auf ursprüng-<br />

lichste bedeutung, also dass die das leben geben beim ab-<br />

flug in die endlosschleife auf den kanälen, baudrillard sah<br />

darin einen schimmer von hoffnung glimmen. dass man<br />

den bildern aber ton hinterlegt, & die mär vom feigen an-<br />

schlag ad infinitum über die weinenden wangen auf den<br />

strassen manhattans wirft, & dass man den tausch über<br />

den tod legen kann wie einen teppich, muss ihn bewogen<br />

haben letztlich lieber vom schweigen der wüsten ein paar<br />

snapshots zu machen – raus an die ränder, in die vorzeit-<br />

lichkeit, das flimmern dann kein braun’sches röhren mehr<br />

oder frequenzüberlagerung zwischen 2 wahrnehmungsap-<br />

paraturen, nur hitze und eine schlange hinter einem stein,<br />

vielleicht…<br />

sts: aber hay (-fire!). dass der tod - sowohl das faktische en-<br />

den von leben alsauch das angst- und also mystik-gespeiste<br />

gespinstgebinde - ein objekt im tauschvercare des kultu-<br />

rellen überbaus darstellt, ist n alter hut. alles andere als die<br />

„mär vom feigen anschlag“ hätte mich sore überrush‘d. so<br />

läuft der hase resp. das weisse kaninchen der schamanen:<br />

solange es hohepriester und bürokraten in aktionseinheit<br />

gibt, wird das sterben vereinnahmt. ob als angst vor dem<br />

alter, die hilft, fältchen-cremes zu verkaufen, oder als pa-<br />

nik-generator im maschinenraum eines friendly fascism,<br />

ist nur mehr n unterskid in der geschmacksrichtung.<br />

machen ‚wir‘ doch auch. erinnere mich noch, als carlos giu-<br />

liani ermordet wurde. schrieb ich n gedicht dazu, so „pan<br />

ist tot. astrid lindgren ist tot. carlos giulini ist tot.“, und<br />

das war natürlich ebenso mythomaner quatsch wie jeder<br />

denkbare hollywoodphilim über heldenhafte flugzeugpas-<br />

sagiere im angesicht des todes. die frage lautet nicht: wie<br />

werrrn wirrr die zugrundeliegende hirnwindungsregung<br />

der individuellen mythoserzähler lows? die frage lautet:<br />

wissen das eh alle, dass das geschwurbel ist? und nua while<br />

die antwort da „NEIN“ lautet, nämlich genUau deswegen,<br />

muss halt dekontstruiert werden bis die schwarte kracht<br />

und der dekonstrukteur lieber abgibt und photographieren<br />

geht. vomit wir vida am anfang wären. friede seiner asche.<br />

hmx: //oder falls er/sie/es die lust am abkürz. einfach so<br />

mal verlöre: so einfach nur mal: „max“: schreibt:[event. in<br />

echtzeit]//<br />

Der entscheidende Wendepunkt liegt beim Übergang von<br />

den Zeichen, die etwas dissimulieren, zu den Zeichen, die<br />

dissimulieren, daß es nichts gibt. [...] [A]lles ist bereits tot<br />

und von vornherein wieder auferstanden. //baudrillard,<br />

agonie des realen. 15//<br />

herrje, was so alles auf die plätze fertig, machen, feuer,<br />

los_bricht, wenn sich die ausdrücke aus sich selbst heraus-<br />

drücken (event. probieren) als simulierter pubertätstalg.<br />

herrje, und dann noch 1-2 todesfälle, hoffentlich kein<br />

mord per modellflieger oder ähnlichem – sprich gleichem.<br />

soll heißen: welchen zweck verfolgte derhöfler denn mit<br />

dem hoemax-suppenstar-gehabe mit dem zur-not-rett-<br />

ICH-die-GANZE-welt-mit-spiderman-getue von vorhin /<br />

≈ jetzt /? wo chlashen denn die bilder hin, die WIR nebst<br />

höchsteigentlICHem mit punkt und beistrich selber an<br />

uns herum passtln? den haut+haar-ast, auf dem <br />

sitzt, solang wegkonstruieren, bis schwarten zu krammln<br />

//fettalarm!// werden? und als HEILmittelchen oder<br />

echtsubstitut: die schrift als mittel der vergegenwärtigung<br />

– als gleichzeitigkeitstrick der ungleichzeitigkeit?


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verfahren<br />

wo ist nun der feste grund, wenn man ihn //z.b. zum ka-<br />

tapulte aufstellen oder einfach nur zum zum-schmusen-<br />

hinlegen// braucht? (jaja dieses wirtuelle muss ja immer<br />

alles kaputt machen.) wo wär denn das wirtuelle, wenn<br />

niemand hinginge? soll heißen: zeichen sind eben auch nur<br />

zeichen und wollen als solche gebraucht werden. zeichen<br />

SIND von sich aus NICHTS, sie bedürfen NOTWEN-<br />

DIGerweise eines zeichenGEBRAUCHERS (= das stille<br />

örtchen, wo der lärm herkommt). die baudrillardsche ver-<br />

virrung ergibt sich eben aus diesem missverständnis. nicht<br />

die zeichen halten uns gefangen, nein - die zeichenbenut-<br />

zer stehen mit den handschellen (je nach monetärpotenz<br />

mit oder ohne plüsch) vor unserer tür (vulgo: firewall).<br />

---><br />

wie konnte das nur passieren?<br />

---><br />

natürlich sind diese (hyper-)platonischen und idealisti-<br />

schen /v/erklärungsmuster, in denen es weltgeistelt bis<br />

der krankenwagen kommt, im kreativ-proletariat gern ge-<br />

sehene gäste – da punktet man am vernissagenbuffet der<br />

erkenntnishö/h/l/le. und zum dessert denkt man sich mit<br />

seiner höchsteigenen kunst einfach ans tageslicht. !HUR-<br />

RA! der künstler als erlöser + so-gehts-zeiger! steht einem<br />

platon nicht so zu gesichte, na dann tricksen wir doch mal<br />

den hegel aus der tasche, auf dass die eigene kunst die sym-<br />

bolischste aller + somit das ende der GESAMTEN künste<br />

(nebst allen nebenkünsten wie z.b. feschsein etc.) sei, auf<br />

dass der weltgeist mit der höchsteigenen (=handgemach-<br />

ten) kunst zu sich selbst gebracht werde. jaja – ohne telos<br />

geht eben nix. naja + da wär dann noch besagte simulac-<br />

rum-simulationen baudrillardscherseits: da hilft eben nur<br />

der sensenmann, wenn mans wirklich mal richtig echt ha-<br />

ben möchte! schnippl schnappl + die bilder verlieren auch<br />

schon die brennenden zwillingsköpfe.<br />

was soll nun dieser höflersche da-schau-her-was-man-al-<br />

les-in-seinem-suffkopf-wissen-kann-bestenwisser-vortrag<br />

dem geneigten leser bedeuten? --> all diese netten philo-<br />

sophischen nebelmaschinen bauen ihre feinen luftschlös-<br />

ser auf der grundsätzlichen unterscheidung von: SEIN<br />

­ SCHEIN. ((((aufgepasst)))) da kommt auch schon die<br />

wunderschöne kunst auf einem einrad herangefahren +<br />

((((alle achtung: sie spricht zu uns))): „wertes menschenvolk,<br />

da ihr ja als menschleins zum schein verurteilt seid, bin<br />

ich gekommen, um euch das sein zu zeigen. wenn ihr mir<br />

also bitte jetzt ins ABSOLUTE folgen möchtet!“ HURRA<br />

HURRA HURRA //das puppilikum = extrem begeistert//<br />

der ingenieur der seele hat wieder beste arbeit geleistet. jaja<br />

welch schönste szene sich da vor unserem beobachtungs-<br />

auge abspüllt.<br />

ALLES FIRLEFANZ + grausbirnenernte hoch 2:<br />

solche eier jubelt uns ein zeichenbegriffskuckuck unter, der<br />

da behauptet, dass die zeichen die //ganze// welt so einfach<br />

mal aus dem ärmel geschüttelt abbilden. + wenns ums ein-<br />

gemachte //= wahrheit etc. kurz: DAS ABSOLUTE// geht,<br />

dann ruft man eben den priester = oder = künstler (= z.b.<br />

extremgenie), der aufgrund seiner gabe (≈ göttlich etc.) das<br />

sooooooo schwer abzubildende //das absolute// abbildet.<br />

HURRA GERETTET!!! alles bestens, in den besten aller<br />

möglichen welten! HURRA endlich mal ganz echt sein!<br />

und da kommt auch schon eine nette frage auf den bild-<br />

schirm marschiert: was tun?<br />

bestpreistipp: in wittgensteinscher manier den schürhaken<br />

schwingen! kurz: das zeichen ist ein werkzeug. das zeichen<br />

wird benutzt. der benutzer schafft durch das benutzen der<br />

zeichen welt //=so genannte tatsachen, positionen, etc.//.<br />

nicht abbilden - sondern schaffen.<br />

>>bitte + was is jetz mit dem künstler, herr „höfler“? bei in-<br />

teresse feuert er in zuuntersuchende systeme ---> legt sein<br />

ohr drauf ---> lauscht was denn so zurückkommt.<br />

((((((((((((!!! SCHAFFT POSITIONEN !!!)))))))))))))))))))))))<br />

((((((((((((((SCHAFFT PARADOXA))))))))))))))))))))))))))<br />

ja, guck ich. brauch brachialgeilet goldkett zum halsum-<br />

hänge!


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rbk: „die distribution von elementen, die ein ästhetischer<br />

zustand aufweist, hat eine gewisse ordnung, und das repertoire<br />

zeigt eine gewisse komplexität. die graduiertheit<br />

der ordnung ist eine frage der komplexität des repertoires.<br />

in diesem sinne gibt es also eine abhängigkeit des grades<br />

des ästhetischen zustandes, in den ein repertoire versetzt<br />

werden kann, vom grad der ordnung und vom grad der<br />

komplexheit. wenn M eine masszahl des grades des ästhe-<br />

Ä<br />

tischen zustandes ist, dann hängt er von den masszahlen<br />

ab, die den grad der ordnung und den grad der komplexität<br />

festlegen:<br />

M = f (O,C).<br />

Ä<br />

der amerikanische mathematiker g.d. birkhoff hat in seinem<br />

werk (1933) eine solche abhängigkeit<br />

des allgemeinen ästhetischen masses bewertet, wenn<br />

auch auf eine andere, nämlich mehr psychologische weise,<br />

begründet. er formulierte die abhängigkeit von O (ordnung)<br />

und C (komplexität) sogleich auch genauer, indem<br />

er das ästhetische mass durch den quotienten<br />

M = O/C<br />

Ä<br />

festlegte. wir werden ihn daher den birkhoffschen massquotienten<br />

nennen. er ist mehr oder weniger intuitiv eingeführt<br />

und mehr oder weniger empirisch begründet worden…“<br />

mit diesem zitat aus der einführung in die informationstheoretische<br />

ästhetik. grundlegung und anwendung in der texttheorie.<br />

6. numerische makroästhetik: der birkhoffsche quotient<br />

des anderen max = bense von 1969 wäre dann wohl position<br />

& paradoxon genug geschaffen? jedenfalls ungemein<br />

entkomplizierend, von den idealistischen hochgebirgen<br />

herabzusteigen & endlich mathematische messwerte an die<br />

stelle von seherischen gaben zu setzen.. da aber mit bense<br />

ein sprachlicher zustand nur sprachlich realisiert sein<br />

kann, „gehört er ganz und gar der sprachlichen eigenwelt<br />

der texte an, nicht ihrer nichtsprachlichen aussenwelt, also<br />

nicht dem, worüber gesprochen wird. die ästhetik eines<br />

textes bezieht sich nicht auf die objektwelt seines sogenannten<br />

inhalts, sondern nur auf die zeichenwelt, in der er<br />

realisiert wurde; sie betrifft also 1. die materialen elemente<br />

der sprache als solche und 2. die sprachlichen zeichen, zu<br />

denen diese materialen elemente erklärt werden.“<br />

ausflug ans andere ende der diskurse, nur um sich unter<br />

weiteren pyramiden (mathematischen idealgebilden geradezu<br />

mythischer ausdehnung) zu finden: mit dem wort<br />

„werk-zeug“ schon wieder im sand, dreht sich was fest: das<br />

zeichen verhält sich je systemische umgebung verschieden,<br />

was die frage nach seinem gebrauch in die zwischendecks<br />

der subroutinen schraubt, das gewinde dabei in mehreren<br />

schichten zugleich, mehr oder weniger intuitiv eingeführt.<br />

stattdessen positionen schaffen, wie dunnemals ein zwei<br />

viele vietnams, mit schreckschüssen auf die systeme materialanalyse<br />

betreiben, sagt hmx, wobei wir nicht wissen ob<br />

sein sagen nun selbst schreckschuss oder ergebnis von analyse<br />

vorgängiger schreckschüsse ist, oder geste des schreckschusses<br />

um die geste des schreckschiessens sogleich wieder<br />

aufzuheben, denn aufhebens gemacht wird ja genug gegens<br />

abheben anderer positionen, und sogleich wieder untergehoben<br />

vom spielermodus zur geste des spiels das den spieler<br />

hmx spielt, oder spielt der uns oder zielt sein möglichst<br />

kurzer knall auf dasselbe was mit anderen mitteln sts im<br />

modus uljanov sich zwischen den zeilen exekutiert? also<br />

werkzeug, verspielt. wie hiess noch der film, in dem der<br />

astronaut mit der unterm raumschiff festhakenden bombe<br />

diskutiert um sie zu überzeugen, nicht detonieren zu müssen,<br />

obwohl für den fall programmiert?<br />

sts: „dark star“, wenn mich nicht alles deuscht. der phil‘m<br />

mit dem eingefrorenen commander, der nicht aufgetaut<br />

werden darf, was allerdings die erlösenden, endlich-korrekten<br />

befehle zeitigen tät?<br />

hmx: //in einem akt, den manche schreiben nennen (mit<br />

mund z.b.), drückt auf seinem schreibttisch herum://<br />

jedenfalls ungemein entkomplizierend, von den idealistischen<br />

hochgebirgen herabzusteigen & endlich mathematische messwerte<br />

an die stelle von seherischen gaben zu setzen.<br />

schreibt rbk. hmx schreibt: mathematische messwerte<br />

– nein, seherische gabe – nein. das soll man beides nicht<br />

wollen sollen. „ich“ fordere natürlich keinesfalls eine mathematische<br />

beschreibungsform und noch viel weniger for


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verfahren<br />

dere „ich“ seherische gabe - und nein, „ich“ krame nicht<br />

in meinem schreckschusshalfter (zumindest noch nicht)<br />

//abgesehen vom vorspann-supper-kasper-beitrag//. und<br />

ja, natürlich beziehen zeichen ihre bedeutung aus der sys-<br />

temischen umgebung, in der sie verwendet werden. und<br />

nein, dadurch wird die frage des gebrauches nicht in ir-<br />

gendwelche subroutinen verschoben, sondern bleibt eine<br />

brennende. und ja, „ich“ höre jetzt mit dieser mich schon<br />

über gebühr nervenden rethorischen figur auf. und nein,<br />

„ich“ werde heute keinen 1zigen satz mehr schreiben. und<br />

ja, ende der ansprache.<br />

und ja natürlich hab „ich“ in bezug auf die letzten 2 sätze<br />

wie üblich gelogen. und nein, „ich“ find das genausowenig<br />

witzig wie ihr. und nein, das wort, der satz, der text, das<br />

tun etc. als werkzeug hat nicht verspielt, wie rbk attestiert,<br />

denn wenn spiel, dann nicht spiel um des spielens willen<br />

(vgl. ästhetischer inzest), sondern spielen um zu messen,<br />

zu testen - oder einfach nur um ein bisserl gemein (vgl. ex-<br />

trem böse, hölle, krampus, etc.) zu sein. und ja, das wars.<br />

hs: ohne emphase. natur minus x? unsinn mal schuss ins<br />

ofenrohr als echolot der erdoberflächen-sounddiscogra-<br />

phie … kunst sei es, wen zu finden, der aber meist da für<br />

bezahlt … so was von archäologischem prinzip, tausch<br />

grossen oder kleinen tod, war eh schon knüppelfad, aus<br />

luft gezwungene ästhetik für common sense gepflogenheit,<br />

jahrzehntelang einzigzulässig für höhere buben+töchter-<br />

fadess, die armen / um sich, beruflich soziallädiert, den-<br />

noch finden zu können für jahre ohne zukunftszwang das<br />

eine. das wir nicht meinen. dark star. schwarzes ei. dunkle<br />

materie des sozialen. blödsinn, insofern. bei null lust auf<br />

rhetorische lügen.<br />

3. ton spur<br />

rbk: wenn jemand kunst sagt zieh besser dein scheckheft,<br />

wenn jemand medien-kunst sagt aktiviere dein paypal-<br />

konto: „Der GP4 (Global Player) von Jens Brand funk-<br />

tioniert im Prinzip wie ein regulärer Compactdisc- oder<br />

Schallplattenspieler, mit dem man allerdings nicht die<br />

Rillen einer Schallplatte, sondern anhand von Satelliten-<br />

Umlaufbahnen die Erde virtuell abtasten kann. Topogra-<br />

fische Daten werden vom G-Player interpretiert und in<br />

einer exakten akustischen Entsprechung als Audiodateien<br />

wiedergegeben.<br />

Brand hat den GP4 von Anfang an als Produkt konzipiert<br />

und entsprechend seine Installationen als Messestand<br />

inszeniert. Mobilität und Verfügbarkeit sind auch in der<br />

Musikindustrie die Maximen des neuen Produktmarke-<br />

tings und so wurde aus dem G-Player in Anlehnung an die<br />

neuesten Phänomene Musikmarkt revolutioniert haben,<br />

der portable G-Pod und die Online-Version G-Turns.<br />

In der neuesten Version G-Turns.com kann jeder User die<br />

Erde auf seinem eigenen Rechner „abspielen“. Die Erde<br />

als Klangerlebnis ist in drei Preiskategorien erhältlich, die<br />

abhängig sind von der durch die Satelliten-Umlaufbahn<br />

abgetastete Strecke zwischen zwei Koordinaten, die vom<br />

Benutzer frei gewählt werden können: 5 Minuten sind be-<br />

reits für 4,95 Euro erhältlich, für 15 Minuten bezahlt der<br />

User 14,95 Euro.“<br />

sts: na tosend die debatte, seit google earth, eh klar, ob das<br />

jetzt werkzeug von mündigmachung/befreiung wär, oder<br />

bloß n neues tool des allumfassenden panopticons…? dass<br />

kunst, die solches anrührt, eben konsumartikel notwen-<br />

digerweise auch ist, sehen wir dann am GP4 sehr hübsch.<br />

kunst verwirklichen qua abschaffen? oder abschaffen qua<br />

verwirklichen? ersteres ist dann in solch-diesen konsum-<br />

spielchen im gangeS, zweiteres, leider, KONKRET nur<br />

fasslich in den diversen hippie-enklaven bzw. beuys-ton-<br />

bänder-anbetungs-gemeinden.<br />

hs: und ein adapter für glück, subjektiv.<br />

ein mainstream für glückhafte abweichung, relativ.<br />

eine wut auf soundings alsob innen+idioten, die sowas be-<br />

haupten, genial.<br />

ohne statement zum prozess, drifting. wir vergleichen his-<br />

torisch, dann loopen wir. und wem‘s schwindlig wird.<br />

late entry.<br />

spit off / fire.<br />

nun gibt es die verkäuflichkeit ästhetischer statements,<br />

die riskanten popsongs, so heavy wie frühling plus/minus


1<strong>00</strong><br />

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zwei wochen, risiko macht, gute güte ob früher oder später,<br />

glück zum auslaufmodell. dennoch sehr genau tasten wir<br />

oberflächen ab und.<br />

was ist los?<br />

wissen wir alle.<br />

dass es aleatorische scherze gibt?<br />

jaja. jaja. vorwärts und vergessen. verliert schneller, genos-<br />

sen.<br />

sts: um mit dem franzosenbrot „verlust“ unterm arm dann<br />

was genau anzustellen? was, das nicht noch etwas zeit ge-<br />

habt hätt? es runterschlucken zb? spit it aut. sonne-statt-<br />

raygun, bruthaman.<br />

rbk: ouiouioui, le TGV a pulvérisé mardi le record du<br />

monde de vitesse sur rail, en atteignant 574,8 km/h sur<br />

la ligne à grande vitesse est-européenne, un exploit tech-<br />

nique et industriel, ziemlich flinkes baguette auf der stre-<br />

cke heute. also gewinn, volles rohr statt durchleuchtung<br />

der verhältnisse, wird frühling grade, oder? schulterzu-<br />

ckend verschieben wir die arbeit am fundament auf später,<br />

richten uns lieber weiter oben einen platz an der sonne,<br />

vielleicht im retro-design mit hollywood-schaukel, oder<br />

àpres-ski forever mit höhenrabatt? was macht schon, dass<br />

es bröckelt da unten? wenns zerfällt, hat es der linke aus-<br />

senverteidiger als erster gewusst, ist ja materialist, träumt<br />

vom sturm & weiss wie der speck auf die kante fällt. man<br />

kann nicht sagen was einem lieber ist, bigotte kapitalisten<br />

die sonntags die kirchenbank drücken – oder zwinkernde<br />

linke, die entwicklung der ego-ag-ressourcen als spiel<br />

unter gegebenen bedingungen definieren, bei sogenannt<br />

vollem bewusstsein der hauptwidersprüche die am sank-<br />

tnimmerleinstag schon einer lösen wird, bei absehbarem<br />

erfolg stünde man dann auch bereit. von der struktur her<br />

kein unterschied zwischen den beiden, aber wir haben echt<br />

nicht die zeit, jetzt auf strukturen zu achten…<br />

jedoch glück, wovon hs spricht, eine neue kategorie abwirft.<br />

watzlawick tot, holen sie sich keinen zug heute ermahnt der<br />

wettersprecher, die natur einer beziehung ist durch die inter-<br />

punktionen der kommunikationsabläufe seitens der partner<br />

bedingt wie watzlawick zu wissen vorgibt im axiom num-<br />

mer drei, punkti punkti strichi strichi. deshalb glück, im<br />

un oder watt? aber was, wenn wir die zeit nicht hätten, all<br />

die langweiligen hopsnehmer denen man verklickert hat<br />

dass z.b. ideologie böse, komplexität ideologie, & deshalb<br />

flutschendes gackern auf den geläufen voll der trend, nicht<br />

zur kenntnis nehmen zu können, weil sie leider mit der<br />

ent-ideologisierung das denken aus der wanne schüttelten?<br />

nichts ist langweiliger als grob verdachtes, da hilft keine<br />

verblendung, z.b. huschhusch-authentizität, nah-am-puls<br />

& youngster-alluren die im übrigen von den alten hasen<br />

leise verordnet sind, sie zu begeilen (und nichts ist lächer-<br />

licher als objekte, die ihr objektsein als autonomie miss-<br />

verstehen weils was abwirft für den moment). was freilich<br />

unter die commonsense hier fällt, aber auch gemäht sein<br />

will. weisen wir noch darauf hin, dass besonders gelun-<br />

gene hohlschliffe bei rasiermessern z.b. unterm label ‘pri-<br />

ma klang’ eigene melodeyen durch den bart schneiden,<br />

egal ob man nun über den löffel balbiert oder nicht. wie<br />

etwelche medienkünstler die hierin sich eröffnenden mög-<br />

lichkeiten schon zu erschliessen im begriff sind, entzieht<br />

sich unserer kenntnis: immerhin liesse sich thema körper<br />

mit thema schönheit mit thema verletzung mit thema alte<br />

kulturtechnik mit thema stahlverarbeitung (sponsoren!) zu<br />

prima kontoklang vernetzen, minikameras begleiten den<br />

schnitt durch den wald indessen ein nackter schauspieler<br />

im hintergrund die zeichnungen wilhelm von humboldts<br />

aus dem amazonasdelta (thema natur-kultur-gegensatz,<br />

themenbereich präzivilisatorische stammesorganisation &<br />

post\kolonialismus, siehe anträge zu sonderförderung!) an-<br />

zufertigen scheint, um nur ein beispiel zu geben. willkom-<br />

men in der welt von gp8, kaufen sie sich ein messer und<br />

werden sie künstler, weil wir alle doch welche sind sagte<br />

mal ein herr heuss, oder neuss? it‘s so easy, to entertain<br />

you…<br />

sts:<br />

(1) (eine werbeeinschaltung)<br />

Herr Neuss, Erfinder, präsentiert dem staunenden<br />

Publikum den ERWEITERTEN KUNSTBEGRIFF<br />

(patent-no. 0815-12-34-56-78):


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verfahren<br />

Das neuartige System eignet sich hervorragend<br />

zum gemeinsamen Einsatz mit dem<br />

ERWEITERTEN WIRTSCHAFTSBEGRIFF (patent-<br />

no. 4711-17-04-1917) –<br />

man beachte hiezu den vielseitigen Metaphysik-Ad-<br />

apter an der Spitze!<br />

Rufen Sie noch heute an! Sie erhalten ein Origi-<br />

nal-Sammlerstück! für Freunde des Flugzeugtyps<br />

„JU-87 Stuka“ (nur leichte Absturzspuren) gratis<br />

dazu!<br />

(2) je, der linke aussenverteidiger, die drecksau. steht auf<br />

der glitschigen tonspur rum, träumt vom sturm und hält<br />

sich nur durch den solchen – halluzinierten! – rückenwind<br />

im gleichgewicht, wenn die spur sich dreht, mit der platte,<br />

die die welt ist (weil aufklärung samt dem verwirrenden<br />

gerede von kugelgestalt et al. ist ja abgeschafft!). von wei-<br />

ter unten, nadelwärts, dröhnts schon vom glück der dif-<br />

fer- dank der konkurr-enz, und wurscht, ob er mit- oder<br />

gegensingt, der verteidiger, die nadel! nähert! sich! da hilft<br />

bloß kicken, treten, dribbln, und ist aber der untergrund,<br />

die spur, der hohlweg glitschig, also heisst dann sowas:<br />

strategische gefährdung der sicher geglaubten grundlagen<br />

(einlassung von anderswo ON: was halblinke ex-spontis<br />

als parole ausgegeben haben, als die mauer weg und ber-<br />

lin wieder HAUPTSTADT war: „sich positiv an der er-<br />

innerungsschlacht beteiligen!“ einlassung von anderswo<br />

OFF). fragt sich das arme schweindi, bis zum saum des<br />

sprichwörtlichen wildledermantels in gatsch gesunken,<br />

wie konnte es nur! soweit! kommen! und das ist ja auch<br />

wirklich die angebrachte frage.<br />

rbk: plattnschranken, aha, man nadelt noch im datenwald<br />

& legt die altn scheibn auf, lässts knistern zwischen rille<br />

& raspl läuft was mit, bekannte frage: nassabspieler? dass<br />

berlin wieder wäre, trumpfts aus ostbezirken, passt nur<br />

ins westhirn rein: hauptstadt der de de er wars nämlich<br />

jenseits des mäuerchens auch, bloss westbe tummelte im<br />

alliiertnmodus & liess sichs gutgehn am tropf. wildleder-<br />

mantelmänner hörn sich freilich nach altn pladdn an, weit<br />

im westen wo der degen hart & die böden trächtig, das ge-<br />

söff. jaja, wenn der senator erzählt, von den hüttenwerken<br />

& seinen schmuddelkindern…<br />

sts: und solches alt-nasse abspielen, nein erstmal ab-pres-<br />

sen der standort-erde zur scheibe, pladde, disc – solches<br />

metaphernbrechen: aus der plattenrille die hohlgasse das<br />

schlammloch oder andersrum & die bahntrasse noch oben-<br />

drauf („sender – universalchiffre – empfänger“, bruhaha)<br />

und hier mal sei nun STANDORT!: solch-alles bloß, um<br />

das zu fassen zu kriegen mitm bildchen (bin katholisch ge-<br />

prägt, was sollich machen):<br />

das was?: na das das: geschichtsbewusstsein futsch. be-<br />

wusstseinsbetrieb wohlsegmentiert, horizontal wie verti-<br />

kal, durchschaubar, aber nicht zu sprengen. die NORMA-<br />

TIVE KRAFT DES FAKTISCHEN rules.<br />

will gesagt haben: metaphernsalat, um rbk zuzustimmen.<br />

mehr als das: als angebot ans weitere: nicht ein noch fuck-<br />

ing aus zu wissen hier. erzählt mir, ihr lieben.<br />

4. Rücken wir den bind! also bondage pur z.b.<br />

hmx: also: der ganze metaphernsalat kurz kopiert: so lasset<br />

uns den faden zurückspinnen an z.b. den anfang.<br />

mit einem schönen (+ somit feinsten) kameraschwank<br />

richtet sich das objektiv zurück an den 0punkt. KV. der<br />

ausgang. als kontrolle (?). und verfahren also methode<br />

(vulgo: poetik). was muss das heißen können? die frage,<br />

die natürlich VERALLGEMEINERBAR = (=ist), war-<br />

um muss „ich“ (= sts, rbk, hmx) hier schreiben [mit stift<br />

oder einfachem drücken der tastatur]? warum wird man<br />

einfach so (= zufällig [vgl. extrem würflig]) so zu einem<br />

101


102<br />

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kontroll<br />

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schreiben eingeladen [vulgo: angestellt]? wer braucht wen?<br />

+ z.b. warum? ein gemeiner bursche betritt die bühne und<br />

brüllt einen satz, von dem mich schon jetzt distanzie-<br />

ren möchte: z.B.: „braucht ihr neues blut?“<br />

+ im allgemeinen, was ölt die maschine (event. laufrad)?<br />

[und als draufgabe gibt es 1x keine antwort - stichwort:<br />

selber reimen o.ä.]<br />

{[und dieser eintrag (= 1,5 satz) dient einfach nur dazu,<br />

ihre augen derart müde zu machen, dass sie keinen wei-<br />

teren satz mehr lesen können und somit naturgemäß den<br />

letzten satz als den besten halten. = punkt.]}<br />

rbk: kontrollverfahren, für birgit sauer, künstlerin im bur-<br />

genland, schrieb ich mal einen text der so hiess, weit nach<br />

mitternacht auf ein tape gesprochen in der mit blauer<br />

ölfarbe gestrichenen küche unweit vom ostkreuz, berlin.<br />

krank, sehr krank, röchelnd, hustend, das tape sollte fertig<br />

werden, da war 1e ausstellung in potsdam & dieser text lief<br />

da so mit, den ganzen tag über den bildern das in 2 decken<br />

gewickelte denken im fieberkopf, ich erinnere mich an ein<br />

kühlschrankproblem bei der aufnahme, ich erinnere mich<br />

so krank gewesen zu sein dass mir nicht eingefallen ist den<br />

einfach auszuschalten, stattdessen wartete ich die heizpha-<br />

sen des gerätes ab um später weiterzulesen, sass fröstelnd<br />

in dieser blauen küche nippte am tee, tags wäre nicht<br />

möglich gewesen den text in die stille zu sprechen, zuviel<br />

umgebungsgeräusch in dieser mietskaserne über einem<br />

waschsalon & einer metzgerei, anfang der neunziger, ost-<br />

kreuz, kontrollverfahren. gruppe p nahm diesen namen &<br />

setzte ihn über das, was schon jahre lief, auseinanderset-<br />

zung, positionsklärung, abtausch von argumenten, abfuhr<br />

psychischer energien nicht weniger, gruppe p hat vor der<br />

einrichtung des kontrollverfahrens paar tausend seiten<br />

brief produziert, anfangs noch mit marke drauf denn am<br />

ostkreuz dauerte es ein bisschen mit den dsl-anschlüssen,<br />

auch in graz waren noch viertelanschlüsse analog zu ha-<br />

ben. kontrollverfahren 1 in p33, 1997 das erste heft nach<br />

der recyclingkartonphase der covergestaltung, leuchtend<br />

orange mit gelber neonschrift kv, partyfarben. gedacht<br />

war die textsorte so: schnelles reagieren aufeinander, ohne<br />

festlegung der fachsprache, punkt um punkt die möglich-<br />

keit zur reaktion aufeinander und übereinander hinaus.<br />

schnelles durcheinander von debatten, auf ebensolche wei-<br />

se vorgetragen, oft in verteilten rollen, als synchronspre-<br />

chen gleicher & differenter teile, ein bühnenstück das zwi-<br />

schen theorie & komödie oszillierte, gelegenheit gab die<br />

extrema in der gruppe produktiv zu mobilisieren. gruppen,<br />

kollektive, haben die tendenz zur erstarrung in fundamen-<br />

taloppositionen, zur produktion von symbolischen kontra-<br />

positionen die zu fetischen der konkurrenz degenerieren.<br />

gruppen, kollektive, operieren mit schwierigen verfahren<br />

der historisierung, die teils kollektiv memorieren, teils<br />

eigenanteile verabsolutieren, jeder erinnert anders & alle<br />

zusammen das falsche zugleich. kein makel bestimmter<br />

gruppen, sondern logische struktur von interaktionen, für<br />

die man geeignete instrumente finden muss, methoden der<br />

objektivierung die transparent genug sind, & von allen be-<br />

teiligten betrieben werden. beobachtung & beobachtung<br />

der beobachtung &&, etwas zur sprache bringen. instru-<br />

mente aber beeinflussen, wie wir wissen, das ergebnis des<br />

versuchsaufbaus nicht unmassgeblich, produzieren in der<br />

konstruktion eingeschlossene ergebnisse die mit denselben<br />

mitteln nicht mehr reflektiert werden können, weshalb ich<br />

in gruppe p für aussetzung des verfahrens eintrat. wie aber<br />

kommen hoefler & schmitzer in dieses spiel? wir hatten<br />

wie wir erinnern eine in mails ausgefochtene, dann auf<br />

einem podium wiederaufgeführte debatte, frau schalk die<br />

herren hoefler schmitzer & ich, mit schranz als cicisbeo<br />

vielleicht. paar monate danach tauchten fragen auf, bzw.<br />

rückmeldungen der herren hoefler & schmitzer einiges<br />

damals diskutierte betreffend. weshalb ich vorgeschla-<br />

gen habe, das eigentlich suspendierte verfahren in neuer<br />

konstellation erneut anzuwenden, um sich diesen fragen<br />

zu nähern, um das einmal begonnene gespräch weiter fort-<br />

setzen zu können. es handelt sich also mitnichten um ein<br />

erschleichen von transfusionen, sondern um das zurverfü-<br />

gungstellen eines von gruppe p erprobten instruments zur<br />

fortsetzung einer debatte. blutspenden bitte an den dafür<br />

vorgesehenen sammelstellen abgeben, bitte…<br />

dass kontrollverfahren aus den naturwissenschaften kom-<br />

men, zur überwachung und überprüfung von experi-<br />

menten, muss nicht erwähnt werden. vielleicht eher, dass


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verfahren<br />

der begriff seit dem 5. juni 1945 ein anderes experiment<br />

betrifft: das sogenannte ‘kontrollverfahren in deutschland’,<br />

überwacht vom alliierten kontrollrat der sich aus den vier<br />

oberkommandierenden der besatzungstruppen generiert,<br />

in der sonderfalle berlin durch eine interalliierte behörde<br />

mit vier kommandanten, die abwechselnd als hauptkom-<br />

mandanten fungieren und die tätigkeiten der örtlichen<br />

deutschen behörden überwachen und kontrollieren. es<br />

geht da um die erfüllung von forderungen, die sich aus der<br />

bedingungslosen kapitulation ergeben haben, für jene pha-<br />

se namens besatzungszeit, die erst mit dem wiederhaupt-<br />

stadt(beiderdeutschlands)werden berlins endet. fröhliches<br />

umverwenden nun dem, der begriffe wie ‘besatzung’ ‘ka-<br />

pitulation’ ‘kommandant’ ‘erfüllung’ etc. auf die belange<br />

unseres kontrollverfahrens rückmünzen möchte…<br />

sts: umkehren der macht-logik oda wie? ohnmacht-mit-<br />

grosser-klappe (zb autonomeR) oder macht-im-modus-<br />

ooch-wie-lieb (zb redenwirdrüber-psycho-pastor)…… bis<br />

dann die begrifferln aufs feld purzeln und was anrichten,<br />

impact hier, impact da, und siehe, ein riss im asphalt<br />

(„that‘s how the light gets in…“) des erlebens.<br />

ist das kv hier wiederbelebet (nach zwei wochen brach-<br />

liegung). wodurch, für mich? nun... das gesellschaftliche<br />

dasein schlägt purzelbäume, ein funken des möglichen!!!<br />

wartet darauf, überzuspringen, kurz —— haus besetzt.<br />

und noch!!!! (stand: samstagnachmittag, 18 stunden nach<br />

der besetzung) hat die gendarmerzeipolimie bloß geschaut.<br />

viel zu wenige natürlich, auch sich linx dünkende mitmen-<br />

schInnnen, die bereit waren, spontan mitzuhelfen. wo aber<br />

eine selbstermächtigung von sog. „einfachen menschen“<br />

(nachbarn usw.) mit wohlwollen registriert und klar die<br />

interessenslage erkannt wird, da geschieht, was viel zu ger-<br />

ne bloß der arbeit an SPRACHE (ergo uns, kontrollver-<br />

fahrenen) zugetraut wird: wahrnehmungsweisen des wirk-<br />

lichen werden geschaffen, die „gerade eben“ noch nicht da<br />

und noch nicht denkbar waren.<br />

somit: hat DAS FAKTISCHE uns der KONTROLLE un-<br />

terworfen. d‘annunzio schau owa.<br />

nachtrag: nach 22 stunden, samstag-frühabend, mangels<br />

unterstützung durch die werktätigen und sonstige massen<br />

(s.o.), mussten die 10 ausharrenden personen dem druck<br />

der cobra weichen, die aufmarschiert ist. während zur glei-<br />

chen zeit, auf stadtpark, SUb (alternativtanzbierlocation)<br />

und FORUM (diskursabteilungsschaufenster) verteilt,<br />

wahre hundertschaften von menschen auf ihre jeweiligen<br />

weisen party machten, menschen mithin, die die eine oder<br />

ander art von links-schick zur schau trugen. zehn sind, so-<br />

viel immerhin, besser als nullullull; und ein beispiel, das<br />

sich rumspricht und beschämt, mag als kritik – als, s.o.,<br />

KONTROLLVERFAHREN – das eine oder andere an-<br />

richten.<br />

das alles dann mit der implikation, dass unsere party-<br />

leiber texte sind, und jede HANDLUNG MODIFIKATI-<br />

ON bedeutet. was bedeutet es also, nen modus wählen zu<br />

können, frage jetzt im anschluss an viel weiter oben? - den<br />

leib, und was auf ihn geschrieben ist, der kritik der sicht-<br />

istgleich lebensweisen zugänglich zu machen. erstmal den<br />

eigenen. den von fremden, freunden, hintendrein.<br />

10


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kontroll<br />

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rbk: aha, beobachten wir vorerst nur den ruck den das<br />

macht, sich mobilisiert zu haben, etwas das in die sprache<br />

sickert dann, sowas wie bedeutung. eine immobilie, zehn<br />

besatzer, die damen&herren kollegen von der cobra ma-<br />

chen eine situation, das zählen der abgetrotzten stunden,<br />

jede menge echtheit. ob freilich eine hausbesetzung 2<strong>00</strong>7<br />

das nicht denkbare ermöglicht?<br />

als ich zu perspektive kam, stritten die vorhandenen redak-<br />

teure gerade um veränderung der bisherigen blattlinie: heft<br />

18 / nov 1989 hatte soeben ein gespräch mit carlo, dem<br />

hausbesetzer, gebracht, alle namen von der redaktion geän-<br />

dert, das foto zeigt besetzerInnen von hinten, aber beklei-<br />

det, tatort körösistr, die redaktion bittet um sachspenden.<br />

die redaktionelle debatte lief nun zwischen offener konzep-<br />

tion & ästhetischer konzentration: alfred ledersteger ver-<br />

trat die position, alle formen alternativen widerstandes &<br />

alles literarisch junge, halbwegs gleichgesinnte, sammeln<br />

zu wollen, während sperl & schranz dagegen setzten, dass<br />

literarische beliebigkeit & diffuses protestmilieu gerade das<br />

zu überwindende wären, zugunsten ästhetischer präzision.<br />

damals ein p-interner ruck in richtung literaturliteratur,<br />

das metaschreiben im weitesten sinne, freilich ohne politischen<br />

dissens mit etwelchen hausbesetzern, im gegenteil,<br />

nur wollte man literatur nicht bruchlos in den dienst<br />

allgemeiner interessen stellen, lieber das haus neben den<br />

höfen der kanonisierten und nebenkanonisierten mit ästhetischen<br />

mitteln ebenso instandbesetzen vielleicht. was<br />

man positiv wollte, war etwas verschwommen, eine zeitlang<br />

immerhin tanzte das team aus kreidl, sperl, schranz<br />

& irgendwann auch mir (bei allmählichem zurücktreten<br />

von ledersteger und ohrt) dann auf einem schmalen seil,<br />

eine rebellion die schon historisch gewesen ist aber sich<br />

in nischen nicht weniger lustvoll wiederholen kann, nur<br />

der kater kommt schneller dann. war also ein abschütteln<br />

des all-in-one-geräts damals, zugunsten eben machbarer<br />

radikalität unterm titel ‘kommt gesicht’ (p20 / nov 1990),<br />

neben dessen editorial der satz ‘hier sind die jüngeren am<br />

älterwerden’ schlauer war als sein verfasser damals wissen<br />

konnte. nicht ohne witz, nach 18 jahren darauf zurückzukommen,<br />

in diesem zusammenhang: das besetzen von<br />

häusern. wohnen ist juristisch das, was biologisch atmen ist,<br />

schrieb ledersteger in seiner einleitung zum gespräch mit<br />

carlo. riss im asphalt des erlebens, schreibt nun sts, und das<br />

faktische hat uns der kontrolle unterworfen, schreibt er auch.<br />

die erfahrung autonomer handlung (wenn wir ‘autonom’<br />

hier mal in der einfachen form von selbst-ermächtigung,<br />

eigen-verantwortung, lesen & insofern ein handeln implizieren,<br />

das nicht den etablierten reglements zu folgen vermag,<br />

sondern eigenwert setzt, bruch mit gängigen verhältnissen<br />

– die immer eigentumsverhältnisse sind) führt zu<br />

einem authentizitätsschub, der als riss interpretierbar wird:<br />

der flash, das licht das durch den riss fällt, hübsche sache.<br />

asphalt, der strand darunter, licht auf haut die man nicht<br />

zu markte trägt. aber das faktische, das uns der kontrolle<br />

unterwirft? prüfung unseres verhaltens angesichts der<br />

herausforderung, nun mit zu besetzen oder lieber party<br />

zu machen? den leib der kritik der lebensweisen zugänglich<br />

machen, schreibt sts, was irgendwie nach verfügung klingt,<br />

ein hineinhalten des selbst in die sich schaffenden fakten.<br />

ob d‘annunzio [schau owa, schreibt sts] den 10 im haus nun<br />

gratuliert oder den herren der cobra lieber ein nationales<br />

erbauungsgedicht vorgelesen hätte vor dem zugriff, wer<br />

weiss. soldaten eines erschiessungskommandos vor der<br />

exekution von deserteuren hat er welche gelesen, nach der<br />

isonzoschlacht nummer zwölf oder battaglia di caporetto,<br />

nach dem zusammenbruch der italienischen frontlinie;<br />

oberleutnant rommel übrigens bekommt zur gleichen zeit<br />

den pour le mérite für die erstürmung irgendeiner höhe namens<br />

matajur…<br />

sts: „den leib der kritik der lebensweisen zugänglich machen,<br />

schreibt sts“, schreibt rbk, und unterschlägt da zween aufzählungen,<br />

denn das zitat geht etwas länger, lautet „den<br />

leib, und was auf ihn geschrieben ist, der kritik der sichtistgleich<br />

lebensweisen zugänglich zu machen“, und das<br />

heisst ja dann was anderes. was nämlich auf den leib geschrieben<br />

ist, auf fast jeden leib, und viel rigider als vor<br />

zehnzwanzig jahren p- und welt-geschichte, ist, dass die<br />

bestehende (rbk stellt klar, besitz-) ordnung die bleibende,<br />

natürliche, richtige wär. und da ist dann all das, was „autonomes<br />

handeln“ so in der mitwelt provoziert, sehr wohl


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verfahren<br />

KRITIK an diesem TEXT (was, auf billig getrimmt, mal<br />

hieß „move your arse, your mind will follow“).<br />

und weiter: geht es ergo um die frage ganzganz am anfang<br />

des kontrollverfahrens: dies also ist, was es bedeutet, einen<br />

MODUS wählen zu können.<br />

hmx: //schreibt für ein für kritik bezahlendes puppilikum in<br />

leserlichsten und ordentlichsten buchstaben// mal eine auge<br />

raus aus dem gesicht - sprich: geworfen - auf den in wort +<br />

bild wounderbar herdargebrachten sachverhalte: der da ist:<br />

eine (schulbus:letzte-reihe-ist-besetzt)-besetzung. wie wur-<br />

de nun mit wilden wortgewachel argumentiert? sts-seitig<br />

besagte besetzung sei als faktisches zu verstehen, das nun<br />

an das links-schicke partygevolk gretchens kontrollfrage<br />

stellend ist: „nun sag, wie hast du‘s mit theorie und pra-<br />

xis?“ ach und weh und schmerz, wer hätts gedacht, dass<br />

niemand von den parties aus dem haus da lacht.<br />

welcher gedanke geht hierbei vor sts auf und ab? zu beginn<br />

klären 1x, von welcher praxis und von welcher the-<br />

orie hier gesprochen wird:<br />

1.) theorie - im kontext dieses hier produzierten und hier-<br />

nach verkauften textes - entspricht dem, was durch-<br />

aus als poetik oder ästhetische methode bezeichnen kön-<br />

nen.<br />

2.) praxis - im kontext dieses hier produzierten und hier-<br />

nach verkauften textes - entspricht dann dem, was <br />

durchaus als poetisches/ästhetisches/ handeln oder han-<br />

deln nach bestimmten ästhetischen methoden bezeichnen<br />

können. diese praxis bleibt notwendigerweise zweierlei<br />

komponenten verpflichtet: 2.1.) der kunstgeschichte (=<br />

summe aller als kunst titulierten artefakte nebst deren the-<br />

oretischen grundlagen [=poetiken etc]) 2.2.) den kon-<br />

kreten gesellschaftlichen abhängigkeiten, durch die das<br />

gesellschaftliche teilsystem kunst untrennbar mit anderen<br />

gesellschaftlichen teilsystemen verbunden (vgl bondage<br />

etc) ist.<br />

nun zum wandernden gedanken: bei der praxis besagten<br />

besetzens eines grazhauses von einer ästhetischen praxis<br />

zu sprechen, wäre wohl überzogen, wodurch gretchens<br />

kontrollfrage diesbezüglich ins leere ginge. (vgl. äpfel und<br />

birnen) flutsch. aber achtung rutschgefahr! da is ja auch<br />

schon ein schatten am röntgenbild des gedankens: welches<br />

argumentationsskelett liegt da auf dem desktop vor oder<br />

auf? welchen mehrwert könnte nun diese überwindung<br />

der party-besetzungs-differenz abwerfen? rbk nennt dies<br />

authentizitätsschub, nennen es den wunderbaren credibility-booster.<br />

und schon sind wieder bei unserem<br />

bild-problem, bei dem sich „authentizität“ als das sich<br />

wunderbar zu eigenkapital verwandelbare simulacrum<br />

gebärdet. pimp your glaubwürdigkeit : kurz : erschieße<br />

marktwirtschaft für suhrkampdeal!<br />

und jetzt schaut mir jemand beim schreiben zu!<br />

sts: is eh lustig.<br />

hmx: bin bald fertig<br />

sts: darf ich trotzdem gleichzeitig?<br />

hmx: ja mach nur. lassen wir das dann stehen? ich hätt<br />

nichts dagegen – stichwort: produktionsbedingungen.<br />

sts: ok, aber dann streich ichs unten wieder weg, das is nur<br />

verwirrend.<br />

hmx: //weiter im text:// dies ≠ diskreditierung der nichtästhetischen<br />

praxis schlechthin. //nein, nein, das will der<br />

ontische maxi ganz bestimmt nicht so verstanden wissen//.<br />

sondern: sprechen wir in einem ästhetischen kontext über<br />

praxis, so werden hierbei ästhetische kriterien/theoreme<br />

schlagend, die unter anderen prämissen (produktionszusammenhänge<br />

etc) stehen als nichtästhetische praxen. wäre<br />

dem nicht so, so wäre die arbeit, die das ontische „ich“<br />

(=markus höfler) zum überleben (=habba,habba) in einem<br />

obdachlosenheim verrichtet, ein qualitätsmerkmal seiner<br />

künstlerischen arbeit. das dies nicht der fall =, = evident.<br />

ENDE DER DURCHSAGE.<br />

sts: hab mich auch nicht hingstellt und gsagt, dass „hausbesetzungslit.<br />

= gute lit.“ oder so. bloß, dass da mal evident<br />

wurde, in welchen weisen ein KONTROLLVERFAH-<br />

REN am eigenen habitus sich zb vollziehen kann. dass<br />

ästhetische praxis davon unbeeindruckt wäre, wer sie<br />

wo für wen treibt, wird klar bestritten. und: rbk schrieb<br />

(und da muss ich jetzt suchen gehen) „gruppen, kollektive,<br />

operieren mit schwierigen verfahren der historisierung, die<br />

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teils kollektiv memorieren, teils eigenanteile verabsolutieren,<br />

jeder erinnert anders & alle zusammen das falsche zugleich.<br />

kein makel bestimmter gruppen, sondern logische struktur<br />

von interaktionen, für die man geeignete instrumente finden<br />

muss, methoden der objektivierung die transparent genug<br />

sind, & von allen beteiligten betrieben werden.“ verstehe ich<br />

so, dass die methode „aktion im sozialen dasein“ theorie-<br />

erinnerungsschichten wieder mit einer erfahrung koppelt,<br />

diskutierbar, beleuchtbar macht, sodass sie nicht mehr<br />

differenzfetisch sind, sondern sich als – in der gegebenen<br />

lage – noch oder wieder nützlich resp. nicht nützlich er-<br />

weisen. beides ein geschehen, welches das katalogsystem<br />

im subjeksschädel produktiv durcheinanderbringt und zu<br />

neu(zu)ordnung zwingt. eben: ich-jetzt kritisiert ich-vor-<br />

hin-am-schreibtisch. und das kritikverfahren sei dasselbe<br />

wie in der literaturkritik.<br />

hmx: das („hausbesetzungslit. = gute lit.“) war als solches<br />

von dir nicht unbedingt damit gesagt worden. der punkt<br />

meiner argumentation war der, dass hier eine überwin-<br />

dung einer differenz gefordert wurde, die als solche nicht<br />

einforderbar ist. (vgl. äpfel-birnen-problem). eine ästhe-<br />

tische theorie kann keine außerästhetische praxis einfor-<br />

dern. (hiermit ist natürlich KEIN autonomiestatus der äs-<br />

thetik implizit mitbehauptet). mit einem //ästhetischen//<br />

kontrollverfahren hingegen lassen sich durchaus nichtäs-<br />

thetische praxen reflexiv rückbinden.<br />

sts: andersrum, hmx! eine ausserästhetische praxis kann<br />

(wennschon nicht als kriterium, so doch) als spiegelung,<br />

als gegenüber, als relevante KONTROLLPOSITION auf<br />

ein ästhetisches verfahren wirken. das geht. warum auch<br />

nicht?<br />

hmx: ja, natürlich. natürlich schafft außerästhetische pra-<br />

xis situationen, die für ästhetische produktion relevant sind<br />

und mit der auf gewisse art umgegangen werden muss.<br />

aber was soll mit dem besetzer-beispiel gesagt werden? ist<br />

es eine forderung nach einem schulterschluss mit den be-<br />

setzern, so ist dies genau jene überwindung einer differenz,<br />

die in diesem kontext nicht relevant ist (vgl. äpfel-birnen).<br />

denn damit würde man sagen: „wenn deine kunst soooo<br />

anti-gold-kunst ist, dann musst du auch ein haus besetzen.<br />

tust du das nicht, dann ist deine kunst nicht authentisch =<br />

gaxi“. authentizität ist KEIN kriterium für irgentwas.<br />

dass - wie du/sts/ schreibst - HANDLUNG MODIFIKA-<br />

TION bedeutet steht //für // natürlich außer frage<br />

(vgl. hierzu meine extrem wounderbaren ausführungen in<br />

pkt. 2: symbol. tausch), was dies aber für die ästhetische<br />

produktion bedeutet, da divergieren unsere meinungen:<br />

dass die handlung des zimmer-aufräumens durchaus eine<br />

modifikation meiner umwelt darstellt, wird wohl unbestrit-<br />

ten sein. dass diese handlung aber zu einem ästhetischen<br />

phänomen wird, hierzu bedarf es noch weiterer prämissen.<br />

(z.b. deklaration dieses handelns als kunst nebst theore-<br />

tischer fundierung, sowie den kunstmarkt, der bereit ist,<br />

dafür zu zahlen)<br />

dass die praxis der hausbesetzung eine legitime gegenstra-<br />

tegie gegen $immo$-wucher und als konkretes politisches<br />

handeln vollkommen begrüßenswert ist, ja, da stimme<br />

auch mit dir/sts/ überein. dass wir es aber hierbei<br />

schon a priori mit einem ästhetischen phänomen zu tun<br />

haben, sei zu bestreiten.<br />

Ende der Durchsage.<br />

rbk: kaum entfernt man sich vom schirm um aufm boxi<br />

die neuesten polizeitaktiken zu studieren (walpurgisnacht<br />

boxhagener platz, berlin-friedrichshain), gehen die herren<br />

munter zur sache.. haben wir auf unterschiedlichen ebenen<br />

aufklärung beigewohnt vielleicht, hier wars ausleuchtung<br />

eher, baumhohe mobile flutlichtanlagen an den ecken des<br />

spielfeldes aufgestellt. fussballmetapher. tiefgestaffelte de-<br />

fensive, gezielte konter, übersicht, störung des gegnerischen<br />

spielaufbaus, durchdringung des raumes, behauptung der<br />

initiative, gut aufgestellte reserven, nur das catering der<br />

staatsmacht schien eher dürftig, was allerdings für unseren<br />

fall die frage der ästhetik unberührt lässt, verzeihung bitte.<br />

spiegelung, eine ausserästhetische praxis kann als spiegelung<br />

auf ein ästhetisches verfahren wirken, zitiere ich mit den<br />

üblichen sinnentstellenden auslassungen sts, das mit der<br />

wiederspiegelung war doch irgendwie andersherum in der<br />

materialistischen literaturtheorie, man vergisst ja soviel in


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verfahren<br />

den jahren & kann den sammelband gerade nicht finden,<br />

ist schon spät jetzt, aber besser man findet jetzt nichts was<br />

man früher mal wusste sonst hagelts präzisere vorwürfe in<br />

sachen altvorderen-besserwiss, eigenhistorisierungs-dün-<br />

kel usw., wie auch immer: das mit kopf & füssen, drehen<br />

& wenden, also die klassenlage ist in der ästhetischen pro-<br />

duktion wiederzuspiegeln oder so, jedenfalls kontrollierte<br />

da nicht das sein das bewusstsein sondern die avantgar-<br />

de der arbeiterklasse die produktion der kunstarbeit, um<br />

etwelche webfehler bei der ästhetischen konstruktion der<br />

wirklichkeit vermeiden zu helfen. den arsch hochkriegen,<br />

das bewusstsein kommt schon nach beim marschieren, prima<br />

devise die sts da im english-modus als kritik an diesem text<br />

wirken lässt. das ist jetzt erneut entstellend montiert, rhe-<br />

torik scheint mit genauigkeit auf anderer ebene spielen zu<br />

wollen… merkwürdig nur dass wir einander eigentlich gar<br />

nicht erklären müssen, was einschreibung der verhältnisse<br />

in die körper bedeutet – hoemaxen nicht, mir nicht, dem<br />

körperschreiber schranz schon gar nicht. kafka auch nicht,<br />

by the way, aber ich will nicht schon wieder vom ersten<br />

weltkrieg anfangen. dass ästhetische praxis davon unbeein-<br />

druckt wäre, wer sie wo für wen treibt, wird klar bestritten:<br />

lautet der satz von sts, dem ich (oder jedermann/frau) ohne<br />

auslassung applaudieren kann bis die hände abfallen. wie<br />

jedoch praxis die kunst durchdringt, oder beide einander,<br />

scheint mir via spiegelung falsch instrumentiert.<br />

sts: und eines nach dem anderen. schreibt hmx, und bohrt<br />

damit bis zum glitschigen kern in den pudel rein, sinnge-<br />

mäß, dass zum ästhetischen phänomen genau das werde,<br />

was der markt sanktioniert – als gäbe es nicht, so darauf<br />

(=hiermit) sts, dinge, die mensch tut, weil sie leiwand<br />

(=schön) sind, ohne, dass ers für nen markt mit geld u dgl<br />

tut. weiss hmx besser als sts, in wievielen weisen das mög-<br />

lich ist, nämlich „ästhetische spiele“, die nicht zugleich<br />

„kunstverwertungsspiele“ sind, abgehen zu lassen. die ei-<br />

nigungen des marktes, gegenmarktes, gegengegenmarktes<br />

und der je gewaltigen, was kunst und gegenkunst und ge-<br />

gengegenkunst sei, bestimmen wohl dieses, aber wirken<br />

nicht den schritt zurück: es gibt ästhetische arbeit, auch<br />

(als unter-, spezialgruppe) bewusstseinsarbeit aufm ästhe-<br />

tischen feld, die nicht den stempel trägt, „kunst“ zu sein.<br />

und, mit den unsterblichen worten des ole von beuys oder<br />

wie der heisst, das ist auch gut so.<br />

hmx: //nimmt seine feder in die hand, die eine tastatur = +<br />

drückt folgendes heraus// dass zum ästhetischen phänomen<br />

genau das werde, was der markt sanktioniert, so laut<br />

sts. sanktioniert? es = anzunehmen, dass die sts-finger tast-<br />

entechnisch vom buchstabenweg abgekommen sind, denn:<br />

nicht was der markt sanktioniert sondern was der markt als<br />

ästhetisches phänomen anerkennt + preist muss es heißen.<br />

es gäbe - so sts weiter - ästhetische arbeit, auch (als unter-,<br />

spezialgruppe) bewusstseinsarbeit aufm ästhetischen feld, die<br />

nicht den stempel trägt, „kunst“ zu sein. sich auf dem ästhe-<br />

tischen feld zu bewegen, bedeutet, dass man sich inner-<br />

halb gewisser bedingungen bewegt (kunstmarkt, kunstge-<br />

schichte, kunstkritik, etc.)<br />

sts: schauschau. da wären wir wieder…<br />

hmx: ich schreib nicht mehr lang – nur kurze replik. willst<br />

du gleichzeitig schreiben?<br />

sts: ich mach nix. wollt nur reinschaun ob sich was getan<br />

hat. nneee. weiss schon, wie ich ca. antworte, mach das<br />

später, hab noch andere tabs offen…<br />

hmx: es wird sich schon was getan haben. bald. *grins<br />

grins* *ganztollficken* *undanderesternchengefühlsbe-<br />

griffeverwenden*<br />

sts: weiss jetzt nicht, ob ich das letzte so genau wissen woll-<br />

te…<br />

hmx: dass natürlich auch zu hause für die schublade, zum<br />

angeben vor freunden, zur erfolgssteigerung bei frauen/<br />

männer/begattungsansinnen oder zum einfachnurso pro-<br />

duziert werden kann, ja. klar. wird dieses wunderbare pro-<br />

dukt //auf das die ganze welt schon unglaublich gewartet<br />

hat// dann der öffentlichkeit zugänglich gemacht, wird es<br />

automatisch gegenstand bereits erwähnter mechanismen<br />

(kunstmarkt, kunstkritik). ob dem produkt das kärtchen<br />

kunst letztendlich umgehängt wird oder ob hierfür hier-<br />

nach ein honorarnötchen herniedergeht in des produ-<br />

zenten geldbörse ist irrelevant.<br />

das wars erstmal. bis morgen.<br />

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rbk: irrelevant, was aber wäre relevant? der versuch von<br />

sts, den impuls aus der besetzung mit zwischen die zei-<br />

len zu tragen, versuchte ja sowas wie relevanz-eintrag,<br />

wiederaufladung. wechselwirkungen, zwischen schrift &<br />

aktion, anstatt abgehobener metadiskurse, toter trakte der<br />

differenzierung des schon ausdifferenzierten. was schönes<br />

schreiben, um aufm beziehungsmarkt (biologisch/ökono-<br />

misch/symbolisch) sein plätzchen zu sichern, den eigentext<br />

da als trophäe plazieren, schön & ungut, aber wie darüber<br />

hinaus, welche gegenstrategien verschaffen den raum zu<br />

einer bewegung die nicht nur mitläuft oder untergeht auf<br />

den geschilderten märkten, die nicht nur gefühlte gegen-<br />

bewegung zum erfahrenen hauptstrom ist? wenn wir auf<br />

den begriff ‘kunst’ fürs erste verzichten, was öffnet sich &<br />

was schliesst sich dann? wenn wir ‘kunst’ für den moment<br />

ausserkraftsetzen, & sts fordert ja die bedeutung jenseits<br />

der ‘kunstverwertungsspiele’, welche bedingungen sind<br />

definiert oder werden definiert, woran koppeln wir an,<br />

worin finden wir uns?<br />

sts: die frage führt uns an den ort genau jener uneinigkeit,<br />

die rbk weiter oben umreisst: wie jedoch praxis die kunst<br />

durchdringt, oder beide einander, scheint mir via spiegelung<br />

falsch instrumentiert. hängt wieder mal alles an der ollen<br />

metapher des spiegels. da lässt sich mehreres lesen. was<br />

wollte mir meine sprache da sagen, als ich gerade eben mal<br />

begeistert genug von etwas war, diese meine sprache mal<br />

machen zu lassen, ohne sie scharf zu kontrollieren? was hab<br />

ich nur gemeint? *räusper*<br />

erste option: das schreiben, unser hier-konkretes schreiben<br />

im KV, dem durch die gesellschaftlich relevante handlung<br />

(zumindest geht die hoffnung, dass sie eine solche sei)<br />

ein spiegel präsentiert wird: da muss dann, natürlich, das<br />

schreiben als unterbauphänomen vulgo ARBEIT gelesen<br />

werden, und unser rumhängen vor den rechnern steht als<br />

REPRODUKTIONSphänomen zur debatte. womit, viel-<br />

leicht, ein kurzschluss möglich wird zu dem hmx’schen<br />

themenfeld, warum ausgerechnet WIR dazu kommen, in<br />

nem P-kontrollverfahren wuseln zu dürfen. auch in die-<br />

sem falle andersrum, hausbesetzung als ästhetischer akt,<br />

erweiterter kunstbegriff und artverwandte lassen grüssen,<br />

das alte paradoxon der abschaffung der kunst gerade kraft<br />

ihrer verwirklichung (bzw. umgekehrt, siehe weiter oben).<br />

zweite option: hab ich nicht „spiegeln“ gemeint, sondern<br />

„infragestellen“. mehr die soz.-realist. lesart. im sinne der<br />

frage: „und was tust DU für die verbesserung der gesamt-<br />

situation?“ auch, in der folge „und wie wirkt DEIN tun auf<br />

dein konkretes schreiben?“<br />

hmx: //kehrt aus seiner neuest bezogenen resi/s/denz in das<br />

alte sendeding (vulgo: zimmer) zurück und erschreibt in<br />

verspäteten buchstaben// wie war das noch mit dem hmx-<br />

schen „irrelevant“? die honorarnote- + kunst-taferl-frage<br />

irrelevant? natürlich nicht (=nein) und natürlich schon<br />

(=ja), alles eine frage der perspektike zum einen, zum ande-<br />

ren eine frage des diskutierten gegenstandes. sehen wir uns<br />

die stsschen „ästhetische spiele“, die nicht zugleich „kunstver-<br />

wertungsspiele“ sind an: angenommen, es gäbe diese nicht<br />

vom markt verschmutzten, eigentlichen spiele, dann wäre<br />

die honorarnoten- + kunst-taferl-frage irrelevant, denn was<br />

kümmert es den produzenten/rezipienten besagten spieles,<br />

ob hierfür das wort kunst angebracht sei oder ob hierfür<br />

bezahlt wird. es wäre schlichweg wurst (event. debreziner<br />

o.ä.), denn man würde in einem völlig vom teilsystem<br />

kunst unterschiedenen bereich agieren. kümmerte derdie<br />

spielererin sich hingegen um diese fragen, so befände ersie<br />

sich schon wieder in einem kunstverwertungsspiel. wodurch<br />

honorar- + kunst-taferl-fragen natürlich wieder relevant<br />

werden würden. relevant für die, die das gesellschaftliche<br />

teilsystem kunst untersuchen, oder die, die sich in ihrer<br />

künst. arbeit (=roboti roboti) mit den bedingungen ihres<br />

ästhetischen tuns auseinandersetzen.<br />

aus der woundervollen vorherigen verwendung des kon-<br />

junktivs im bezug auf die existenz ästhetischer spiele“, die<br />

nicht zugleich „kunstverwertungsspiele“ sind, dürften die<br />

interessierten lesererinnenen schon herausbemerkt ha-<br />

ben, dass hmxscherseits zweifel ob der existenz besagter<br />

spiele bestehen, denn (achtung begründung) folgende<br />

falsche //= scheinbare// aufhebung des widerspruches von<br />

drinnen+draußen: spreche von ÄSTHETISCHEN<br />

spielen, dann bin automatisch drinnen //im<br />

kunst(=theorie+markt)kontext//. auch dann, wenn dieses


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verfahren<br />

ÄSTHETISCHES handeln in keinster weise auf mehr-<br />

wertanhäufung aus ist. nein, da gibs kein draußen, nur ein<br />

vermeintliches. MEINE SEHR GEEHRTEN DAMEN<br />

UND HERREN, MACHEN WIR UNS NICHTS VOR,<br />

das einzige, das ästhetische spiele erzeugen, = neu felder<br />

der bewirtschaftung. nach dem motto: FELD SUCHT<br />

BAUER. oder wie rbk schreibt: tote[...] trakte der diffe-<br />

renzierung des schon ausdifferenzierten. darum auch mein<br />

bedenken bezüglich stsschen hausbesetzung als ästhetischer<br />

akt, erweiterter kunstbegriff und artverwandte lassen grüssen,<br />

das alte paradoxon der abschaffung der kunst gerade kraft<br />

ihrer verwirklichung. vorschlag: wir sollten diese „ästhe-<br />

tischen spiele“, die nicht zugleich „kunstverwertungsspiele“<br />

sind, nicht ästhetische spiele, sondern einfach nur LEBEN<br />

nennen. und nein, das feld des lebens ist natürlich ebenso-<br />

wenig frei von widersprüchen und vorgegaukelten aufhe-<br />

bungen dieser widersprüche wie das feld .<br />

passend hierzu die rbksche frage: welche gegenstrategien ver-<br />

schaffen den raum zu einer bewegung die nicht nur mitläuft<br />

oder untergeht auf den geschilderten märkten, die nicht nur<br />

gefühlte gegenbewegung zum erfahrenen hauptstrom ist? was<br />

tun wenns nichts richtiges im falschen gibt? „hmx“ tippt:<br />

genau diese widersprüche (wie z.b. drinnen - draußen) und<br />

deren scheinbare aufhebung aufsuchen und zeigen, dass<br />

diese widersprüche bei weitem noch nicht versöhnt sind.<br />

und dann: ganz viel verwirrung stiften. mit z.b. einem<br />

aphorismus den ICH selbst verfertigt habe //mit z.b. dem<br />

eigenen gehirn// er lautet z.b. so z.b.:<br />

erhebe vorstellung gegen den<br />

bescheid vom 14.05.07<br />

sts: wenn wir den raum, der uns da zur verfügung steht, bloß<br />

als „leben“ leben lassen, so ‘den gibts auch’-mäßig, ja dann...<br />

was dann? dann ist das reichlich umfassend=schwammig.<br />

denn (aufgepasst) nicht alle dinge, die da „leben“ heissen,<br />

liegen (a) jenseits der kunstverwertungsscheisse und sind<br />

(b) als ästhetische phänomene beschreibbar. ausserdem<br />

und vor allöm: dass eineR das wort „ästhetisch“ für n<br />

phänomen, oder ne phänomenkategorie, verwenden kann,<br />

macht ihn/sie noch nicht zum kunstweltwichser. womit<br />

(s.o.) die hmxsche begründung moot wäre. was nichts über<br />

die handlungsmaximen des übersiedelten hmx aussagt,<br />

auf die später (=nüchtern) (=ausgeschlafen) einzugehen<br />

sein wird.<br />

rbk: spiele sind durch regeln definiert, die sowohl binnen-<br />

als auch rahmenbedingungen des spieles umfassen.<br />

eine frage wäre, ob spiele den spielraum zu überschreiten<br />

imstande sind, also die fähigkeit zur ausdehnung besitzen.<br />

die gegenfrage wäre, ob von spielen zu sprechen sinn<br />

macht wenn es um überschreitung bestehender spielregeln<br />

geht. auch zu fragen wäre, inwieweit spieltheorie systemimmanent<br />

argumentieren muss, also keine beobachtungsperspektive<br />

für erosion, oder dekonstruktion von systemen<br />

bereitstellt; & inwieweit infragestellung der spielräume<br />

metaspiele evoziert; oder ob kollision von spielbegriff &<br />

engagement hier nicht weiter führt, weil an unterschiedliche<br />

ebenen des blicks aufs leben gebunden, usw.… …war<br />

da nicht hoemax im anflug, gerade?<br />

hmx: ja der war fliegend – aber hat sich wieder verzogen<br />

und lässt den rbk 1x werken.<br />

rbk: werkelt nicht weiter, muss bald aus dem haus.<br />

hmx: ich werde nur eine kurze replik schalten und dann<br />

bin ich auch schon wieder am siedeln. bis dänn.<br />

rbk: ahoy!<br />

hmx: wie die wörter nur so aneinander vorbeischleichen<br />

(= extrem poetisch für vulgo missverständnis), denn das<br />

sts aus meinen höchsteigenen aneinandergebastelten buchstaben<br />

unter a) und b) zu entnehmen glaubte, ≠ das von<br />

behauptete. --> nicht alle dinge, die da „leben“ heissen,<br />

[...] sind (b) als ästhetische phänomene beschreibbar. (so<br />

sts) natürlich nicht. die annahme, alle phänomene des lebens<br />

ließen sich als ästhetische phänomene beschreiben,<br />

wäre natürlich völlig unsinnig (entspricht ca. gaxi) bzw.<br />

zeugte von einem völlig verklären /romantizistischen/<br />

blick auf die welt. nicht alle dinge, die da „leben“ heissen,<br />

liegen (a) jenseits der kunstverwertungsscheisse [...]. (so sts) zugegeben:<br />

mein vorgeschlagener /geforderter/ terminus „leben“<br />

ist insofern ungünstig gewählt, als er einen reichlich<br />

umfassenden=schwammigen (sts) begriff darstellt. im obigen<br />

kontext sollte er folgendes bedeuten („hmx“ präzisiert +<br />

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kontroll<br />

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definiert): „leben = handeln und sein in einem (der vielen)<br />

gesellschaftlichen teilsysteme, das nicht das gesellschaft-<br />

liche teilsystem kunst ist.“ wird „leben“ als allumfassend<br />

er=schwammiger begriff verstanden, so bestünde sts‘ kri-<br />

tik völlig zu recht, denn natürlich ist es nicht einsichtig,<br />

dass - wenn leben doch alles enthalte - dann gerade die<br />

kunst/verwertung.etc/ aus ihm ausgeschlossen sein sollte.<br />

wird „leben“ hingegen als „handeln und sein in einem (der<br />

vielen) gesellschaftlichen teilsysteme, das nicht das gesell-<br />

schaftliche teilsystem kunst ist“ gesehen, dann geht die<br />

kritik ins leere.<br />

wir kehren immer wieder zur frage zurück: warum nennt<br />

jemand ein gewisses handeln ästhetisch? welche bedin-<br />

gungen müssten z.b. erfüllt sein, damit jemand berechtigt<br />

wäre, den akt des regalzusammenbauens als ästhetisch zu<br />

bezeichnen? was unterschiede das regalzusammenbauen<br />

vom ästhetischen regalzusammenbauen? wenn sich die<br />

besagte handlungen nicht unterscheiden, muss das äs-<br />

thetischen regalzusammenbauen doch wohl ein mehr an<br />

theorie aufweisen. diese theorie des ästhetischen regalzu-<br />

sammenbauens wird sich dann wohl auf ästhetische über-<br />

legungen beziehen. sich mit ästhetischen überlegungen<br />

auseinanderzusetzen und nach ästhetischen prämissen<br />

handeln, nennt man gemeinhin kunst schaffen. behaupte<br />

nun, dass mein regalzusammenbauen ein ästhe-<br />

tischer akt sei, so will ich mein handeln als ein künstle-<br />

risches handeln ausgeben. wo sind wir nun? auf dem feld<br />

der kunst. dass mein regalzusammenbauen letztendlich als<br />

kunst anerkannt werden kann, dazu bedarf es natürlich<br />

noch kunstsoziologischer faktoren (lob der kritik: „höflers<br />

frame-art: ein schöpfungsakt auf höchstem niveau“, wis-<br />

senschaftlicher aufarbeitung des höflerschen regalwerks,<br />

einladungen zu kunstmessen: z.b. regalomenta XI in kastl,<br />

etc.). die behauptung aber nun, dass ich mich, wenn <br />

eine bestimmte handlung in meinen leben als ästhetischen<br />

akt bezeichne, draußen vor dem tore der kunst//verwer-<br />

tung// befände, und nicht drinnen im saumagen, wird<br />

hiermit unsinnig und täuscht eine versöhnung eines wider-<br />

spruches (kunst-leben) vor. darum kann auch der stsschen<br />

aussage dass eineR das wort „ästhetisch“ für n phänomen,<br />

oder ne phänomenkategorie, verwenden kann, macht ihn/sie<br />

noch nicht zum kunstweltwichser nicht zugestimmt werden.<br />

ersie wird zum kunstweltwixerin, weil ersie sich hierdurch<br />

nun mal in einen bestimmten diskurs /nebst umfeld/ be-<br />

gibt.<br />

rbk: hatte ja zwischenzeitlich vorgeschlagen den begriff<br />

kunst beiseite zu lassen. dessen bedeutung sich aus jewei-<br />

ligen gesellschaftlichen rahmen ergibt. die verschiedenen<br />

funktionen von kunst in beispielsweise feudalen, hochbür-<br />

gerlichen, neoliberalen strukturen sind längst decouvriert,<br />

offen ist ihre stellung in kommenden gesellschaftsent-<br />

würfen. ebenso offen ihre rolle beim erreichen derselben.<br />

die hoemax‘sche definition von leben = handeln & sein in<br />

allen teilsystemen nur nicht der kunst weist letzterer bei al-<br />

ler offenheit eine schwache position zu, es bleibt eine art<br />

geschicklichkeitsspiel am rande des wirklichen, freiheit in<br />

ohnmacht oder das labyrinth der selbstverschuldeten mar-<br />

ginalität. dies scheint mir allzusehr der herausentwicklung<br />

des kunstbegriffes aus den spätbürgerlichen umgebungs-<br />

bedingungen geschuldet zu sein, also was kunst sein kann<br />

ausschliesslich im rahmen dessen zu denken was kunst ge-<br />

worden ist. weshalb ich auf den vorschlag zurückkommen<br />

möchte, den begriff für den augenblick zu vernachlässigen,<br />

um das, worum wir im von ihm bezeichneten umfeld uns<br />

streiten, genauer betrachten zu können…<br />

sts: muß den kunstbegriff auch nochmal kurz strapazie-<br />

ren. um nämlich auf den zentralen punkt des hmx zu re-<br />

agieren, dass die zuschreibung „ästhetisch“ jeden kontext,<br />

in dem sie verwendet wird, dem kunstweltlichen annähert.<br />

womit (so verfolgt der sts die implikationen weiter in den<br />

stillen raum dahinter, hinter, ter, r) auch gesagt wäre, dass,<br />

wer „ästhetisch“ sagt, schon (sts überzeichnet) sein ganzes<br />

bewußtsein den bedürfnissen eines eigenartigen gesell-<br />

schaftlichen teilsystems entsprechend umgebogen (=ent-<br />

fremdet) hat. was selbstredend ned so ganz schdimmen<br />

kann. sondern: gibt es sowas wie die reflexion aufs eigene<br />

handeln, zwischen (z.b.) zwei momenten des händ-dre-<br />

ckigmachens mit gartenerde, beim anpflanzen von wohl-<br />

schmeckenden zwiebeln und radiesschen, wenn der gärt-<br />

ner sich mit schmerzendem rücken erhebt, herumschaut,


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und sich drüber freut, wie schön sein garten ist, was nix<br />

dran ändert, dass er nicht zum schön-sein, sondern zum<br />

wohlschmeckendes-gemüse-hervorbringen da ist. wäre der<br />

gärtner neben- oder hauptberuflich irgendwas mit gelaber,<br />

hätte er nicht „schön“ gesagt/gedacht, sondern zb „harmo-<br />

nisch“, „ästhethisch“ usw. ABER und da liegt der hund<br />

beGRABEN: „schön is des“ ist ein ästhetisches urteil, eine<br />

begutachtung des zb eigenen treibens nach ästhetischen<br />

kriterien. und weit und breit (im normalfall) kein kultur-<br />

redakteur, der den garten abfotografiert , weil der gärtner<br />

„schön“ gesagt hat. ergo auch keine annäherung zur kunst-<br />

welt.<br />

vergleichbare beispiele zb balz, möbelkauf, getränke-<br />

wahl beim furtgehen (ästhetisch=auf die sinneseindrü-<br />

cke bezogen). wir lernen: es gibt n moment der (auch<br />

selbst)reflexion, das bestimmte aspekte des daseins meint,<br />

die auf der nächsten metaebene dann als „ästhetische“ be-<br />

zeichnet werden können. so. der begriff „kunst“ wird für<br />

nicht weiter von nöten erklärt.<br />

wo ausserdem rbk schreibt, dass der verdacht bestünde,<br />

kollision von spielbegriff und engagement führe weiter als zb<br />

die suche nach dem je geeigneten metaspiel, dem sich der<br />

blick bei hereinnahme von in-game-terms für die erosion<br />

des games öffne… da stellt sich sts die frage, auf welcher<br />

ebene solcher clash anvisiert werden kann (hirnkastl, dis-<br />

kursorgan kv, „leben“) und was er, ausser krawall, generie-<br />

ren würde. nicht die polemische „frage“, sondern die ich-<br />

mag-grad-nicht-denken-mach-du-frage.<br />

hmx: ://in eile gegen den baldig abgedreht werdenden saft<br />

tippend//: ja, sts, wir (sts+hmx) ziehen doch am gleichen<br />

strang: der da = kontextualisierung. augangspunkt meiner<br />

kritik war doch das stssche beispiel hausbesetzung als ästhe-<br />

tischer akt, wobei hier dieser akt als außerhalb der kunst<br />

und somit im leben stehender akt verstanden werden woll-<br />

te. die frage = hierbei, in welchem kontext die gleichset-<br />

zung „dieses spezielle tun = ästhetischer akt“ geschieht.<br />

KLARTEXT: ich will hier nicht die praxis diskreditieren,<br />

sondern die kunst!<br />

sts: bin ich mit einverstanden… bloß dass „ästhetisch“<br />

und „kunst-“ eben nicht synonym sind, auch „ästhetisch“<br />

nicht „kunst-“-irgendwas impliziert. ansonsten – liegrü!<br />

hmx: bin noch am überlegen, ob ich ein paar beispiele<br />

bringen soll.<br />

sts: was wäre die alternative? her damit!<br />

hmx: zur begriffsklärung=kontextualisierung von „ästhe-<br />

tisch“: in welchen kontexten finden wir (=ich+du+du+du+<br />

etc) dieses feine wort? :in metadiskursen im kunst/um/<br />

feld: natürlich beziehen sich das wort auf sinneseindrücke<br />

jeglicher art, aber das tun wörter/phrasen wie: „schau“,<br />

„gut“, „schlecht“, „aua“, etc. ja auch. das eigentümliche an<br />

„ästhetisch“ besteht darin, dass sich dieses wort auf einer<br />

höheren metaebene befindet (d.h. sich nicht direkt auf sin-<br />

neseindrücke, sondern auf URTEILE über sinneseindrü-<br />

cke bezieht) + diese metaebene ist nun mal der diskurs, der<br />

im gesellschaftlichen teilsystem kunst gepflegt wird.<br />

wenn als entgleitendes beispiel z.b. 1 beispielhafter mensch<br />

einen sonnenuntergang mit den höchsteigenen augen in<br />

sich selbst hineinverschaut und hierbei zu freund sagt: „ein<br />

wirklich ästhetisches schauspiel“, dann gibt es 2 möglich-<br />

keiten. 1.) freund = fern jeglicher theoretischen beschäfti-<br />

gung mit ästhetischen phänomenen; dann ist zu fragen,<br />

warum sich mensch elaboriert ausdrückt (will er sprach-<br />

lich beeindrucken? etc) obwohl er doch weiß, dass freund<br />

des elaborierten nicht mächtig ist. 2.) freund = mehr oder<br />

weniger in ästhetischen diskursen bewandert; dann könnte<br />

freund fragen: „willst du über das naturschöne sprechen<br />

oder vögeln?“ will mensch dann wirklich über das schöne<br />

in der natur sprechen, naja, dann ist man nun mal in einem<br />

kunsttheoretischen diskurs. wenn nicht, dann kommt der<br />

vorherige punkt eins zu tragen + s = zu fragen: „warum<br />

sagt er denn das in diesem kontext? ist es eine ironische be-<br />

merkung? will er mich mit seiner wounderbaren + extrem<br />

beeindruckenden sprache umgarnen? etc.)<br />

natürlich kann mensch in besagter situation auch „schau,<br />

wie schön“ sagen. was würde freund vielleicht darauf ant-<br />

worten? z.B.: „ja und? hast noch nie einen sonnenunter-<br />

gang gesehen?“ würde man hier schon von einem ästhetik-<br />

diskurs sprechen? würde mensch fortfahren mit:“ich hab<br />

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ja nur gemeint, dass mir durch diesen sonnenuntergang<br />

wieder klar geworden is, dass die schönheit der natur das<br />

maß aller schönheit darstellt.“ ja, dann ist man natürlich<br />

wieder in einem ästhetik-diskurs.<br />

//es sei noch hinzugefügt, dass bei diesem beispiel die per-<br />

spektive vom produzenten hin zum rezipienten verschoben<br />

wurde, wobei aber für beide das gleiche gilt. wenn sts im<br />

kontext der kv nun von hausbesetzung als ästhetischen akt<br />

spricht, so ist diese äußerung natürlich mittendrinnen im<br />

ästhetik-diskurs und nicht eine alltägliche aussage des le-<br />

bens.//<br />

KLARTEXT No.2: meine schönen buchstaben sind keine<br />

vision von dem was kunst können könnte, sondern eine<br />

zustandsbeschreibung.<br />

sts: (*vermeidet die endlosschleife und weist nur noch dar-<br />

auf hin, dass man sich in fall 2)b) zwar in nem ästhetik-,<br />

nicht nem kunstdiskurs findet, nem diskurs über eine der<br />

kategorien mithin, die einem so unterkommen beim rum-<br />

laufen in der welt und beim selbstbeobachten und beim<br />

suchen nach tragfähigen beschreibungen für {jawoll auch<br />

soziale} handlungsweisen. glaubt, verstanden zu haben,<br />

dass hmx an keiner stelle darauf hinauswollte, nur die<br />

kunstwelt-sozialisierung befähige zur aufnahme von meta-<br />

diskursen. schweigt fürderhin=bis zum nächsten mal dass<br />

er nicht schweigt, der sts.*)<br />

rbk: kurze richtigstellung, kollision von spieltheorie &<br />

engagement führe nicht weiter, nicht weiter, war meine<br />

vermutung weiter oben, angesichts des sich fortsetzenden<br />

schlagabtauschs sts-hmx. und: das ästhetische ist keine zeit-<br />

lose kategorie, sondern hat seinen ort in der ausdifferen-<br />

zierung etc., ist also historisch und insofern frage eines dis-<br />

kurses der das ästhetische selbst immer überschreitet, weil<br />

was wann ästhetisch ist und warum, etwas besagt über die<br />

lebensbedingungen (um den begriff leben hier weiter prä-<br />

sent zu halten, bei aller uneindeutigkeit), was im übrigen<br />

den reiz des beobachtens im subsystem ausmacht hier pars<br />

pro toto analysieren zu können, oder im umkehrschluss<br />

oder wie immer, jedenfalls bezogen auf, was die trennung<br />

von leben & kunstdiskurs im ansatz ad absurdum führt:<br />

die rolle des einen im anderen besagt etwas über die form<br />

des anderen das wiederum die formen des einen bedingt,<br />

etc pp.<br />

anzuempfehlen auch eine zeitreise: versucht mal als jun-<br />

ge herren 2<strong>00</strong> a.c. das schöne des sonnenuntergangs beim<br />

warm-up mit antiken ladies in rhetorische anwendung zu<br />

bringen. berücksichtigt bei der einschätzung der reakti-<br />

onen die bedeutung von finsternis in nichtelektrifizierten<br />

gemeinschaften, die grössere verbreitung nachtaktiver jä-<br />

ger in der umgebenden fauna, dazu gottposition des fix-<br />

sterns usw… vielleicht sollte nicht vergessen werden, dass<br />

die entdeckung des reinen naturschönen mit der fähigkeit<br />

zur bändigung und nicht zuletzt der zerstörung des so<br />

empfundenen hand in hand geht… kurz, das naturschöne<br />

selbst ist eine ziemlich moderne erfindung, indessen die<br />

griechische antike das schöne als relation von natur und<br />

produkt etablierte, also inwieweit im produkt (das nicht<br />

notwendig kunstprodukt zu sein hatte) perfektion der idee<br />

oder der symmetrie oder der mimesis des gottgegebenen<br />

verwirklicht ist. soweit, nur am rande.<br />

sts: hat der sts in seinem kopf noch von vielviel früher<br />

(gymnasialzeit, schulbibliothek, abt. „philosophie“, und<br />

draussen regen & kastanienbäume), die begriffe für „sinn“<br />

und (da wärn wir) „leben“ in den taoistischen schriften.<br />

beides („tao“-“sinn“, „te“-“leben“) keine hinreichenden<br />

übersetzungen, bloß grobe näherungswerte. nämlich: dass<br />

„te“ verwendet wird fürs „leben“ als fürs „am-leben-sein“,<br />

aber auch fürn „sittlich richtigen lebenswandel“ und für<br />

„mit-den-lebensbedingungen-einverstanden-sein“. soviel<br />

zur uneindeutigkeit des begriffs „leben“. das beschreibende,<br />

das normierende und das meta-beschreibende müssen<br />

da (wie so oft) mit einem einzigen dings auskommen,<br />

und weit und breit nix, das grammatische zusatzmarker<br />

verspricht. petition für eine erneuerung und erweiterung<br />

der grammatik, anyone?<br />

rbk: nett, so von bios zu graphein zu wechseln, & wieder<br />

zurück. trübe september in der obersekunda, & laudse im<br />

standby, irgendwie hat man damals tee gekocht & aus tönernen<br />

gefässen getrunken, fallende blätter spielen im wind,


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wirbeln herum & fallen irgendwohin, summen element of<br />

crime im hintergrund… das leben fasst hegel unter die idee,<br />

& schreibt im § 216 der enzyklopädie: „die unmittelbare<br />

idee ist das leben. der begriff ist als seele in einem leibe<br />

realisiert, von dessen äusserlichkeit jene die unmittelbare<br />

sich auf sich beziehende allgemeinheit, ebenso dessen be-<br />

sonderung, so dass der leib keine anderen unterschiede als<br />

die begriffsbestimmung an ihm ausdrückt, endlich die ein-<br />

zelheit als unendliche negativität ist, – die dialektik seiner<br />

auseinanderseienden objektivität, welche aus dem schein<br />

des selbständigen bestehens in die subjektivität zurückge-<br />

führt wird, so dass alle glieder sich gegenseitig momentane<br />

mittel wie momentane zwecke sind und das leben, so wie<br />

es die anfängliche besonderung ist, sich als die negative für<br />

sich seiende einheit resultiert und sich in der leiblichkeit als<br />

dialektischer nur mit sich selbst zusammenschliesst. – so<br />

ist das leben wesentlich lebendiges und nach seiner unmit-<br />

telbarkeit dieses einzelne lebendige. die endlichkeit hat in<br />

dieser sphäre die bestimmung, dass um der unmittelbar-<br />

keit der idee willen seele und leib trennbar sind; dies macht<br />

die sterblichkeit des lebendigen aus. aber nur insofern es<br />

tot ist, sind jene zwei seiten der idee verschiedene bestand-<br />

stücke.“ noch fragen, anyone? & am himmel, hängt 1 halber<br />

mond…<br />

sts: ...<br />

& am himmel, hängt 1 halber mond…<br />

...auf dem der armstrong mit der lajka thront.<br />

nebsamt gedenkstein: „dass so weit wir schon mal waren!“<br />

auf dem trabanten, der vor zirka hundertachzig jahren<br />

noch träumern aller färbungen die hoffnungen ausgoss.<br />

die fernen, schemenhaften, die transformation verhiessen:<br />

„freiheit UND gleichheit“ für den spross vom spross vom<br />

spross...<br />

bis dann, vor kürzerem, diverse gute geister (nebst paar<br />

bösen) uns verliessen.<br />

der mond in diesem bild ist halb,<br />

selbst was noch leuchtet, lieb gewohntes, schwindet:<br />

das licht der theorie. auch ees ward falb:<br />

erkennen wir gerad noch, wie der weltgeist sich, der trottel,<br />

eben windet.<br />

hmx: //+ weit + breit kein halber mond zu sehen – kurz täglich<br />

grüßt der glutmuggl /vulgo: sonnenstern/ vom firmamentchen<br />

ins halbmondresistente grazer innenstädtische (quasi letztes<br />

wohnzimmerbollwerk, so der bürgermeisterliche nagel ohne<br />

kopf + somit ohne hirn – aber damit mit mächtigen kalkül).<br />

aber achtung: eine erinnerung (selbst erzeugt sogar – mit z.b.<br />

taten nebst allem dazugehörigen etwaigkeiten usw.) fährt ein.<br />

bitte treten sie zurück + holen sie ihre gucker (= ca. augen) aus<br />

den dazugehörigen höhlen: da = 1 ca. ganzes stück mensch,<br />

das ca. hmx incl. aller dinge, die er ist (= verkleidungen +<br />

werkzeuge), ist, nebst kampfgenossin + doppelkatze ins neue<br />

verzogen. und auch das neue hat ab + event. auch an ein oder<br />

eben auch das andere fenster zum dach raus – kurz: tags gibts<br />

himmel, nachts gestirn incl. trabanten und anderer leuchten.<br />

soviel zum rähmchen - und als sähnchenhaube sieht der blick<br />

dann drinnen das anbeiseinde bildchen: 1x selbsterkauftes<br />

sofabettwerk (marke: opus dei incl. nightmaregarantie) mit<br />

angeschlossenem sehwinkel gen gedachten mondmuggl. aber<br />

nix. vulgo: neumond. soll heißen: idealbadewetter für son-<br />

nenallergiker und die hölle (vulgo: bankrott) derer, die al-<br />

les zum anlass nehmen, um licht (=ca. strom und etc.) zu<br />

sparen. jaja, die öle sind immer die anderen, wenn sie als<br />

brennende quellen in tanks + märkte clashn. >>die liberali-<br />

sierung des strommarktes hat es mir endlich gestattet meinen<br />

abieter zu wechseln.


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mit seinen fingern in das netz stellen, als ein beispiel einer<br />

inszenierung einer möglichkeit der hier betriebenen text-<br />

form, die nur der versteht, der um die genese dieses textes<br />

weiß, und die durch den folgenden satz (= event. befehl)<br />

manifest (sprich: handfest) gemacht wird: „sts, eröffne in<br />

einem neuen punkt eine abhandlung über 3<strong>00</strong>! RUFZEI-<br />

CHEN!“<br />

5. die bild fläche: das „3<strong>00</strong>“­syndrom<br />

sts: die bild fläche (von punkt und linie zur -). black box<br />

nein fünfsechstel blackbox, weil das sechste sechstel ist die<br />

leinwand, da, und flimmert und bewegt sich was. das ein-<br />

zige hier, vielleicht abgesehen von den zuneigungsanbah-<br />

nungen in reihe vierzehn mitte.<br />

und was: die waberlohe. das leuchten der bronze. dass men-<br />

schen skulpturen wären. die kultur dann viral. pflanzt sich<br />

fort im leib der männer.<br />

und wie: „das ist wahnsinn“ - „nein... das! ist! schpartaaaaa!“<br />

und auch noch stolz drauf.<br />

kino = bedürfnis befriedigungs anstalt. auf wessen anstal-<br />

ten? und wessen bedürfnis? liesse sich eine karte, synchron,<br />

oder eine vektorentafel, diachron, zeichnen, die anhand<br />

der einspielergebnisse von filmen (a) wirtschaftliche si-<br />

tuationen incl. der krisen und hochphasen der einzelnen<br />

branchen, (b) nationale arbeitsmarktkonstellationen incl.<br />

änderungen im arbeitsgesetz, (c) kulturelle und habituelle<br />

phänomene der einzelnen schichten und interessensgrup-<br />

pen (vulgo „lebensgefühl“), schließlich (d), summa sum-<br />

marum, die „öffentliche meinung“ incl. „was heißt öffent-<br />

lich?“ darstellen würden?<br />

rbk: & n schlager von rang ist mehr 1950 \ als 5<strong>00</strong> seiten<br />

kulturkrise. \\ im kino, wo man hut und mantel mitnehmen<br />

kann, \ ist mehr feuerwasser als auf dem kothurn … wird<br />

wohl nichmehr geläufig sein wasn kothurn sein könnte,<br />

wadenhoher schaftstiefel des dionysos der auf der bühne<br />

von schauspielern getragen wird als standardausrüstung,<br />

sind etwas hoch geworden die korksohlen dass man in<br />

griechischrömischer zeit den eindruck von stelzen hatte<br />

auf denen die dialoge sodann auf augenhöhe vorgetragen<br />

worden sind, ach ja tragödien, gottfried benns gedicht von<br />

1950 & heideggers holzwege, noch so ein thermopylenpass<br />

auf dem der heilige martin die buchstaben kohorte um<br />

kohorte aufmarschieren lässt gegen das sparta aus dem er<br />

selber stammt, hübsche konkurrenz des ehemaligen möch-<br />

tegernführers der neuen poesie & des gescheiterten füh-<br />

rerführers ausm attischen schwarzwäldchen: wenn benn<br />

gegenwart aufs celluloid versäuft & die philosophenposi-<br />

tion liquidiert zugunsten der schlagerproduktion 1950, du<br />

bist die rose vom wörthersee z.b. oder maria aus bahia, valse


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verfahren<br />

bleu am zuckerhut, so stell ich mir die liebe vor, unter einem<br />

regenschirm am abend machen wir‘s den schwalben nach, c‘est<br />

si bon, baby es regnet doch, komm geh mit mir gemeinsam,<br />

um nur die tophits des jahres aufzulisten, & kino seit 30.<br />

januar 1917 mit ludendorffs bild- und film-amt dafür sorge<br />

trägt dass die propaganda mit bild und film bis in die kleins-<br />

ten bezirke deutschlands hineingetragen wird, & ufa diese<br />

gründung der obersten heeresleitung nur privatisiert um<br />

am gleichen pol weiterzumachen, mehr feuerwasser als auf<br />

dem kothurn allemal & vulgo lebensgefühl seither im griff,<br />

immerhin öffentlich wohin man hut und mantel mitneh-<br />

men kann sofern manns genug, doktor orpheus aus der ab-<br />

teilung für geschlechtskrankheiten liebt den swing schon<br />

etwas länger, es spielt das cello zu bieder \ für diese lastende<br />

welt, \ die lage verlangte lieder, \ wo das quartär zerfällt, \\<br />

doch durch den geiger schwellen \ jokohama, bronx und wien,<br />

\ zwei füsse in wildleder stellen \ das universum hin, fünf-<br />

sechstel black box oder black out zumindest, wessen an-<br />

stalten?, wessen bedürfnis?? oder mit einem fragment von<br />

1952, ein volk, das untergeht \ muss lieder spielen, irgendwo<br />

zwischen lili marleen & oh mein papa, auf wiedersehen sieht<br />

benn sich selbst den staub von den stiefeln schütteln \ hel-<br />

ler staub, von sommerwegen, sparta-stiefeletten, wanderer<br />

kommst du, korksohlen so dick dass daran geschnürte spie-<br />

ler kopfunter als bojen im stillen ozean ihrer tränen wim-<br />

peln, paarweise manns genug vielleicht, gewisse fantasmen<br />

das sperma als geist betreffend schäumen die see, marinetti<br />

pound sparta unlimited, männer wie skulpturen oder wie<br />

mafarka der futurist, das blut spritzen lassen seit 1909 noch<br />

die kleinste übung der cyborgs aus den territorien der mo-<br />

bilmachung, dann begriff gazourmah dass die vulkanischen<br />

kräfte zum sturm ansetzten, nur ihre mäntel aus staub waren<br />

zu erkennen, die sich zwischen die reihen der kriegerischen<br />

häuser schlichen, sie um den körper packten oder an den bei-<br />

nen und die reiter aus dem sattel warfen, sie stürzten alle ein,<br />

eines nach dem anderen, diese galoppierenden, kriegerischen<br />

häuser, schaum vor den zähnen, nüstern und flanken blut-<br />

verschmiert, grosse löcher in der brust, wir befinden uns da<br />

schon in der vogelperspektive, überfliegen mit gazourmah<br />

einen krieg der welten der noch berge den tod des cyborgs<br />

ersehnen lässt, aber der ist schon gelangweilt von der zahl<br />

seiner feinde, hebt ab & sieht in den schluchten das blut<br />

zusammenströmen wie lava, dieses schweben der kamera<br />

hat giovanni pastrone erstmals in einem historienschin-<br />

ken erprobt für den d‘annunzio das drehbuch schreibt, the<br />

cabiria-movement hebt 1913 gerade rechtzeitig genug die<br />

schwingen um die dreidimensionalität zukünftiger kriege<br />

erahnen zu lassen, die karthager da in der perserposition<br />

& schöne sklavinnen säumen die wege, ludendorff erfindet<br />

übrigens nicht nur die (b)ufa sondern den totalen krieg als<br />

chiffre für materiell unterlegene endsiegpropheten gleich<br />

mit, was zählt ist wille und vorstellung schliesslich. & die<br />

a second time, \ not old in bed, \ but die to sound of trumpets<br />

\ & come to paradise. you have already done purgatory \ in<br />

the time of the collapse \ go make yourself a hero again. \\ &<br />

leave the talking to me. \ and let me explain, \ sing of the<br />

eternal war \ between light and mud. \ goodbye marinetti<br />

(canto LXXII). & nun zu den kulturellen & habituellen<br />

phänomenen der einzelnen interessen gruppen…<br />

hmx: //...//<br />

hurra! hurra! + etc. wo = die listen? wo die front (die ja der<br />

logik nach immer wo anders sein MUSS)? wo die gefahr<br />

(die ja ca. immer nur + niemals nur bedröh-<br />

lich bedroht)? und als verkomplizierende draufgabe noch<br />

alles vermittelt durch bildchen + wörtchens (kurz: gefühls-<br />

maschinchen [220 volt; 1,5 ampere]). tipp für angehende<br />

weltherrscher: mehr angst! der wahre (=extremsuperbeste)<br />

erlöser erlöst von dem, das er selbst erschaffen hat (mit zb<br />

händen, tippfingern, bildapparaten, oder einfach mit ge-<br />

hirnchen). kurz: gegen den teufel da hilf halt nur hehres<br />

weihwasser. oder: der beste samen ist der, der sich nicht<br />

vermehrt, sondern wieder gekauft werden muss. oder: der<br />

ist am effektivsten kontrolliert, der seine vorauseilende<br />

selbstkontrolle als überlegtheit /vulgo: besonnenheit/ aus-<br />

gibt.<br />

von den zynisch vernünftigen erst gar nicht zu sprechen (=<br />

ca. fluchen event. schreiben).<br />

LERNT PANZERFAHREN und dann ab in den nächs-<br />

ten see mit dem blech – sprich sozialverträgliche umwelt-<br />

verschmutzung vom feinsten<br />

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kontroll<br />

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und endlich wieder das unmögliche FORDERN!!!!!!!!!! //<br />

fernab jedes heldendumms, das nur denen als ankerpunkt<br />

dient, für die gewinnen ein option ist!//<br />

ANGER IS A GIFT<br />

//…//<br />

sts: now: „have no life save when swords clash!“ ne nach-<br />

dichtung von bertrand de born von mr. ezra pound, rezipi-<br />

ent, letzterer, auch der ganzen trobador-kiste, der krieg (in<br />

diesem dichterkopf zumindest) als also (1) vater aller dinge<br />

und insbes. also auch als (2) vater volkssprachlicher verse-<br />

macherei (soweit das abendland betroffen ist) (oder auch<br />

besoffen ist) (in mancher klammer steht halt mist).<br />

*modus *modus* on*<br />

*modus scherzartikel on*<br />

gehen zwei albigenser in eine bar…<br />

*modus scherzartikel off*<br />

*modus *modus* off*<br />

then: krieg als wille und vorstellung, gut, oder besser als<br />

gut, nämlich transzendent. da denkt mensch an das lied<br />

vom sa-mann, ernst busch, auch so ein gernvergessener,<br />

inkompatibler. je objektiv schlechter die zeiten (heisst: je<br />

weniger die ratio des einzelnen imstande sich sieht, mittel<br />

und wege zu seiner materiellen absicherung bereitzustel-<br />

len; also: je mehr der gesellschaftliche gesamtzusammen-<br />

hang einem glücksspiel mit unbegreiflichen regeln sich an-<br />

gleicht), desto mehr (1) wettbüros und (2) kriegsfilme mit<br />

heroischen inn-divi-duenn. auch wie jim morrison schrieb<br />

(freilich anderer zusammenhang, das, nämlich JFK usw.,<br />

aber kraft wunderbarer aufgeblasenheit hier anwendbar):<br />

„when the true king’s murderer / is allowed to roam free /<br />

a thousand magicians / arise in the land.“<br />

still later: fragt sich nach wie vor der kleine stefan ohne<br />

VWL-vorkenntnisse, ob diese oben erwähnte karte<br />

(genaue wiedergabe ökonomischer und psycho-geogra-<br />

phischer daten synchron und diachron, anhand von kino-<br />

karten-statistiken...) möglich sei.<br />

UND fragt sich noch was, ganz was anderes dann, vor<br />

dem einschlafen, „schwache stunde“: was das bedeutet,<br />

dass ästhetische gebilde (wie der „3<strong>00</strong>“-film, zum beispiel)<br />

„flashen“ können, unignorierbar sein, dem leib intensive<br />

zustände aufzwingen, wenn sie gleichzeitig auf genau der<br />

ebene der ästhetik, die solches tut, als rückschrittlich-ge-<br />

fährlich-falsch wahrnehmbar sind, und zwar ebenso „un-<br />

mittelbar“, wie der flash „unmittelbar“ daherkommt…<br />

rbk: fundamentale fragen die der sts da hat, warum flashen<br />

faschismen z.b. oder lassen auf modus erregung gehen, &<br />

warum geilt uns zuweilen was wir als verwerflich erken-<br />

nen, ne menge territorium fürs drin stochern nach grund.<br />

was aber die sozialstatistikkarte betrifft, müssen längst<br />

videotheken- und downloadraten addiert werden um auf<br />

sinnvolle zahlen zu kommen, kino ist ja zum überbrü-<br />

ckungs- oder anbahnungsraum degeneriert indessen sichs<br />

paarweise vorm heimischen plasmaschirm kuscheln lässt<br />

oder mit freunden vorm beamer bequemt, die billigheimer<br />

an den pc-schirmchen klauen sich filme stückweise ausm<br />

netz & sehen so mit, alles zusammen ergibt dann visuellen<br />

input / narrativ, wird aber allemal ende des jahres übertrof-<br />

fen werden von den interactive pc-games die bald mehr um-<br />

satz machen als kino & musik-brache zusammen, & was<br />

da so läuft ohne worte, obs an den sinkenden einkommen<br />

liegt? zusammenhänge sicher, mehr noch wäre von interes-<br />

se was der neue lyrik-hype über die jungen eliten sagt, was<br />

das sich-gegenseitig-und-von-dritten-über-gebühr-wahrgenommen-werden<br />

einer gedichtschreiberInnengeneration<br />

bedeutet wenn dabei gedichte nach durchaus bekannten<br />

aber gutverdrängten oder geschickt vergessenen mustern<br />

gebastelt & als niegesehene neuware gepriesen übern tresen<br />

gehen (was auch notwendig ist um technische mängel<br />

& fehlkonstruktionen als kinderkrankheiten oder<br />

authentizität verhökern zu können), mit paukenschlägen<br />

quer durchn kultbetrieb getrieben & trotz 111 poesiefestivals<br />

immer noch mitm nimbus des leider ungehörten<br />

versehen, ja was mag es bedeuten, auch wenn die umsätze<br />

etwas unter denen der filmchen bleiben… wird da jungbleiber-eliten<br />

die eigentlich schon abgekoppelt waren vom<br />

geistesleben ein re-entry serviert, der perfekt ist weil auch


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verfahren<br />

die beteiligten produzenten sich nicht erinnern können<br />

woher sie kommen, gäbs auch npaar psychosoziologische<br />

thesen dazu, geht aber unter im getrommel fürs stille das<br />

endlich nicht mehr ganz so still sein will & sich dann<br />

bestens als groove verkaufen lässt, dabei alle effekte ado-<br />

leszenter narzissmen die à la mode ins homophile spielen<br />

beim einander die schultern beklopfen, männerfantasmen<br />

vom aufbruch immer geliebt, paar mädels dabei können<br />

nicht schaden…<br />

sts: wobei, das jetzt mal auf die schnelle, mehreres dann<br />

später, gegen‘n GROOVE als solchen (als so für-sich-pfir-<br />

sich duftend auf bühnen, knietief in rauchschwaden, tral-<br />

lala) ja nix zu sagen ist. ist ja nicht, oder? ist nicht! weil:<br />

lässt groove sich gegen den mangel an geschichtsbewusst-<br />

sein in stellung bringen, gegen‘n modus *konsum* auch<br />

{siehe slam und (tiefer) hiphop-battles}, bloß – da liegt der<br />

hund scheintot im feld beim pfeffer: dass die akteure naiv<br />

sind, naiv genug zumindest, dass zweidrei von ihnen, ausm<br />

emanzipatorischen kontext raus, den repräsentanten des<br />

nicht-mal-marktes (dummdumme kulturbürokratInnen<br />

und schlaudumme feuilletonsklavInnen und dumm-<br />

schlaue litwissenschaftlerInnen) den kleinen finger nur zu<br />

reichen brauchen, und du hast n neuen hype, mit allem<br />

wahnsinn, der dazugehört.<br />

soviel zum nebenschauplatz lit. relevantes später mal.<br />

nämlich jetzt. erinnere an die stelle übern jazz bei adorno,<br />

wo es auch um slapstick geht (ist das jetzt im kulturin-<br />

dustriekapitel oder in der ästhetischen theorie?). da gibt<br />

es ne hypothese, die hier passen könnte: dass die objekte<br />

unserer identifikation immer jene sind, die verdrängtes<br />

– unbewältigtes zum gegenstand haben (beispiel slapstick:<br />

auf der publikumsseite: arbeiter, den lieben langen tag<br />

zur anpassung ans fließband, die maschine, gezwungen,<br />

ihren rhythmen unterworfen, ent-individualisiert mithin;<br />

auf der objektseite: jemand, der von der dingwelt fertigge-<br />

macht wird, weil es ihm an (anpassungs-) geschick man-<br />

gelt, jemand, der den kampf nicht aufgibt, demütigung<br />

des ich). ästhetik-konsum als methode der endgültigen<br />

psychischen zurichtung des eh schon unterworfenen, der<br />

traumwandlerisch jene gebilde konsumiert, die ihm die<br />

eigenen unterwerfung nochmal und nochmal präsentieren<br />

(oder die diesen prozess – falsch – suspendieren, indem<br />

sie bloß noch narzisstisches großgebolze mit der jeweils<br />

verdrängten qualität veranstalten). so. und jetz wenden<br />

wir dieses denkbild mal (a) auf ruhigestille gedichtchen<br />

schnittmuster 1950 und auf (b) das action-/fantasy-kino<br />

als ganzes an.<br />

ähm rbk? warum der login-name mic henze?<br />

rbk: gehen wir mal davon aus, dass mobilisierung im gange<br />

ist. sparta, die 3<strong>00</strong> modellierten körperchen der gutgeölten<br />

kämpferdarsteller, hat vielleicht weniger mit den<br />

ladenmädchen die ins kino eilen zu tun als mit dem was<br />

schon mit vietnam geschah: umlenkung der niederlage<br />

auf der medienspule, damals hiess das star wars & hat<br />

den bunten anarchischen haufen der die GIs gerade nicht<br />

gewesen sind gegen das imperium in stellung gebracht,<br />

mega-weisse fantasie vom wiederfinden amerikanischer<br />

kerntugenden die als kinderspiel in die lichtspielhäuser<br />

drang, mit witz & leichtigkeit serviert um den psychotischen<br />

alpdruck überspielen zu können den die unvorstellbare<br />

niederlage in fernost auf den american dream von der<br />

unbesiegbarkeit legte. aus der fröhlichen pseudoanarchie<br />

der starwars-buben stieg eine gewandelte US-armee in den<br />

nächsten ring, hat sich paar guerilla-taktiken & die verlorene<br />

beweglichkeit der minutemen zurückadaptiert, dabei<br />

im raum bei den sternen ne menge kapazität aufgebaut,<br />

zukünftige konflikte asynchron zu machen. auf was für<br />

konflikte uns die 3<strong>00</strong> vorbereiten wollen, lässt sich vorstellen<br />

dann: jedenfalls nicht das erste mal, dass sich im unterbewussten<br />

die rollen drehen, sich die ohnmacht nach dem<br />

verzehrt was sie verursacht hat. das naturgedicht der 50er<br />

hatte ganz andere jobs zu verrichten, z.b. aus der unendlichen<br />

überdehnung von fronten in die heimeligkeit der<br />

stadtrandsubsidiarität zurückzuempfinden, das blümelein<br />

zwischen den trümmern als keim neuen lebens zu setzen,<br />

das kleine und bescheidene allemal das erreichbare dann,<br />

& der bezug aufs geblümte als letzter zuhanden, um die<br />

traumata abzudecken. kuscheln zwischen topfpflanzen,<br />

kleine glücke mit unendlicher behutsamkeit gepflegt, nach<br />

zwölf jahren dreinhauen eine ablenkung für die geschun-<br />

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dene schlaghand vielleicht. nebenschauplätze? im zeitalter<br />

der totalen mobilisierung gibt es keine nebenschauplätze<br />

mehr, die haupt- und nebenwiderspruchsklaubereien bitte<br />

getrost zu vergessen..<br />

was aber die zweidrei emanzipatorischen naiven betrifft,<br />

die da sts zufolge zwischen kulturbürokratie, feuilleton &<br />

literaturwissenschaft kleine finger reichen: merkwürdig,<br />

wie da die dummheit wuchert auf der erfolgreichen gegen-<br />

seite, in allen schattierungen verblödet die macht & der<br />

naive reicht ihr den finger, den kleinsten nur nach dem<br />

diese dummen dann schnappen, ziemliche ballung von<br />

doofheit vielleicht. & wie ists mit der eigenen schlauheit<br />

bestellt, sich den gegner derart zu unterschätzen?<br />

was den groove betrifft, diese ackerfurche der der bauer<br />

dann folgt mit dem pflug, diese rille der die nadel folgt auf<br />

der platte, hübsche musik dann wenn der rhythm derart<br />

unausweichlich ist, man einfach folgen muss, sich reinzie-<br />

hen lässt. groove immer geliebt, vor allem wenn er aus einer<br />

denkbewegung resultiert, konstruktionen mit emotionen<br />

laufen lässt dass sie schwingen, etwas kurzschliessen dann.<br />

krumme linien pflügen, die sich geometrisch aufs feinste<br />

verwirren. wobei mir da entsprechende kondensstreifen-<br />

muster bekanntermassen lieber sind, diese alte abneigung<br />

gegen den blues aufm acker…<br />

& das log-in mic henze hat zu tun mit ebenjenem: michael<br />

henze, a german who married an austrian woman and has<br />

taken on austrian citizenship, is working for the vienna crimi-<br />

nal police and heads the special commission FTIC, investigat-<br />

ing a series of unsolved crimes and homicides…<br />

sts: na klar wuchert auf der seite des erfolgs die dummheit.<br />

erfolg/sieg ist was, das damit zu tun hat, am richtigen ende<br />

eines schiessgewehrs zu stehen, unmittelbar oder mittel-<br />

bar. und sobald das schiessgewehr samt seiner ausrichtung<br />

(weg vom subjekt) verinnerlicht ist, muss das subjekt nicht<br />

mühsam argumentieren. da stehe ich, ich kann nicht an-<br />

ders, und bist du nicht willig, so brauch ich gewalt… ver-<br />

gleiche hiezu auch des falbelhaften herren hegel gleichnis<br />

vom herrn und vom knecht.<br />

weiter: die naivität, die sts meinte, war jene, die den „re-<br />

denwirdrüber“-psycho-gestalten aufn leim geht, diesen<br />

agenten von macht, die sich als ohnmächtige verkleiden<br />

mit ihren stirnfalten und ellenbogenschonern und da-<br />

ckelblickverstärkerbrillen – die naivität, zu glauben, dass<br />

das unsägliche „wir verstehen uns eh, oder?“, so beim bier<br />

nach der kleinveranstaltung im autonomen schuppen, in<br />

der sache irgendwas substanzielles bedeutet.<br />

es wäre, im zusammenhang mit der aktivierung von tief-<br />

sitzenden bildchen der identität, auch zu konstatieren,<br />

dass unter jenen, die laut anscheinend eigenanspruch die<br />

hartgesottensten feinde „des westens“ sind, die sich denken<br />

lassen, gerade ne verhüllungssucht grassiert, die frappant<br />

an superheldenfantasien amerikanischer comic-books er-<br />

innert. denke an den hamas-typen in arafats altem haupt-<br />

quartier, verliest ne presseaussendung mit palästinenser-<br />

flagge ums gesicht usw. ist das jetzt bloß ne kluge inszenie-<br />

rung „für den gebrauch des westens“, so à la „fürchte dich,<br />

grosser satan, wir sind überall“, oder hat das jetzt auch<br />

was mit fundamentalen bedürfnisstrukturen in intensiven<br />

kampfsituationen zu tun?<br />

und endlich: gar nicht zentral genug anzusiedeln, dass<br />

sich die ohnmacht nach dem verzehrt was sie verursacht hat.<br />

lässt sich ja, jetzt bisschen flapsig, die ganze kapitalismus-<br />

scheisse und die tatsache, dass wir alle mitspielen, samt<br />

dem vorhin beklagten mangel an geschichtsbewusstsein,<br />

als ein fall des stockholm-syndroms beschreiben, der so<br />

umfassend und so groß und so grundlegend ist, dass er ei-<br />

ner allfälligen therapie gar nicht mehr zugänglich ist – bloß<br />

eben noch so lustige übersprungshandlungen generiert.<br />

5a) current & currency levels<br />

hmx:<br />

Current threat level:<br />

the current terrorism<br />

threat level is critical<br />

The threat level is Critical. An explanation of what this means<br />

in terms of a terrorist attack is set out below.<br />

What are threat levels?<br />

A new system has been created to keep the public informed<br />

about the level of threat to the UK from terrorism.


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verfahren<br />

The system also helps the police and other law enforcement<br />

agencies determine how they should respond to, and prepare<br />

for a terrorist incident.<br />

the threat levels are:<br />

+ critical - an attack is expected imminently<br />

+ severe - an attack is highly likely<br />

+ substantial - an attack is a strong possibility<br />

+ moderate - an attack is possible but not likely<br />

+ low - an attack is unlikely<br />

What shoulD the publiC Do?<br />

(Federal Civil Defense Administration, 1951)<br />

You should always remain alert to the danger of terrorism and<br />

report any suspicious behaviour:<br />

+ if you have information about terrorist activities contact the<br />

anti-terrorist hotline on 08<strong>00</strong> 789 321<br />

+ call 999 if there is an immediate threat to life<br />

+ if you know of a threat to national security email the Secu-<br />

rity Service (new window)<br />

www.homeoffice.gov.uk/security/current-threat-level/ Stand: 01.06.07<br />

rbk: das mit den schussrichtungen, also erfolg definiert sich<br />

in kapitalistischen systemen nicht darin, 1 waffe auf andere<br />

zu richten, deshalb geben sich die wohlstandsnachrücker<br />

in westlichen gesellschaften auch so gern als pazifisten: wer<br />

eine waffe hält, hat einfach keinen lukrativen job gefun-<br />

den, muss die drecksarbeit machen. zu hegel: der herr wird<br />

blufft besser, der knecht wird hat einfach mehr angst, dar-<br />

aus ergibt sich das lebengelassenwerden des einen in dieser<br />

abhängigkeit, die indessen zur arbeit zwingt die selbstbe-<br />

wusst macht: am ende dann der selbstgefällige bluffer, dem<br />

die menge der selbstbewussten knechte gegenübersteht,<br />

die etwas gelernt haben seit ihrer damaligen kapitulation.<br />

dieses gelernthaben qualifiziert dann gegebenenfalls, die<br />

unterordnung zu beenden, durch arbeit die im zweifelsfall<br />

aber auch todesmaschinenbedienung ist, wie nach dem<br />

ersten weltkrieg junge exegeten der alten geschichte ver-<br />

muten: das zu-sich-selbst-kommen des knechtischen führt<br />

in die bewusstlosigkeit total geführter kriege, in denen<br />

materialmassen einander mit löschung bedrohen, das zur<br />

produktion differenzierte knechtsbewusstsein sich im fab-<br />

rizieren von vernichtungstechnologie erschöpft. was zur<br />

neubewertung des wissens des herrn gegenüber der eigen-<br />

tümlichen verdrängungsarbeit des knechtes führt: als wäre<br />

der selbstüberwindungswunsch der bürgerlichen klassen,<br />

auf die arbeiter projiziert, nichts als das beiseiteschieben je-<br />

ner fundamentalen unfähigkeit etwas riskieren zu wollen,<br />

einer unfähigkeit jedoch, die uneinholbar ist. was übrigens<br />

den wunsch nach dem entstehenlassen eines herrenvolkes,<br />

das den tod bis zum kollektiven tod riskiert, notwendig<br />

setzt, ob nun als sparta im filmischen phantasma oder in<br />

der SS. das todesspiel aber, egal ob in der knecht-variante<br />

der überwindung durch arbeit oder in der herr-variante als<br />

sieg durch tod definiert, ist im kern antikapitalistisch, das<br />

macht seinen reiz aus. was einen anderen hintergrund für<br />

den satz ergibt, dass sich die ohnmacht nach dem verzehrt<br />

was sie verursacht hat.<br />

die naivität, von der sts dann spricht, die aus den alter-<br />

nativen kleinveranstaltungszonen, kommt vor diesem hin-<br />

tergrund nur schwer ins bild: aber vielleicht vermischt sts<br />

etwas, nämlich umgebungen die in selbstmarginalisierung<br />

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sich fortschreiben können, mit macht: dass das wir-ver-<br />

stehn-uns-eh-oder noch zu keiner zeit substantielles bedeutet<br />

hat, enthebt es freilich nicht seiner funktion, sowas wie<br />

befindlichkeit zu sichern: es gibt in den weniger alterna-<br />

tiven jungfrischen szenen inzwischen das wir-verstehen-eh-<br />

dass-das-eh-verstehen-blöd-ist, das so tut als hätte es mehr<br />

verstanden, aber dabei der zwiebel nur noch ne pelle ab-<br />

zieht um dann besserwisserisch zu behaupten, das sei nun<br />

das letzte häutchen gewesen, das vom freien blick auf die<br />

wahrheit trennt.<br />

was die superheldenfantasien der hartgesottensten feinde<br />

des westens betrifft, muss ich passen, kenne keine von den<br />

herren, kenne deren herkunft zu wenig um mehr dazu<br />

sagen zu können als ein experte wie, sagen wir, karl may<br />

– ob die also versteck spielen oder im sich-ausstellen das<br />

versteck-spielen nur spielen oder was immer, wer weiss.<br />

die frage, wie die ihre feinde definieren, & wie die, die<br />

die bekämpfen, sich das definieren, liegt vielleicht eher im<br />

bereich dessen, was wir betrachten können: man hat dazu<br />

daten, auf die man sich beziehen kann…<br />

sts: …und 1a inszenierungen von bildmaterial, die ängste<br />

vom verlöschen der (kapitalistischerseits) heiligen identi-<br />

tät bedienen. dass ich dies den objekten der inszenierung<br />

(dem mandl aufm bild mit maskierung) zugeschrieben<br />

habe (botschaft an den westen oder neurose?), statt es den<br />

subjekten der inszenierung (nachrichtenagenturen zb) zu-<br />

zuschreiben (perfide auswahlmethoden ausm bilderfundus<br />

oder treublöde versuche, abzubilden-was-ist?), war meine<br />

kurzsichtigkeit.<br />

was nix dran ändert, dass das bildmaterial auf seine ob-<br />

jekte zurückwirkt als identifikationsangebot. erinnert sei<br />

da an die strategia della tensione, italien vs. brigate rosse,<br />

wo von staatlicher / geheimdienstlicher / privatkapitalis-<br />

tischer seite mitgedacht war, den potentiellen sympathi-<br />

santen einer sozialrevolutionären bewegung durch das ve-<br />

hikel der medialen inszenierung des „terrorkampfes“ eine<br />

zwar eindeutige identifikation mit „dem feind“ zu ermög-<br />

lichen, die aber damit in letzter konsequenz als selbstzer-<br />

störungsknöpfchen in alle emanzipatorischen ansätze der<br />

späten siebziger/frühen achziger installiert wurde. verglei-<br />

che hiezu auch die scheindebatten über die begnadigung<br />

von christian klar im deutschen feuätong.<br />

dann: viel geld verdienen, sich aufm arbeizmarkt „durch-<br />

zusezzen“, das bedeutet, 1 waffe zu halten und, vor allem,<br />

gezielt oder nicht, in eine richtung zu halten, und nicht<br />

auf sich selbst. ob die waffe ein faktisches schiessgewehr<br />

ist, oder die drohung mitm nicht-leben-dürfen bei man-<br />

gelnder unterordnung (wo dann die waffe, say, ein for-<br />

mular ist, dass eine krankschreibung verweigert, oder ne<br />

benachrichtigung ans arbeitsamt, welches dem 5 minuten<br />

zuspätgekommenen das nicht-erscheinen unterstellt…),<br />

das is wurscht. da gehts nur um die nervenschonung der<br />

gewaltausübenden. dass die, die die faktischen waffen<br />

stellvertretend spazierentragen (oder draus schiessen),<br />

meist ihrerseits auf der falschen seite der papierwaffen ste-<br />

hen, lag an rbk, deutlichzumachen, weil sts, ihr wissz es eh,<br />

polemisch-also-notorisch-ungenau argumentiert.<br />

rbk: nur nicht vergessen, dass verweigerte krankschrei-<br />

bungen keine löcher machen die nicht mehr zuheilen wol-<br />

len, ergänz ich notorischerseits: totmachen oder schikanie-<br />

ren sind 2 paar schuhe, soviel genauigkeit sollte man in der<br />

polemik noch lassen..<br />

was hmx uns einblendet, antizipierend auf welcher klavia-<br />

tur uns sparta spielt, ist eine andere sache: der gradmesser<br />

für angstmachandrohung oder angstmachdassgewalt-<br />

ausübdrohung steht auf maximum, wenn 1 wägelchen<br />

brennend unters vordach 1es provinzflughafens gerät &<br />

1 anderes wägelchen mit entzündlichem beladen in einer<br />

geschäftsstrasse zu rauchen beginnt, ohne auseinanderzu-<br />

fliegen. 1 friedlicher tag ohne besondere vorkommnisse,<br />

wäre zum beispiel für kabul oder baghdad diesenfalls die<br />

zusammenfassung der nachrichten vom tage. höchste ter-<br />

rorwarnstufe, bedeutet derselbe sachverhalt in westeuropä-<br />

ischen städten. wer identifiziert sich mit wem, wäre die fra-<br />

ge, um sich wovor zu fürchten, oder was nicht zur kenntnis<br />

nehmen zu müssen? nervenschonung der gewaltausübenden,<br />

wie sts aus anderem beispiel folgert?<br />

hmx: + schon wieder zurück in die zukunft + per fox im<br />

feinsten petticoat mitten ins vorstadteigenheim + der


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verfahren<br />

mann gerade von der wirtschaftlichen arbeit direkt (=<br />

event. ohne umweg über den schnapsladen) ins familitäre<br />

wohnzimmer mit 1 stk. fernseher + 2 stk. kinder //männ-<br />

chen + weibchen// heimverkehrt + dann geht auch schon<br />

die flimmerlkiste nebst announcerstimme an: now we<br />

must be ready for a new danger: the atomic bomb! und als<br />

obendraufhinaufgabe turnt + singt ein turtle für alle al-<br />

tersgruppen verständlich ein notfallslied, auf dass man die<br />

lebensverlängernden methoden beherrsche, die bei atoma-<br />

ren explosionen o.ä. anzuwenden seien. duck and cover, so<br />

nicht nur das namensschildchen des turtleliedes, sondern<br />

auch gleich der ganzen campaign, die die federal civil de-<br />

fense administration 1952 in bester nutzung der neuen me-<br />

dienkanäle laufen ließ. 7 jahre später werden celebrities vor<br />

den zu lahmen drohenden angstkarren gespannt + der laut-<br />

sprecher spricht mit der durch den modernen prometheus<br />

erschaffenen stimme boris karloffs: civil defense is common-<br />

sense, learn to protect your home, call civil defense today. und<br />

damit der angstkarren in fahrt kommt, ja, da braucht man<br />

nun mal 1-2 firestarter: kurz: //das geschah davor//: tru-<br />

man-doktrin nebst anschlüssiger mccarthy-ära. als start-<br />

schuss für die second red scare und steigbügel für maccarthy<br />

unterschreibt truman 1947 //mit z.b. einem stift o. ä.// die<br />

executive order 9835, durch die untersuchungsausschüsse<br />

angeordnet werden, die die loyalität der staatsbediensteten<br />

//mit event. lupen + etc.// untersuchen sollen, um hiernach<br />

etwaig rotes gesox aus dem staatsdienlichstlichen diens-<br />

te zu entlassen (= freistellen). wer was werden will, wird<br />

anders als links. wie schnell sogar 1-2 weltkarrieren den<br />

bach //vgl. event. mississippi// hinunter gehen, zeigt sich<br />

nicht zuletzt an chaplin. + im radiogerät kann das ohr //<br />

auf grund z.b. der wunderbaren fähigkeit des hörens// titel<br />

vernehmen wie: atomic bomb blues; get that communist, joe;<br />

jesus hits like an atom bomb; i dreamed i saw krushchev in a<br />

pink cadillac; radioactive mama; when they drop the atomic<br />

bomb; the communists are commin’; crawl out through the<br />

fallout; stalin kicked the bucket; great atomic power; agnes,<br />

the teenage russian spy; the death of joe stalin (good riddance);<br />

let’s keep the communists out; my teenage fallout queen; poor<br />

left winger; weapon of prayer…<br />

systeme verlangen notwendigerweise loyalität, da sie auf<br />

selbstreproduktion aus sind, so lehrt ein luhmann. in dieser<br />

selbstreproduktion werden nur solche elemente eingebun-<br />

den, die aus sicht des systems das bestehende perpetuieren<br />

vermögen : kurz: anschlussfähig sind. je stärker nun ein sys-<br />

tem unter druck gerät, desto anschlussfähiger müssen auch<br />

die systemelemente werden. was dies vielleicht für einen //<br />

kunst- literatur- film- wissenschafts- deppen- u.ä.// betrieb<br />

heißen kann, zeigt sich am willkürlich erzählten beispiel<br />

einer jungliteratin, die die wounderbare natalia b. nitzko-<br />

vic // = führungsmitglied der aktions- und terrorgruppe<br />

Rotes Armee Partizip 1 hoch 2// in befürchtung eines bevor-<br />

stehenden anschlages auf die kurz bevorstehende lesung<br />

derselbigen jungliteratin mit dem verweis darauf, dass man<br />

doch auf grund des von beiden geteilten alters zusammen<br />

halten müsse, von einer befürchteten intervention der ak-<br />

tions- und terrorgruppe abzubringen versuchte.<br />

JOIN CIVIL DEFENSE TODAY<br />

rbk: & erwähnter luhmann widmet sich den protestbe-<br />

wegungen in seiner gesellschaft der gesellschaft mit der an-<br />

merkung dass sich den protestbewegungen zu widmen<br />

geschehen müsse ohne rücksicht auf die theorieästhetik, hört<br />

hört, „vielmehr versuchen diese bewegungen, allein schon<br />

durch ihre soziale offenheit für immer neue anhänger, die<br />

gesellschaft gegen die gesellschaft zu mobilisieren. wie<br />

soll das möglich sein?“ die schönheit von gedankenge-<br />

bilden leidet indessen nur kurz, denn naturgemäss fängt<br />

luhmann ein was da ausrücken will, kürzen wir ab und<br />

kommen zu folgendem schluss: „wollte man auch für<br />

die protestbewegungen noch eine funktion angeben, so<br />

könnte man sagen: es geht darum, die negation der gesell-<br />

schaft in der gesellschaft in operationen umzusetzen. es<br />

geht also um ein genaues korrelat der autonomie und ope-<br />

rativen geschlossenheit des gesellschaftssystems, um das,<br />

was man, als man noch in paradoxien formulieren konnte,<br />

als ‘utopie’ bezeichnet hatte. die moderne gesellschaft hat<br />

anscheinend eine form der autopoesie gefunden, um sich<br />

selber zu beobachten: in sich selbst gegen sich selbst. wider-<br />

stand gegen etwas – das ist ihre art, realität zu konstruie-<br />

ren. sie kann als operativ geschlossenes system ihre umwelt<br />

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nicht kontaktieren, also realität auch nicht als widerstand<br />

der umwelt erfahren, sondern nur als widerstand von kom-<br />

munikation gegen kommunikation…“ also mit leichten<br />

dellen in der schönen oberfläche der systemtheorie, aber<br />

doch noch intgegriert, den protest. luhmann geht jeden-<br />

falls übers plumpe loyalitätsprinzip hinaus, auch wenn er<br />

wenig anfangen kann mit einer umwelt jenseits seiner re-<br />

alität: elemente fremder sprachen werden stück für stück<br />

übersetzt, dem system als identifizierte genetische ketten<br />

integriert. & da man blinden nicht zuzwinkern kann,<br />

zwickt man sie eben, auge um auge, kommunikation gegen<br />

kommunikation…<br />

hübsch übrigens, dass erwähnte namenlose jungautorin<br />

wg. generation auf verschonung plädiert. man hat also<br />

diesen jungen solang das wort generation vorgesagt, dass<br />

sie den alten die sie darin verpacken hübsch freiwillig in<br />

die säcke gehen: eine form von mitlaufendem widerstand,<br />

mit der luhmann einige argumentative probleme bei seiner<br />

schönheitspflege hätte. & wie reagiert nun das rote armee<br />

partizip? schickt es die seniorengruppe p vor, um generati-<br />

onengerecht stören zu können?<br />

sts: na wenn die seniorengruppe p (geschwader „fortschritt<br />

durch clausewitz-lektüre!“) dafür nach gratz kömme…<br />

das geschwader „fortschritt durch abbruch des theologie-<br />

studiums!“ hat ja grad andersgeartete sorgen.<br />

hmx: //den gerade durch das durch 0 und 1 hervorgebrachte<br />

tor schreitenden mic henze mit ein paar buchstaben zu win-<br />

kend und diesen fragend, ob dieser nun diese wundervolle<br />

diskussion synchron fortzuführen gewillt sei. worauf dieser<br />

folgende antwort herniederschreibt:<br />

rbk: sünn chrom? was wäre denn zu diskutieren, gleich zei-<br />

tig?<br />

hmx: sinn chrom.<br />

loyalität also. ja, da gingen wohl die buchstabenpferde mit<br />

den fingern des fingerbenutzenden hmx‘ ein bisschen im<br />

porzelanladen über das blinde korn hinaus.<br />

rbk: aha, sprache nach dem linearitäts prinzip organisiert,<br />

lese ich da gerade später im text…<br />

hmx: eigentlich = eine synchrone diskussion unmöglich:<br />

weil: //achtung: begründung// sprache nach dem lineari-<br />

tätsprinzip organisiert ist und ein gleichzeitiges sprechen<br />

[by the way, who‘s talking? rbk] kaum linearität in den argu-<br />

mentationslinien zu tage brächte.<br />

rbk: aufeinandereinredende paare verstehen sich hinge-<br />

gen meist gut… muss an der absenz von argumentation<br />

zugunsten der präsenz von interaktion liegen. produziert<br />

man kommunikation mitgegenmit kommunikation & hat<br />

was mit ein ander.<br />

hmx: aufeinandereinredende paare wissen zumeist, dass<br />

der grund des aufeinandereinredens in einem dissense<br />

besteht, von dem beide nur wissen, dass er zwischen den<br />

beiden so lässig herumsteht und eine zigarette raucht, wie<br />

er aber genau beschaffen ist wissen beide nicht.<br />

ad absenz von argumentation vs. präsenz von interaktion:<br />

und da sind wir auch schon wieder bei einem systema-<br />

tischen luhmann. denn für systeme sind die inhalte der<br />

kommunikation 2t-rangig, wichtiger ist dass (natürlich<br />

unter der prämisse der anschlussfähigkeit) kommunikati-<br />

on (=interaktion) statt findet.<br />

rbk: also dissens macht konsens, auf der ebene zweiter be-<br />

obachtung? oder hat das mit der loyalität zu tun, die als<br />

blindes pferd aufm porzellankorn herumfingert, den fleck<br />

auf den hmx‘schen denkhosen verdeckend? denn für syste-<br />

me sind die inhalte der kommunikation, fängt hmx weiter<br />

oben gerade an zu schreiben, dass man gespannt darauf<br />

wartet was nun kommt, etwa: nebensächlich? nur von se-<br />

kundärer bedeutung, da funktion nicht im wie, sondern<br />

im dass des kommunizierens liegt? [pause] [pause] aha:<br />

zweitrangig! da haben wir jetzt aber synchron parallellauf<br />

genossen, lieber hmx… in der performation läge dann die<br />

kraft, dergleichen bühnenwirklichkeit werden zu lassen…<br />

überhaupt stücke, die schreiben ja alle stücke jetzt, diese<br />

jungautorinnen, wars ein stück das nicht gestört werden<br />

wollte, vom rap?<br />

hmx: ja. //in erwartung des rbkschen gegenworts// die bühne<br />

ist nun mal dieser platz, wo performiert werden kann.<br />

rbk: gegenwort! // hmx: und die gleichzeitigkeit ein schö-<br />

nes platzerl findet. // rbk: schönes platzerl, in meiner zeile!


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hmx: so verschieben sich die texte und werden hin + her-<br />

gezogen in den bühnenstücken, die keine waren, sondern<br />

einfachste lesung aus selbst (=eigenhändig mit z.b. fingern)<br />

verfassten eigentexten //in 5.1 dolby sound// zur simulie-<br />

rung des 3D-dinx - na wie heißt das noch schnell? - ach ja:<br />

welt. und dabei war die rap 1 hoch 2 nur in zivil und nicht<br />

//wie üblich// in uniform zu gegen.<br />

rbk: …terror in uniform riecht übrigens verdächtig nach<br />

staatsterrorismus…<br />

hmx: kurz: ja. wenn es soetwas wäre wie eine uniform,<br />

dann ja. wenn man in einer bestimmten situation immer<br />

das gleiche trägt, dann kann man dies wohl uniform nen-<br />

nen. aber mit organistion im sinne des staates hat dies we-<br />

niger zu tun, da die aktions- + terrorgruppe rap 1 hoch 2<br />

nach keinerlei organisatorischen parametern strukturiert<br />

ist.<br />

rbk: oder tracht, z.b. einer zunft oder eines standes. oder<br />

die aus reinhardmeyliedern der späten 70er bekannte non-<br />

konformistenuniform, so eine art galabekleidung der pro-<br />

testbewegungen. dabei täte es doch im hmx‘schen falle<br />

//siehe wunderbar herausgearbeiteter ober- wie auch un-<br />

teroberkörper// ein spartanischer lendenschurz, über dem<br />

ein eisenhelm roten federbusch trägt, um mal wieder auf<br />

die 3<strong>00</strong> zurückzuswitchen… aber wenn rap keinerlei or-<br />

ganisatorische parameter birgt, ists entweder keine grup-<br />

pe oder doch nur, wie war der name dafür, eine beziehung<br />

vielleicht, 1 hehres schildchen auf 2samkeit?<br />

hmx: eine situation schaffen, bedeutet gewisse /normal/pa-<br />

rameter zu verändern, wenn dazu ein lendenschurz o.ä. von<br />

nöten ist, dann soll es so sein. ob 3<strong>00</strong> situationen schaffen<br />

will, bleibt aber zu bezweifeln.<br />

rbk: „die herrschende ideologie organisiert die banalisie-<br />

rung der subversiven entdeckungen und verbreitet sie im<br />

überfluss, nachdem sie sie sterilisiert hat. ihr gelingt es<br />

sogar, die subversiven individuen zu benutzen: durch ver-<br />

fälschung ihrer werke, wenn sie tot sind, und schon zu leb-<br />

zeiten durch die gesamte ideologische konfusion, indem sie<br />

sie mit einer der mythischen lehren, mit denen sie handel<br />

treibt, narkotisiert.“ (aus dem rapport über die konstrukti-<br />

on von situationen und die organisations- und aktionsbedin-<br />

gungen der internationalen situationistischen tendenz. paris<br />

1957)<br />

hmx: keinerlei organisatorische parameter bedeutet, dass es<br />

keinerlei hierarchien gibt, oder besser gesagt: von aktion<br />

zu aktion gemeinsam entschieden wird, wer welche aufga-<br />

ben übernimmt + welche ziele erreicht werden bzw. nicht<br />

erreicht werden sollen.<br />

was die banalisierung der subversion durch die herrschende<br />

ideologie anbelangt: ja. dieses problem wurde schon am<br />

beginn der klassischen avantgarden ersichtlich, d.h. das<br />

konzept des ready-mades funktioniert nur einmal. aber<br />

bedeutet das nun, dass subversion unmöglich wird? nein,<br />

denn wenn das ready-made seinen dienst getan hat, dann<br />

müssen eben neue strategien her.<br />

und schon wieder eine anekdotische rap-begebenheit: an-<br />

lässlich eines poetry-slams wollten die //grazerkulturkirch-<br />

lichen// veranstalter, dass die rap mit lustigen aktionen<br />

hierbei doch ein bisschen teilnehmend mitspielen solle.<br />

rap lehnte mehr als dankend ab.<br />

rbk: „unser hauptgedanke ist der einer konstruktion von<br />

situationen – d.h. der konkreten konstruktion kurzfristi-<br />

ger lebensumgebungen und ihrer umgestaltung in eine hö-<br />

here qualität der leidenschaft. wir müssen eine geordnete<br />

intervention in die komplizierten faktoren zweier grosser,<br />

sich ständig gegenseitig beeinflussender komponenten<br />

durchführen: die materielle ausstattung des lebens und<br />

verhaltensweisen, die diese ausstattung hervorbringt und<br />

durch sie erschüttert wird.“ (rap-port..)<br />

hmx: der punkt bei diesen modifikationen der lebensumgebungen<br />

besteht darin, dass diese ausschließlich von<br />

kurzem bestand sein dürfen, denn bei längerem bestehen<br />

dieser interventionen treten dann besagte effekte //banalisierung<br />

und natürlich auch profitisierung// ein.<br />

aber um jetzt nochmal auf luhmann + loyalität zurück<br />

zu kommen: loyalität ist durchaus zu unscharf geschossen,<br />

denn worauf der hmx hinauswollt war: doppelpkt.: da sich<br />

systeme permanent an die sie umgebende umwelt anpas-<br />

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sen müssen, sind sie gezwungen aus den bestehenden an-<br />

schlussmöglichkeiten auszuwählen, wobei eben jene mög-<br />

lichkeiten der selbstmodifikation herangezogen werden,<br />

die dem system am wenigsten schaden bzw. am meisten<br />

zu dessen selbstreproduktion beitragen. kurz: selektion im<br />

luhmannschen sinne.<br />

rbk: verzeihung, war kurz absent, telefonat in sachen geld-<br />

eintreibung, rekapituliere, poetry-slam in kulturkirchlicher<br />

umgebung, dazu anpassungsdruck in systemen, anpas-<br />

sungsdruck durch systeme allerdings auch, modifikation<br />

von umgebung durch systemische fransung, überlappung,<br />

einverleibung. dazu hier schonmal bereitgelegt den letzten<br />

satz von 57: „die leidenschaften sind oft genug interpretiert<br />

worden – es kommt jetzt darauf an, neue zu finden.“ (rap-<br />

port..), der passt jetzt nicht an dieser stelle, oder doch? also<br />

selektion, unter-scheidung die das system allererst gene-<br />

riert, in der ausdifferenzierung ist etwas wo vorher es gewe-<br />

sen sein könnte, oder eine vergleichbare allmachtsfantasie,<br />

etwas ist indem es dies ist und ein anderes nicht ist, usw.,<br />

differenz & selektion als stabilisierende faktoren, d‘accord.<br />

wie bekommen wir nun die hoffnungen der situationisten<br />

(den spielbegriff an die stelle des wertgesetzes zu stellen)<br />

übern luhmann auf das cyberabenteuer 3<strong>00</strong> projiziert, um<br />

innovative performanzen gegen selbstreproduktiven kul-<br />

turbetrieb konstruieren zu können? oder konkreter, was<br />

den slam betrifft, wäre 1e teilnahme der rap vorstellbar, die<br />

den auftrag der teilnahme übererfüllend zelebriert? debord<br />

fordert für die situationisten, eine revolutionäre alterna-<br />

tive zur herrschenden kultur zu bieten und dafür alle for-<br />

schungen zu koordinieren, durch kritik und propaganda die<br />

fortgeschrittensten künstler und intellektuellen aller länder<br />

dazu zu bringen, zwecks gemeinsamer aktion den kontakt zu<br />

uns herzustellen. im gegensatz zur temporären autonomen<br />

zone verlangt also der obersituationist, etwas die situati-<br />

on überdauerndes zu schaffen, eine organisatorische und<br />

argumentative struktur von der aus situationen überhaupt<br />

erst weiterentwickelt werden können. was nach luhmann<br />

jene kommunikation gegen kommunikation definierte, die<br />

das system mit der realität überhaupt erst in beziehung<br />

bringt, in zugegeben gewagter paraphrase…<br />

hmx:<br />

geht man davon aus, dass systeme //wie u.a. rbk weiter<br />

oben bereits ausgeführt hat// kritik in sich aufnehmen<br />

bzw. durch modifikation abändern, so kann das an einem<br />

kurzen bsp. folgendes heißen: die 68er-bewegung (dass<br />

es eine einheit dieser bewegung nicht gab, soll hier au-<br />

ßer acht gelassen werden) erreicht eine liberalisierung der<br />

zwischenmenschlichen beziehungen. diese errungenschaft<br />

//und hierbei handelt es sich zweifellos um eine errungen-<br />

schaft// schlug in der darauf folgenden zeit um. es ent-<br />

wickelte sich die pornoindustrie, die sich erst aufgrund der<br />

vorarbeiten der 68er entwickeln konnte. das heißt nun:<br />

dem hmx gefällt es sehr, dass er mit seiner freundin so-<br />

viel zusammen wohnen + sexelln darf, wie er will, ohne<br />

hierfür gesellschaftliche sanktionen erwarten zu müssen.<br />

weiters sieht der hmx, das phänomen der ausbeutung im<br />

pornogewerbe.<br />

das heißt wiederum folgerndes: dass nun kritik von den<br />

systemen zur selbstmodifikation und -reproduktion heran-<br />

gezogen wird, ist per se nichts schlechtes. wird kritik aber<br />

in ihr gegenteil verkehrt etc., dann bedarf es wierderum<br />

der kritik. so besitzt kritik innerhalb des systems eine pa-<br />

radoxe //weil systemerhaltende// funktion, was aber nicht<br />

von vornherein gegen kritik und ihr veränderungspoten-<br />

tial spricht. was nun aber zu fragen bleib: wird jede kritik<br />

aufgenommen? wenn nein, aus welchen gründen wird eine<br />

bestimmte /art der/ kritik nicht zur selbstmodifikation des<br />

systems herangezogen? kurz: gibt es kritiken mit selekti-<br />

onsvorteilen?<br />

und damit mich mein körper nicht selbst ausselektiert,<br />

nehme ich einen kepab in mich auf.<br />

aber vorher noch kurz zur methodenfrage: übererfüllung<br />

als subversion - ja? - nein? die methode der übererfüllung<br />

ist insofern problematisch, als sich die kritisierten wie auch<br />

die kritiksympathisaten in ihren sichten bestärkt sehen<br />

könnten. und das muss nicht sein.<br />

happa happa jammi jammi ab zum bamukkalle!<br />

rbk: so wünscht man von fern frohes speisen, nicht ohne<br />

methodenfrage im blick. die explosion der porno-indus


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trie allerdings an 68 zu koppeln, könnte knapp daneben-<br />

gehen: mit 68ff. war für einige zeit das erotische moment<br />

mit der linken, ging der schwarze peter der langeweile an<br />

die in bürofluchten kasernierten kapitalarbeiter, über die<br />

man schon seit den 50ern in hollywoodfilmen zu scher-<br />

zen beliebte. gerade deshalb wird die befreiung des sex<br />

als liberalisierung des marktes umgesetzt, also mit dem<br />

thema der widerstand eingefangen & zu maximalen ren-<br />

diten transformiert. aufkauf der attraktionen, & börsen-<br />

werte die sexy sind, shows in denen frischfleisch um die<br />

wette läuft um als schönchen oder singschöhnchen auf der<br />

rampe stehenzubleiben, nicht ausselektiert zu werden son-<br />

dern mitspielen zu dürfen, das alles kombiniert sich zum<br />

bekannten spektakel, dem schon die situationisten auf der<br />

spur gewesen sind, vor 68. eine tendenz die zur wucherung<br />

neigt, zur leeren überbietung die sich z.b. ganz hübsch an<br />

video-clips von gangsta-rappern seit mitte der 90er able-<br />

sen lässt: immer grössere mengen immer weniger beklei-<br />

deter strandhasen drängen sich um immer aufgeblasenere<br />

herren deren immer dickere finger, von immer dickeren<br />

goldringen geziert, an immer pralleren hintern nach dem<br />

gewicht der welt suchen, bestenfalls aus lamborghinis her-<br />

aus. der aus solchen clips springende realismus findet seine<br />

entsprechung in monatlich überbotenen höchstmassen<br />

von luxusyachten der milliardärsklasse, auf denen die<br />

immer grösseren pools noch immer das lustzentrum der<br />

seefahrt repräsentieren dürfen: ein schiff ist eine wanne, in<br />

der sich magnaten mit models vergnügen. der sexus also ist<br />

ausverkauft, hatte aber schon immer mit geld zu tun, sonst<br />

würde der volksmund die prostitution nicht das älteste ge-<br />

werbe der welt nennen.<br />

aber zur methodenfrage, die hmx vorm kebap stellt: mit<br />

debord wollte ich nur auf den sachverhalt kommen, dass<br />

auch das situationieren eine wissenschaft ist: wenn rap<br />

einszweidrei nun in die reflexive phase geraten, also bereits<br />

als spieler definiert an historischen aktionen gemessen &<br />

entsprechend bewertet werden (was p, die seniorengruppe<br />

winkt von den bänken, seit solitude etc. in vergleichbarer<br />

weise geschehen ist), kann entweder weiter improvisiert<br />

oder von nun an theoretisieret werden. theorien allerdings<br />

errichten hierarchien, etablieren ausserdem den unter-<br />

schied zwischen gestern und heute, also dem was man<br />

machte und dem was man macht um weiter machen zu<br />

können, plötzlich lugt geschichte aus der unmittelbarkeit<br />

& will 1 wörtchen mitreden, schon finden sich welche die<br />

jünger sind & solche selbstverstrickung von sich weisen,<br />

ganz authentisch & unbeschwert zu werke gehen eigener<br />

einschätzung nach. die sich dann womöglich fragen wer-<br />

den, wenn rap einszweidrei irgendwann zu ihnen kontakt<br />

aufnimmt, was die denn überhaupt wollen, ob sie evtl.<br />

frischfleisch brauchen auf den eigenen morschen knochen<br />

etc pp. …<br />

sts: na wusch da geht was weida.<br />

dass rbk von selbstverstrickung spricht im angesicht von<br />

reflexionsebenen-einzug, auffällig; auch, dass die verstri-<br />

ckung da implizit n notwendiges stadium bildet: im (film-<br />

artigen) abrollen dessen, was zwischen (gruppen-)subjekt<br />

und welt spielt, generation um generation, ein plateau ums<br />

nächste... am ende sehen wir uns einem organischen vor-<br />

gang gegenüber, warimmerso, wirdimmersogewesensein,<br />

und was das grimme drachenhaupt erhebt, mit der grol-<br />

lenden behauptung, die GESCHICHTE zu sein, stellt sich<br />

bei näherer begutachtung als der traurige rübezahl einer<br />

EWIGEN WIEDERKEHR heraus. strukturell konserva-<br />

tiv, der kerl, sag ich euch.<br />

auch scheint es mir nicht das privileg von THEORIE,<br />

hierarchien aufzustellen. deutung, ganz untheoretische,<br />

im sinne blindwütigen behauptens, kann das auch. lässt<br />

sich vieles erproben, mit solchem wissen, am eigenen<br />

fleisch, am fleisch der stadt, der mitmenschen. sagen wir<br />

„situationen“ zu den elementen dieser vielheit... der vollständigkeit<br />

halber ist festzuhalten, dass uns solches erproben,<br />

bloß weil es sich des irrationalen bedient, dann nicht<br />

der rationalen reflexion auf die ergebnisse enthebt.<br />

rbk: der strukturkonservative sei ich, rübezählend? wäre<br />

ich, hätte ich gesagt, was sts folgert. aber: das reklamierte<br />

wort ‘selbstverstrickung’ weise ich jenen jüngeren als kritik<br />

der altvorderen zu, die deren theoretischer bewegung mit<br />

fundamentalverwurf entgegensteht: weil theorie entweder<br />

hierarchisch oder wirkungslos, nach dem aktuellen netz-<br />

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werkdenken, ist sie selbstverstrickt & den pragmatischeren<br />

bemühungen um geltung weit genug unterlegen, sie verwer-<br />

fen zu können. so ungefähr hab ichs jedenfalls einigemale<br />

fast wortgleich vernommen, an den tischen der ‘jungen’,<br />

z.b. in graz. die in ihrer a-theoretischen position & dem<br />

fast vollständigen um-manchen-preis-mitspielen-wollen<br />

(im literaturbetrieb, auf den alternativen wie den etablier-<br />

ten ebenen möglichst zugleich, und alle gemeinsam vom<br />

odeur der gleichaltrigkeit umfangen) tatsächlich so weit-<br />

gehend mit der traditionslinie brechen, dass von konserva-<br />

tiver kontinuität keine rede sein kann: jung-sein wird nicht<br />

gegen die alten reklamiert, sondern von ihnen & mit ihnen<br />

zugleich als zu fördernder eigenwert betrachtet, als leitbild<br />

zu einer zeit da jung (mit den konnotationen dynamisch,<br />

aktiv, unschuldig etc: „für sich genommen ist die ‘jugend’<br />

ein werbemythos, der mit der kapitalistischen produkti-<br />

onsweise als ausdruck ihrer dynamik bereits tief verbun-<br />

den ist. dieser illusorische vorrang der jugend wurde mit<br />

dem wiederaufschwung der wirtschaft nach dem zweiten<br />

weltkrieg möglich, als eine ganze schicht von leicht beein-<br />

flussbaren konsumenten massenweise zugang zum markt<br />

bekam, eine rolle, die mit einem patent auf die integra-<br />

tion in die gesellschaft des spektakels ausstattet.“) einen<br />

der letzten nichtmonetären begriffe der globalen marktideologie<br />

repräsentiert, etwas das ausserhalb des futurismus<br />

vielleicht noch zum denkfundament des faschismus<br />

passt: da zittern dann wirklich die morschen knochen…<br />

eine auf verlust von werteverbindlichkeit reagierende autosuggestion<br />

die sich gruppenweise im glauben verstrickt,<br />

dass am jungszenewesen die literarische welt genesen werde,<br />

weshalb man unbesehen & kenntnislos den ballast<br />

der geschichte(n) über bord wirft um allenfalls deutungen<br />

(gern als vorurteile, die sich merkwürdigerweise mit den<br />

sichten von populisten decken) auf den eigenen bauch zu<br />

projezieren, in dem etwas auswärtsdrängt. dabei kommt<br />

meist wenig mehr heraus als die antizipierende persiflage<br />

des marktes mit augenzwinkernden speichelfäden beim<br />

hasch-mich himmelwärts. wäre dergleichen die historische<br />

regel, wären wir freilich aus den höhlen nicht weit herausgekommen,<br />

bzw. nur bis zu den teichen, die sich als spiegel<br />

benutzen lassen.<br />

vom privileg der theorie, hierarchie zu generieren, sprach<br />

ich ebenfalls nicht: nur dass, wo überhaupt unterschieden<br />

wird und in der unterscheidung entschieden, in der entscheidung<br />

geschichte gesetzt, ein unterschied entsteht mit<br />

dem umzugehen ist: insofern alle entwicklung in solchen<br />

denkbewegungen steckt die sich aus den begriffen erheben,<br />

ist also freiheit gegen theorie keine, & enthierarchisierung<br />

im deutungsbereich errichtung von vorwissenschaftlichen<br />

mustern der welterkennung.<br />

hmx: //zwecks kontext (vulgo: drumherum), der feinen buchstaben<br />

nebst sätzchen, die aus des hmxens händchen herausauswinken,<br />

sei bemerkt, dass er //= der hmx// kein pressesprecheramt<br />

von der wounderbaren aktions- und terrorgruppe r.a.p1.<br />

hoch 2 (= rotes armee partizip 1 hoch 2) verliehen bekam,<br />

sondern dass es sich bei besagten hmx nur um einen sympathisanten<br />

besagter gruppierung handelt. als solcher spricht er aus<br />

seinen fingern nur als beobachter (entsprechender ordnung),<br />

spricht vom hörensagen, spricht mit zweiter hand, spricht aus<br />

first-person-auge-um-auge-kontakt u.ä. //<br />

theorie als hierarchiegenerator oder doch nicht oder vielleicht<br />

doch ein bisschen oder besser als differenzmacher?<br />

das stadium der reflexion vor sowie nach geplanter sowie<br />

vollbrachter tat = ein unerlässliches, denn erst durch analyse<br />

der ziele, der kontexte, der möglichkeiten etc. kann<br />

eine punktgenaue intervention „gelingen“, bzw. können<br />

durch denken (event. mit gehirn u.ä.) etwaige unschärfen<br />

erkannt + für zukünftige interventionen vorgebeugt (= ca.<br />

bowing down) werden. natürlich bedarf es nicht nur der<br />

analyse, sondern auch der notwendigkeit des lustvollen<br />

handelns.<br />

theorie schafft in diesem prozess nun durchaus differenz<br />

(im sinne einer differenztheorie: also bedingung der möglichkeit<br />

der unterscheidung zweier möglichkeiten). theorie<br />

bedeutet hierbei, sich für (= gegen) etwas zu entscheiden<br />

und dies gleichsam an einer probebohrung (vgl. „hmx“<br />

oben) zu erproben: gucken was passiert bzw. augen benutzen,<br />

um zu sehen, ob das hirnchen die reaktion vorauszusagen<br />

vermochte.<br />

dass bei planung und dürchführung von interventionen<br />

arbeitsteilig vorgegangen wird, ist notwendig, aber jegli


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verfahren<br />

che entscheidungen über das wie nebst was + wann der<br />

intervention werden von der r.a.p1.hoch 2 ausschließlich<br />

einstimmig bestimmt bzw. werden im kollektiv methoden<br />

und mögliche theoretische vorgehensweisen etc. analy-<br />

siert. eine solche vorgehensweise verlangt notwendigerwei-<br />

se kleine bis fuzzikleinste strukturen; aus diesem grunde<br />

nimmt r.a.p1.hoch 2 keine mitglieder in ihre gruppe auf,<br />

behält sich aber vor, sympathisanten zu offiziellen sympa-<br />

thisanten zu ernennen.<br />

rbk: …in meiner badewanne / da bin ich kapitän / kann<br />

die welt von backbord / bis zu den zehen sehn…<br />

hmx: + voll vor den bug + gleich run ans eingemachte<br />

kann-önchen + ab geht der fahnenbruch. wenn badewan-<br />

nen räder bekommen und nicht nur in bäder zum zwecke<br />

des bla-bla-blantschens rumhängen und die räder dazu<br />

genutzt werden, um ausflüge und ausfahrten auszufah-<br />

ren, dann kann aus badewannen seltsamstes werden. (vgl.<br />

event. piratenboot, stein, überschallflugapparat, etc.) bade-<br />

wannen sind nicht zum baden da, so eine alte dada-weisheit.<br />

(in: der allllllergrößte superdada lehrt seinen angestamm-<br />

ten häfenbrüdern das ersteigen einer leiter mit hilfe eines<br />

selbsterlebten schürhakens, 1921)<br />

//in erwartung des mic henzeschen nachladens//<br />

mic: aus kriminalpolizeilicher sicht ist betreffs letztver-<br />

merk wg. gebrauchs von schürhaken, piratenbooten, stei-<br />

nen & weiterem aufmerksamkeit geboten. ausfahrten in<br />

mit rädern ausgestatteten badewannen fallen hingegen<br />

unter ordnungspolizeiliche aufsicht, es dürfen derglei-<br />

chen fahrzeuge ohne allgemeine technische abnahme &<br />

zusatzausstattung mit entsprechenden warntafeln etc si-<br />

cher nicht auf öffentlichen strassen in betrieb genommen<br />

werden. ausnahmen wären karnevalsumzüge usw., wenn<br />

öffentliche verkehrswege der sondernutzung überlassen<br />

werden & die aufsichtspflicht bei den organisatoren der<br />

veranstaltung liegt.<br />

6. art & rev.<br />

rbk: aus dem entehrenden sklavenjoche des allgemeinen hand-<br />

werkertums mit seiner bleichen geldseele wollen wir uns zum<br />

freien künstlerischen menschentume mit seiner strahlenden<br />

weltseele aufschwingen; aus mühselig beladenen tagelöhnern<br />

der industrie wollen wir alle zu schönen, starken menschen<br />

werden, denen die welt gehört als ein ewig unversiegbarer<br />

quell höchsten künstlerischen genusses. zu diesem ziele bedür-<br />

fen wir der allgewaltigsten kraft der revolution, denn nur die<br />

revolutionskraft ist die unsrige, die an das ziel hindringt…<br />

(richard wagner)<br />

sts: autsch!<br />

at midnight, all the agents /<br />

and the super-human crew /<br />

come out and round up everyone /<br />

that knows more than they do /<br />

then they bring them to the factory /<br />

where the heart-attack machine /<br />

is strapped across their shoulders /<br />

and then the kerosene /<br />

is brought down from the castle /<br />

by insurance men who go /<br />

check to see that nobody is escaping /<br />

to desolation row<br />

rbk: merkwürdig, den sts hier anzutreffen, in der nacht<br />

zum 09.07.07 hätten wir ihn mit geballter faust in besetz-<br />

ten gebäuden vermutet, sagen wir in der dritten schulnacht<br />

unweit des bades zur sonne? es ist für uns selbstverständlich<br />

zur zeit nicht leicht, eine solche wette einzugehen: aber sollten<br />

wir auch 1<strong>00</strong>0x verlieren so haben wir doch keine andere<br />

progressive haltung zur auswahl, debord debord, aus dem<br />

umfeld der besetzung erreichen uns funkmeldungen, but<br />

how beautiful it had to be, sending telegrams without wires,<br />

sometimes i threw stones against the isolators high above, and<br />

it so happened that i smashed some of them really well, i must<br />

confess, in tandem with other vandals, manche chefs sind<br />

übers weekend nicht zu erreichen stecken im stau, funk-<br />

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kontroll<br />

special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

meldungen, by the most remote stations, yes comrades, this is<br />

the cry that crosses all space, mühsal & sklaverey, merkwür-<br />

dig, nur starke menschen kennen die liebe , nur die liebe<br />

erfasst die schönheit , nur die schönheit bildet die kunst<br />

(richard wagner), funkmeldungen, hagen & krimhild to<br />

substitute for human psychology, now exhausted, the lyric ob-<br />

session with matter: to capture the breath, the sensibility, and<br />

the instincts of metals, stones, funkenflug. „ihr dürft nicht<br />

die bürgerlichen ästheten nachahmen, die versuchen alles<br />

auf das schon getane zu reduzieren, weil das schon getane<br />

sie nicht stört; ihr wisst dass 1 werk niemals rein ist“ (guy<br />

debord). natürlich bedarf es nicht nur der analyse, sondern<br />

auch der notwendigkeit des lustvollen handelns? but no-<br />

body is escaping the factory, hart attac maschin & lustvoll<br />

handln (not!wendig!), they regarded the machine as the mas-<br />

ter regards the slave—the machine is there, somewhere else,<br />

and it works. they were forgetting only one thing, that it was<br />

they who had signed the order form (jaques lacan). „wir spra-<br />

chen in der factory immer von sex, das heisst wir sprachen<br />

davon. als wir nach frisco kamen, gabs da jede menge her-<br />

umgeficke, rudelbumms & inszenierte orgien, wir waren<br />

etwas befremdet, machten aber zwangsläufig mit. die leu-<br />

te haben auch geredet mit uns, also sie sagten andauernd<br />

wow!, 1<strong>00</strong>0x am tag sagte einer wow! zu dir in frisco, also<br />

wow! ist eigentlich kein sonderlich komplexer satz, oder?“<br />

(oral history, nyc)<br />

sts: wenn der sts pause macht vom auf-der-mauer-sitzen<br />

resp. emanzipatorisch herumgschaftln, dann geht er on<br />

line und freut sich übers kv. auch: dass diese wunderbare<br />

schule, vor der da die party ab- und in der da was wei-<br />

ter-geht, ein seltener glücksfall ist, was atmosphäre und<br />

planung und akzeptanz betrifft. & wie die bullizei sich<br />

zurückhält. aber für ästhetische debatten, so mit schwer-<br />

gewicht wagnerchen u dgl, ist der sts zu müd, deshalb bob<br />

dylan, und deshalb auch jetzt nix mehr auf den ganzen<br />

factory-komplex. denken is arbeit. & übrigens is der hmx<br />

auch vor ort. der brave.<br />

rbk: party, guter begriff, räume die unsere grundbedürfnisse<br />

darstellen, werden der kapitalistischen verwertungslogik un-<br />

terworfen (communiqué des besetzerinnenplenums 070707,<br />

04.50h: night hawks), fein beobachtet, 1 seltener glücks-<br />

fall, verwirklichung alternativer kultur- kunst- & wohnideen<br />

(c07 3 ) aber für ästhetische debatten zu müd stattdessen<br />

dylan, hier & jetzt beginnt das neue (c07 3 ), für 1 haus für 1e<br />

stadt für 1e welt ohne, this city is our city, this house is mine<br />

venedig, wohnen, gratiswaschen, proberäume, ateliers, wir<br />

haben nicht darüber geredet, aber alles was nicht rassistisch<br />

sexistisch homophob oder sonstwie hierarchisch ist, ist will-<br />

kommen, 1 umsonstladen für antikapitalistische ansprüche (3<br />

stk. pro person), venedig, 1 café ohne konsumzwang, zapatis-<br />

tisch, experimentelle beziehungen, der umgang soll anders als<br />

kapitalistisch gestaltet werden, hierarchieabbau, andere als<br />

herrschaftliche beziehungen zueinander aufnehmen (mithör-<br />

protokoll der forderungen der sprecherInnen der besetzer<br />

im radio helsinki 090707), imaginiere die überführung der<br />

rap einszweidrei binnenstruktur auf venedig, das schulhaus<br />

sankt andrä in graz, aber für ästhetische debatten zu müd,<br />

alles was nich voll krank is kann kommen, aber wir habn<br />

nicht drüber geredet (sprecherin auf helsinki), ‘emanzipa-<br />

torisch herumgschaftln’ schreibt sts, last night the wind<br />

was whisperin‘ somethin’ – i was trying to make out what<br />

it was \ i tell myself something‘s comin‘ \ but it never does:<br />

dylan stattdessen, lonesome day blues (diese wunderbare<br />

schule), aufdermauer aufderlauer (sitzt ne kleine wanze.<br />

seht euch nur die wanze an, wie die wanze tanzen kann! ‘&<br />

wie die bullizei sich zurückhält’) in venedig, junge leute \<br />

wenn ihr irgendwie zum spiel und zur \ selbstüberwindung<br />

fähig seid \ ohne besondere vorkommnisse \ klug oder schön<br />

\ ihr könnt mit der geschichte gehen \ mit den situationisten<br />

\ nicht anrufen; schreiben oder vorsprechen \ bei grenadier-<br />

gasse 2 ecke kerngasse, 8020, „der adventurous playground<br />

ist ein überdimensionierter, ausufernd raumgreifender<br />

kinderabenteuerspielplatz, welcher auf erwachsenengröße<br />

und -proportionen angewachsen ist. die formsprache eines<br />

‘normalen’ spielplatzes zitierend, werden die einzelnen elemente<br />

und geräte in ein alles verbindendes geflecht von<br />

seilen, netzen, wippen und schaukeln integriert“ (rohrpost<br />

1<strong>00</strong>707, 01.27h, das australische team time‘s up verlegt<br />

mit projektresidenz sein „labor für die experimentelle herstellung<br />

von situationen“ ins podewil berlin), party die ab


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verfahren<br />

damit was weiter geht: „die situationisten, so könnte man<br />

lefebvres kritik zuspitzen, lösen die dialektik von subjekti-<br />

vierung & objektivierung einseitig zugunsten der selbst-<br />

verwirklichung in mikromilieus auf & verlieren dabei den<br />

blick aufs ganze der gesellschaft & für umfassende lösungen<br />

zu deren transformation. die situationisten wehren<br />

sich gegen diesen vorwurf mit dem argument, dass sie die<br />

einzigen seien die anwendungsbezogen denken & damit<br />

die kritik des alltags praktisch machen…“ („die phantasie<br />

an die macht.“ mai 68 in frankreich)<br />

noch 1 ‘seltener glücksfall’, nach gelegt in sachen kunst und<br />

revolution, der kampfschrift des alt-48ers richard w.: „ein<br />

mann, dessen todestag sich im herbst zum 40. mal jährt,<br />

hat einmal einen grossen satz formuliert: ‘seien wir realistisch,<br />

versuchen wir das unmögliche.’ sie erinnern sich<br />

sicher noch: es war ernesto che guevara de la serna. und<br />

wenn den archetypischen revolutionär des 20.jahrhunderts<br />

auch sonst vielleicht nicht viel mit a.h. verbindet, so doch<br />

der wunsch, sich nicht der normativen kraft des faktischen<br />

zu unterwerfen. […] a.h. hat nie das avantgardespiel mitgespielt,<br />

das so lange auf den feinen unterschieden beharrte,<br />

bis am ende alles eins wurde: grau, abweisend und hermetisch<br />

versiegelt. ein rätselspiel für die besseren stände, die<br />

all ihre gymnasialbildung aufbieten, um die geheimcodes<br />

der kunst aus der eiswüste der abstraktion zu knacken. […]<br />

a.h. hat nie die hoffnung aufgegeben, dass sich in der welt<br />

hinter all den trügerischen verheissungen der warenwelt<br />

und den illusionen von einem richtigen leben im falschen<br />

ein garten eden verbirgt. und mit unermüdlichem eifer bewässert<br />

er dort die tausend blumen, die sich nach seinem<br />

willen zu ornamenten der fantastischen übertreibung ordnen<br />

sollen. a.h.s kunst ist zutiefst demokratisch: sie pfeift<br />

auf elitäre abgrenzung und auf bildungsbürgerliches besserwissertum<br />

und schafft es gerade in ihrem beharren auf<br />

den künstlerischen ausnahmezustand perspektiven für das<br />

allgemeine zu entwickeln.“ (rede für andré heller, von dr.<br />

alfred gusenbauer, der als kind sein taschengeld durch auslieferung<br />

des salates der grossmutter aufgebessert hat)<br />

hierarchie abbau, was atmosphäre & planung & akzeptanz<br />

betrifft auf höchster ebene hier, diese feinen unterschiede<br />

(titel entziffern & umverwenden) des grauens (& all that<br />

shades of blue), fluppen die stände ausm gully (doll was am<br />

fuss) indessen cheheller (aus welchm stand noch kam der<br />

schokoprinz?) ganz ohne abstraktion hoffnung hegt auf<br />

1<strong>00</strong>0 tulpenausamsterdam (begossen im hellerkeller, dem<br />

dungeon des demokratischen poeten von der blumenparadiesvilla<br />

direkt neben dem vittoriale d‘annunzios), voll<br />

hierarchie abbau solang des nich voll krank is, besserwisser<br />

mit gymnasialbildung dafür in die eiswüste der abstraktion…<br />

(sprach schranz nicht, vor jahren, vom überwintern…?)<br />

sts: ja ärst kommt das frässen / dann kommt die moraaal<br />

(man beachte die abwesenheit des dominanten umlauts in<br />

der zweiten halbzeile).<br />

was neu war, ne neue situation, diesesmal, weniger die grillparty<br />

mit tatsächlich hundertfach anwesender nachbarschaft<br />

im innenhof, weniger die klassen-/ sprachen- und<br />

gender-übergreifenden verschwisterungen usw da capo,<br />

sondern vielmehr dieses: die ZOA, die Zentrale Ordnungs<br />

Abteilung. clowns nämlich, die für die gesamte dauer der<br />

besetzung und der räumung folgende fiktion als sichtbarunsichtbares<br />

thater aufführten: dass sie die vorgesetzten<br />

der anwesenden polizisten wären, und mit deren hilfe für<br />

ordnung sorgen wollten, wobei diverse machtkonstellationen<br />

im direkten kontakt ins wanken gerieten und diversen<br />

einsatzleitern der grimme blick zerbröselte...<br />

anderweitig: dass der sozialdemokratische kulturbegriff,<br />

der arme trottel, mir selbst dann lieber wäre als das christlichsoziale<br />

anschmachten von besinnungseliten wahlloser<br />

provenienz, wenn er das hierzulande dominante paradigma<br />

wär, was er nicht ist. natürlich, ist bloß die wahl zwischen<br />

pest und cholera, dieses, aber die cholera macht wenigstens<br />

nicht ganz so hässlich schwarze beulen.<br />

und drittens dann: n freiraum, das heisst auch, hiesse<br />

auch, sehr direkt: n anderes zeitempfinden. ein empfinden<br />

also der geschichtlichkeit des menschlichen handelns. das<br />

zurückwirken muss, als ne neue (oder neu entdeckte) voraussetzungen<br />

jener handlungsweisen, die „ästhetisch“ heissen:<br />

was woanders, auch zweimal schon in diesem ganzen<br />

kontrollverfahrens-thread, die aufhebung von kunst durch<br />

ihre verwirklichung genannt wurde. wo zur autonomen<br />

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zone noch die bestimmung tritt, temporär zu sein. nixda<br />

jetzt aber mit wagnerschen kraftmenschen usw. von we-<br />

gen „vergänglichkeit“. bloß, als ziel von handlungen: kon-<br />

stellationen und orte zu behausen, wo die umsetzung des<br />

ästhetischen impulses praktische und unmittelbare aus-<br />

wirkungen hat, an denen er kritisiert/gemessen/weiterge-<br />

sponnen werden kann…<br />

kv und wirklichkeit, und/oder<br />

kv als wirklichkeit, und/oder<br />

wirklichkeit als kv.<br />

rbk: & das zoa-vorgehen, ‘ordnung braucht kontrolle’,<br />

noch so 1 verfahren, erprobt via volx‘ karawanserey &<br />

auf etlichen gX-antidemonstrationen? schön, wenn das<br />

neu ist: es re-etabliert die hofnarretey, deren freiheit im<br />

aussprechen von zumutbaren wahrheiten bestand, 1 spie-<br />

gel des souveräns der dem narren erst dann den kopf ab-<br />

schlägt, wenn die position der macht wirklich gefährdet<br />

ist [die kultürliche variante heisst ZIA, & wen narren die<br />

inzwischen? sich selbst, vielleicht, oder gelangweilte he-<br />

donisten die anschluss suchen an eine position die keine<br />

ist, aber irgendwie intelligent…]. neu entdeckte handlungs-<br />

weisen, die ‘ästhetisch’ heissen? ‘wir sind gegangen, um wie-<br />

derzukommen, und endgültig zu bleiben’ (nachtrag zur<br />

hausbesetzung, 1<strong>00</strong>707, 03.24h: night hawk), sind dann so<br />

helden wir, wenn auch nicht ganz 3<strong>00</strong> [vielleicht nich ganz<br />

unglücklich dass nach ayurvedischen küchlein & graffiti-<br />

streitln & party machn mal wieder was richtiges passiert,<br />

wenns räumkommando kommt] aber gekommen um zu<br />

bleiben (wir gehn nich aber wenn wir gehn wir in scheibn)<br />

auf der scheibe der Xberger combo ausm jahr 2<strong>00</strong>5, von<br />

hier an blind (wie 1 perfekter fleck: nett, dass drüben im<br />

wrangelkiez sängerinnen die holofernes heissen den blinden<br />

fleck der systeme berühren…).<br />

wenn sts aber auch ausserhalb des post-party-choques an<br />

diesem kulturbegriff (der keiner ist sondern blödes ressen-<br />

timent, diesenfalls) als besserer pest festhält, bekommt er<br />

a watschn von mir (macht also auch beulen dann)… war<br />

er da nicht grade, der sts, versteckt hinter einem konso-<br />

nanten?<br />

sts: ja, da is er. und was heisst hier festhalten? dass (eigende-<br />

finition) massenparteien - also die rosa und die schwärz-<br />

liche clique - sich den luxus reflektierterer positionen zu<br />

*kunstundkultur* nicht gerne leisten, und dass dieser<br />

mangel auf die denkgewohnheiten ihrer exponierteren<br />

mitglieder wirkt, wissma.<br />

rbk: luxus reflektierter positionen? da ist schon reflektiert<br />

worden, nämlich das falsche bewusstsein (nicht der partei,<br />

sondern des vorsitzenden) hat sich in sich selbst gespiegelt,<br />

ein bisschen verkennend wer hier spektakel für wen macht,<br />

und hat damit – nicht untypisch für habituell verunsicher-<br />

te aufsteiger – auf die karte des völkischen vorurteils ge-<br />

setzt (kunst als nebenwiderspruch verkennen – & den ex-<br />

ternen beratern dann zur eventisierung überlassen). mir ist<br />

in diesem zusammenhang übrigens egal, welche grösseren<br />

vorurteile andere vor sich her schieben: es besteht keine<br />

notwendigkeit, den mist der einen über den haufen der<br />

anderen zu hebeln…<br />

sts: ja eh. muss dennoch sagen: wenn ich mit vorgehaltener<br />

pistole gezwungen werde, durch eine von zwei türen zu<br />

treten, hinter der einen gusenbauer, der über heller redet,<br />

und hinter der anderen molterer, der den phantastischen<br />

realismus hochleben lässt... und die entwaffnung des pisto-<br />

lenvorhalters schiefgeht... dann nehm ich tür eins.<br />

was klarerweise geographische ursachen hat: lebe ich doch<br />

auf der seite des semmerings, auf der nicolaus harnon-<br />

courts g‘schau den leitmedien als geradezu emblem von<br />

KULTUR gilt. auch ggf. unter verwendung von schlagzei-<br />

lenkompositionen wie „dämonische zärtlichkeit“. nur echt<br />

mit genialischem schaffensakt. und zweiundfünfzig zäh-<br />

nen. daneben sind die antiintellektuellen sonntagsreden<br />

des gewerkschaftlichen mittelbaus ff. leicht zu ertragen; als<br />

pompöse, blöde, berechenbare, aber – und das ihr relativer<br />

vorteil – als etwas, dass strikt im eben festzelt verbleibt<br />

und mich nicht auf schritt und tritt behelligt.<br />

und wiederhole gerne nochmal: dass die methode der ZOA<br />

was neues generiert hat. neu in dem konkreten kontext, auf<br />

den konkreten gesichtern, auf den konkreten leibern. be-<br />

hauptete nicht, theoretisch neues sei geleistet worden. be-<br />

hauptete neue situation. die war gegeben. nochmal also:


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verfahren<br />

*modus *?* on*<br />

kv und wirklichkeit, und/oder<br />

kv als wirklichkeit, und/oder<br />

wirklichkeit als kv.<br />

*modus *?* off*<br />

rbk: neu, der ableitung oben nach, wäre dann alles, zum<br />

beispiel 1 neuer tag da draussen, über den dächern. auf<br />

diesem meinem konkreten gesicht dieses grau, vom fahlen<br />

licht des lcd-bildschirms überlagert, wie ich davon schrei-<br />

be wie neu das ist. nicht falsch verstehen: es geht hier<br />

nicht um herabsetzung der konkreten aktion, es geht um<br />

die frage wie sie zu interpretieren ist. wer mehr will als<br />

sich spüren, wird vielleicht lernen wollen was das heissen<br />

kann, dass ein autonomes zentrum läuft, für den rest tut‘s<br />

freilich dies: „am samstag lief ab mittag das improvisier-<br />

te haus&hof-fest, mit workshops, grillen, partykeller und<br />

weiterem planen. über hundert menschen kamen zu be-<br />

such, darunter viele nachbarInnen. das neue autonome zen-<br />

trum läuft. die besetzer_innen sind entschlossen das haus<br />

zu behalten.“<br />

bleibt noch die verständnisfrage: wenn in graz 1 venedig<br />

aufgezogen wird & im radio helsinki darüber berichtet,<br />

was heisst dann ‘granada spielen’ vor diesem hintergrund,<br />

oder auch ohne ihn (es soll 1 sprecher der polizei den ver-<br />

sammelten besetzern solches angedroht haben, falls die<br />

sich nicht von selbst verzögen)? bezieht man sich hierbei<br />

auf 1492, als die siegreiche reconquista den mauren freien<br />

abzug & transport übers meer nach marokko gewährte,<br />

oder auf 1499, als erzbischof cisneros auf dem marktplatz<br />

von granada 1en scheiterhaufen für islamische & jüdische<br />

literatur errichten liess, in dessen folge dann die beliebten<br />

pogrome gegen nichtchristen liefen? (modus *?* on)<br />

sts: „granada spielen“ wohl eher in bezug auf „grEnada“,<br />

den 1983 von der USA überrannten karibischen inselstaat,<br />

den der volksmund wohl nicht von der spanischen insel im<br />

mittelmeer unterscheiden kann. oder?<br />

rbk: na wenn der sts den eigenen volksmund nicht kennt<br />

;-)<br />

sts: hab versucht mich schlau zu machen, die redewendung<br />

ist älter als jene invasion, also vielleicht tatsächlich pog-<br />

romgedanken dahinter…<br />

rbk: aber wg. kv & realität: „natürlich gab es auch kon-<br />

flikte im haus und wie so oft zu wenig raum und zeit um<br />

die besetzung und das geschehen vor ort entsprechend zu<br />

reflektieren. besonders die frage von informellen hierar-<br />

chien und die an einem graffiti entbrannte sexismus-dis-<br />

kussion wurden vertagt. das wird auch in den nachbespre-<br />

chungen von bedeutung sein, denn die lernprozesse, die<br />

viele an diesem wochenende begonnen und durchlaufen<br />

haben, dürfen nicht abreißen. gestärkt und um einiges ab-<br />

geklärter und reflektierter werden wir dann in die nächste<br />

besetzung gehen, und die wird kommen!!!“ (nachtrag zur<br />

hausbesetzung…)<br />

‘n anderes zeitempfinden’ hat sts reklamiert, in der situati-<br />

on, die ja 1e in zeit & raum fluktuierende zone generiert,<br />

also 2te ebene einzieht vielleicht. aus dem zu-bewusstsein-<br />

kommen der selbst-erfahrung in der situation wäre aber<br />

flinkst zur vernetzung von erfahrungen überzugehen, man<br />

muss sich schon um den flash der auskopplung aus der re-<br />

gelzeit bringen um weiterzukommen, sonst ist besetzung<br />

wieder nur happening & sich-jung-&-vorhanden-fühlen<br />

geblieben. der ‘wie-so-oft-zu-wenig-raum-und-zeit’ – zu-<br />

stand markiert was wesentlich fehlt: in situationen wie<br />

diese, wir habn ned gredet drüber, nicht zu schliddern, son-<br />

dern sie planen zu können. genau das unterscheidet dann<br />

freizeitgestaltung nach semesterende von neu entdeckten<br />

handlungsweisen, die ‘ästhetisch’ heissen oder politisch sind,<br />

also etwas erleben von der realität. der nachtrag der besetzer<br />

selbst macht transparent, dass dieser mangel zumindest<br />

empfunden wurde. wenn nächstes mal dann abgeklärte &<br />

reflektierte zu den besetzungen kommen, schaltet sich der<br />

modus sicher auf die von sts umträumte wirklichkeit…<br />

sts: will sts bloss nicht missverstanden wissen, dass sich<br />

jung & vorhanden fühlen, davon aber insbesondere das vor-<br />

handen, notwendige vorbedingung ist, um überhaupt erst-<br />

mal zu wissen, was man da planen könnte, und wofür. und<br />

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umträumt sagt rbk, meint, sts mache den flash sprachlich,<br />

den das gibt, sich so und so zu fühlen, auch ne notwendige<br />

vorbedingung späteren planens solches sprachmaterial,<br />

aberaber: ob da die vokabel von den träumen, den din-<br />

gern, von denen bekanntlich geklärt ist, sie wären keine<br />

versprechungen, nicht n zu schwacher karabinerhaken ist<br />

zum einhaken…<br />

auch wieder in den nach-reflexionen: das alte linke para-<br />

doxon: organisation, die hierarchische veranstaltung, ge-<br />

gen hierarchie in stellung zu bringen. wenn wir n freiraum<br />

wollen, und formulieren, wofür und für wen, ist gleich<br />

mal n ausschlusskriterium formuliert, nichts hiergegen,<br />

bloß wer interpretiert und exekutiert das dann? erinnere<br />

ne aktion vor jahren, SUb-im-FORUM-party, wochenlan-<br />

ge plena usw usf, und dann hängt n grundsympathischer<br />

mitmensch bei der veranstaltung so bildchen auf, die an-<br />

tisexistisch gedacht waren, braunkreide-abmalungen von<br />

wichsheftln, portraitformate, so methode „lächerlichma-<br />

chung einer darstellungsweise durch überhöhung in den<br />

style des 19. jhdts“, kam bei ca. 50 prozent der anwesenden<br />

so an wie gemeint, fandens die anderen 50 prozent aber<br />

bloß affirmativ deppert, und wer hat jetzt recht, hä? 2<strong>00</strong><br />

leute vorm forum diskutieren, was die veranstaltung ret-<br />

tete war der kompromiss, die bilder JETZT abzuhängen,<br />

aber nachher, bei der diskussion über allerlei themen, die<br />

auch im programm stand, die bilder zu thematisieren und<br />

DA auch herzuzeigen, und nu: stehen sich nicht auffas-<br />

sungen davon gegenüber, was gewollt werden kann, son-<br />

dern solche davon, was n taugliches mittel ist.<br />

schreien bei so anlässen dann die, die es immer schon<br />

gewusst haben wollen, „die linke“ wäre „repressiv“, „lust-<br />

feindlich“, „ironieunfähig“; jene anderen, die haupsächlich<br />

für die legalisierung von dosenbier anzutreten scheinen,<br />

konstatieren beschwipst, so gehe nix weiter, jaja, da müsse<br />

einfach jedeR machen, wie er/sie glaube, und wer den ge-<br />

brauch des wortes „fotze“ als schimpfwort zu diskutieren<br />

versucht, sei n überheblicher hirnwichser; und die dritten<br />

dann aufm plenum bis alle fragen geklärt sind, freilich<br />

nur zur zufriedenheit derer, die die beste goschn haben, da<br />

capo ad absurdum, das alte paradoxon eben.<br />

der sts ohne lösung, aber mit dem hinweis, das die be-<br />

schreibung des je eigenen umträumens, wie rbk es pole-<br />

misch nennt, der wirklichkeit zumindest die möglichkeit<br />

in den raum stellt, die voraussetzungen aller beteiligten zu<br />

klären, was freilich selbstdisziplin braucht – herrschaftsfrei-<br />

er diskurs, selbst wenn er mal glückt, macht die dinge nicht<br />

einfacher, sondern komplizierter.<br />

ach ja: das wörtchen NEU: wäre mal relevant, zu diskutie-<br />

ren, wie da die kriterien anzulegen wären. WEIL: haben<br />

wir einerseits die erlebenden subjekte, für die bald mal<br />

was NEU ist, eben zum beispiel die ZOA-intervention, die<br />

(dem sts, dem rbk, und einigen hundertschaften rundu-<br />

madum) bereits bekannten strukturen folgt. haben wir an-<br />

dererseits das theoretische up-to-date-bleibe-gebot. (a) wie<br />

sehr, wenn wir uns bloß an zweiterem orientieren, begeben<br />

wir uns in die bereits kv-notierte gefahr, die ursprünge und<br />

herschreibungslinien unseres gegenwärtigen standpunktes,<br />

statt sie bewusst greifbar zu haben, bloß (und ggf. falsch)<br />

zu memorieren? (b) aber auch, was aus ersterer feststellung<br />

dräut, wie groß die gefahr des blanken schnellschuss-ak-<br />

tionismus, der bloß noch ausm fundus auf die subjekte<br />

schleudert, was grad ungefähr passen könnt? (c) und also:<br />

in diesem gegensatzpaar: was wäre da die synthese?<br />

rbk: vorhanden ist man aber schon 1e weile, wenn da phi-<br />

losophen die an ihren dissertationen basteln & diffizile<br />

spasswiderstandsgruppen bilden neben programmverant-<br />

wortungtragenden mitgliedern des forum stadtpark auf der<br />

mauer der grenadiergasse sitzen (& wie war das noch, bei<br />

der instandbesetzung des stadtparkcafés zu künstlerischen<br />

zwecken, 1959?), um nur 2 beliebig herausgegriffene kv-be-<br />

teiligte beispielhaft nennen zu wollen. wissen wofür, soll-<br />

te da bei 1em kern der teilnehmenden nicht sein was sich<br />

bestenfalls aus der aktion ergibt: häuser besetzt man z.b.<br />

mit vorsatz der mehr sein darf als das aufholbedürfnis, z.b.<br />

auch mal in graz sowas gemacht zu haben um nicht immer<br />

so blöd dazustehen in wien, oder anderswo, wg. pensiono-<br />

polis. wenn bei einer mehrtägigen aktion übrigbleibt, da<br />

zum wesentlichen irgendwie nicht im ansatz gekommen<br />

zu sein (keine zeit, keine zeit), weil man sich zwischen par-<br />

ty & 10.<strong>00</strong>0ster sexismusdebatte diese zeit vertreibt (was


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diesenfalls beides aspekte desselben sind: tun was man<br />

draufhat ohne voraussetzung, also voll antihierarchisch<br />

aber verzichtbar weil nichts neues geschieht, nichtmal neu-<br />

es für 1en selbst: sexismusdebatten auf dieser ebene waren<br />

schon vor 20 jahren die abgefuckteste möglichkeit, nicht<br />

politisch argumentieren zu müssen), dann fängt die arbeit<br />

jetzt an, das denken z.b., kann man dankbar sein dass die<br />

veranstaltung von der eventkarawane bundespolizei (mit<br />

der zumindest systemisch längeren erfahrung, was durch-<br />

führung solcher aktionen betrifft) pünktlich genug aufge-<br />

löst wurde, um den totlauf fürs erste zu verhindern, noch<br />

genug kraft stehen zu lassen für 1 besseres nächstes mal.<br />

worauf es ankommt dann, ist erfahrung genug akkumu-<br />

liert & fürs pragmatische 1 paar taktiken bereitgelegt zu<br />

haben, die asymmetrie ausgleichen oder ausnutzen helfen.<br />

arbeit also, falls das widerstand sein soll, oder intelligentes<br />

spiel mit den möglichkeiten (1 spiel dann aber, dass sich<br />

in autonomen regeln generiert, nicht bloss herumspielt am<br />

vorhandenen).<br />

die debatten über lächerlichmachung durch überhöhung<br />

wären dann auch mal systemisch zu betrachten: die im-<br />

mergleiche übung, auf halbwegs erkannte konstellationen<br />

durch ironische wiederholung zu reagieren, oder durch<br />

einfachen verwurf derselben (was dann den immerglei-<br />

chen scheinkonflikt zwischen diesen beiden reaktionen<br />

evoziert), ist nur unmittelbarer reflex. fragen wir uns, war-<br />

um derart kurzgedachtes inzwischen auch den kunstbe-<br />

trieb dominiert (ob nun kunst oder theater oder literatur).<br />

dass endloses veralbern (nebst veralberns des veralberns,<br />

haha) zwar der triebabfuhr dient, heisst eben abfuhr auch,<br />

also verklappung wo sortieren & richten die dinge ändern<br />

könnte.<br />

der nachholbedarf, der besteht, ist einer des denkens:<br />

verkümmerte kunstbegriffe & verstümmeltes politisches<br />

denken beharren darauf, wenigstens so nicht beeinflusst<br />

zu sein, ganz unmittelbarer ausdruck vom jeweiligen ich.<br />

wenn abgrenzung nicht reflektiert betrieben wird, sondern<br />

blind exekutiert (nach dem motto, i weiss zwar nix über<br />

was war & wogegn i bin, aber mir sand besser, mir sant jetz,<br />

dees gschpüür i doch), entwickelt sich nichts, sondern bestä-<br />

tigt & beschränkt sich selbst, ceterum censeo.<br />

& das umträumen muss nicht so polemisch gelesen wer-<br />

den, weil es den sts‘schen begriff der wirklichkeit nur um<br />

das ergänzt was er ja selber meinen will, als möglichkeit.<br />

herrschaftsfreier diskurs heisst im übrigen auch, sich von<br />

den eigenen voraussetzungen emanzipieren zu können.<br />

das scheint im widerspruch zu stehen zur identität die<br />

man haben will hier & jetzt, dabei verkennend dass sie sich<br />

überhaupt erst entwickelt als arbeit am selbst & mit ande-<br />

ren. zeit ist eine dimension von eminenter bedeutung, für<br />

synthesen z.b.…<br />

sts: …und mit gutem grund hat der sts das wort IDEN-<br />

TITÄT vorhin nicht benutzt, und spricht caesarisch vom<br />

text-ich in der dritten person. rufzeichen. der ablehnung<br />

des gschpürens als an sich politischer kategorie bei rbk ist<br />

beizupflichten, der konstatierung hingegen, der eingriff<br />

durch die polizeitheaterkarawane sei rechtzeitig erfolgt,<br />

eher nicht. denn durch diesen eingriff haben sich alle er-<br />

wägungen zu der konstellation, wie sie da geherrscht hat,<br />

und zu den situationen, wie sie greifbar gewesen sind, ins<br />

konjunktivische verlagert. jetzt hätten sie herrschen kön-<br />

nen, die konstella-, und wären greifbar gewesen, die situ-<br />

ationen.<br />

zeit für synthesen? sts stellt sich versuchshalber blöd und<br />

wills genauer wissen.<br />

rbk: was will sts versuchshalber genauer wissen? zu welchen<br />

synthesen die besetzer gekommen wären, wenn sie vor der<br />

nächsten besetzung zeit auf entwicklung 1er theorie der<br />

praxis verwendet hätten? fragt er sich hoffentlich selbst,<br />

also 1 text-ich das andere? modus ‘modus on’ off, the li-<br />

mits?<br />

sts: und off limits verwiesen also die versuchsweise blöd-<br />

heit. scheints gleich mit: die vermutung, zu 1er theorie der<br />

praxis zu kommen brauchen die diversen ichs, seien sie in<br />

einem oder in mehreren menschenfleischs inkorporiert,<br />

eben nicht nur den denk- und dischkurier-raum, sondern<br />

auch noch was anderes, also die sozusagen reibungsfläche<br />

zum indikativischen. – ne umgebung, in der die hand-<br />

lungsvoraussetzungen, sagn wir modi, experimenteller na-<br />

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tur sind und nicht alterprobt-unhintergehbar, wo sie auch<br />

mal RASCH sich ändern lassen (1 plenum dauert immer-<br />

hin nicht so lange wie 1 komplette neue besetzung): zb so<br />

ne umgebung wie ein-haus-ein-kunterbuntes-haus.<br />

wenn rbk aber meint, es stünde zuvörderst mehr analyse<br />

statt mehr gschaftlhuberei an, wo erst drei tage und ein<br />

polizeilicher abtransport vergehen müssen, bis n konsens<br />

zu sachverhalten formuliert wird, die schon dreissig jahre<br />

oder so rumschwirren, hat er natürlich recht.<br />

rbk: integrierte praxis vielleicht, also das gschaftln nicht<br />

als antitheoretisch bessere wirklichkeit überheben & sich<br />

öffnen für den reiz reflektiert-reflektierender aktion, als<br />

welche ja situation sich entfaltet dann. buntheit übrigens<br />

hübsch als regenbogen über dem nachbardach, prisma<br />

dann, optischer effekt. effekte immer gut für den affekt.<br />

historische erfahrung hilft vielleicht, buntheit zu über-<br />

setzen, also das gitter zu definieren durch das soviel licht<br />

dann fällt. ob soziologisch das buntkuntre haus grössere<br />

varianz aufweist alsn plattnbau in marzahn, wäre z.b. zu<br />

überprüfen, spasseshalber. also sich nicht auf den leim<br />

gehn, was kuntbunter heisst.<br />

irgendwann letzte nächte berlin chamissoplatz von 1980<br />

im staats-tv, anwohnerkomitees wehren sich gegen abriss<br />

& luxussanierung, kämpfen für bezahlbaren wohnraum<br />

& einer der beauftragten architekten verliebt sich in eine<br />

der aktionistinnen, liefert information & unterstützt. die<br />

aktionistin, 1e studentin kurz vorm abschluss (dialog: was<br />

studieren sie? — soziologie — also arbeitslos nach dem<br />

studium…) fährt mit ihm ans italische meer wg. liebe,<br />

indessen der verprellte ex dem arrivierten rivalen 1 biss-<br />

chen das wort verdreht, in seiner kampfpostille. beim hof-<br />

fest des komitees dann die buntheit der anwohnerInnen,<br />

auch die alte dame von gegenüber kommt auf 1en sprung<br />

vorbei. der architekt liest postille & schüttet 1 glas wein<br />

ins gesicht des ex, setzt sich in den saab & fährt ab. die<br />

geliebte, heimlich schwanger vom ex, leiht sich 1en käfer<br />

& fährt hinterher. über der hofeinfahrt das wort ende, im<br />

hintergrund das fest. p.s.: der chamissoplatz, berlin-kreuz-<br />

berg, wurde behutsam saniert, wohnen jetzt architekten<br />

& psychologen nahe der alternativen ausgehmeile berg-<br />

mannstrasse zu günstiger miete. könnte auch die soziolo-<br />

gin drin wohnen, oder die schauspielerin die damals die<br />

angehende soziologin spielte…<br />

hmx: //sich im schönsten (natürlich frischest gewaschenem)<br />

+ feinsten feinripp nebst allem oben ohne vor den schirm<br />

schwingend, der nicht und nicht flacher zu werden gewillt<br />

ist, dafür aber ob der bildschirmaktualisierungsrate und zur<br />

freunde aller optiker zunehmend für rotes geäuge sorgt.//<br />

also von hinten vorne ran: ich bin kein mensch, ich bin dynamit,<br />

schreit da ein friedrich nebst riesenschnurri aus der<br />

geschichte herauf und steigt auf schreibtischen und bildschirmen<br />

und event. mauern herum und als nachschub<br />

zeigt er noch 1-2 stinkefinger: was ich wagner nie vergeben<br />

habe? daß er zu den deutschen kondeszendierte - daß er reichsdeutsch<br />

wurde...soweit deutschland reicht, verdirbt es die kultur.<br />

[...] keine mißgeburt fehlte darunter, nicht einmal der<br />

antisemit. - der arme wagner! wohin war er geraten! - wäre er<br />

doch wenigsten unter die säue gefahren! aber unter deutsche!<br />

usw. usf. kurz: was sich doch so alles anhäuft zwischen den<br />

jahren der rev.oh.lotion und rev.vision. und dann auch wegläuft<br />

oder einfach nur verläuft zwischen den zeiten und<br />

den imaginierten notwendigkeiten //des fucktischen z.b.<br />

und etc//. und dann kommt schon wieder die schwummrige<br />

blende als eingeübtes zeichen der erinnerung: wir, die<br />

wir in der sumpfluft der fünfziger jahre kinder gewesen sind,<br />

sind mit notwendigkeit pessimisten für den begriff „deutsch“;<br />

wir können gar nichts anderes sein als revolutionäre.<br />

und was bleibt? oder besser was soll bleiben? + z.b. warum?<br />

(a) ein paar angeberanekdoten für die eigenkinder:<br />

stichwort: ja, mein sohn, papi hat eine barrikade gebaut<br />

und mit stinkefinger um sich geworfen. ja, was waren wir<br />

für wilde kerle. und jetzt ab ins bett. morgen zeig ich dir<br />

auch die schönen fotos mit den langen haaren. oder (b) ein<br />

bisschen pimp-my-street-credibility. stichwort: ich möchte<br />

das anwesende lesevolk darauf hinweisen, dass die in meinen<br />

wundervollen - da große - gedichte herniedergeschriebenen<br />

ausführungen über die revolution - die ICH meine - von MIR<br />

SELBST gelebt wird. hier bitte: der zeitungsbeweis! ((der<br />

dichter holt einen durch das viele beisichtragen schon gänzlich<br />

zerknüllten provinzzeitungsausschnitt, auf dem er bei revo


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lutionären tätigkeiten (=sitzen) zu sehen ist, aus seiner tasche<br />

und zeigt diesen in die runde.)) oder (c) die erfindung neuer<br />

wochenendgestaltungen. stichwort: und da war ich voll in<br />

einem besetztn haus, wo voll viel coole leut rumghängt sind<br />

und echt geile location und unten im keller voll mit dj. voll<br />

arg. das nächste mal musst auch mitkommen. ((bernd m. (15)<br />

am 09.07.07 zu silke f. (15) beide schüler aus graz)) oder (d)<br />

das von rbk bereits erwähnte bedürfnis der nachhohlung<br />

um der nachhohlung willen. stichwort: JETZT ist auch<br />

graz ganz punk! (joey ramone am 13.07.07 bei der im grazer<br />

rathaus stattfindenden verleihung der goldenen ehrenanstecknadel<br />

für die verdienste um den punk an die hausbesetzer<br />

der schule in der grenadiergasse 2) oder vielleicht (e) bleibt<br />

einfach das erfahrungssediment, dass durch die tat etwas<br />

entstehen kann, dass scheitern nicht notgedrungen etwas<br />

schlechtes ist, dass man einen anfang gemacht hat, aus<br />

dem noch mehr entstehen könnte. so. und wie aber jetzt?<br />

erst 1-2x reflexion. wir schneiden zurück: 08.07.07. sonntag.<br />

kurz: schon wieder fast alles vorbei. im spätnächtigen<br />

plenum werden strategien gegen die am folgenden tag<br />

befürchteten räumung diskutiert – natürlich basisdemokratisch<br />

+ antihierarchisch (=gut+schön+wünschenswert).<br />

und dann die wortmeldung, die reflexion einfordert, die<br />

geschehenes auf zukünftiges hin gruppentechnisch überdacht<br />

wissen will. mit hinweise auf die baldige räumung,<br />

die diesbezüglich noch zu besprechenden punkte und die<br />

knapp werdende zeit wird der wortmelder auf eine ausgiebige<br />

reflexion nach der beendigung der besetzung vertröstet.<br />

nunja. die frage die hier (=kv) zu stellen ist, wissend, dass<br />

dieses fragezeichen bereits oben zu genüge bestritten wurde:<br />

was hat das mit kunst zu tun? ist das schaffen von räumen,<br />

in denen kunst geschaffen werden soll, a priori kunst?<br />

wohl kaum. selbst die clowns, die sich als ausgezeichneter<br />

puffer zwischen pullizei und besetzern erwiesen, sollte<br />

man aus diesem diskurs-segment heraushalten.<br />

KUNST MACHT IMMER AUCH ETWAS KAPUTT!<br />

BUMMS-TRA-RA<br />

leider beschränkte sich der kunstdiskurs auf ein graffititti,<br />

das eine nackte, von kameras beobachtete frau mit zigaret-<br />

te, in die hüfte gestemmten händen und stöckelschuhen<br />

zeigte und das dem wort- und theoriekargen sprayer den<br />

sexismusvor- sowie den drohenden rauswurf seines werkes<br />

einbrachte. ein beistehender kunstgeschichtler konnte die<br />

auf talk-show-niveau zu sinken und in handgreiflichkeiten<br />

übergehen zu drohende diskussion durch ein paar erklärungen<br />

der semiotischen elemente des bildes beenden.<br />

man erkannte, dass sich der dissens nicht auf die aussage,<br />

sondern auf deren darstellung beschränkte. dieser dissens<br />

war aushaltbar.<br />

sts: zu hmxens punkt (e) wäre hinzuzufügen, dass das<br />

erfahrungssediment, welches zu weiterm möglicherweise<br />

führen kann (zb theorie der praxis; geschichtsbewusstsein;<br />

volker-braun-lektüre), nicht seinerseits bei jedem subjekt<br />

sich denselben situationen verdankt; das, was als anker<br />

fortschrittlichen diskurses im leib wirkt, wirklich irgend<br />

n detail sein kann, nicht geplant, nicht planbar; dass ferner<br />

die tswei fuffzehnjährigen, wiewohl erstmal im modus<br />

*unreflektierte mitmachbegeisterung* smooth durch ihre<br />

ferientage rollend, in den nächsten paar wochen vielleicht<br />

noch durch 1, 2 weitere info-partikel (gelebt/gelesen) sowas<br />

wie n larvenstadium eines kritischen bewusstseins<br />

entwickeln könnten. wo dann von dem erfahrungssediment<br />

„hausbesetzung“ wesentlich bleibt (und dem subjekt<br />

als NEU sich darstellt, hier), dass das geht, einfach wo<br />

reinspazieren und sagen „da sind wir“, dass, m.a.w., die<br />

besitzverhältnisse nicht vorgefertigt vom himmel g’fallen<br />

sind, sondern dass wir die produzieren…<br />

rbk: sch(w)ummerblende auf februar 1883, notiert februar<br />

19<strong>00</strong>, zu den begleitern 1es toten: die 6 gefährten, von<br />

gleichem eifer beseelt, nahmen die zweige aus den bündeln &<br />

streuten sie über die bahre des helden. sie waren von edelster<br />

herkunft, diese rämischen lorbeeren, im hain jenes hügels geschnitten,<br />

auf dem in fernen zeiten die adler sich niederliessen,<br />

um weissagungen zu künden, & auf dem vor kurzer &<br />

dennoch schon sagenhafter zeit die legionen des befreiers endlose<br />

ströme von blut vergossen hatten um der schönheit italiens<br />

willen. & die zweige waren gerade, stark & braun, die blätter<br />

hart, kräftig geädert, mit rauhen rändern, grün wie die bron-<br />

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ze der brunnen, & sie dufteten noch nach triumphen […grün<br />

wie die bronze der springbrunnen schimmerten & sieghafte<br />

düfte triumphierend ausströmten…]. & sie fuhren zu dem<br />

bayrischen hügel, der noch verschlafen in winterlichem frost<br />

lag, während die herrlichen stämme […die hochragenden<br />

stämme…] im lichte roms, beim murmeln verborgener quel-<br />

len, schon neue triebe ansetzten…<br />

der da in den himmel fällt ist wagner, begleitet vom lite-<br />

rarischen alterego d‘annunzios im feuer, 1er parallelaktion<br />

zu den festspielen des hl. richard vom hügel, das alterego<br />

d‘annunzios macht inmitten seines feuers 1 paar anmer-<br />

kungen zu wort & klang:<br />

unter allen elementen, die geeignet sind, den rhythmus in sich<br />

aufzunehmen, ist das wort das grundelement jeglichen kunst-<br />

werks, das nach vollkommenheit strebt. meinst du, dass im<br />

wagnerschen drama dem worte sein ganzer wert anerkannt<br />

sei? & scheint es dir nicht, als ob dort der musikalische gedanke<br />

häufig seine ursprüngliche reinheit verliere, indem er von<br />

vorstellungen abhängig gemacht wird, die dem genius der musik<br />

fremd sind? richard wagner hat ganz gewiss selbst die empfindung<br />

für diese schwäche, & er gesteht sie zu, wenn er z.b. in<br />

bayreuth auf 1en seiner freunde zugeht & ihm die augen mit<br />

den händen bedeckt, damit dieser sich völlig dem zauber der<br />

reinen musik hingeben könne & damit von höherer freude zu<br />

1er tieferen vision geführt werden kann.<br />

der zug zurück, der den toten wagner aufn hügel fährt,<br />

geht aus venezia, ebenjener stadt in der lagune die mangels<br />

bahndamm nicht einzunehmen war in der revolte von 48,<br />

trotz mancher bemühung von artillerieleutnants der kuktruppen,<br />

die von see her ihre terminierten sprengballons<br />

aufsteigen liessen, was als erstes luftbombardement der<br />

europäischen kriegsgeschichte (neu! neu!!) vermerkt werden<br />

wird, also als anker fortschrittlichen diskurses im leib<br />

der erfahrung sedimentiert. bedecken wir einander die augen<br />

mit händen um dem rhythmus zu folgen (PAM – das<br />

von westbam geliebte erdbebensimulationsgerät z.b.), der<br />

schmerz der ganzen welt glitt im wind über die empfangsbereite<br />

seele – ah! jetzt hab ich dich! – rief triumphierend der<br />

beglückte künstler…<br />

hmx: //den feinripp gegen nix eingetauscht habend, ermächtigen<br />

sich die finger nebst angeschlossenem hirn (=event. körper)<br />

der tasten und erschreiben folgendes gewort//<br />

ad sts‘-(e)-kommentar: ja, es ist zu hoffen, dass sich keimlinge<br />

des geistes + der tat in den jugendlichen jugendkörper<br />

hineinschleichen, auf dass er sich entwickle und wachse<br />

und in der wüste ein bisschen wildwuchs entstehe etc..<br />

die frage, die nun mit der tippse besetzungsbezüglich<br />

gestellt werden soll = was kann künstlerisches situationschaffen<br />

bedeuten? quasi: definieren wir 1-2x, was denn<br />

situation ist!<br />

1.) durch was unterscheidet sich eine situation<br />

von anderen situationen?<br />

2.) wie kann dann eine solche situation<br />

hergestellt werden?<br />

//geliebte damen, geliebte herren, es folgt ein vorschlag aus<br />

dem hmxschen situations-geheim-labor. (incl. tipps zum selbermachen)://<br />

ad 1.) wir kommen z.b. – so nimmt hmx an – darüber<br />

überein, dass ein unterschied zwischen der herstellung der<br />

situation des ortstafelverrückens und der einer – nennen<br />

wir sie behelfsmäßig – situation besteht.<br />

heißt das nun, dass situationen keine politischen<br />

situationen sein dürfen? wohl kaum. wo = unterschied?<br />

die differenz, die zwischen beiden arten von<br />

situationen besteht, – so die arbeitshypothese des hmx’<br />

– besteht in der exaktheit und klarheit der dechiffrierung<br />

der situation. bedarf die politische situation der schnellen<br />

und unmisverständlichen entschlüsselung des intentierten<br />

ziels, so – so die arbeitshypothese weiter – muss<br />

die situation einen letzten rest des „unaufgehbaren“,<br />

einen letztes unauflösliches rätsel beinhalten.<br />

was wiederum natürlich nicht bedeuten soll, dass man der<br />

situationen das tendenzielle verwähren<br />

müsste. ganz im gegenteil. aber dennoch muss bezweifelt<br />

werden, dass die situation eine staatstragende<br />

funktion ausfüllen könnte. eine situation<br />

ist eben keine collage, sondern eine DE-collage. „=<br />

grund des scheitern des d‘annunzio-fiume-staates“, so der<br />

hmx mit eigenster stimme gesprochen. und als abschluss<br />

dieses pktes überreichen wir (=ich+ich+ich+etc. z.b.) ihnen


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ein wundervoll eigens für diesen anlass herauferfundenes<br />

bonmot: mit künstlern ist kein staat zu machen!<br />

ad 2.) mit dem finger wird darauf verwiesen, dass dieser<br />

punkt bereits weiter oben mit (event.) wörtern andiskutiert<br />

wurde: vgl. 5a) current & currency levels<br />

sts: ist da das hmx-subjekt im modus „I an‘ I“ (wie in …<br />

build a cabin / I an‘ I plant a corn…)? oder ist das sts-subjekt<br />

fehl-hellhörig, da?<br />

fiume steht da als beispiel. & stimmt. lenkt aber den blick<br />

weg vom größeren, härteren fall des gleichen versagens<br />

– vom nazi-staat. denn der war ebenfalls ne veranstaltung,<br />

die darauf beruhte, die galoppierende ästhetik des „unauf-<br />

gehbaren restes“ der gezielt erzeugten situation zum poli-<br />

tischen momentum zu machen. im einen fall hamma halt<br />

künstlertypen mit ihren persönlichkeits- äh nennen wirs<br />

-besonderheiten; im anderen fall bloß noch die archety-<br />

pischen vorformen des werbedesigners, der die bewegungs-<br />

gesetze, die dem gesellschaftsspiel ästhetik innewohnen,<br />

hirnlos & in quantitäten laut planvorgabe channelt.<br />

gefährlich an solchen erkenntnisverläufen wie dem hier-<br />

hmx‘schen-da-sts‘schen aber bleibt, dass zb leicht sich aus<br />

hmxens vortrefflichen bonmot folgern lässt, wir müssten<br />

künstlerische rezeption & produktion aus dem legitimen<br />

bereich politischer bewusstseinsbildung ausnehmen („‘auch<br />

keine songs mehr darüber, dass man nach auschwitz keine<br />

songs mehr machen kann?’ – adorno schüttelt den kopf.“). was<br />

bedeuten würde, das terrain den fachhochschul-abschlussklassen<br />

in graphic design jahrgang 2<strong>00</strong>1 ff. zu überlassen.<br />

noch ne kleinigkeit: dass unaufgeh-bar eben nicht die bedeutung<br />

hat: in sich unaufgeh-. sondern: von aussen (achtung<br />

imperativ!) unaufgeh-! soviel zum -bar. auch, dass<br />

un-auf-gehbar dem un-hinter-gehbar nahe ist, der genauer<br />

definierten, weil weiter verbreiteteren wortbildung; …diesem<br />

UNHINTERGEHBAR. diesem allsehenden auge im<br />

fluchtpunkt ethischer theoriebildung incl. allenthalben<br />

kategorischem imp.<br />

rbk: wg. forza fiume wäre zu differenzieren, ob hier collagiert<br />

oder codiert worden ist: fiume vielleicht avantgarde<br />

auf diese weise, trainingslager für ästhetischen faschismus<br />

zu sein, dazu ein kuddelmuddel einander überlagernder<br />

ordnungssysteme auf zeit, in dem sich politische aktivisten<br />

als künstler & künstler als staatsmänner verkleidet haben<br />

für 18 monate carnevale, fürs theater auf einer bühne zwischen<br />

den grossinteressen. fiume jedenfalls hat eine menge<br />

rätsel produziert, ohne kunstaktion zu sein. vielleicht<br />

helfen in sachen vergleich mit dem nazi-staat blicke in<br />

den entwurf einer neuen ordnung des freistaats fiume vom<br />

27.08.1920: „[die regentschaft] …befördert und ehrt und<br />

erhält über jedes andere recht das recht der produktiven<br />

bürger; sie reduziert die erstickende zentralstellung der<br />

verfassungsgewalten; sie teilt die kräfte der ämter, so dass<br />

aus dem harmonischen spiel des verschiedenen sich immer<br />

neue kraft und immer neuer reichtum des gemeinsamen lebens<br />

ergibt.“ & die besetzung fiumes schreibt sich im sinne<br />

des anarchosyndikalisten alceste de ambris mit den worten<br />

d‘annunzios die eigenen grundlagen in den folgenden drei<br />

glaubensgrundsätzen fest: „das leben ist schön und würdig,<br />

von dem in seiner freiheit ganz wiederhergestellten menschen<br />

ernst und ruhmreich gelebt zu werden; der ganze<br />

mensch ist jener, der es jeden tag von neuem versteht, seine<br />

eigene tugend zu schaffen, um jeden tag seinen brüdern<br />

ein neues geschenk darzubieten; jede arbeit, so bescheiden<br />

und so dunkel sie auch sein mag, strebt, wenn sie gut ausgeführt<br />

wird, zur schönheit und schmückt die welt.“<br />

welche bars hier&da geöffnet oder geschlossen werden,<br />

vielleicht dann in anderem licht (aufgehen, z.b. wie sonnen<br />

oder gleichungen am morgen, oder hintergehen, einander<br />

vielleicht zugunsten von partialinteressen, ein terrain<br />

nicht allein für fhs-absolventen der kategorie wer nix wird<br />

medienwirt.<br />

mit künstlern keinen staat machen, dabei schrieb rbk in<br />

p27/1994 im kapitel verewigung des staates. die schrift des<br />

ein wenig ins vergessen geratenenen pamphlets der staat.<br />

kommando ton so treffend: die literatur ist die fortsetzung des<br />

staates mit den mitteln der schrift. die schrift ist die ursache<br />

der entstehung der worterzeugerklassen. hinter die schrift tritt<br />

statt des autors der zurück tritt die autorität. der staat ist der<br />

vater der schrift der sich vieler namen bedient. den namen<br />

trägt die schrift im wechselrahmen. den namen verleiht der<br />

staat der zieht die namen ein zu seinen diensten. wer stolz<br />

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kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />

kontroll<br />

special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

den namen vor sich trägt zieht nach sich den staat der kennt<br />

das namens register erkennt den namen von beiden seiten. wer<br />

weiter schreibt trägt die verantwortung.)…<br />

hmx: ad sts‘ frage ist da das hmx-subjekt im modus „I an‘ I“<br />

(wie in …build a cabin / I an‘ I plant a corn…)?: ich (= ca.<br />

hmx) nehme an, dass du (= event. ca. sts) dich (= stssche re-<br />

flexivanzeige) hierbei auf den passus in einem (= hmxsche<br />

besitzanzeige) beziehst, in dem ein wir (=ich+ich+ich+etc.<br />

z.b.) ein wunderbares bonmot hervorpräsentierte. zwar be-<br />

finden sich der verfasser der einschlägigen „I an‘ I“-lyrics<br />

und mein (= im eigenbesitz seiender) kopf in der selben<br />

unentwirrbaren haartechnischen situation, aber dennoch<br />

äugelten meine (= unter eigenkotrolle befindlichen) finger<br />

beim verfassen befragter passage weniger nach karibischen<br />

inseln, als nach der zur darstellung zu bringenden be-<br />

schaffenheit eines autoren-ichs. soll heißen: das = ca. kein<br />

hauptstrang der situations-argumentation, sondern ein<br />

seitenhieb.<br />

ich (=ich) nehme weiters an, dass du (=du) hellsichtig wie<br />

du (=ca. du) mit deinen (= ganz + gar besitzenden) seh-<br />

schlitzen (=suchscheinwerfer) bist, den folgenden refrain<br />

in meine (= gefladerten) worte (= unsinn auf höchsten ni-<br />

veau) hineinzusehen vermöchten wolltest:<br />

inhaltlich ja, methodisch nein.<br />

We gonna chase those crazy -<br />

Chase them crazy -<br />

Chase those crazy baldheads out of town!<br />

und wenig später folgert sts aus dem zugespitzten mit<br />

künstlern ist kein staat zu machen!, dass wir demzufol-<br />

ge künstlerische rezeption & produktion aus dem legitimen<br />

bereich politischer bewusstseinsbildung ausnehmen müssten.<br />

nein, natürlich nicht! eine solche forderung bzw. schluss-<br />

folgerung hieraus abzuleiten, wäre unsinnig. das ziel der<br />

hmxschen ausdifferenzierung war, dass notwendigerweise<br />

eine differenz zwischen staatlich (gesellschaftlich, wirt-<br />

schaftlich, politisch, etc.) und hergestell-<br />

ten situationen besteht, denn so wie der staat nicht das<br />

geschäft der kunst übernehmen kann, kann auch nicht<br />

die kunst die geschäfte des staates übernehmen. auch in<br />

anbedracht dessen, dass – wie rbk richtig bemerkt – die<br />

schrift aus dem geiste der macht geboren wurde, kann kein<br />

führungsanspruch in staatsangelegenheiten abgeleitet wer-<br />

den. das heißt natürlich nicht, dass kunst (incl. situation) politisch nicht aktiv sein dürfte. ganz im<br />

gegenteil! K. = der ort des NEINs! also der ort von dem<br />

aus politische, gesellschaftliche, auch wirtschaftliche etc.<br />

ver+vorstöße geplant + durchgeführt werden können. oder<br />

anders rum: im besten fall = ein künstler kein aufbauer,<br />

sondern ein amrissbirnenfahrer, dessen mund unter dem<br />

schutze seines wunderbaren helms und während des aus-<br />

holens mit der riesenmetallbirne folgendes geworte mur-<br />

melt: „so und jetzta lossts eich amol wos einfolln“.<br />

BUMMS-TRA-RA<br />

sts: was es zur folge hat, wenn mensch die slogans auf die<br />

theoriesprachliche spitze treibt bzw. erstmal hintrimmt<br />

(geschieht, klar, nicht ohne gewaltanwendung…). büch-<br />

nersch geht das so: geht einmal euren idealen nach bis an den<br />

punkt, wo sie verwirklicht sind!<br />

aber letztlich dann doch * i man happy with da abrissbir-<br />

nenklatsche*<br />

rbk: abreissn is dann aber reine negation, es sei denn man<br />

wollte die birne in unendlich verzögerter annäherung ans<br />

objekt vorführen, wie sie diesem immer näher kommt ohne<br />

es je zu erreichen, dank des vorsprungs des objekts in der<br />

zeit… dem sts‘schen büchner also zuwider, dass verwirk-<br />

lichung kein ideal in sich sein kann, sondern im fortgang<br />

der näherung sich selbst verändert… solche approximative<br />

destruktion allerdings konstruiert, oder spannt sich auf im<br />

zwischen der näherung ans unerreich-bare, um den bars<br />

eine weitere hinzuzufügen, woselbst sich drinks wie the<br />

eclipse konsumieren liessen, gin mit grenadine olive &<br />

orangenschale (this drink is a metaphor for the eclipse of the<br />

glowing orb of western world dominance as it is slowly sub-<br />

merged in the cold of the east…).<br />

sts: wofern mir der hmx‘sche sinn nicht völlig entglitten<br />

ist, sprach er, zur rettung der kunst als gesellschaftlicher<br />

– so „wenn mit ihr halt partout kein staat zu machen ist“<br />

– genau von solcher permanenten negationsdrohung…


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verfahren<br />

kunst als thanatos der gesellschaft sozusagen. die solcher-<br />

massen natürlich als organische zu fassen wär. was ein<br />

wenig spenglert. auch: was ist dann, wo wir n todestrieb<br />

schon so schön verortet hätten (beachtet den konjunktiv,<br />

leute!!!), der eros? die unterhaltungsindustrie am ende gar?<br />

zum gegenentwurf, ich wiederhole mich, taugt IMHO<br />

die doppelbelichtete utopie: kunst als verwirklichte/abge-<br />

schaffte. die vorstellung vom moment nach dem einschlag<br />

der abrissbirne, und der dezente hinweis, dass dann bau-<br />

materialien & inneneinrichtung, z.t. leichte abnutzungs-<br />

spuren, zum neugebrauch stünden…<br />

rbk: thanatos & eros, hübsches gründeln in der vorzeit wird<br />

das, organisch zu fassende gesellschaften, das spenglert<br />

nicht nur, es sloterdijkt auchn bisschen, also konjunktiv-<br />

abkehr an dieser stelle, bitte. stattdessen 2ten blick auf<br />

– sagen wir, unterhaltungsindustrie. dass da nicht unter-<br />

halten wird, schon gleich gar nicht erotisch, ergo wenn<br />

schon dann unterhaltungsindustrie = thanatos, still-legung,<br />

aus-löschung, re-cycling, zeremonie. kunst ist 1e tote ente,<br />

die nicht mehr knusprig wird, auch wenn man sie im ho-<br />

nigmantel neuer theorien nochmal aufzubacken versucht.<br />

wir leben jetzt 1<strong>00</strong> jahre mit dem satz, dass ein automobil<br />

schöner sei als eine kopflose antike statuette, & quentin<br />

tarantinos death proof (ums aktuellste movie zu nennen)<br />

packt eros & thanatos locker in denselben dodge challenger,<br />

um zu zitieren was in den 70ern schon zitat gewesen ist, &<br />

exploitation…<br />

sts: menü drei, kunst süss-sauer mit gebratene reis…<br />

hmx: abreissn is dann aber reine negation, so rbk über das<br />

abrissbirnenbild + dann wird auch schon der abrissfahrer<br />

gewechselt + schon sitzt eine lauwarme ente hinterm steuer<br />

+ wär gern tot + als draufgabe reitet tarantino auch noch<br />

auf seinen zitaten schießend in den ausgebeuteten sonnen-<br />

untergang. bumms-tra-ra - wie sich doch die bilder über-<br />

schlagen und rumwickeln ums seil der metallbirne, die hin<br />

incl. her schwingt + //ACHTUNG!// manchmal als pen-<br />

deleffekt den lenker selbst erschlägt. und das = gut so!<br />

denn //so merket auf!// eine metallbirne = gefärlich zeugs!<br />

so kann man mit ihr häuser einreißen. oder drohen häuser<br />

einzureisen. oder drohen ein haus einzureißen, um danach<br />

das nachbarhaus einzureißen. oder drohen häuser einzu-<br />

reißen, um danach ein paar waghalsige abrissbirnentricks<br />

vorzuführen. oder nicht drohen ein haus einzureißen, um<br />

es heimlich bei nacht (event. nebel) einzureißen. oder ein-<br />

fach nur abrissamokfahren. oder einfach nur amokfahren<br />

und nichts einreißen. oder einfach das eigene abrissbirnen-<br />

führerhäuschen nebst eigenabrissbirnenführer einreißen.<br />

oder andere abrissbirnenführerhäuschen nebst abrissbir-<br />

nenführerhäuschenführer einreißen. oder die abrissbirne<br />

richtung haus schwingen lassen und sich danach zwischen<br />

birne und haus werfen, um den abriss zu verhindern. oder<br />

nur die vierte wand oder türen eines hauses einreißen. oder<br />

mit anderen abrissbirnenfahrern abrissbirnenbowling spie-<br />

len. oder etc.<br />

ob nun nach diesem ganzen hmxschen gebirne von einem<br />

abreissn […] [als] reine negation zu sprechen ist, bleibt event.<br />

fraglich. denn zuerst sollte geklärt werden, was unter reiner<br />

negation //mit z.b. dem gehirn// verstanden werden soll.<br />

1.) die logische negation? also: einfach ein minus vor die<br />

verhältnisse pinseln? oder:<br />

2.) negation im hegelschen sinn? also: negation als motor<br />

dialektischer bewegungen. negation heißt hier zwar einer-<br />

seits //ACHTUNG: grausliche hegelrethotik// liquitation<br />

(= ca. ein ende eines bestimmten verhältnisses setzen/er-<br />

reichen) aber gleichzeitig auch aufhebung (= ca. das wider-<br />

sprüchliche alte wie neue synthetisieren). kurz: bestimmte<br />

negation.<br />

versteht nun rbk unter reiner negation 2.) dann wäre sein<br />

hmx betreffendes attest richtig, andernfalls nicht. aber das<br />

abrissbirnenspielen nur als negation zu verstehen, wäre<br />

auch zu wenig, es bedarf u.a. noch einer schönen dosis<br />

verwirrung: z.b.: >>gnädige frau, dürfte ich ihren pudel<br />

bumsen?


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kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />

special appearance: helmut schranz | michael henze<br />

kontroll verfahren<br />

rbk: die absolute, sich auf sich beziehende negation wäre<br />

von der reinen zu unterscheiden, also das i see, it‘s me des<br />

absoluten unterschieds von ich, ich-ich oder ich-ich-ich<br />

(am a rose) zum anderen, vom liquidieren (flüssigmachen)<br />

bestimmter differenz einerseits, andererseits vom bloss ne-<br />

gativen, jenem letzten das nicht selbst über sich hinaus zu<br />

neuem inhalt geht, sondern um wieder inhalt zu haben et-<br />

was anderes irgendwoher vornehmen wird, welchletzteres<br />

g.w.f.h. das reflektieren ins leere ich vulgo die eitelkeit des<br />

wissens nennt. you see?<br />

the lame duck, die tote kunst (wo sie nicht kunst für tote<br />

ist, siehe monstranz, religio), a player in a game who cannot<br />

win, yet remains in the game, süss-sauer mit ananas serviert,<br />

materialmigration (die ananas aufm hawaii-toast, kas-<br />

tenweissbrot der us-army-bäckereien mit dosenfrucht &<br />

formvorderschinken belegt, gouda drüber & heintz tomato<br />

ketchup, nachkriegsglück vom wirtschaftswunder, conno-<br />

tatio rapid), ananaszüchten in alaska noch so 1e wendung,<br />

wie granada spielen…


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autorinnen & autoren impressum<br />

– ambrosig sophie (s.c.) graz AUT<br />

– bendixen katharina leipzig DER<br />

– berger markus knüllwald DER<br />

– crauss siegen DER<br />

– de andrade oswald (1890-1954) são paulo BRA<br />

– finger anke storrs ct USA<br />

– henze michael (maj.) wien AUT<br />

– hoefler max graz AUT<br />

– holland-moritz d. berlin DER<br />

– korte ralf b. berlin DER & graz AUT<br />

– merten katrin marie leipzig DER<br />

– reyer sophie wien & graz AUT<br />

– sauer birgit trausdorf AUT<br />

– schalk evelyn graz AUT<br />

– schranz helmut graz AUT<br />

– schweiger stefan graz AUT<br />

– stecher silvia weiz AUT<br />

gestaltung / bildverwendung<br />

der beitrag ‚eine art autonomie‘ wurde von kay liebmann (graz)<br />

unter verwendung 2er arbeiten von OND*RF (graz) gestaltet.<br />

das cover verwendet eine anzahl von arbeiten der<br />

burgenländischen künstlerin birgit sauer. cuts aus einem ihrer<br />

skizzenbücher finden sich zudem auf mehreren seiten des heftes.<br />

die ins ‚kontrollverfahren‘ montierten bildmittel haben max hoefler<br />

und stefan schmitzer beigesteuert.<br />

übrige snapshots mit mobiltelefon: rbk, al andalus august 2<strong>00</strong>7<br />

gefördert von<br />

stadt graz kultur<br />

land steiermark kultur<br />

bundesministerium für unterricht kunst und kultur<br />

¬ p office<br />

helmut schranz<br />

rottalgasse 4/30. A–8010 graz<br />

tel +43–316–679321<br />

helmut.schranz@perspektive.at<br />

¬ p out of area<br />

ralf b. korte<br />

rottalgasse 4/13. A–8010 graz<br />

lehmbruckstr. 22. D–10245 berlin<br />

tel +49–171–8389530<br />

+43–676–4213478<br />

outofarea@perspektive.at<br />

¬ p www.perspektive.at<br />

robert steinle robstein@perspektive.at<br />

sylvia egger serner@serner.de<br />

konzept 56|57 ralf b. korte<br />

gestaltung ralf b. korte<br />

herstellung khil, graz<br />

preis € 10 Sfr 20 8<strong>00</strong> ft<br />

das ABONNEMENT umfasst 2 hefte (= 1 jahrgang) und<br />

kostet € 10 / Sfr 20. bestellungen bitte an die redaktion graz.<br />

NEUE ABONENNTINNEN erhalten ein heft als geschenk<br />

und bezahlen die 2 folgenden nummern. ein zahlschein liegt<br />

dem ersten heft bei. ABO-VERLÄNGERUNG: mit dem<br />

letzten heft des jahres-abos erhalten sie erneut einen zahlschein.<br />

adressänderung oder ABO-KÜNDIGUNG: bitte schriftlich an<br />

die redaktion graz!<br />

bankverbindung<br />

für österreich :<br />

Die Steiermärkische Bank & SPK Graz<br />

konto-nr 21<strong>00</strong> - 227 137 blz 20 815<br />

iban AT6620815021<strong>00</strong>227137 bic STSPAT3G<br />

für deutschland :<br />

Postbank Berlin<br />

konto-nr 0558885109 blz 1<strong>00</strong> 1<strong>00</strong> 10<br />

iban DE461<strong>00</strong>1<strong>00</strong>1<strong>00</strong>558885109 bic TBNKDEFF<br />

lautend auf perspektive literatur berlin<br />

medieninhaber und herausgeber<br />

verein literaturgruppe perspektive<br />

kassier / vereinssitz: martin ohrt<br />

[obmann: helmut schranz]<br />

goethestrasse 21. A-8010 graz<br />

textzusendungen an die redaktionen<br />

copyright bei den autorinnen & autoren<br />

56|57 oktober 2<strong>00</strong>7<br />

ISSN 1021-9242

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