00 - Perspektive
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ralf b. korte editorial: granada gambit<br />
d. holland-moritz beat box 1<br />
sylvia egger AXIT – die betriebskantine 1<br />
anke finger kannibalische depesche 1<br />
oswald de andrade manifesto antropófago<br />
evelyn schalk MediaMessAge 1<br />
crauss under the heavy influence of robert stolz<br />
s.c.ambrosig feierabend. faschierte hacksatiren…<br />
katrin marie merten vom band<br />
d. holland-moritz monomastering athens<br />
sophie reyer belgrad (summer)<br />
stefan schweiger self-feeder<br />
markus berger somasucker: alone in the room<br />
katharina bendixen ein hamster schlägt gegen die wand<br />
crauss friz + frizi verfolgungsjagd<br />
stefan schmitzer ballad of a trend-scout<br />
evelyn schalk | ralf b. korte comecon cut<br />
sophie ambrosig | silvia stecher eine art autonomie<br />
max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer kontrollverfahren<br />
> impressum<br />
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perspektive<br />
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editorial<br />
granada gambit ralf b. korte<br />
rasende erlkönige im pulk über die carretera del<br />
suspiro del moro, wo ziegen seitwärts in herden<br />
von verklappten tomaten naschen manche die<br />
beeren des nachtschattengewächses als ball gag<br />
überm kopf balancieren die ziegen seitwärts<br />
der schmalen strasse auf der die erlkönige bei<br />
achtunddreissig grad kurze schatten werfen auf den<br />
hohen ebenen zwischen den bergen am horizont<br />
etwas wie dunst, die camouflierten prototypen mit<br />
gewichtigen männern an den instrumenten dass<br />
steinchen springen indessen ungreifbar nah die<br />
dreitausendvierhundertmeterhohen gipfelchen der<br />
sierra nevada leerstand beklagen, kein schnee kein<br />
strauch & reconquista bis heute die mohameticae<br />
sectae prostratores et heretice pervicacie<br />
extinctores in der capilla real zu granada & kein<br />
sephardim kein maure mehr der den reyes catolicos<br />
kontrollverfahren (kv) sind in perspektive<br />
seit p33/97 ortungsinstrumente für den literarischkulturellen<br />
komplex, betrieben von beteiligten<br />
die sich als gruppe p —halb als p-kollektiv halb<br />
als einekeinegruppe— verstanden. kv implizierte<br />
aus|ein|andersetzung als selbstbeobachtende<br />
konfrontation zur kursbestimmung, die sich von<br />
fall zu fall inszenierte, dynamik & dissonanz des<br />
projekts zur aufführung brachte. das aktuelle kv<br />
die reinheit des glaubens beschattet zu lande &<br />
im flirren der luft dieser exodus & die inquisition<br />
verbrennt bücher & puppen in effigie & weniger<br />
flüchtige leute, conversos & moriscos von zweifelhafter<br />
frömmigkeit als material fürs granadaspiel, dieser<br />
gottgefälligen mischung von vertreibung &<br />
verbrennung mit gewichtigen männern an den<br />
instrumenten der wahrheitsfindung, ach schöne<br />
isabella von kastilien / pack deine ganzen utensilien<br />
[wie comedian harmonists sungen] kommst du nicht<br />
bald, mein schatz / brauch ich gewalt, mein schatz.<br />
rasende erlkönige, am horizont etwas wie rauch dass<br />
die camouflierten herzchen springen & regen der<br />
auf die bib rambla fällt im august, die tauben suchen<br />
unterschlupf unter den sonnenschirmen der tapas<br />
bars mach ich dich kalt, mein schatz, küsst du mich<br />
nicht… leergewaschen die plätze, von vierarmigen<br />
laternen umstellt die köpfe von hunden tragen die<br />
jedoch lief exterritorial, als fortführung des in<br />
p52+53 dokumentierten basislagers avantgarde nähert<br />
es sich noch offenen und sich neu öffnenden fragen,<br />
so auch der nach möglichen konzepten für jene<br />
autonome kultur, der das haus in der grenadiergasse<br />
nach besetzung eine plattform hätte abgeben sollen:<br />
eine grazer aktion die ins laufende verfahren fiel<br />
& so einige seiner passagen orientierte, zudem in<br />
einem weiteren essay des vorliegenden heftes zum<br />
gegenstand wird.
editorial<br />
granada gambit ralf b. korte<br />
obst bewachen, jene äpfel granadas deren vielzahl<br />
an kernen auch granaten benennt & den pulk der<br />
gläubigen, in harter schale die fruchtexplosion oder<br />
ekklesia sankta nichts als die rückkehr zur punicaoase,<br />
bei achtunddreissig grad im schatten seitwärts<br />
in den schmalen strassen versteckt, kein schnee kein<br />
strauch. [granada 28./30.08.07]<br />
also granada spielen mit heinrich heine vielleicht der<br />
1821 im almansor diesen wortwechsel schreibt,<br />
das wartburgfest oktober 1817 im blick bei dem<br />
studenten undeutsches druckwerk verbrennen:<br />
almansor: wir hörten, dass der furchtbare ximenes, \<br />
inmitten auf dem markte, zu granada – \ mir starrt die<br />
zung‘ im munde – den koran \ in eines scheiterhaufens<br />
flamme warf! \\ hassan: das war ein vorspiel nur, dort<br />
wo man bücher \ verbrennt, verbrennt man auch am<br />
ende menschen. der erwähnte ximenes, francisco<br />
beginnend mit p56|57 werden in perspektive<br />
neue instrumente implementiert: kolumnen<br />
von sylvia egger, anke finger, d.holland-moritz<br />
& evelyn schalk bilden nun eigenständige<br />
diskurselemente, widmen sich schlaglichtartig<br />
aspekten die perspektive periodisch schon bisher<br />
fokussierte: es geht dabei um kolateralschäden<br />
des medien- und literaturbetriebs, um ausflüge zu<br />
vergangenen popkulturen & deren niederschlag in<br />
zeitgenössischen selbstfindungsprozessen, & um<br />
kardinal jiménez de cisneros, grossinquisitor mit<br />
vorliebe für finale präventivschläge, errichtet den<br />
scheiterhaufen 1499 auf der bib rambla, dem<br />
seidenmarkt von granada, um alle arabischen &<br />
jüdischen schriften in al-andalus verbrennen zu<br />
lassen, eine auslöschung die so total ist wie der ihr<br />
folgende exodus aller andersgläubigen des fortan<br />
katholischen spanien, drei tage zeit & soviel an<br />
gepäck wie der vertriebene auf eigenen händen<br />
ausser landes tragen kann. aber wen wir auch<br />
fragen in österreich weiss dass granada spielen nichts<br />
gutes verheisst, womit es spielt aber wohl nichtmal<br />
jener polizeioffizier vor der grazer grenadiergasse<br />
2, der anlässlich bevorstehender räumung des<br />
dort besetzten schulhauses st.andrä im juli 2<strong>00</strong>7<br />
diesen schachzug im jargon gefühlter stimmigkeit<br />
anzudrohen beliebte…<br />
kurztrips zu entlegeneren manifesten der historisch<br />
gewordenen avantgarden. das von helmut schranz<br />
so genannte hacking von peripherien (in ‚es gibt<br />
keinen grund zu zynischer resignation‘, p54+55)<br />
ist also selbst in zentral-peripherem formenwandel<br />
begriffen, was nur auf veränderte binnen- &<br />
umgebungsbedingungen des projektes reagiert<br />
bzw. taktische varianten einer adaptiven strategie<br />
repräsentiert. bleiben wir bei dem unterschied, nicht<br />
formen zu wollen…
eat box<br />
Über tralfamadorianische Strände, das Trivium, d. holland-moritz<br />
das G8-Summit-2<strong>00</strong>7-Frisbee und die Kicks der Avatare<br />
Für eine späte Hommage an Kurt Vonnegut<br />
braucht‘s noch Billy Pilgrims silberne Stiefel, die<br />
reflektieren auf dem weiten Strand von unterhalb<br />
des Cap Gris-Nez am Pas-de-Calais, auf dem<br />
Abbrüche dunklen Gesteins herumliegen neben<br />
Trümmern vom Weltkrieg, die, behaart mit grünem<br />
Seegras, markieren, wie hoch die Flut hier steigen<br />
kann. Dieser dunstige Küstenstrich also sieht an<br />
diesem Sonntagnachmittag im Frühjahr aus wie<br />
die Oberfläche des Planeten Tralfamadore, von<br />
wo die Fliegenden Untertassen herkommen und der<br />
in Kurt Vonneguts Schlachthof 5 und Die Sirenen<br />
des Titan eine Rolle spielt. Menschen laufen hier<br />
herum wie in den charakteristischen, ‚artgerechten‘<br />
Tralfamadorianischen Freigehegen. Nun, der<br />
im Frühjahr verstorbene Vonnegut kann keine<br />
Auskunft mehr geben über das, was ihn an den<br />
Menschen so sehr desillusioniert hat, an ihren<br />
Kindern und an ihren durch den Sand hechelnden<br />
Hunden, daß er sie in einem Zoo ausstellte. Denn,<br />
wo Menschen sind, herrscht meist genormte Zeit,<br />
die übliche, gemeine, und die ist für ihn abgelaufen<br />
– da werden über Die Sirenen des Titan hinaus keine<br />
weiteren Ausnahmen gemacht, da wird diesmal<br />
keine Nachricht aus der Spiegelwelt mehr möglich<br />
sein.<br />
Nachts dann vom tristen Calais mit seinen leeren<br />
Pubs und verblaßten Moulin Rouge-Verschnitten,<br />
von denen man sich vorstellt, wie sie im Sommer<br />
wieder bevölkert werden von alkoholerhitzten<br />
Engländern mit tätowierten Stiernacken, über das<br />
tote Wasser eines Kanalarms zurück auf die leere<br />
Ausfallstraße, Häuser mit geschlossenen Läden,<br />
Apartmenthäuser, ein Kreisverkehr. Der Hangar<br />
von Sangatte, in dem zeitweise 15<strong>00</strong> Immigranten<br />
eingepfercht waren, ist inzwischen aufgelassen,<br />
Transmanche – eine Gegend, deren Bewohner<br />
nun sagen: Non aux mouliniéres! Nein zu den<br />
Muschelzüchtern, die mit ihren palisadenartigen<br />
Pfahlbauten doch nur eine weitere Grenze zum<br />
Meer einziehen würden…<br />
Später, Richtung Wissant, streckenweise finst‘res<br />
Nichts überland. Bis auf die über die Mittellinie<br />
schweifenden weißen Pfeile und die grellen<br />
blauweißen Scheinwerferreflexe in den Kurven, die<br />
ich mit dem von frühen Schamanen eingetrichterten<br />
Hang zu Ritualen in eine Art Gebet einschließe<br />
– denn da ist es wieder, das Gefühl vom ‚Tag<br />
danach‘ wie in Comac McCarthy, Die Straße, dt.<br />
2<strong>00</strong>7: Laut einer Rezension im Tagesspiegel von<br />
Bruno Preisendörfer unerträglich apokalyptisch<br />
und düster, die Reise eines bluthustenden Vaters<br />
mit seinem Sohn über verbrannte Erde zur Küste<br />
eines aschenschwarzen Meeres [...], in dem ächzend<br />
die Wracks schaukeln. Die Lektüre dieses schwarzen<br />
Epos hinterlasse ein ästhetisches Zentrum, in dem<br />
nichts anderes als das reine Nichts vorherrscht. Mag<br />
sein, daß dies dem Szenario eines entropischen<br />
Endzustandes gleichkommt, in dem der Mensch<br />
nur eine Episode der Evolution ist, ein Aufflackern<br />
ihres Ablaufes, und in der er dieser Tage den<br />
Knick miterlebt, der zum Ende der Rasse führen<br />
könnte, die gezählten Tage dieses Säugers, dieser<br />
kohlenstoffbasierten Lebensform, die sich anmaßte,<br />
ein earth exploiter zu werden…<br />
Der Ereignishorizont eines Gewitters<br />
gilt ja gemeinhin als trivial. Unwetter kitzeln<br />
die Lust am Weltuntergang. Sie sind banal und<br />
besonders zugleich. Sie sind sogar in der Lage,<br />
Ausnahmezustände zu schaffen, Katastrophenfilme,<br />
große Fluten, Twister, Comic Strips, Aquaman<br />
meets Electro… Ihre Attraktoren kennzeichnen, wie<br />
widersinnig es ist, anzunehmen, sie seien nur seicht,<br />
bis zum Überdruß bekannt und daher für die Kunst<br />
bedeutungslos. Unwetter zwingen in die Deckung
eat box<br />
Über tralfamadorianische Strände, das Trivium, d. holland-moritz<br />
das G8-Summit-2<strong>00</strong>7-Frisbee und die Kicks der Avatare<br />
am Trivium, jenem Ort nahe dem Authentischen,<br />
an dem drei viel begangene Wege zusammenstoßen:<br />
Ignoranz, Anmaßung, Sachzwang… Und<br />
über denen sich jetzt wolkenfäusteschüttelnde<br />
Gewittertürme aufbauen, sich der Himmel<br />
schwärzt und ein Sturm losbraust, der fraktale<br />
Plastiktüten veranlaßt, sich unkontrolliert auf<br />
Windschutzscheiben zu stürzen und um Bäume zu<br />
wickeln. Dreck knirscht zwischen den Zähnen…<br />
Draußen steht ein Stuhl im Regen: Ist dies nicht<br />
einer jener eindrücklichen Momente, in denen der<br />
herkömmliche Vorwurf an das Triviale hinfällig<br />
wird, es sei allzu gewöhnlich, als daß es Bedeutung<br />
tragen könne? Und nicht nur bei einem Denotat wie<br />
‚Unwetter‘, das sich bei auch nur halber Entfaltung<br />
seines Spektrums als so eine Art Superzelle falscher<br />
Einschätzung erweist.<br />
[...] Demonstranten blockieren irgendwo<br />
die Gleise; also sitzen wir im Bahnhof [von<br />
Heiligendamm] fest. Zumindest werden wir gut<br />
versorgt, mit Gulaschsuppe und dem Grossen<br />
DuDen. Indiziert die Existenz einer Art sekundären<br />
Abbildungsmatrix, meine Wiederbegegnung mit<br />
einer dieser typischen David Reed-Fotoreportagen,<br />
The Blockade in jungle world 25/2<strong>00</strong>7,<br />
insubordinierende Protokolle von Großen<br />
Ereignissen, Sensationen, Mords-Events, die stets<br />
in der Nähe zur Persiflage operieren, indem er an<br />
ihnen wie gewöhnlich nur Spurensicherung betreibt<br />
und sie mit der Beteiligung persönlicher Umstände<br />
und ‚nebensächlichen‘ Befunden und Fundstücken,<br />
gar Abfallprodukten, einfach unterläuft…<br />
Zu der Reedschen Akkreditierungsbeute während<br />
des G8-Gipfels (Seltsamerweise scheint niemand die<br />
Poolpässe für den großen Moment [des Auftritts der<br />
Regierungschefs] zu überprüfen – all dieser Aufwand,<br />
und ich hätte wahrscheinlich einfach so reingehen<br />
können.) zählt neben den Kotztüten der Presse-<br />
Zubringerboote, einer Dose Nivea-Creme und<br />
einem Handtuch für den Strand auch die Erfahrung<br />
mit den Kontrollpsychosen von Demonstranten, die<br />
schon beim Anblick einer in Anschlag gebrachten<br />
Kamera dazu tendieren, handgreiflich zu werden.<br />
Nebenstehende Polizisten lächeln dazu…<br />
Auf der sekundären Abbildungsmatrix konkretisiert<br />
sich mittlerweile ein ebenfalls in insubordinierender<br />
Manier von Reed abgespeichertes G8-Summit-2<strong>00</strong>7-<br />
Frisbee mit seinen eleganten, Schwerelosigkeit und<br />
glatte Oberflächen vorgaukelnden Eigenschaften,<br />
die, als Fit-for-fun-Bemusterung globaler Rauhheit<br />
genommen, andeuten, wohin sich die Fährten<br />
eines jeden Tatortes letztendlich verlängern – in die<br />
Bereiche unmerklicher, subtilster psychosozialer<br />
Kontrollen und Prägungen. Hinterfotzig Ding, so’n<br />
Gipfel-Frisbee…<br />
„Wie anstrengend diese Bewerbungen doch<br />
sind…“ seufzt Lilly Jäckl in ihrer Textperformance<br />
Confirmation Bias bei perspektive literatur<br />
berlin e.V. in der Rolle einer sich selbst<br />
entfremdeten Karrierefrau, die zu den Reichen,<br />
Jungen, Produktiven irgendwie zählt, Söhne,<br />
Töchter, denen ihre Karriere-Geilheit, ihr<br />
eitles, erfolgsorientiertes Operieren in den<br />
gesellschaftlichen Strukturen auf dem polemischen<br />
Level der Kritik von der Autorin zur Bewährung<br />
ausgesetzt wird. Nur in gelegentlichen Auszeiten<br />
geschieht, daß bei diesen Avataren, die wie in einem<br />
Computerspiel ihre Punkte sammeln, plötzlich<br />
eine unterschwellige Sehnsucht durchschimmert<br />
nach dem längst verschütteten, nicht-strategischen,<br />
unorganisierten, ungestreamten Eigentlichen bei<br />
so viel Hingenommenem, so viel ausgeliefertem,<br />
unbemerkt bleibendem Empfinden während<br />
ihres Rennens durch die katzengoldverzierten<br />
Futterlabyrinthe.
eat box<br />
Über tralfamadorianische Strände, das Trivium, d. holland-moritz<br />
das G8-Summit-2<strong>00</strong>7-Frisbee und die Kicks der Avatare<br />
„Als Power-Frau in der Großstadt ist es der Cold-Kick,<br />
der meine Seele bleacht.“ Squeak cousin cocaine lay<br />
your cool cruel hand on my head – daß Kokain im<br />
Nationalsozialismus eine nicht zu unterschätzende<br />
Rolle spielte, die damals wie heute Schmetterlinge<br />
taumeln und gefrieren läßt, heißt noch lange nicht,<br />
daß die heutige Kick-durch-Kraft-durch-Freudeam-Konsum-Klientel<br />
ihre Konsequenzen daraus<br />
gezogen hätte; Freiheit, die sie meinen… Darauf<br />
hinzuweisen ist wichtig. Und auch, wie albern diese<br />
ganze Marionettenhaftigkeit der jungen Cyborg-<br />
Society beim dauernden Sich-Streamen auf die<br />
‚Hauptsache‘ doch eigentlich ist: Eine Norm jagt die<br />
nächste, Effizienz, Funktion, Rollenerfüllung, dem<br />
Heinz seins…<br />
Und während sich an dieser Stelle die Ergonomik<br />
als Versuch, die Leistungsmöglichkeiten des<br />
arbeitenden Menschen zu plündern und die Technik<br />
seiner Arbeit anzupassen, in den Windkanal<br />
des Kreativ-Jetsets stellt, wundert‘s bei so viel<br />
Oberflächenglätte und Unwidersprochenem in den<br />
derart eisig getuneten Programmen nicht, daß sie<br />
sich gelegentlich das eigene Aus-dem-Leim-Gehen<br />
verhindern müssen durch Rückgriffe auf bewährte<br />
Bondage- und andere S/M-Techniken, Rituale, die<br />
einen zusätzlichen Reizkanal öffnen, der genügend<br />
Rauhheit und Fesselkraft und aufplatzende Häute<br />
aufwendet, um die inneren Widerstände dieser<br />
jungen Startup-Charaktere zu brechen, und der<br />
all das anästhesierte, spröde, unzugängliche,<br />
wortgewaschene Fleisch erneut dem ERLEBNIS<br />
zuführt: die Dämonie der Raketenparabel eines<br />
Thomas Pynchon und ihr zerstörtes Ende…<br />
Nach Lilly Jäckls Textperformance blockiert ein<br />
angetrunkenes, hysterisches Pärchen das Klo.<br />
Heutzutage hat ja, volles Schamhaar zu tragen,<br />
schon Fetischcharakter.
10<br />
gefühlige avantgarde. sylvia egger<br />
eine grenzziehung.<br />
axit–die betriebskantine<br />
es gibt keinen großen bedarf<br />
an wunderkammern. (geert lovink)<br />
auch wenn die FAZ (29.06.07) mit richard<br />
kämmerlings nun glücklich ist, weil sie eine neue<br />
avantgarde in der literatur entdeckt zu haben glaubt,<br />
ist das noch lange keine avantgarde. um es ganz<br />
kurz zu machen: wir wollen es schlicht label-ismus<br />
nennen. er reduziert in seiner begeisterung für junge<br />
literatur – wie ina hartwig, sie herzrasend (BELLA<br />
triste sei „heiß, begeistert und leidenschaftlich“),<br />
er plattfußhaft radikal - avantgarde auf das niveau<br />
einer schlichten bibelstunde: „[lyrik, s. e.] ist hier<br />
endlich einmal wieder vorreiter. früher nannte<br />
man das ‚avantgarde‘“. auch wenn stellungnahmen<br />
von autoren zur werkzeugkunde aktuell nicht so<br />
üblich sind, sind sie, wie in der literaturzeitschrift<br />
BELLA triste abgegeben, ein alter haudegen-trick,<br />
der für editorialliebhaber auch noch mit umwerfend<br />
einfachen hinreichungen zubereitet wird: „nichts<br />
soll bewiesen, vieles gezeigt werden“. um es wieder<br />
ganz kurz zu machen: wir wollen es simplen<br />
anthologischen willen nennen.<br />
abb.1. anzahl der literaturpreise mit dotation (stichprobe: BELLA triste)<br />
so anthologisch der wille, um so williger die<br />
essayistischen geister, ihr spezifisches kapital<br />
aus der feldflasche zu kippen. so harmlos die<br />
stellungnahmen zur avantgarde von ulf stolterfoht<br />
oder ann cotten in BELLA triste daherkommen,<br />
sie entsprechen leider auch der logik des<br />
argumentativen kampfes (bourdieu) im literarischen<br />
feld. schulen oder zeitschriften leben ja gerade<br />
von den unterschieden, die sie setzen. aber warum<br />
hat das herausarbeiten der unterschiede dann<br />
schreibschulniveau?<br />
so führt uns ann cotten in etwas mehr. über die<br />
prämissen und den sinn von dem, was wir mit wörtern<br />
anzustellen imstande sind vor, was avantgarde mit<br />
anspruch für sie bedeutet: „es kommt vor, dass<br />
man an rockmusik nur die primitive struktur<br />
hört und sie völlig überschätzt findet, oder an<br />
avantgardekunst nur den anspruch spürt, der einen<br />
abtörnt. (...) natürlich hat man dann recht, man<br />
hat ja eine haut zu verteidigen.“ abgesehen davon,<br />
dass der vergleich von strukturen dieser art immer<br />
ein wenig hinkt, fragt man sich, vor welchem<br />
anspruch man sie erretten soll? zwei szenarien, die<br />
man aus cottens vorwurf an die avantgarde erstellen<br />
könnte: entweder muss der avantgardeanspruch<br />
möglichst ungewollt-gewollt (avantgarde mimikry<br />
– stufe 1: fehlstart) oder gewollt-ungewollt<br />
(avantgarde mimikry – stufe 2: kaltstart) aussehen.<br />
beide ansprüche schrammen nur an avantgarde<br />
vorbei. diese kunst des durchlavierens macht eines<br />
überdeutlich: mit dem anspruch auf avantgarde<br />
könnte man ja was wollen wollen, ergo: fährt man<br />
lieber nicht aus der haut und bleibt angetörnter<br />
opportunist.
gefühlige avantgarde. sylvia egger<br />
eine grenzziehung.<br />
axit–die betriebskantine<br />
ulf stolterfoht ist in noch einmal: über avantgarde<br />
und experimentelle lyrik ebenfalls ein meister des<br />
lavierfachs: deutlich grenzt sich stolterfoht von<br />
der avantgarde ab – auch hier gilt es wie bei ann<br />
cotten etwas zu erretten. obwohl er die rolle der<br />
avantgarde für seine arbeit klarer machen will, will<br />
es nicht klappen. zu viele ansprüche werden von<br />
der avantgarde erhoben, die er nicht teilen kann<br />
und will. daher sein fazit: wenn avantgarde, dann<br />
nur unter seinen bedingungen. so aristokratisch<br />
dieser anspruch, so klar wird das ansinnen des<br />
textes: stolterfoht fehlt wohl der endgültige<br />
betriebliche ritterschlag im (alles gleichzeitig<br />
einsetzbar: lyrischen, experimentellen, avancierten)<br />
(sub-)feld. er versucht keineswegs, eine lanze für<br />
mehr avantgarde zu brechen, sondern sich in einen<br />
erweiterten lyrischen kanon hineinzuargumentieren<br />
– mit den üblichen verdächtigen als gewährsmänner:<br />
kling, waterhouse, heißenbüttel, papenfuß. im<br />
übrigen hätte klaus zeyringer sicherlich seine<br />
freude an diesem salonhaften jargon stolterfohts.<br />
den zusammenhang von salon, tafelrunde und<br />
funktionärsbüro im kulturbetrieb hat zeyringer ja<br />
bereits herausgearbeitet.<br />
darüber hinaus bleibt stolterfohts versuch,<br />
enzensbergers aporien der avantgarde (1962) zu<br />
entstauben und für seine argumentation fruchtbar<br />
zu machen, eine argumentative vogelscheuche,<br />
welche die einwände gegen avantgarde nur erneuert.<br />
dadurch verstärkt sich der eindruck, dass stolterfoht<br />
nicht auf eine rehabilitierung der avantgarde abzielt.<br />
er unterschlägt wesentliche argumentationslinien<br />
enzensbergers, die rezeption bleibt kontextlos.<br />
stolterfoht spart aus, warum enzensberger so<br />
vehement gegen die avantgarde vorging. sicherlich<br />
ist enzensbergers vorwurf an die avantgarde ähnlich<br />
bedingungslos wie bürgers, jedoch basiert er auf<br />
anderen voraussetzungen – er sieht die avantgarde<br />
vor der bewußtseins-industrie kapitulieren – und<br />
er versteht diese kapitulation als ein ergebnis ihres<br />
klassischwerdens.<br />
die avantgarde sei längst klassisch geworden, so<br />
enzensberger, und richte ihre konzepte als talisman<br />
gegen alle(s) – freunde wie feinde. das läßt sich<br />
durchaus auch als betriebskritische prüfung von<br />
avantgarde lesen. damit befindet sich enzensberger<br />
nah an bürgers altern der avantgarde und, obgleich<br />
unter gänzlich anderem vorzeichen, im kern des<br />
avantgarde-konzepts von bourdieu, welches das<br />
altern der avantgarde, die irgendwann klassisch<br />
oder deklassiert ist, als logik des wandels im feld<br />
begreift. bourdieu versteht den kampf nicht<br />
als wiederholung der wiederholung, sondern<br />
als beständiges „augenzwinkern innerhalb des<br />
milieus“. die rückbindung auf bereits geführte<br />
kämpfe ist essentiell für das spiel der distinktion<br />
im feld. den generalverdacht einer durchgängigen<br />
manipulation teilt bourdieu jedoch nicht, während<br />
bei enzensberger noch der etablierteste avantgardist<br />
im gesamtkontext der bewußtseins-industrie, „die<br />
alles usurpiert“, scheitern muß. die bewußtseinsindustrie,<br />
adornos kulturindustrie-konzept wird<br />
von enzensberger noch weiter zugespitzt, mache<br />
jeden versuch, sich gegen sie zu stellen, zur farce.<br />
nur, wer beständig seine position reflektiere, habe<br />
eine chance. enzensberger sieht dieses manko bei<br />
den etablierten avantgarden in den 60er Jahren<br />
wie beat generation und konkrete dichtung. die<br />
beständige flucht nach vorne reiche nicht mehr aus,<br />
so enzensberger auch im hinblick auf avantgarden,<br />
sie sei geradezu typisch geworden für mitläufer, die<br />
vorläufer sein wollten.<br />
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12<br />
gefühlige avantgarde. sylvia egger<br />
eine grenzziehung.<br />
axit–die betriebskantine<br />
abb. 2. studium (stichprobe: BELLA triste)<br />
„wozu ist literatur überhaupt gut?“, fragt sich<br />
richard kämmerlings schließlich. yes, indeed – lang<br />
ist‘s her, als texte noch „skalpelle, molotowcocktails<br />
oder minengürtel“ (foucault) sein wollten. man<br />
könnte mit enzensberger unken, zu nichts, wenn<br />
sie nicht ständig auf all ihre bedingungen, auch<br />
ökonomische, reflektiert. kämmerlings hält es<br />
jedoch für völlig nebensächlich, sich ökonomien<br />
wie „betrieb, netzwerke, verkaufszahlen und<br />
preise“ vorzunehmen. oder die gegenseitige<br />
bewunderungsschule (schücking), die jüngere,<br />
abb. 3. anzahl der stipendien mit dotation (stichprobe: BELLA triste)<br />
mit preisen und stipendien bedachte lyriker<br />
mit bereits etablierten autoren in BELLA triste<br />
durchspielen, genauer unter die lupe zu nehmen.<br />
oder nachzusehen, wie symbolisches und/ oder<br />
ökonomisches kapital locker unter der neuen lyrik<br />
verteilt ist (abb. 1,2 und 3).<br />
der junge lyriker zieht es daher vor – so könnte<br />
man es mit falkner auf den punkt bringen -,<br />
einen weiteren text in BELLA triste zu platzieren,<br />
gemeinsam beim wein zu sitzen und dem kritiker<br />
vom avantgarden vorzuschwärmen, einem hilfsverb,<br />
um sich bekannt zu machen.<br />
literatur:<br />
http://www.bellatriste.de<br />
http://www.lyrikkritik.de<br />
bourdieu: die regeln der kunst (1999)<br />
+ praktische vernunft (1998)<br />
enzensberger: bewußtseins-industrie (1962)<br />
+ die aporien der avantgarde (1962)<br />
falkner: baumfällen. zur phänomenologie des niedermachens in der<br />
deutschen literaturkritik, NDL 2/04<br />
schücking: soziologie des literarischen geschmacks (1961)<br />
zeyringer: ehrenrunden im salon (2<strong>00</strong>7)
de andrade: manifesto antropófago anke finger<br />
kannibalische depesche<br />
n a c h r i c h t e n v o m b a n k e t t d e r m a n i f e s t e<br />
wir essen ja alle ganz gern. auch gern mal viel.<br />
auch gern mal ungewöhnliches. oder etwa nicht?<br />
experimentieren sie gar mit zutaten, gewürzen, arten<br />
der zubereitung? mit exotischen kombinationen?<br />
sie fordern sich kulinarisch heraus? sie neigen zur<br />
völlerei? zu gelagen, zu ausflügen an den rand des<br />
erträglichen? prächtig, dann kommen sie doch<br />
mal mit; folgen sie mir, ganz unvoreingenommen<br />
und unbedächtig in die garküchen von texten<br />
globalen und historischen geschmacks, leicht zu<br />
verzehren, schwer zu verdauen. texte, die sich inner-<br />
und aussereuropäisch stets apart absetzten vom<br />
allgemeinmus der allseits präsenten romaneintöpfe;<br />
texte, bei denen sich beizeiten beherzt aufstossen<br />
lässt, aber doch auch texte, die – bei unlustigem<br />
verzehr – grässlich den magen zu versengen und<br />
die stimmung zu versenken vermögen. sie grimmen<br />
ab und zu, diese texte können nichts dafür, sie<br />
präsentieren sich in der planung und ausführung<br />
noch nicht so fatal und schneidig wie bei der<br />
verdauung. sie können weh tun, sie provozieren, sie<br />
produzieren magengeschwüre. also nichts, was sie<br />
nicht vertragen könnten…<br />
achja: obacht! elementarteile der küche sind die<br />
messer. mit denen man schneidet. was unter die<br />
klinge kommt. es blitzt, es quietscht, es grunzt,<br />
es gackert (vielleicht), es kracht und knackt, es<br />
tropft und platscht – gefolgt von totenstille. oder<br />
allmählich, in manchem falle (oder schnitt). das<br />
messer als königsinstrument der zu folgenden<br />
garkochbrutzelkunst; ein assistent des verschlingens<br />
und geniessens, der durch den garaus an flora und<br />
fauna doch sinneslust und gedankenschärfe erst<br />
hervorkitzelt. flambieren, werfen sie dazwischen?<br />
aber ja, doch, auch – mit politik! bewundern sie die<br />
glitzernden klingen, lassen sie sich ein härchen oder<br />
mehr absäbeln, zur geschmacksverstärkung, zum<br />
gaumenschauer.<br />
wovon sprechen wir hier? was köchelt, was<br />
brodelt, ihnen zum genuss, ihnen zum grausen?<br />
manifeste. wir sprechen von manifesten, vom<br />
zubereiten derselben, von den umständen der<br />
küchenkonstellationen, von den köchen und<br />
köchinnen, den pflanzen, tieren und menschen,<br />
die darin auftauchen – und gefressen werden:<br />
„mich interessiert nur, was mir nicht gehört. gesetz<br />
des menschen. gesetz des anthropophagen“ (oda,<br />
aka oswald de andrade). die hundertjahrfeier des<br />
jahrhundertmanifests – das futuristische von<br />
1909 – steht zwar noch aus; doch wer verwehrt<br />
uns die gründliche vorbereitung, die nötige<br />
recherche, das vorkosten und ausprobieren hin<br />
zum wohlgeformten geschmack, zur wohlgeübten<br />
zunge? ein bankett der manifeste steht an, hier<br />
und in den nächsten ausgaben von perspektive, ein<br />
bankett mit ausgewählten speisen aus aller welt,<br />
auf dass uns die vielfalt die einfalt ersetzt. auf dass<br />
wir aufeinander krachen, mit gusto, für manifeste,<br />
gegen die grenzen. denn gemerkt sei: wie schon<br />
oda anwies, wir riechen menschenfleisch, ho hum,<br />
wir riechen das verschlingen von stein und bein,<br />
wir riechen unendlich vieles und vielfältiges, das in<br />
katakomben modert und doch erst frisch erblüht.<br />
und wir machen uns darüber her. wir riechen tote<br />
europäer: „der geist wehrt sich gegen die vorstellung<br />
vom geist ohne körper. der anthropomorphismus.<br />
die notwendigkeit einer anthropophagischen<br />
impfung. für ein gegengewicht zu den religionen<br />
des meridians. und den inquisitionen von außen“.<br />
doch wir fressen alles von überall, texte, kulturen,<br />
geschichten. verdauen es. vielleicht auch nicht.<br />
spucken es wieder aus. machen eine höhlung<br />
in die pampe, füllen noch was hinein. wir sind<br />
für karnivoren und „gegen die importeure<br />
eingemachten bewusstseins.“ kommen sie doch mal<br />
mit. kommen sie doch einfach mal mit. es passiert<br />
ihnen schon nichts. wahrscheinlich passiert ihnen<br />
schon nichts.<br />
1
1<br />
de andrade: manifesto antropófago anke finger<br />
kannibalische depesche<br />
n a c h r i c h t e n v o m b a n k e t t d e r m a n i f e s t e<br />
1920 roch picabia. nichts. es kochte und köchelte<br />
zwar schon seit einigen jahren an orten und in<br />
gemütern, doch „was dada angeht: es riecht nicht,<br />
es bedeutet ja nicht, gar nichts“ (manifest cannibale<br />
dada). das lag aber nicht an dada. das lag an der<br />
ernsthaftigkeit, derer picabia die „schalentiere“<br />
– sie, meine lieben – bezichtigte. „à mort, bringt<br />
sie um, laßt sie verrecken! nur das geld stirbt nicht,<br />
es reist nur ein wenig fort.“ nunja, ein bedingt<br />
lukullischer genuss, ein kleiner anwärmhappen. an<br />
kannibalischem in der moderne ist kein mangel,<br />
kannibalenbälle bei den dadaisten, félix fénéon<br />
und alfred jarry mit von der partie, sich über den<br />
kolonial erregten bürger kannibalisch zu belustigen.<br />
das ging manchmal auch ins auge und schmeckte<br />
etwas säuerlich. fortunato depero, futurist seines<br />
zeichens, verlässt new york 1930 mit den worten:<br />
„babele internazionale—cannibalismo—cinismo—<br />
pugnalate di gomiti-farsi avanti per forza—<br />
raggiungere dollari, dollari, dollari“.<br />
greifen wir zum manifest, das uns für heute laben<br />
soll. 1928. südamerika. brasilien. streichen sie<br />
sich die salsa-rhythmen aus dem kopf, auch die<br />
knackigen vistas auf dem copa cabana erweisen<br />
sich als unrichtige beigabe. aber girls gab es schon:<br />
„wir wollen die karibische revolution. größer als<br />
die französische revolution. die vereinigung aller<br />
wirklichen revolten, die zum menschen führen.<br />
ohne uns hätte europa nicht einmal seine armselige<br />
erklärung der menschenrechte. das von amerika<br />
angekündigte goldene zeitalter. das goldene zeitalter.<br />
und alle girls“. (na, für die leserinnen werfen wir<br />
auch noch ein paar boys dazu…)<br />
oswald de andrade (1890-1954) stellt einen der<br />
grössten textfresser brasiliens, ein gargantua<br />
der moderne. als 22-jähriger europareisender in<br />
italien, frankreich und deutschland. beeindruckt<br />
und beeinflusst von den futuristen, das zweite<br />
buch (1924) geschrieben im telegrafenstil. auch<br />
poet. auch dramatiker. gestorben fern von der<br />
brasilianischen moderne, die er half, zu begründen.<br />
mit kannibalismus. mit primitivismus, der den<br />
europäischen sympathipraktikanten (ach, so<br />
viele) ins gesicht schlagen soll. das manifest ein<br />
letztgültiger kommentar zu seinem poesie-band<br />
pau-brasil (1925), eine unabhängigkeitserklärung an<br />
die dominante ‘poetik’ der europäischen eroberer in<br />
stil und inhalt: „wir hatten die justiz als kodifizierte
de andrade: manifesto antropófago anke finger<br />
kannibalische depesche<br />
n a c h r i c h t e n v o m b a n k e t t d e r m a n i f e s t e<br />
rache. die wissenschaft als kodifizierte magie.<br />
anthropophagie. die ständige verwandlung von<br />
tabu in totem […] doch es waren nicht kreuzfahrer,<br />
die kamen. es waren flüchtlinge einer zivilisation,<br />
die wir jetzt aufessen, denn wir sind stark und<br />
rachsüchtig wie der jabutí“.<br />
brasilien, die karibik, die tupinambá – tupí, or<br />
not tupí: not the question, but the answer: „gegen<br />
die umkehrbare welt und die objektivierten<br />
ideen. die kadaverisierten. den stop des denkens,<br />
das dynamisch ist. das individuum, als opfer des<br />
systems. quelle der klassischen ungerechtigkeiten.<br />
der romantischen ungerechtigkeiten. und das<br />
vergessen innerer eroberungen“. vorwärts aus<br />
der zivilisation, der katholisch-diktatorischen,<br />
vorwärts aus der beklemmenden kleidung der<br />
eroberer, vorwärts ins brasilianische brasilien =<br />
„der karibische instinkt“. und doch immer wieder<br />
zurück ins vorbildliche europa. die bewegung der<br />
antropofagia (und der brasilianischen moderne)<br />
beginnt im februar 1922 mit der semana de arte<br />
moderna in são paulos stadttheater. und endet mit<br />
odas manifest. sie wirkt sich jedoch bis heute aus,<br />
prägt autorinnen, musikerinnen (tropikalismus),<br />
künstlerinnen in einer zwiespältigen ko-existenz<br />
mit den europäischen und u.s. amerikanischen<br />
–ismen und bewegungen: „was geschieht, ist nicht<br />
eine sublimierung des geschlechtstriebes. es ist<br />
die wärmeskala des anthropophagischen triebes.<br />
erst fleischlich, wird er wählerisch und schafft die<br />
freundschaft. affektiv, schafft er die liebe. spekulativ,<br />
die wissenschaft. er weicht ab und überträgt<br />
sich. wir kommen zu seiner herabwürdigung. die<br />
niedere anthropophagie, angehäuft in den sünden<br />
des katechismus – neid, wucher, verleumdung,<br />
mord. die seuche der sogenannten gebildeten und<br />
christianisierten völker ist es, wogegen wir vorgehen.<br />
die anthropophagen“. lesen sie; fressen sie.<br />
das fressen und gefressen werden einzelner und<br />
mehrerer kulturen als hintergrund und basis<br />
der ästhetischen moderne; das fressen und<br />
gefressen werden der hierarchien und schichten<br />
im beginnenden 20. jahrhundert; das fressen und<br />
gefressen werden von texten und kunstwerken von<br />
texten und kunstwerken – unser fokus in der neuen<br />
kolumne. guten appetit!<br />
1
1<br />
manifesto antropofágo de andrade<br />
• Só a Antropofagia nos une. Socialmente.<br />
Economicamente. Filosoficamente.<br />
• Única lei do mundo. Expressão mascarada de<br />
todos os individualismos, de todos os coletivismos.<br />
De todas as religiões. De todos os tratados de paz.<br />
• Tupi, or not tupi that is the question.<br />
• Contra todas as catequeses. E contra a mãe dos<br />
Gracos.<br />
• Só me interessa o que não é meu. Lei do homem.<br />
Lei do antropófago.<br />
• Estamos fatigados de todos os maridos católicos<br />
suspeitosos postos em drama. Freud acabou com o<br />
enigma mulher e com outros sustos da psicologia<br />
impressa.<br />
• O que atropelava a verdade era a roupa, o<br />
impermeável entre o mundo interior e o mundo<br />
exterior. A reação contra o homem vestido. O<br />
cinema americano informará.<br />
• Filhos do sol, mãe dos viventes. Encontrados<br />
e amados ferozmente, com toda a hipocrisia da<br />
saudade, pelos imigrados, pelos traficados e pelos<br />
touristes. No país da cobra grande.<br />
• Foi porque nunca tivemos gramáticas, nem<br />
coleções de velhos vegetais. E nunca soubemos o que<br />
era urbano, suburbano, fronteiriço e continental.<br />
Preguiçosos no mapa-múndi do Brasil.<br />
• Uma consciência participante, uma rítmica<br />
religiosa.<br />
• Contra todos os importadores de consciência<br />
enlatada. A existência palpável da vida. E a<br />
mentalidade pré-lógica para o Sr. Lévy-Bruhl<br />
estudar.<br />
• Queremos a Revolução Caraiba. Maior que a<br />
Revolução Francesa. A unificação de todas as<br />
revoltas eficazes na direção do homem. Sem n6s a<br />
Europa não teria sequer a sua pobre declaração dos<br />
direitos do homem.<br />
• A idade de ouro anunciada pela América. A idade<br />
de ouro. E todas as girls.<br />
• Filiação. O contato com o Brasil Caraíba. Ori<br />
Villegaignon print terre. Montaig-ne. O homem<br />
natural. Rousseau. Da Revolução Francesa ao<br />
Romantismo, à Revolução Bolchevista, à Revolução<br />
Surrealista e ao bárbaro tecnizado de Keyserling.<br />
Caminhamos..<br />
• Nunca fomos catequizados. Vivemos através de<br />
um direito sonâmbulo. Fizemos Cristo nascer na<br />
Bahia. Ou em Belém do Pará.<br />
• Mas nunca admitimos o nascimento da lógica<br />
entre nós.<br />
• Contra o Padre Vieira. Autor do nosso primeiro<br />
empréstimo, para ganhar comissão. O rei-analfabeto<br />
dissera-lhe : ponha isso no papel mas sem muita<br />
lábia. Fez-se o empréstimo. Gravou-se o açúcar<br />
brasileiro. Vieira deixou o dinheiro em Portugal e<br />
nos trouxe a lábia.<br />
• O espírito recusa-se a conceber o espírito sem o<br />
corpo. O antropomorfismo. Necessidade da vacina<br />
antropofágica. Para o equilíbrio contra as religiões<br />
de meridiano. E as inquisições exteriores.<br />
• Só podemos atender ao mundo orecular.<br />
• Tínhamos a justiça codificação da vingança. A<br />
ciência codificação da Magia. Antropofagia. A<br />
transformação permanente do Tabu em totem.<br />
• Contra o mundo reversível e as idéias objetivadas.<br />
Cadaverizadas. O stop do pensamento que é<br />
dinâmico. O indivíduo vitima do sistema. Fonte das<br />
injustiças clássicas. Das injustiças românticas. E o<br />
esquecimento das conquistas interiores.<br />
• Roteiros. Roteiros. Roteiros. Roteiros. Roteiros.<br />
Roteiros. Roteiros.<br />
• O instinto Caraíba.<br />
• Morte e vida das hipóteses. Da equação eu<br />
parte do Cosmos ao axioma Cosmos parte do eu.<br />
Subsistência. Conhecimento. Antropofagia.<br />
• Contra as elites vegetais. Em comunicação com o<br />
solo.
manifesto antropofágo de andrade<br />
• Nunca fomos catequizados. Fizemos foi Carnaval.<br />
O índio vestido de senador do Império. Fingindo de<br />
Pitt. Ou figurando nas óperas de Alencar cheio de<br />
bons sentimentos portugueses.<br />
• Já tínhamos o comunismo. Já tínhamos a língua<br />
surrealista. A idade de ouro.<br />
• Catiti Catiti<br />
• Imara Notiá<br />
• Notiá Imara<br />
• Ipeju*<br />
• A magia e a vida. Tínhamos a relação e a<br />
distribuição dos bens físicos, dos bens morais, dos<br />
bens dignários. E sabíamos transpor o mistério e a<br />
morte com o auxílio de algumas formas gramaticais.<br />
• Perguntei a um homem o que era o Direito.<br />
Ele me respondeu que era a garantia do exercício<br />
da possibilidade. Esse homem chamava-se Galli<br />
Mathias. Comia.<br />
• Só não há determinismo onde há mistério. Mas<br />
que temos nós com isso?<br />
• Contra as histórias do homem que começam<br />
no Cabo Finisterra. O mundo não datado. Não<br />
rubricado. Sem Napoleão. Sem César.<br />
• A fixação do progresso por meio de catálogos<br />
e aparelhos de televisão. Só a maquinaria. E os<br />
transfusores de sangue.<br />
• Contra as sublimações antagônicas. Trazidas nas<br />
caravelas.<br />
• Contra a verdade dos povos missionários, definida<br />
pela sagacidade de um antropófago, o Visconde de<br />
Cairu: – É mentira muitas vezes repetida.<br />
• Mas não foram cruzados que vieram. Foram<br />
fugitivos de uma civilização que estamos comendo,<br />
porque somos fortes e vingativos como o Jabuti.<br />
• Se Deus é a consciênda do Universo Incriado,<br />
Guaraci é a mãe dos viventes. Jaci é a mãe dos<br />
vegetais.<br />
• Não tivemos especulação. Mas tínhamos<br />
adivinhação. Tínhamos Política que é a ciência da<br />
distribuição. E um sistema social-planetário.<br />
• As migrações. A fuga dos estados tediosos. Contra<br />
as escleroses urbanas. Contra os Conservatórios e o<br />
tédio especulativo.<br />
• De William James e Voronoff. A transfiguração do<br />
Tabu em totem. Antropofagia.<br />
• O pater famílias e a criação da Moral da Cegonha:<br />
Ignorância real das coisas+ fala de imaginação +<br />
sentimento de autoridade ante a prole curiosa.<br />
• É preciso partir de um profundo ateísmo para se<br />
chegar à idéia de Deus. Mas a caraíba não precisava.<br />
Porque tinha Guaraci.<br />
• O objetivo criado reage com os Anjos da Queda.<br />
Depois Moisés divaga. Que temos nós com isso?<br />
• Antes dos portugueses descobrirem o Brasil, o<br />
Brasil tinha descoberto a felicidade.<br />
• Contra o índio de tocheiro. O índio filho de<br />
Maria, afilhado de Catarina de Médicis e genro de<br />
D. Antônio de Mariz.<br />
• A alegria é a prova dos nove.<br />
• No matriarcado de Pindorama.<br />
• Contra a Memória fonte do costume. A<br />
experiência pessoal renovada.<br />
• Somos concretistas. As idéias tomam conta,<br />
reagem, queimam gente nas praças públicas.<br />
Suprimarnos as idéias e as outras paralisias.<br />
Pelos roteiros. Acreditar nos sinais, acreditar nos<br />
instrumentos e nas estrelas.<br />
• Contra Goethe, a mãe dos Gracos, e a Corte de D.<br />
João VI.<br />
• A alegria é a prova dos nove.<br />
1
1<br />
manifesto antropofágo de andrade<br />
• A luta entre o que se chamaria Incriado e a<br />
Criatura – ilustrada pela contradição permanente<br />
do homem e o seu Tabu. O amor cotidiano e o<br />
modusvivendi capitalista. Antropofagia. Absorção<br />
do inimigo sacro. Para transformá-lo em totem. A<br />
humana aventura. A terrena finalidade. Porém, só<br />
as puras elites conseguiram realizar a antropofagia<br />
carnal, que traz em si o mais alto sentido da vida e<br />
evita todos os males identificados por Freud, males<br />
catequistas. O que se dá não é uma sublimação do<br />
instinto sexual. É a escala termométrica do instinto<br />
antropofágico. De carnal, ele se torna eletivo e<br />
cria a amizade. Afetivo, o amor. Especulativo, a<br />
ciência. Desvia-se e transfere-se. Chegamos ao<br />
aviltamento. A baixa antropofagia aglomerada nos<br />
pecados de catecismo – a inveja, a usura, a calúnia,<br />
o assassinato. Peste dos chamados povos cultos e<br />
cristianizados, é contra ela que estamos agindo.<br />
Antropófagos.<br />
• Contra Anchieta cantando as onze mil virgens<br />
do céu, na terra de Iracema, – o patriarca João<br />
Ramalho fundador de São Paulo.<br />
• A nossa independência ainda não foi proclamada.<br />
Frape típica de D. João VI: – Meu filho, põe essa<br />
coroa na tua cabeça, antes que algum aventureiro<br />
o faça! Expulsamos a dinastia. É preciso expulsar o<br />
espírito bragantino, as ordenações e o rapé de Maria<br />
da Fonte.<br />
• Contra a realidade social, vestida e opressora,<br />
cadastrada por Freud – a realidade sem complexos,<br />
sem loucura, sem prostituições e sem penitenciárias<br />
do matriarcado de Pindorama.<br />
OSWALD DE ANDRADE Em Piratininga Ano 374 da Deglutição do<br />
Bispo Sardinha.“ (Revista de Antropofagia, Ano 1, No. 1, maio de 1928.)<br />
* „Lua Nova, ó Lua Nova, assopra em Fulano lembranças de mim“, in O<br />
Selvagem, de Couto Magalhães<br />
Oswald de Andrade alude ironicamente a um episódio da história do Brasil:<br />
o naufrágio do navio em que viajava um bispo português, seguido da morte<br />
do mesmo bispo, devorado por índios antropófagos.<br />
http://www.lumiarte.com/luardeoutono/oswald/index.html
alla sera evelyn schalk<br />
MediaMessAge<br />
A l l a s e r a<br />
Kunstelite – Massenkultur. Zwei Phänomene,<br />
die sich ähneln und gleichzeitig bedingen. Das eine<br />
produziert das andere. Opium fürs Volk. Besser:<br />
Weihrauch. Die oberflächenmatten Scheinversuche<br />
der Entelitarisierung von Kunst laufen sich<br />
seit Jahren unter konzeptionellen Phrasen wie<br />
„alle wirken mit“, „jeder ist Künstler“, „jeder ist<br />
gleich präsent“ selbst tot. Leichten Herzens und<br />
voller Brieftasche kann intern darauf verwiesen<br />
werden, wie interessant bei derlei Projekten zwar<br />
das Konzept an sich sei – die Reaktionen der<br />
Angesprochenen, instinktgesteuert, womit sie<br />
erwartungsgemäß dort bleiben wo sie gefälligst<br />
bleiben sollen: beim tierischen Konsum, fressen,<br />
schlafen, vögeln, egal ob das Objekt der zielsicher<br />
erzeugten Begierde Kunst oder Coca Cola ist. Im<br />
Statuieren des Exempels, der „Universum“-mäßigen<br />
Beobachtung und Dokumentation, hat sich die<br />
ganze Sache wieder einmal in der Kalkulierbarkeit<br />
des Objekts „Mensch“ bzw. „Masse“ erschöpft,<br />
auf zu neuen alten überheblichen Ufern. Der<br />
Trick „Wir lassen jede/n teilhaben“ funkt ein paar<br />
mal, auch ein paar mal öfter, aber dann wird er<br />
endgültig zum postmodernen Kalauer der kunstsinnigen<br />
Schenkelklopfer verkommen sein und hat<br />
sich damit rasch und bequem von selbst erledigt.<br />
Dem Anspruch „Alle Menschen sind Intellektuelle“<br />
wurde damit wohl folgenlos genüge getan und<br />
man kann kritiklos auf Antonio Gramscis Satzende<br />
weiterverweisen „aber nicht alle Menschen haben<br />
in der Gesellschaft die Funktion von Intellektuellen“<br />
und setzt noch wortlos hinzu: „und das ist auch<br />
gut so, quod erat demonstrandum“. Pflichtkapitel<br />
abgeschlossen, Rechnung aufgegangen, nächster<br />
Akt in der unendlichen Geschichte der munteren<br />
Selbstbespiegelung.<br />
Gleichzeitig hat man aber eine Alibi-Lösung für<br />
Unliebsameres gefunden, nämlich (Schein-)Ersatz<br />
für die Notwendigkeit, tatsächlich Gelder und<br />
Infrastruktur jenseits der besagten Eliten zur<br />
Verfügung zu stellen. Was schon aufgrund der daraus<br />
resultierenden Reduktion der Mittel für selbige (ob<br />
nun als Kunstgroßbetrieb oder „„unabhängige““<br />
Szene definiert) einerseits und andererseits der<br />
dann zu erwartenden Kritik an beiden tunlichst<br />
zu verhindern ist. Denn diese durch Umverteilung<br />
und andere Zugänge ermöglichte Kritik könnte in<br />
der Folge mediale Verbreitung finden, und so (weil<br />
erstmals allgemeiner nachvollziehbar) bei den bis<br />
dato ruhiggestellten Rezipienten tatsächlich Wirkung<br />
zeitigen…<br />
Doch verhindert wird erfolg- und folgenreich<br />
– sitzen doch die selben Leute in Vergabegremien<br />
und Jurys, die das Geld seit Jahren einsacken,<br />
entscheiden doch genau jene über infrastrukturelle<br />
Zuteilungen, die selbst davon profitieren. Darüber<br />
hinaus ist man – in beiden Fällen – mit zuständigen<br />
Politikern gut verhabert, bei der Weinverkostung<br />
in der Südsteiermark oder am Golfplatz bei Wien<br />
werden, natürlich rein persönliche, Freundschaften<br />
gehegt und gepflegt. Die Behandlung brisanter<br />
Themen wird im übrigen gern an Arrivierte<br />
delegiert, bei jenen weiß man sie gut aufgehoben<br />
und schmeichelweich (weil be-rechenbar) behandelt.<br />
Trotzdem lässt sich das mediale Gesicht vom<br />
kritischen Kunst- und Kulturbetrieb wahren und das<br />
System scheint im Lot.<br />
Nach dem selben Prinzip agieren Sponsoren aus der<br />
Wirtschaft. Ihre Betriebe, und im Einzelfall sogar<br />
Methoden, werden im Kunst-Werk scheinkritisiert,<br />
dessen Urheber empören sich öffentlich über<br />
Arbeitsbedingungen im Kapitalismusuniversum.<br />
Doch alles im Rahmen, Schluss ist, wo’s beginnt weh<br />
zu tun – denn ab da leidet die eigene Brieftasche mit.<br />
Diese hochbezahlte Alibi-Kritik verhindert einmal<br />
mehr tatsächliche – wie auch die Kunstelite mit<br />
1
20<br />
alla sera evelyn schalk<br />
MediaMessAge<br />
A l l a s e r a<br />
ihrer scheinbaren Offenheit und zur Schau gestellten<br />
Öffentlichkeit die tatsächliche Entelitarisierung von<br />
Kunst und Kultur zu verunmöglichen trachtet und<br />
aus Netzwerken Machtstränge flicht.<br />
Minimale Zugeständnisse von hegemonistischer<br />
Seite sind dabei teil des Konzepts, durch sie wird<br />
letztendlich die Kontrolle aufrecht erhalten. Man<br />
erreicht Legitimation durch die scheinbare Zulassung<br />
von Kritik, die wiederum ihrerseits im abgesteckten,<br />
gut kontrollierten Feld stattfindet – und zwar<br />
ausschließlich.<br />
Unter dem Titel „Wunderbarer Luxus der Ausbeutung“<br />
zieht Markus Mittringer im Standard vom 22./23.<br />
September 07 seine Resümees über die aktuelle<br />
herbst-Ausstellung der Grazer Neuen Galerie.<br />
Zu dieser liefert die Galerie folgendes<br />
Einleitungsstatement: „Die Ungleichheit auf der<br />
Welt nimmt stetig zu. Weil neben der Politik speziell<br />
Wirtschaft und Handel für diese Entwicklung<br />
zuständig sind, werden letztere in der Ausstellung<br />
Un/Fair Trade zum Thema gemacht. Allerdings<br />
nicht im Sinne der gängigen Globalisierungskritik,<br />
sondern es wird versucht, den Blick auf den<br />
gerechten Handel, vor allem auf den gerechten<br />
Tausch zu richten.“<br />
Dazu kommen: Interaktiver Saaltext, übern Blogg<br />
kann jede/r Besucher/in seinen/ihren Kommentar<br />
oder sogar das eigene Kunstwerk zur Ausstellung<br />
beitragen, welche dann auch mal direkt in den<br />
jeweiligen Raum projiziert werden. „Netzgespeiste<br />
Quellen“ fordern die BesucherInnen auf, „sich<br />
selbsttätig einen Handapparat an Materialien<br />
zusammenzustellen – einen eigenen Text zur<br />
Ausstellung zu entwickeln.“ Ja, so mögen wir<br />
Kunstbeteiligung, offene Kultur-Konzepte. Die<br />
Leutchen sollen sich gefälligst selbst hinter die<br />
Tasten klemmen und sich die Infos ausm Netz<br />
saugen. Wir liefern ihnen gerne die Andockpunkte,<br />
aber das war’s dann schon. Mit Verlaub: Zu<br />
diesem Zweck hätte eine Massenaussendung<br />
mit themenbezogener Linkliste genügt, es hätte<br />
keine Schau in galeristischen Räumen gebraucht.<br />
Was sich hier – und an zahlreichen ähnlichen<br />
Beispielen! – zeigt, ist aber zweierlei. Erstens, im<br />
besten McLuhan’schen Sinn: The Media ist the<br />
Message. Oder eben „Massage“, „Mess Age“, „Mass<br />
Age“ – welche inhaltliche Tiefsinnigkeit doch aus<br />
einem typographischen Error entstehen kann…<br />
Es wird deutlich: Dabei sein heißt gesehen oder<br />
vielmehr gezeigt werden heißt vorhanden sein,<br />
existieren. Vom Homo Sapiens zum Homo<br />
Videns, ums mit Giovanni Sartori in Anlehnung<br />
an Postman auszudrücken, Wahrnehmung<br />
nicht durch Auseinandersetzung in Form von<br />
Reflexion sondern rein durch Sinneseindrücke,<br />
abseits diskursiver, logischer und sprachbasierter<br />
Denkprozesse. Denn wer bitte verbringt bei einer<br />
Ausstellungsbesichtigung Stunden am PC, die es<br />
zweifellos bräuchte, um das Thema tiefergehend<br />
zu recherchieren. Nach dem selben Schema<br />
funktioniert auch das Gros der österreichischen<br />
Kulturberichterstattung. Berichte nicht zur Reflexion<br />
über die Sache selbst sondern als erweiterter<br />
Veranstaltungskalender, der punktuelle Infos in<br />
leicht konsumierbaren Happen liefert. (Dass auch<br />
hier wieder Macht- statt Netzwerke tragend werden,<br />
hinsichtlich des Wer und Wie oft der Nennungen,<br />
braucht nicht extra betont zu werden. )<br />
Zweitens: Es werden scheinbare Möglichkeiten<br />
geschaffen. Gibt man doch den Leuten die einmalige<br />
Chance, eine in solch renommiertem (!) Rahmen<br />
stattfindende Ausstellung mitzugestalten, darüber<br />
hinaus werden sie auch noch dazu angeregt, sich mit<br />
einem solch hochbrisanten sozialkritischen Thema<br />
näher auseinanderzusetzen, also was will man mehr?<br />
Warum auch nachgrübeln, wie, d.h. vor welchem<br />
strukturellen und finanziellen Hintergrund, die<br />
Kunstwerke, die man beitragen kann, eigentlich<br />
entstehen (sollen), warum sich fragen, aus welchen
alla sera evelyn schalk<br />
MediaMessAge<br />
A l l a s e r a<br />
jeweiligen persönlichen Möglichkeiten sich das<br />
Wissen zur Auseinandersetzung speist? Welches<br />
Netz ist da notwendig? Dazu liefern die Kuratoren<br />
Peter Weibel und Günther Holler-Schuster keinerlei<br />
Andockpunkte. Natürlich nicht, das hieße die<br />
Maschen ihres festgestrickten Netzes zu lockern, das<br />
jenen, die sie zur Teilnahme auffordern, in vielen<br />
Fällen verwehrt bleibt – warum also darüber unken,<br />
dass die Konzeption wieder von „Renommierten“<br />
stammt..?<br />
Fotograf Andreas Gursky erzielt bei Sothebys<br />
schon mal 2,26 Millionen Dollar für seine Bilder,<br />
die beiden mit den endlosen Reihen, denen der<br />
Korbflechter in Vietnam auf der einen und jenen der<br />
Sneakers im Prada-Store auf der anderen Seite, sind<br />
in Un/Fair Trade treffend nebeneinander postiert.<br />
Aber Kunstmarkt ist bekanntlich auch nur ein Markt<br />
und funktioniert nach dem göttlichen (das Ah<br />
und Oh in der Kunst, auch in nachaufklärerischen<br />
Zeitaltern, der göttliche Funke, ohne den’s<br />
schließlich keinen schöpferischen Akt geben kann)<br />
Prinzip von Angebot und Nachfrage. Untertitel der<br />
Schau: „Die Kunst der Gerechtigkeit“.<br />
21
22<br />
alla sera evelyn schalk<br />
MediaMessAge<br />
A l l a s e r a<br />
Als Inspirationsquelle für Alfonso Cancianis<br />
Skulptur „Lavoratorio stanco“, derzeit im Triestiner<br />
Museo Revoltella zu sehen, wird der Erste Mai<br />
genannt. Eine Gipsfigur, die auf den ersten Blick<br />
auch aus ungebranntem Lehm sein könnte, deren<br />
fast rötlich wirkendes Material den Staub der Arbeit<br />
greifbar zu machen scheint, die der Mann mit dem<br />
gesenkten Kopf, und der gebeugten Haltung mit<br />
dem Hammer zu seinen Füssen gerade aus der Hand<br />
gelegt hat. Sein Blick ist resigniert, müde Gestalt<br />
und Gemüt, müde von Arbeit und dem täglichen<br />
(Über)Leben. Canciani war keine Gallionsfigur der<br />
Arbeiterbewegung, hat mit seiner Skulptur auch<br />
nicht Propagandamaterial für den Kommunismus<br />
geliefert, keinen kraftstrotzenden, kämpferischen<br />
Arbeiter geformt. Der seine verbraucht alle Kraft im<br />
Alltag, die Züge um Mund und Augen verweisen auf<br />
jene Reste einer solchen Kraft, von der er sich gerade<br />
fragen mag, ob sie noch fürs Weiterexistieren reicht.<br />
Der Haupttitel der Skulptur lautet übrigens „Alla<br />
sera“, erst am Abend darf er sein Werkzeug zur Seite<br />
legen, gerade noch fähig, sich erschöpft hinzusetzen,<br />
mit hängenden Schultern.
alla sera evelyn schalk<br />
MediaMessAge<br />
A l l a s e r a<br />
Vielleicht sollte an dieser Stelle der Kontext erwähnt<br />
werden, in dem die Plastik im Revoltella gezeigt<br />
wird. Sie ist eine jener Arbeiten, die, gewissermaßen<br />
repräsentativ, für Strömungen und <strong>Perspektive</strong>n<br />
stehen, die auf einen anderen Künstler eingewirkt<br />
haben: den Triestiner Marcello Mascherini (1906<br />
– 1983), dessen Skulpturen einem Querschnitt<br />
von europäischen Arbeiten des 20. Jahrhunderts<br />
gegenübergestellt werden. Vielleicht sollte man<br />
weiters erwähnen, dass es um eine öffentlich<br />
installierte Bronzefigur Mascherinis vor einiger<br />
Zeit eine Kontroverse innerhalb der Stadtregierung<br />
Triests gab, jene mit dem Titel „Cantico dei<br />
Cantici“ („Hohelied“) auf der Piazza Oberdan,<br />
die ein ineinander verschlungenes Liebespaar<br />
darstellt. Vertreter der Rechtsparteien brachten<br />
den Vorschlag ein, die Skulptur durch eine in den<br />
1930ern entstandene des regimetreuen Bildhauers<br />
Attilio Selva zu ersetzen. Denn warum, so der<br />
nationalistische Tenor, solle ausgerechnet auf der<br />
Piazza Oberdan, benannt nach jenem Irredentisten,<br />
der 1882 einen erfolglosen Anschlag auf Kaiser<br />
Franz Josef verübt hatte, ein Werk diesen Titels und<br />
Inhalts (die eindeutigen Assoziationen mit Frieden,<br />
Vereinigung, Toleranz usw. waren wohl Dornen in<br />
den Adleraugen) öffentlich zu sehen sein?<br />
Der Autor und Journalist Mauro Covacich<br />
verbindet in „Trieste sottosopra“ noch eine weitere<br />
Geschichte mit der Skulptur: Jene von der durch<br />
Internierung und Mord durch die Faschisten<br />
auseinandergerissenen Liebe eines Studenten und<br />
seiner jungen Verlobten Laura. Er wird im März<br />
1945 verhaftet während er auf der Piazza Oberdan<br />
auf sie wartet; in den zwanzig Tagen des Arrests,<br />
die seiner Ermordung in der Risiera di San Sabba<br />
vorausgehen, wird er zum überzeugten Partisanen.<br />
Die Geschichte ist eine wahre, von Pino Robusti,<br />
so der Name, ist eine Zahl von Briefen erhalten,<br />
die zu den wichtigsten Dokumenten zählen, welche<br />
die Bedingungen im Lager San Sabba detailreich<br />
schildern.<br />
Die Bedeutung von Cancianis „Lavoratorio stanco“<br />
resultiert in erster Linie aus dem Umstand, dass sie<br />
in den über 115 Jahren, die seit seiner Entstehung<br />
vergangen sind, nicht an Aktualität verloren<br />
hat, denn Canciani zeigt einen Menschen ohne<br />
Netzwerk und macht auch gleichzeitig die Folgen<br />
dieses Fehlens deutlich. Das Kunstwerk spiegelt<br />
Ursache und Resultat der Ausschließung von<br />
Entscheidungsprozessen wider, die sich nach wie<br />
vor in den Händen einiger weniger Privilegierter<br />
befinden. Die „Beteiligung“ des Betrachters erfolgt<br />
im Gegenzug dazu nicht nur über das Sehen,<br />
sondern über das Verstehen, die Reflexion des<br />
Gezeigten.<br />
„Un/Fair Trade provoziert Lust, sich spielerisch dem<br />
Thema einer anderen Konstruktion wirtschaftlicher<br />
Zukunft anzunähern“ folgert Mittringer in Hinblick<br />
auf die interaktiven Dekoeffekte jener Schau. Wir<br />
wollen doch alle nur spielen, wird damit suggeriert<br />
und vermutlich stimmt es sogar. Game over alla sera?<br />
2
2<br />
under the heavy influence of robert stolz crauss<br />
(confessions on a dancefloor)<br />
die lounge war eine mission im schifrinkleid<br />
die herren standen um das medium an<br />
und neu webt das leben das leben.<br />
die wand karbid, berlin brannte vor eifersucht<br />
die drinks gingen direkt in die lenden.<br />
unter beschuss war es heiss unter beschuss<br />
heulten sirenen und countdowns<br />
und neu webt das leben hier ist jeder<br />
abend der letzte und hinreissend unmöglich<br />
die melodien die sie spielen ein auftakt.<br />
am i moving too rapidly? ich sass am klavier<br />
und komponierte innert weniger minuten<br />
und neu webt das leben das leben<br />
ein filmisches bravourstück ohne schnitt<br />
verboten gut und direkt in die lenden.<br />
das gibts nur einmal die herren griffen sich<br />
zwischen die hemdknöpfe und schwitzten<br />
und neu und stille das unerwartete schweigen.<br />
man konnte von babelsberg her<br />
die tram kreischen hören den samtstores zum trotz<br />
und neu<br />
und neu<br />
und neu.<br />
der kongress tanzt lilian harvey schritte<br />
schnittlos schnee rutscht von den dächern nüstern<br />
blähen sich<br />
the lights are on das lebenlebenleben...<br />
und wir wussten aus dem sapphischen: der druck der<br />
nacht<br />
steigert sich ins tropische die lounge die lounge<br />
warum bin ich so müde am i tired of waiting for you.<br />
warum also slowly sollten wir uns dem verwehren.<br />
das sapphische die lebensuhren diamantbalance<br />
lebenlebenleben.<br />
barsche längst schon griffen sich die herren<br />
hinreissend! falsettierte robert stolz die herren<br />
griffen sich die barsche aus dem himmel slowly<br />
time goes by so slowly und wir sahen mädchen<br />
die wie diskokugeln lebenleben<br />
don‘t know what to do wie kugeln in die dämmerung<br />
davongetragen wurden.<br />
jede einzeln eine königin the lights are on<br />
but it‘ll be too late so sieh dich vor sieh vor sieh vor.<br />
ich hänge fest an dir denn alles was du sagst und tust<br />
macht mich verrückt bei tagundnacht —<br />
you heard it all before you heard it all before<br />
die zeit vergeht zu schnell kein zögern mehr<br />
ich hänge fest an dir ich hänge fest an dir<br />
the lights are on so come into the sky:<br />
das sapphische am diskohimmel<br />
und wir sahen mädchen die davongetragen wurden<br />
in die dämmerung die mädchen die wie<br />
diskokugeln<br />
diskokugeln<br />
diskokugeln<br />
dir<br />
diskokugeln<br />
dir<br />
diskokugeln<br />
dir
under the heavy influence of robert stolz crauss<br />
(confessions on a dancefloor)<br />
dir nach<br />
dir nach<br />
und alle wie die königin sieh vor sieh vor sieh vor<br />
wir standen alle unter<br />
langsam<br />
langsam<br />
langsam<br />
time goes by<br />
so slowly<br />
time goes by so<br />
slowly<br />
slowly<br />
slowly<br />
now the instrumental part:<br />
wir standen alle unter einem heavy influence<br />
von robert stolz<br />
und neu webt das leben leben.<br />
unter einem heavy influence von schnee<br />
und pferdchenlaufen pappschnee.<br />
won‘t you let it be bloss jetzt nicht<br />
aufhörn robert stolz let it will be<br />
und webt das leben leben lalo<br />
schifrin nur nicht aufhörn<br />
let it be die lebensuhren diamant die<br />
diskokugeln<br />
diamantbarsch morgens sieh dich vor sieh vor sieh<br />
vor<br />
und webt das leben<br />
sass ich am klavier dance watch me girl<br />
das sapphische one smile one kiss<br />
one smile<br />
one kiss<br />
one smile<br />
one kiss<br />
ein winkel plüsch berlin wien nineteen<br />
fourty five o five o six und schritte<br />
schnittlos schnee das leben<br />
gibts nur einmal new york rio tokyo<br />
münchen munich teheran.<br />
get ready to jump with a lilian harvey stride<br />
fourty five o six o seven mond und unterlasz<br />
get ready i can make it alone (my sisters and me)<br />
can make it alone<br />
can make it alone<br />
can‘t make it alone (my sisters<br />
and me)<br />
2
2<br />
feierabend s.c.ambrosig<br />
faschierte hacksatiren aus österreich<br />
Der kurzfristig aus seinem Untod heraus wiederbelebte<br />
Menschcorpus ist nicht voreilig für verrückt zu erklären,<br />
so bittet man den Leser …<br />
er sei nur als Existenz, also mehr oder weniger ernst zu nehmen.<br />
Fleisch aus Österreich<br />
PERSONEN:<br />
Moderator<br />
Dr. h.c.<br />
Fleisch aus Österreich<br />
Publikum<br />
MODERATOR:<br />
Schön beruhigenden Abend meine Damen und<br />
Herren!<br />
Die Inszenierung ist eine österreichische,<br />
will heißen, ist zugehörig zum Komplex der<br />
österreichischen Inszenierungen, also ein<br />
Traumschiffspanzer mit EU-besteuerung<br />
– Kontokarte gezwickt und abgehoben, die<br />
Herrschaften – Destination: wohlständische<br />
Sicherheit – Bürgerinnen und Bürger mögen<br />
allerdringlichst informiert sein, will heißen im<br />
populistisch-mediengerechtaufbereiteten Sinne in<br />
einer nationalstolzkooperativistisch-aufgearbeiteten<br />
Weise eingeführt werden in die Themen des<br />
Nationalen Alltags – unser heutiges Thema: Fleisch<br />
aus Österreich – in diesem Sinne übergebe ich an<br />
unseren heutigen Gast – einen übertrieben guten<br />
Abend Herr Dr.h.c.!<br />
DR. H.C.:<br />
Ihnen auch einen gut vertrieblichen Abend, Herr<br />
Magister und überschwänglichsten Dank für ihre<br />
enthusiastische Einleitung.<br />
Fleisch aus Österreich, meine Damen und Herren,<br />
Fleisch aus Österreich ist gut, man könnte fast<br />
sagen das beste Fleisch ist das österreichische,<br />
das heimatliche Fleisch, so in appetitlich panierte<br />
Häppchen geschnitzelt, ja das österreichische<br />
Heimatliche ist überhaupt wirklich wunderbar,<br />
wunderbar gutes Fleisch für Österreich, vor<br />
allem das österreichische Fleisch für Österreich,<br />
Österreicher und Österreicherinnen, also gutestes<br />
österreichischstes Fleisch für Österreich, eben das<br />
beste wo gibt…<br />
– vorportioniert und cellophan-verpackt-fertig an<br />
den Arbeitsmarktständen erhältlich – frisch, gut,<br />
saftig – Haltbarkeitsalter 65 – vielleicht mehr – nach<br />
Konsum Verpackung bitte umweltgerecht entsorgen,<br />
die Kosten der Entsorgung werden vom Vertreiber<br />
nicht getragen – achtung: voreilige Verwesung kann<br />
zu ökonomistisch-geahndeten Ballastsymptomen<br />
führen – die Euros müssen wachsen können,<br />
damit die Fighter abheben dürfen müssen – der<br />
qualitativ hochwertig belegbare Sicherheitszustand<br />
garantiert werden können darf – zukünftiglich<br />
hoffentlich in gut englischer Manier in 1.<strong>00</strong>0.<strong>00</strong>0<br />
DPI-Bildauflösung. Alles ganz zwanglos – dann<br />
brauchen Sie auch keine Ausweise mehr, man kann<br />
Sie auf rund 30 Meter Entfernung erkennen und<br />
Ihre Liste von Jugendsünden mit Ihrer Krankenakte<br />
vergleichen – da muss doch ein sicherheitlich<br />
vertrauliches Heimeligkeitsgefühl aufkommen aus<br />
der Zwangslosigkeit von einem österreichischen<br />
Fleisch, das also rein gar nichts müssen tut und<br />
sich nach Lust und Laune austoben kann in der<br />
österreichischen Landschaft, es ist also ein gut<br />
entwickeltes, umsorgtes, ja freilaufendes Freiland-<br />
Fleisch in einer rosaroten Österreich-Landschaft<br />
mit einem etwas übersäuerten beigelegten<br />
Kartoffelsalat, der innenpolitisch nur ein kleines
feierabend s.c.ambrosig<br />
faschierte hacksatiren aus österreich<br />
bisschen fault, eingerieben mit einer parteipolitischrechtsextremistischen<br />
Preiselbeermarmelade unter<br />
einem strahlend-blauen Heidi-Himmel zwischen<br />
wirtschaftlich-überzuckerten Alpenkuchengipfeln.<br />
Ein österreichisches Fleisch ist also ein glückliches,<br />
ja man könnte fast sagen ein gunstbelegtes Fleisch,<br />
dem durchaus ein freier Wille zugesprochen gedurft<br />
werden soll:<br />
———————SCHNITT————————<br />
Das Fleisch aus Österreich kriecht ohne Beine durch<br />
eine Betonlandschaft.<br />
FLEISCH AUS ÖSTERREICH<br />
Mein Beinfleisch haben sie mir schon abgeschwatzt<br />
– im Namen der wohlständischen Sicherheit und<br />
jetzt ist mein Bauchfleisch schon ganz aufgekratzt<br />
von der ewigen Kriecherei – es muss ja immer<br />
alles so schnell gehen heutzutage und bevor<br />
man überhaupt auf gut österreichische Weise<br />
„Ja und Amen“ jaulen kann, hat sich der Herr<br />
Finanzminister schon einen glitzernden Audi-A6<br />
in Schwarz aus dem zerfledderten Bauchfleisch<br />
geschnitten.<br />
Nicht dass ich etwa nicht übergewichtig zufrieden<br />
wäre – die Produktivität bringt einem ja ein ganz<br />
anderes, ein absolut viel mehr erfüllendes Gefühl in<br />
das zerfledderte unterösterreichische Bauchfleisch<br />
hinein, wenn man halt weiß, da ist einer, sei es in<br />
Privatwirtschaft oder Politik oder besser noch in<br />
beidem gleichzeitig, der sich aus meinem mühsam<br />
angesparten Mutterkuchenwurm einmal eine<br />
verlässliche Landesverteidigung bastelt … man<br />
muss schließlich für die kommenden Generationen<br />
sorgen…dass es sie gibt – wo kommen wir denn<br />
hin, wenn von den Österreichischen Uterussen<br />
gar nichts mehr hinausgeworfen wird? Da stirbt<br />
man ja aus und lässt die Festung leerstehen,<br />
damit weiß-Gott-wer von weiß-Gott-wo einfach<br />
hereinrudern und den staatsdienstlich verpachteten<br />
Mutterkuchenwurm zum Drogenkonsum<br />
verleiten kann und einem dann in womöglich<br />
existenzbedrohend räuberischer Absicht in dunklen<br />
Hauseingängen auflauert, (weinerlich) um sich<br />
das zu holen, was nach einem Nulldefizit noch<br />
übrig ist an Suppenfleisch (beginnt zu weinen) und<br />
abgesehen davon – was kann man denn Besseres,<br />
Schöneres, Angenehmeres wollen können als einfach<br />
schon total fertig als österreichisch-behütetes<br />
Uteruswürstelfleisch aus einem so ansprechenden<br />
Nationalfleischwolf hinausgepresst zu werden?<br />
(es schnieft und wischt sich die Tränen ab)<br />
ARBEIT MACHT FREI!<br />
Das Fleisch aus Österreich stemmt seine Hände<br />
entschlossen gegen den Boden und bewegt auf diese<br />
Weise den beinlosen Oberkörper langsam Schritt für<br />
Schritt unter weiteren „ARBEIT MACHT FREI!“-<br />
Rufen ins Off.<br />
Das PUBLIKUM wendet sich angewidert ab.<br />
AUS<br />
2
2<br />
feierabend s.c.ambrosig<br />
faschierte hacksatiren aus österreich<br />
Wow, ATV!<br />
Personen:<br />
FRIDA: 14-24 Jahre jung; sehr attraktiv, Maße 90-<br />
60-90, weiß und solariumgebräunt, geschminkt, mit<br />
sehr knapp bemessener, aufreizender Designermode<br />
bekleidet, lächelt dauernd und begibt sich während sie<br />
spricht immer wieder in aufreizende Posen.<br />
FRITZ: 40-60 Jahre alt, äußerst unansehnlich<br />
– wirkt zerstört und ausgesogen (tiefe Augenringe)<br />
ist übergewichtig und hat unattraktive Proportionen<br />
(dicker Bauch, dünne Gliedmaße).<br />
FRIDA schaut Fernsehen<br />
FRITZ kocht<br />
Frida: Na so ein Wahnsinn! Schau dir die<br />
Schwuchtel am Liveball an! Das muss man gesehen<br />
haben…<br />
Fritz: Jetzt kann ich wirklich nicht…später.<br />
Frida: Schau!<br />
Fritz: Danach…<br />
Frida: Der is ja so komisch, so anders – voll<br />
abnormal…schon interessant dieses ATV+<br />
Da zeigen die die abartigsten Sachen, schau!!! Das<br />
musst man gesehen haben, da quillts einem aus<br />
allen Körperöffnungen…schau!!!<br />
Fritz: Aber das Abendessen…<br />
Frida: Wie ein sachte vom Ozean hin- und<br />
hergeschaukeltes Öl fließt das durch durch den<br />
Körper, das braucht nicht nervenstrapaziös verdaut<br />
zu werden, das rinnt einfach wieder heraus beim<br />
Analloch, das spült dir alles raus, du wirst sehen, das<br />
is fast so gut wie Ariel – der ultimative Weißmacher,<br />
wenn man noch nicht weiß genug ist, oder sich<br />
nicht weiß genug fühlt…der unbedingte Bestandteil<br />
eines jeden beständig reinlichen Hausverhaltens.<br />
Vielleicht ist man ja auch braun wie ein<br />
Schokoriegel – Twix – die Mega-Version der<br />
megamäßigen Karamellsticks, die Einverleibung<br />
ist unbedingt und warmherzigst zu empfehlen…<br />
Natürlich ist der solariumslos schokoriegelbraune<br />
Zustand kein wünschenswerter, nicht hier, im<br />
Land der Berge und Dome, der ökonomischhierarchistische<br />
Verdauungstrakt bekommt<br />
Durchfall davon…<br />
Betreffende sind zum Gehen aufzufordern…wer<br />
Probleme beim Gehen hat und Beinschmerzen von<br />
der hohen soziokulturellen Schwerkraftsbelastung,<br />
kann in Antistax Erlösung und ein Leben in<br />
tiefgehender Schönheit finden – über mögliche<br />
Folgen und Nebenwirkungen informieren Ihr Arzt<br />
oder Apotheker – aber fragen sie lieber den Arzt,<br />
denn der Apotheker verkauft das Zeug schließlich…<br />
Fritz setzt sich neben Frida auf die Couch, einen<br />
Teller mit Rühreiern und ein Stück Schwarzbrot in<br />
der Hand, und beobachtet jede ihrer Bewegungen<br />
bewundernd; Frida scheint ihn nicht zu bemerken<br />
(und spricht weiter)…<br />
aber wo wären wir denn sonst, ohne den Markt<br />
und seine Freiheit… in einer Welt wo alle in<br />
Unterhosen durch den Wald rennen, abwechselnd<br />
die Panflöte spielen und unansehnliche Nahrung<br />
in erdigschmutzig-stinkender Umgebung zu sich
feierabend s.c.ambrosig<br />
faschierte hacksatiren aus österreich<br />
nehmen, die Natur alles entscheiden könnte,<br />
so total allein – das würden wir doch alle nicht<br />
wollen, schließlich sind wir keine Affen mehr<br />
– nein, sind wir nicht – sind wir wirklich nicht<br />
– wir können doch Satelliten in das All machen,<br />
Atombomben und andere total technisierte<br />
Zivilisationsvorkehrungen machen – voll<br />
eigenständig – Müll – aus Zeug, das der Natur<br />
ja von selbst nicht einmal eingefallen wäre …die<br />
Sicherheit ist doch so wichtig, von allein denkt man<br />
doch so selten daran – also, erinnerungsvermögende<br />
Unterstützung: Wie wäre das denn wenn wir nicht<br />
der Stopfung fähig wären und Schokoriegel in<br />
unseren Ländern + Domen herumlaufen würden…<br />
NEIN – eine Unmöglichkeit ja eine Beleidigung…<br />
nein sogar eine Ausdämpfung des Götterfunkens<br />
… das vertragen unsere soziokulturellen Uterusse<br />
gar nicht, so eine artfremde Beschämung, das<br />
ist nicht so gut wie Schokolade-Vanille Eiscreme<br />
von American-Icecream – Style + Flavour in<br />
atemberaubender Kombination + cremig wie noch<br />
nie –<br />
Das muss unbedingt untergriffen werden, das<br />
kann bei der exekutiven General-Reinigung<br />
nicht ausgelassen werden, wie Meister Propper<br />
– der starke Hausmann, der keinem Haushalt<br />
alleinerziehender Mütter fehlen darf… Das wäre ja<br />
so, als würden unserem Land die Skigebiete fehlen<br />
– und die sind doch so schön wie sonst nirgendwo<br />
und vor allem so preisgünstig und unalltäglich<br />
– Alltag raus Österreich rein –<br />
Im Südosten sind Kinder gestorben…keine Angst<br />
unsere Schuld war‘s nicht …eine Bombe ist‘s<br />
gewesen Made in USA – wie das coolste Label der<br />
Streetwear Benni Miles – das muss man haben …<br />
Coca Cola schickt den Weihnachtsmann nun das<br />
ganze Jahr über, vielleicht schaut er auch bei Ihnen<br />
vorbei…<br />
Für den Krieg gegen den Terrorismus und die<br />
Länder, die aufgrund ihrer hohen Ölvorkommen<br />
immer mehr neue Terroristen hervorbringen, ist<br />
kein Ende in Sicht – wird aber auch Zeit, dass<br />
endlich jemand was tut gegen diese diktatorischen,<br />
asozialen Geschwüre, die unseren hyperphagischen<br />
Gesellschaftsschlund nicht bedienen können und<br />
ihm Dynamitwürste in den von überflussig-sozialem<br />
Fäkalpfropfen ausgeweiteten Hinterausgang<br />
leiten – diesbetreffende Informationen werden<br />
millionenfach ausgeglichen … damit auch alles für<br />
beinahe alle finanziell-harmonisch verläuft…und<br />
also für jeden das Beste ist<br />
Und das Beste für die Kinder sind Haribo-<br />
Goldbären, für Erwachsene sind sie aber auch<br />
gut, und Fleisch aus Österreich mit dem AMA-<br />
Gütesiegel ist sowieso für alle gesund – außer für die<br />
Schweinchen.<br />
Die schlimmsten, aggressivsten Kinder unserer Zeit<br />
können sie gleich bei den Super-Nannies bestaunen<br />
– das sind ihre Augen schon wert, da brauchen sie<br />
wirklich nichts zu befürchten zu haben – das ist die<br />
reine Reality da werden sie nur so glotzen…<br />
Frida+ Fritz erheben sich und gehen auf den<br />
Fernseher zu; Frida scheint ihn immer noch nicht<br />
wahrzunehmen, kurz bleiben sie vor dem Fernseher<br />
stehen.<br />
Frida: Wow, ATV!<br />
Als Fritz den Fernseher ausschaltet, verschwindet Frida<br />
darin.<br />
Fritz: Gute Nacht, Frida!<br />
Verdunkelung.<br />
ENDE<br />
2
0<br />
vom band katrin marie merten<br />
leben macht taub _ glaub es oder nicht _ ich<br />
spiele dir mit meinem mund musik in die<br />
stille dieses stummfilms _ leben ist bunt _ du<br />
drosselst die farben herunter _ auf dezente wie<br />
du findest _ dekadente wie ich es sehe _ töne _<br />
findest keine worte für mich _ diesen film haben<br />
wir werweißwieoft gesehen _ dir gefällt das _<br />
leben läuft _ und ich immer hinterher _ in der<br />
werbepause _ am wochenende _ und immer<br />
wieder in mittelmäßigen wochen um mitternacht<br />
_ werweißwieoft _ genauso heute _ liege ich auf<br />
deinem teppich _ leben läuft _ und honigdicke<br />
langeweile die wände deiner wohnung runter _<br />
als ob sie süß schmeckt _ fasziniert mich diese<br />
abgebrochene stille _ ich suche nach _ richten<br />
_ suche nachrichten _ irgendwer sendet immer<br />
_ man dreht am rad und irgendwo finden sich<br />
frequenzen die fetzen _ die sind nicht feige _ nicht<br />
wie wir _ verlassen deinen teppich _ richtung<br />
abwaschtempel _ der heißt nur so _ nur so im spass<br />
_ ich spinne manchmal einfach so rum _ du weißt<br />
das _ hier türmt sich nie was _ ich mag einfach<br />
_ mag die vorstellung von tempeln _ und stehe<br />
vorm konsumtempel deiner geöffneten _ deiner<br />
kühlschranktür _ leben macht durstig _ apfelsaft _<br />
dreikommafünf prozent milch _ und trinkjoghurt<br />
_ das _ nicht mehr _ ist das angebot dieses abends<br />
_ eine geordnete reihe in tetrapacks abgefüllte<br />
gesundheit _ daneben _ ein angetaner burgunder<br />
_ ich entscheide mich für lila _ korkenkrümel am<br />
boden _ die farbe hat den geschmack von braun<br />
angenommen _ leben macht taub _ bis gerade jetzt<br />
_ dann frage ich mich _ wer _ wir _ eigentlich ist _<br />
du korrigierst den winkel zwischen holzbrettern und<br />
arbeitsplatte _ schaffst ordnung in deinem leben _<br />
während meine lippen im lila dieses glases baden<br />
gehen _ ich bin immernoch im wir _ überlege wo<br />
du anfängst _ wo ich aufhöre _ pappiger geschmack<br />
auf der zunge _ aber die farbe gefällt mir _ leben<br />
ist bunt _ so sollte es sein _ du schaffst parallelen<br />
_ mir ist die linienlosigkeit frühlingsfarbener<br />
aquarelle gerade _ eindeutig genug _ noch immer<br />
_ für mich _ ist jede schale unserer goldwaage zu<br />
schwer _ du bist ganz woanders _ werweißwieoft _<br />
dein finger auf einer der wunderbar eckigen tasten<br />
_ um wenigstens irgendwas zu drücken _ spulst du<br />
das band zurück _ dahin folgen dir meine augen<br />
_ hierher später meine schritte _ eine ganze weile<br />
schon redigiere ich unsere dialoge in meinem kopf<br />
_ mit dem ergebnis _ eine gesamtfassung dessen<br />
könnte eine vollständige überarbeitung unserer<br />
wortwechsel _ unserer ganzen geschmissenen<br />
geschichte ergeben _ die sich in der sämigen<br />
konsistenz eines abgenutzten kaugummis durch<br />
unsere tage zieht _ also durch deine tage _ und<br />
durch meine tage _ das sind meine parallelen<br />
_ der film hat nichts zu sagen _ den haben wir<br />
werweißwieoft gesehen _ jetzt hör doch auf zu<br />
spulen _ jede handlung ist raus _ schwarzweißbrühe
vom band katrin marie merten<br />
_ mein mund macht keine musik mehr _ der ist lila<br />
_ das leben bunter _ zeit klebt pflaster und mehr<br />
nicht _ oder was sagt sie dazu _ dass der verkehr an<br />
der dreiuhrmarkierung abgeschnitten wird _ auch in<br />
der großstadt _ wie soll man da heimkommen und<br />
wohin _ finde ich _ und was sagst du dazu _ jede<br />
stadt ist nur ein dorf_ ja na und? _ rundgelutschte<br />
worte_ werweißwieoft gehört _ na und? _ ich spinne<br />
manchmal einfach so rum _ du weißt das _ da bin<br />
ich mir sicher _ und du bist dir sicher _ sagst du<br />
_ das alles sei nur ausgedacht _ ja was denn _ ist<br />
wahrheit? _ seinen lebensrhythmus an sendezeiten<br />
von vorabendserien auszurichten _ wochentags _<br />
jeden abend auf einem pinken plüschsofa zu sitzen<br />
_ um von dort aus _ dort ist ein kleines stück<br />
neben dem mittelpunkt der welt _ aber immerhin<br />
nur ein kleines stück _ alltäglich festzustellen dass<br />
man immer noch normal ist _ immer noch im<br />
durchschnitt _ immer noch im grasgrünen bereich<br />
liegt? _ leben ist bunt _ aber so _ war das nicht<br />
gemeint _ das haben wir werweißwieoft gesehen _<br />
weißt du nicht mehr _ weißt du noch _ wir lagen<br />
still im schnee _ ich weiß nicht wann _ der tag<br />
hatte kein datum und engelchen engelchen flieg<br />
_ da _ genau da war leben _ und der geschmack<br />
von frischem braunen spekulatius und glühwein<br />
in deinem mund _ du hast mir erklärt dass sterne<br />
schon werweißwie lange nicht mehr glühen wenn<br />
wir sie sehen _ und das mit uns davon kein wort<br />
_ wir lagen einfach und unmittelbar im schnee<br />
_ in winter lagen wir _ engelchen engelchen flieg<br />
_ bevor alles anfing _ am boden die ganzezeit<br />
und fanden uns flügel _ im staubschnee dieser<br />
autoabgasgesättigten großstadtwiese _ um unsere<br />
arme _ engelchen engelchen flieg _ und heute? _<br />
der film hat nichts zu sagen _ den hast du schon<br />
werweißwieoft in unsere stunden eingespult _ und<br />
morgen? _ raumwechsel ist immerhin ein anfang _<br />
und du? _ bleib doch in deiner nachmittagswelt _<br />
für dich ist leben eine aneinanderreihung absolut<br />
gleichwertiger augenblicke _ leben macht blind _ für<br />
dich vielleicht nicht genug _ leben hier im moment<br />
_ also mach einfach mit _ drossle dich down auf<br />
schwarzweiß und still und lass mir _ lass mir einen<br />
momentlang das gefühl _ worte ihren mündern<br />
entleiben zu können und tränen loeffel für loeffel zu<br />
teilen wie schokoladenpudding _ weißt du mir gibt<br />
das sitzen auf dem badewannenrand ruhe wie nichts<br />
_ ich verzichte auf dein erbrochenes lachen und _<br />
zwei von zwei millionen möglichkeiten entscheiden<br />
sich auf blassblauen fliesen _ wir wissen nicht was<br />
wir tun _ natürlich _ leben macht taub aber _<br />
ich finde immer frequenzen _ also spar dir deine<br />
analogien _ die schuppenlosigkeit der silberfische<br />
hat nichts mit meiner art leben zu tun _ nur dass<br />
sie einszweidrei fort sind _ einszweidrei so schnell<br />
kannst du nicht gucken _ ich finde immer einen<br />
bus der mich heimfährt hinter der abgeschnittenen<br />
nacht _ ein scheinwerferaugenpaar wie jedes<br />
andere _ und engelchen engelchen flieg _ hab ich<br />
werweißwieoft gedacht _ das ende eines anfangs _<br />
ein guter anfang für ein ende _ nur ein gedanke _<br />
glaub es oder nicht _ ich nenne das leben.<br />
1
2<br />
monomastering athens. d. holland-moritz<br />
aus dem trendmarsch-zyklus<br />
„Die Welt brennt, aber die Möse kämmt sich.“<br />
Griechische Spruchweisheit<br />
Bin noch nicht verfügbar nach all diesen Stationen,<br />
diesen Fahrten, diesem Flug. Daran ändert auch<br />
mein Traum der Nacht nicht viel, denn immerhin<br />
war da eine lange Prozession von Neo-Hippies<br />
mit Dreadlocks und in bunten Wolljacken,<br />
mit Gitarren, Schellen, Tambourinen und die<br />
weiblichen unter ihnen mit bauchfreien Tops. Einen<br />
alten psychedelischen Beatles-Song zelebrierend,<br />
während draußen in Deutschland der zigste<br />
realbrutale Kälte-Alptraum abgeht. Bin noch nicht<br />
bereit, die während meiner Abwesenheit angefallene<br />
Post abzuheften oder Fragen der Verortung und<br />
nach meinem Weg zu beantworten: Wo muß ich<br />
hin? hatte ich mich gestern auf dem neuen Athener<br />
Flughafen Eleftherios Venizelos irritiert noch<br />
fragen müssen. Zum Abfertigungsschalter. Wer<br />
begleitet mich? Eine Warteschlange. Wo werde ich<br />
ankommen? Zu Hause, in einem Mittelalter von<br />
Beziehungslosigkeiten, aber das steckt man weg, das<br />
ist schon zu oft gesagt worden, und ich bin allenfalls<br />
noch zugetan der Einsicht aus meiner Reiselektüre,<br />
Elfriede Jelineks Wolken. Heim., „daß das meiste<br />
ohnehin schon oft gesagt worden ist, und es ist unnötig,<br />
etwas zu erfinden, das anderswo schon besser gesagt<br />
worden ist.“<br />
Ähnlich verhält es sich auch mit der Beschreibung,<br />
wie ich nach der Ankunft in erneuter<br />
großstädtischer Vereinzellung meinen Trolley hinter<br />
mir herzog, heraus aus der Baracke des Flughafens<br />
Berlin-Schönefeld: wo die Gepäckbänder knarrten<br />
und anderweitig stotternde Geräusche von sich<br />
gaben, sich Warnlichter drehten und wo man<br />
seine griechischen Platznachbarn von EZY 4522<br />
endgültig aus den Augen verlor, die einem während<br />
des Fluges noch eine Kykladeninsel in den Kopf<br />
verpflanzt hatten, und wo ich aus der tristen<br />
Empfangshalle nun mit knirschenden Schritten<br />
hinausgehe in die nächtlichen Eisschwellen, auf die<br />
kalten, glitzernden Bahnsteige der S-Bahn. Und<br />
wieviele Male sind eigentlich schon die leuchtenden<br />
Schnellstraßenbänder um die Hügel von Athen<br />
beschrieben worden, die ich zuletzt aus dem<br />
Flugzeugfenster sah und über denen ein bleicher<br />
Vollmond hing, von Wolkenfetzen umzogen, als<br />
ob man dort schwarzes Nanositenpulver in eine<br />
große, weiße Pupille ausgegossen hätte, wimmelnd<br />
und wie mit kleinen Ankern. Und daß es trotzdem<br />
„ein schönes Gefühl“ ist, „in der Nacht über unsere<br />
Autobahnbrücken zu fahren, und unten strahlt es<br />
aus den Lokalen: noch mehr Menschen wie wir!“, die<br />
an den Zubringern vor ihren Hamburgermenüs in<br />
einem Drive In-McDonalds herumsitzen. „Ein heller<br />
Schein“, ja, – der von Leuchtreklamen.<br />
Pefki, 19.01.2<strong>00</strong>5: Graue Wolkenballungen über<br />
diesem besseren, höher gelegeneren Vorort Athens,<br />
eine Menge Wintergewitter, 13°C, Südwind, Süden,<br />
wo das breite, weiße Band der Stadt ausläuft ins<br />
Meer, unten bei Piräus oder Pireefs, wobei sich<br />
die griechischen Sprachregulatoren wie bei allen<br />
anderen Ortsnamen auch erhoffen, daß sie eine Art<br />
1:1-Translitterierung durchgedrückt bekommen,<br />
die auf ‚Pireas‘ hinausläuft, eine Translitterierung,<br />
mit der man zuerst konfrontiert wird in der Metro<br />
oder auf der Autobahn und die, andersrum, bei<br />
einer Übersetzung ins Griechische mitunter zu<br />
einer abstrusen Buchstabenhäufung führen kann:<br />
Da müssen Sie mal drauf achten, welche Blüten<br />
das treibt, wenn insbesondere amerikanische<br />
Produktbezeichnungen oder die Namen von Bars<br />
ins griechische Alphabet übertragen werden. Und<br />
wie man dann in eine Art geistiges Stottern gerät,<br />
immer gezwungen, sich das erstmal hin und her<br />
zu übersetzen. Schnell stößt man an die Grenzen<br />
seiner Beschreibungsfähigkeiten, überreizt von den<br />
kakaphonischen Eindrücken des Stadtzentrums,
monomastering athens. d. holland-moritz<br />
aus dem trendmarsch-zyklus<br />
Omonia, Syntagma, Koukaki, und ich komme erst<br />
wieder zu mir, als sie zwischen das Hingeschüttete<br />
einer Menge weißer Hausschachteln verlaufen dort<br />
draußen an den Berghängen, die in einem dichten,<br />
feinen, weißen Sprühregen wie aufgeschäumt<br />
scheinen.<br />
In Pefki aber, was so ungefähr das Dahlem von<br />
Athen ist mit seinen immergrünumstandenen<br />
Villen und Apartmenthäusern von Reicheleut<br />
und besserem Mittelstand und all seinen<br />
Perlhuhngesängen, entdecke ich im Bücherregal des<br />
Freundes einen Band Selected Poems 1947-1995 von<br />
Allen Ginsberg, der ja gerne auch in Schlips und<br />
Kragen ging und seine Gedichte zum Leierkasten<br />
vortrug, um seine Version von der Vision der<br />
Visionen zu lancieren, „spontaneous bob prosody“,<br />
projective open-form verse, 12 bar blues. Und warum<br />
nicht, um sich erneut zu motivieren, an dieser Stelle<br />
einige prägnante Auszüge seines programmatischen<br />
Gedichts Cosmopolitan Greetings von 1986<br />
wiedergeben?<br />
„Stand up against government, against God. Stay<br />
irresponsible. […] Change is absolute. Ordinary mind<br />
includes eternal perceptions. Observe what‘s vivid.<br />
Notice what you notice. Catch yourself thinking.<br />
Vividness is self-selecting. […] Remember the future.<br />
[…] Two molecules clanking against each other<br />
require an observer to become scientific data. The<br />
measuring instrument determines the appearance of<br />
the phenomenal world after Einstein. The universe is<br />
subjective. […] Inside skull vast as outside skull. Mind<br />
is outer space. […] ‚First thought, best thought.‘ Mind<br />
is shapely, Art is shapely. Maximum information,<br />
minimum number of syllables. Syntax condensed,<br />
sound is solid. Intense fragments of spoken idiom,<br />
best. Consonants around vowels make sense. […]<br />
Others can measure their vision by what we see.<br />
Candor ends paranoia. – Kral Majales June 25,<br />
1985, Boulder, Colorado.“, ergo ein paar schnellere<br />
Eindrücke von der Wetterabhängigkeit auch der<br />
unmittelbaren Umgebung in Pefki, von dem<br />
Blick auf die verwaiste Dachterrasse der Villa mit<br />
dem Seitenkamin gegenüber, von der gebeutelten<br />
Plastiktüte in der entlaubten Pappel vor dem<br />
Fenster, von den flatternden Borten zerschlissener<br />
Markisen, von den nassen Gerippen der mausernden<br />
Tauben auf dem Balkongeländer, von jemand<br />
Vogelgesichtigem, der seine Nase durch die nächste<br />
Terrassentür steckt, von den Zierpalmen, die vor<br />
dem Sturm in die Sicherheit von Balkonecken<br />
verbracht worden sind, verklammerte Wäschestücke,<br />
schnell noch von ihren Ständern genommen<br />
– selbst die nächsthöheren Berge tragen dieser Tage<br />
Schnee…<br />
Während meine Finger schon schwarz von Tinte<br />
sind, und eine Facette meiner Empfindung sich<br />
zusammenzieht angesichts weiterer, lederner<br />
Buchrücken, die im gelben Licht einer Stehlampe<br />
schummern, Albert Speer, Erinnerungen, Joseph<br />
Goebbels, Tagebücher, Hitlers Tischgespräche: „Hast<br />
du mal über die NSDAP gearbeitet?“ frage ich<br />
den befreundeten Politologen. Kein Mondstrahl<br />
fällt von außen ins Zimmer, vom Dunkel her auf<br />
die Regale, während wir weiter ausholen über<br />
die neuen, automatischen, iris-scan-basierten<br />
Erkennungsmethoden, die uns Otto Schily<br />
in der BRD andienen will, und wie uns dann<br />
schwarze Totenkopffalter aus den Augenwinkeln<br />
hereinschweben und wie Schwerölschlieren<br />
verfließen über den Pupillen. Indes aus dem CD-<br />
Player ein alter Cockney Rebel-Song quillt: „It<br />
wasn‘t me who blew their brains / I certainly admit<br />
to putting chains / Around their necks so they couldn‘t<br />
move / But there were others being quite crude…“<br />
Nea Ionia, 20.01.2<strong>00</strong>5: Sich in einem dieser<br />
Habitate von Sporenträgern aufhalten zu können,<br />
die diese verschachtelten Wohngebiete ausmachen,<br />
wünschen wir uns, wie wir so dastehen und<br />
frieren und ein Graupelregen hinwegfegt über<br />
die Bahnsteige, über die hundert Rippenbögen<br />
vom Eingangsbereich des menschenleeren grauen
monomastering athens. d. holland-moritz<br />
aus dem trendmarsch-zyklus<br />
Olympic Complex. Mit uns schwebt eine PC-<br />
Tastatur mit griechischem Alphabet hinter die<br />
sich schließenden Türen des Zuges, in den wir<br />
einsteigen. Maroussi? – Maroussi?! Ah, Katsimbalis,<br />
Henry Millers Erzählerkoloss, Meister des<br />
unterhaltenden Monologs, der „in seinen Reden […]<br />
überall zugleich [war]; er griff von oben und unten,<br />
von vorn und hinten und von den Seiten an. Wenn<br />
er irgendetwas nicht sofort bewältigen konnte, weil<br />
ihm ein Ausdruck oder ein Bild fehlte, um es in allen<br />
Einzelheiten zu beschreiben, spießte er es zunächst<br />
auf und ging weiter,“ und hier ist er, der S-Bahnhof<br />
Maroussi, den Sie sich selber mal anschauen sollten<br />
mit seinem albernen, bunten Röhrensystem,<br />
durch das man auf Rolltreppen hinauffährt zu<br />
den Gleisen. Und unter einem dieser Dächer dort<br />
drüben müsse er gelebt haben, Katsimbalis, hier<br />
gebe es einen kleinen Park, der seinen Namen trägt,<br />
bemerkt Karla und deutet über die Einkaufspassage<br />
hinweg in den Widerschein eines flammenden<br />
Himmels mit galoppierenden wilden Schafsköpfen<br />
darin. Dahinter wieder schneegesprenkelte Berge…<br />
Salamis, 21.01.2<strong>00</strong>5: „MONO MASTERING:<br />
Discover new skills. It‘s never been easier to think in<br />
black & white.“ (Practical Photography), und das<br />
Abblenden der Verhältnisse durch infrarotfilternde<br />
Busfenster auf der Fahrt hinüber zur Insel an diesem<br />
Tage. Die schlanken, marinegrauen Schiffe der<br />
griechischen Flotte, von der Fußgängerfähre aus<br />
gesehen. „Der riecht ja wie unsere parfümierten<br />
Mülltüten“, kommentiert Karla einen dieser<br />
modernen, eingeölten Typen mit Handyknopf im<br />
Ohr. Ein zerknautschter, vibrierender Inselbus, den<br />
man zum Start beinahe hätte kurzschließen müssen,<br />
wenn man nicht zuvor nach der Hauptsicherung<br />
geschaut hätte. Eine staubige Neon-Palme in<br />
einem verwaschenen Orange. Neben den vom<br />
Wind zerfaserten anderen. Schulkinder, die nach<br />
Hause auf die Dörfer wegvibrieren. Freilaufende<br />
Hundemeuten überall am Straßenrand, ihre<br />
klagenden, jagenden Laute. Geschlossene Techno-<br />
Tavernen in der verwaisten Wochenendhauskolonie<br />
auf der anderen Inselseite. Nur drei Katzen, die<br />
begierig einige flappende Fischbäuche im seichten<br />
Wasser einer Bucht beäugen. Dazu das changierende<br />
Blau des Himmels, das durch die Wolken bricht<br />
– ihr Tintenblau, Königsblau, Babyblau…<br />
Aber Dunkelheit zieht schon früh heran, und<br />
man beginnt, schnell wieder auszukühlen im<br />
abendlichen Verkehrslärm des kleinen Hafens von<br />
Salamis. Die orangene Kunstpalme glüht jetzt. Ihre<br />
orangenen Palmwedel glühen. Und wie, zum Teufel,<br />
soll man durch diese endlose Prozession weißer<br />
Scheinwerferaugen auf die andere Straßenseite<br />
zur Fähranlegestelle gelangen? Zuletzt dann doch<br />
die Schwärze des Wassers und die fernen Lichter<br />
am anderen Ufer. „It‘s getting dark too dark to see“<br />
(Bob Dylan, Knockin‘ On Heaven‘s Door). Also<br />
Licht. Licht als Anhaltspunkt. Licht flackert später<br />
auch als Notbeleuchtung über der Tür auf der<br />
langen, gespenstischen Busfahrt durch die bleichen,<br />
minderen Vororte Athens. Beim Aufblicken aus<br />
meinem Schoß der schwellende Hintern einer<br />
jungen Frau, das Quellen ihrer Hüften über einen<br />
strassbesetzten Gürtel…<br />
Nafplio, Peloponnes, 22.01.2<strong>00</strong>5: Und wie<br />
der Bahnhof in Athen und die Fahrt und die<br />
Passagiere am Ende dieses Tages einer gewissen<br />
Verbunkerung als träumerische Artefakte<br />
anheim fallen müssen, einfach müssen, weil sie<br />
rarer werdende Fluchtpunkte sind, die immer<br />
rarer frequentiert und die irgendwann ihren<br />
Anbindungsproblemen erliegen werden und die<br />
jetzt schon wie mit einer Frappanfolie überzogen,<br />
auf ihre Art hin konserviert erscheinen. In unseren<br />
so sehr auseinanderklaffenden modernen Zeiten,<br />
daß mir die Illustrationen des Weltuntergangs-<br />
Plakates wieder reinrutschen, das ich gestern auf<br />
Salamis von einem Strommast herunter gerissen<br />
habe und auf dem unser heimisches Sonnensystem
monomastering athens. d. holland-moritz<br />
aus dem trendmarsch-zyklus<br />
inclusive unseres eigenen, kleinen, blauen, von<br />
Dämonen heimgesuchten Planeten abgebildet ist.<br />
Und auch hierzu eine Rückfahrkarte 2. Klasse, vom<br />
Nihilismus zur Realität… Denn da ist er wieder,<br />
der Eindruck des von goldenem Licht durchfluteten<br />
Reliktes, getöntes Fensterglas und funzelige<br />
Kronleuchter, Schmiedeeisernes, all das, was ihn<br />
ausmacht, den Bahnhof Stathmos Peloponissou,<br />
vor dem ein Trüppchen Albaner geheime Geschäfte<br />
tätigt in ihren staubigen, standesgemäßen BMWs.<br />
Und in dessen Schalterraum man sich unter das<br />
Schild ‚Tickets Issue‘ und unter die Zeiger einer in<br />
Holz gefaßten Uhr und in sein Art Déco stellt und<br />
eine Fahrkarte erwirbt für den Triebwagen über den<br />
Isthmus und weiter. Und wie auch der Fahrpreis von<br />
EUR 3,50 für immerhin 2½ Stunden Fahrt als ein<br />
Überbleibsel aus vergangenen Zeiten erscheint.<br />
Ist ja fast nur noch außerirdisch zu nennen und<br />
wie nach einem zyklotronischen Sturm, daß die<br />
Menschen, wo sie gehen und stehen, mit dieser<br />
Art Geranien-in-Gurkeneimern-Mentalität<br />
beständig ihren Müll auf Deponien abladen und<br />
ihn unterschaufeln mit ein bißchen Dreck, sinniere<br />
ich auf der Fahrt nach Korinth in mein Notizbuch<br />
hinein. Des weiteren über die flackernden Flammen<br />
und die metallisch grauen Pipelines vom der Stadt<br />
vorgelagerten Ölhafen zu den Raffinerien, die man<br />
passiert. Dieser Schnitt, den man macht beim<br />
Halten in Elefsis. Eingeklemmt neben einem älteren<br />
Jeansjackenträger mit nikotingelben Fingern und<br />
Bart. „Der kann ja schließlich sitzen, wo er will“,<br />
diskutieren wir später gemeinsam den schnippischen<br />
Rassismus zweier nachblondierter, älterer<br />
Griechinnen, die einem Afrikaner hinterfotzig<br />
den offensichtlich freien Sitzplatz neben sich<br />
verweigerten. Während wir aus dem Zugfenster<br />
hinausschauen auf das leicht bewegte Wasser des<br />
Saronischen Golfs, das unter uns vorüberzieht<br />
und das sauber ist und sehr blau und in das in<br />
diesem Augenblick eine Halde zerbrochener roter<br />
Dachschindeln hineinlappt – das deklassierte<br />
Wegwerfland um den Isthmus, durch den dieser<br />
weltbekannte Schnitt geht.<br />
Außerhalb Korinths gibt‘s dann einen nagelneuen<br />
Busbahnhof, der wie eine Raumstation aussieht…<br />
Welcome to the Untergegangene Reiche! Enjoy a<br />
weekend on the Peloponnes with our fine selection of<br />
lion branded castles – all venetian!, meint man ein<br />
Schild an der Auffahrt zur Autobahn zu sehen.<br />
Die schwere Süße der Landschaft, die man sich für<br />
einen trunkenen, goldbraunen Sommer erwartet<br />
mit einem Geruch nach Zedernadelteppichen und<br />
Teer. Doch vorderhand sind‘s blattlose knotige<br />
Weinstöcke in den Hängen und die Weine der<br />
Weinbauern, die in Plastikflaschen neben der Straße<br />
verkauft werden. Neben mir in den Sitzpolstern<br />
des Busses einer der Brüder von Roma Ohneland<br />
mit einem juckenden Ausschlag, der ihn stört,<br />
dies ständige Rascheln seiner knitternden Papier-<br />
Trainingsjacke, wenn er sich mit den Fingern untern<br />
Kragen fährt. Kleiner Roma-Bruder, der zum Clan<br />
derer mit dem Ford Transit gehört, von dem eine<br />
Wäscheleine gespannt ist zu einem der Strommasten<br />
am Rand des Hafenerweiterungsgebietes von<br />
Nafplio später. Auch Nafplio eine der Archeological<br />
Sites, die auf europaweit braunen Hinweisschildern<br />
angekündigt oder wie auf meiner Touristenkarte<br />
mit drei Punkten vermerkt werden, die wie die<br />
Punkte auf der Armbinde eines Blinden sind.<br />
Und auf der auch die kleinen Bahnhöfe mit den<br />
hölzernen Bahnsteigsüberdachungen längs der<br />
Strecke verzeichnet sind, die ein bißchen wie aus<br />
alten Wildwestfilmen aussehen oder wo sie sonst<br />
ihren Ort haben und aus welcher Halluzination von<br />
welchem austrocknenden Nemea sie auch immer<br />
aufscheinen mögen.<br />
Hier in Nafplio, unterm rechten Ärmchen<br />
des Peloponnes, fern von Athen, wird uns der<br />
Glöckner drei Urlaubstage einläuten in der<br />
Mittagssonne vorm Kafeneion, drei glattrasierte<br />
Sonnenbrillenträger in Ski-Anoraks an den Tischen<br />
nebenan: „Das Privatfernsehen ist schuld“, lästert
monomastering athens. d. holland-moritz<br />
aus dem trendmarsch-zyklus<br />
Karla und nippt an ihrem Milchkaffee. „Es macht<br />
die Leute immer dümmer.“ Von weiter hinten<br />
plötzlich das Ratschen eines Klettverschlusses – ein<br />
Müllmann, der unbeteiligt auf der Plateia um in<br />
Stein gehauene, mit frischem Lorbeer bekränzte<br />
Freiheitskämpfer herumgefegt hat und der jetzt<br />
unbeholfen in seinem orangenen Overall nach<br />
Zigaretten fingert. Ein Pope schlurft vorbei…<br />
Choose one of three big castles! Dieses eine birgt eine<br />
moderne Hotelanlage, zu der ein Aufzug durch<br />
den Fels hinaufführt und die Drehort hätte sein<br />
können für einen James Bond-Film der 70er Jahre.<br />
Und sie bietet besten Ausblick auf die Feste Bourtsi<br />
draußen im Golf, zu der ein Besichtigungsboot<br />
hinauskurvt in jedem Augenblick an diesem blauen<br />
Kodak-Farbwelt-Wintertag mit bereits einigen<br />
Schwimmern unten in der Bucht. Verknoten also<br />
auch wir unsere Pullover über den schwitzenden<br />
Hüften und beginnen, uns diesen famosen<br />
Kakteenwald zu erlaufen und den Friedhof am<br />
Fuße des jenseitigen Hügels und seine zyklopischen<br />
Mauern. Und erschauern über dem, was wir auf<br />
ihnen hingesprüht finden – mehrere gekreuzte<br />
schwarze Sonnen, Menetekel der neo-faschistischen<br />
‚Goldenen Morgendämmerung‘, die wir am Abend<br />
im Licht einer untergehenden, roteren Sonne als<br />
möglichen Beginn eines erneuten Weltenbrandes<br />
interpretieren, als rußige Signaturen einer Zukunft,<br />
die nur voll brutaler Irrtümer, böser Absichten und<br />
nur Alchimie sein kann und die schon jetzt recht<br />
eigentlich keine mehr ist.<br />
Pefki, 25.01.2<strong>00</strong>5: Möwen schaukeln in der Luft<br />
und werden von Böen weggeweht. Zu besichtigen<br />
auf einer langen Regenfahrt mit der neuen,<br />
hypermodernen Trambahn-Linie von der Station<br />
Faliro nahe Pireas die stürmische Küste entlang.<br />
„But you don‘t need a weatherman to know which<br />
way the wind blows…“ (Bob Dylan, Subterranean<br />
Homesick Blues) Die gehen mir eh zu schnell ab, die<br />
mit ihrem schnellen Abgang. Die Momente. Kommt<br />
drauf an, was der Zeitwind dazu sagt, möchte man<br />
ergänzen, während man all das Konvulsivische<br />
wechselnder Anspannung und Losgelöstheit<br />
erduldet, das man auf Reisen empfinden kann.<br />
Palmen, die sich vor dem von unsichtbaren<br />
Turbulenzen durchzogenen Grau des Himmels im<br />
Wind beugen.<br />
Der Ausblick auf die ‚brasilianische Favela‘, die<br />
dort hinten einen Hügel hinaufkriecht, eines der<br />
Fremdenviertel Athens.<br />
Die unzufriedenen Gesichter junger Mädchen mit<br />
vom Regen verlaufenen Lidschatten und ihren<br />
Boutiquen-Tragetaschen auf den Bahnsteigen.<br />
Einige ausgeblichene griechische Fahnen, die<br />
entlang der neuen olympischen Einrichtungen und<br />
vor den alten Grand Hotels im Wind flappen.<br />
Yachthäfen.<br />
Ich stehe kurz vor einer nötigen Gelassenheit<br />
gegenüber dieser Stadt, die beinahe ausgereicht<br />
hätte, über das bloß Dokumentarische hinaus auch<br />
Fiktionales zuzulassen. Im Wettstreit mit dem<br />
‚Athens MONO MASTERING‘. Und zum Beispiel<br />
mit dem, was man anderes stattfinden lassen<br />
könnte in der Szenerie des unter Denkmalschutz<br />
stehenden alten Olympic Airports, den wir<br />
passieren. Die wollen hier ein Congress- und<br />
Veranstaltungszentrum einrichten. Und unter der<br />
Erkenntnis, daß das griechische Wort πολεµος für<br />
‚Krieg‘ abgeleitet ist von dem, was einsetzt, wenn<br />
die Argumente nicht mehr ziehen, und was man<br />
gleichsam polemisch verwenden könnte – in diesen<br />
von der globalen Bewußtseinsindustrie im Zuge<br />
des Monomastering ausgelösten ikonoklastischen<br />
Kämpfen um die Stadt… Nur wenig, daß ich mich<br />
wundere über die internationalen, planetarchischen<br />
Fronten entlang auch dieser Küstenlinie, immer mal<br />
wieder Ausschau haltend nach einem geöffneten<br />
Strandcafé. Und wobei bereits ein auf den Knien<br />
entfalteter Stadtplan imstande ist, örtliche<br />
Erinnerungsstreiflichter auf das Format eines<br />
Kurzspielfilms einzupendeln: die tote Taube im
monomastering athens. d. holland-moritz<br />
aus dem trendmarsch-zyklus<br />
Rinnstein der Panagi Tsantalis, die in Gruppen auf<br />
dem Fleischmarkt herumlungernden Polizistenkerle<br />
in ihren schwarzen Lederjacken, die Cola-Dosen-<br />
Mofa-Auspuff-Konstruktion von einem, der seine<br />
Hosen mit einer Kordel zusammengebunden<br />
trägt, der Mafiatyp mit dem gebrochenen Finger<br />
in dem anonymen Kellerrestaurant Ecke Odos<br />
Theatrou und der junge Schläger, der ihn begleitet<br />
– all jene Momente, über die man sofort schreien<br />
könnte: Ah Lokalkolorit! Zu welchem auch der<br />
bedächtige Zwerg mit den vier Sprotten auf dem<br />
Teller am Katzentisch nämlichen Gewölbes zählen<br />
würde, ebenso wie der Beamte mit dem modisch<br />
geschnittenen Anzug und der Goldmünze am<br />
goldenen Kettchen, der hier ausgiebigst sein zum<br />
Mittagstisch ausgeführtes Vorzimmerverhältnis<br />
betrillert. Sie kennen diesen besonderen<br />
Halstuchchic von Frauen um die vierzig, den<br />
man von Armani kaufen kann… Fragmente, die<br />
sich unter den Bedingungen einer Wirklichkeit,<br />
die, würde sie noch weiter beschleunigen, sich<br />
unweigerlich selbst überholen müßte, automatisch<br />
zu einer Art Alltagsgroteske zusammenstoppeln, in<br />
deren Nähe ich mich mittlerweile wiederfinde.<br />
Kifissia, 26.01.2<strong>00</strong>5: Licht-Palazzi, barocke<br />
Möbelgeschäfte, eine Galerie bildender Kunst mit<br />
blassen Aquarellen, der von hellen Scheinwerfern<br />
durchstrahlte Park mit den schattenhaften Umrissen<br />
besenhafter Palmen und mit weißen Kieswegen, die<br />
einstigen Residenzen von vermögenden Athenern<br />
oben am sommers kühleren Berg, ein später<br />
Blumenladen an der Ecke der Plateia Platanou, wo<br />
auch McDonalds sich breit gemacht hat, und die<br />
Haltestelle der Linie E 92 zum neuen Flughafen.<br />
Auf der Fahrt dorthin ein kurzes Stück über eine<br />
mautpflichtige Autobahn.<br />
Links im Dunkel eine Lichterschnur, die sich<br />
hügelaufwärts windet. Ein bleicher Vollmond hängt<br />
tief in seiner Senke…<br />
Verwendete Literatur<br />
• Allen Ginsberg, Selected Poems 1947-1995, New<br />
York: Harper Collins 1996<br />
• Elfriede Jelinek, Wolken.Heim., Stuttgart: Reclam<br />
2<strong>00</strong>0.<br />
• Henry Miller, Der Koloß von Maroussi, Reinbek<br />
bei Hamburg: Rowohlt 1965<br />
• Practical Photography 05/2<strong>00</strong>4
elgrad (summer) sophie reyer<br />
die nase ist<br />
ein<br />
loch<br />
oder aber: panzer fügen sich harmonisch ein in<br />
grünflächen/ gras das im wind rieselt (tarnfarben)<br />
stecken kinder ihre köpfe in kanonenrohre =<br />
mülleimer<br />
für<br />
zigarettenpackungen/plastik/papierfetzchen (sagen<br />
wir: aufgerissene vanilleeis=umhüllungen) schreit<br />
eins: „ab die krische“ los geht die fahrt des gefährts<br />
a la münchhausen brausen/ eingestürzts gebäude/<br />
steinmauerbrocken/ und das gesicht aus terracotte<br />
(lochkopf)<br />
hat<br />
kein riechorgan nur eine mulde zwischen den<br />
augen/ gähnendes nasenloch in<br />
durchgekneteter ausfransung rötlichen (rötzlichen)<br />
brauns geht dem der duft flöten<br />
(augenlos)<br />
oder aber: und bei tisch die fettäugige suppe<br />
schlürfen/ hühnerfleischbröckchen kleben sich<br />
zwischen die zähne/ lassen sich nicht rauskletzeln<br />
und dabei: und reden und lächeln und<br />
schwimmen kügelchen auf der flüssigkeitsoberfläche<br />
sagen wir: eiterpfropfen/ gemelktes fett in<br />
kanonenkugelform/ in bläschen und den<br />
löffel an die lippen<br />
führn<br />
i‘m the intellectual cyberpunk ausgefransten<br />
blondhaars sagen wir alabaster/ a la baskenmütze/<br />
flachschuh sagen wir: a la ringelstrümpf und<br />
schlucken in großen<br />
sprüngen weil sich nichts<br />
kauen<br />
lässt & so= weiter<br />
und: am straßentand der bettler: sonnenbrille<br />
und stoppelhaar/ hält sein instrument in den<br />
händen/ spielt damit radioklänge/ rosa rauschen/<br />
radioklänge/<br />
und der hut ist<br />
ein<br />
fettpfropfen nach innen ist<br />
ein loch das<br />
kleingeld in sich aufschluckt in sich reingestülpt<br />
die mulde/ kerbe/ offen<br />
klaffende mundhöhle<br />
zerbombter nasen=/ rachenraum<br />
aufgespreizt
elgrad (summer) sophie reyer<br />
und ich führ sagen wir: impf mir die fettkügelchen<br />
ein die da so auf der<br />
oberflächenspannung der<br />
suppe reiten<br />
sagen wir: in den schlund kippen dass es die<br />
speiseröhre<br />
runtergluckert<br />
meine klaffwunde verdauungsorgan/ aufsaugend<br />
pulsierendes schwämmchen & pulverisierend<br />
= fressloch<br />
einatmender hohlraum in dens<br />
i‘m the little iroquese fairy- poet westweltliches<br />
arschhirn: thinkhirn oder auch tank (thanks)<br />
sickert&gluckert und<br />
mein hirn ist ein loch ist ein rohr aus eisen schraub<br />
ich den kopf ab/ leg ihn dösen zwischen<br />
zigarettenstummeln/ menschenfratzen/ plauderton<br />
und plastik:<br />
vielen dank i have everything<br />
hybride nichtfrau:<br />
to choose my own sex and i‘ll choose childhood: sagen<br />
wir mal ich mir meine ganz persönliche<br />
mangapartx: riesenpupillen= schwarze löcher in die<br />
ich so langsam<br />
reinsicker und<br />
baby- girl fantasy- creation ist nix für ringelstrumpf-<br />
gebärmütter und<br />
klitorisschwänzchen wie mich drum<br />
reib ich mich an träumen ab: einschanzen/ stülp mir<br />
eine mulde über:<br />
nasenblase zerschossene innenwunde<br />
aber: und das haus eine in sich eingefallene<br />
hirnhöhle: zerfetzte nase<br />
von der nur eine<br />
wölbung nach innen<br />
übrig bleibt<br />
etwa: totenschädel= hohl=<br />
schale und<br />
panzer fügen sich<br />
harmonisch in die<br />
landschaft ein= etwas anders gesprenkelte<br />
grünflächen vielen dank ich bin das verwöhnte<br />
boygirl die androgyne augenweide die hungert weil sie<br />
nie gehungert hat ich kotz die fettkügelchen<br />
aus: kapitalismusgöre to choose my own sex and i will<br />
choose my<br />
childhood und plumps mich rein in<br />
eine kerbe/ nest/ ist der sommer schon wieder to be<br />
unable to<br />
cry
0<br />
self-feeder stefan schweiger<br />
they‘re striving for a distance, continuously. und<br />
lösen durch ihre bloße anwesenheit doch so viel<br />
hoffnung in uns aus, daß wir gar nicht mehr daran<br />
denken, einen der nächsten atemzüge zu verweigern.<br />
frei nach dem barbarisch-dumpfen motto „viel ist<br />
mehr.“ nach einem motto, bei dem das wiederholte<br />
aufeinanderschlagen der zähne den grad der lebens-<br />
und einsatzbereitschaft signalisiert. für geistig<br />
brot tun wir fast alles. nehmen selbst den preis der<br />
paranoia in kauf.<br />
und formlose formen. die umsetzung des drucks.<br />
nicht nur reduktionistisch. sondern auf das gespräch<br />
im gespräch hin.<br />
schön gemütlich auch. der roman als ende der<br />
literatur. das erzählen als pervertierung des zu<br />
erzählenden. als systematische verweigerung<br />
jeglichen lernprozesses. line for line. holding the<br />
line.<br />
die selbstansprüche dabei strikt funktional<br />
ausgerichtet: wir verstehen uns.<br />
den ganzen rest stecken wir in brand: no obstacles.<br />
den schlauch dann nach vorn halten, löschen,<br />
damit‘s nicht wieder aufflammt, beim nächsten<br />
starken luftzug.<br />
und anschließend planieren, damit wir uns alle<br />
flachlegen können, flach auf den asphaltierten<br />
grund, auf ein himmelbett, das uns nicht mehr<br />
zurückbringen wird.<br />
nur fetzen kehren zurück, das, was nach dem<br />
nächsten rush von uns, von unserem körper übrig<br />
bleibt:<br />
tempi passati, einzelne glieder einer nicht mehr<br />
beherrschbaren welt, die unser zentrum und deren<br />
zentrum wir waren.<br />
von der aus wir erfolgreich operierten, so erfolgreich,<br />
daß man uns feierte, uns feierte als geniale<br />
erzähler, die den fortschritt, das fortschreiten in<br />
klassischen sowie modernen formen wieder und<br />
wieder erzählten, die krankenhäuser, ausstellungen,<br />
maschinen hinerzählten, als seien es einfache<br />
entwürfe, mit beiden händen herstellbare gerichte<br />
zum allgemeinen verbrauch.<br />
wir stellen nichts mehr her. verzehren die<br />
verbliebenen strünke, werden zur wartezeit. sind<br />
verschluß.<br />
vielleicht zu einem der fenster geworden, eines der<br />
fenster, nach denen wir die hände ausstreckten, die<br />
wir um‘s verrecken erreichen wollten, uns dabei zum<br />
lächerlichen gesamtkunstwerk verwachsend.<br />
zu einer art manischem gnom, der immerzu<br />
weiterleben will. unbedingt weiter durch eine<br />
jeweilige gegenwart geschleift werden möchte.<br />
es genießt, von der präsenz anderer verdaut zu<br />
werden.<br />
ihre schnittstelle von objekt und subjekt zu sein.<br />
fokus des begehrens.<br />
mit einer apologie der gier im anhang.<br />
den sprachspielen, die ihre paradoxa im einen<br />
einführen und im anderen wieder auflösen.<br />
automaten, schwarze, gefiederte fleischklumpen,<br />
in kahlen bäumen sitzend, bis einer von ihnen<br />
sämtliche federn spreizt, bis er abhebt vom gestänge<br />
und ihn jeder der anderen imitiert.<br />
luftnummern, spiele.<br />
bei denen ein automat den anderen mitreißt.<br />
in den abgrund, in‘s offene feld.<br />
auf dem die äste sich in‘s blaue über ihnen spreizen.<br />
in ein blau, das sich vom zweidimensionalen raum<br />
nicht mehr unterscheiden läßt. farblicher widerhall,<br />
antwort einer stimme, einer stimmung auf sich<br />
selbst.<br />
mehr kann ein dialog auch nicht sein. feuer in<br />
einem fenster, das sich nicht öffnet, schwarz wie die<br />
nacht. zeitlos. entzeitlicht. aufgelöst.<br />
fließend, im kopf. schief gebettet auf einen großen<br />
stein.
self-feeder stefan schweiger<br />
eine entleerte zukunft vor sich, ohne fremdes fleisch<br />
in den ecken, ohne nahrungsquelle aber auch.<br />
eine isolierkammer, innerhalb derer wir jegliche<br />
orientierung verloren haben werden. in der wir krieg<br />
spielen, ohne den gegner sehen zu können.<br />
nach lebendem suchend, ohne dergleichen zu<br />
finden.<br />
futterautomaten anbettelnd, in der ungewißheit,<br />
ob sie unser weiterexistieren unterstützen werden,<br />
uns etwas zuschieben, wenn der letzte vorrat<br />
ausgegangen ist.<br />
automaten, denen gleich zu werden wir<br />
uns bemühen, contra voluntatem, wie ich<br />
paradoxerweise sagen muß, wenn ich mir das so<br />
ansehe. wir wollen ja eigentlich nichts produzieren,<br />
auch nichts aus uns selbst heraus. und mit den<br />
automaten stehen wir selbst weder auf kriegsfuß<br />
noch sind wir ihnen zugeneigt.<br />
doch sie sind unvermeidbar. eine zumutung, die uns<br />
mit in die wiege gelegt wurde, ein schatten, der uns<br />
überall hin begleitet.<br />
und von dem wir, also unsere erinnerung, ganz<br />
offensichtlich abhängig sind. der automat, das<br />
automatische bestimmt den nächsten schritt. den<br />
weg in‘s unendliche, von a eins zu a zwei zu a<br />
drei usw., den weg zu einem punkt b, den wir nie<br />
erreichen, da wir die unendlichkeit raumzeitlich<br />
mit uns herumschleppen, jeden punkt auf unserem<br />
weg erst berühren müssen, bevor wir postulieren<br />
können, daß wir angekommen sind.<br />
oder wir machen es gerne umgekehrt: wir<br />
postulieren, wir seien angekommen, längst<br />
angekommen, und sind dann vollkommen<br />
unfähig, den ankunftspunkt so zu formulieren,<br />
daß wir selbst und andere noch glauben würden,<br />
daß wir tatsächlich angekommen seien. wir sind<br />
nicht angekommen, bleiben verstrickt in unseren<br />
handlungen.<br />
im falschen, wie wir gerne sagen.<br />
als ob wir eine wahl hätten. als ob wir aus dem<br />
automaten heraustreten könnten, der wir sind.<br />
längst angekommen, stillgestellt.<br />
unteilbar nur im abstrakten, theosophischen<br />
postulat.<br />
realiter teilbar, so viel der kontext will.<br />
endlos, da nicht definierbar. ein universum des<br />
fraktalen.<br />
und pressen uns ein tuch vor den mund.<br />
werden zum unaussprechlichen. zur<br />
durchstreichung. zum unfreien.<br />
der beginnt, die wörter verkehrt herum zu sprechen,<br />
nach innen.<br />
wie die vögel, die sich über das überleben<br />
unterhalten. mit wasser und wörtern, die sie denken,<br />
so lange denken, bis die wörter die vögel denken. bis<br />
die wörter vögel geworden sind.<br />
mit winzigen chips in ihren augen.<br />
und abheben, raus auf die see. rein in den<br />
konturlosen himmel, in‘s ausdruckslose blau. von<br />
wegen genius loci. nichts dergleichen. vielmehr reine<br />
leere. in die das ganze gewürm hineinbrüllt. namen<br />
hineinschreit, welche ihre genitalien bezeichnen,<br />
auf verunzierende weise zum teil, menschen, die<br />
schon ganz glücklich in der völligen haltlosigkeit<br />
angekommen sind. brüllende und kreischende<br />
wesen, so lange die stimmbänder halten, danach<br />
wimmernd. durchgängig jedoch feuer legend<br />
an das, was sich ihnen in den weg stellt. ein<br />
temperamentvolles geschlecht, das in der nacht<br />
gesellig wird. weise affen und äffchen, die ihre<br />
bändiger verloren. und die unglaublich imponierend<br />
die stirn in falten legen können, ein wahres volk<br />
von stirnrunzlern. gravitätisch und sorgenvoll.<br />
ewig wahrheitssuchend vermutlich in ihren falten.<br />
in denen sich schöne zahlen verbergen. hin und<br />
her laufend in den vielfältigsten linien. diving into<br />
it. fleeing into it. into an abstract refuge. sich in<br />
ein scherbengericht flüchtend. eine zerbrochene<br />
benennung. inmitten eines perpetuierten<br />
selbstzweifels.<br />
1
2<br />
self-feeder stefan schweiger<br />
offen wie ein buch, ein ozean, in den jeder seinen<br />
müll hineinwirft und herausfischt, was dieser aus<br />
jenem macht.<br />
gesichter, widerschein des eigenen gesichts.<br />
und dann: endlich stillgestellt. relieving the tension.<br />
life in light. short term memory loss by low blood<br />
pressure. wir sind locker geworden, kosten die freie<br />
zeit aus. rhythm of relief.<br />
und knüpfen erneut an‘s steinerne an. ohne<br />
rhythmus im engeren sinn. hope we‘ll stay.<br />
rhythmus des bleibens. im ungewissen,<br />
ungesicherten, wo uns niemand auf die schultern<br />
klopft, niemand sagt, es könne so weitergehen, es<br />
werde ein netz geben, einen hörer, jemanden, der<br />
hört.<br />
nein, es gibt vielmehr die gewißheit, daß es<br />
überhaupt niemanden geben wird, daß keiner hört.<br />
wozu auch. hören wäre eine extravagante, ephemere<br />
geste. schaumschlägerei gar, würde sie nach vorn<br />
gebracht. hören: nein, wir schütteln den kopf. es<br />
war eine hybris, daran zu denken. dummes zeug.<br />
vergessen wir‘s.<br />
reinigen wir die bassins und wenden uns ares zu.<br />
dem betrogenen betrüger, der seine geliebten zu<br />
asche verarbeitet. ungeachtet der für menschen<br />
relevanten unterschiede.<br />
ungeachtet der frage, um welchen stellvertreterkrieg<br />
es sich jeweils gerade handelt. welcher opernsänger<br />
gegen welchen opernsänger streitet. welche gorgone<br />
gegen welches andere haupt. welcher taumelnde<br />
sklave gegen welchen betrunkenen, geblendeten<br />
anderen sklaven. welche gier gegen welche gier.<br />
gehören wir doch alle schön zusammen. die<br />
apollinischen kommentare selbstverständlich<br />
inbegriffen. die träume der lehrenden. die träume<br />
der argiver und ihrer jeweiligen feinde. ihrer<br />
stöhnenden und winselnden spielbälle. der erynnien,<br />
die sie selbst abwechselnd heraufbeschwören und<br />
dann wieder zu besänftigen suchen. tempelschänder,<br />
welche jeweils einen gott suchen, der ihr tun<br />
entschuldigt.<br />
häufig glückspilze wie die amis, das heroische volk<br />
aus wahren steiermärkern und steiermärkerinnen.<br />
aus kräftigen rücken und breiten hüften, ein<br />
bißchen größer nur als unsere orientalischen<br />
freunde. ein bißchen größer als der rest der welt.<br />
ein bißchen mehr der nabel der welt, für den wir<br />
uns ja insgeheim auch ein bißchen halten, im kern<br />
doch, ja, ein kleines bißchen schon, machen andere<br />
doch tatsächlich noch mehr falsch als wir. stehen<br />
dem spiegel noch ratloser gegenüber. und wissen<br />
nicht, wen sie noch pflegen sollen. ratlose ratlosen<br />
gegenüber.<br />
mit falschen prognosen im richtigen ansatz.<br />
überzeugt, nur noch wenig oder nichts<br />
mehr ausrichten zu können. auch eine art<br />
verfolgungswahn.<br />
leise musik von ferne im hintergrund. frauengesang.<br />
wir die zeiten durcheinander werfend. an den resten<br />
unserer intelligenz zweifelnd. an der existenz der<br />
reste unserer paläste.<br />
nur noch charos vor augen. seinen nicht<br />
erkennbaren blick. das schwarze loch vor uns. la<br />
déchirure absolue. die abstände von stunde zu<br />
stunde nicht mehr benennbar.<br />
eine flüssigkeit rinnt die innenwände hinab. ein<br />
unablässiger strom, dem meine zeitvorstellung nicht<br />
mehr zu folgen vermag. stillstand oder rasen der<br />
bilderabfolge, ich weiß es nicht zu sagen. kurz- und<br />
langzeitgedächtnis konfundieren. eine geschichte,<br />
unsere geschichte.<br />
leicht wie papier. wie unsere namen. unsere seiten.<br />
unsere gebete. unsere allmählichen entkernungen.<br />
das, was uns fehlt.<br />
und aufgespart, aufgespart sind wir nicht, es sei<br />
denn für den schluß, den letzten gedanken. wenn<br />
die stimme ganz stimmlos geworden ist. das buch<br />
endet, eine lücke läßt: der offene raum für den rest<br />
der zeit in der wahrnehmung einer anderen hälfte,<br />
einer anderen seite, die weiterlebt – aber nur für
self-feeder stefan schweiger<br />
einen moment, den der gedanke daran dauert.<br />
danach ist es zu spät. danach gibt es nur noch<br />
überlebendes, das überlebtes ist. überlebtes, fern<br />
oder nah der sichel, einerlei. doch die erinnerung<br />
bleibt schön.<br />
die erinnerung, die wir uns wünschen. die wir uns<br />
wünschen werden.<br />
die wir rufen, und die wiederum andere<br />
erinnerungen hervorruft, die wir vermeiden,<br />
vermeiden wollen.<br />
erinnerungen, die unsere stimme laufend neu<br />
erschafft. da sie die eine erinnerung wiederhaben<br />
will.<br />
und doch kaum ihre spur halten kann, wenn sie<br />
aufzieht.<br />
vielmehr einen graben zu beschreiben beginnt, einen<br />
graben zwischen ihr und der endlich aufziehenden<br />
erinnerung, einen graben, der sich permanent<br />
erweitert, bis die entfernung zur erinnerung zu groß<br />
wird, um sie noch zu erkennen.<br />
jede verzweifelt arrangierte affirmation umsonst.<br />
en vain. obwohl die einzelnen bilder doch<br />
unauslöschlich sind. aber unser synkretismus<br />
ist zu schwächlich, zu schwach. verliert sich in<br />
andeutungen, die sich selbst wiederum rasch<br />
verlieren.<br />
„nur geduld“ sagen wir uns dann; eine schlechte,<br />
schlecht schmeckende lüge.<br />
eine fülle. die eine leere reise ist. eine abwechslung<br />
der formen:<br />
schmetterling und wurm. verschmähte,<br />
halbverschmähte, verschmähende.<br />
nur die augen bleiben konstant blutunterlaufen. das<br />
bindegewebe konstant zu starken kräften ausgesetzt.<br />
nach der eröffnung nur noch grau gefärbt. die<br />
musica reanimata passé – stille avantgarden; amidst<br />
public domain.<br />
aufgeschrieben, versunken.<br />
genossen im gepflegten. schlechte träume rasch<br />
verdrängt: immer schön klein beigeben. jede figur<br />
krank im maximalmaß. nothing else to relieve.<br />
nothing else to shoot.<br />
lassen die übertragungen mehr zu, um erfolgreicher<br />
zu sein.<br />
und erfolg macht ja auch só sexy. der teddybär wird<br />
gern beschmust.<br />
und die schmusenden tragen ihre fallen bereitwillig<br />
vor sich her. koste es, was es wolle. hauptsache<br />
autark, hauptsache gefühlsecht handlungssicher.<br />
da müssen wir den anderen erst gar nicht mehr<br />
abklopfen. haben ihn schon im vorfeld abgeschafft.<br />
mittels unserer geradezu gewalttätig hohen stirn.<br />
chuzpe am rand.<br />
und schnell wieder vergessen. studieren allesamt der<br />
wahrnehmung hinterher. glauben schon wahnhaft,<br />
wir müssten sie hinterfragen, das zustandekommen<br />
jeder einzelnen erklären. als ob dann eine art<br />
geist skizzenhaft hervorkäme. ein vorstellbares,<br />
zeichenbares system. etwas ausgedehntes, das<br />
uns über das versprengte belehren könnte. hohle<br />
affirmation. so flink und schnell wir auch denken,<br />
so synkretistisch und synthetisch wir auch immer<br />
verfahren wollen.<br />
verbrannte erde. von der aus der blick der<br />
einäugigen und blinden uns von ort zu ort scheucht.<br />
von plateau zu plateau.<br />
und verlieren dabei jeweils die böden unter den<br />
füßen. mille concerts, mille exclusions.<br />
und werden mittlerweile nur noch gelegentlich<br />
aggressiv, toben dann eher implodierend hinter den<br />
hasenställen, hinter den käfigen. was daran, wie<br />
wir behandelt werden, freilich nicht viel ändert.<br />
ausgeschlossen, eingeschlossen. eingeschlossen,<br />
ausgeschlossen. hasenwelt:<br />
identität, widerspruch, ausgeschlossenes drittes<br />
und zureichender grund als der mist, auf dem wir<br />
uns herumdrehen, über den wir hoppeln. groteskes<br />
system, von dem wir glauben, es wäre eins. richtige<br />
universalpragmatiker. domestizierer unserer<br />
ausbruchsversuche, domestiken.
self-feeder stefan schweiger<br />
den kopf voller wald, die köpfe vollgestopft mit<br />
bildern. vivat machina.<br />
heim zu muttern, heim zur grafik, heim zum chip.<br />
heim zum mühlrad, das wir staunend in augen<br />
halten: bebilderung der bilder. kompilierung der<br />
grafikschemen im kopf (was auch immer das ist).<br />
pflücken der blumen am waldrand, das surren der<br />
maschinen im hintergrund: leise irr.<br />
mit verschnittenen bildern auf der haut, im gesicht.<br />
fröhlich anpackend jeweils zu beginn, und rasch<br />
eines besseren belehrt. rasch belehrt, daß es umsonst<br />
war: doch der moment glücklich, zufrieden.<br />
ich freue mich auf den nächsten anfang, auf den<br />
neuen beginn, der in winzigen augenblicken veraltet<br />
sein wird. ein wundervolles konzept. ein lied aus<br />
einem takt, ständig neu begonnen. eine fackel, die<br />
doch keine spuren hinterläßt:<br />
das beste ist die arbeit.<br />
das beste ist, müde zu sein. herauszufallen aus<br />
der aufgabe. herauszufallen aus der erwartung.<br />
hineizufallen in den befehl zu sinken. in den befehl,<br />
nichts mehr zu kosten im schlaraffenland. sich auf<br />
nichts mehr einzulassen. kein brot mehr zu brechen:<br />
fröhlich irr.
somasucker: alone in the room markus berger<br />
0.<br />
= = In Morpheus’ Schlingen: R schreitet \<br />
& schreitet & schreitet & schreit... = =<br />
1.<br />
Träume sind Exkremente<br />
Novalis<br />
Dunkel schillernde grüne Stille. Louminös<br />
verwegene Scharten; ein brüskes Krachen stülpt<br />
meinen heut so juvenilen Verstand gen Norden<br />
– gen Norden, \ & ein Bäumchen quiekt zerfrorn.<br />
*-*-* Molekül für Molekül springt mir vom<br />
Corpus. Immer schneller. Ich schaue gequält und<br />
verzweifelt an mir hinunter und beobachte meinen<br />
eigenen Verfall. *-*-*<br />
OOOOOOOOOOOOOO:<br />
Vita contemplativa. Zauberberg. Regen träufelt,<br />
klimpert orchestral ./. mein Gemüt.<br />
Rainbow exploration. / Wie außerdeutsch der wohl<br />
erlebt wird? ~ ~ ~ ~ ~ +<br />
(------ (Multilinguagrabbel@trip.brain)<br />
:<br />
regenboog --- reënboog --- regnbåge ---<br />
regnbue --- alâimisema --- arcus --- arc-en-ciel ---<br />
arco iris --- arcobaleno --- _____ --- niji ... etc. pp. \<br />
aaaaaa:ja!!))<br />
+ ~ ~ ~ ~ ~<br />
Moos verfängt sich blamabel in Richtung<br />
Zivilisation. / Gilbes Werk unterschuht.<br />
---- Ch schleifn maurigen Tunnel im Schlepptau.<br />
| Staketenkrippe (Raststätte für Wilde!) = luzid:<br />
schasst mich | „Kalfaktor!“ | vom Tafeltableau. \<br />
Tänzelnder Farn umschlingt meinen Senkel.<br />
Geringelt rote Angst hakelt sich einen<br />
Vorsprung hinab. / Ein Blick in die Tiefe erlaubt<br />
Höheres. (Holladrihooo, Kuckuckswürger!)<br />
Pflück ne verpimpelt rote Beere von<br />
rasiertem Buschbein; (dear customer!!) streife<br />
nolens volens das ästliche Dädalusmonstrum<br />
und bleibe mitm Daumen unglücklich hängen --<br />
- der abgerissne Nietnagel schmerzt. | Zünde eine<br />
Glimmstange an & untersuche nen verwitweten<br />
Tanner. \ Da vernehm ich menschliches Rauschen;<br />
& bepullre, lenken müssend (um nicht den Cord zu<br />
benetzen), antwortend: \ glitzernd: dodekaphonisch<br />
prickelnd einer Böschung den smegmabetünchten<br />
Laib. Herrsche über bezwingende Kugeln. \\ 3 letzte<br />
Tröpfchen debattieren angeregt im Slip. /<br />
** Aberwitzig. Vergängliches erfahrend;<br />
metaphysisches Irren. Abgehoben. Verrinnend und<br />
verrinnend: gleich festhaltend, krallend, gebucht,<br />
verbraucht. Altruistische Wut drückt. Stellen,<br />
bellen, schlimmer meint eingeschlossen. Versteck.<br />
Soll niemals: nun Ergebnis. Metaphorisch: handelt:<br />
dich nicht! **<br />
\<br />
„Bleib einmal niemals mich!“ Fragen gleichen;<br />
Krähen passieren. Wut; dennoch: emotions.<br />
Die Dämmrung glupscht --- 96,2 --- über<br />
den Wald. & ein Hügel vermacht der Straße seinen<br />
Nachlass. | 2 Forstareale; --- ich stürme! -- gestüm<br />
gestürmt!! --- umarmen und verknoten sich im<br />
Schatten einer Brücke. | ~ ~JESUS ...~ ~| Falten die<br />
Hände hinterm Rücken. \ Selbst n übergebliebener<br />
Schwamm reckt seine Finger in die Höh; Jepp, die<br />
Protrusion: Si, Myzelien verübeln die huschende<br />
Geschäftigkeit. Jepp, 5 Reifkanten getaillt: {^-^-^-<br />
^-^!?!!!? --....} Duichduichduichduich ----------<br />
Durchbrech das Gehölz einer ehemalgen<br />
Eisenbahnstrecke; schrei--te durch Vogelkot; /<br />
somasucker: alone in the room markus berger<br />
Initiationsritus?)) singulär pauschen kuschen<br />
kruscheln; „schau nach, where ...“>><br />
Rightnow, nu concreet:<br />
m—m—mm—nnnn | m—m—mm—nnnn |<br />
m—m—mm—ooo |<br />
oo—oo—oo—mm | oo—oo—oo—nnnn | mm—<br />
oo—nn—ami / / /<br />
/ / / / ---<br />
Mon ami, der 96,2 Meilenstein: durch<br />
Trassierband vom Leben getrennt. Olivgeplastikter<br />
Draht: gehäkelt zum Zaun. \ Die drei Tropfen,<br />
längst lässig gepaart zu einem, fühlen sich frisch an,<br />
kalt. / Andere: vielleicht 1<strong>00</strong>0 Stiegen?: bereicherten<br />
das Flüsschen zu Füßen. Füllten es auf.<br />
Bodycheck: soave. Zerwürfnis.<br />
Holper erschwert das Laufen, lässt<br />
mich wanken. \ Überläufer! \ & eine spontan<br />
auftretende Refluxösophagitis verdrießt mir den<br />
Spätnachmittag.<br />
Treff ne Kuhle ---- hoffentlich keine<br />
abgründige Rothfalle; eines Trappers Vermächtnis,<br />
grüße sie freundschaftlich und steige vorsichtig<br />
hinüber: Glück gehabt!<br />
N Lächeln gleitet durch die Luft ...<br />
Traktorreifenrinnen dienen als Spatzenbad.<br />
\ Frisch geschlagnes Feuerholz jodelt schwarzQUAL.<br />
Mein resistenter Wald steht schnuppernd.<br />
Die Wiese: n leiser Flickenteppich in<br />
Grünschraffur. / Ein Wildschwein flieht vor mir<br />
(„Sehfahrer Lou!“) ---- dem Schlächter! Die Fichte<br />
senkt ihr Wiegenlied. | & ne gichtgekrümmte<br />
Pflaume machtn Diener. | Lolololol.<br />
Der Mond reitet himmlische Wellen &<br />
die milchige Sonne fährt zwischen gescheitelten<br />
Gewitterwolken allmählich nachhaus. / Nasen<br />
lugen aus Gebüschen; den Kroppzeuchs-Clavis<br />
schon probiert? Paprika-Ecken, Erdnussflippies.<br />
| Entblößte, sich schämende Herkulesstaude, die<br />
RASENde Proprietärin, spielt zum Ausgleich<br />
Medusa; überragt mich: um zwei drei Köpfe.<br />
2.<br />
[Hast du Gott gesehen] \ [Ja, dort drüben:<br />
eine Nase!]<br />
[Hilft er uns??] \ [Er läuft ...]<br />
Vergessener Mais drängt sich ouvrierend<br />
auf. ---- „Huch! Hilfe!“ ---- Dreht rasch sich um /<br />
& Erbsenschoten am Boden. Keuche und zähle die<br />
Spur. Bergan. ((„Roggpfnortze! Pludderknitte!!“))<br />
In dieser verlassenen Gegend, von Planen bedeckt,<br />
quengelt ein Baby. Nein; --- ein Quietscheentchen!<br />
Ch steck den Finger inn Mauseloch. Baller ingeniös<br />
meuchelpuffrig. Quake, knetsche durch Schlamm.<br />
Knorks, knäätsch, knäätsch!! ----- Abfälle verstreuen<br />
sich selbstverliebt. Durchziehen die Furche<br />
beschwichtigt & besänf<br />
tig<br />
end.<br />
6 weiße Dächer (in der Draufsicht) und<br />
ein Haufen zerfuselten Reisigs an holzige Gefährten<br />
geleimt: versperren die Schau aufs Ganze. Ne gelbe<br />
Geschenkschlaufe ziert sich und die Landschaft;<br />
beißt sich mit dem saffftigen Gras. \ Gleiten Hang<br />
hinunter. Verfange mich in Dorngerinn & kreuzige<br />
Taubnesselsalat. Bemühe ne Bank, ein kleines<br />
dahingezimmertes Sitzbrett, zur Relaxion meiner<br />
müden Zehen. | Hallo, peppig‘ Hassium!<br />
Geradeausigen Blicks wogt ein Rain. &<br />
ne einzelne Stute watet vergebens auf Liebstem,<br />
dem altschneidrigen Schwinnekastraten. /
somasucker: alone in the room markus berger<br />
Schnalln Gürteln Loch enger. Ergötze mich an der<br />
Erkenntnis: heut Abend Parasolomelette genießen<br />
zu dürfen. //<br />
Huldige geradewegs und weiter der Kunst, denke<br />
an Jean Paul, Friedlaender, Hoffmann, Pastior,<br />
Wieland, Lessing und Joyce.<br />
Die Nuss knackt im Innern einer<br />
abgebrochenen Sektpulle. Eine andere steckt<br />
aufrecht auf nem Stacheldrahtzaunzahn. (Im<br />
Brunnenweg ...) Popopanz: cool!! / Rotsteinchen<br />
tanzen mit grauen, tanzen mit schwarzen.<br />
\ Genieieieße die offenen Weiden meines<br />
Bewusstseins. Sauge all den Matsch auf. |<br />
... in Schieflage. Auf dem Weg der Pilger. Steil aufwärts.<br />
Es blies heftig. Volle Stimmkraft voraus. Und wieder fallen<br />
Bäume. Geteilte <strong>Perspektive</strong>. Eine Altlast weniger. Ein heißes<br />
Eisen. Gegen die Leere antrinken. Splitting liefert Zündstoff.<br />
Elefanten als Straßendiebe. Weniger denken, mehr leben! Mit<br />
Amoklauf gedroht. Jedermann ist sterblich.<br />
Haaatschi! Alles neu. Vom Spieler zum Millionär. 35 352 Euro<br />
im Schlaf. Acht Kandidaten hoffen. Lachen? Na klar! Gewalt<br />
verkleidet sich kirschrot. Grauen und Idylle. Rachsucht und<br />
Heuchelei. Hauen und Stechen im Büro. Es menschelt ...<br />
Ohne Schutz geht gar nichts.<br />
Das ist mein Lieblingsteil ... das Allegro.<br />
Collage aus: HNA, 13. Januar 2<strong>00</strong>7<br />
Zwei rotgraue Augen funkeln mich<br />
aus fossilem Bunker an: niedrig flach little<br />
furchterregend; Lucky Strike unter Quercifolia.<br />
Schnelle Flucht angetreten! Da kömmt ein Jäger<br />
samt seines giftigen Sausage Dog!<br />
Möchtegernseerosen lungern<br />
neben Säuglingsschilf. Dies Wachsfackelensemble!<br />
\\ Ein Rentier aus Lichtern schmückt eine Schaukel.<br />
Heruntergelassne Jalousien, negligiertes Negligé ---<br />
- &ch möchte das alte Jahr festhalten; den Moment;<br />
doch --------------- ((...)) gelingt es mir nicht.<br />
Geheimnisvolles Sandsteintor: mitten an der Straße.<br />
Verhüllt von Blabla. Nagelneue Ziegel inmitten alter<br />
Klinker. /<br />
........<br />
3.<br />
Fraxinusspalier induziert n epileptischen<br />
Anfall; das Gelaber der Geister aufm Friedhof<br />
geht mir aufn Sack. Mein hajj führt mich über<br />
Straßnnarben & gelochte Serpentinen im Knüll.<br />
UNBERECHTIGT ABGESTELLTE<br />
FAHRZEUGE WERDEN KOSTENPFLICHTIG<br />
ABGESCHLEPPT!!! / Die Pyramide glänzt:<br />
posthum. | Ein Kind ruft herzerweichend weinerlich<br />
MAAAMA; ----<br />
Samenkornhagel: da pigt das versaute<br />
Huhn. \ „Du Stern im Wintergarten.“ Die<br />
Christrose niest. (Gesundheit!)<br />
„Lououlououloulou ...“ ((abgerutscht: baumle überm<br />
Fall. Mindestens 7 Meter. S wieder hoch schaffen<br />
oder alle Knochen brechen | Spazierflug | ... was<br />
lieber? – Hals oder Beine??))<br />
----<br />
„He has a broad, good-natured face: --<br />
-- [I’ve came to the conclusion that your defense<br />
system sucks. Aaaaaafter aaa caaaaaareful<br />
consideraaaaation: I haaave caaaaaame to the<br />
conclusion thaaat your defense system sucks.]“ /<br />
… drawl: it’s angry, rough,<br />
comparison an attempt, dependent be condition<br />
and week and ant try sex, crack on street or water in<br />
drain may branch it foolish in fruit or tray not store<br />
not push it’s market in front some insurance not<br />
circle see tin a delicate the cotton. \ & how many<br />
times did you get unhappy after being shy to take<br />
off your clothes in a romantic moment? ---- You<br />
don’t have to spend the rest of your life exercising<br />
yourself to death. //
somasucker: alone in the room markus berger<br />
************* | *************<br />
************* / *************<br />
„Reanimiere die Peilmarke des Donnervogels!“ -----<br />
In diesem Augenblick erinner ich „Lusche***“ mich<br />
| „Absorber, Hypokrit, Gigasauger: Lou“ | meiner<br />
zonden & der Geliebten. Die da mich Armen<br />
verdächtigt ... [[sitzt bei ihr; mit offnem Schnabel<br />
& »stellet sich ungemein erschrocken an und fragt,<br />
was ihr denn Leides widerfahren sei, worauf sie ihm<br />
mit allen Umständen klaget, daß ihr ihr größtes<br />
Kapital an 12<strong>00</strong> Stück Dukaten weggenommen<br />
worden, auch hinzufügt, er und kein anderer müsse<br />
es entführet haben, derowegen möchte er es nur<br />
bekennen, weil sie ohnedem gesonnen gewesen,<br />
dieses Geld mit ihm zu verzehren.«]]<br />
„Lou!! --- Sub omni canone!!! (You will<br />
be surprised by the selection.)“ \ & das bloß:<br />
wegen eines versemmelt spontanen Hass- &<br />
Hungergefühls. „Omnivorengroove!“ \ C’est un<br />
pauvre hère. Les vieux amis et les vieux écus sont les<br />
meilleurs, ou??<br />
>>& dann: „Lous falling down“
somasucker: alone in the room markus berger<br />
Psychotherapie schlägt jut an, AS, JP und JJ (nebst<br />
anderer) tun ihr Übriges, mich intellektuell &<br />
spirituell bei der Stange zu halten. Wachliegen gibts<br />
mir nicht ...<br />
So gehts denn mittlerweile wieder recht passabel;<br />
**A-Bär**: Monetäres zwickt, so ist zum Beispiel<br />
die Krankenhausrechnung mein aktueller bringer of<br />
torture; da kein Sozialamt bereit mich aufzufangen<br />
(sowiesonich), kein Mäzenatentum (abgesehn<br />
von elterlichem, ergo: RETTENDEM!) mich<br />
oberhalb vernichtender Wassermassen der Panik<br />
schwimmen lassen mag. So paddel ich nunmehr<br />
weiter; im Alleingang -- & steter Hoffnung<br />
innerlich zu gesunden. Mit typisch Jeanpaulschem<br />
(or Schillerschem?) Schuldenberg nicht simpel. S<br />
dürften wohl wenige 1<strong>00</strong>0 sein. Ich nehms wien<br />
Leuchtstoff (welch Wahl!); family im Rückn schafft<br />
Poweröses!<br />
+ + + + TA META TA PHYSICA. /// In<br />
unsrer nervösen, trostlosen, von Angszuständen<br />
durchzognen Zeit ... wie hätte Johann Paulus<br />
geschrieben? ... „Genau so!!“ + + + +<br />
Berichte über Alberts Ehrentag erfüllen mich mit<br />
ambivalent-entzweiendem Freudleid. Für euch wars<br />
wohl immens. Ein Termin, welcher dereinst in<br />
etwaigen Neuauflagen des PLOETZ Erwähnung<br />
finden wird. So meinen die Extrovertierten von<br />
3Sat!<br />
Mit blutend‘ Cor & jetzt & in alle Ewigkeit<br />
(nicht ausschließlich in psychotroper Hinsicht)<br />
absolutement mikrolaut,<br />
euer<br />
LOU (geatmet; grenzwertig!); Ach ja: Enviadme<br />
vuestros comentarios -- if you want2 ----<br />
I please! (mehr als müde)<br />
|| ----<br />
4.<br />
Perturbation: -------- ***ICH*** apportiere<br />
unverhohlen wurmstichige Sentenzen. Eiternder<br />
Inzisiv & Arschmystifikationsembargo. Schmettre<br />
kilopotente Recallien an Erhebendes:<br />
Literaturbote, Dichtungsring, Matrix, Freitext,<br />
Das Dosierte Leben, Manuskripte, Der Literat, Die<br />
Horen, Erostepost, Suhrkamp, Insel, Steinberg,<br />
Fischer, Eichborn, 2<strong>00</strong>1, Kookbooks, Pop Verlag,<br />
Bibliothek, neue Bücher, alte Bücher, Antiquariat,<br />
alle lieben Menschen ... | Ex post \ o Unwillkür! \<br />
arid an Unerbauliches:<br />
Finanzmassacra, Drogengeilheit, Dopeträume,<br />
Alltagsfight, Familiensorge, Brot, Nagelstechen; ---<br />
- nichtvollendete Krampfattacke: :<br />
om<br />
bhur bhuva svaha<br />
tat savitur varenyam<br />
bhargo devasya dheemahi<br />
dhi yo yonah prachodayat<br />
Om Namo Rajo Jushei Sristau<br />
Sthithou Sattwa Mayayacha<br />
Tamo Mayaya Sam-harinei<br />
Vishwa RupayaVedhasei<br />
Om Brahmanyei Namaha<br />
threyambakam yajaamahe sugandhim<br />
pushtivardhanam. oorvaarukamiva bandhanaath<br />
mrityor mikshieya maamamruthaath<br />
Hey, indischer Hammerhagel ... |<br />
Ähemm: 1, 2, 3, 4:<br />
Choral; Pastorale / Fantasie!! --------
0<br />
somasucker: alone in the room markus berger<br />
A: Was wollen Sie denn hier?<br />
B: Es hat jedenfalls nichts mit körperlichen Zuständen zu tun.<br />
A: Das lassen Sie sich aber nicht anmerken.<br />
B: Wünschen Sie sich doch was, während Sie die Kerze ausblasen.<br />
5.<br />
A: Vielleicht das letzte Mal ...<br />
B: ... im Höhenrausch der Gefühle.<br />
A: Oder bis zum Weinen.<br />
B: Wir verzaubern Sie!<br />
A: Haben Sie sich für uns Menschen geopfert?<br />
B: Wir haben schon ganz andre Wunder vollbracht!<br />
A: Recht schön groß! Aufgepasst!<br />
B: So erleben Sie die grandiose Natur!<br />
A: ... ohne auf die schöne Aussicht hinzuweisen.<br />
B: Das vergisst man nicht so schnell.<br />
A: Thats a bigger problem.<br />
Collage aus fünfzehn zufälligen TV-Sendungen<br />
AAAAAAAAAAAAAAAAA!!<br />
6.<br />
A!!AAAAAAAAAAAAA<br />
Take three: gefangen in nem Buddelschiff. Tauche,<br />
vom Brett gefalln, in Trübem:<br />
Lagerfeuergeruch Pfützenauge stielt Späne<br />
wirbeln resolut 9 --- 10 --- & Rhododendronringel<br />
ein blaues Leibchen am Maulbeer plitsch plätsch<br />
sirrr Süprüntüglas unterhält die Strömung<br />
frigide STROMmasten als Türsteher plipliplipli<br />
anheimelnd Caprisonne Margarinedeckel die<br />
Weide treibt neu aus ein Hieb auf Bierschachteln<br />
auseinandergestobener Bock vespert im Bolztor<br />
Kätzchen oder anorganischen Sphinkter?<br />
*-*-* Repulsion. Geniert. Fatigante Problematik<br />
& ausklingende Eindrücke paraphrasiert, in kühl-<br />
atherische Gefilde vaporisiert und verplempert in<br />
biderbem Bügelfaltenformat; ---- Kondeszendenz.<br />
Persönliche Präferenzen de haut en bas: jene<br />
notabene nicht intressieren?! Trossgewichtig<br />
extrahierte Rigorosa, ein linguales Pacta sunt<br />
servanda! -- ein pacta oralis? --- Muyuyuy bien. /<br />
Eingeweicht, nappiert: nolle in causa est, non posse<br />
praetenditur. But who cares? *-*-*<br />
Pflanzen tragen Ohrringe MURKS<br />
ne Sulo-Tonne als Security fürn Gartenzwerch<br />
Orgasmus im Latschenhain Hexenhäuschen<br />
vorm Wegfliegen gesichert annen Apfel gekettet<br />
strohhaarige Hexe reitet aufner Rauchsäule ne<br />
winzige Vogelschar hascht sich ----- vielleicht<br />
Zugvögel<br />
Daheimgebliebne angenagte Birnen<br />
belagern KRÄH KRÄÄH Piepser scheuchen<br />
auf Bohrgeräusche schuffeln Müllbeutellesart<br />
n Plastikmesser verlorn & angeböllert<br />
3beinsternschlucht<br />
Empfinde fremde Fußgänger Autofahrer<br />
und sonstige Vaganten als Eindringlinge in meine<br />
Privatsphäre<br />
Am Abend gebürsteter Waschbeton n<br />
plattgebumstes Regengewürm beflehtn Baumhaus<br />
manövriere Steine vorkappig | --------------<br />
Dickback<br />
Zickzack<br />
Flickflack<br />
Dyckduck<br />
//<br />
Die Anhöhe rüsselt. Erblick eine inn Graben<br />
gefallne Schnecke, krieg Pusteln, nehm sie<br />
vorsichtig raus, drehe sie um, prüfe palpatorisch den<br />
Pegel \ lasse Wasser ablaufen \ & beatme sie Mund<br />
zu Nase. Setz sie sacht aufn letzten Löwenzahn:<br />
hhhhmouammm! ---- wegisse!! | Ad multos annos ...<br />
Lehm markiert nen Mittelstreifen.<br />
Brachliegende Fläche im Zentrum: Ackerrebus.
somasucker: alone in the room markus berger<br />
\ Forcierte Eindrücke; „ampu ampu ampu<br />
amputiert!“: mein schmalstiegiges Theorem. /<br />
***********************<br />
Quartzadern; borstiges Restgras,<br />
so schneeweiß: wie mein Bart. \<br />
Ein Miniaturberg aus größerem Geröll ragt mir bis<br />
ans Knie und exprimiert mein Patellaödem.<br />
&n ausgehöhlter Stein mimt ne Vulva.<br />
Der Wind formt Kreisel aus Blättern, bitztfitzt<br />
in mein Ohr, schlägt ordentlich Alarm. Eiein<br />
zertretenes Gebiss bedeckt die Erde; einzelne Zähne<br />
& Kieferaufhängungen sind noch erkennbar. S<br />
smellt eigentümlich: nach ausgekochtem Knochen. \<br />
Wilder Juniperus ragt ...<br />
Ballenstrupp Eselswolfsmilch |<br />
Klapperknapper Knasterzaster; das winzige Bild am<br />
Horizont ... wird ... immer ... GRÖSSER ... Gebläse<br />
machtn Vollterz. Grandlait frais. \ Königsbürger-<br />
Becher Gummimuffe & Billyboypackerl, eine alte<br />
Schublade ohne Blende ... Grünspan am Nabel;<br />
do jückt da Aronstab! Aah .. Urethrakrampf!! ---<br />
„Riechtn Flatus eigentlich besser, wenn man sichn<br />
Mentholkaugummi inn Arsch steckt??“<br />
Leere Wurstbehältnisse Lutschbonbonkapriolen<br />
Rüttelplatte | im Zeigefinger: ein Schießmuskel<br />
// Benzinprismen pulsieren ne Abtastkelle: ins<br />
epidermische Erdreich gerammt.<br />
Meine Beine werden alt; halte mich mit<br />
beiden Händen fest an der Jacke. Jacke. Jacke.<br />
((Zersplitterte Scheibe.)) Ne alte Tenne wirft meine<br />
schleppenden Schritte als Hall zurück; gedämpfte<br />
Flamme. Spitzhaubig dellige Kürbisknollen im<br />
Knitterlook. Ich bin ausschlägig. Possessed. Jacke.<br />
Jacke. Abrupte Jacke. --- „Loouu, olle Bibamille!“<br />
-------<br />
/ We are falling so slowly that we can‘t be dashed to<br />
pieces when we land.<br />
7.<br />
In der Echtwelt (?) ist fürs phuesische<br />
Wohl zu sorgen. | Fritzlar, Homberg, Bad<br />
Wildungen, Kassel?? --- Behind tons of Aldigemüse<br />
and Shampoofladen treffch Heino Brichnulls<br />
Lebensgefährtin Viera Janárčeková (noch nie<br />
gehört?? – Die is in Musikerkreisen ganz doll<br />
bekannt!). Kollegenami. ((Sie hat mir übrigens<br />
vornem ¾jahr ne echt geile Eigeninterpretation<br />
gesammelter Janáček-Werke auf LP geschenkt.<br />
(((Watne Namensähnlichkeit!! Wenn ichs rová<br />
raustu ... ((((Pohádka * Presto * Z ulice, 1.X.1905<br />
* V mlhách ...)))) --))) ---)) | Grad 3 Tage bein<br />
Kindern gewesen. Flink nach Allmuthshausen --<br />
- er-wartet sehnsüchtigst. Ich antizipier: [Wünsche<br />
in ner halben Woche frohe Weihnacht gehabt zu<br />
haben!] \ [Auchso.] / [Happynewyear.] \ [Dito.] /<br />
[Ciao.] \ [Atschue.]<br />
Samthose & Audra-Deck.<br />
B-lauschtes Lärmchen. ------<br />
Streckbankexanthropisch.<br />
… … …<br />
Brokkoli & Eisberch (da fällt: Salat!)<br />
inn Einkaufskorb & kantaper kantaper inne<br />
Mietimmobilie: Ablenkungsmanöver: Schau-<br />
Movement: \ Fleischbacke Stoiber sacht: Mia<br />
müssn den Kindern mehr Deutsch lernen. | Klock;<br />
wegdamit! --- Noon progressiven Mindspheres<br />
verpflichtet. \ Lo voy a consultar con la almohada.<br />
Schneller als erwartet erteilt es mir jenen:<br />
CHHRRR ........<br />
Kassel? --- Kassel?? \ Kasseler Literaturspaziergang?!<br />
Die Gurgel abjewürcht.: starrsinnig, sturköpfig,<br />
engstirnig & auf ein psychotoxisches, fehlgeleitetes,<br />
1
2<br />
somasucker: alone in the room markus berger<br />
MISSinterpretiertes similia similibus bedacht --- /<br />
---<br />
Jenes Detriment ergibts! & Nemesis weinet<br />
bitterlich; bittet weinerlich. ---- / /<br />
<br />
||<br />
[[Then **that grrl** collapsed<br />
on top of him, a mountain of slack flesh, and he<br />
couldn’t breathe at all. A queer predestinate sense of<br />
failure filled his mind even before he got the handset<br />
to his ear and heard the nothing. Cut to the outside<br />
reverse, showing us an irregular bead of solder where<br />
the door has been sealed shut stupid, sure -------<br />
- not a bit literary -------- but you could do thing,<br />
with it.]]<br />
||<br />
Kleist für Einsame<br />
Als still und kalt, mit sieben Todeswunden, |<br />
der Herr in seinem Grabe lag, | jedoch der<br />
weichen Ruhe überdrüssig | und wie der Sohn<br />
der duftgen Erde / nur sank, damit er stärker werde |<br />
Machtlos schlägt sein Ruf an jedes Ohr |<br />
Der Herr, als er auf Erden noch einherging | gab<br />
für den Hunger nicht, um Brot zu backen | --------<br />
Hat sich die Erde ganz verändert | Da ists kurzweilig<br />
nicht mehr, wie vordem |<br />
Der Herr | hervor aus der Erschlagnen Knochen stiert |<br />
Rings sieht das Auge nichts, als Not und Jammer |<br />
Schwillt ihm die Träne, was, | da jüngst des Himmels<br />
Zorn uns niederschlug |<br />
Greift | schauerlich ins Rad des Weltgeschickes |<br />
Götter, was weint er? |<br />
----- O ihr Götter! | Errettung von dem Tod!<br />
Montage aus Stücken Heinrich von Kleists<br />
Nach semierquickendem Sekundenschlaf<br />
rabiat von der quälenden innren Stimme<br />
aufgescheucht. \ Draufgegaggat: kaum gedacht,<br />
klingelts Telefon. Mein serviler Freund;<br />
wennmansowill, mag unbedingtn Dadaistiker<br />
werdn; --- oder besser: n dadaistoider Literat. |<br />
[Hör mein neuestes Poem!] \ [Muss das sein?] /<br />
[Och: bitte!!] \ [Also schön ...] /<br />
[‹po insistiert rolle fuck zugeschlagen<br />
fuck rolle bums klafft po<br />
hohl insistiert klafft zugeschlagen bums<br />
fuck rolle hohl klafft zugeschlagen<br />
rolle po hohl klafft fuck<br />
klafft rolle po hohl zugeschlagen›<br />
---- un? Begreifste die Message??] \<br />
[Hm ...] / [Ich dachte, du ...] \<br />
[Jaja ... is klar ... toll.] (Drückdieauflegtaste). Fin. //<br />
Ne Ziggi gerollt, inhale!, Teerinsufflation; ok. -<br />
-- N uralter, weißnichwieoft benutzter T-Beutel<br />
als Kaffeesubstitut; pervertiertes Koffeinsurrogat.<br />
Wacherwerchnech. Trotzdem amüsant.<br />
8.<br />
Die Hellebarde bereit!! --- Aufm Weg zum<br />
Brötchenholn das Obstakel der Woche: An der<br />
Gebäcktheke ranzt mich die virile & 4schrötige _-<br />
Kaufmännin an: [WIE VIELE??] \ [Öhh ... 6 & für<br />
den Fall KOMMA dass ...] ------- Cordiali saluti,<br />
nurnethudle!! / Alles apokryphe Makulatur. ||<br />
Then: fast forward: N dreckiger,<br />
apprehensiver Fascho klafft in Tarnjacke und<br />
fetten Knobelbechern | son spitzkegeliger Kahlkopf<br />
(Calvus schwachmatikus; ((nich: Psilocybe<br />
semilanceata!))) | aus der Porta Tante Emma. \ Dem<br />
Fenndiver schäumt die Thymusdrüse. \ Uuääh! –<br />
Watne gesammelte Darmschmiere im Kopf; ekliger<br />
Gesichts-Ileus, das. //
somasucker: alone in the room markus berger<br />
Ruf vernehmlich [Wixgefimmel!<br />
Naziarschloch!!], musste einfach seyn, nehm<br />
precipitando die Stelzen inne Griffel und geb<br />
Gummi; der narbig geschorne Oimel hinnerher. /<br />
Gotthilf ---- & nich solamente: den Fischers, bitte. \<br />
Durch offnes Künstlerleder: nen nassen linken Fuß;<br />
die Socke knüstert. Copalejakulationen imaginär<br />
ins eigene Austlitz gepfeffert; | hilft aber wenig ...<br />
derzeit.<br />
Ch stolpre, streck den dickgewordnen<br />
Korpus flach aufn Straßenbelag, er kricht mich zu<br />
fassn und rückt mir die Nase zurecht. \ So spar ich<br />
mir wenigstens den Chirurgen; thanx alot. | Nu<br />
sitzt alles, wie ichs mir wünschte. Wenn auch die<br />
vakanten Erythrozyten ä weng an Chingachgooks<br />
Kriegsbemalung erinnern; ---- abwaschbar!<br />
„Danke, du zum sohlig‘ Trippeln einzusetzende<br />
Christopherusplakette. --- Die du a priori & a<br />
posteriori metallne Eskorte auf allen Wegn bist.“<br />
Guten52-44! Amen.<br />
************* *************<br />
Arrivée in der Befreiung; n Gatter voller<br />
Engelstrompeten; & ovejaovejaoveja. --- A<br />
narcoleptic attack. ----- \<br />
¿ ¿ ¿<br />
la ozonschicht: mirakulös ausblicken / der<br />
schafhüter jault azurner; gräßliche exdimensionen<br />
schrecksplosionen hätten heuhaufen genossen;<br />
überaus: die trance; das MUSS lebenswandel; \<br />
stasis grellkreischendrot bis die draußen mit blick<br />
tagein ausgeflattert \<br />
verwandelt aspiriert vehement<br />
prophylaktisch / zunächst opilionis: pneumatische<br />
würfel isotonisch opulente \ standen über seinem<br />
sheep-consommé // knochenbeißer<br />
¡ ¡ ¡<br />
Jean Paul steigt mir aus der Hypophyse: »Der Abend<br />
unterband mit einer weichen Binde den Morgen des<br />
Schmerzes – der Mohnsaft von 60 Tropfen Freude<br />
wurde jede Stunde eingenommen, und die Arzenei<br />
betäubte und berauschte sanft« \ Datura suaveolens‘<br />
Duft & || **ich: Tristram Shandy** || Alkaloidae<br />
solanaceae lullen mich in stoporöseres Elysium. /<br />
Ach Götterspeise (Theobroma!) --- komm aktivier<br />
Anandamid!!<br />
Zuletzt gerät jene paranormale<br />
Modellhypnosis ausn entheogenen Fugen; Mein<br />
Endohuasca evoziert vergangenes, verschüttetes<br />
Clandestinewissen:<br />
(((MDP-2-P ... Ausgangsmaterial ...<br />
Herstellung ... MDA, MDMA, MDEA, MDOH.<br />
/ MDP-2-P ... bedarf ... Safrol ... AUS! ... diversen<br />
Pflanzen ... extrahiert ... Sassafras-Öl, Muskatnuss<br />
… / the safrole is then easily isomerized into<br />
isosafrole when heated with xxx and xxx. The<br />
isosafrole is then oxidized into MDP-2-P …<br />
synthesis of MDP-2-P from isosafrole will require<br />
the use of a vacuum pump to evaporate the solvent<br />
from the final product in …))) ----- um Gottes<br />
willen; nix wie weg hier!<br />
9.<br />
Vom Seelenweltraum übers Chemielabor<br />
inne örtliche Polizeiwache; petzen. \ Zellnfülln ... |<br />
Einsperrn. | & nichich: wann moor teim. / Take me<br />
as you never could.<br />
----------------<br />
G-macht!!!! \ Moi: vollständig moribund ... /<br />
Vorm Fenster: konsumtive Gesprächsfetzen &<br />
plumpes Daseinsgemoser: ~ ~ ~ ~
somasucker: alone in the room markus berger<br />
Bitte schau doch mal, ob du ... du hattest mir<br />
einen ... zur Erinnerung, was alles super wäre ... ok<br />
- guck ich mal an ... schön: wie immer: mit dir zu<br />
sprechen / ach: du liebes Lieschen! / sure, I have<br />
listed it below ... how marvelous, that it all worked<br />
out so beautifully ... beseitigte Traumkraft ... mein<br />
lieber Freund ... | ... hola, propuesta de portada ...<br />
der Letzte auf der derzeitigen Liste … perfecto ...<br />
otherwise, everything looks good ... yup, just up<br />
late working. It is about 1:30 am at the moment<br />
… thanks for the note ... | ... wider einmal, bitte<br />
entschuldigen mein schreckliches «Scheißdeutsch»<br />
... ja, voraus dieser Leckerbiss, das Hauptgericht<br />
ist auf dem Weg zu dir ... war schön: letztens mit<br />
dir so anregend zu plaudern ... Quellen der Freude,<br />
Nahrung für unseren Geist, sicherer Wegweiser für<br />
die Menschen, die das Leben und das Licht lieben<br />
... für vertrauenvolle Reisen zu unsern inneren<br />
und anderen Welten ... ich würde die wirklich<br />
gern mit bei haben ... heute Morgen schrieb ich<br />
jemandem den Satz «Das Leben ist schön» ... in der<br />
Anlage meine Stimme ... ((„hmm ... hätt ich auch<br />
nicht wirklich besser ausdrücken können -- bloot<br />
wortreicher.“)) | ... the primary focus will be on<br />
contemporary art ... hoffentlich landen sie an der<br />
richtigen Stelle!! ... das kommt davon, wenn man<br />
nach dem Aussehen urteilt - das kenn ich auch<br />
schon. Aber egal ... äh, mein Hirn macht grad<br />
Pause … unser Hof! | … I will arrive in Berlin on<br />
the 20th at 15:30 … thanks much! I would like to<br />
try to come ... hmm, keinem … we finally worked<br />
something out ... das ist auf der selben Straße, nur<br />
eben mit der Tram circa 20 Minuten fahren oder<br />
mit dem Taxi die selbe Zeit (allerdings dürfte es<br />
eher schneller gehen, am Sonnabend ist nicht so viel<br />
los auf den Straßen dort) ... alas, my wife is staying<br />
at home ... na, dann hau mal in die Taschten ... &<br />
let me know, thanks. | ... warum immer erst, wenns<br />
Kind schon im Brunnen ist?! Allright -- there will<br />
be every possibility to satisfy your needs. | ... nein,<br />
und genau das wird für mich langsam auch zu ner<br />
Belastung ... I‘m sorry for the confusion ... so, jetzt<br />
ist endlich alles in Ordnung..........juhuuuuuuu!<br />
Well, I gotta run … it is generally pretty bad & it’s<br />
a fun piece.<br />
~ ~ ~ ~ //<br />
Acte final, s wiad dumpa: Prãna einatmen,<br />
krachlederne Gedanken aus ... schnober gerupfte<br />
Stoppeln: ’’’’’’’’’’’<br />
--- setz mir die Mütze schief & ...
ein hamster schlägt gegen die wand katharina bendixen<br />
Ein Hamster schlägt gegen die Wand. Eine Frau<br />
verlässt eine Wohnung. Was ist passiert. Eine Tür<br />
schlägt ins Schloss. Eine Balkontür steht offen. Was<br />
ist passiert. Ein Hamster war namenlos, ein Kind<br />
hatte keinen Einfall. Eine Frau hat eine Tür ins<br />
Schloss fallen lassen, eine Frau hat eine Wohnung<br />
verlassen, eine Frau hat einen Balkon verlassen, ein<br />
Hamster hat die Welt verlassen, was ist passiert, was<br />
ist passiert.<br />
Hamster leben durchschnittlich zwei bis vier<br />
Jahre. Sei nicht traurig, wenn dein Hamster schon<br />
nach zwei Jahren stirbt. Das heißt nicht, dass du<br />
ihn nicht gut gepflegt hast. Vielleicht kaufen dir<br />
deine Eltern einen neuen Hamster. Wildlebende<br />
Hamster verbringen einen großen Teil ihrer Zeit<br />
damit, ihr Futter zu suchen, zu sammeln und zu<br />
erarbeiten. Versteck das Trockenfutter deshalb in<br />
Heubergen, in Eierkartons und Pappröhren. Beliebt<br />
sind auch Futterspieße und kleine Graswiesen. Das<br />
Buddeln und Scharren gehört zu den natürlichen<br />
Beschäftigungen des Hamsters, sie behalten das<br />
auch in Gefangenschaft bei. Gib deshalb deinem<br />
Hamster immer wieder die Möglichkeit, in dicker<br />
Einstreu zu buddeln. Auch namenlose Hamster<br />
können bis zu vier Jahren leben. Deiner ist schon<br />
eher gestorben. Sei nicht traurig. Du hast nichts<br />
falsch gemacht: du hast dich immer um dicke<br />
Einstreu und Eierkartons gekümmert. Gebuddelt<br />
und gescharrt hat dein Hamster regelmäßig.<br />
Eine Balkontür steht offen. Ein Balkon hat die<br />
letzten Blumenkästen des Hauses. Der Winter<br />
steht vor der Tür, das sagt man so. Die Frau steht<br />
kurz daneben, läuft dann aber weiter. Der Winter<br />
wird bald den Balkon betreten, die Frau vielleicht<br />
nie wieder. Ein nach innen gelassener Balkon mit<br />
geschlossenen Wänden, ein Balkon, in den niemand<br />
einsehen kann. Ein Balkon mit vier Plastikstühlen<br />
und einem Plastiktisch, den letzten Plastikmöbeln<br />
des Hauses, denn der Winter steht vor der Tür,<br />
das sagt man so, man sagt das und bringt dann<br />
die Plastikmöbel in den Keller, legt über sie eine<br />
Plastikplane und wartet, bis der Sommer vor<br />
der Tür steht oder zumindest der Frühling. Eine<br />
Balkontür steht offen, ein Mann steht auf dem<br />
Balkon, ein Kind steht auf dem Balkon: das Kind<br />
weint, der Mann hält eine Plastiktüte in der Hand.<br />
Es ist ein wenig eng auf dem Balkon, wenn der<br />
Mann und das Kind zu zweit dort stehen und nicht<br />
in den Plastikmöbeln sitzen. Aber für das Sitzen ist<br />
nicht die passende Gelegenheit. Weil der Winter<br />
vor der Tür steht und neben ihm die Nacht, ist es<br />
kühl und fast dunkel auf dem Balkon. Das Kind<br />
wimmert ein wenig, der Mann schweigt und schaut<br />
mit einem geraden Mund auf die Plastiktüte. Er<br />
kann die Plastiktüte jetzt nicht auf die Plastikmöbel<br />
legen. Stattdessen schaut der Mann durch die offene<br />
Balkontür auf die geschlossene Wohnungstür, durch<br />
die die Frau gerade gegangen ist. Hilflos hält der<br />
Mann die Plastiktüte in der Hand und schlägt mit<br />
ihr nervös gegen sein Bein, bis er sich besinnt und<br />
das Schlenkern anhält und seine Hand in die Tüte<br />
verkrampft. Das Kind möchte wissen, was mit dem<br />
Hamster passieren wird. Jetzt ist er tot, erklärt der<br />
Mann. Noch einmal wimmert das Kind besonders<br />
hingebungsvoll.<br />
Auf dem Balkon tritt das Kind hin und her, weil<br />
es nun sehr friert. Die Frau hat ihm die Hand<br />
gehalten, aber dann hat sie den Balkon verlassen,<br />
die Wohnung verlassen, die Tür ins Schloss fallen<br />
lassen. Ein Kind hat eine Hand, die nicht gehalten<br />
wird. Dabei ist der Hamster gerade erst gestorben.<br />
Da müsste dem Kind eigentlich die Hand gehalten<br />
werden. Der Mann aber hält schon die Plastiktüte.<br />
Mir ist schlecht, sagt das Kind. Das bildest du dir<br />
nur ein, sagt der Mann. Das Kind hält sich an der<br />
Lehne eines Plastikstuhls fest. Vielleicht ist es weiß<br />
im Gesicht; um das zu sehen, ist es zu dunkel. Was<br />
machen wir jetzt, fragt der Mann oder das Kind.<br />
Das Kind oder der Mann antworten nicht. Die Frau<br />
läuft schon längst um eine andere, weit entfernte<br />
Häuserecke. Eine Schwester hat die Frau, zu der
ein hamster schlägt gegen die wand katharina bendixen<br />
sie gehen kann, nachdem sie den Balkon und die<br />
Wohnung verlassen hat. Eine Schwester hat die<br />
Frau, zu der sie immer wieder gehen kann, nach<br />
Hamstertoden, nach anderen Toden.<br />
Hier hast du eine Nähanleitung für einen<br />
Plüschhamster: den Grundschnitt für einen<br />
einfarbigen Mittelhamster. Mit dem Plüschhamster<br />
kannst du immer kuscheln. Mit seinen<br />
Filzpfötchen und den Sicherheitsknopfaugen<br />
sieht er wunderschön aus. Schneide die<br />
Hamsterbestandteile ganz sorgfältig aus, wie du es<br />
im Handarbeitsunterricht gelernt hast. Dort hast du<br />
doch immer so schön aufgepasst. Weine nicht mehr,<br />
sonst siehst du die Markierungen zum Ausschneiden<br />
nicht richtig. Die Nase musst du sticken. Lass dir<br />
von jemandem helfen, wenn ihr das Sticken noch<br />
nicht durchgenommen habt. Es hat sich übrigens<br />
bewährt, die Ohren erst anzunähen, wenn der<br />
Plüschhamster schon ausgestopft ist.<br />
Eine Frau hat gesagt: einen Hamster braucht das<br />
Kind nicht, einen Hamster möchte ich nicht,<br />
ein Hamster macht Dreck und kostet Geld, ein<br />
Hamster stirbt irgendwann, ein toter Hamster<br />
wird das Kind untröstlich machen. Ein Mann hat<br />
nicht hören wollen und einen Hamster gekauft,<br />
zunächst ohne Käfig. Ein Hamster war namenlos.<br />
Ein Kind hatte keinen Einfall. Ein Hamster rannte<br />
sich eine Nacht in der zugedeckten Duschkabine die<br />
Füße heiß. Ein Mann hat nicht hören wollen, und<br />
nun hat ein Mann die Rechnung dafür, das sagt<br />
man so. Die Rechnung hält er in der Hand. Das<br />
Kind wimmert mit dem Blick auf die Plastiktüte.<br />
Ein Hamster verliert seine Aktivität, ein Hamster<br />
hat Backentaschenprobleme, ein Hamster hat<br />
ein verletztes Auge. Was wird passieren. Eine<br />
Augenverletzung wächst, vereitert, verschorft. Ein<br />
Kind verliert seine Aktivität.<br />
Sei nicht traurig, wenn dein Hamster schon nach<br />
zwei Jahren stirbt. Das heißt nicht, dass du ihn<br />
nicht gut gepflegt hast. Ein Käfig ist leer, ein Mann<br />
hält eine Plastiktüte in der Hand. Was ist passiert.<br />
Ein Hamster ist krank, ein Mann hat kein Geld.<br />
Was ist passiert. Ein Hamster schlägt gegen die<br />
Wand, eine Frau verlässt eine Wohnung, was ist<br />
passiert, was ist passiert.<br />
Ein eingelassener Balkon, ein Käfig mit einem<br />
kranken Hamster, eine Plastiktüte, ein Mann, eine<br />
Frau, ein Kind. Der Winter steht vor der Tür. Die<br />
Blumenkästen, die Plastikmöbel, die dunkle Erde<br />
der Blumenkästen, kein Platz für ein Hamstergrab,<br />
kein Hamstergrab auf dem Balkon. Eine zitternde<br />
Frau, ein kaltblütiger Mann, ein wimmerndes<br />
Kind. Eine Frau mit den Worten: hab ich es doch<br />
gleich gesagt. Ein Mann mit den Worten: aber er<br />
hat doch fast zwei Jahre gelebt. Ein Kind mit den<br />
Worten: zweiundzwanzig Monate und siebzehn<br />
Tage. Ein Mann mit einer Plastiktüte in der Hand.<br />
Eine andere Hand, die einen Käfig öffnet. Ein<br />
wimmerndes Kind. Ein zappelnder Hamster. Eine<br />
zitternde Frau. Zittern, Wimmern, kaltes Blut.<br />
Eine Frau nimmt die Hand eines Kindes. Ein lautes<br />
Wimmern. Eine Frau mit den Worten: das bringst<br />
du nicht übers Herz. Kühl ist es und dunkel. Der<br />
Winter und die Nacht stehen vor der Tür, das<br />
sagt man so. Eine Frau mit den Worten: Wenn<br />
du das übers Herz bringst, bringst du noch viel<br />
schlimmere Sachen übers Herz. Morgen kommen<br />
die Plastikmöbel und die Blumenkästen in den<br />
Keller, zugedeckt mit einer Plastikplane. Eine Frau<br />
mit den Worten: Wenn du das übers Herz bringst,<br />
bin ich weg. Dieses Jahr gibt es keine Sonne mehr.<br />
Zittern und Wimmern. Eine Frau schreit auf. Was<br />
ist passiert, was ist passiert.<br />
Du hast nichts falsch gemacht: du hast dich immer<br />
um dicke Einstreu und Eierkartons gekümmert.<br />
Vielleicht kaufen deine Eltern dir einen neuen<br />
Hamster. Nun darfst du die ganze Nacht aufbleiben<br />
und weinen. Du musst morgen nicht in die Schule<br />
gehen. Im Handarbeitsunterricht hast du immer<br />
so schön gelernt. Hier hast du eine Nähanleitung<br />
für eine Plüschmutter. Eine neue Mutter zu nähen,<br />
dauert allerdings etwas länger als ein Hamster.
friz + frizi verfolgungsjagd crauss<br />
kennwort: (auf die frage, wo frizi m. ihre liebhaber empfängt)<br />
in einer panischen erzählhaltung beginnt was eine<br />
brieffreundschaft gewesen sein soll: stell dir vor du<br />
korrespondierst mit einem über die jahre hinweg<br />
ohne ihn zu gesicht zu bekommen zu fassen zu<br />
kriegen man versucht ihm doch gestalt anzubiegen<br />
über die jahre hinweg ich meine versucht man das<br />
nicht? die mimosen im zimmer sitzen da und rollen<br />
die kugeln und machen sauere gesichter wenn der<br />
postbote läutet: wie stellst du dir das eigentlich vor<br />
du weisst wohl nicht dass hast du uns einmal wir<br />
haben eine nase für sowas und rollen die kugeln und<br />
wieder son brief und wieder kein bild bei versucht<br />
man doch demjenigen eine gestalt ich meine man<br />
braucht ein gesicht um zu schreiben ich kann<br />
keinen brief schreiben an einen ohne gesicht herr<br />
inspektor. und ja ich hab das schon auch immer<br />
denken müssen an einen film denken spione im<br />
haus spione im treppenhaus auf jeder etage man<br />
sieht nicht wer wirklich dahinter nur die concierge<br />
hat so eine ahnung ich nenne ihn frizi weil ich doch<br />
selber sie wissen ich schreibe mir selber das kommt<br />
von friz ich stell mir agenten im hauseingang vor<br />
die fingern im postkasten öffnen die fanpost unter<br />
ihrem heissen atem von liebhaber kann man nicht<br />
sprechen ab und zu eben besuch das ist dann ein<br />
osten in sepia ein ostberlinisches wien wir haben ein<br />
polaroides geheimnis mein liebhaber empfängt mich<br />
ich habe da weiss keiner von eine photographische<br />
wohnung die ist wie ein spiegel da mach ich mich<br />
nackt dann findet der winterspion nur mich und<br />
sonst nichts wir stürzen den wein wir jagen die<br />
treppen hinunter und in dem drahtkorb zum boden<br />
hinauf wir tänzeln über die balken dann hat er<br />
mich und ich kreische ich bin dann enttarnt aber<br />
lang nicht entwaffnet er hat nicht gerechnet denn<br />
in wirklichkeit bin ich ein sailor girl tahiti cherie<br />
ein faden fantom fan der sich teilen kann und<br />
lasse mich fallen in ein bild hinein da bin ich eine<br />
linie ein reim ein whatever das ihm schrammen<br />
über den hals kratzt die augäpfel aufschneidet um<br />
ans gehäuse zu kommen dramatisches knopfgriffakkordeon<br />
und dann wird das wabern der simsalaorgel<br />
endlich musik ein unglaubliches pauken<br />
ein auswendiglernen über duffle-karierten heften<br />
ein mitunterskopfkissennehmen der briefe man<br />
muss sich mal vorstellen man korrespondiert mit<br />
einem der kein gesicht hat wie sehen die schreiben<br />
dann aus das können nur schmutzbriefe sein keine<br />
freundschaft oder erst recht? ich bin tahiti cherie<br />
ein seidener faden ein schwung durchs gebälk ein<br />
vierkant der fällt formalin.
aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />
1 – ballad of a trend-scout<br />
1<br />
darum geht es, nichtwahr, anschluss<br />
finden, das wort zischt, schmeckt<br />
wie auf diesen gelagen der wein, also anschluss<br />
also der leib das territorium die sehn<br />
sucht rape me my friend also so zwischen blick<br />
und welt und da geht es drum an die diskurse sich<br />
anzuschließen die sounds und die modeklitzekleinigkeiten<br />
damit man was mitkriegt nicht<br />
starr<br />
wird im schädel nicht altert potenz<br />
*<br />
wäre auch so n wort also<br />
anschluss der körper als ein surrogat<br />
für ein sudetenland oder so eine ostmark für den<br />
war dog im hinterkopf dieser traumfigur also<br />
an die wand projiziert vorgestern nacht<br />
da lagen wir<br />
in einem ganz anderen krieg die fronten<br />
zu begradigen einander näherzubringen also<br />
dieses ganze vokabular der vereinzelung<br />
und so einsam sind wir denn doch nicht stehen alle<br />
jeder für sich an einem der fenster<br />
und schauen runter oder<br />
*<br />
gehen rauf aufs dach so<br />
treppenhaus fünfzehnstöckig flachdach tiefliegende<br />
wolken<br />
wer warst du damals nochmal wer war ich also<br />
schaust runter zigarette barbourjacket sonnenbrille<br />
hast einen überblick<br />
und sagst das auch überblickst und fügst aber hinzu<br />
selbst das hier pose<br />
überblickst das zeug jenseits des bahnhofs<br />
also altmöbellager und puff und arbeitsamt gleich<br />
schräg<br />
gegenüber der kreuzung mit dem arbeitsstrich wo<br />
die illegalen rumstehen<br />
so eine scheisse kann man nicht erfinden und selbst<br />
aber<br />
die erwähnung von sowas pose und ziehst an der<br />
zigarette und diesseits<br />
des bahnhofs die strassenbahnlinie 7 und die<br />
kaufmännischen angestellten<br />
aufm heimweg und paar slacker stromern stadtwärts<br />
zeigst auch<br />
auf gebäudeschatten wo plätze waren baumgevierte<br />
baugruben jetzt lärm wenn wir weiter unten<br />
stünden<br />
der blick fürs ganze und die betroffenheit will sagen<br />
dass der baulärm meine stimme übertönt das ist<br />
betroffenheit im wortsinn<br />
der blick fürs ganze also und die betroffenheit nicht<br />
vereinbar<br />
deshalb auch die halblinken fuzzis sagst du<br />
und das ist jetzt wieder pose<br />
das seh ich sogar ohne dass du es dazusagst<br />
die halblinken fuzzis die von betroffenheit reden<br />
dann fährt einem nämlich nicht das weltbild übern<br />
lebensentwurf mit<br />
baustellenlärm und klingeln in den ohren also<br />
*<br />
treppenhaus runter und die strasse und<br />
barbourjacket zu weil wind und<br />
so einsam sind wir nicht breitet sich<br />
erinnerst dich des flachdachs breitet sich aus ein<br />
netz von erinnerungen sagst du tatsächlich ein netz<br />
dazu<br />
und das ist nicht pose das ist unbeholfenheit falsche<br />
vokabel
aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />
1 – ballad of a trend-scout<br />
die sonnenbrillennase ragt über die dinge übers netz<br />
der erinnerungen an die dinge die da rumstanden<br />
wenn du von oben draufgeschaut hast dann auch<br />
im leeren treppenschacht durchs fenster<br />
flüchtig jetzt<br />
betroffen von einem erinnerungsnetz<br />
wie gesagt hier die falsche vokabel<br />
wäre wünschenswert zu wissen was hier an dieser<br />
stelle mal stand was sich<br />
verändert hat und aber was nicht<br />
sagen zu können in welchen bezirken<br />
der mietpreis steigt sinkt stagniert<br />
und in verbindung mit ner zweiten statistik<br />
das wäre die mit den investitionskosten pro block<br />
pro strassenzug<br />
ergäbe das dann auch n bild mit dem sich was<br />
anfangen liesse<br />
*<br />
wüsste einer zum beispiel wieder pose wüsste einer ein<br />
fremder in der stadt<br />
sakko fadenscheinig ledertaschenriemen um die<br />
schulter<br />
bahnhofstor eben geschlossen hinter ihm<br />
blick stadteinwärts strassenbahnlinie 7<br />
wüsste mit solchen statistiken auf einem klemmbrett<br />
und der hilfe<br />
eines markers gelb marke stabilo-pen wüsste also<br />
wohin um anschluss<br />
an die diskurse die relevant sind und/oder<br />
die körper die relevant sind und/oder<br />
die im gegensatz dazu erfolge verheissen<br />
glück im spiel pech in der liebe zur eigenen<br />
geschichte<br />
pech im gedächtnis<br />
glück voraus blick<br />
auf die strassenbahnlinie 7<br />
markiert er dann sitzend die viertel wo die<br />
wohnungsmieten<br />
billig und die ladenlokalpachten astronomisch hoch<br />
sind<br />
dann die gegenden wo bis vor kurzem<br />
wenig bis nix investiert wurde aber dann<br />
plötzlich ja überraschend<br />
ein bau-boom ein sanierungs-boom begann so<br />
wäre der ort charakterisiert an den er hinwill<br />
steigt ein in die strassenbahn<br />
fährt verstaut das klemmbrett<br />
blinzelt knapp über die köpfe der kaufmännischen<br />
angestellten<br />
steigt aus da ist er hier<br />
nicht anderswo hier<br />
und jetzt und das aber<br />
gehört dazu jetzt und<br />
*<br />
hier reisst an dem riemen der die tasche hält und<br />
sucht den spot<br />
wo es abgeht wo was abgeht?<br />
das wieder pose was eben abgeht<br />
kommt ihm wer entgegen rundgesicht button kein<br />
gott<br />
kein staat kein mietvertrag man mustert sich an der<br />
mündung<br />
eines schmalen durchlasses neben der baustelle wo<br />
- erinnerung -<br />
ein geviert mit bäumen war bis anfang april man<br />
mustert sich<br />
sagt der fremde ich bin der trendscout was gibt es<br />
denn hier so<br />
für antiautoritäre projekte? sagt der andere haste mal<br />
n euro?<br />
und weist ihm die richtung
0<br />
aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />
1 – ballad of a trend-scout<br />
der trendscout geht langsam durch den durchlass<br />
er geht und pflegt die taktile empfindung das<br />
abdeckvliess die mauer der baucontainer zur rechten<br />
geht langsam fördert<br />
unbürokratisch und unaufdringlich<br />
was - und nichtmal pose - eben abgeht<br />
2<br />
und wie würdest du n roman daraus machen<br />
trendscout<br />
im ladenlokal des örtlichen sozialarbeiter/<br />
kunstlinke-hippnes-konglomerates<br />
beäugt diskussionsankündigungen ja da sind die<br />
diskurse nichtwahr<br />
und fotoausstellung und die konzertflyer<br />
und die origamikraniche auf konzertflyerbasis äugt<br />
und<br />
trinkt tee und nochmal erinnere dich des flachdaches<br />
beobachter wie<br />
würdest du n roman daraus machen na klar<br />
trendscout trifft sweet nineteen mager logisch<br />
vegane küche sein<br />
raubtierlächeln und aber seine kuhaugen wenn er<br />
nicht lächelt und sie die<br />
scharf und ernst und fragend schaut weil sie nichts<br />
weiss<br />
weisst du nichts kein geschichtsbewusstsein<br />
bassistin fotografin food-not-bombs und so<br />
trinkt auch tee nähert sich mager gutes gewissen<br />
fenchelgeruch die linke hand und<br />
erdbeergeruch die rechte und nähert sich nochmal<br />
und<br />
reagiert der trendscout liest den spin greift ihre hand<br />
sagt wenig an dieser stelle bin ich<br />
ihr verdammter nachhilfelehrer<br />
fragt er später rethorisch<br />
*<br />
trendscout und mädchen in der wg<br />
und nach dem aufwachen tag zwei<br />
fremder in der fremden stadt das wäre der roman<br />
vergiss nicht<br />
tag zwei morgens siebendreissig halb im traum noch<br />
schwer sein oberarm in ihrer linken hand<br />
gewissensbisse also<br />
sich erinnern<br />
statistiken zu lesen wissen<br />
nahe sein den dingen die abgehen schmerzt ihn was<br />
schmerzt ihn was<br />
schmerzt ihn was<br />
findet er teebeutel in der küche<br />
*<br />
auf seinem leib etwas ähnliches wie schweiss<br />
sein brustkorb rasselt dann schon wieder<br />
abend küchentisch schmales fenster schwärmt<br />
vor ihren freunden davon rum nicht mehr<br />
zu sein was er gewesen sei<br />
vergammelt nachhaltig im folgenden<br />
seine bauchdecke ihre fingernägel sie<br />
hat ihm nicht zugehört besser so<br />
dann folgen roman wie gesagt das wäre der roman<br />
erwartbare verwicklungen trendscout<br />
trifft alten kollegen trendscout<br />
im loyalitätenkonflikt nebsamt close-up<br />
körnig mit siebziger-sound und in der totale auch<br />
szenen an den grenzen von bezirken<br />
wo der mietzins sich verschiebt ja schließlich aber<br />
happy-end:<br />
trendscout und kleine bassistin im auto<br />
richtung adria oder kasachstan<br />
ausm radio rio reiser<br />
oder patti smith
aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />
1 – ballad of a trend-scout<br />
das wäre der roman schätzchen erinnere dich wind auf<br />
dem flachdach barbourjacket auf<br />
***<br />
ballade mit gender morphing<br />
1<br />
weisst du gedächtnis<br />
praktisch gelöscht für einzwei monate<br />
so ein mädchen sein<br />
achtzehn neunzehn zwanzig höre ich einundzwanzig<br />
und wie da die willensanstrengungen<br />
durchs fleisch scheinen würden typus plasmabildschirm-körperpastellannäherung<br />
an neonfarben weisst du<br />
gedächtnis praktisch gelöscht<br />
höre ich einundzwanzig<br />
so ein mädchen sein<br />
so für paar monate<br />
luzide haut pastell / neon / taglines<br />
so eine lebende skulptur so ein<br />
bildschirm aus fleisch weisst du unterernährt<br />
weisst du klar<br />
im kopf und hungrig tausend<br />
fronten tausend<br />
schichten krieg:<br />
schicht eins traumtagebuch<br />
schicht zwei was beim erwachen hochkeucht dann<br />
schicht drei was spricht mit den anderen<br />
tauscht taglines und posen vergebungen<br />
schicht vier was das für spuren hinterlässt das<br />
alles in der gesichtshaut<br />
durchscheinend sage ich für einzwei monate<br />
so jemand sein so<br />
gedächtnis praktisch gelöscht<br />
*<br />
und alles bloß willensanstrengungen keines<br />
wegs zufällig sowas<br />
und weisst du nicht mehr diese eine die noch<br />
zur schule gegangen war<br />
1
2<br />
aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />
1 – ballad of a trend-scout<br />
auch ihre kumpels so hart<br />
waren wir nicht drauf der<br />
krieg an mehr fronten als damals<br />
noch weniger sichtbar und aber<br />
noch deutlicher pastellannäherung<br />
an neonfarben oder<br />
was das alles im fleisch hinterlässt<br />
taglines striemen so irreversible spuren<br />
in so luzidem fleisch buchstabiere krieg<br />
gegen die abstammung<br />
gegen das unteilbare krieg<br />
an mehr fronten als früher<br />
so eine sein für einzwei monate genosse<br />
und was daraus zu lernen wäre<br />
*<br />
so eine wandelnde skulptur luzide<br />
klar im kopf unterernährt dünne<br />
klare stimme freundliche unverbindliche<br />
artikulation gegen fremde aber beinahe<br />
gar nichts unter freuden vertrauten körpern da<br />
bloß das rezitativ die gestik mit der schmalen hand<br />
die sanfte berührung oder bis<br />
blut kommt mit der rasierklinge in den unterarm<br />
den eigenen glatten<br />
den weniger glatten vertrauten den der nach<br />
draussen<br />
ausserhalb der stadt riecht nach<br />
wind zwischen laubbäumen nach<br />
wegen im himbeergestrüpp aber blut<br />
ist was anderes hinterlässt keine spuren<br />
in der welt vor der stadt bloß<br />
irreversibel der abdruck in gegenrichtung auf dem<br />
körperscreen<br />
dass krieg was virales wäre dass er sich<br />
fortpflanzte so von<br />
körper zu körper in der glätte<br />
auf der aussenhaut der nacht sich sammelte so<br />
neon und/oder gekicher<br />
das gäbe es zu lernen so<br />
unterernährt klar vegan und brauchte<br />
keine theorie lachte laut wenn einer käme<br />
was sagte von nebenwiderspruch von<br />
profitrate von gewerkschaftsbewegung der krieg<br />
ist zu groß und zu nah und scheint durch<br />
so stünde ich wäre ich so<br />
ein mädchen mal für einzwei monate<br />
klar im kopf zwanzig<br />
höre ich einundzwanzig stünde ich<br />
rum in nem eingang<br />
2<br />
so wartete ich gegens abendlicht grüßte freunde<br />
ginge dann rein würde tee machen<br />
würde den dj kennen der im büro an nem rechner<br />
säße<br />
hätte drei kisten tomaten und brot von der halde<br />
beim kaufhaus gebracht<br />
würde mich aufn sofa werfen da<br />
säße ein fremder<br />
wir redeten wir<br />
hätten später sex er<br />
wäre eigenartig trüge<br />
seinen job wie ein böses tier auf der schulter<br />
streifte ihn an und ab mit dem t-shirt<br />
wie wenn der plot zwischen uns bereits geschrieben<br />
wäre<br />
säße in der küche der typ ich wäre nicht verliebt<br />
bloß glücklich führe mit ihm auf urlaub<br />
weil ich nix besseres zu tun wüsste
aus: paar primitive balladen stefan schmitzer<br />
1 – ballad of a trend-scout<br />
*<br />
dann kämen wir heim der kerl<br />
würde verschwinden nach anderswo mit<br />
kartenrollen und plasticksäcken in händen ich<br />
könnte vergessen so weisst du gedächtnis<br />
praktisch gelöscht und schon wieder<br />
nach einzwei monaten<br />
dann würde ich bilder produzieren sag nicht<br />
bilder sag bereich<br />
der bildenden kunst<br />
mit dem vergessenen kerl mit zuneigung hunger<br />
auf dem leib ich<br />
würde die teile ins netz stellen ich<br />
hätte keine ahnung von marketing ich<br />
würde beginnen mir beine und scham zu rasieren<br />
dann<br />
anderes studium und<br />
job oder so auch<br />
monatelang wie der krieg<br />
in den körpern um mich<br />
sitzen würde ich<br />
wäre dann neugierig wie das für die typen ist<br />
ich kaufte mir einen umschnalldildo<br />
ich würde versuchen ne gute freundin<br />
ins bett zu kriegen wir machten<br />
ne eigenartige erfahrung ich hätte ihr<br />
unterleibsschmerzen verursacht dann<br />
säßen wir wieder auf dem sofa ich<br />
würde wieder tee kochen und aber den dj<br />
nicht kennen zur abwechslung mal ich würde<br />
so manches und das manche<br />
wäre nur so lange spannend wie<br />
hinter den dingen die<br />
arbeit der körper wie<br />
hinter den körpern die<br />
arbeit des kriegs wie<br />
hinter dem krieg der<br />
mörderische waffenstillstand<br />
klar ersichtlich rumstünde und<br />
also mit anderen worten mein fleisch<br />
luzide und schimmernd und glatt wäre und<br />
also mit anderen worten solange wie<br />
hunger und sprachlosigkeit<br />
herrschten so<br />
für einzwei monate<br />
höre ich<br />
einundzwanzig?<br />
***
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
evsc_26.04.07: remember the flight_ par avion_richtungs-<br />
wechsel: über den wolken, im ohr das dröhnen der motoren,<br />
ein mey-plakat erinnernd in einem der u-bahn-schächte,<br />
die augen fallen zu, nachwirkung, im weichen sitz, von<br />
boots and walking, das geräusch wird zur monotonie, in<br />
geschlossene augen und offene ohren mischt sich gitarren-<br />
musik, spanische, dramatischer flamenco-auftakt, warum<br />
nun? erinnernd, u-bahn-musik, zwischen hackbrett und<br />
gebläse, gitarre setzt sich durch im kopf, aber im flugzeug<br />
als theatralisches crescendo. aus dem lautsprecher die stim-<br />
me der stewardess, kaum verständlich in der letzten reihe,<br />
nur die monotonie, once again, der ansage wird deutlich.<br />
gitarren im kopf, zwischen wolken statt zentralalpenmas-<br />
siv darunter, monotone ansagestimme, keine stewardess,<br />
meine damen und herren, kein flugzeug, u-bahn wieder,<br />
oder auch s- , die neue strassenfeger-ausgabe – dazwischen<br />
haltestellen-info der computerstimme, weiter: ich … ohne<br />
festen wohnsitz… schon lange…<br />
ich auch derzeit, sitze fest im flugzeug, kurzer augenauf-<br />
schlag, auf dem schoss das bord-journal, das umweltver-<br />
träglichkeit der dash 3Q-3<strong>00</strong> versichert, gutes gewissen<br />
einbläut, hersteller bombardier, und in profit recycelt.<br />
augen wieder schwer, mono schon wieder, gitarren hängen<br />
verkehrt rum, ich habe einige artikel ausgewählt, die ich ih-<br />
nen präsentieren möchte, blicklosigkeit, irgendwas von g8<br />
war dabei, inhaltsangabe, haltestellenliste, die reihen vor<br />
mir bestellen cappuccino in pappbechern und mega spar-<br />
pakete zu 6,50 für wasser und gummibrot…<br />
kurzes wegknicken, mir fallen die augen zu, der gitarre<br />
reisst eine saite, mit dem kauf dieser ausgabe aber auch mit<br />
jeder spende unterstützen sie mich, meine damen und herren,<br />
ich bedanke mich für ihre aufmerksamkeit…<br />
meine damen und herren wir dürfen uns nun von ihnen<br />
verabschieden und bedanken uns, dass sie mit uns geflo-<br />
gen sind. wir hoffen, sie bald wieder an bord begrüßen zu<br />
dürfen, vielen dank und auf wiedersehen… kurzes hartes<br />
aufsetzen, rasen über die landebahn, die geschwindigkeit<br />
wird zurückgenommen, in diesem moment aber massiver<br />
spürbar als während des ganzen fluges (da zeitlupen-ein-<br />
druck), rasen, langsamer, zum andocken, raus dann in rei-<br />
he, einer nach dem anderen…<br />
langsam von platz zu platz – haben sie vielleicht interesse am<br />
neuen strassenfeger, sie vielleicht interesse, nein, interesse am..<br />
quietschendes halten, sofortiger stillstand, öffnen der tü-<br />
ren, auf wiedersehen, verschwunden zwischen den ein- und<br />
aussteigenden, der station und der strecke…<br />
rbk_02.05.07_<strong>00</strong>.02h_mayday mayday: hi evelyn, so ists<br />
mai & mayday schon wieder vorbei, planet dreht etwas zu<br />
flink weg gerade, & über den wolken geht nicht bei stern-<br />
klarer nacht, nachtflug, diese sehnsucht nach nachtflügen<br />
zuweilen. als wir in der morena bar sassen vereinbarten<br />
wir, getrennte blicke zu werfen auf den gerade vergangenen<br />
tag, oder wars im würgeengel dass wir davon sprachen – &<br />
erinnere ich richtig, dass du da einen campari cocktail<br />
hattest? der mai fing früh an dieses jahr, irgendwie tropfte<br />
die meldung am vorabend ausm radio dass chavez aus iwf<br />
& weltbank austreten wird, 1989 haben die vom iwf dik-<br />
tierten sparverordnungen zu massenprotesten in caracas<br />
geführt, der dagegen aufgebotene polizeieinsatz hat 3<strong>00</strong><br />
das leben gekostet, & die venezolanische freundin ist dann<br />
nach deutschland gekommen, fröstelnd, immer fröstelnd<br />
durch diese winter hier. letztes jahr noch trabten wir mit<br />
einer kleinstdelegation in venezolanischen farben auf der<br />
maidemo mit, etwas neben den baskischen separatisten,<br />
den italienischen anarchosyndikalisten, den kurdischen<br />
trotzkisten, den veganen lesbengruppen aus kreuzberg 61<br />
& schöneberg, das gesinge der italiener ziemlich lauthals<br />
dabei. nicht so gestern, von venezuela irgendwie keine rede<br />
dafür beklagte sich einer dass man skalitzer ecke wran-<br />
gel nicht auf den mcdonalds hinweise, der da seit jahren<br />
hingebaut werden soll neben der berufsschule in der ka-<br />
serne des dritten garderegiments zu fuss, ernährungsfra-<br />
gen. du musst wissen dass dieser erste mai in x-berg ein<br />
jahrestag war, 1987 ging eine bolle-filiale in flammen auf<br />
ecke wiener, da wo nun die neue moschee in den flachen<br />
himmel ragt, gegenüber von feuerwache und morena bar<br />
wo wir bei üppigen frühstücken sonnten, keinen schritt<br />
weiter tun wollten in dieser müdigkeit ein paar tage zuvor.<br />
zwanzigster jahrestag, & so viele wie diesmal waren lang<br />
nicht bei den verschiedenen zügen, kreuzberg hat da die<br />
13h-revolutionäremai-demonstration & die 16h-mayday
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
parade & die 19h-revolutionäremai-demonstration für alle<br />
die es dann derber ausklingen lassen, vielleicht. nachmit-<br />
tags also hübsch aufstellung genommen, neben g8-block<br />
& clown-brigade eine laienspieltruppe die mobilität am<br />
arbeitsplatz illustrierte, hetzten mit umgehängten laptops<br />
& fernsprechgeschirren & servierbrettern im abgesperrten<br />
karree & machten niedriglohn-zirkeltraining, indessen<br />
einer 1-euro-jobs für polizisten auf seinem transparent spa-<br />
zierentrug, spassfraktion, oder kleinkunst im widerstand.<br />
hinterm technowagen das partyvolk bei noch einer gele-<br />
genheit, den bauch wippen zu lassen, dekoriert wie bei der<br />
love parade 1990 vielleicht, more flower than power but<br />
be happy, nachmittagszug. der rest vom 13h-zug kreuzte,<br />
vertrautes gellen orientalischer irakirankriegsgegnerinnen,<br />
das pitch shiften der stimmen gegen du weisst schon, die<br />
imperialisten, schorsch dabbelju & die seinen. 7<strong>00</strong>0 hin,<br />
8<strong>00</strong> her, sonne drauf & anti-konflikt-team-beamte im<br />
neongelben leibchen regeln verkehr, sehen zu. pause, am<br />
landwehrkanal 1 trupp franzosen die blasmusik machen,<br />
die ersten platten der fanfare ciocarlia rauf und runter, paar<br />
serbensongs aus gucha dazu, stehen am ufer und spielen &<br />
tanzen, paar meter weiter dann myfest mit bands von tango<br />
bis reggae, von blues bis industrial, jede menge fressstand<br />
dazu, du erinnerst die kreuzung oranien-/adalbertstrasse,<br />
in der oranien den bierhimmel vor dem am ersten mai fa-<br />
lafel & erdbeerkuchen feilgeboten wird, sound schwappt,<br />
schwaden steigen, paarbildungsverhalten weil man hier-<br />
herkommt um einander zu zeigen wie das ist, nämlich<br />
lebendig, voll gut drauf diese stadt arm aber sexy, drüber<br />
der helikopter der die daten der überwacher bündelt &<br />
spiegelt, schwaden von daten. ein dinner, ägyptische küche<br />
am lausitzer platz & die gastfreundlichkeit erlaubt sowohl<br />
den dort aufmarschierten polizeikräften als auch den da<br />
durchziehenden demonstranten den besuch der toiletten<br />
des restaurants, das couscous habe ich im kommen&gehen<br />
der kombattanten zu den rest rooms gegessen. für den<br />
gender-diskurs hier vermerkt: dass sowohl die damen de-<br />
monstrantinnen auf dem herrenklo die freien schüsseln<br />
besetzten während die kerle in die urinale entleerten, als<br />
auch die kampfbeanzugte beamtin, vom kollegen gesi-<br />
chert, dort bei den herren der schlange bei den ladies ent-<br />
kam. allerliebst, zumal die tür zu den aborten offenstand,<br />
im regen verkehr. dann aber abendaufzug, letztes gefecht,<br />
sammeln, der 19h-zug geht etwas klarer zur sache, nennt<br />
gleichmal die nummern an die man handy-bilder von po-<br />
lizeiübergriffen als mms senden kann, auch eine nummer<br />
für verhaftungsmeldungen tippen sich die umstehenden<br />
in die displays, sodann werden bekleidungsmarken ziviler<br />
ermittler verkündet, immerhin sollen hinter denselben<br />
leute aufstellung nehmen mit schildern, seht her, dies ist<br />
ein verdeckter ermittler. auch holland-moritz neben mir<br />
bemerkt das andere tempo dann, sehr im gegensatz zum<br />
dümpeln & spasshaben des nachmittags gehts anders zur<br />
sache, flinkschritt, mit blick links&rechts um schnelles<br />
unterhaken zu checken, schwarzer block unter kapuzen<br />
wirft strenge blicke. hatte der nachmittag verheissen, dass<br />
ausser minimalmilitanz keine taktik ist, liess die spannung<br />
im block am abend sowas wie bereitschaft spüren, den din-<br />
gen andere richtung zu geben. war das übrigens nicht eine<br />
der offenen fragen unserer begegnung in berlin, nach dem<br />
militärhistorischen & -theoretischen hintergrund bei mir?<br />
aber zum frühstück hatte ich einen text, aus der Zeit feuil-<br />
leton, der nach solidarität als parole des ersten mai die fra-<br />
ge stellt, was davon übrig ist oder was an ihre stelle tritt,<br />
das netzwerk nämlich, das passt vielleicht zu einzwei din-<br />
gen von denen zwischen uns die rede ist: “das zwang- und<br />
ziellose geplauder ist der nerv des networkings. was nicht<br />
heisst, es wäre eine form des schicksalsvertrauens, ein glau-<br />
be an glückliche fügung. im gegenteil: anstelle von hoff-<br />
nung herrschen zweifel und misstrauen. man muss dem<br />
zufall auf die sprünge helfen, und je mehr kontakte man<br />
hat, desto notwendiger wird er sich ereignen. der soziolo-<br />
ge hartmut rosa hat das in die form eines ‘kategorischen<br />
imperativs’ gebracht: ‘handle jederzeit so, dass die zahl<br />
deiner optionen und anschlussmöglichkeiten grösser wird<br />
– denn du weisst nie, welche optionen morgen wichtig sein<br />
werden, und du bist schneller abgehängt, als du denkst.’”<br />
soweit maximilian probst (Zeit 18, 26.04.07), & zu an-<br />
fang war ich etwas irritiert von der weise wie inzwischen<br />
kontakt gehalten wird zu institutionen, also auch mir als<br />
herausgeber einer literaturzeitschrift z.b., da schlich sich
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
ein halbprivater ton ein der das interesse an publikation<br />
zu übersteigen schien, ein missverständnis dem leicht zu<br />
begegnen ist: als würde man die frage how are you? präzise<br />
beantworten wollen, können dergleichen kontakthalteme-<br />
chanismen geerdet werden durch eingehen auf die ange-<br />
botene ebene, was schnell zum versiegen entsprechender<br />
kommunikation führen wird, weil erfüllung nach gelten-<br />
den massstäben immer übererfüllung ist. “networking setzt<br />
dagegen auf die performative logik der einstellung, die<br />
sich alle optionen offenhält. womit man sich in einer hin-<br />
sicht endgültig entschieden hat: gegen die sache, für die<br />
performance. daran zeigt sich exemplarisch der abersinn<br />
des modernen netzwerks. im grunde verdient es nicht mal<br />
diesen namen, denn der networker bildet in seinem netz<br />
gleichsam einen archimedischen punkt. alle kontakte sind<br />
auf ihn ausgerichtet. unautorisierte querverbindungen<br />
zwischen seinen kontakten sind ihm sogar hinderlich, weil<br />
der vorteil, den er sich von einem kontakt erhofft, mög-<br />
licherweise auf andere entfiele. was sich hinter dem wort<br />
netzwerk verbirgt, gleicht eher dem hierarchischen, zen-<br />
tralistischen staatswesen des absolutismus, keinesfalls aber<br />
einem netz. ein netz hängt nicht am seidenen faden des<br />
einzelnen, ein netz dient immer einer aufgabe, die grösser<br />
ist als die summe seiner einzelnen knoten. ‘kollektiv’ lautet<br />
ein altes wort dafür.” vielleicht zu betrunken jetzt, um wei-<br />
tere linien zu ziehen, der abend draussen war kalt & paar<br />
sachen wurden geworfen, container brannten für reminis-<br />
zenzen, dann abtauchen & frieren, zuhause den single malt<br />
eingeworfen, aufwärmprogramm, ‘fortwährende zitter-<br />
partie auf der freien wildbahn des kapitals’ schreibt probst<br />
ans ende seines artikels in der Zeit, temperatur draussen<br />
auf elf grad celsius gesunken, vom band kräht sinatra von<br />
etwas das in old monterey geschehen sein soll, knacksen<br />
der bandaufnahme der platte, zeit die vergeht, was heisst<br />
das eigentlich, dass zeit vergeht? das ton steine scherben<br />
konzert aufm oranienplatz am abend verpasst übrigens, die<br />
live-platte gibts aber heute schon bei amaZon.de zu bestellen,<br />
das war 1972 beim letzten auftritt der scherben zum<br />
ersten mai etwas anders. veränderte voraussetzungen, die<br />
der tagesspiegel vom 30.04. im beitrag zum sound der revolution<br />
& dem wiederaufgriff des alten labels wohlwollend<br />
kommentiert, mit den worten des drummers der truppe:<br />
“sie seien musiker, keine berufsrevolutionäre, sagt götzner.<br />
pop zeige möglichkeiten auf ohne den machtanspruch der<br />
revoluzzer, und die ‘scherben’ standen immer für ein utopisches<br />
‘keine macht für niemand’. das heisst, sagt funky<br />
götzner: ‘folge nicht dem, der die wahrheit hat, sondern<br />
dem der die wahrheit sucht.’ klingt nach abgedroschener<br />
hippie-weisheit, leuchtet aber ein. und diese suche lässt<br />
eben auch das nachdenken über eine altersvorsorge zu.”<br />
schliesse wohl besser die augen, und melde mich später<br />
zurück… (sentimental journey rasselt vom band, offscreen,<br />
lateinamerikanische rhythmen)<br />
evsc_02.05.07_18.20h_0.34h_et.al.: hallo von mir, hier<br />
aus südlicheren gefilden, in denen ich vor mich hin friere.<br />
seit gestern frage ich mich wie schreiben über diesen 1.<br />
mai, der kein erster mai ist hier in graz, wahrscheinlich<br />
nichtmal hier in österreich oder anderswo und eben gerade<br />
deshalb exemplarisch für den ersten mai stehen kann<br />
und steht wenn wir ihn hier so betrachten. so schreibe ich<br />
nun über die jahrmarktstimmung am hauptplatz und die<br />
bühne auf der die stationen des umzuges durchgesagt werden,<br />
die wartenden bierzelttische. ein kalter mai-morgen,<br />
fiepernd stehe ich an der ecke zur murgasse, wartend und<br />
nicht erwartend, an diesem ersten mai, der doch nicht<br />
mehr mehr ist als das abgehalfterte zitat einer mai-parade<br />
oder demonstration oder -, zitat und aussage.<br />
du hörst im radio über chavez und iwf und erinnerst dich<br />
wärmerer tage mit venezolanischer freundin, chavez lese<br />
ich und denke an die euphorie nach der wahl, eine ausreißer-redakteurin<br />
der ersten stunde schrieb einen artikel<br />
und diskutierte gegen populismusvorwürfe an, dann dieser<br />
kalte jänner, frösteln beim iran-besuch und der umarmung<br />
ahmadinedschads.<br />
die oranienstrasse, das zentrum der mayday-aktionen in<br />
berlin, nicht zu verwechseln mit der oranienburgerstrasse<br />
– ich erinnere wie du mich drauf hingewiesen hast – in der<br />
du einmal vergeblich nach einem lokal-treffpunkt, ausgemacht<br />
in ersterer, gesucht hattest (oder war’s umgekehrt?),<br />
die kuppeln der synagoge dort, ein blauer himmel, davor<br />
polizei-streife und sicherheitskontrolle am eingang.
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
bolle, ja ich weiss, hier ist die verflechtung von konsum und<br />
sozialismus noch immer präsent, ich erinnere konsum-plei-<br />
te (der konsum, das bedeutete für viele identifikation, kau-<br />
fen nur bei konsum usw.), letztes jahr bawag-desaster etc.,<br />
themen, die first of may hier durch köpfe und strassen geis-<br />
tern. strassen, erster mai und strasse, seit den 20ern eine<br />
allianz, strassen in rot, nelken und tücher sind noch immer<br />
da, noch immer.. in der zib am abend später fragte die spre-<br />
cherin: polit-folklore oder politische botschaft.. aber noch<br />
stehe ich in der murgasse, an der ecke, fröstelnd, der wind<br />
bläst mir und den einigen wartenden und schauenden um<br />
die ohren, die massen sitzen drüben am hauptplatz auf<br />
den bierzelt-bänken, oder sind schon bei den kinder-ak-<br />
tivitäten schräg dahinter, familientag. auf der strasse, auf<br />
der sonst die strassenbahn fährt, richtig, hier in graz ge-<br />
hört sie fix zum stadtbild, keine entfernung irgendwo wie<br />
in berlin, aber ausweitung nur wenn neues einkaufscenter<br />
eröffnet wird, man besinnt sich auf den nutzen und macht<br />
so das strassennetz zu eben jenem hierarchischen network<br />
des archimedischen machtpunktes. doch jetzt gerade fährt<br />
die strassenbahn nicht, denn die gleise entlang spazieren<br />
sie vorbei, die einzelnen rot-grüppchen mit irgendeinem<br />
oder auch keinem ausser parteimitgliedschaft, promistatus,<br />
ögb, ak, dazwischen einige transparente, hin und<br />
wieder einzelnes oder auch gruppiertes applaudieren der<br />
am strassenrand stehenden, frost unter der sonne zwischen<br />
dem klicken der fotoapparate beim defilée der stadt- und<br />
landesregierungssmitglieder, die sp-ler kommen vom europaplatz<br />
herunter. ich hätte noch einen pulli drunterziehen<br />
sollen, durch die schweinsbraten-schwaden hindurch wird<br />
mir richtig kalt, überlege ich, warum ich hier stehe, sehe<br />
es als recherche, versuche zu beobachten, bin doch teil,<br />
hoffentlich keine erkältungsfolgen. weiter, da kommen<br />
aber noch viele, da drüben auf der strasse gesichter alter<br />
bekannter, warum geht gerade der im zug mit, kann oder<br />
mag sich wohl trotz allem nicht endgültig lösen, zu lange<br />
schon sein netzwerk…<br />
verstreut teilnehmende nun, die reihe ist immer noch recht<br />
lang, ich stehe am strassenrand. schon bevor er auf meiner<br />
höhe ist nehme ich ihn wahr, nur momente später weist<br />
meine mutter, die neben mir steht und friert, mich auf ihn<br />
hin, ein alter mann, dünn, zerbrechlich, humpelnd, grünkarierte<br />
jacke, stock, unsicherer, wackeliger aber gleichzeitig<br />
bestimmter gang, im knopfloch die rote nelke, schief<br />
hängt sie mittlerweile, wie sein gang, aber da, keine chance<br />
die fällt nicht raus, nicht mal verwelkt ist sie. vom europaplatz,<br />
vom bahnhof also, bis hierher, das ist eine weite<br />
strecke, ich bin mir sicher, er ist die ganze dabeigewesen.<br />
da ist kein jammern kein ich kann nicht kein schon längst<br />
nicht mehr von dem alten mann, da ist nur selbstverständlichkeit.<br />
er ist der einzige, der mir an diesem tag so etwas<br />
wie respekt (ja, der erste mai ist hier der tag des grossen<br />
vokabulars) vermittelt, und der, die poser hier und später<br />
in der zib, pathos hin oder her, noch verachtungswürdiger<br />
macht. respekt im sinne der übersetzung als ‚berücksichtigung’,<br />
dieser tag wurde in seinen anfängen als solcher<br />
eben gerade so definiert, berücksichtigung derer, denen<br />
diese systematisch verweigert blieb-bleibt, kein applaus.<br />
schon wieder frage ich mich, wie schreiben? der alte mann,<br />
der da die strasse entlanghumpelt, ist der einzige, für den<br />
einerseits dieser erste mai tatsächlich sinn hat und der ihm<br />
gleichzeitig, sei es als spiegel-, als zerrbild, sinn verleiht.<br />
nicht unhinterfragte parteitreue, nicht bequemlichkeit wie<br />
jener, bei dem ich mich fragte, was macht er hier, keine<br />
durchhalteparolen brechen sich durch mein zähneklappern,<br />
aber für ihn ist das alles hier, was debords spektakelbegriff<br />
so perfekt entspricht, vielleicht tatsächlich jenseits<br />
davon…<br />
haben genug vom frieren, auf dem hürdenlauf über rosa<br />
zuckerwatte, durch schweinsbratenbeladene tische und<br />
volksmusikalisches dröhnen in den ohren, das mittagsund<br />
nachmittagsprogramm der kpö werde ich versäumen,<br />
die übrigens mit einigen metern abstand dem sp-zug folgte,<br />
und zu der sich obligaterweise die che-marken gesellten<br />
nachdem zuvor und dazwischen die bosporus-fraktion<br />
mit öcalan-bildchen vorbeigezuckelt war. auf der suche<br />
nach aufwärmmöglichkeit landen wir in jenem operncafé,<br />
das ich hier schon mal erwähnt habe. grotesk, nach der<br />
tee-bestellung, stellen wir fest, vom ersten mai profitiert<br />
hier einer der paradekapitalisten der stadt, der besitzer des<br />
übervollen cafés nämlich, jener charly temmel, mit zig weiteren<br />
lokalen inklusive seiner schwarzenegger-kooperation
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
mit schatzi on the main…ich behalte die jacke auch drin-<br />
nen an, das frösteln mag nicht vergehen…<br />
geht unser frühstückskonzept der getrennten blicke auf,<br />
das aus der morena bar, den campari cocktail im würge-<br />
engel erinnerst du jedenfalls richtig, passte überhaupt nicht<br />
zum später doch noch georderten manchego und den oli-<br />
ven, ein klassisches ergebnis bei mir, ich sass offensichtlich<br />
sogar mit meiner bestellung, wieder mal, zwischen den<br />
stühlen, fühlte mich dann allerdings ganz wohl da, kein<br />
würgen…<br />
höre der erzählung meiner mutter zu, von ersten mai para-<br />
den ihrer kindheit, ich kenne sie, die wägen, die menschen,<br />
rechtzeitig platz sichern um noch was zu sehen, lachen, wir<br />
stellen fest, dass das das alles heute den unverwüstlichen<br />
faschingsumzügen hier vor ort sehr ähnelt; ich ziehe end-<br />
lich meine jacke aus.<br />
ein hoffentlich gelungenes foto noch mit alter kamera<br />
aufgenommen, vom ende des kp-zuges, die, während die<br />
versammelte spö am hauptplatz sich in nostalgie erging,<br />
noch durch die herrengasse weiterzog und sich auf dem<br />
plätzchen vor mariensäule und -lift versammelte. hübsches<br />
bildchen also, die che-flagge unter marias goldglanz, du<br />
erinnerst, einst unsere liftfahrt, eye in eye with mary…<br />
vorm bierhimmel schreibst du, falafel und erdbeerkuchen,<br />
bierhimmel, himmel über berlin, mir summt im ohr weihnachten<br />
über deutschland von sandra & roger, auch ein<br />
frieren drin und ein oben drüber… auf dem rückweg bei<br />
gestiegenen temperaturen, in der schmiedgasse allerdings<br />
wieder beim family-day gelandet und image-pflege von<br />
landeshauptmann und konsorten beim fotoshooting mit<br />
den kleinen, dahinter oldtimer-parade. bevor das frösteln<br />
wieder platz greift abgedreht richtung stadtpark, dort in<br />
der mai-sonne über den mittag gekommen, gen himmel<br />
geblinzelt, schliesse für einen moment nur die augen und<br />
melde mich später zurück…<br />
evsc_03.05.07_23.34h: die kalte nacht danach hab ich<br />
hier drinnen nicht mitbekommen, da sass ich, datenerhebung,<br />
zuhause und replizierte vor dem fernseher der die<br />
bekannten bilder auf und ab spulte, den tag. kein anlass<br />
betrunken zu sein, müde allerdings, wieder mal, die ent-<br />
schlossenheit einer roten nelke schief im knopfloch schiebt<br />
sich vor die flimmerscheibe. spät nachts noch als ich fragte<br />
wie schreiben über sirrten die buchstaben bahnhofgleise<br />
entlang, kameraüberwachten wie der nachrichtenbeitrag<br />
grade mitteilte.. heute also buchstabenentwirrung versucht,<br />
mittlerweile aber schon 4. 5. und unter, nein in den<br />
augen der sand... schliesse jetzt und melde später...<br />
rbk_10.05.07_<strong>00</strong>.40h: röhl, wir begrüssen ulrike röhl sagt<br />
der verantwortliche der galerie nord in moabit, die da sitzt<br />
am tisch vor einem gemälde der ausstellung deutet hinter<br />
sich & sagt, die da hiess so als sie aussah wie da, in der zeit<br />
hat sie seinen namen getragen, guten abend. die tochter,<br />
tochterbuch über die eltern & ihre parallelen & parallaxen,<br />
kommunismus, so macht kommunismus spass heisst das<br />
buch der tochter, gelesen in der ausstellung von der liebe<br />
vor den abbildern der mutter, der eltern der mutter, der<br />
mutter & der schwester als sie ein kind war, abmalungen<br />
von fotografien, bettina röhl wählt stücke am einunddreissigsten<br />
todestag der mutter die nicht so alt geworden<br />
ist wie sie sagt sie, auch die grossmutter, eine reihe jung<br />
sterbender frauen in dieser herstory, von holland-moritz<br />
heute ein buch über frauen im all als geschenk, der mensch<br />
muss über die erde aufsteigen – bis in die oberste atmosphäre<br />
und darüber hinaus; nur dann wird er die welt in der er<br />
lebt vollständig erkennen können, sokrates als leitspruch für<br />
die wegbereiterinnen, auf erden die mutter & die mutter<br />
der mutter, die freundin der mutter als ersatzvater nennt<br />
sich selbst so in ihren briefen, renate riemeck, jüngste<br />
professorin der westrepublik, dazu kampf dem atomtod &<br />
promoviert über spätmittelalterliche ketzerbewegungen, die<br />
strenge von oldenburg, kontrolle, disziplin, härte gegen<br />
sich selbst, bibelspruch zum tod der mutter ins tagebuch<br />
gesetzt, ulrike marie, 9.mai, paraden in moskau wg. kapitulation<br />
der faschisten, vor den sowjets kapituliert die<br />
deutsche wehrmacht nämlich einen tag später, nicht am 8.,<br />
ulrike marie die kommunistin, renate riemeck die wegen<br />
engagements in der friedensbewegung 1960 die lehrbefugnis<br />
verliert, 1957 fliegt laika ins all, der von bettina röhl<br />
aufgezeichnete sprung der mutter vom christentum in den<br />
kommunismus, vom kommunismus in die neue radikale
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
linke, 1963 fliegt valentina tereskova mit vostok 6 ins all,<br />
aber die kommunistischen jahre, konkret, röhl & meinhof<br />
machen konkret, auflage 250.<strong>00</strong>0, libertinage & kampf-<br />
glossen von ulrike marie, dazu 40.<strong>00</strong>0 westmark im monat<br />
von drüben, durchfinanziert am grünen tisch in der roten<br />
zone, tische in der toskana an denen roter wein in strömen<br />
fliesst, expert, eine irgendwie vielgelesene russische zeitung<br />
schickt eine journalistin zu bettina röhl, und hat das sofort<br />
verstanden den titel so macht kommunismus spass. sei ein<br />
schlüssel zum verständnis des ganzen sagte die journalistin<br />
vom expert sagt bettina röhl in moabit, expert group is<br />
a diversified international publishing and research group of<br />
companies. at its core is expert, russia’s nationwide business<br />
weekly magazine, established in 1995 in moscow. the group<br />
also includes four regional business weeklies in russia – expert<br />
severo-Zapad (northwest region), expert ural, expert sibir<br />
(siberia and far east) and expert volga, as well as interna-<br />
tional publications expert kaZakhstan and expert ukrai-<br />
na. expert group includes several research centres – expert<br />
ra rating and ranking agency, expert-data market research<br />
agency, analytical centre expert think tank, and expert<br />
innovation bureau, so macht kapitalismus spass, eine idee<br />
honeckers oder doch von ihm persönlich abgesegnet, kon-<br />
kret, porschefahrende regimegegner das fehlte ja noch,<br />
fahren sie nicht porsche sind sie allerdings moralinsaure<br />
spielverderber, so oder so ist das eben, falsch gewickelt, gewi-<br />
ckelt das kleinkind, kräht ein bisschen, pfeift ein bisschen<br />
im schlaf, vorn einer der pennt & mal links & mal rechts<br />
zurückgeholt wird, atmet laut im schlaf, megabass ausm<br />
tiefergelegten individualverkehr draussen drummt paar<br />
satzteile weg, petflasche reichen sich zwei hinundher dass<br />
es knackt, glasflasche klirrt auf die fliesen, galerie nord,<br />
aufgeheizt, luft zum schneiden, 1963 erste kosmonautene-<br />
he von tereskova & nikolaev in moskau geschlossen, 1964<br />
deren tochter jelena als erstes kind von weltraumreisenden<br />
eltern zur welt gebracht, die liebesbriefe der mutter der<br />
vorlesenden an den vater der vorlesenden der die macht<br />
hat den ersatzvater beiseitezuschieben, fraulichkeit, plötz-<br />
lich diese fraulichkeit bei der wahl der klamotten (“gender<br />
mainstreaming heisst im klartext kompletter umbau der<br />
gesellschaft und neuerfindung der menschheit. gender<br />
mainstreaming ist eine art totalitärer kommunismus in sa-<br />
chen sex und geschlechterbeziehung. die real existierende<br />
welt wird unterschwellig das (zu eliminierende) patriarchat<br />
genannt, und die frau und auch die gesellschaft sollen zu<br />
ihrem glück in gestalt eines matriarchats auf leisen sohlen<br />
gezwungen werden: frauen in den beruf und an die macht,<br />
sprich in die führungspositionen in politik, wirtschaft und<br />
kultur. männer an den herd und in die traditionell zu 1<strong>00</strong><br />
% von männern besetzten schwerstarbeiten, wie unterta-<br />
gebau, kampftauchen, firefighter (die ausdrücklich von der<br />
frauenministerin nicht genannt werden).” soweit bettina<br />
röhl im april 2<strong>00</strong>5 in cicero, einem magazin für politische<br />
kultur das die taZ “eine art vorruhestandsregelung für ehe-<br />
malige springer-redakteure” nennt: “in diesem muffigen<br />
altherren-debattierklub riecht es nach ‘tabak original’ und<br />
socken von gestern…” cicero, dort sätze wie diese von gerd<br />
habermann (professor und leiter des ASU-unternehmer-<br />
instituts. zuletzt von ihm ‘der weg zum wohlstand. ein<br />
adam-smith-brevier’), gegen den gleichheitsstaat merkelscher<br />
prägung, socken ganz frisch, wieviele euro woher im mo-<br />
nat wofür: “schutz ist immer mit herrschaft verbunden. je<br />
mehr soziale zwangsabgaben, desto mehr auch herrschaft<br />
der sozialkleptokraten über das private eigentum. vielfach<br />
lohnt sich die leistung, vor allem die überdurchschnitt-<br />
liche leistung, nicht mehr.”), das dröhnen eines ventilators<br />
der bei 2<strong>00</strong>0 hertz 76 dezibel abgab war das einzige was die<br />
erste kosmonautin im gegensatz zu ihren männlichen kol-<br />
legen als störend empfand, und es war etwas ungewöhnlich<br />
mit frei schwebenden armen zu schlafen, got a ticket for a trip<br />
/ get your kicks on vostok VI / val val val val valentina / teresh-<br />
kova / circling the earth tonight / medienmacher meinhof &<br />
röhl, bei ihr diese fraulichkeit der frisur & dann schwan-<br />
gerschaft, der lesbische ersatzvater hat die stiefkinder<br />
nicht grossgezogen für sowas wie kinderkriegen, glück mit<br />
männern, der karrierebewusste ersatzvater hat die ersten<br />
erotischen begegnungen ulrike maries sabotiert, entweder<br />
abitur oder ausflug mit dem geliebten, zähneknirschend<br />
das abitur, ein pyrrhussieg für den vater der ersatz für den<br />
vater & freundin der mutter ist, eine liebesbeziehung, dazu<br />
bibelverse, oldenburg, disziplin. wir begrüssen ulrike röhl,<br />
es geht um die liebe in den 60ern, es geht um die liebe, sie
0<br />
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
wolle sich nicht einmischen in die liebe der eltern aber sie<br />
seien ein perfektes team gewesen, konkret, knutschmund<br />
und titten draussen dafür drin moralinsaure glossen, aber<br />
perfekt, rhetorisch brillant, aber kommunistisch, die eltern<br />
reisen alle paar monate zu konspirativen treffen mit dem<br />
führungsoffizier, zuhause familienleben, füsse unterm tisch,<br />
alles ganz normal zuhause sagt bettina röhl, bankauszüge,<br />
lebensversicherung (wann wird die lebensversicherungs-<br />
police der ulrike marie röhl auf ebay versteigert, oder bei<br />
sothebys?), eltern die an artikeln schreiben & kinder die<br />
leise sein müssen, das klappern, geklapper von maschinen,<br />
konzentration.<br />
die fragen danach aus dem publikum, wie das war als kind<br />
solcher mutter (schreibt sie ein buch gerade darüber), glaubt<br />
auch sie dass guerilla ein weg noch sei (glaubt sie nicht.<br />
nicht hier, man müsse das umfeld beachten, die bundes-<br />
republik), eine mit designerbrille & teuren stoffen am leib<br />
lobt für das ausbleiben von klischees, sie sei gekommen in<br />
erwartung von klischees & diese seien ausgeblieben wofür<br />
sie nun danke, danke sagt bettina röhl, es war nicht meine<br />
absicht diese erwartung zu erfüllen, die dame mit brille ist<br />
entzückt von der tochter, lobt wie sie gelesen habe, vonder-<br />
leyenhaftes wohlwollen saturierter ersatzmütter im publi-<br />
kum mit blick auf die scheintochter bei der umverwertung<br />
von kindheitserinnerung, das einzige was die tochter gut<br />
gelesen hat sind die frühen liebesbriefe der mutter an den<br />
vater, stammelnd wie diese (das antiatomtodmädchen &<br />
der untergrundkommunist), nah dran & von sich weisend<br />
auch, aber sich stellend mit atemberaubender offenheit,<br />
was ist mit der liebe, noch einer beklagt dass nicht von der<br />
liebe der tochter zur mutter, der mutter zur tochter die rede<br />
gewesen, ich habe von der liebe der mutter zur grossmut-<br />
ter & dem ersatzvater vorgelesen sagt bettina röhl, es ging<br />
hier um die liebe & die vergangenheit, sagte man mir, sagt<br />
röhl mit seitenblick ins publikum. der kommunismus, die<br />
ungeliebtgebliebenen kerle im publikum werden von der<br />
teilzeitgeliebten tochter um die reinheit der empfindung<br />
zur mutter gebracht, gelungene & misslungene biografien<br />
der anwesenden frauen & männer in dieser verteilung,<br />
glauben sie dass das kommunismus war im osten fragt ei-<br />
ner, meine mutter hat bis 68 den kommunismus im osten<br />
anerkannt, mit schwächen und stärken, sagt die tochter<br />
zum einunddreissigsten todestag der mutter, das hat sich<br />
mit 68 geändert sagt sie von ihr. luft zum schneiden, ein<br />
spiel mit fraulichen mitteln zwischen text & raum am<br />
beispiel ulrike marie, das leben bietet viele beispiele für das<br />
durchhaltevermögen & die leistungsfähigkeit von frauen. im<br />
krieg vollbrachten sie wahre wunder und im weltraum wer-<br />
den sie sich gleichermassen auszeichnen. ehe wir uns versehen,<br />
werden sie ein himmelsmatriarchat gründen, frohlockt juri<br />
gagarin vorm absturz beim nachtflug märz 68 & stirbt,<br />
wird vorerst nicht recht behalten.<br />
wechsel ins café am park mit holland-moritz der sich noti-<br />
zen machte, wechsel in 1 anderes stück: paar anfang vier-<br />
zig, sie älter als er, es geht um den grundbucheintrag, das<br />
paar hat das geld für ein haus in spanien zusammengelegt<br />
& nun will er nur seinen namen im grundbuch sehen, hasst<br />
eben jede abhängigkeit, spricht vom fahrradfahren, man<br />
könne nicht immer tandem fahren es brauche eigene wege,<br />
ein hauskauf ist keine fahrradtour sagt sie, er hat dieses<br />
mützchen aus locken das kerle tragen die sich süss finden<br />
& gern alleine spielen gehen draussen, hasst jede abhängig-<br />
keit, in kreuzberg am morgen hausdurchsuchungen, grup-<br />
pen gegen g8 als terroristische vereinigungen bekämpft,<br />
daten erhoben, in buchläden kundendateien durchkämmt,<br />
den server so36 abgeschaltet auf dem laufen die pages von<br />
nem dutzend initiativen von links, festplatten beschlag-<br />
nahmt, blockade von zufahrtswegen in heiligendamm oder<br />
vorbereitung dazu ist terrorismus, wo ohnmächtige wut über-<br />
legene rationalität ablöst, wo der paramilitärische einsatz der<br />
polizei mit paramilitärischen mitteln beantwortet wird, let<br />
the good times roll, die frau zieht den lippenstift nach &<br />
fragt was sie sich denken solle wenn das geld halbehalbe<br />
und im grundbuch nur er, ob darin eine distanz liege in<br />
ihrer beziehung, er sagt etwas von der idee die so wichtig<br />
sei für ihn dieses haus zu besitzen, die idee sei doch seine,<br />
dabei die hand im nacken verschränkt & die schultern ein<br />
wenig eingezogen, lacht zuweilen, sie sieht ihn an, sieht<br />
ins leere, schrägt den kopf für das lächeln einer mutter vor<br />
dem lügenden kind, er redet weiter & weiss nicht was das<br />
bedeutet, das ist nicht seine mutter realisiert er nicht für
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
den moment, lässt die hübschen fältchen um die augen<br />
spielen & vertraut auf die locken, das eigentum ist doch<br />
ganz gleichgültig sagt er vielleicht, also lass mir das doch.<br />
liebe, wie macht man die, in einem der briefe von ulri-<br />
ke marie m. lässt sich lesen wie sich diese liebe neben die<br />
politische arbeit stellt, wie sie hineinspringt in ihr leben,<br />
eben noch kampf gegen wiederbewaffnung dann glücksge-<br />
fühl, frage der vereinbarkeit, frage des gegensatzes, ulrike<br />
marie m. schreibt in diesen moment die frage & springt<br />
über die antwort hinweg, gibt sich diesem angeber hin, tut<br />
was der ersatzvater immer verhindern wollte um zu sich zu<br />
kommen, zehn jahre familienleben in der medienhisocie-<br />
ty hamburgs, hochsteckfrisuren & fraulichkeit & manch-<br />
mal die verdeckten fahrten nach osten, absprachen dann<br />
mit stellvertretenden hauptabteilungsleitern, gespaltenes<br />
oder doppeltes bewusstsein je nachdem, & die generati-<br />
onen, was da an ballast mitschwimmt, töchter & mütter<br />
& das empfinden der anderen struktur dieser verhältnisse,<br />
in kreuzberg in der nacht verhaftungen nach spontanen<br />
protestdemonstrationen, rempeleien wo ohnmächtige wut<br />
überlegene rationalität ablöst, wo der paramilitärische einsatz<br />
der polizei mit paramilitärischen mitteln beantwortet wird,<br />
in hamburg irgendwas brennt, im vorfeld kriminalisieren<br />
& total normal die wannen an den kiezecken zeigen prä-<br />
senz, & das schreiben, das tagebuchschreiben von bettina<br />
r. das ulrike marie m. im gleichen alter begann was auch<br />
immer das heissen soll, in welches grundbuch da einge-<br />
tragen wird. der spass hat aufgehört, endet meinhofs kon-<br />
kret-artikel nach dem attentat auf dutschke am 11. april<br />
68 aufm kurfürstendamm, vor der 141 die gedenkplakette<br />
ins pflaster gelassen…<br />
rbk_17.05.07_23.43h: hi evelyn, spannungsabfall an der<br />
umlenkspule, kurznotiz ausm hier&vorgestern, schnapp-<br />
schuss vom zentralflughafen tempelhof ostwärts vorm<br />
zaun auf der bank, 14.20h rollt flug 804 zum start, quer-<br />
winde, gummibär grün zwischen den zähnen auf der bank<br />
klickt der auslöser, simuliertes klicken, durchfahrt nach<br />
südwest, mariendorf, friedhof 3faltigkeit, die maschine da<br />
auf der startbahn nimmt anlauf, wind reisst den lärm weg<br />
& die maschine kippt ins licht, steigt, seitwärts gedrückt,<br />
nach oben gummibär rot nachgeschoben, auf durchfahrt<br />
nach südwest, hab 1en schnappschuss gemacht vom start,<br />
wozu, klicken der schaltung, bushaltestellen, mit dem rad<br />
durch die stadt & orientierung auf den plänen in den war-<br />
tekabinen, kalte sonne im nacken, 3faltigkeit abt. A diese<br />
randlagen, leeres feld mit eingesunkenen gräbern, junge<br />
fahrerinnen der BVG am 12.04.45 kurz vor dienstschluss<br />
erwischt & hier zusammen beigesetzt, drüben das mahn-<br />
mal für die ausländischen toten der hauptstadtbombardie-<br />
rung & überall drumherum unbekannt, unbekannt unbe-<br />
kannt, vorn links 1 bäumchen, die maschine kippt ins licht<br />
überm kopf taucht das rauschen der motoren ins rauschen<br />
einer kalten sonne, unterm bäumchen neben der birke der<br />
flache stein & 1 anzahl blumensträusse so knapp nachm<br />
todestag, freiheit ist nur im kampf um befreiung möglich,<br />
gelöscht die zeile über namen & daten nicht toleriert von<br />
der verwaltung, war nicht einfach einen friedhof zu finden<br />
der sie genommen hat, also spruch weggekratzt & namen<br />
gelassen, harte landung, bunter frühsommerstrauss und<br />
die nelken rauschen, ferner blick anderer besucherinnen<br />
drüben bei den richtigen toten, pflegestecker & hinweise<br />
sich zu melden bei der friedhofsverwaltung, abgesunkene<br />
dekorationen über eingedrückten särgen die zeit, unbe-<br />
kannt unbekannt, todestag oder jahr, schattenlage süd-<br />
west, kondensstreifen, am abend in die kulturbrauerei<br />
zum preview vom grossen ausverkauf, luft zum schneiden<br />
die 2te, joseph e. stiglitz im taxi durchn regen manhattans,<br />
das wasser von cochabamba, die zerschlagung von british<br />
rail, die selbstabschaffung von gemeinwesen, ich habe ein-<br />
mal bestimmte aspekte der wirtschaftspolitik mit moderner<br />
kriegsführung verglichen sagt stiglitz im taxi & nacht über<br />
den städten, die guerilla-elektriker von soweto & was übrig<br />
ist vom philippinischen gesundheitssystem nach der priva-<br />
tisierung, dass 1 wissenschaftlich widerlegter standpunkt<br />
zum glaubenssatz politischer kasten wird, gummibären<br />
im dunkeln, dass bolivianische bauern genauer wissen<br />
was world bank ist als deutsche mittelständler mit zugang<br />
zum breitband-infotainment, dass in den westmedien alles<br />
schön bunt von goldener zukunft bei bereitschaft zu voll-<br />
ständiger anpassung singt: mittelmässige apparatschicks<br />
im besitz überwundener wahrheiten krallen sich fest, sie-<br />
1
2<br />
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
gen zuende bei maximalverlust. the big sellout, wäre ihr<br />
film nicht glaubwürdiger gewesen wenn sie auch einige po-<br />
sitive beispiele der privatisierung genannt hätten, kommt<br />
die frage aus dem publikum. es gibt nur sehr wenige die<br />
zu tun haben mit einer sondersituation: der existenz noch<br />
korrupterer regime die durch den privatisierungsdruck der<br />
weltbank zur umstrukturierung der ausbeutung ihrer be-<br />
völkerungen gezwungen werden, sagt florian opitz freund-<br />
lich vorm vorhang der bühne. am 16.05.1976 in der rand-<br />
lage mariendorf, 3faltigkeit abt. A, ruft rudi dutschke un-<br />
vermittelt mit der faust überm kopf ins blitzlichtgewitter<br />
dass der kampf weiter geht, ulrike – nein, er ruft holger der<br />
kampf geht weiter am 18.11.1974 in hamburg bei der beer-<br />
digung von meins, von meinhof sagt in mariendorf bei der<br />
beisetzung klaus wagenbach sie sei wohl an den deutschen<br />
verhältnissen eingegangen… tagesendmeldung noch, auch<br />
schweden nimmt den klimawandel ernst, & jeder kann<br />
etwas tun um die klimakatastrophe einzudämmen: öko-<br />
bestatten zum beispiel, also gefriertrocknen statt sich roh<br />
verscharren zu lassen. die idee dazu kam kulturministerin<br />
lena adelsohn liljeroth, die ist überzeugt: die neue metho-<br />
de verspreche geringere belastung von luft und wasser als<br />
herkömmliche bestattungsformen, bei denen die zersetzung<br />
der leiche mehrere jahre dauert. bei minus 196 grad celsius<br />
wird die leiche in flüssigem stickstoff gefriergetrocknet &<br />
durch mechanische vibrationen in grobes pulver verwan-<br />
delt. nach dem trocknen & entfernen von metallresten<br />
wiegen die überreste eines 75 kilogramm schweren men-<br />
schen dann nur noch 25 kilogramm… wünsche gut zu<br />
ruhen dann, & melde mich später aus der tupperware-box<br />
zurück…<br />
evsc_18.05.07_23.30h: hi ralf, flash back, über berlin<br />
ist der himmel weit, eine der wenigen städte, auf die das<br />
zutrifft, meintest du, als wir, nun schon beinah einen<br />
monat her, über grünfläche wo jahre zuvor strassenbahn<br />
schlenderten, noch ein paar grillschwaden in der luft, und<br />
diese folterspielgeräte dann, vielleicht erinnerst du…<br />
was die 68er wollen – und janis‘ mercedes benz schallt ausm<br />
ohrstöpsel, programmiert auf bettina röhls homepage, fo-<br />
tos über fotos interviews von und mit der freien journalis-<br />
tin, die gegen die faz gewinnt, vor gericht, da hatte sie ein<br />
anderes match zu schlagen, keine terroristentochter will sie<br />
mehr sein weiss aber wie man zum medienmenschen wird.<br />
freiheit und kampf aufm grabstein, noch dazu als appell,<br />
das war nicht drin, aber gehirnforschung, die schon… hol-<br />
ger, ulrike, der kampf geht weiter, sperrzäune wachsen, un-<br />
sere polizisten schützen die faschisten und die sind ja gewähl-<br />
te parlamentarier, so die verwaltungsdirektorin der kfuni<br />
graz, und es ist doch öh-wahlkampf, ich verbiete doch<br />
auch keine grüne veranstaltung, von ihr also kein strache<br />
blocken auf uni-gelände, polizei mit schilderwall drängt,<br />
distanz, stundenlang dauert der einsatz, das knochenfli-<br />
cken länger, viel länger... deutsche verhältnisse... der öh-vor-<br />
sitzende distanziert sich in rundschreiben und print von<br />
den ausschreitungen, damit habe man nichts zu tun, weder<br />
mit den einen noch den anderen. distanz. vorm sperrzaun,<br />
no demos at all wirtschaftspolitik und moderne kriegsfüh-<br />
rung, distanz des knopfdrucks, das blut rinnt dann übern<br />
bildschirm, sperrgebiet wirtschaft... 2 fotos von cartier-<br />
bresson vor augen, 1962, spielende kinder, an der mauer,<br />
ein mädchen klettert sie hoch, fuss auf stein, hände einge-<br />
krallt oben stacheldraht, aufnahme im westen. noch mal<br />
mauer, drei männer auf ‘nem stromkasten (vermutlich),<br />
von hinten, blick über die mauer ausm westen – 25 jahre<br />
vorwärts, sperrgebiet, km-breit, don’t touch.. himmel über<br />
berlin oder heiligendamm oder anderswo - der materielle<br />
wiederaufbau der religiösen illusion (wieder also debord),<br />
don’t touch, die monstranz funkelt der prozession den weg,<br />
bunt bemalt und anbetungswürdig, best seller, verklärtes<br />
strahlen unberührbarkeit macht sich breit körperlosigkeit<br />
ist nicht angreifbar jenseits als konsum dorthin die verban-<br />
nung der menschlichen kräfte in ein jenseits nämlich, und<br />
prada meinhof bringt röhl immer noch auf die palme…<br />
augenpause nur kurz, melde mich morgen im gleißenden<br />
sonnenschein kalter mai-tage zurück…<br />
nachtrag zu gestern_(19.5.07)_spielende kinder in park-<br />
bäumen, widerstand einer post68er generation, das sind<br />
ihre grundbücher. so macht kommunismus spass ebenso<br />
wie anarchosyndikalismus der da familiensyndikat heisst<br />
antikatholizistisch, hallelujah, hoch den haushaltlichen<br />
widerstand! da werden die euros zum kreisel bevor sie über
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
die theke wandern, wenn sie denn wandern, lieber raus auf<br />
die parkbank, die kostet nichts, vor allem nicht die über-<br />
windung das kreisel ausm tanzen zu bringen. kleinkariert,<br />
wozu um worte feilschen, wir feilschen lieber um die spar-<br />
anlagen des widerstandsnachwuchses, don‘t touch, und<br />
statt des kirchenbeitrags bauen wir einen traumfänger aus<br />
taubenfedern. nachtzeit, die toppt die liebenswerte jeans-<br />
bügelnde ex-hippie-mutter julie delpys bei weitem, deux<br />
jours à paris, aber nur im wg-austausch, kostenreduktion,<br />
zukunftsinvestition, klein-sparer, pace vorm fenster in al-<br />
len farben, die taubenfedern segeln überm bett der famili-<br />
enaufstellungsteilnehmerInnen, gender muss sein, lass uns<br />
doch drüber reden über die rollenklischees, nein, nicht am<br />
telefon, kostet ja, meinst du ich unterstütz noch den mo-<br />
bilfunkkonzern, sparkonto kreiselt, clash of klischees, ste-<br />
reotypes, wozu um worte feilschen, der kampf geht weiter,<br />
ich schreib doch ohnehin geschlechtsneutral, sorry, was los<br />
ist, ich kann nicht reden ich hab ein kind, nein ist tabu,<br />
ich bau ihm doch keine grenzen, kreisel… so macht poli-<br />
tisches engagement spass, zwischen 8 und 12, schulzeit..<br />
nein, ich kann nicht einspringen, das grundbuchamt, du<br />
verstehst.. paradeanarchos der strukturlosigkeit, nachtzeit,<br />
die strukturfesseln werden fester gezogen im familiären<br />
quadratsprung, starres kreisel, fraulichkeit, schriebst du,<br />
ralf, diesen seltsamen 50er jahre begriff, fraulichkeit=körper+sensibel,<br />
sie wirkte doch so zerbrechlich, aber mit den<br />
kleinen kann sie.. die heilige familie der atheisten…<br />
evsc_20.05.07_01.29h: kalter wind heute wohl eher, putin<br />
im schattenglanz der zensur samara ohne kasparow<br />
orf ohne putin merkel für oppositionelle putins wort für<br />
g8-gegner barrosos nein zu eu-spaltung – gruss an putin,<br />
kannste vergessen. putin richtig gefragt, auch die kleine<br />
zeitung lässt sich mal zur satire herab, persona non grata,<br />
putin richtig gefragt wer fragt noch nach persona non<br />
grata der titelseiten und mord-schlagzeilen, kein wort über<br />
gar nichts, schon lang nicht mehr über anna politkowskaja<br />
oder.. regenbogenschimmern auf nassem asphalt, dass<br />
der westen hinter mir steht das ist wie eine kugelsichere weste<br />
meinte sie in einem ihrer letzten interviews, schillern am<br />
boden in wasserlacken nach dem grossen regen die spur<br />
führt gen osten, der wind kalt kein blizzard heute liess<br />
sich ausschließen in der millionenshow als eine der 4 antwortmöglichkeiten<br />
für warmen sahara-wind, schirokko,<br />
das war‘s dann für die beiden kandidaten, sonderausgabe<br />
für singles ausm chat, sie hatten auf den mistral vertraut,<br />
cannes lässt grüssen, die spur ist heiss das wasser nicht<br />
mehr trinkbares farbenspiel. kein putinwort für orf wegen<br />
unfreundlicher berichterstattung, im vorfeld des programmschwerpunkttrailers<br />
tschetschenien-bilder, noch immer<br />
aktuell, politkowskajaworte, gegen ramsam kadyrow moskau-treuer<br />
tschetschenenpremier, bögen wieder, putinwort<br />
für schnelle aufklärung, schweigen eint viele, reden macht<br />
westen löchrig. kadyrow und mord an journalistin, regenbogenspekulationen,<br />
damals dementi, entschieden: eine<br />
frau ist heilig.<br />
unantastbarkeit… sie er es/ frau behaupter argument. opium<br />
fürs volk im zaristischen land von putin und der präsidentenadministration,<br />
schweigen überm regenbogen. eine<br />
frau, nicht ein mensch, nicht presse- und meinungsfreiheit<br />
unantastbar. aber heilige madonna, heilig heisst nicht<br />
lebend, heiligsprechungen erfolgen meist lange nachdem<br />
löchrige westen und zielsicherheit ihre wirkung getan haben,<br />
der papst bin ich. der westen hat uns für das öl verkauft.<br />
wie richtig hatte sie gefragt?<br />
rbk_24.05.07_02.38h: liebe evelyn, eine geruchsprobe<br />
wird zum beispiel mithilfe eines langen metallrohrs genommen<br />
das wird dem betroffenen in die hand gedrückt,<br />
die auf diesem rohr konservierte probe dient dann einem<br />
entsprechend abgerichteten hund bei der späteren erneuten<br />
identifizierung des tatverdächtigen, es sei unverantwortlich<br />
in diesem zusammenhang von schnüffelstaat zu sprechen<br />
sagt der sprecher der gewerkschaft der polizei,<br />
die bundesanwaltschaft allerdings spricht vom reduzierten<br />
indizwert der allenfalls im rahmen einer gesamtwürdigung<br />
verschiedener beweismittel beizuziehen sei, bei den<br />
razzien neulich jedenfalls sind solche proben genommen<br />
worden, die äussere politik wird von rauchfahnen systematischer<br />
verschleierung vernebelt, & nach innen schreitet die<br />
integration mit notstandsvorbereitungen, lohnleitlinien &<br />
schriller werdenden tönen der presse voran, schreibt jürgen
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
habermas im merkur vom mai 1967, um dem bundesin-<br />
nenministerium die sammeltätigkeit zu erleichtern sind alle<br />
potentiellen gegner des g8 gipfels aufgefordert, von sich aus<br />
geruchsproben ihrer körper zur verfügung zu stellen, schreibt<br />
petra coronato alias tongue tongue hongkong in ihre<br />
02.46h bei mir eingehende mail mit offenem adressvertei-<br />
ler, besonders geeignet dafür sind stark gebrauchte kleidungs-<br />
und wäschestücke. bundesinnenminister wolfgang schäuble:<br />
ich freue mich über jede zusendung und jede anlieferung<br />
von geruchsdaten. die bereitschaft zur zusammenarbeit wird<br />
auch belohnt: jedem freiwilligen der seine eigenen – möglichst<br />
geruchsstarken – körperdaten abliefert, werden 2 potentielle<br />
pluspunkte im potentiellen strafregister der G8 gipfel gegner-<br />
schaft gutgeschrieben, tongue tongue hongkong machte<br />
fiktive verlautbarungen weit vor den spielereien von ka-<br />
thrin passigs ZentralerintelligenZagentur, deren target<br />
inzwischen die entwicklung von kulturformaten ist, lässiger<br />
kreismarsch durchs holodeck der institutionen & ange-<br />
kommen vorm quereinstieg. die kollegen der faZ dagegen<br />
berichten heute von der heimatfront: im görlitzer park in<br />
berlin-kreuzberg, wo an sommernachmittagen fettige schwa-<br />
den aus den grillfeuerstellen die luft schwängern, trafen sich<br />
am vergangenen samstag etwa 2<strong>00</strong> globalisierungsgegner, um<br />
in aller öffentlichkeit und zur verwunderung türkischer grill-<br />
würstchenfreunde ein blockadetraining für den G-8-gipfel<br />
abzuhalten, flash back, über der flachen stadt berlin ist der<br />
himmel weit, grillschwaden & geruchsproben, köfte oder<br />
falafel statt grillwürstchen vielleicht, neulich nachts in der<br />
U1 sassen 2 junge türken & tranken sangria aus einer bau-<br />
chigen flasche & ihnen gegenüber ein junger spanischer<br />
tourist sah sie an, was guckst du fragten die türken, hast du<br />
durst? der spanier antwortete spanisch dass er nur spanisch<br />
spricht, stand dann auf & nahm steife haltung an, sagte<br />
deutsche bratwurst wie eine parole & setzte sich wieder, die<br />
türken lachten & meinten hey wir sind keine deutschen aber<br />
bratwurst ist gut, & currywurst ist noch besser nippten sie<br />
an der sangriaflasche und sagten kopfschüttelnd noch der<br />
muss bescheuert sein in einer deutschen ubahn deutsche brat-<br />
wurst zu sagen, auf den infoscreens über den köpfen wird<br />
kolja mensings minibar beworben, diese plotreduzierten,<br />
sprachlich ausgemergelten erzählstücke beschwören eine me-<br />
lancholie und trostlosigkeit preist frank schäfer das buch im<br />
rolling stone, aber no way krakeelt tanutscha im trailer zu<br />
prinZessinnenbad ausm off, ich komm aus kreuzberg du mu-<br />
schi, generationendifferenz von teiletablierten mittdreis-<br />
sigern ausm prenzlberg & 15jährigen migrantenmädels<br />
im multikultiproblembezirk, “und immer wieder fährt sie<br />
durchs bild: nicht erst mit dem musical linie 1 ist die ber-<br />
liner u-bahnlinie U1 zu einem wahrzeichen für berlin und<br />
vor allem kreuzberg geworden, in der sich, so der mythos,<br />
das grossstädtische leben wie in einem brennspiegel fokus-<br />
siert wiederfindet”, plapperts aufm genderblog.de unterm<br />
leitspruch das geschlecht, nicht die religion, ist das opium des<br />
volkes (erving goffman), [evsc: geschlecht als sedativ - der<br />
strukturen! immer und immer wieder… kreisel dreht wei-<br />
ter… papierrauschen, oder der wind durch die balkontür,<br />
du erinnerst unsere nächtliche debatte um autorinnen und<br />
den glauben an den gleichstellungseffekt durch sex-schil-<br />
derung im literarischen tiefparterre, letztlich bleibt kreisel,<br />
körperreduktion, aber es dreht nicht mal mehr, insofern<br />
tatsächlich wieder bei goffman, windstille dann und 4-<br />
uhr-morgens-müdigkeit…] flash back, dich vor einem mo-<br />
nat durch die grüne & dann die rote vorsatzlinse mitm<br />
mobile phone geknipst in der morgensonne dein lächeln<br />
neben der feuerwache & wie müde wir beide beim früh-<br />
stück in der morena bar, & heutzutage, in dieser scheinbar<br />
autoritätslosen zeit, hat die autorität kein gesicht mehr, sie<br />
nennt sich marktwirtschaft, sie verbirgt sich hinter anonymen<br />
zwängen, objektiven erfordernissen und scheint unangreifbar.<br />
wer heute jung ist hat es schwerer als damals. uns ging es gut,<br />
sonst wären wir nicht auf die strasse gegangen, schreibt ulrich<br />
greiner gerade im feuilleton der Zeit, jedenfalls ergreifen<br />
polizei und nachrichtendienste allerlei massnahmen, die das<br />
land noch nicht gesehen hat. dazu gehören auch drohkulissen.<br />
beinahe im stundentakt warnen behördenchefs und innenmi-<br />
nister schäuble vor anschlägen und gewalttaten und setzen zu-<br />
gleich eine ausnahmeregelung nach der anderen in kraft. aus<br />
gefängnissen in mecklenburg-vorpommern werden häftlinge<br />
in andere bundesländer verlegt, um platz für G-8-zuläufe zu<br />
schaffen, berichtet die faZ vom tage, so oder so, der westen<br />
der hinter mir steht ist wie eine kugelsichere weste, probleme<br />
mit dem urvertrauen vielleicht, oder flimmeraugen oder
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
heiner geissler, ex-cdu-generalsekretär, gerade attac bei-<br />
getreten, auf die frage wie also erreicht man ausgeglichene<br />
lebensumstände weltweit? im Zeit-interview von morgen:<br />
es braucht geistige führung. revolutionen haben noch nie die<br />
armen organisiert. es sind die intellektuellen, die jetzt gefor-<br />
dert sind… schliesse in diesem moment die augen & melde<br />
mich zum dienst, schmutzwäsche unter den armen…<br />
rbk_01.06.07_15.02h: gerade gelandet, wolkenpuffer un-<br />
tern augen, klappten so zu da oben, paar bilder von den<br />
propellerblättern in der luft, sequenzer optische apparatur,<br />
wolkenpuffer & damengruppe nippte schon thalerhofs an<br />
proseccöchen, auf berlin, parallele herrengruppe geneh-<br />
migte sich mittagsbier, gehn-wirs-an, berlinberlin, ahoy<br />
evelyn, grade aufgesetzt in den norden & snapshots vom<br />
flugfeld gemacht, auch wenn helmut schmidt – altkanz-<br />
ler & betagter kettenraucher – will dass tempelhof bleibt,<br />
blendet das head-up-display in der u-bahn über die köp-<br />
fe zwischen trainerwechseln & wetterbericht. G8-treffen<br />
besser auf dem mond?, fragte giovanni di lorenzo den alten<br />
schmidt auf eine zigarette, ja oder wie einst auf einer insel,<br />
antwortete der. die mondmissionen überhaupt wieder im<br />
kommen, lunar exploration orbiter oder lander je nach kon-<br />
zept, hotels im lunapark mit erdblick längst in planung für<br />
jungs denen die learjets allmählich langweilig sind, ahoy<br />
evelyn, 1 dutzend dieser jets lungert weekends zwischen<br />
den rundflugmaschinen, city airport tempelhof. staub<br />
aus graz an den schuhen, dazu schrillstimmige südsteire-<br />
rinnen mit kleinstköfferchen die durchn stadtflughafen<br />
aufm citytrip giggeln, an der brüstung oben gammeln<br />
paar polizisten & äugen zum schein, plaudern seit jahren<br />
schon von anderen sachen. hilft nur das ohr auf die schie-<br />
nen zu legen, zeitraumtakt zu harmonisieren. flash back,<br />
1890 am 1. juni hat hermann holleriths frisch patentierte<br />
rechenmachine bei der zählung des amerikanischen volkes<br />
geholfen, lochkarten in der exakten grösse von dollarno-<br />
ten & 1 gong für jedes erfasste subjekt, die apparatur von<br />
der regierung samt personal nur geleast mit den üblichen<br />
folgen, aus dem kleinen hollerith-unternehmen geht später<br />
ibm hervor, das zählen von zahlen die zählen. vorm fens-<br />
ter hier hammer&sichel&rotichweissrot trotzt noch dem<br />
wind, blechskulptur an der hauswand draussen vor 18 jah-<br />
ren aus grazer abrisstrümmern geborgen & den eltern auf<br />
der heimfahrt in den daimler gelegt, das kpö-signet hängt<br />
& zieht noch paar augen nach oben. wink ich südwärts<br />
dir wieder, liebe perplexe kommunistin, und schliesse die<br />
augen für den moment…<br />
evsc_02.06.07_01.17h: nacht ist’s wieder und deine air-<br />
port impressions mäandern an meinen augen vorbei, auf-<br />
bruchstimmung in die steirische ferienauszeit vom work<br />
flow fürn work flow, snapshots virtuelle, heute gingen sie’s<br />
an in rostock, choreographie des widerstandes auf heiligen-<br />
damm-hp, in tabelle organisiert, wir hier in contact über<br />
text & tabellen, lochkarten auch in euroschein-grösse<br />
vielleicht auf kurs gebracht. keine cocktails erinnernd<br />
diesmal, nur einen blauen portugieser, der wunders nicht<br />
weniger werden wollte in der traminer, da nützte auch die<br />
internationale auf chinesisch nichts mehr… back flash<br />
kurzen, welchen kurs schlugen wir ein, als wir auf roseggerweg<br />
wandelten, balance als aufwärmtraining, später<br />
das kruzifix am wegrand, du rütteltest am materialisierten<br />
leidensfundament, der schrägen fussstütze, alles gut dokumentiert.<br />
zeitfragen denn, als ich noch ein waldbauernbub<br />
war, no boots, just walking, vorgezeichnete marschrichtung,<br />
choreographie statt improvisation. zwischen graz<br />
und triest, da fährt nicht nur die südbahn, kursbestimmung,<br />
flash back, längeren nun, pläne zu 20. jahrhundertbeginn,<br />
auf-bruch, zwischen 1906 und 1914 das gebiet<br />
zwischen graz und triest „germanisieren“, zusammenhängend,<br />
gegen slawischen nationalismus für deutschen, eine<br />
„brücke“ aus „deutschen“ gebieten zwischen städten kakaniens,<br />
gründung verein südmark, existiert heute noch, sitz<br />
in graz, einen stock drunter notariatskanzlei, im stiegenaufgang<br />
„heldentafeln“, alles gut dokumentiert… damals<br />
also aufkaufen verlassener höfe bis runter nach maribor<br />
und besiedelung mit „deutschen“ bauern – und rosegger<br />
spendierte nicht nur die kirche in st. kathrein sondern<br />
sponserte auch diese aktion schreib- und finanzkräftig…<br />
on the road again, hauptstrasse, die heute in graz nach dem<br />
waldheimat-dichter benannt ist, aber eben auch unser wegelchen,<br />
der roseggerhof dann bot uns speis und trank als
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
stärkung für den rückweg in eine zivilisation aus der wir<br />
nie raus gekommen waren, die dann zwischen häuschen<br />
und durch villenviertel führte wo uns einer der mürrisch-<br />
stolzen besitzer misstrauisch von seiner rasenmäherkarosse<br />
aus beäugte, während er sein geviert in parallelbahnen von<br />
allem befreite, was den grünen teppich zu überwuchern<br />
drohte (zwischen zwei zentimeter halmhöhe sammelt sich<br />
ja so einiges..) und in hohem bogen als fontäne hinter sich<br />
an den zaunbewehrten grundstücksrand beförderte, ein<br />
held und seine choreographie von station und strecke der<br />
grünen mark… dir ein ahoy zurückrufend mäandern vor<br />
meinen augen hammer und sichel an deiner hauswand,<br />
schliesse für kurzen moment nur…<br />
evsc_03.06.07_14.37h: flucht vor der sonntäglichen mit-<br />
tagshitze gerade vorn schirm, auszeit der vororte, zwi-<br />
schen rosen, immer wieder, und pelargonien, erstickende<br />
fenster dahinter. die leere der strassen und zaungevierte,<br />
die da brüten in der sommersonne, strahlenlos zwischen<br />
anrückenden wolkenbergen, bergumkränzte dunstglocke,<br />
kreisgang. wolkenpuffer überm fluss, entlang die übrig-<br />
gebliebenen und die vorhut der folgenden invasion der<br />
flüchtenden, in ihren klamotten, den körpererstickenden<br />
und augen ausstechenden, transpirationswirksam angeb-<br />
lich, für coolness wird bar bezahlt. vorbeirollender famili-<br />
ensinn, industrial design überlaufenes fh-fach, stahlhelm-<br />
geschützte leerlauffixierung zur nachhaltigen ressourcen-<br />
blockade, kreisgang. on the road again, selbstverordnete<br />
freizeit, dynamische nutzung zum scheinkampf um be-<br />
freiung. vorbeizischendes cabrio übern asphalt, staub an<br />
den rädern der vorstadt, sinnlichkeitsblockade, familyerwartung,<br />
ausgepuffte motorfolgen mischen sich mit rosen_duft_blüten_treibt_augentränen,<br />
ausm fenster gesellt<br />
sich zwiebelrostbraten dazu, vorstadt-signet, kreisgang.<br />
ich erinnerte: keinen cocktail diesmal, wandere vorbei an<br />
poolblauen rasenflecken, wellen der präsentierten ressourcen-verschanzung,<br />
da gabs mal nen cocktail des monats,<br />
swimmingpool im pinacolada-glas, in, oh ja!, dizzys pub,<br />
bar, lounge, einst erster in-treff im bermuda-dreieck, heute<br />
haushündchen inklusive… da wartet noch ein 2cv, fetzendachl<br />
inklusive auf die abfahrt, tuckert durch die strassen,<br />
no snapshots, ohne leerlauf, wind bläst durchs dach, auf<br />
dem weg zu nachmittagscocktail nun (kein swimmingpool)<br />
und radikaler vorort-aussperrung meld ich später,<br />
wenn flucht vor tupperware erfolgreich, zurück..<br />
rbk_19.06.07_01.50h: & wie die hitze zwischen den häusern<br />
hing, man die strassenseiten wechselte um in den<br />
schatten zu kommen immer an der wand entlang, & wie<br />
ausm fenster links die stadt in den blick kommt zuvor, ins<br />
erkennen des schlossbergs hinein fährt das fahrwerk aus<br />
beim sinkflug nach thalerhof, & wie die dash einen weiten<br />
bogen fliegt um gegen die anflugrichtung auf der landebahn<br />
aufzusetzen, & wie der taxifahrer auf mich eingeredet<br />
hat von den hautfarben & dass das nicht geht sich als<br />
heller typ auf dunkel zu brennen oder umgekehrt, der taxifahrer<br />
spricht von solarien & künstlichen pigmentveränderungen<br />
auf dieser fahrt in die stadt vorbei an den solarien<br />
& fitnessstudios & den überfüllten gehegen der autohändler,<br />
& so langsam verwechsle ich ob das eine an- oder<br />
abfahrt ist. das taxi hält vorm central & der taxifahrer<br />
spricht vom kunsthaus & scheidet die kunst vom körper<br />
da sei eine differenz, & wie die hitze zwischen den häusern<br />
hängt: an diesem abend werde ich erfahren haben was geht<br />
und was nicht, dass diese stadt geeignet sei für die kleinen<br />
spiele sagt mir einer der kleine spiele spielt in dieser stadt<br />
& dass das tragen von exotischen fussballvereinsleibchen<br />
über solariengebräunten fussballvereinstätigen oberkörpern<br />
zu den hier verstehbaren metaphern fürs attraktive<br />
gehöre, sagt der beides erfüllt & nun stadtrands sein häuschen<br />
auf irgendwas trockenem errichtet oberhalb eines<br />
domestizierten bachlaufes vielleicht. dass das licht am<br />
abend rotblond auf die regennasse herrengasse fällt sagt er<br />
nicht, fällt einem ins auge dafür & wie die oberleitungen<br />
der strassenbahnen das leuchten über den dächern nachstrukturieren,<br />
& wie am tag darauf eine ankommen wird<br />
um zu sagen dass sie vergessen habe wie südlich es sei da,<br />
festgemacht am unteren rand von alpenausläufern & den<br />
schlossberg wie hingeschichtet um einen übergang zu befestigen,<br />
etwas anzuhalten damit, eine blockadestellung:<br />
& wie sich zwischen die zeiten geraten lässt, halb 1989<br />
halb jetzt, & wie wir sprachen von den jahren davor zu
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
letzt, nach den cocktails in diZZy‘s pub in ein eck der tapas<br />
bar verzogen auf einem ritt durch die zeit, wie andeutungs-<br />
weise sich das alles erinnert, schon nicht mehr erinnern<br />
will & doch auf präsenz macht, als wäre alles zugleich &<br />
gestern später als morgen vorbei, kreuzgewölbe mit künst-<br />
licher patina über den köpfen zwischen vergangenheiten,<br />
geschichten die im davon sprechen vor allem schichten<br />
sind sedimente, irgendwas unter den füssen das einen erin-<br />
nert worauf man steht & wielange schon, kommt ins rut-<br />
schen vielleicht, zuviel gleichzeitigkeit, wie wir aus der ta-<br />
pas bar wichen um im theatercafé am achtel roten zu<br />
nippen zweigelt vielleicht, trinkbar irgendwie, gediegene<br />
mit50er grölen dean martins italienische lieder als wärs<br />
eine karaokebar, irgendetwas unter den füssen das einen<br />
vergessen macht wielange man steht und worauf schon<br />
nicht mehr, kommt ins rutschen vielleicht, immer an einer<br />
wand entlang zu den grundstücken vor der stadt, oberhalb<br />
eines domestizierten bachlaufes vielleicht etwas schatten<br />
suchen & das licht fällt durch die lamellen aufs trockene<br />
oder getrocknete, das fahrwerk klappt ein & gibt den blick<br />
frei auf die baggerbadeseen an der autobahn, diese paar<br />
kilometer nach slowenien & die vorgelagerten hügelketten<br />
guterschlossene anbaugebiete, in einer weiten rechtskurve<br />
steigt die maschine nordwärts & wieder die bitte der flug-<br />
begleiterin doch noch etwas angeschnallt zu bleiben, bis<br />
charly der pilot die anschnallzeichen über den köpfen erlö-<br />
schen lässt über den ostalpen, zur linken dann bald passau<br />
& berlin wird 21 grad haben bei leichter bewölkung lässt<br />
charly uns wissen, auch regen der fällt. & im prinZessin-<br />
nenbad die drei gören trudeln durch einen letzten gemein-<br />
samen sommer vielleicht, über den die hochbahn gelbe<br />
striche zieht, beim chatten sagt tanutscha den schon er-<br />
wähnten satz & sagt auch story zum kerl am anderen ende<br />
der leitung, wenn der ihr geschichten erzählt: muss schnell<br />
gehen jetzt, holland-moritz neben mir freilich hatte ge-<br />
hofft etwas mehr unterschicht geboten zu bekommen &<br />
mit unterschicht mehr authentische fetzen von sprache zur<br />
weiteren verwendung, sind ja alle aus den sicheren zonen<br />
die mädels & krachen nicht proletkultig gegen die wand<br />
sagt holland-moritz & trägt das triangle d‘or-t-shirt unter<br />
offener blauer arbeiterjoppe, aber alles im film paar häuser<br />
entfernt von hier & du wirst das meiste wiedererkennen<br />
liebe evelyn, du erinnerst görlitzer park skalitzer strasse<br />
oranienstrasse, naunynstrasse & kottbusser tor, 1 zeitflim-<br />
mern hier, die swimmingpools des prinzenbades überfüllt<br />
& wir haben diese instant-mischungen gar nicht getrun-<br />
ken, trotz strohhalm & dosensaft einfach eisfrei geblieben<br />
beim uns begegnen keine thermosflaschen dabei, keine<br />
picknickstimmung am rand dieses wolfibauersymposiums<br />
& wie oft die mädels sich angerufen haben im film prin-<br />
Zessinnenbad das permanente klingeln der mobiltelefone<br />
über den dächern, irgendwann vorgestern in diesem zeit-<br />
riss hier sass ich an einem brunnen in einer süddeutschen<br />
fussgängerzone & habe vorbeifahrende geldtransporter<br />
mit einem korkenzieher bedroht beim schuleschwänzen<br />
am morgen, die weinflasche zwischen den knien & eine<br />
göre ausm wrangelkiez neben mir auf der abstrakten metallstruktur<br />
des fussgängerzonenbrunnens grölt vielleicht<br />
osolemio, 1 dem tapferen schneiderlein mit seinen flügeln<br />
gewidmeter brunnen dem nicht das wachs schmilzt wie<br />
ikarus der in die kalte luft fällt über dem fluss dafür in ihn<br />
hinein vor den honorationen (habichschon erzählt, story<br />
alter, dass als ich 1 kind war ich auf der wiese indianer<br />
spielte über der dieser schneider von ulm seine flugversuche<br />
machte?), das osolemio & das lachen der geldtransporterfahrer<br />
hinter den panzerscheiben zu leisen grimassen verzogen<br />
blieb sowas wie eine gemeinsamkeit, die sich aus nur<br />
symbolischen bedrohungen der einen durch die anderen<br />
ergeben kann, in diesem herbst seventyseven ff. zuckten am<br />
abend grimassen übern tv-schirm mit forderungen einer<br />
verunsicherten bevölkerung, totmachen, alle totmachen, die<br />
umgehängten maschinenpistolen an den verunsicherten<br />
polizisten bei nacht & nebel entsichert, wenn eine der bezeichneten<br />
taten bestimmt ist die bevölkerung auf erhebliche<br />
weise einzuschüchtern formuliert §129a inzwischen als<br />
straftatbestand in sachen bildung terroristischer vereinigungen,<br />
ich habe weder jemals eine ‘komplette überwachung<br />
des telefonverkehrs’ geplant oder gefordert noch wurde eine<br />
‘telefonverbindungsdatenbank’ aufgebaut seinerzeit lässt<br />
heute horst herold in der gegendarstellung aufm deutschlandfunk<br />
wissen, also überwachung seit 77 keine lineare<br />
geschichte, durchn zeitriss schiebt sich der transporter wie
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
die lynch‘sche feuerwehr durchn anfang von blue velvet in<br />
slow motion, dabei noch gestern nacht den nachtportier<br />
gesehen mit den schlafaugen aus graz plötzlich in der wie-<br />
ner inneren stadt, dazu zauberflötentöne & die schwarzen<br />
mützen mit dem silbernen totenkopf über den augen char-<br />
lotte ramplings die halbnackt tanzt für 1 wachsfigurenka-<br />
binett aus schutzstaffelmännern singt sie 1 lied vom glück<br />
& der traurigkeit, das langsame winken der feuerwehr-<br />
männer & das stumme lachen der geldtransporterfahrer<br />
wie eine gemeinsamkeit, die nur symbolischen ordnungen<br />
der dinge & wie verärgert du warst die männer diese lieder<br />
grölen zu hören, das pathos der alternden herren gegen vier<br />
am morgen am mitteltisch des theatercafés in graz, eine<br />
verdunklung knapp vor sonnenaufgang & wie die grazer<br />
theaterfrauen ausm theater im bahnhof in graz an bord<br />
der berlinmaschine von den neuen texten sprachen die zu<br />
abstrakt seien ihrer meinung nach, & sich beschwerten wie<br />
pilot charly beim sinkflug nach tempelhof die wolken<br />
streift dass die dash nur so hoppelt, durch die schichten<br />
der luft, geschichten geschichten, & dann landet fast in die<br />
häuser hinein auf dieser zeitinsel die Zentralflughafen<br />
heisst, um dann in den schatten der dachkonstruktion zu<br />
rollen unter der die abgestellten propellermaschinen wie<br />
flugzeugmodelle aussehen die man hinundherschieben<br />
kann, & wie ich deine sms post factum zwischen den ma-<br />
schinen & frauen empfange mit wünschen für flüge nah an<br />
der sonne, so überbrücken wir wieder & verdichten die fä-<br />
den um auf den stoffen fliegen zu können rufen uns an, die<br />
verdachtsunabhängige speicherung sämtlicher telekommuni-<br />
kationsdaten für die dauer von 6 monaten ist ein wichtiges<br />
instrument im anti-terror-kampf lobte schäuble schon am<br />
18.april die kabinettsentscheidung vom tage, da standen<br />
die dinge irgendwie schief im raum bei mir schrieb ich dir &<br />
wie müde ich bin zwischen den zeiten&zeilen, melde ich<br />
(mich) später zurück (ceterum censeo)…<br />
evsc_19.06.07_01.25h: hitze die zwischen den häusern<br />
hängt und den zeilen die sich formen über auf tastatur<br />
im fingersatz eingetippte anweisungen, kontrollleuchte<br />
am laptop blinkt, welche information teilt sie mit? bei tag<br />
noch sassen wir in der enoteca, vor dem erinnern, du hattest<br />
die linguine mit eierschwarmmerln statt des erhofften früh-<br />
stücks – wohl keine selbstgesuchten, die da über die pasta<br />
gestreut waren, hoffentlich al dente. zu eierschwammerln<br />
kann man hier einfach nicht pilze sagen, pfifferlinge heis-<br />
sen sie doch im norden… hitze noch immer die raus hier<br />
suggeriert und das grölen der männer im theatercafé legte<br />
blick auf die grundschichten frei, von den heldentafeln,<br />
die noch immer öffentlich aushängen und mit dem pathos<br />
das den liedern zuwider lief und welche verhältnisse da wie<br />
zutage traten löste meine vieruhrmorgensreaktionen aus…<br />
später am tag dann, während deine dash durch die wolken<br />
auf die häuser zuraste bei mir kontrollinfos am telefon ein-<br />
laufend, keine via tv, da waren die leuchten grad aus, infor-<br />
mationslosigkeit als kundenorientierung, über kamera die<br />
wievielte? keine komplettüberwachung? diesmal auf uni ge-<br />
richtet den sucher, teilt einer mit, dass kontrolleuchte läuft<br />
und präsenz signalisiert. informationen und die schiefstel-<br />
lung von speicherung und vermittlung mit all den zwi-<br />
schenschaltungen… scharfstellung auf youtube dann, ins<br />
tschechische morgenpanorama hatten sich letzten sonntag<br />
roman tyc & künstlergruppe ztohovan, übersetzt raus hier!,<br />
gehackt, vorm riesengebirge keine temperaturangaben für<br />
touristen, keine wolkenformationen sondern pilzalarm,<br />
eingespeist über die drähte, atomexplosion zum frühstück,<br />
und pilz über der landschaft. als bekennerschreiben die<br />
homepageadresse der gruppe eingeblendet und tausen-<br />
de anrufer beim sender, die um ihre eierschwarmmerln<br />
fürchteten, in zukunft. der touristik-manager begründet<br />
sein urteil der unverfrorenheit mit dem geld das er für die<br />
werbung bezahlt und die berge zu den kunden transpor-<br />
tiert werden, blockadestellung schreibst du und der sender<br />
überlegt schon anklage denn da schreit jemand raus hier.<br />
kontrollleuchte der verhältnisse, die frage nach dem wor-<br />
auf und wielange noch und die hitze produziert kein ge-<br />
witter hier, während ich am telefon pilze sammelte und wir<br />
noch nicht mal ne mail gewechselt hatten, durchkämmte<br />
ich die fäden der letzten nacht nach ihren knoten zwischen<br />
den zeitrissen…<br />
rbk_22.06.07_<strong>00</strong>:58h: fennek & tornado sind namen von<br />
fahrzeugen der bundeswehr, 1em panzerspähwagen sowie
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
1em fliegenden mehrzweck2sitzer die sich beide als instru-<br />
mente zur aufklärung eignen. fennek ist 1 wüstenfuchs mit<br />
grossen ohren, der tornado fegt weniger subtil über land-<br />
schaft hinweg & schiesst nebenbei bilder vom untergrund.<br />
1e sendung mit namen scheibenwischer liefert politkaba-<br />
rett fürs öffentlich-rechtliche, hat am abend thematisch<br />
die linke eingekreist: der linke fahre 5er bmw oder besser,<br />
könne sich links leisten & wähle die linke weil ihm egal<br />
sei wofür die stehe, der linke brauche das für sein selbst-<br />
verständnis. der führer der linken heisse lafontaine & wird<br />
im scheibenwischer von 1em der kabarettisten gespielt, der<br />
geht mit heil-rufen von der bühne des fernsehstudios. mit<br />
maomützen & maojoppen bekleidete kabarettisten kehren<br />
auf die bühne zurück, man singt die alten hymnen vom<br />
aufbau der sozialistischen republik zum akkordeon mit<br />
steifen grimassen, womöglich die steifheit & maskenhaf-<br />
tigkeit der bewohner & die technische begrenzung, ja re-<br />
tardiertheit der sozialisitischen republiken selbst im blick.<br />
regen, wird irgendwie zeit über den regen nachzudenken,<br />
irgendwas fällt damit etwas steigt, der bayerische rundfunk<br />
überträgt aus dem eigenen studio den scheibenwischer den<br />
er früher mal abschalten liess & die kabarettisten brin-<br />
gen antifaschismus als kamelle von gestern für betuchte<br />
sentimentale in verruf, in verruf also nicht für die einen<br />
sondern die anderen sentimentalen, endlich angekommen<br />
in der altersprovokanz von der gegenseite, endlich daheim<br />
& gelassen genug sich treiben zu lassen. nachdenken über<br />
den regen der fällt, spuren verwischt. fennek & tornado,<br />
wüstenfuchs & wirbelwind wühlen was auf, suchen ver-<br />
geblich, sammeln daten von personenbewegungen, wär-<br />
mebilder, aufgespürte elektrische & elektronische kanäle<br />
& kommunikation ist mitlesen wollen um unterbrechen<br />
zu können. vom regen reden, wozu sonst scheibenwischer,<br />
im ehemals linksalternativen stadtmagazin Zitty der war-<br />
nende beitrag zu chavez der im rotem hemd vor grüner<br />
kulisse sich präsentiert oder präsentiert wird auf der titel-<br />
seite [immer schon journaille, zu kritisierende pornografie<br />
in grossaufnahme zu zeigen…], hat 1e sendelizenz nicht<br />
erneuert wie wir wissen, wissen die das nichterneuern der<br />
sendelizenz beklagenden welche sendeverhältnisse es so in<br />
venezuela gibt, wissen die warnenden wer hinter den an-<br />
deren sendern steht, & wieviele weitere senden? vom regen<br />
reden vielleicht, der fällt, schwemmt etwas weg. wie fühlt<br />
man sich als münchner kabarettist, wenn man vermutet<br />
dass wähler der linken 5er bmw oder besseres fahren, weiss<br />
man mehr oder weniger als die westerwelles von der welt?<br />
freilich, westerwelle wird noch verhöhnt von den wischern,<br />
gewisse reflexe für die quote vielleicht, das fennek mit den<br />
ohren drei erdlöcher weiter, lauscht auf die hymnen der<br />
neuen zeit, heil-rufe, waren da irgendwo heil-rufe dabei,<br />
wird die linke wegen rechtsradikalismus vom verfassungs-<br />
schutz beobachtet oder hab ich was falsch verstanden? re-<br />
gen der fällt, neben dem mysliwska ein neuer italiener am<br />
eck aus dessen fenstern der wolkenbruch zu beobachten<br />
war, die topfpflanzen sturmgepeitscht & bürgersteige stan-<br />
den unter wasser & feuerwehr rückte aus 1 paar keller leer-<br />
zupumpen, la fète de la musique bringt seit 1 jahrzehnt<br />
den regen zurück, kaum bauen die bands ihr equipment<br />
im freien auf fallen die tropfen, reisst es die schützenden<br />
planen weg, stromgitarren knallen die riffs gegen wasser-<br />
wände dass das stück himmel vibriert das dicht über den<br />
strassen hängt. 1 fennek sein, im zoo unter der wärmebirne<br />
& bisschen zittern wg. stromausfall, würde kalt werden im<br />
käfig dann, die ohren in der toten luft des geheges taub für<br />
die lautlosigkeit der nächsten attacken…<br />
evsc_24.06.07_17.20h: sie kommen drauf dass da einer<br />
nicht mehr da ist und senden was sie noch rasch aufnah-<br />
men als er noch da war schon nicht mehr so wie er einmal<br />
da war dafür anders sodass sie es aufnehmen konnten und<br />
absenden können jetzt kann es ja ruhig ankommen er ist<br />
mittlerweile ruhig geworden jetzt kann man das ja sagen<br />
auch ausserhalb vom lichtermeer und ohne 68er nostal-<br />
gie. er schweigt jetzt und man zeigt sich betroffen andere<br />
schweigen noch immer nicht obwohl sie viel älter sind als<br />
er und noch greiser werden. mit ihnen, wichtiger von ih-<br />
nen, hat er mal gesprochen da hatte er nicht geschwiegen<br />
als viele dies noch taten und viele heute noch immer oder<br />
schon wieder tun gerade die absender.<br />
Wann der oide Wessely im Wirtshaus sitzt und da sitzt er<br />
jeden sonntag nach der kirche und unter der woche auch<br />
weil man hat ja sonst ka freud und dann hat das nicht
0<br />
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
schweigen hochkonjunktur weil dann Redt er gern von der<br />
Vergangenheit von wegen und totschweigen, er redet sie le-<br />
bendig, eben Nur dass des für eam no ned vergangen is denn<br />
er hat visionen, Weil er träumt von einer neuen Zeit und<br />
mit ihm träumen sie, die da für recht und ordnung sorgen<br />
wollen, die auf der strasse und in den ämtern und die in<br />
den farben den schillernden in den akademischen hallen,<br />
ein volk.<br />
prophetisch: “Ja, i sag’s Euch” sagt der oide Wessely und nicht<br />
nur er sagts uns sondern auch die papiervernichtungsma-<br />
schinerie in gekrönter in millionenauflage “Damals unterm<br />
Hitler war’s scho guat! so spricht und grölt der volksmund,<br />
keine rede von verdrängung, oder? ralf, du erinnerst die<br />
grölende männerrunde im theatercafé, nicht ganz so of-<br />
fen – aber sogar dort und auf der strasse und im super-<br />
markt an der ecke und der bim…und im so hohen haus<br />
und farbenschillernd in den akademischen hallen – und<br />
das volk geschlossen spricht und empfindet sich gesund.<br />
und obwohl alles schon so lange her ist gibts das alles noch,<br />
der stammtischvisionär will endlich saubermachen, denn<br />
Heut, wann der noch lebn tät, gebert’s sowas ned, nämlich<br />
Mit der ganzen Terroristenbruat” da zieht was weg unter<br />
den füssen und schlägt bögen von bis aber welche, denn<br />
der opferapplaus folgt von Seine Feund, die ruafn “Bravo<br />
Wessely” und applaudiert wird den granden der nation<br />
und ihren vorkämpfern mit strassennamen – kernstocks<br />
hochoffizielle wunderholde heimaterde die als volksmal<br />
das hakenkreuz zierte – und platztiteln – dahns antise-<br />
mitismen hängen zwischen den häusern, nicht zu nah an<br />
der synagoge, die erst 2<strong>00</strong>3 wiederaufgebaut wurde – und<br />
institutsbenennungen, die man eigentlich ändern wollte<br />
aber als nabl der welt treu beibehält und – Und bestölln a<br />
neuche Runde Bier, drei um genau zu sein, so bestellt man<br />
noch immer, leutselig ist man ja Und die blade Wirtin setzt<br />
si a dazua aufputz vom in die jahre gekommenen mädel<br />
damit der hormonspiegel in die höhe schiesst für irgend-<br />
was muss es sich doch lohnen das ganze für die weiter-<br />
verzweigung der linien jauchzen erklingt Und sie haut si<br />
auf die fettn Knia und net nur sie auch die typen reihum<br />
während der geifer sabbernd bis zum schwanz rinnt. der<br />
höhepunkt des abends naht Weu da Wessely grad Juden-<br />
witz erzöhld und keiner das staberl über ihn bricht sondern<br />
hochoffiziös in den wind gereimt wird was immer noch als<br />
empfindung erfunden wird Und weu des fuachtbar lustig<br />
is wie viele lachen sich tot? Sagt die blade Wirtin mit ganz<br />
feuchte Augn und der geifer rinnt und hinterlässt fettfle-<br />
cken am abgestossenen sessel unter ihr “Gratuliere, gra-<br />
tuliere, Herr Wessely der lorbeerkranz rückt aus verliehen<br />
zu werden in der ostmark denn Kana kann so Judenwitz<br />
erzöhln wie Sie!” da täuscht sich das greise mädel in ihrer<br />
treulichen verblendung nun aber, nachschub in sicht denn<br />
Draussn auf da Strassen geht a Fackelzug der von der neuen<br />
alten zeit kündet und wer fragt sich wo sie grade bleiben<br />
die aufnahmen weil keiner festnahmen erwartet werden<br />
denn die da gehen gehen ja im licht – Und die Fackeln<br />
leuchten durch die Nacht die zu erhellende, Es wern immer<br />
mehr, bis ganz taghell draussd wird die götterdämmerung<br />
vor der haustür kann doch unmöglich zu übersehen sein<br />
Und bis kana mehr im Wirtshaus lacht die hoffnung aufs<br />
totgelachthaben erfüllt sich nicht Fäuste rütteln draussen<br />
an der Eingangstür geballtes ist man ja gewohnt die hatte<br />
man doch erhoben und will sie wieder erheben und enthe-<br />
ben wer wird da wohin gehievt Und jetzt kommt ein junger<br />
Mann herein das morgen erscheint Und der sagt: “Wo is der<br />
oide Wessely? die suche findet ihr kristallenes ziel, denn Der<br />
soll unser neuer Führer sein!” führerfiguren über die seiten<br />
über greifend geschwelgt wird da hat man nahaufnahmen,<br />
die flimmern übern schirm und in die köpfe wer figur hat<br />
und gemacht bekommt erscheint pixelaufgelöst und ausm<br />
radio dröhnt „heimat ist wo ich geboren bin…“ und die in<br />
der zeit bringt in deutschen landen das foto einer selbstbe-<br />
wussten rassistin mit t-shirt-aufschrift: natural born racist,<br />
aufgerissen die jacke darüber und die brust rausgedrückt<br />
mit den buchstaben, in der ecke rechts unten im bild steht<br />
der kinderwagen mit inhalt Und der oide Wessely springt<br />
auf’n Tisch die tribüne ist in jedem gasthaus, Führermässig<br />
knallt er d’Hackn zamm gelernt is schliesslich gelernt, pa-<br />
rieren aufs wort, da ists vorbei mit österreichischer gemüt-<br />
lichkeit, keine postkarte Und die blade Wirtin sagt: “I hab’s<br />
ja g’wusst die dies immer eh schon gwusst haben, die dies<br />
später ja ohnehin vorausgesehen haben und auf die keiner<br />
gehört hat damals was wusste sie was sie später nie gehört
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
hat? Gratuliere, gratuliere, Herr Wessely feierlauneausbruch<br />
dann, anlass gibts genug weil: Kana kann den Hitlergruass<br />
so guat wie Sie!” qualifikationskriterium nummer eins in<br />
allen facetten, egal ob am ulrichsberg oder beim bierbe-<br />
stellen. doch der traum ein leben? Plötzlich wach i auf und<br />
lieg daham im Bett schön wärs Aber es is eh zum Aufstehn<br />
Zeit dass ists doch immer Druntn vor der Haustür steht a<br />
B’soffener vom bestellten bier wohl Und i hör wie der “Heil<br />
Hitler” schreit wie viele warens denn..? Aufsteh, anziagn,<br />
owegehn, in d’Goschn haun / Des is alles was i machen mecht<br />
emotion am morgen verwunderlich bei solchem aufwecker<br />
wenn alp traum und leben sich verkeilen da hinter jedwe-<br />
den horizonten A wann des nix ändert, mir hilft’s wenigstens<br />
magengeschwürrisikoverminderung, obs die kasse zahlt?<br />
Weu mer is vor Wut im Bauch ganz schlecht und ich kann<br />
gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte, das kam<br />
doch auch bei einem fackelzug, liebermann in der reichs-<br />
hauptstadt volksfeststimmung herrschte da am platz als<br />
wir drüberspazierten, erinnerst? Und es gibt no immer so fü<br />
Wesselys und stammtische, hölzerne und flimmernde und<br />
gedruckte Und ihr Mief verstinkt die ganze Wöd und zieht<br />
kreise konzentrische vielleicht weil die strukturen funkti-<br />
onieren und setzt sich in ritzen und oben drauf und unten<br />
drüber Und die bladn Wirtinnen sterbn a ned aus weil der<br />
nachwuchs wird ja wieder staatsträchtig belohnt, da bleibt<br />
also zu sagen Gratuliere, gratuliere, Herr Wessely schon wie-<br />
der ein anlass zum feiern Kana hat die Jugend so versaut wie<br />
Sie! fortsetzung folgt…<br />
rbk_27.06.07_02.19h: & durchn regen in die kulturbraue-<br />
rei, zur lage des gedichts aufm poesiefestival 2<strong>00</strong>7, general-<br />
stabsbegriff von lagen zu sprechen, kleinen & grossen auf<br />
denen zusammengetragen wird wie es steht, um die eigenen<br />
& die anderen truppen, & wo die stehen vielleicht. dichtung<br />
aus deutschland gehört zum besten, was auf der welt geschrie-<br />
ben wird, steht in der einladung, & ulrike draesner lädt sa-<br />
bine scho, hendrik jackson & uwe kolbe um mit sich davon<br />
sprechen zu können, dem muss endlich rechnung getragen<br />
werden lautet die forderung dieser veranstaltung der litera-<br />
turwerkstatt, deren leiter uns ulrike draesner als 1e der<br />
wichtigsten lyrischen stimmen des landes präsentiert (gratu-<br />
liere gratuliere), um dann mit 2 nachrichten aufzuwarten,<br />
der guten & der schlechten: deutsche dichtung auf höchstem<br />
weltniveau existiert (1). es spricht sich nicht herum (2). über-<br />
rascht dich zu hören, dass der wahrheitsgehalt von (1) unbe-<br />
zweifelt blieb, um in der folge ausschliesslich von (2) zu<br />
sprechen? der vorwurf der dem deutschen gedicht gemacht<br />
werde sei, es besitze nicht genügend welthaltigkeit, referiert<br />
draesner die solche anwürfe hanebüchen findet. dahinter ste-<br />
cke der verdacht dass das zeitgenössische deutsche gedicht<br />
nicht politisch sei, es fehle ihm der aktuelle politische bezug<br />
sagen die kritiker, ruft draesner ins publikum, hanebüchen,<br />
sie sei absolut interessiert an den facetten der welt, sie seien<br />
schliesslich in der welt zuhause sagt draesner was im lauf der<br />
veranstaltung durch zahlreiche verweise auf auslandsaufent-<br />
halte belegt werden kann, das gerede vom politischen greife<br />
daneben, man sehe sich doch die auf der bühne versammel-<br />
ten an – was man da sehen soll sagt draesner allerdings<br />
nicht, irgendwie selbsterklärend auf sich zu weisen. wann<br />
immer draesner im ausland unterwegs sei um in sachen po-<br />
esie präsenz zu beweisen erfahre sie von fremden kollegen<br />
wie grossartig deutsche gedichte sind, & draesner ist ständig<br />
unterwegs (gratuliere gratuliere) & bringt zum beispiel aus<br />
norwegen die erkenntnis mit dass die norweger die deut-<br />
schen für kaptativ halten würden: die poesie aller welt werde<br />
ins deutsche übersetzt aber die deutschen gäben nichts her<br />
von sich, dabei sind sie die besten. woran liegt das nur, fragt<br />
draesner & sagt dass in anderen ländern dem dichten viel<br />
mehr beachtung gezollt werde als hier, zum beispiel england.<br />
england, sagt jackson, da nimmt man gar nichts wahr, da<br />
gibt es gar kein geld für die poesie nur einzwei positionen<br />
auf denen man queengedichte schreiben muss aber den<br />
hund der königin nicht erwähnen dürfe, poetalaureatusposi-<br />
tion in ketten. das nächste beispiel kann dich nicht überra-<br />
schen, es ist österreich: als studentin war draesner auf einem<br />
lyrikfestival und da habe der österreichische ministerienver-<br />
treter immer von tranchen gesprochen, das seien grosse stü-<br />
cke geld die den verschiedenen verlagen und veranstaltun-<br />
gen zur förderung des dichtens in österreich zugeschoben<br />
werden, solche tranchen hätte der österreichische ministeri-<br />
envertreter da jongliert, eine traumhafte situation in diesem<br />
österreich (man bekommt ein sehr plastisches bild der jun-<br />
1
2<br />
comecon<br />
cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
gen literaturstudentin draesner, wie sie das wort tranchen<br />
hört und sich im schlaf wiederholt, eine tranche, noch eine<br />
tranche, drei tranchen springen über den rotweissroten zaun<br />
ins bett der draesner hinein – vielleicht war das die nacht da<br />
sie beschloss, dichterin zu werden…). soweit also die ande-<br />
ren länder der welt, & in deutschland berlin wobei berlin<br />
wie 1 club funktioniere, selbstorganisation, ballung von<br />
kleinverlagen & projekten in denen die einen die anderen<br />
die die einen produzieren produzieren, wahrnehmen auch,<br />
folge der isolation mangels ausreichender förderung sagt<br />
draesner. klar dass im club erstmal jeder auf sich selbst focus-<br />
siert sagt jackson, liegt in der natur des clubs diese gegenseitig-<br />
keit fügt er erklärend hinzu. handvermittelter gedichtverkehr<br />
sei das, so kolbe, eine dichte der netze die er bewundern<br />
könne als angehöriger einer anderen generation, einander<br />
wahrzunehmen um einander publizieren zu können oder<br />
umgekehrt, verrückt-sympathisches netzwerken sagt kolbe<br />
dazu. draesner fügt aus der eigenen dichterinnenwerdung<br />
bei wie sie angefangen hatte, noch im glauben es gäbe nur 2<br />
tote äste, die avantgarde & das engagierte gedicht, dabei<br />
habe sie über die jahre gelernt dass alles viel bunter sei weil<br />
man ideen entwickeln könne nicht auf die toten äste zu<br />
kommen, also nix da mit toten ästen, es schleudere sie um die<br />
welt, es hagele einladungen zu poesie-festivals auf allen<br />
kontinenten, wenn man auch nicht wirklich reich werde<br />
mit dem dichten so könne man doch leben davon, kein<br />
grund zu klagen jedenfalls bis auf diesen vielleicht: dass man<br />
hinausmüsse in die welt um gedichte vorzutragen sei aller-<br />
dings beschwerlich, man wäre lieber in ruhe gelassen & be-<br />
käme gern so das geld um weiter gedichte schreiben zu kön-<br />
nen, auf reisen kann man nicht schreiben, kommt nicht<br />
dazu. noch im blick, worum es da geht, an dem abend?<br />
deutsche dichtung über alles, & keiner geht hin, trotz gedicht-<br />
einblendungen in tages- und wochenzeitungen, trotz 2 dut-<br />
zendmal wiederholtem tagesgedicht aufm deutschland-<br />
funk, das sei ja eine pause so ein gedicht, in den zeitläuften,<br />
ganz wunderbar sagt uwe kolbe, soviel zu welthaltigkeit &<br />
dem aktuellen politischen schonbezug, trotz 111 poesie-<br />
festivals noch immer nicht genug getan für das deutsche<br />
gedicht. kolbe freilich fragt, ob man sich wirklich weimar<br />
wünsche wenn man mehr haben wolle, & draesner sagt: al-<br />
lerdings, so habe sie das gelernt, den umgang mit dem ge-<br />
dicht, wo wenn nicht in weimar lässt sich das lernen, aber<br />
heute gibt es das nicht mehr, heute weiss keiner mehr 1 ge-<br />
dicht zu verstehen, da ist seit 45 etwas weggebrochen sagt<br />
draesner, da müsse gegengesteuert werden (gratuliere gratu-<br />
liere), man müsse wieder lernen gedichtbände zu lesen & es ist<br />
draesner die dabei die bände betont, das buch ist elementarer<br />
bestandteil der poesie sagt draesner, hat nichts gegen litera-<br />
turzeitschriften oder online-portale oder lesungen aber: es<br />
sei schon ein skandal dass man auf poesie-festivals lese<br />
aber das publikum kaufe das nicht, die bücher bleiben auf<br />
den büchertischen liegen, das wahrnehmen einer dichtung<br />
müsse über das buch geschehen wo sie ganz bei sich sei &<br />
von sich umgeben. was sagt scho inzwischen? scho erwähnt<br />
kling, siehe netzwerk-theorie, es ist thomas kling der sabine<br />
scho entdeckte. was war noch? generation sei ein marketing-<br />
begriff sagt draesner und beklagt das fehlen neuer bände der<br />
50-80jährigen dichter, das gute werde vom trend zum jun-<br />
gen gelöscht, dabei sei generation für sie alles was da sei zu<br />
einer zeit, also auch die alten und selbst die toten, draesner<br />
ist 45 & ahnt was auf sie zukommen wird aber spricht da-<br />
von nicht, spricht vom guten das über dem lebensalter des<br />
einzelnen stehe, es sei auch unerträglich dass es diesen zwang<br />
gebe zur vielschreiberei, früher mal hätte koeppen von<br />
suhrkamp jahrzehntlange vorschüsse auf dann nie verfasste<br />
bücher erhalten aber heutzutage müsse jeder spätestens alle<br />
2 jahre was neues liefern um nicht vom markt gefegt zu<br />
werden. war noch was? das lesen-&-nicht-verstehen-kön-<br />
nen des publikums müsse schon aus dem grunde wegerzo-<br />
gen werden, weil sie als dichterin die rückmeldung des pu-<br />
blikums benötige um sich entwickeln zu können, einfache<br />
anwesenheit sei schon viel aber genüge eben nicht, das publi-<br />
kum müsse endlich wieder verstehen lernen was es konnte<br />
bis 45, da sei etwas weggebrochen, du erinnerst dich: dass<br />
nach auschwitz keine gedichte mehr gehen könnten, hat die<br />
junge draesner auf der universität münchen seinerzeit viel-<br />
leicht überhört. noch einmal, al fine: um die welt geschleu-<br />
dertes deutsches dichten auf höchstem weltniveau auf festi-<br />
vals in aller welt präsent (welt-haltigkeit bis zum get-no:<br />
gratuliere gratuliere) & die dichter können sich vor stipen-<br />
dien nicht retten & von den preisen nur die wichtigsten
comecon cut evelyn schalk<br />
schnitte aus laufendem projekt ralf b. korte<br />
cut<br />
vorlesen lassen um überhaupt noch zum vortrag zu kom-<br />
men, dem muss endlich rechnung getragen werden. ehe man<br />
gebeten wird den saal zu verlassen & sich für die nachrü-<br />
ckenden kanadischen dichter headsets zu besorgen im foyer,<br />
schreiben holland-moritz & ich noch 1 wort auf das draes-<br />
ner verwendet, ohne uns später an den zusammenhang der<br />
verwendung erinnern zu können: wahrnehmungsausschei-<br />
dung. alles irgendwie scheibenverwischer hier, aber als wir die<br />
kulturbrauerei verlassen scheint es trocken zu bleiben für<br />
eine weile…<br />
rbk_28.06.07_01:04h: rotbergn, 16. juni, schwarzweiss,<br />
konrad schiesst auf die sonne ella fitzgerald schenkt dir<br />
die erde die sterne den mond & five years ago nobody knew<br />
cape canaveral das ist der sechste sinn nach der verbrennung<br />
des kopfes: halt sonne! 59\62 am meer (hingehaltene notizbuchnotizen,<br />
datiert immer 16.juni m.r., mit sätzen zu le<br />
soleil la lune & les étoiles). konrad schiesst aus dem fenster<br />
this is the missile test site cape canaveral dort schwarzweiss<br />
das schäumen der wellen am strand (überblendung in auslaufende<br />
wellen, überblendung auf schrift, überblendung<br />
auf frau oder konrad oder beide, usf.), dreisat zeigt experimentalfilm<br />
aus österreich mit dem autor in monte rosso im<br />
anzug, it‘s completely quiet & ella gives you the earth, planetenantrieb<br />
16.juni 6. sinn; verbrennung des kopfes. montage<br />
& schnitt & postkartn vom krieg (kurz, sehr kurz nur),<br />
the postal principle effects the reduction of the different into the<br />
same, the domestication of the alien into the customary, and,<br />
as urban planners say, the gentrification of the unfit into the<br />
acceptable.<br />
lyrische stimmen hören schwarzweiss, „so war es auch für<br />
die vertreter einer eher narrativ orientierten lyrik eine selbstverständlichkeit<br />
geworden, konrad bayer oder oswald wiener<br />
gelesen zu haben. wenn das kein fortschritt ist!“ schreibt<br />
ulf stolterfoht übers pfingstwunder der lyrik inmitten der<br />
öden achtziger auf lyrikkritik.de, aufbruch von kling papenfuss<br />
waterhouse, alle wurden mit dem heiligen geist erfüllt<br />
und begannen, in fremden sprachen zu reden, wie es der geist<br />
ihnen eingab, apostelgeschichte kapitel zwei, diese nacht den<br />
film halt sonne! gesehen, bayer am meer in begleitung, sehen<br />
schiessen sonne frau kreislauf laufstall sprachgeburt, dandyistischer<br />
dadaist (wikipedia) mit suizid 64 (datum, nicht<br />
summe der lebensjahre, letztere datum halbiert), nachtaufnahme<br />
(cape canaveral jupiter vanguard thor atlas rockets, fly<br />
me to the moon) der sechste sinn (vestibulär, das gleichgewicht<br />
betreffend, balance of powers, or threat) konrad schiesst<br />
aus dem fenster, monte rosso 16.juni, das ist bloomsday, 63<br />
fliegt tereshkova am bloomsday vom kosmodrom in baikon-<br />
ur ins all, 07 gründet sich die linke, i give you the earth, 1979<br />
stirbt nicholas ray (‚party girl‘ 1958 offers only a standard<br />
story but director ray makes more of it through clever setups and<br />
inventive techniques) & 1980 wird sibel kekilli geboren, immer<br />
16.juni. „dies hat zur folge, dass heute kaum noch richtig<br />
schlechte gedichte geschrieben werden – davor schützt<br />
die kenntnis der tradition – und sich darüber hinaus eine<br />
unglaubliche vielfalt der stilistischen ansätze entwickelt hat,<br />
die gruppen zulässt, aber schulen verhindert. und so gibt es<br />
unter den jüngeren lyrikern dann auch nur noch ganz wenige,<br />
die ihr schreiben als experimentell bezeichnen würden“<br />
fährt ulf stolterfoht fort, & dieser text dient allein der dichterverehrung,<br />
und doch werde ich keinen einzigen vers, keinen<br />
einzigen doppelzeiler zitieren, weil ich, der lange zeit gedichte<br />
nicht ausstehen konnte, es viel weniger ausstehen kann, wenn<br />
man die poesie eines meisters vorstellt, indem man beispielhafte<br />
schnipsel aufführt. der dichter heisst thomas kunst, er lebt heute<br />
in der heldenstadt leipzig lässt feridun zaimoglu das nachbild<br />
1er begegnung in der villa massimo in die frankfurter<br />
allgemeine sonntagsZeitung letztes weekend suppen, wir<br />
kennen keine schulen mehr, nur noch 1 grosses deutsches<br />
dichten, wohin flattern die fahnen voran?<br />
it‘s completely quiet & alle wurden mit dem heiligen geist erfüllt<br />
nach der verbrennung des kopfes, lichtschutzfaktor sechs im<br />
sinn, & keine experimente, wenn das kein fort schritt ist.
eine art autonomie sophie ambrosig<br />
silvia stecher<br />
Anfang Juli wurde in Graz die ehemalige St.-Andrä-Schule in der<br />
Grenadiergasse besetzt, was im kreise der Grazer politiker und<br />
exekutive offenbar eine panikreaktion auslöste. Denn letztere er-<br />
schien in solcher überzahl zur räumung (120 umfassend ausge-<br />
rüstete einsatzkräfte trafen auf 30 friedlich agierende hausbeset-<br />
zer), dass ein unwissender beobachter hätte meinen können, es<br />
handle sich um die stürmung eines terroristenstützpunkts. Fast<br />
schon humoristisch mutet dieses bild an – in anbetracht der<br />
tatsache, dass jenem aufgebot an einsatzkräften eine harmlose<br />
forderung voranging, nämlich die nach „einem experimentier-<br />
raum, in dem einem niemand auf die finger schaut“, erklärt<br />
eine der hausbesetzerInnen. Diese beanspruchen demzufolge<br />
einen raum für künstlerische und soziale zwecke, wollen an-<br />
derweitig aber nicht in das subventionssystem eingegliedert<br />
werden, sondern möglichst unabhängig von herrschaftsme-<br />
chanismen und etablierten kunstdogmen agieren: „Werkstät-<br />
ten sollen entstehen, in denen vom schweißen übers tisch-<br />
lern bis zum malen alles möglich ist; denn“, wie eine der<br />
autonomen betont, „die vehemente trennung von kunst und<br />
handwerk halte ich nicht für sinnvoll.“
eine art autonomie sophie ambrosig<br />
silvia stecher<br />
Der kunstbegriff der hausbeset-<br />
zerInnen ist folglich ein ziemlich<br />
weit gefasster und facettenreicher,<br />
nicht nur weil einige von ihnen<br />
definitionen solcher begriffe<br />
grundsätzlich als unnötig und<br />
sinnlos erachten. Viele sind<br />
der ansicht, dass kunst alles<br />
ist, was als kunst betrachtet<br />
oder intendiert wird. Natür-<br />
lich gibt es auch kontroverse<br />
ansätze, so meint beispiels-<br />
weise M.subversiv, „kunst ist<br />
dann kunst, wenn sie sich selbst<br />
vom gesellschaftlichen und po-<br />
litischen kontext befreit bzw.<br />
diese befreiung anstrebt oder<br />
ausdrückt“, während eine ande-<br />
re autonome fordert, die kunst<br />
müsse die gesellschaft reflek-<br />
tieren, um kunst zu sein. Aber in<br />
einem sind sich alle einig: Kunst<br />
geht weiter als die verbreiteten<br />
definitionen es ihr zugestehen,<br />
denn auch die lebenskunst wird<br />
unter den meisten autonomen als<br />
kunst angesehen – eine einstel-<br />
lung, die ihre umsetzung in zahl-<br />
reichen aktionen wie dem „kost-<br />
nixladen“ oder der „volxküche“<br />
erfährt.<br />
Der zweck dieser aktivitäten ist<br />
es, „andere wege aufzuzeigen, zu<br />
zeigen, dass man ohne geld leben<br />
und etwas schaffen kann. Das ist nicht nur wichtig,<br />
sondern nötig, weil wir in einer überflussgesell-<br />
schaft leben. Die medien sagen uns, was wir an-<br />
geblich brauchen. Es ist wichtig zu beweisen, dass<br />
sie damit falsch liegen“ (anonyme autonome). Die<br />
höchstmögliche freiheit von herrschaftsmecha-<br />
nismen/hierarchischen strukturen sowie unabhän-<br />
gigkeit von finanziellen mitteln (die einrichtung<br />
und erhaltung der autonomen zone betreffend)<br />
dienen als bisherige zielsetzung – denn: eine pro-<br />
gressive entwicklung im gesellschaftlichen kon-<br />
text sei nur unter autonomen umständen möglich<br />
(M.subversiv).<br />
In der kurzen zeit der besetzung der ehemaligen<br />
St.Andrä-Schule herrschte großer andrang gleich-<br />
gesinnter sowie neugieriger anrainer und besucher.<br />
Der ruf nach umsetzung zahlreicher projekte am<br />
sozial-, wohn- und kultursektor wurde laut. Doch<br />
die reaktion der führenden stadtregierungsmitglie-<br />
der, an ihrer spitze VP-bürgermeister Nagl, war,<br />
im gegensatz zur wiederholt in den medien ver-<br />
lautbarten verhandlungsbereitschaft des bürger-<br />
meisters, ein ausdruck völligen unverständnisses<br />
bzw. widerwillens dieser forderung gegenüber.<br />
Hat die stadt Graz angst, durch subventionsfreie<br />
kunst, welche lediglich einen freiraum als unter-<br />
stützung beansprucht, ein vakuum in der gängigen<br />
förder- und einflusspolitik zu erzeugen? Oder geht<br />
es schlicht und ergreifend um die irritation, dass<br />
der/die eine oder andere autonome traditionell ka-<br />
tegorisierende begriffe von vornherein als obsolet<br />
erklärt und auf die frage, was kunst für sie/ihn be-<br />
deute, lapidar entgegnet: „Is ma wuascht!“?
eine art autonomie sophie ambrosig<br />
silvia stecher<br />
Für die vielfalt der Grazer kulturlandschaft bedeutet<br />
die ignoranz der politik die altbewährte traditions-<br />
monotonie, man kann die herrschaften also beru-<br />
higen: die etablierten kulturvertriebe werden nicht<br />
den löffel weiterreichen müssen. Schließlich sorgt<br />
in Österreich ein nach wie vor gängiger, elitärer<br />
kunstbegriff dafür, dass „kunstpolitik und kunst-<br />
markt alles bestimmen und die elite-kunst-unis nur<br />
künstler etablieren, die deren traditionshörigkeit<br />
folge leisten“, lautet zumindest der standpunkt des<br />
künstlers OND*RF, der weiters meint: „Staat und<br />
markt vereinnahmen die kunst. Die ansätze freier<br />
kunst, die bei uns praktiziert werden, werden vom<br />
staat nicht als solche anerkannt, sondern fallen un-<br />
ter § 125 (sachbeschädigung).“<br />
„Die etabliertheit der kunst- und kulturszene kann<br />
sie behaupten lassen, dass sie definitionsmacht<br />
hätte. Außerdem ist eine etablierte kulturszene fast<br />
nie frei zugänglich, denn: etabliertheit bedeutet<br />
elite bedeutet geschlossenheit.“ (Trigbald). Eine<br />
Meinung, die auf Resonanz stößt: „Kunst ist frei<br />
und freiheit, kuratoren beispielsweise beschneiden<br />
diese freiheit“ (OND*RF). Diesen tendenzen wird<br />
von seiten der writers entgegengewirkt, indem<br />
deren kunst ihren platz im leben bzw. in der in-<br />
nenstadt für sich in anspruch nimmt. Sie deklariert<br />
sich damit als „freilaufende kunst“, wie ein anony-<br />
mer aktivist expliziert, die sich von der „domesti-<br />
zierten kunst“, welche in den museen eingekerkert<br />
ist, emanzipiert.<br />
Da es in Graz allerdings kaum platz für autonome<br />
tätigkeiten gibt, folgt die angemessene reaktion auf<br />
eine solche beschneidung der spärlichen freiheiten<br />
des individuums: „mensch holt sich nur ein stück<br />
von dem zurück, was eigentlich allen gehört, aber<br />
jedem/jeder verschlossen bleibt – man öffnet einfach<br />
eine tür“ (OND*RF). Dementsprechend ist beim<br />
graffiti schon der akt des malens an sich ein<br />
politischer, selbst wenn das bild keinen ex-<br />
plizit politischen inhalt trägt. Es ist eine<br />
form der „stadtguerilla: „man schafft<br />
freiräume und macht von seinem<br />
recht gebrauch, sich in sein um-<br />
feld einzubringen.“ Von dieser<br />
perspektive aus betrachtet, sind<br />
graffitis „markierungen für<br />
autonome zonen“ (OND*RF<br />
+ Trigbald), die das system<br />
bezahlter kommunikations-<br />
flächen im stadtbild unter-<br />
wandern. Sie verändern da-<br />
mit den code der stadt, die<br />
„urbane signalethik“ (nach<br />
Jean Baudrillard), die von<br />
aggressiv-dominanten wer-<br />
befeldzügen geprägt ist.<br />
Gleichzeitig wird die idee,<br />
überhaupt freiraum für sich<br />
in anspruch zu nehmen, um-<br />
gesetzt und weitergetragen.<br />
„Kunst ist ein impuls, der<br />
mich bewegt, und mit der<br />
daraus entstandenen kunst<br />
versuche ich wiederum im-<br />
pulse zu erzeugen“, reflektiert<br />
Trigbald seine künstlerische ar-<br />
beit analog zum schmetterlingsef-<br />
fekt der chaos-theorie.
eine art autonomie sophie ambrosig<br />
silvia stecher<br />
Kunst, deren gestalter den anspruch auf autonomie<br />
erheben, ist durch ihre intention unweigerlich mit<br />
politischem denken verbunden. Aber auch im<br />
umgekehrten sinne werden von autono-<br />
men subversive akte, die den zwang-<br />
haft geregelten alltag unterlaufen,<br />
in das bedeutungsfeld der kunst<br />
hereingenommen. Und das<br />
muss nicht notwendigerwei-<br />
se eine hausbesetzung sein,<br />
sondern kann ebenso still<br />
und leise geschehen, indem<br />
mensch einfach zeit für sich<br />
in anspruch nimmt, um sei-<br />
nen bedürfnissen, wie etwa<br />
der ausübung kreativer tä-<br />
tigkeiten, zu folgen.<br />
Spricht man in zusammen-<br />
hang mit den dargelegten<br />
betrachtungsweisen von<br />
„autonomer kunst“, wird<br />
klar, dass dies nicht im<br />
herkömmlichen sinne der<br />
außerästhetischen zweck-<br />
freiheit zu verstehen ist. Es<br />
verdeutlicht sich, dass es<br />
nicht mehr möglich ist, au-<br />
tonome und politische kunst<br />
als sich ausschließende pole<br />
gegenüberzustellen. Die<br />
kunstform graffiti ist gleicher-<br />
maßen ausdruck eines kreativen<br />
selbstzwecks, indem der künstler<br />
dem eigenen grundbedürfnis zu<br />
malen folgt, wie sie auf agitatorischer ebene frei-<br />
raum für die weiterentwicklung gesellschaftlicher<br />
anliegen reklamiert. Die teilweise hohen ästheti-<br />
schen ansprüche an ein bild und die nicht notwen-<br />
digerweise politischen inhalte des werks könnten<br />
es im sinne der l’art pour l’art für sich selbst ste-<br />
hen lassen. Der zielgerichtete akt der entstehungs-<br />
handlung, bei dem das wann?, wo? und wie? eine<br />
besonders bedeutende rolle spielen, verwandelt<br />
das bild, unabhängig von seinem inhalt, in einen<br />
träger politischer anliegen.<br />
Hausbesetzungen und graffitis sind sich folglich<br />
in ihren wirkungsmechanismen sehr ähnlich – der<br />
mensch fordert seinen lebensraum vom staat, der<br />
alles an die profitwirtschaft verkauft, was privati-<br />
sierbar ist, zurück. In seiner funktion als erhalter<br />
der vorherrschenden, hierarchischen strukturen<br />
lässt sich die abwehrende haltung des bürgermeis-<br />
ters daher durchaus nachvollziehen, da er jedoch<br />
ein vom volk gewähltes organ des staates ist, muss<br />
bgm. Nagl dringend darum ersucht werden, der<br />
bevölkerung zumindest den raum zur verfügung<br />
zu stellen, der sich noch in öffentlicher hand be-<br />
findet. Dies dürfte schließlich keinen allzu großen<br />
aufwand bedeuten, angesichts der tatsache, dass<br />
der städtische geldbeutel in vielerlei hinsicht recht<br />
locker zu sitzen scheint: So wurde die denkmal-<br />
geschützte St.-Andrä-Schule um 620.<strong>00</strong>0 euro der<br />
immobilienfirma Estate Scherer Gmbh „gespen-<br />
det“ – zum wohle der verarmten immobilien- und<br />
spekulantenszene.
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
1. vorspann spannvorhang hanglage<br />
hs: wir wollten nur die welt verändern,<br />
alles andere ist improvisation.<br />
subcomandante marcos<br />
(guerilla in stand-by-position)<br />
hmx: revolutionär wird der sein,<br />
der sich selbst revolutionieren kann.<br />
(wittgenstein: vermischte bemerkungen,<br />
in: gesamtausgabe 8, 513.)<br />
hmx: //hmx wrote with extrem hervorragenden (= sehr fei-<br />
nen) word-derivaten://<br />
ITEM auf die plätze - fertig - machen - feuer - los usw<br />
sozuviel zum vorspann + jetzt mal rum ums eck nebst ran<br />
an den speck {und was sich reimt tut gut auf jeder feinen<br />
dichterseele [die als solche (=im übrigen) erst garnicht 1x<br />
zur existenz zugelassen werden darf (stichwort TÜV etc.)]}<br />
und wo ein speck - da auch die fliegen - oder seelchen<br />
- oder einfach nur anderes geschmeiß (Vgl. calliphoridae<br />
aus der familie der zweiflügler). und als netter biologie,<br />
der nicht nur sie, sondern auch ich heute vorgebe zu sein,<br />
nimmt man schon ca. ein paar mal seinen blick und wirft<br />
in achtsam in die natur hinein, auf dass er heraus komme<br />
mit ca. etlichen informationen oder textchen oder zahlen<br />
(vulgo: nummern event. knödel) oder einfach nur mit dem<br />
extrem hehren lohn der anerkennung, der sich nur über die<br />
ergibt, die es auch wirklich brauchen [so z.b. zum angeben<br />
(sprich: frauen/männerbefeuchten) oder einfach nur für<br />
mama und papa]<br />
theoretischer exkurs:<br />
kommt eine fachzeitschrift zum biologen und sagt:<br />
>>GUCK EINMAL DICH AN!>LOGO SO WIRDS GEMACHT
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special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
verfahren<br />
1.) besuche von dunkelsten spelunken zu unchristlichsten<br />
zeiten<br />
2.) drogenhandel ungebührenden maßes<br />
3.) drive-by-shootings (aus reiner freude an der gewalt)<br />
4.) abnorme sexualpraktiken (vgl. fisting, MILF-hunting<br />
etc.)<br />
5.) unfeine beschimpfungen<br />
6.) zerstörung der GANZEN kunst nebst aller<br />
errungenschaften des GANZEN abendlandes (z.b. geld)<br />
7.) unerhörtes preisdumping (texte bereits ab 9,90€,<br />
lesungen sogar GRATIS)<br />
8.) lügen<br />
9.) betrügen<br />
10.) spucken<br />
11.) beißen<br />
12.) kratzen<br />
13.) gemeines schnurbarttragen + verkleiden<br />
14.) politische wirrkopferei<br />
c.) …durch max hoefler (=?) jede fachzeitschrift als ver-<br />
ruchtes blattwerk erscheint.<br />
d.) …max hoefler (=?) zwar nicht schreiben, sprechen<br />
und auch nur einen ganzen gedanken fassen kann, aber<br />
mir fällt kein anderer biologe (etc.) ein, der mit meiner<br />
fachzeitschrift (auf grund der angst um das eigene wissen-<br />
schaftliche fortkommen) in kontakt treten würde.<br />
e.) …max hoefler (=?) durch seine permanenten selbst-<br />
disqualifikationen in der forschungscommunity zu recht<br />
als ein pseudowissenschafter zu gelten hat, dem man auflauern<br />
sollte, um ihn einmal so richtig (z.b. mit einer eisenwurze)<br />
zu verprügeln (vgl. hören + sehen vergehen), auf<br />
dass er endlich mit seiner so genannten wissenschaft aufhöre<br />
und z.b. literaturhausführer werde.<br />
f.) …max hoefler (=?) meiner fachzeitschrift (bis auf eventuelle<br />
ehrenbeleidigungsklagen dritter) keinerlei kosten<br />
verursacht. [vgl. punkt b.7.) und punkt. e.)], wodurch zumindest<br />
bis auf weiteres der bestand meiner fachzeitschrift<br />
gewährleistet ist.<br />
g.) …die mit max hoefler bereits äußerst ausführlich<br />
gehabten intimitäten [= suff nebst anschließender bettgeherei<br />
(incl. fummeln)] für eine publikation in meinem<br />
fachblatt völlig reichen.<br />
h.)...etc. etc.<br />
g.)...usw. usf.<br />
rbk: guckst du. brauchst brachialgeilet goldkett zum halsumhänge?<br />
auch der mensch entsteht durch differenzierung.<br />
nicht nur individuell, aus einer einzelnen eizelle bis zum<br />
kompliziertesten organismus differenziert, den die natur hervorbringt<br />
– nein, auch historisch. (engels, dialektik der natur,<br />
in: MEW 20, 322)<br />
hmx: „auch der mensch entsteht durch differenzierung“<br />
Jaja der mensch, welch ein schönes gebäude (incl. fenstern<br />
zum rausschaun, wenn drinnen nix [= ca. 0] los ist). Aber<br />
warum sollten wir von gebäuden sprechen, wenn es eigentlich<br />
um architektur (= design - sprich: differenz um jeden<br />
preis) oder eigentlich noch besser: um physik gehen sollte.<br />
Oder andersrum:<br />
jaja der mensch, wo bleibt er denn, wenn in den kanälen,<br />
in denen wir uns bewegen, (und diese scheinen mir ja der<br />
fokus des KVs zu sein) nur bilder (event. fotos etc.) von<br />
menschen möglich sind? soll heißen:<br />
the medium is the message! Jaja, die kanäle bedingen nun<br />
mal die struktur des dargestellten. und wollen wir diese<br />
kanäle, in denen wir rumplantschen, untersuchen, so wird<br />
wohl ein wichtige frage sein, welche bilder wir abgeben<br />
und welche rolle diese bilder oder bilder überhaupt in bezug<br />
auf die kanäle spielen.<br />
rbk: daten mengen. nicht wir, die daten sausen durch<br />
kommunizierende röhren, stellen sich zu. bilder sind spezialfälle<br />
von daten, haufenbildungen in denen nadeln deponierbar<br />
sind. stochastik und chiffrierung. bilder sind<br />
spezialfälle der literatur, ausserdem, illustrationen, vorangestelltes<br />
autorinnenportrait. wo also bleiben ‚wir‘ wenn<br />
wir telefonieren, wenn ‚wir‘ uns ein bild von uns machen,<br />
oder wenn ‚wir‘ verreisen? reisen die seelen bei höheren geschwindigkeiten<br />
mit uns mit? – vor nicht allzulanger zeit<br />
keine lustige frage…<br />
frage von heute könnte lauten: brauchen die daten noch einen<br />
begriff vom ‚wir‘, vom ‚ich‘, sich zuzustellen? sind ‚wir‘<br />
nicht inzwischen sonderfälle der bewegung, störfaktoren
0<br />
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
deren existenz nur äusseren anlass gibt, etwas ingangzuset-<br />
zen? wie bei tv-kanälen das sogenannte programm nur die<br />
jeweilige einblendung bezeichnet, die zwischen den wer-<br />
beblöcken genug publikum bindet den preis für die sende-<br />
sekunde werbung nach oben zu treiben? wozu also bilder,<br />
von ‘uns’, an die ränder der zeilen stellen? was geben wir<br />
ab, auf einem bild, und wem? einen abdruck zu hinterlas-<br />
sen, dellen im datenschlamm, nennen wir kolateralscha-<br />
den biologischer konkurrenz. durch irgendwelche second<br />
lifes zu stapfen, unter umgehung des ersten und letzten,<br />
eine auslagerung in die matrix. die kanäle aber transpor-<br />
tieren elemente von sprache, kleinste einheiten von schrift.<br />
schrift ist ein mittel der vergegenwärtigung, zum beispiel.<br />
sts: !hand! !grei! !flich! zu beantworten das mitm teh-ley-<br />
phon. nämlich: wo bin ich, während meine liebe fremde<br />
stimme fremd durch keinen raum schwirrt und mit einer<br />
anderen fremden stimme in umschlungenheit begriffen ist?<br />
– na ich! geh auf-und-ab zwischen schreibtisch und herd,<br />
wo das mittagessen köchelt, und hab nicht nichts, aber<br />
auch nicht viel mit dem zu tun, was zwischen meiner glot-<br />
tis, meinem apparat, dem !nichts! und dem apparat samt<br />
ohr am anderen ende sich abspielt. dass das mitdem den-<br />
ken-reden automatisiert ist, war ja eh immerschon so (jetzt<br />
phylo- nicht ontogenetisch geredet), macht uns aber erst<br />
des schnurlos-teil so richtig doigt-lich. soweit fortschritt<br />
mac weltgeist, der zu meinem schreitenden körper übers<br />
sprechen spricht. und der generator der anderen fram‘d-<br />
stimme? was weiss denn ich was der tut. sitzt steht geht<br />
wichst scheisst kocht oder eben für alle praktischen belan-<br />
ge an meinem ende: tut nichts davon, und alles zugleich,<br />
schrödingers gesprächspartner quasi. daher auch das fan-<br />
oh-man, dass mensch gesprächspartner hat, mit denen am<br />
appart ganz anderes verhandelt wird als „in echt“, wo der<br />
nichtsraum der stimmen zwar vorhanden, aber gut in der<br />
körperlichkeit versteckt ist, mit der einer rumhängt…<br />
als nämlich: auch so eine nadel, mit der datenmenge „kör-<br />
per“ dann als heuhawfenn…<br />
(jajaja, wir sind wieder mal in der mitte von seinundzeit,<br />
aber auch nur, weil ichs mir noch nicht angetan hab, das<br />
ding zu lesesesesen. lelelele-ley-benn‘s-zeit ist kostbar.)<br />
/MODUS ULIJANOV EIN/<br />
und dann gibts natürlich die tatsache, dass all der daten-<br />
schlamm, der laut ralf im zweifelsphall eher schon eine<br />
berechtigung hat, unsere subjektsposition in frege zu<br />
sch‘dellen, seinersaiz einer frage satisfaktion schuldet, die<br />
da also lautet: wem nutzts? nämlich: es liesse sich verdächtigen,<br />
dass diese neue erkenntnis-erschwernis auf dem selben<br />
mist gewachsen ist wie die älteren methoden, uns von<br />
der MENSCHENgemachtheit der ganzen zivilisation incl.<br />
ausbeutung incl. unserer rolle darin abzulenken, airgo von<br />
der VERÄNDERBARKEIT der verhältnisse. denn dieses<br />
wohlfeile nichts, durch das da meine stimme kreist, wenn<br />
ich das mooo!-bile-phone benutze, ist erst der betrachtung<br />
zugänglich dank diverser kindersoldaten und -arbeiter,<br />
die im kongo (wo die kristalle im hörer herkommen) und<br />
sonstwo (das in ostasien liegt und „wirtschaftsfreundliche“<br />
arbeitsgesetze hat) im interesse von motorola und nokia,<br />
also uns, bluten und schwitzen. also: nicht unbedingt<br />
gezielt eingesetzter kunsteisnebel das ganze, aber ebenso<br />
sicher nicht der fruchtbare tau auf den feldern des fortschritts<br />
der menschheit... eher smog.<br />
/MODUS ULIJANOV AUS/<br />
rbk: & was besagt, 1en modus wählen zu können? sich in<br />
zustände schalten, rollen bedienen, switch off/on, ist rückübertragung<br />
also das reden in maschinen/zungen, ich als<br />
plastikelefant, ich als galeerensträfling, ich/modus es/. was<br />
passiert, wenn sts/modus ‚sts‘ off/, oder genauer noch, was<br />
wenn sts/modus ‚sts‘ on/? das zum 1en, zum anderen aber:<br />
was wenn partner simulanten sind, welche gegenwart wird<br />
von wem garantiert? das brachiale echtkörperpräsenzgetue<br />
resultiert aus der ungewissheit ebendessen was damit als<br />
grundgegebenheit behauptet wird: anwesenheit. was wenn<br />
ehschokloar /modus beobachtung der beobachtung on/ =<br />
woswoasih ≥ blunzn? was wenn [zeit] x [perspektive(n)] ≠<br />
[selbst/modus wahrnehmung on]? tiefenschärfe repräsentiert<br />
nicht ablenkung von schwarzweissgegensätzen, zum<br />
dritten. schwarz ist additive überlagerung von primärfarben,<br />
auch.
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
verfahren<br />
sts: /MODUS ZEN AN/ baum=baum<br />
/MODUS STS AUS/ baum≠baum<br />
/MODUS STS AN/ baum=baum<br />
/MODUS ZEN AUS/<br />
... ;-} ...<br />
diese modi, die umschnalldildo-mentalitäten, auf die ich<br />
da mit dem modus /MODUS/ hinwill, sind ahn-geleyg‘d<br />
in briefform/mehr noch mailform/entkörpertheiten/<br />
schriftsprache sowieso. was in ihnen bewahrt ist, die gewährleistete<br />
dauer-anwesenheit der sprache des sprechers,<br />
ist bewahrt bloß kraft der dauer-abwesenheit des sprechers<br />
selbst, sogar wenn der danebensitzen sollte. aber das wissma.<br />
soll gar nix behauptet werden mit der brachialität. die<br />
istn ohnehin-gegebenes. und wenn die ohnehin gegeben<br />
ist, kamma auch was mit ihr machen, nämlich: *räusper*<br />
*höchst volksrednerhaftiglich*:<br />
hoppala, werte damen und herren erzählungen und diskursinen!<br />
ihre abbildfunktionen sind ja ganz unbrauchbar.<br />
konstituieren sich die geehrten jargons und redeweisen und<br />
erzähltraditionen ja über den jeweiligen blinden fleck. darf<br />
ich, geehrte, darauf hinweisen, dass, wenn ich ihn, also<br />
den blinden fleck, als standpunkt einnehme, die erzählung,<br />
die seinem jargon angemessen ist, in eher düsteren farben<br />
wo nicht gar als tintenschwarzes kastl daherkommt? darf<br />
ich? gut. also: definiere tautologie an einem beispiel: angemessenes-objekt-einer-redeweise<br />
plus aussicht-vom-blinden-fleck-derselben<br />
istgleich SCHWARZ DRÜBERPIN-<br />
SELN istgleich unnötig. dh. wirklichkeit=immer mehr<br />
als der rede zugänglich/zuträglich. dh.: wirklichkeit=gar<br />
nicht zur debatte. bloß, dass man immer wieder mal den<br />
hinweis geben sollte, wo die farbkübel stehen, für den fall<br />
des fallös…<br />
aber was erzähle ich das ihnen, verehrteste damen und<br />
herren überbauelemente! das bufet ist eröffnet!<br />
rbk: modi oder das rauschen des was-reden-wir-da, es ist<br />
doch eigenartig dass einerseits die köpfe aus der hüpfburg<br />
weit herausfliegen um dann aber aufzukommen im<br />
ich, oder zwischen den ichen die man zu sein glaubt [war<br />
da nicht dieser test bei der vorzeitigen aufnahme in die<br />
grundschule, bei dem man einen menschen zu zeichnen<br />
hatte, z.b. den eigenen vater der neben einem sitzt? den<br />
zeichnete man dann & wesentlich dabei schien ihn mit<br />
kopf und hals und rumpf und beinen zu zeichnen, weil<br />
ihn als ei zu zeichnen, als kopfrumpfeinheit mit extremitäten,<br />
als der schulbildung vorgängige entwicklungsstufe<br />
betrachtet wurde, jedenfalls in der westdeutschen<br />
fortschrittspädagogik der 60er.. / einschubmodus lose<br />
kopplung off]. also thema wäre der gegensatz, sich eklatant<br />
im über-haupt bewegen zu können, jedoch drunten<br />
im tal, wo der kontostand aktueller beziehungsflüsse sich<br />
im sand der gezeiten zu verewiggestrigen scheint, bleibt<br />
dann katzen-jammer, keine 7 leben mehr, nur noch das<br />
ei-ne. bin ich undeutlich genug? fähigkeit, zu abstrahieren,<br />
aber unfähigkeit, sich rückzukoppeln an abstraktion<br />
die einen nichtsdestotrotz längst durchzieht. frage wäre,<br />
ob modi geräte abgeben, mehrschichtigkeit von bioadapterexistenzen<br />
zu repräsentieren, oder wieder nur das spiele<br />
spielen ermöglichen, lomo homini ludens, klickklick noch<br />
mehr polaroids from the dead. gewährleistung, hübsche sache<br />
versicherungsrechtlich gesehen, der anwesenheit der<br />
sprache des sprechers neben der er zu sitzen kommt, quasi<br />
seiner sprache über die schulter sieht als gewähr-leistender,<br />
da weiss sts weit mehr als anderen lieb, oder genau<br />
wonach andere teuer noch streben. was sts im ehschowiss<br />
anzubieten scheint ist suspendierung zweiter rodung, der<br />
beobachtung, nein ordnung nicht wahr, ungefähr so: was<br />
bringt schon, ergebnisse zu überprüfen auf anderes wenn<br />
nicht wirkungsmacht, welchselbe zählbar ist, siehe stände<br />
von b-ziehungen & anderen konten..? erkenntnis gleich<br />
schwarzes quadrat, das hätte kazimir severinovic malevic<br />
gern gehört, nur nicht die folgerung dass unnötig istgleich<br />
redundant. frage ans literaturbetriebssystem: kulturwirtschaftsgeschichte<br />
minus klassenfrage gleich - jawasnur, sagen<br />
wir betriebswirtschaftslehre erstes semester, mit option<br />
in den crashkurs für künftige oberligisten wechseln zu dürfen?<br />
fall-zu-fall-marxisten beim prüfen zuhandener waffen<br />
für privaterfolg plus gefällig rot betupftes ambiente, frisch<br />
vom unternimmwasberater gecheckt: dass die zöglinge des<br />
sozrealismus für die bedingungen zeitgenössischer kulturmärkte<br />
bestens gewappnet sind, hat dubravka ugresic<br />
1
2<br />
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
in „lesen verboten“ z.b. präzis genug rekonstruiert, frei-<br />
lich in düsteren farben. die produktionsbedingungen nur<br />
geschickt zu nutzen um ein paar bildchen vom erlesenen<br />
klassenkampf zwischen die zeilen hupfen zu lassen, bei ge-<br />
nug gib-dem-kaiser-was-des-kaisers um allseits verwendbar<br />
zu sein, können nachrücker im modus dshughashwili am<br />
besten. ergo, munter weiterilluminieren & wissen wie der<br />
hase [frohe ostern noch] läuft, nennt sloterdijk der jüngere<br />
zynisch, welchselbe vernunft sogar der kritisiert..<br />
frage mehrschichtigkeit, & frage systeme bleiben, also<br />
sprache zu finden die vom einzelnen nicht abstrahiert um<br />
das ganze sprechen zu können vice versa, mimesis gleich<br />
nach-ahmung schwer für relaisstationen z.b. oder trans-<br />
formatoren, wir sprechen da immer noch vom denken id<br />
est sprache zu definieren nicht wahr, wir sprechen vom<br />
sprechen der sprache & dem rückzug des menschen aus<br />
dem zusammenhang der nicht kompensiert werden kann<br />
durch rekurs, oder scheingewitzten rekurs gleich deklina-<br />
tion gehabter formen [oder drüberfliegergewitzte scheiner-<br />
kenntnis dass diskurs eh blöd wg. zahnloser sprecher, was<br />
betreffs zahnlosigkeit weniger mit sprache zu tun hat als<br />
mit biologischen zyklen der sprecher – oder damit, wer sie<br />
Razliv, many years ago… Lenin: That‘s not bad, my dear chap,<br />
but there‘s one mistake you‘re makin‘…<br />
einem ausgeschlagen hat bei gelegenheit, und ausschlägt<br />
weiter & weiter]. weil was wir zu wissen glauben zwar uns<br />
weiss nur wir nicht wie es. weil was üblicherweise vorhan-<br />
den rhetorik vom durchblick ist, der stückhaft aufgeführt<br />
wird mit marionetten die klappern, tanzen nicht & trans-<br />
zendieren nicht licht vulgo erkennen, arbeit am aufgeho-<br />
bensein meinethalben. klappert nur im wald, sich nicht<br />
ängstigen zu müssen, vor der leere zwischen den hölzern<br />
um einen herum. was zur debatte steht ist wirklichkeit, die<br />
frage nur ob wir es sind die von ihr sprechen… oder, mit<br />
hmx, welche rolle spielen die bilder, die den n-dimensio-<br />
nalen raum auf schattenriss an höhlenwand reduzieren bis<br />
nur noch die tonspur fehlt um weinen zu dürfen… [oder<br />
medientechnologisch überführt: von welcher rolle kom-<br />
men die – bewegtbewegenden – bilder, wie ist das abspiel-<br />
gerät konditioniert?]<br />
sts: erstmal wg. modus dshughashwili, ohne beweischa-<br />
rakter, bloß des amüsemengs wegen. aus einem comic, an-<br />
nahme stalin vs. hitler, superheldenstyle. von einer „anti-<br />
trotzkistischen“ website…<br />
Lenin: The laws of historical inevitability are our strength.<br />
You must learn to make the laws obey you.
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
verfahren<br />
zurück zur sache: hmmmmmmmm. also WAS ANSTATT<br />
der suspendierung zweiter rodhodendrung/ordnung? weil<br />
wir wollen ja was anderes als bloß die fade wirkmacht auch<br />
erkennen können! geseufze nämlich, wie so teuer ist das<br />
mobiliar unserer labors! aber sind die tausend teuren frage-<br />
stellungen der geisteswissenschaftlichen traditionen nebst<br />
angeschlossener stammkneipen-subkulturen tatsächlich<br />
der PRAXIS sooo feindlich gesinnt, wie rbk zu scheinen<br />
meint, nein meinen scheint? also stellt sichs tatsächlich so<br />
dar: erwähnung der wirtschaftl. grundlage eines phänomens<br />
samt hinweis auf die farben, die das bild in solchem<br />
lichte annimmt ISTGLEICH leugnung der notwendigkeit<br />
aller weiterführenden analyse/synthese? glaub ich eher<br />
nicht. es gibt nicht JENE fragestellung, die das handgreifliche<br />
jetzt!, und JENE ANDERE, die die horizontlinienzeichnung<br />
desselben ausschnitts bereitstellten, wobei die<br />
beiden einander ausschlössen, weil mensch ja immer nur<br />
in eine richtung schaun kann, nichtwahr. der mensch ist<br />
ausgestattet mit einem 1a halsgelenk, das ihm ermöglicht,<br />
DIESE und JENE perspektive vom selben standpunkt aus<br />
anzuschauen. und wenn, was er da sieht, der mensch, nicht<br />
z’sammenstimmt, na dann braucht er halt mehr daten.<br />
„hier liegt ein totes schaf auf der strasse“ und „die aussicht<br />
ist interessant“ geht gleichzeitig. und kann auch, beides,<br />
von bedeutung für die selbe handlung sein, z.b. fürs lenken<br />
eines autos.<br />
rbk: sagte rbk das, mit der feindlichkeit von geistiwiss &<br />
praxis? vielleicht nicht. vielleicht ist da beim kodieren/dekodieren<br />
ein fehlerchen unterlaufen, & wir reden aneinander<br />
vorbei? differenz zwischen jener & jener anderen<br />
stellung, war gar nicht behauptet. was rbk unter anderem<br />
meinen wollte war aber dies: überdruss am diskurs führt<br />
dazu, ein paar oberflächlich bekannte positionen bereitzuhalten<br />
& ggfs. anzuspielen um kenntlich zu machen: kennt<br />
man schon, hatte man schon, trägt nichts weiter bei. auf<br />
der suche nach neuer unmittelbarkeit probiert sich dann<br />
was, an den gegebenheiten aus, und beobachtet – ohne<br />
ballast, der selbsttäuschung nach – was einem so widerfährt<br />
da draussen, mit seinen sachen. den ballast zitiert<br />
man zur immunisierung als witz, der nachweist dass man<br />
schon weiss aber weiter will, drüber hinaus ins reale. leider<br />
ergibt sich dabei – und nicht gerade im ersten jahr der suche<br />
nach der neuen authentizität – gern nur das folgende:<br />
zugunsten höherer spürbarkeit am eigenen leib enthistorisiert<br />
man ein bisschen, hält eigenwahrnehmung dann für<br />
differenzierter als kopplung an vorlaufende denkprozesse.<br />
man kommt damit zu ergebnissen die längst vorliegen eigentlich,<br />
& irgendwann schonmal startpunkte inzwischen<br />
historischer diskurse abgeben durften. ein problem ist die<br />
reduzierung der komplexität angesichts des wiedererfindens<br />
von rädern, die schonmal gerollt sind in diese oder in<br />
jene niederlage. ein weiteres problem ist, dass die notwendige<br />
entwicklung der am eigenen leib erfahrenen position<br />
letztlich erneut in diskurse mündet, die man dann gern<br />
wie gehabt weiterführt, da das authentoide subjekt, inzwischen<br />
in die jahre gekommen, sich einbringen will um was<br />
abhaben zu können, vom kuchen, der bunten scheibe aus<br />
fetten. jedoch, das sprechen von dingen wird so zur nachahmung<br />
eines sprechens, zum abtausch erinnerter positionen<br />
die äusserlich geblieben sind. der diskurs selbst fällt<br />
hinter sich zurück, ein verlust an gemeinsam gewusstem &<br />
längst etablierter routinen schneidet die abkürzungen weg<br />
über die man schneller vorankommt zur sache. weshalb es<br />
darum geht zu aktualisieren. und neue bedingungen in<br />
neue verfahren zu überführen, anstatt gekränkter eitelkeit<br />
folge zu leisten. gekränkte eitelkeit, die nach vergegenwärtigung<br />
schreit & nicht erkennt dass ebendie eine historisierung<br />
repräsentiert, weil sie von einer subjektkonstruktion<br />
ausgeht die nicht mehr zur verfügung steht..<br />
was perspektiven-wechsel betrifft: zwar sind wir imstande<br />
zu wechseln ohne den standort zu ändern, z.b. mittels<br />
wechsel von zentral- zu bedeutungsperspektive in der<br />
darstellung, ein wechsel des kunsthistorischen bezugsrahmens.<br />
die rundumsicht durch drehung des halses hingegen<br />
stellt keinen perspektivenwechsel vor, sondern ein panorama.<br />
das tote lamm gottes auf der autobahn sowohl als hindernis<br />
als auch als kommentar zu lesen, ist hinwiederum<br />
eine konnotative leistung die das sehen des sehens zur voraussetzung<br />
hat, also abstraktion, verdichtung, einbettung<br />
in präsente bezüge, verallgemeinerungsfähigkeit…
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kontroll<br />
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hmx: //betritt im ornat des beigebsenfes den raum + lässt im<br />
folgenden folgende feinen wörter fallen (als zusammfassung<br />
z.b.)//: + gleich mit der tür ins häusl fallen: geben wir dem<br />
problembalg doch mal einen namen: das perspektiven<br />
tauglichkeitsproblem. geschafft. so. wie is es denn nun<br />
auf den landesstraßen, wenn man im eigens gekauften<br />
autoapparat //on the road + on the run// landschaften<br />
nebst dazugehöriger heiligenerscheinung anvisieren muss<br />
und weil man eben nie etwas anderes macht, als ein bisserl<br />
hier+da-hinschauen, schaut man eben, dass man bald auch<br />
wieder weiterkommt //z.b. ins hl. land event. olymp etc//?<br />
soll heißen: wie ist das mit den/der perspektive/n? was bis-<br />
her vernachlässigt wurde oder einfach nur problematisch<br />
nebelig war:<br />
perspektivenwechsel =<br />
1.) BEWEGUNG DES >>ICHs>ICH>ICH-<br />
NEU>ICHICH<br />
was nun? das ärgerliche bei solchen perspektivendiskussi-<br />
onen ist, dass man den menschen immer aufs auge oder<br />
hirnchen //reflexion = nichts anderes als perspektivenwech-<br />
sel// reduziert - der mensch als superrechner mit schönen<br />
guckschlitzen: = : ein unnötig statisches erklärungsmodel,<br />
denn die landschaft ist nicht nur zum beschauen da, man<br />
kann durchaus auch probebohrungen durchführen oder<br />
erdbeeren pflücken oder katapulte aufstellen oder einfach<br />
wieder in die stadt zurückfahren. die frage ist nun die: was<br />
fang ich mit der eingenommen perspektive an? WIE GE-<br />
BRAUCHE ICH PERSPEKTIVEN? //--diese frage ist ein<br />
teilproblem des in pkt. 2 (symbolischer tausch) ausführlich<br />
diskutierten werkzeug-themas - ich verbleibe darauf<br />
verweisend//<br />
hs: late entry. dass t-i-s-c-h tisch, der, männlich (singular)<br />
sei, du schulschrift-nichtpfeife, du be-handtke-ltes geschichte<br />
des zb blei stiftens, das mit unter sich scheidet von<br />
wieners nicht besserbarem mittel europa – roman, tisch<br />
– zum ofenrohr hinaus / tätersprachen, kritzkratz, jetzt<br />
bedroschelte bäckerei (rad ab, heimchen). und wartet ein<br />
seelenspringbrunnen / some golden shower (nah am wasser<br />
gebaut) du, geheimniszitronenblutschrift am semantischen<br />
südhang, du pissmuschel du sprachtrost du schuss in den<br />
ofen. klit/krit+welt/isch gern zirpt das spieltheoriewiderlich<br />
nebenwiderspruchslieb? das dreht köpfchens rundum,<br />
bricht genick, piffpaffpuff, schlaf/f ins rohr, macho-matsch<br />
… perspektive meint subjekte, die bei positionswechsel<br />
lage rückmelden stay connected, oder lach die paar jahre<br />
gratis, bis es kostet, was nicht schmeckt. etwas prüde im<br />
realismus der strukturen, end/ziel/quaqua nein, konflikt<br />
als interesse ja. interesse, rebound to struggling communities,<br />
ist ein echter wahnsinn, dafür stehen wir ein. screen<br />
on / text ohne gott. wer zu spät kommt, den bestraft, was<br />
offen bleibt. keep bashing theories simply rebound to clash<br />
civilizations within their godnesses. eine perspektive mit<br />
gott-alike-rekurs ist keine. wir sterben. still. ich bin. nicht
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verfahren<br />
da. gewesen, streetwork lamb, belämmert failing, – habe<br />
ach. meine katholischen jahre, rituale, mein immanent<br />
transzendentes hier&jetzt, oder da gern hinaus rüber,<br />
nicht wahr? dass leute beim reden zusammen kommen,<br />
macht auch ihre unterschiedlichen sprechpositionen klar.<br />
und wer an tischen zweifelt, darf auch aufs übers weiter<br />
von ihnen lesen verzichten, ausgenommen: der tisch ist ein<br />
tisch, egal welcher.<br />
rbk: echter wahnsinn, dafür stehen wir ein? interesse, neu<br />
gebunden (printmetapher!) an die um ihre existenz rin-<br />
genden gemeinden? das b. der bücher winkt da fröhlich<br />
zwischen den zeilen (translation wirbelt sedimente vom<br />
grund), ruft urchrist durchn äther vielleicht, dass leute<br />
zusammen kommen beim reden, sogar in verschiedenen<br />
sprachen & positionen, echter wahnsinn. ein nietzsche-<br />
problem, sich den lieben g. vom buckel rutschen zu lassen<br />
& man hat ihn doch in den knochen, & jedes g.=tot wirbt<br />
für die sache, wissen wir aus dem public relations propä-<br />
deutikum, denn entscheidend ist die verbreitung der mar-<br />
ke, dass man im gespräch bleibt nichtwahr, also als gegen-<br />
stand der noch lohnt. worüber man nicht reden soll, davon<br />
kann man nicht schweigen, oder so. mein tisch fragt mich<br />
grade, ob er denn existiere überhaupt, gefällt ihm nicht<br />
dass er nichts sehen kann, dass man ihn nicht sieht weil ich<br />
zuviel draufgepackt habe, kann kaum denken vom vielen<br />
tragen sagt mir der tisch, & da doch cogito ego klum oder<br />
so wär er ja eigentlich gar nicht vorhanden? werde wohl<br />
vorsichtshalber den rechner beiseiteheben ehe ich das haus<br />
verlasse, jetzt…<br />
hs: ganz platt. plot. teutsches sprechen, das kennt „plots“<br />
nur als gross erzählung oder ausdruck überbreiter länge,<br />
– doch hängt ihr ins besonderheit „heimat“ anbei: die gibts<br />
in andren sprachen nicht. tisch. nicht. fleisch. nicht. nicht<br />
wahr, was sprachen sprechen dumm ist und verdient den<br />
sprechern bloss verdingt&pseudo ihr grammatikfeeling<br />
an. als soziales peer-group-phänomen, zwangshandeln am<br />
was-dort-real-zählt und, feldwartens sprechsprichsprach-<br />
beschau, kanonisch draufzahlt, tirilü. wenn was vereinbart<br />
wieder mal ganz wahrnehmbar weil materiell den streik<br />
erklärt : und dass kein möbel dessenthalb verschwindet, ist<br />
wohl klar. streitbar gehts buckel-rutschen nur den pisten<br />
an die gleitmittel. vom gesternschnee ist nur was bleibt.<br />
(wovon mein tisch sich überbiegt, macht ihn um nichts<br />
verschwundener) nur, was wir mitten im gedränge tun,<br />
wahnsinnlich definiern per engagement, was logisch so<br />
nicht logisch ist, bloss willentlich zum argument, riskant<br />
gewagt historisiert, impuls in die debatten speist, ist so real<br />
wie parallel, indem es differiert. um happenings-ab-jetzt :<br />
was sache werden soll im was eh klar (im sinn „vorhanden“)<br />
ist. ein guter plot, ein langes leben, die stange konfektions-<br />
konfekt muss lutschen süss gemacht zum sinnlichen nicht<br />
stock nicht fisch nicht spanferkel durchbohrt von mund<br />
bis arsch real am feuerchen geröstet und gedreht (he, „fern<br />
der heimat“) sein. DAS LUTSCHEN KAPPEN! forget<br />
it (meint sehr aktives verlernen) das fragen fragen ohne<br />
nietzsche-nieschen, ohne das drunter-oder-drübermensch,<br />
das zweiwertlogik-bipolar vom gottchen genius and best of<br />
all that weltverdruss danebenbei, darumgeknickt, da. wis-<br />
sen wir schon. klump ergo ändern. plot ergo platt. heimat<br />
beiseiteheben. vorsichtshalber verlass ich mich. auf mehre-<br />
re und mehreres als mich allein daheim. bleib lieber flach.<br />
das tauscht dann demos durch die wellen waten weiter wil-<br />
de werte wörtlich. und sei‘s drum dada ganz genauer (was<br />
eklig war, wissen wir schon : „leben / nebel / lage / egal“).<br />
rbk: by the way, zu übertreffen sind sie nicht, die riskant<br />
historisierend differieren von dem was mal common sense<br />
gewesen sein mag für paar momente: impuls wie der, dass<br />
marinerichter filbinger (mit todesurteilen gegen fahnen-<br />
flüchtige nach selbstmord des affen auf den sie vereidigt<br />
gewesen) ein gegner des ns-regimes gewesen, nur eben nicht<br />
stark genug dies offen zu leben, verkündet von der spätlese<br />
am gleichen stamm, darf als engagiert wahnsinnlich gel-<br />
ten… verzeihen den ausritt ins südwestdeutsche wesen wo<br />
nicht erst seit rommel so mancher überraschungsangriff<br />
geritten wird. der arme schwabe sei als bauer derart von der<br />
kargen scholle gebeugt, dass jede entschiedene vorwärtsbe-<br />
wegung mit ihm zu machen sei, deshalb seine vorzügliche<br />
verwendung in blitzkriegbelangen, schreiben negt & kluge<br />
in geschichte & eigensinn, der schwabe z.b. stürmt voran um
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den schlechten verhältnissen daheim zu entkommen: so-<br />
viel zur heimat die grundbesitz meint, nur wenn dank erb-<br />
folgeregelung dieses stück vom glück immer schmaler wird<br />
der gürtel nicht weiter davon. geschnallt. & was werden<br />
soll, nennt bloch wo wir noch nicht gewesen: heimat. was<br />
also machen mit daumen, dem bedürfnis die münden zu<br />
lassen? kappen? sehr aktives lustgefühlverlernen das post-<br />
hum zum phantomschmerz gereicht?<br />
2. symbolischer tausch & tod<br />
rbk: wenn wir von bildern sprechen, gestern ist baudrillard<br />
gestorben, ein anderer zugang vielleicht, das hyperreale der<br />
medialen überschwemmung. von allem ein stream, flim-<br />
mern die schirme & blenden uns aus, starren wir geradeaus<br />
ins vergessen. das überfliessen von tauschwerten, schwin-<br />
del erregend, wir verlieren uns aus den augen (aus dem<br />
sinn) & die kopplung von search&destroy medium mit mes-<br />
sage versöhnt, und zugleich über die simulation endloser<br />
tauschkreisläufe hinausgeht im rückgriff auf ursprüng-<br />
lichste bedeutung, also dass die das leben geben beim ab-<br />
flug in die endlosschleife auf den kanälen, baudrillard sah<br />
darin einen schimmer von hoffnung glimmen. dass man<br />
den bildern aber ton hinterlegt, & die mär vom feigen an-<br />
schlag ad infinitum über die weinenden wangen auf den<br />
strassen manhattans wirft, & dass man den tausch über<br />
den tod legen kann wie einen teppich, muss ihn bewogen<br />
haben letztlich lieber vom schweigen der wüsten ein paar<br />
snapshots zu machen – raus an die ränder, in die vorzeit-<br />
lichkeit, das flimmern dann kein braun’sches röhren mehr<br />
oder frequenzüberlagerung zwischen 2 wahrnehmungsap-<br />
paraturen, nur hitze und eine schlange hinter einem stein,<br />
vielleicht…<br />
sts: aber hay (-fire!). dass der tod - sowohl das faktische en-<br />
den von leben alsauch das angst- und also mystik-gespeiste<br />
gespinstgebinde - ein objekt im tauschvercare des kultu-<br />
rellen überbaus darstellt, ist n alter hut. alles andere als die<br />
„mär vom feigen anschlag“ hätte mich sore überrush‘d. so<br />
läuft der hase resp. das weisse kaninchen der schamanen:<br />
solange es hohepriester und bürokraten in aktionseinheit<br />
gibt, wird das sterben vereinnahmt. ob als angst vor dem<br />
alter, die hilft, fältchen-cremes zu verkaufen, oder als pa-<br />
nik-generator im maschinenraum eines friendly fascism,<br />
ist nur mehr n unterskid in der geschmacksrichtung.<br />
machen ‚wir‘ doch auch. erinnere mich noch, als carlos giu-<br />
liani ermordet wurde. schrieb ich n gedicht dazu, so „pan<br />
ist tot. astrid lindgren ist tot. carlos giulini ist tot.“, und<br />
das war natürlich ebenso mythomaner quatsch wie jeder<br />
denkbare hollywoodphilim über heldenhafte flugzeugpas-<br />
sagiere im angesicht des todes. die frage lautet nicht: wie<br />
werrrn wirrr die zugrundeliegende hirnwindungsregung<br />
der individuellen mythoserzähler lows? die frage lautet:<br />
wissen das eh alle, dass das geschwurbel ist? und nua while<br />
die antwort da „NEIN“ lautet, nämlich genUau deswegen,<br />
muss halt dekontstruiert werden bis die schwarte kracht<br />
und der dekonstrukteur lieber abgibt und photographieren<br />
geht. vomit wir vida am anfang wären. friede seiner asche.<br />
hmx: //oder falls er/sie/es die lust am abkürz. einfach so<br />
mal verlöre: so einfach nur mal: „max“: schreibt:[event. in<br />
echtzeit]//<br />
Der entscheidende Wendepunkt liegt beim Übergang von<br />
den Zeichen, die etwas dissimulieren, zu den Zeichen, die<br />
dissimulieren, daß es nichts gibt. [...] [A]lles ist bereits tot<br />
und von vornherein wieder auferstanden. //baudrillard,<br />
agonie des realen. 15//<br />
herrje, was so alles auf die plätze fertig, machen, feuer,<br />
los_bricht, wenn sich die ausdrücke aus sich selbst heraus-<br />
drücken (event. probieren) als simulierter pubertätstalg.<br />
herrje, und dann noch 1-2 todesfälle, hoffentlich kein<br />
mord per modellflieger oder ähnlichem – sprich gleichem.<br />
soll heißen: welchen zweck verfolgte derhöfler denn mit<br />
dem hoemax-suppenstar-gehabe mit dem zur-not-rett-<br />
ICH-die-GANZE-welt-mit-spiderman-getue von vorhin /<br />
≈ jetzt /? wo chlashen denn die bilder hin, die WIR nebst<br />
höchsteigentlICHem mit punkt und beistrich selber an<br />
uns herum passtln? den haut+haar-ast, auf dem <br />
sitzt, solang wegkonstruieren, bis schwarten zu krammln<br />
//fettalarm!// werden? und als HEILmittelchen oder<br />
echtsubstitut: die schrift als mittel der vergegenwärtigung<br />
– als gleichzeitigkeitstrick der ungleichzeitigkeit?
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verfahren<br />
wo ist nun der feste grund, wenn man ihn //z.b. zum ka-<br />
tapulte aufstellen oder einfach nur zum zum-schmusen-<br />
hinlegen// braucht? (jaja dieses wirtuelle muss ja immer<br />
alles kaputt machen.) wo wär denn das wirtuelle, wenn<br />
niemand hinginge? soll heißen: zeichen sind eben auch nur<br />
zeichen und wollen als solche gebraucht werden. zeichen<br />
SIND von sich aus NICHTS, sie bedürfen NOTWEN-<br />
DIGerweise eines zeichenGEBRAUCHERS (= das stille<br />
örtchen, wo der lärm herkommt). die baudrillardsche ver-<br />
virrung ergibt sich eben aus diesem missverständnis. nicht<br />
die zeichen halten uns gefangen, nein - die zeichenbenut-<br />
zer stehen mit den handschellen (je nach monetärpotenz<br />
mit oder ohne plüsch) vor unserer tür (vulgo: firewall).<br />
---><br />
wie konnte das nur passieren?<br />
---><br />
natürlich sind diese (hyper-)platonischen und idealisti-<br />
schen /v/erklärungsmuster, in denen es weltgeistelt bis<br />
der krankenwagen kommt, im kreativ-proletariat gern ge-<br />
sehene gäste – da punktet man am vernissagenbuffet der<br />
erkenntnishö/h/l/le. und zum dessert denkt man sich mit<br />
seiner höchsteigenen kunst einfach ans tageslicht. !HUR-<br />
RA! der künstler als erlöser + so-gehts-zeiger! steht einem<br />
platon nicht so zu gesichte, na dann tricksen wir doch mal<br />
den hegel aus der tasche, auf dass die eigene kunst die sym-<br />
bolischste aller + somit das ende der GESAMTEN künste<br />
(nebst allen nebenkünsten wie z.b. feschsein etc.) sei, auf<br />
dass der weltgeist mit der höchsteigenen (=handgemach-<br />
ten) kunst zu sich selbst gebracht werde. jaja – ohne telos<br />
geht eben nix. naja + da wär dann noch besagte simulac-<br />
rum-simulationen baudrillardscherseits: da hilft eben nur<br />
der sensenmann, wenn mans wirklich mal richtig echt ha-<br />
ben möchte! schnippl schnappl + die bilder verlieren auch<br />
schon die brennenden zwillingsköpfe.<br />
was soll nun dieser höflersche da-schau-her-was-man-al-<br />
les-in-seinem-suffkopf-wissen-kann-bestenwisser-vortrag<br />
dem geneigten leser bedeuten? --> all diese netten philo-<br />
sophischen nebelmaschinen bauen ihre feinen luftschlös-<br />
ser auf der grundsätzlichen unterscheidung von: SEIN<br />
SCHEIN. ((((aufgepasst)))) da kommt auch schon die<br />
wunderschöne kunst auf einem einrad herangefahren +<br />
((((alle achtung: sie spricht zu uns))): „wertes menschenvolk,<br />
da ihr ja als menschleins zum schein verurteilt seid, bin<br />
ich gekommen, um euch das sein zu zeigen. wenn ihr mir<br />
also bitte jetzt ins ABSOLUTE folgen möchtet!“ HURRA<br />
HURRA HURRA //das puppilikum = extrem begeistert//<br />
der ingenieur der seele hat wieder beste arbeit geleistet. jaja<br />
welch schönste szene sich da vor unserem beobachtungs-<br />
auge abspüllt.<br />
ALLES FIRLEFANZ + grausbirnenernte hoch 2:<br />
solche eier jubelt uns ein zeichenbegriffskuckuck unter, der<br />
da behauptet, dass die zeichen die //ganze// welt so einfach<br />
mal aus dem ärmel geschüttelt abbilden. + wenns ums ein-<br />
gemachte //= wahrheit etc. kurz: DAS ABSOLUTE// geht,<br />
dann ruft man eben den priester = oder = künstler (= z.b.<br />
extremgenie), der aufgrund seiner gabe (≈ göttlich etc.) das<br />
sooooooo schwer abzubildende //das absolute// abbildet.<br />
HURRA GERETTET!!! alles bestens, in den besten aller<br />
möglichen welten! HURRA endlich mal ganz echt sein!<br />
und da kommt auch schon eine nette frage auf den bild-<br />
schirm marschiert: was tun?<br />
bestpreistipp: in wittgensteinscher manier den schürhaken<br />
schwingen! kurz: das zeichen ist ein werkzeug. das zeichen<br />
wird benutzt. der benutzer schafft durch das benutzen der<br />
zeichen welt //=so genannte tatsachen, positionen, etc.//.<br />
nicht abbilden - sondern schaffen.<br />
>>bitte + was is jetz mit dem künstler, herr „höfler“? bei in-<br />
teresse feuert er in zuuntersuchende systeme ---> legt sein<br />
ohr drauf ---> lauscht was denn so zurückkommt.<br />
((((((((((((!!! SCHAFFT POSITIONEN !!!)))))))))))))))))))))))<br />
((((((((((((((SCHAFFT PARADOXA))))))))))))))))))))))))))<br />
ja, guck ich. brauch brachialgeilet goldkett zum halsum-<br />
hänge!
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kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
rbk: „die distribution von elementen, die ein ästhetischer<br />
zustand aufweist, hat eine gewisse ordnung, und das repertoire<br />
zeigt eine gewisse komplexität. die graduiertheit<br />
der ordnung ist eine frage der komplexität des repertoires.<br />
in diesem sinne gibt es also eine abhängigkeit des grades<br />
des ästhetischen zustandes, in den ein repertoire versetzt<br />
werden kann, vom grad der ordnung und vom grad der<br />
komplexheit. wenn M eine masszahl des grades des ästhe-<br />
Ä<br />
tischen zustandes ist, dann hängt er von den masszahlen<br />
ab, die den grad der ordnung und den grad der komplexität<br />
festlegen:<br />
M = f (O,C).<br />
Ä<br />
der amerikanische mathematiker g.d. birkhoff hat in seinem<br />
werk (1933) eine solche abhängigkeit<br />
des allgemeinen ästhetischen masses bewertet, wenn<br />
auch auf eine andere, nämlich mehr psychologische weise,<br />
begründet. er formulierte die abhängigkeit von O (ordnung)<br />
und C (komplexität) sogleich auch genauer, indem<br />
er das ästhetische mass durch den quotienten<br />
M = O/C<br />
Ä<br />
festlegte. wir werden ihn daher den birkhoffschen massquotienten<br />
nennen. er ist mehr oder weniger intuitiv eingeführt<br />
und mehr oder weniger empirisch begründet worden…“<br />
mit diesem zitat aus der einführung in die informationstheoretische<br />
ästhetik. grundlegung und anwendung in der texttheorie.<br />
6. numerische makroästhetik: der birkhoffsche quotient<br />
des anderen max = bense von 1969 wäre dann wohl position<br />
& paradoxon genug geschaffen? jedenfalls ungemein<br />
entkomplizierend, von den idealistischen hochgebirgen<br />
herabzusteigen & endlich mathematische messwerte an die<br />
stelle von seherischen gaben zu setzen.. da aber mit bense<br />
ein sprachlicher zustand nur sprachlich realisiert sein<br />
kann, „gehört er ganz und gar der sprachlichen eigenwelt<br />
der texte an, nicht ihrer nichtsprachlichen aussenwelt, also<br />
nicht dem, worüber gesprochen wird. die ästhetik eines<br />
textes bezieht sich nicht auf die objektwelt seines sogenannten<br />
inhalts, sondern nur auf die zeichenwelt, in der er<br />
realisiert wurde; sie betrifft also 1. die materialen elemente<br />
der sprache als solche und 2. die sprachlichen zeichen, zu<br />
denen diese materialen elemente erklärt werden.“<br />
ausflug ans andere ende der diskurse, nur um sich unter<br />
weiteren pyramiden (mathematischen idealgebilden geradezu<br />
mythischer ausdehnung) zu finden: mit dem wort<br />
„werk-zeug“ schon wieder im sand, dreht sich was fest: das<br />
zeichen verhält sich je systemische umgebung verschieden,<br />
was die frage nach seinem gebrauch in die zwischendecks<br />
der subroutinen schraubt, das gewinde dabei in mehreren<br />
schichten zugleich, mehr oder weniger intuitiv eingeführt.<br />
stattdessen positionen schaffen, wie dunnemals ein zwei<br />
viele vietnams, mit schreckschüssen auf die systeme materialanalyse<br />
betreiben, sagt hmx, wobei wir nicht wissen ob<br />
sein sagen nun selbst schreckschuss oder ergebnis von analyse<br />
vorgängiger schreckschüsse ist, oder geste des schreckschusses<br />
um die geste des schreckschiessens sogleich wieder<br />
aufzuheben, denn aufhebens gemacht wird ja genug gegens<br />
abheben anderer positionen, und sogleich wieder untergehoben<br />
vom spielermodus zur geste des spiels das den spieler<br />
hmx spielt, oder spielt der uns oder zielt sein möglichst<br />
kurzer knall auf dasselbe was mit anderen mitteln sts im<br />
modus uljanov sich zwischen den zeilen exekutiert? also<br />
werkzeug, verspielt. wie hiess noch der film, in dem der<br />
astronaut mit der unterm raumschiff festhakenden bombe<br />
diskutiert um sie zu überzeugen, nicht detonieren zu müssen,<br />
obwohl für den fall programmiert?<br />
sts: „dark star“, wenn mich nicht alles deuscht. der phil‘m<br />
mit dem eingefrorenen commander, der nicht aufgetaut<br />
werden darf, was allerdings die erlösenden, endlich-korrekten<br />
befehle zeitigen tät?<br />
hmx: //in einem akt, den manche schreiben nennen (mit<br />
mund z.b.), drückt auf seinem schreibttisch herum://<br />
jedenfalls ungemein entkomplizierend, von den idealistischen<br />
hochgebirgen herabzusteigen & endlich mathematische messwerte<br />
an die stelle von seherischen gaben zu setzen.<br />
schreibt rbk. hmx schreibt: mathematische messwerte<br />
– nein, seherische gabe – nein. das soll man beides nicht<br />
wollen sollen. „ich“ fordere natürlich keinesfalls eine mathematische<br />
beschreibungsform und noch viel weniger for
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verfahren<br />
dere „ich“ seherische gabe - und nein, „ich“ krame nicht<br />
in meinem schreckschusshalfter (zumindest noch nicht)<br />
//abgesehen vom vorspann-supper-kasper-beitrag//. und<br />
ja, natürlich beziehen zeichen ihre bedeutung aus der sys-<br />
temischen umgebung, in der sie verwendet werden. und<br />
nein, dadurch wird die frage des gebrauches nicht in ir-<br />
gendwelche subroutinen verschoben, sondern bleibt eine<br />
brennende. und ja, „ich“ höre jetzt mit dieser mich schon<br />
über gebühr nervenden rethorischen figur auf. und nein,<br />
„ich“ werde heute keinen 1zigen satz mehr schreiben. und<br />
ja, ende der ansprache.<br />
und ja natürlich hab „ich“ in bezug auf die letzten 2 sätze<br />
wie üblich gelogen. und nein, „ich“ find das genausowenig<br />
witzig wie ihr. und nein, das wort, der satz, der text, das<br />
tun etc. als werkzeug hat nicht verspielt, wie rbk attestiert,<br />
denn wenn spiel, dann nicht spiel um des spielens willen<br />
(vgl. ästhetischer inzest), sondern spielen um zu messen,<br />
zu testen - oder einfach nur um ein bisserl gemein (vgl. ex-<br />
trem böse, hölle, krampus, etc.) zu sein. und ja, das wars.<br />
hs: ohne emphase. natur minus x? unsinn mal schuss ins<br />
ofenrohr als echolot der erdoberflächen-sounddiscogra-<br />
phie … kunst sei es, wen zu finden, der aber meist da für<br />
bezahlt … so was von archäologischem prinzip, tausch<br />
grossen oder kleinen tod, war eh schon knüppelfad, aus<br />
luft gezwungene ästhetik für common sense gepflogenheit,<br />
jahrzehntelang einzigzulässig für höhere buben+töchter-<br />
fadess, die armen / um sich, beruflich soziallädiert, den-<br />
noch finden zu können für jahre ohne zukunftszwang das<br />
eine. das wir nicht meinen. dark star. schwarzes ei. dunkle<br />
materie des sozialen. blödsinn, insofern. bei null lust auf<br />
rhetorische lügen.<br />
3. ton spur<br />
rbk: wenn jemand kunst sagt zieh besser dein scheckheft,<br />
wenn jemand medien-kunst sagt aktiviere dein paypal-<br />
konto: „Der GP4 (Global Player) von Jens Brand funk-<br />
tioniert im Prinzip wie ein regulärer Compactdisc- oder<br />
Schallplattenspieler, mit dem man allerdings nicht die<br />
Rillen einer Schallplatte, sondern anhand von Satelliten-<br />
Umlaufbahnen die Erde virtuell abtasten kann. Topogra-<br />
fische Daten werden vom G-Player interpretiert und in<br />
einer exakten akustischen Entsprechung als Audiodateien<br />
wiedergegeben.<br />
Brand hat den GP4 von Anfang an als Produkt konzipiert<br />
und entsprechend seine Installationen als Messestand<br />
inszeniert. Mobilität und Verfügbarkeit sind auch in der<br />
Musikindustrie die Maximen des neuen Produktmarke-<br />
tings und so wurde aus dem G-Player in Anlehnung an die<br />
neuesten Phänomene Musikmarkt revolutioniert haben,<br />
der portable G-Pod und die Online-Version G-Turns.<br />
In der neuesten Version G-Turns.com kann jeder User die<br />
Erde auf seinem eigenen Rechner „abspielen“. Die Erde<br />
als Klangerlebnis ist in drei Preiskategorien erhältlich, die<br />
abhängig sind von der durch die Satelliten-Umlaufbahn<br />
abgetastete Strecke zwischen zwei Koordinaten, die vom<br />
Benutzer frei gewählt werden können: 5 Minuten sind be-<br />
reits für 4,95 Euro erhältlich, für 15 Minuten bezahlt der<br />
User 14,95 Euro.“<br />
sts: na tosend die debatte, seit google earth, eh klar, ob das<br />
jetzt werkzeug von mündigmachung/befreiung wär, oder<br />
bloß n neues tool des allumfassenden panopticons…? dass<br />
kunst, die solches anrührt, eben konsumartikel notwen-<br />
digerweise auch ist, sehen wir dann am GP4 sehr hübsch.<br />
kunst verwirklichen qua abschaffen? oder abschaffen qua<br />
verwirklichen? ersteres ist dann in solch-diesen konsum-<br />
spielchen im gangeS, zweiteres, leider, KONKRET nur<br />
fasslich in den diversen hippie-enklaven bzw. beuys-ton-<br />
bänder-anbetungs-gemeinden.<br />
hs: und ein adapter für glück, subjektiv.<br />
ein mainstream für glückhafte abweichung, relativ.<br />
eine wut auf soundings alsob innen+idioten, die sowas be-<br />
haupten, genial.<br />
ohne statement zum prozess, drifting. wir vergleichen his-<br />
torisch, dann loopen wir. und wem‘s schwindlig wird.<br />
late entry.<br />
spit off / fire.<br />
nun gibt es die verkäuflichkeit ästhetischer statements,<br />
die riskanten popsongs, so heavy wie frühling plus/minus
1<strong>00</strong><br />
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kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
zwei wochen, risiko macht, gute güte ob früher oder später,<br />
glück zum auslaufmodell. dennoch sehr genau tasten wir<br />
oberflächen ab und.<br />
was ist los?<br />
wissen wir alle.<br />
dass es aleatorische scherze gibt?<br />
jaja. jaja. vorwärts und vergessen. verliert schneller, genos-<br />
sen.<br />
sts: um mit dem franzosenbrot „verlust“ unterm arm dann<br />
was genau anzustellen? was, das nicht noch etwas zeit ge-<br />
habt hätt? es runterschlucken zb? spit it aut. sonne-statt-<br />
raygun, bruthaman.<br />
rbk: ouiouioui, le TGV a pulvérisé mardi le record du<br />
monde de vitesse sur rail, en atteignant 574,8 km/h sur<br />
la ligne à grande vitesse est-européenne, un exploit tech-<br />
nique et industriel, ziemlich flinkes baguette auf der stre-<br />
cke heute. also gewinn, volles rohr statt durchleuchtung<br />
der verhältnisse, wird frühling grade, oder? schulterzu-<br />
ckend verschieben wir die arbeit am fundament auf später,<br />
richten uns lieber weiter oben einen platz an der sonne,<br />
vielleicht im retro-design mit hollywood-schaukel, oder<br />
àpres-ski forever mit höhenrabatt? was macht schon, dass<br />
es bröckelt da unten? wenns zerfällt, hat es der linke aus-<br />
senverteidiger als erster gewusst, ist ja materialist, träumt<br />
vom sturm & weiss wie der speck auf die kante fällt. man<br />
kann nicht sagen was einem lieber ist, bigotte kapitalisten<br />
die sonntags die kirchenbank drücken – oder zwinkernde<br />
linke, die entwicklung der ego-ag-ressourcen als spiel<br />
unter gegebenen bedingungen definieren, bei sogenannt<br />
vollem bewusstsein der hauptwidersprüche die am sank-<br />
tnimmerleinstag schon einer lösen wird, bei absehbarem<br />
erfolg stünde man dann auch bereit. von der struktur her<br />
kein unterschied zwischen den beiden, aber wir haben echt<br />
nicht die zeit, jetzt auf strukturen zu achten…<br />
jedoch glück, wovon hs spricht, eine neue kategorie abwirft.<br />
watzlawick tot, holen sie sich keinen zug heute ermahnt der<br />
wettersprecher, die natur einer beziehung ist durch die inter-<br />
punktionen der kommunikationsabläufe seitens der partner<br />
bedingt wie watzlawick zu wissen vorgibt im axiom num-<br />
mer drei, punkti punkti strichi strichi. deshalb glück, im<br />
un oder watt? aber was, wenn wir die zeit nicht hätten, all<br />
die langweiligen hopsnehmer denen man verklickert hat<br />
dass z.b. ideologie böse, komplexität ideologie, & deshalb<br />
flutschendes gackern auf den geläufen voll der trend, nicht<br />
zur kenntnis nehmen zu können, weil sie leider mit der<br />
ent-ideologisierung das denken aus der wanne schüttelten?<br />
nichts ist langweiliger als grob verdachtes, da hilft keine<br />
verblendung, z.b. huschhusch-authentizität, nah-am-puls<br />
& youngster-alluren die im übrigen von den alten hasen<br />
leise verordnet sind, sie zu begeilen (und nichts ist lächer-<br />
licher als objekte, die ihr objektsein als autonomie miss-<br />
verstehen weils was abwirft für den moment). was freilich<br />
unter die commonsense hier fällt, aber auch gemäht sein<br />
will. weisen wir noch darauf hin, dass besonders gelun-<br />
gene hohlschliffe bei rasiermessern z.b. unterm label ‘pri-<br />
ma klang’ eigene melodeyen durch den bart schneiden,<br />
egal ob man nun über den löffel balbiert oder nicht. wie<br />
etwelche medienkünstler die hierin sich eröffnenden mög-<br />
lichkeiten schon zu erschliessen im begriff sind, entzieht<br />
sich unserer kenntnis: immerhin liesse sich thema körper<br />
mit thema schönheit mit thema verletzung mit thema alte<br />
kulturtechnik mit thema stahlverarbeitung (sponsoren!) zu<br />
prima kontoklang vernetzen, minikameras begleiten den<br />
schnitt durch den wald indessen ein nackter schauspieler<br />
im hintergrund die zeichnungen wilhelm von humboldts<br />
aus dem amazonasdelta (thema natur-kultur-gegensatz,<br />
themenbereich präzivilisatorische stammesorganisation &<br />
post\kolonialismus, siehe anträge zu sonderförderung!) an-<br />
zufertigen scheint, um nur ein beispiel zu geben. willkom-<br />
men in der welt von gp8, kaufen sie sich ein messer und<br />
werden sie künstler, weil wir alle doch welche sind sagte<br />
mal ein herr heuss, oder neuss? it‘s so easy, to entertain<br />
you…<br />
sts:<br />
(1) (eine werbeeinschaltung)<br />
Herr Neuss, Erfinder, präsentiert dem staunenden<br />
Publikum den ERWEITERTEN KUNSTBEGRIFF<br />
(patent-no. 0815-12-34-56-78):
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verfahren<br />
Das neuartige System eignet sich hervorragend<br />
zum gemeinsamen Einsatz mit dem<br />
ERWEITERTEN WIRTSCHAFTSBEGRIFF (patent-<br />
no. 4711-17-04-1917) –<br />
man beachte hiezu den vielseitigen Metaphysik-Ad-<br />
apter an der Spitze!<br />
Rufen Sie noch heute an! Sie erhalten ein Origi-<br />
nal-Sammlerstück! für Freunde des Flugzeugtyps<br />
„JU-87 Stuka“ (nur leichte Absturzspuren) gratis<br />
dazu!<br />
(2) je, der linke aussenverteidiger, die drecksau. steht auf<br />
der glitschigen tonspur rum, träumt vom sturm und hält<br />
sich nur durch den solchen – halluzinierten! – rückenwind<br />
im gleichgewicht, wenn die spur sich dreht, mit der platte,<br />
die die welt ist (weil aufklärung samt dem verwirrenden<br />
gerede von kugelgestalt et al. ist ja abgeschafft!). von wei-<br />
ter unten, nadelwärts, dröhnts schon vom glück der dif-<br />
fer- dank der konkurr-enz, und wurscht, ob er mit- oder<br />
gegensingt, der verteidiger, die nadel! nähert! sich! da hilft<br />
bloß kicken, treten, dribbln, und ist aber der untergrund,<br />
die spur, der hohlweg glitschig, also heisst dann sowas:<br />
strategische gefährdung der sicher geglaubten grundlagen<br />
(einlassung von anderswo ON: was halblinke ex-spontis<br />
als parole ausgegeben haben, als die mauer weg und ber-<br />
lin wieder HAUPTSTADT war: „sich positiv an der er-<br />
innerungsschlacht beteiligen!“ einlassung von anderswo<br />
OFF). fragt sich das arme schweindi, bis zum saum des<br />
sprichwörtlichen wildledermantels in gatsch gesunken,<br />
wie konnte es nur! soweit! kommen! und das ist ja auch<br />
wirklich die angebrachte frage.<br />
rbk: plattnschranken, aha, man nadelt noch im datenwald<br />
& legt die altn scheibn auf, lässts knistern zwischen rille<br />
& raspl läuft was mit, bekannte frage: nassabspieler? dass<br />
berlin wieder wäre, trumpfts aus ostbezirken, passt nur<br />
ins westhirn rein: hauptstadt der de de er wars nämlich<br />
jenseits des mäuerchens auch, bloss westbe tummelte im<br />
alliiertnmodus & liess sichs gutgehn am tropf. wildleder-<br />
mantelmänner hörn sich freilich nach altn pladdn an, weit<br />
im westen wo der degen hart & die böden trächtig, das ge-<br />
söff. jaja, wenn der senator erzählt, von den hüttenwerken<br />
& seinen schmuddelkindern…<br />
sts: und solches alt-nasse abspielen, nein erstmal ab-pres-<br />
sen der standort-erde zur scheibe, pladde, disc – solches<br />
metaphernbrechen: aus der plattenrille die hohlgasse das<br />
schlammloch oder andersrum & die bahntrasse noch oben-<br />
drauf („sender – universalchiffre – empfänger“, bruhaha)<br />
und hier mal sei nun STANDORT!: solch-alles bloß, um<br />
das zu fassen zu kriegen mitm bildchen (bin katholisch ge-<br />
prägt, was sollich machen):<br />
das was?: na das das: geschichtsbewusstsein futsch. be-<br />
wusstseinsbetrieb wohlsegmentiert, horizontal wie verti-<br />
kal, durchschaubar, aber nicht zu sprengen. die NORMA-<br />
TIVE KRAFT DES FAKTISCHEN rules.<br />
will gesagt haben: metaphernsalat, um rbk zuzustimmen.<br />
mehr als das: als angebot ans weitere: nicht ein noch fuck-<br />
ing aus zu wissen hier. erzählt mir, ihr lieben.<br />
4. Rücken wir den bind! also bondage pur z.b.<br />
hmx: also: der ganze metaphernsalat kurz kopiert: so lasset<br />
uns den faden zurückspinnen an z.b. den anfang.<br />
mit einem schönen (+ somit feinsten) kameraschwank<br />
richtet sich das objektiv zurück an den 0punkt. KV. der<br />
ausgang. als kontrolle (?). und verfahren also methode<br />
(vulgo: poetik). was muss das heißen können? die frage,<br />
die natürlich VERALLGEMEINERBAR = (=ist), war-<br />
um muss „ich“ (= sts, rbk, hmx) hier schreiben [mit stift<br />
oder einfachem drücken der tastatur]? warum wird man<br />
einfach so (= zufällig [vgl. extrem würflig]) so zu einem<br />
101
102<br />
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kontroll<br />
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schreiben eingeladen [vulgo: angestellt]? wer braucht wen?<br />
+ z.b. warum? ein gemeiner bursche betritt die bühne und<br />
brüllt einen satz, von dem mich schon jetzt distanzie-<br />
ren möchte: z.B.: „braucht ihr neues blut?“<br />
+ im allgemeinen, was ölt die maschine (event. laufrad)?<br />
[und als draufgabe gibt es 1x keine antwort - stichwort:<br />
selber reimen o.ä.]<br />
{[und dieser eintrag (= 1,5 satz) dient einfach nur dazu,<br />
ihre augen derart müde zu machen, dass sie keinen wei-<br />
teren satz mehr lesen können und somit naturgemäß den<br />
letzten satz als den besten halten. = punkt.]}<br />
rbk: kontrollverfahren, für birgit sauer, künstlerin im bur-<br />
genland, schrieb ich mal einen text der so hiess, weit nach<br />
mitternacht auf ein tape gesprochen in der mit blauer<br />
ölfarbe gestrichenen küche unweit vom ostkreuz, berlin.<br />
krank, sehr krank, röchelnd, hustend, das tape sollte fertig<br />
werden, da war 1e ausstellung in potsdam & dieser text lief<br />
da so mit, den ganzen tag über den bildern das in 2 decken<br />
gewickelte denken im fieberkopf, ich erinnere mich an ein<br />
kühlschrankproblem bei der aufnahme, ich erinnere mich<br />
so krank gewesen zu sein dass mir nicht eingefallen ist den<br />
einfach auszuschalten, stattdessen wartete ich die heizpha-<br />
sen des gerätes ab um später weiterzulesen, sass fröstelnd<br />
in dieser blauen küche nippte am tee, tags wäre nicht<br />
möglich gewesen den text in die stille zu sprechen, zuviel<br />
umgebungsgeräusch in dieser mietskaserne über einem<br />
waschsalon & einer metzgerei, anfang der neunziger, ost-<br />
kreuz, kontrollverfahren. gruppe p nahm diesen namen &<br />
setzte ihn über das, was schon jahre lief, auseinanderset-<br />
zung, positionsklärung, abtausch von argumenten, abfuhr<br />
psychischer energien nicht weniger, gruppe p hat vor der<br />
einrichtung des kontrollverfahrens paar tausend seiten<br />
brief produziert, anfangs noch mit marke drauf denn am<br />
ostkreuz dauerte es ein bisschen mit den dsl-anschlüssen,<br />
auch in graz waren noch viertelanschlüsse analog zu ha-<br />
ben. kontrollverfahren 1 in p33, 1997 das erste heft nach<br />
der recyclingkartonphase der covergestaltung, leuchtend<br />
orange mit gelber neonschrift kv, partyfarben. gedacht<br />
war die textsorte so: schnelles reagieren aufeinander, ohne<br />
festlegung der fachsprache, punkt um punkt die möglich-<br />
keit zur reaktion aufeinander und übereinander hinaus.<br />
schnelles durcheinander von debatten, auf ebensolche wei-<br />
se vorgetragen, oft in verteilten rollen, als synchronspre-<br />
chen gleicher & differenter teile, ein bühnenstück das zwi-<br />
schen theorie & komödie oszillierte, gelegenheit gab die<br />
extrema in der gruppe produktiv zu mobilisieren. gruppen,<br />
kollektive, haben die tendenz zur erstarrung in fundamen-<br />
taloppositionen, zur produktion von symbolischen kontra-<br />
positionen die zu fetischen der konkurrenz degenerieren.<br />
gruppen, kollektive, operieren mit schwierigen verfahren<br />
der historisierung, die teils kollektiv memorieren, teils<br />
eigenanteile verabsolutieren, jeder erinnert anders & alle<br />
zusammen das falsche zugleich. kein makel bestimmter<br />
gruppen, sondern logische struktur von interaktionen, für<br />
die man geeignete instrumente finden muss, methoden der<br />
objektivierung die transparent genug sind, & von allen be-<br />
teiligten betrieben werden. beobachtung & beobachtung<br />
der beobachtung &&, etwas zur sprache bringen. instru-<br />
mente aber beeinflussen, wie wir wissen, das ergebnis des<br />
versuchsaufbaus nicht unmassgeblich, produzieren in der<br />
konstruktion eingeschlossene ergebnisse die mit denselben<br />
mitteln nicht mehr reflektiert werden können, weshalb ich<br />
in gruppe p für aussetzung des verfahrens eintrat. wie aber<br />
kommen hoefler & schmitzer in dieses spiel? wir hatten<br />
wie wir erinnern eine in mails ausgefochtene, dann auf<br />
einem podium wiederaufgeführte debatte, frau schalk die<br />
herren hoefler schmitzer & ich, mit schranz als cicisbeo<br />
vielleicht. paar monate danach tauchten fragen auf, bzw.<br />
rückmeldungen der herren hoefler & schmitzer einiges<br />
damals diskutierte betreffend. weshalb ich vorgeschla-<br />
gen habe, das eigentlich suspendierte verfahren in neuer<br />
konstellation erneut anzuwenden, um sich diesen fragen<br />
zu nähern, um das einmal begonnene gespräch weiter fort-<br />
setzen zu können. es handelt sich also mitnichten um ein<br />
erschleichen von transfusionen, sondern um das zurverfü-<br />
gungstellen eines von gruppe p erprobten instruments zur<br />
fortsetzung einer debatte. blutspenden bitte an den dafür<br />
vorgesehenen sammelstellen abgeben, bitte…<br />
dass kontrollverfahren aus den naturwissenschaften kom-<br />
men, zur überwachung und überprüfung von experi-<br />
menten, muss nicht erwähnt werden. vielleicht eher, dass
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verfahren<br />
der begriff seit dem 5. juni 1945 ein anderes experiment<br />
betrifft: das sogenannte ‘kontrollverfahren in deutschland’,<br />
überwacht vom alliierten kontrollrat der sich aus den vier<br />
oberkommandierenden der besatzungstruppen generiert,<br />
in der sonderfalle berlin durch eine interalliierte behörde<br />
mit vier kommandanten, die abwechselnd als hauptkom-<br />
mandanten fungieren und die tätigkeiten der örtlichen<br />
deutschen behörden überwachen und kontrollieren. es<br />
geht da um die erfüllung von forderungen, die sich aus der<br />
bedingungslosen kapitulation ergeben haben, für jene pha-<br />
se namens besatzungszeit, die erst mit dem wiederhaupt-<br />
stadt(beiderdeutschlands)werden berlins endet. fröhliches<br />
umverwenden nun dem, der begriffe wie ‘besatzung’ ‘ka-<br />
pitulation’ ‘kommandant’ ‘erfüllung’ etc. auf die belange<br />
unseres kontrollverfahrens rückmünzen möchte…<br />
sts: umkehren der macht-logik oda wie? ohnmacht-mit-<br />
grosser-klappe (zb autonomeR) oder macht-im-modus-<br />
ooch-wie-lieb (zb redenwirdrüber-psycho-pastor)…… bis<br />
dann die begrifferln aufs feld purzeln und was anrichten,<br />
impact hier, impact da, und siehe, ein riss im asphalt<br />
(„that‘s how the light gets in…“) des erlebens.<br />
ist das kv hier wiederbelebet (nach zwei wochen brach-<br />
liegung). wodurch, für mich? nun... das gesellschaftliche<br />
dasein schlägt purzelbäume, ein funken des möglichen!!!<br />
wartet darauf, überzuspringen, kurz —— haus besetzt.<br />
und noch!!!! (stand: samstagnachmittag, 18 stunden nach<br />
der besetzung) hat die gendarmerzeipolimie bloß geschaut.<br />
viel zu wenige natürlich, auch sich linx dünkende mitmen-<br />
schInnnen, die bereit waren, spontan mitzuhelfen. wo aber<br />
eine selbstermächtigung von sog. „einfachen menschen“<br />
(nachbarn usw.) mit wohlwollen registriert und klar die<br />
interessenslage erkannt wird, da geschieht, was viel zu ger-<br />
ne bloß der arbeit an SPRACHE (ergo uns, kontrollver-<br />
fahrenen) zugetraut wird: wahrnehmungsweisen des wirk-<br />
lichen werden geschaffen, die „gerade eben“ noch nicht da<br />
und noch nicht denkbar waren.<br />
somit: hat DAS FAKTISCHE uns der KONTROLLE un-<br />
terworfen. d‘annunzio schau owa.<br />
nachtrag: nach 22 stunden, samstag-frühabend, mangels<br />
unterstützung durch die werktätigen und sonstige massen<br />
(s.o.), mussten die 10 ausharrenden personen dem druck<br />
der cobra weichen, die aufmarschiert ist. während zur glei-<br />
chen zeit, auf stadtpark, SUb (alternativtanzbierlocation)<br />
und FORUM (diskursabteilungsschaufenster) verteilt,<br />
wahre hundertschaften von menschen auf ihre jeweiligen<br />
weisen party machten, menschen mithin, die die eine oder<br />
ander art von links-schick zur schau trugen. zehn sind, so-<br />
viel immerhin, besser als nullullull; und ein beispiel, das<br />
sich rumspricht und beschämt, mag als kritik – als, s.o.,<br />
KONTROLLVERFAHREN – das eine oder andere an-<br />
richten.<br />
das alles dann mit der implikation, dass unsere party-<br />
leiber texte sind, und jede HANDLUNG MODIFIKATI-<br />
ON bedeutet. was bedeutet es also, nen modus wählen zu<br />
können, frage jetzt im anschluss an viel weiter oben? - den<br />
leib, und was auf ihn geschrieben ist, der kritik der sicht-<br />
istgleich lebensweisen zugänglich zu machen. erstmal den<br />
eigenen. den von fremden, freunden, hintendrein.<br />
10
10<br />
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
rbk: aha, beobachten wir vorerst nur den ruck den das<br />
macht, sich mobilisiert zu haben, etwas das in die sprache<br />
sickert dann, sowas wie bedeutung. eine immobilie, zehn<br />
besatzer, die damen&herren kollegen von der cobra ma-<br />
chen eine situation, das zählen der abgetrotzten stunden,<br />
jede menge echtheit. ob freilich eine hausbesetzung 2<strong>00</strong>7<br />
das nicht denkbare ermöglicht?<br />
als ich zu perspektive kam, stritten die vorhandenen redak-<br />
teure gerade um veränderung der bisherigen blattlinie: heft<br />
18 / nov 1989 hatte soeben ein gespräch mit carlo, dem<br />
hausbesetzer, gebracht, alle namen von der redaktion geän-<br />
dert, das foto zeigt besetzerInnen von hinten, aber beklei-<br />
det, tatort körösistr, die redaktion bittet um sachspenden.<br />
die redaktionelle debatte lief nun zwischen offener konzep-<br />
tion & ästhetischer konzentration: alfred ledersteger ver-<br />
trat die position, alle formen alternativen widerstandes &<br />
alles literarisch junge, halbwegs gleichgesinnte, sammeln<br />
zu wollen, während sperl & schranz dagegen setzten, dass<br />
literarische beliebigkeit & diffuses protestmilieu gerade das<br />
zu überwindende wären, zugunsten ästhetischer präzision.<br />
damals ein p-interner ruck in richtung literaturliteratur,<br />
das metaschreiben im weitesten sinne, freilich ohne politischen<br />
dissens mit etwelchen hausbesetzern, im gegenteil,<br />
nur wollte man literatur nicht bruchlos in den dienst<br />
allgemeiner interessen stellen, lieber das haus neben den<br />
höfen der kanonisierten und nebenkanonisierten mit ästhetischen<br />
mitteln ebenso instandbesetzen vielleicht. was<br />
man positiv wollte, war etwas verschwommen, eine zeitlang<br />
immerhin tanzte das team aus kreidl, sperl, schranz<br />
& irgendwann auch mir (bei allmählichem zurücktreten<br />
von ledersteger und ohrt) dann auf einem schmalen seil,<br />
eine rebellion die schon historisch gewesen ist aber sich<br />
in nischen nicht weniger lustvoll wiederholen kann, nur<br />
der kater kommt schneller dann. war also ein abschütteln<br />
des all-in-one-geräts damals, zugunsten eben machbarer<br />
radikalität unterm titel ‘kommt gesicht’ (p20 / nov 1990),<br />
neben dessen editorial der satz ‘hier sind die jüngeren am<br />
älterwerden’ schlauer war als sein verfasser damals wissen<br />
konnte. nicht ohne witz, nach 18 jahren darauf zurückzukommen,<br />
in diesem zusammenhang: das besetzen von<br />
häusern. wohnen ist juristisch das, was biologisch atmen ist,<br />
schrieb ledersteger in seiner einleitung zum gespräch mit<br />
carlo. riss im asphalt des erlebens, schreibt nun sts, und das<br />
faktische hat uns der kontrolle unterworfen, schreibt er auch.<br />
die erfahrung autonomer handlung (wenn wir ‘autonom’<br />
hier mal in der einfachen form von selbst-ermächtigung,<br />
eigen-verantwortung, lesen & insofern ein handeln implizieren,<br />
das nicht den etablierten reglements zu folgen vermag,<br />
sondern eigenwert setzt, bruch mit gängigen verhältnissen<br />
– die immer eigentumsverhältnisse sind) führt zu<br />
einem authentizitätsschub, der als riss interpretierbar wird:<br />
der flash, das licht das durch den riss fällt, hübsche sache.<br />
asphalt, der strand darunter, licht auf haut die man nicht<br />
zu markte trägt. aber das faktische, das uns der kontrolle<br />
unterwirft? prüfung unseres verhaltens angesichts der<br />
herausforderung, nun mit zu besetzen oder lieber party<br />
zu machen? den leib der kritik der lebensweisen zugänglich<br />
machen, schreibt sts, was irgendwie nach verfügung klingt,<br />
ein hineinhalten des selbst in die sich schaffenden fakten.<br />
ob d‘annunzio [schau owa, schreibt sts] den 10 im haus nun<br />
gratuliert oder den herren der cobra lieber ein nationales<br />
erbauungsgedicht vorgelesen hätte vor dem zugriff, wer<br />
weiss. soldaten eines erschiessungskommandos vor der<br />
exekution von deserteuren hat er welche gelesen, nach der<br />
isonzoschlacht nummer zwölf oder battaglia di caporetto,<br />
nach dem zusammenbruch der italienischen frontlinie;<br />
oberleutnant rommel übrigens bekommt zur gleichen zeit<br />
den pour le mérite für die erstürmung irgendeiner höhe namens<br />
matajur…<br />
sts: „den leib der kritik der lebensweisen zugänglich machen,<br />
schreibt sts“, schreibt rbk, und unterschlägt da zween aufzählungen,<br />
denn das zitat geht etwas länger, lautet „den<br />
leib, und was auf ihn geschrieben ist, der kritik der sichtistgleich<br />
lebensweisen zugänglich zu machen“, und das<br />
heisst ja dann was anderes. was nämlich auf den leib geschrieben<br />
ist, auf fast jeden leib, und viel rigider als vor<br />
zehnzwanzig jahren p- und welt-geschichte, ist, dass die<br />
bestehende (rbk stellt klar, besitz-) ordnung die bleibende,<br />
natürliche, richtige wär. und da ist dann all das, was „autonomes<br />
handeln“ so in der mitwelt provoziert, sehr wohl
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verfahren<br />
KRITIK an diesem TEXT (was, auf billig getrimmt, mal<br />
hieß „move your arse, your mind will follow“).<br />
und weiter: geht es ergo um die frage ganzganz am anfang<br />
des kontrollverfahrens: dies also ist, was es bedeutet, einen<br />
MODUS wählen zu können.<br />
hmx: //schreibt für ein für kritik bezahlendes puppilikum in<br />
leserlichsten und ordentlichsten buchstaben// mal eine auge<br />
raus aus dem gesicht - sprich: geworfen - auf den in wort +<br />
bild wounderbar herdargebrachten sachverhalte: der da ist:<br />
eine (schulbus:letzte-reihe-ist-besetzt)-besetzung. wie wur-<br />
de nun mit wilden wortgewachel argumentiert? sts-seitig<br />
besagte besetzung sei als faktisches zu verstehen, das nun<br />
an das links-schicke partygevolk gretchens kontrollfrage<br />
stellend ist: „nun sag, wie hast du‘s mit theorie und pra-<br />
xis?“ ach und weh und schmerz, wer hätts gedacht, dass<br />
niemand von den parties aus dem haus da lacht.<br />
welcher gedanke geht hierbei vor sts auf und ab? zu beginn<br />
klären 1x, von welcher praxis und von welcher the-<br />
orie hier gesprochen wird:<br />
1.) theorie - im kontext dieses hier produzierten und hier-<br />
nach verkauften textes - entspricht dem, was durch-<br />
aus als poetik oder ästhetische methode bezeichnen kön-<br />
nen.<br />
2.) praxis - im kontext dieses hier produzierten und hier-<br />
nach verkauften textes - entspricht dann dem, was <br />
durchaus als poetisches/ästhetisches/ handeln oder han-<br />
deln nach bestimmten ästhetischen methoden bezeichnen<br />
können. diese praxis bleibt notwendigerweise zweierlei<br />
komponenten verpflichtet: 2.1.) der kunstgeschichte (=<br />
summe aller als kunst titulierten artefakte nebst deren the-<br />
oretischen grundlagen [=poetiken etc]) 2.2.) den kon-<br />
kreten gesellschaftlichen abhängigkeiten, durch die das<br />
gesellschaftliche teilsystem kunst untrennbar mit anderen<br />
gesellschaftlichen teilsystemen verbunden (vgl bondage<br />
etc) ist.<br />
nun zum wandernden gedanken: bei der praxis besagten<br />
besetzens eines grazhauses von einer ästhetischen praxis<br />
zu sprechen, wäre wohl überzogen, wodurch gretchens<br />
kontrollfrage diesbezüglich ins leere ginge. (vgl. äpfel und<br />
birnen) flutsch. aber achtung rutschgefahr! da is ja auch<br />
schon ein schatten am röntgenbild des gedankens: welches<br />
argumentationsskelett liegt da auf dem desktop vor oder<br />
auf? welchen mehrwert könnte nun diese überwindung<br />
der party-besetzungs-differenz abwerfen? rbk nennt dies<br />
authentizitätsschub, nennen es den wunderbaren credibility-booster.<br />
und schon sind wieder bei unserem<br />
bild-problem, bei dem sich „authentizität“ als das sich<br />
wunderbar zu eigenkapital verwandelbare simulacrum<br />
gebärdet. pimp your glaubwürdigkeit : kurz : erschieße<br />
marktwirtschaft für suhrkampdeal!<br />
und jetzt schaut mir jemand beim schreiben zu!<br />
sts: is eh lustig.<br />
hmx: bin bald fertig<br />
sts: darf ich trotzdem gleichzeitig?<br />
hmx: ja mach nur. lassen wir das dann stehen? ich hätt<br />
nichts dagegen – stichwort: produktionsbedingungen.<br />
sts: ok, aber dann streich ichs unten wieder weg, das is nur<br />
verwirrend.<br />
hmx: //weiter im text:// dies ≠ diskreditierung der nichtästhetischen<br />
praxis schlechthin. //nein, nein, das will der<br />
ontische maxi ganz bestimmt nicht so verstanden wissen//.<br />
sondern: sprechen wir in einem ästhetischen kontext über<br />
praxis, so werden hierbei ästhetische kriterien/theoreme<br />
schlagend, die unter anderen prämissen (produktionszusammenhänge<br />
etc) stehen als nichtästhetische praxen. wäre<br />
dem nicht so, so wäre die arbeit, die das ontische „ich“<br />
(=markus höfler) zum überleben (=habba,habba) in einem<br />
obdachlosenheim verrichtet, ein qualitätsmerkmal seiner<br />
künstlerischen arbeit. das dies nicht der fall =, = evident.<br />
ENDE DER DURCHSAGE.<br />
sts: hab mich auch nicht hingstellt und gsagt, dass „hausbesetzungslit.<br />
= gute lit.“ oder so. bloß, dass da mal evident<br />
wurde, in welchen weisen ein KONTROLLVERFAH-<br />
REN am eigenen habitus sich zb vollziehen kann. dass<br />
ästhetische praxis davon unbeeindruckt wäre, wer sie<br />
wo für wen treibt, wird klar bestritten. und: rbk schrieb<br />
(und da muss ich jetzt suchen gehen) „gruppen, kollektive,<br />
operieren mit schwierigen verfahren der historisierung, die<br />
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kontroll<br />
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teils kollektiv memorieren, teils eigenanteile verabsolutieren,<br />
jeder erinnert anders & alle zusammen das falsche zugleich.<br />
kein makel bestimmter gruppen, sondern logische struktur<br />
von interaktionen, für die man geeignete instrumente finden<br />
muss, methoden der objektivierung die transparent genug<br />
sind, & von allen beteiligten betrieben werden.“ verstehe ich<br />
so, dass die methode „aktion im sozialen dasein“ theorie-<br />
erinnerungsschichten wieder mit einer erfahrung koppelt,<br />
diskutierbar, beleuchtbar macht, sodass sie nicht mehr<br />
differenzfetisch sind, sondern sich als – in der gegebenen<br />
lage – noch oder wieder nützlich resp. nicht nützlich er-<br />
weisen. beides ein geschehen, welches das katalogsystem<br />
im subjeksschädel produktiv durcheinanderbringt und zu<br />
neu(zu)ordnung zwingt. eben: ich-jetzt kritisiert ich-vor-<br />
hin-am-schreibtisch. und das kritikverfahren sei dasselbe<br />
wie in der literaturkritik.<br />
hmx: das („hausbesetzungslit. = gute lit.“) war als solches<br />
von dir nicht unbedingt damit gesagt worden. der punkt<br />
meiner argumentation war der, dass hier eine überwin-<br />
dung einer differenz gefordert wurde, die als solche nicht<br />
einforderbar ist. (vgl. äpfel-birnen-problem). eine ästhe-<br />
tische theorie kann keine außerästhetische praxis einfor-<br />
dern. (hiermit ist natürlich KEIN autonomiestatus der äs-<br />
thetik implizit mitbehauptet). mit einem //ästhetischen//<br />
kontrollverfahren hingegen lassen sich durchaus nichtäs-<br />
thetische praxen reflexiv rückbinden.<br />
sts: andersrum, hmx! eine ausserästhetische praxis kann<br />
(wennschon nicht als kriterium, so doch) als spiegelung,<br />
als gegenüber, als relevante KONTROLLPOSITION auf<br />
ein ästhetisches verfahren wirken. das geht. warum auch<br />
nicht?<br />
hmx: ja, natürlich. natürlich schafft außerästhetische pra-<br />
xis situationen, die für ästhetische produktion relevant sind<br />
und mit der auf gewisse art umgegangen werden muss.<br />
aber was soll mit dem besetzer-beispiel gesagt werden? ist<br />
es eine forderung nach einem schulterschluss mit den be-<br />
setzern, so ist dies genau jene überwindung einer differenz,<br />
die in diesem kontext nicht relevant ist (vgl. äpfel-birnen).<br />
denn damit würde man sagen: „wenn deine kunst soooo<br />
anti-gold-kunst ist, dann musst du auch ein haus besetzen.<br />
tust du das nicht, dann ist deine kunst nicht authentisch =<br />
gaxi“. authentizität ist KEIN kriterium für irgentwas.<br />
dass - wie du/sts/ schreibst - HANDLUNG MODIFIKA-<br />
TION bedeutet steht //für // natürlich außer frage<br />
(vgl. hierzu meine extrem wounderbaren ausführungen in<br />
pkt. 2: symbol. tausch), was dies aber für die ästhetische<br />
produktion bedeutet, da divergieren unsere meinungen:<br />
dass die handlung des zimmer-aufräumens durchaus eine<br />
modifikation meiner umwelt darstellt, wird wohl unbestrit-<br />
ten sein. dass diese handlung aber zu einem ästhetischen<br />
phänomen wird, hierzu bedarf es noch weiterer prämissen.<br />
(z.b. deklaration dieses handelns als kunst nebst theore-<br />
tischer fundierung, sowie den kunstmarkt, der bereit ist,<br />
dafür zu zahlen)<br />
dass die praxis der hausbesetzung eine legitime gegenstra-<br />
tegie gegen $immo$-wucher und als konkretes politisches<br />
handeln vollkommen begrüßenswert ist, ja, da stimme<br />
auch mit dir/sts/ überein. dass wir es aber hierbei<br />
schon a priori mit einem ästhetischen phänomen zu tun<br />
haben, sei zu bestreiten.<br />
Ende der Durchsage.<br />
rbk: kaum entfernt man sich vom schirm um aufm boxi<br />
die neuesten polizeitaktiken zu studieren (walpurgisnacht<br />
boxhagener platz, berlin-friedrichshain), gehen die herren<br />
munter zur sache.. haben wir auf unterschiedlichen ebenen<br />
aufklärung beigewohnt vielleicht, hier wars ausleuchtung<br />
eher, baumhohe mobile flutlichtanlagen an den ecken des<br />
spielfeldes aufgestellt. fussballmetapher. tiefgestaffelte de-<br />
fensive, gezielte konter, übersicht, störung des gegnerischen<br />
spielaufbaus, durchdringung des raumes, behauptung der<br />
initiative, gut aufgestellte reserven, nur das catering der<br />
staatsmacht schien eher dürftig, was allerdings für unseren<br />
fall die frage der ästhetik unberührt lässt, verzeihung bitte.<br />
spiegelung, eine ausserästhetische praxis kann als spiegelung<br />
auf ein ästhetisches verfahren wirken, zitiere ich mit den<br />
üblichen sinnentstellenden auslassungen sts, das mit der<br />
wiederspiegelung war doch irgendwie andersherum in der<br />
materialistischen literaturtheorie, man vergisst ja soviel in
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verfahren<br />
den jahren & kann den sammelband gerade nicht finden,<br />
ist schon spät jetzt, aber besser man findet jetzt nichts was<br />
man früher mal wusste sonst hagelts präzisere vorwürfe in<br />
sachen altvorderen-besserwiss, eigenhistorisierungs-dün-<br />
kel usw., wie auch immer: das mit kopf & füssen, drehen<br />
& wenden, also die klassenlage ist in der ästhetischen pro-<br />
duktion wiederzuspiegeln oder so, jedenfalls kontrollierte<br />
da nicht das sein das bewusstsein sondern die avantgar-<br />
de der arbeiterklasse die produktion der kunstarbeit, um<br />
etwelche webfehler bei der ästhetischen konstruktion der<br />
wirklichkeit vermeiden zu helfen. den arsch hochkriegen,<br />
das bewusstsein kommt schon nach beim marschieren, prima<br />
devise die sts da im english-modus als kritik an diesem text<br />
wirken lässt. das ist jetzt erneut entstellend montiert, rhe-<br />
torik scheint mit genauigkeit auf anderer ebene spielen zu<br />
wollen… merkwürdig nur dass wir einander eigentlich gar<br />
nicht erklären müssen, was einschreibung der verhältnisse<br />
in die körper bedeutet – hoemaxen nicht, mir nicht, dem<br />
körperschreiber schranz schon gar nicht. kafka auch nicht,<br />
by the way, aber ich will nicht schon wieder vom ersten<br />
weltkrieg anfangen. dass ästhetische praxis davon unbeein-<br />
druckt wäre, wer sie wo für wen treibt, wird klar bestritten:<br />
lautet der satz von sts, dem ich (oder jedermann/frau) ohne<br />
auslassung applaudieren kann bis die hände abfallen. wie<br />
jedoch praxis die kunst durchdringt, oder beide einander,<br />
scheint mir via spiegelung falsch instrumentiert.<br />
sts: und eines nach dem anderen. schreibt hmx, und bohrt<br />
damit bis zum glitschigen kern in den pudel rein, sinnge-<br />
mäß, dass zum ästhetischen phänomen genau das werde,<br />
was der markt sanktioniert – als gäbe es nicht, so darauf<br />
(=hiermit) sts, dinge, die mensch tut, weil sie leiwand<br />
(=schön) sind, ohne, dass ers für nen markt mit geld u dgl<br />
tut. weiss hmx besser als sts, in wievielen weisen das mög-<br />
lich ist, nämlich „ästhetische spiele“, die nicht zugleich<br />
„kunstverwertungsspiele“ sind, abgehen zu lassen. die ei-<br />
nigungen des marktes, gegenmarktes, gegengegenmarktes<br />
und der je gewaltigen, was kunst und gegenkunst und ge-<br />
gengegenkunst sei, bestimmen wohl dieses, aber wirken<br />
nicht den schritt zurück: es gibt ästhetische arbeit, auch<br />
(als unter-, spezialgruppe) bewusstseinsarbeit aufm ästhe-<br />
tischen feld, die nicht den stempel trägt, „kunst“ zu sein.<br />
und, mit den unsterblichen worten des ole von beuys oder<br />
wie der heisst, das ist auch gut so.<br />
hmx: //nimmt seine feder in die hand, die eine tastatur = +<br />
drückt folgendes heraus// dass zum ästhetischen phänomen<br />
genau das werde, was der markt sanktioniert, so laut<br />
sts. sanktioniert? es = anzunehmen, dass die sts-finger tast-<br />
entechnisch vom buchstabenweg abgekommen sind, denn:<br />
nicht was der markt sanktioniert sondern was der markt als<br />
ästhetisches phänomen anerkennt + preist muss es heißen.<br />
es gäbe - so sts weiter - ästhetische arbeit, auch (als unter-,<br />
spezialgruppe) bewusstseinsarbeit aufm ästhetischen feld, die<br />
nicht den stempel trägt, „kunst“ zu sein. sich auf dem ästhe-<br />
tischen feld zu bewegen, bedeutet, dass man sich inner-<br />
halb gewisser bedingungen bewegt (kunstmarkt, kunstge-<br />
schichte, kunstkritik, etc.)<br />
sts: schauschau. da wären wir wieder…<br />
hmx: ich schreib nicht mehr lang – nur kurze replik. willst<br />
du gleichzeitig schreiben?<br />
sts: ich mach nix. wollt nur reinschaun ob sich was getan<br />
hat. nneee. weiss schon, wie ich ca. antworte, mach das<br />
später, hab noch andere tabs offen…<br />
hmx: es wird sich schon was getan haben. bald. *grins<br />
grins* *ganztollficken* *undanderesternchengefühlsbe-<br />
griffeverwenden*<br />
sts: weiss jetzt nicht, ob ich das letzte so genau wissen woll-<br />
te…<br />
hmx: dass natürlich auch zu hause für die schublade, zum<br />
angeben vor freunden, zur erfolgssteigerung bei frauen/<br />
männer/begattungsansinnen oder zum einfachnurso pro-<br />
duziert werden kann, ja. klar. wird dieses wunderbare pro-<br />
dukt //auf das die ganze welt schon unglaublich gewartet<br />
hat// dann der öffentlichkeit zugänglich gemacht, wird es<br />
automatisch gegenstand bereits erwähnter mechanismen<br />
(kunstmarkt, kunstkritik). ob dem produkt das kärtchen<br />
kunst letztendlich umgehängt wird oder ob hierfür hier-<br />
nach ein honorarnötchen herniedergeht in des produ-<br />
zenten geldbörse ist irrelevant.<br />
das wars erstmal. bis morgen.<br />
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rbk: irrelevant, was aber wäre relevant? der versuch von<br />
sts, den impuls aus der besetzung mit zwischen die zei-<br />
len zu tragen, versuchte ja sowas wie relevanz-eintrag,<br />
wiederaufladung. wechselwirkungen, zwischen schrift &<br />
aktion, anstatt abgehobener metadiskurse, toter trakte der<br />
differenzierung des schon ausdifferenzierten. was schönes<br />
schreiben, um aufm beziehungsmarkt (biologisch/ökono-<br />
misch/symbolisch) sein plätzchen zu sichern, den eigentext<br />
da als trophäe plazieren, schön & ungut, aber wie darüber<br />
hinaus, welche gegenstrategien verschaffen den raum zu<br />
einer bewegung die nicht nur mitläuft oder untergeht auf<br />
den geschilderten märkten, die nicht nur gefühlte gegen-<br />
bewegung zum erfahrenen hauptstrom ist? wenn wir auf<br />
den begriff ‘kunst’ fürs erste verzichten, was öffnet sich &<br />
was schliesst sich dann? wenn wir ‘kunst’ für den moment<br />
ausserkraftsetzen, & sts fordert ja die bedeutung jenseits<br />
der ‘kunstverwertungsspiele’, welche bedingungen sind<br />
definiert oder werden definiert, woran koppeln wir an,<br />
worin finden wir uns?<br />
sts: die frage führt uns an den ort genau jener uneinigkeit,<br />
die rbk weiter oben umreisst: wie jedoch praxis die kunst<br />
durchdringt, oder beide einander, scheint mir via spiegelung<br />
falsch instrumentiert. hängt wieder mal alles an der ollen<br />
metapher des spiegels. da lässt sich mehreres lesen. was<br />
wollte mir meine sprache da sagen, als ich gerade eben mal<br />
begeistert genug von etwas war, diese meine sprache mal<br />
machen zu lassen, ohne sie scharf zu kontrollieren? was hab<br />
ich nur gemeint? *räusper*<br />
erste option: das schreiben, unser hier-konkretes schreiben<br />
im KV, dem durch die gesellschaftlich relevante handlung<br />
(zumindest geht die hoffnung, dass sie eine solche sei)<br />
ein spiegel präsentiert wird: da muss dann, natürlich, das<br />
schreiben als unterbauphänomen vulgo ARBEIT gelesen<br />
werden, und unser rumhängen vor den rechnern steht als<br />
REPRODUKTIONSphänomen zur debatte. womit, viel-<br />
leicht, ein kurzschluss möglich wird zu dem hmx’schen<br />
themenfeld, warum ausgerechnet WIR dazu kommen, in<br />
nem P-kontrollverfahren wuseln zu dürfen. auch in die-<br />
sem falle andersrum, hausbesetzung als ästhetischer akt,<br />
erweiterter kunstbegriff und artverwandte lassen grüssen,<br />
das alte paradoxon der abschaffung der kunst gerade kraft<br />
ihrer verwirklichung (bzw. umgekehrt, siehe weiter oben).<br />
zweite option: hab ich nicht „spiegeln“ gemeint, sondern<br />
„infragestellen“. mehr die soz.-realist. lesart. im sinne der<br />
frage: „und was tust DU für die verbesserung der gesamt-<br />
situation?“ auch, in der folge „und wie wirkt DEIN tun auf<br />
dein konkretes schreiben?“<br />
hmx: //kehrt aus seiner neuest bezogenen resi/s/denz in das<br />
alte sendeding (vulgo: zimmer) zurück und erschreibt in<br />
verspäteten buchstaben// wie war das noch mit dem hmx-<br />
schen „irrelevant“? die honorarnote- + kunst-taferl-frage<br />
irrelevant? natürlich nicht (=nein) und natürlich schon<br />
(=ja), alles eine frage der perspektike zum einen, zum ande-<br />
ren eine frage des diskutierten gegenstandes. sehen wir uns<br />
die stsschen „ästhetische spiele“, die nicht zugleich „kunstver-<br />
wertungsspiele“ sind an: angenommen, es gäbe diese nicht<br />
vom markt verschmutzten, eigentlichen spiele, dann wäre<br />
die honorarnoten- + kunst-taferl-frage irrelevant, denn was<br />
kümmert es den produzenten/rezipienten besagten spieles,<br />
ob hierfür das wort kunst angebracht sei oder ob hierfür<br />
bezahlt wird. es wäre schlichweg wurst (event. debreziner<br />
o.ä.), denn man würde in einem völlig vom teilsystem<br />
kunst unterschiedenen bereich agieren. kümmerte derdie<br />
spielererin sich hingegen um diese fragen, so befände ersie<br />
sich schon wieder in einem kunstverwertungsspiel. wodurch<br />
honorar- + kunst-taferl-fragen natürlich wieder relevant<br />
werden würden. relevant für die, die das gesellschaftliche<br />
teilsystem kunst untersuchen, oder die, die sich in ihrer<br />
künst. arbeit (=roboti roboti) mit den bedingungen ihres<br />
ästhetischen tuns auseinandersetzen.<br />
aus der woundervollen vorherigen verwendung des kon-<br />
junktivs im bezug auf die existenz ästhetischer spiele“, die<br />
nicht zugleich „kunstverwertungsspiele“ sind, dürften die<br />
interessierten lesererinnenen schon herausbemerkt ha-<br />
ben, dass hmxscherseits zweifel ob der existenz besagter<br />
spiele bestehen, denn (achtung begründung) folgende<br />
falsche //= scheinbare// aufhebung des widerspruches von<br />
drinnen+draußen: spreche von ÄSTHETISCHEN<br />
spielen, dann bin automatisch drinnen //im<br />
kunst(=theorie+markt)kontext//. auch dann, wenn dieses
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
verfahren<br />
ÄSTHETISCHES handeln in keinster weise auf mehr-<br />
wertanhäufung aus ist. nein, da gibs kein draußen, nur ein<br />
vermeintliches. MEINE SEHR GEEHRTEN DAMEN<br />
UND HERREN, MACHEN WIR UNS NICHTS VOR,<br />
das einzige, das ästhetische spiele erzeugen, = neu felder<br />
der bewirtschaftung. nach dem motto: FELD SUCHT<br />
BAUER. oder wie rbk schreibt: tote[...] trakte der diffe-<br />
renzierung des schon ausdifferenzierten. darum auch mein<br />
bedenken bezüglich stsschen hausbesetzung als ästhetischer<br />
akt, erweiterter kunstbegriff und artverwandte lassen grüssen,<br />
das alte paradoxon der abschaffung der kunst gerade kraft<br />
ihrer verwirklichung. vorschlag: wir sollten diese „ästhe-<br />
tischen spiele“, die nicht zugleich „kunstverwertungsspiele“<br />
sind, nicht ästhetische spiele, sondern einfach nur LEBEN<br />
nennen. und nein, das feld des lebens ist natürlich ebenso-<br />
wenig frei von widersprüchen und vorgegaukelten aufhe-<br />
bungen dieser widersprüche wie das feld .<br />
passend hierzu die rbksche frage: welche gegenstrategien ver-<br />
schaffen den raum zu einer bewegung die nicht nur mitläuft<br />
oder untergeht auf den geschilderten märkten, die nicht nur<br />
gefühlte gegenbewegung zum erfahrenen hauptstrom ist? was<br />
tun wenns nichts richtiges im falschen gibt? „hmx“ tippt:<br />
genau diese widersprüche (wie z.b. drinnen - draußen) und<br />
deren scheinbare aufhebung aufsuchen und zeigen, dass<br />
diese widersprüche bei weitem noch nicht versöhnt sind.<br />
und dann: ganz viel verwirrung stiften. mit z.b. einem<br />
aphorismus den ICH selbst verfertigt habe //mit z.b. dem<br />
eigenen gehirn// er lautet z.b. so z.b.:<br />
erhebe vorstellung gegen den<br />
bescheid vom 14.05.07<br />
sts: wenn wir den raum, der uns da zur verfügung steht, bloß<br />
als „leben“ leben lassen, so ‘den gibts auch’-mäßig, ja dann...<br />
was dann? dann ist das reichlich umfassend=schwammig.<br />
denn (aufgepasst) nicht alle dinge, die da „leben“ heissen,<br />
liegen (a) jenseits der kunstverwertungsscheisse und sind<br />
(b) als ästhetische phänomene beschreibbar. ausserdem<br />
und vor allöm: dass eineR das wort „ästhetisch“ für n<br />
phänomen, oder ne phänomenkategorie, verwenden kann,<br />
macht ihn/sie noch nicht zum kunstweltwichser. womit<br />
(s.o.) die hmxsche begründung moot wäre. was nichts über<br />
die handlungsmaximen des übersiedelten hmx aussagt,<br />
auf die später (=nüchtern) (=ausgeschlafen) einzugehen<br />
sein wird.<br />
rbk: spiele sind durch regeln definiert, die sowohl binnen-<br />
als auch rahmenbedingungen des spieles umfassen.<br />
eine frage wäre, ob spiele den spielraum zu überschreiten<br />
imstande sind, also die fähigkeit zur ausdehnung besitzen.<br />
die gegenfrage wäre, ob von spielen zu sprechen sinn<br />
macht wenn es um überschreitung bestehender spielregeln<br />
geht. auch zu fragen wäre, inwieweit spieltheorie systemimmanent<br />
argumentieren muss, also keine beobachtungsperspektive<br />
für erosion, oder dekonstruktion von systemen<br />
bereitstellt; & inwieweit infragestellung der spielräume<br />
metaspiele evoziert; oder ob kollision von spielbegriff &<br />
engagement hier nicht weiter führt, weil an unterschiedliche<br />
ebenen des blicks aufs leben gebunden, usw.… …war<br />
da nicht hoemax im anflug, gerade?<br />
hmx: ja der war fliegend – aber hat sich wieder verzogen<br />
und lässt den rbk 1x werken.<br />
rbk: werkelt nicht weiter, muss bald aus dem haus.<br />
hmx: ich werde nur eine kurze replik schalten und dann<br />
bin ich auch schon wieder am siedeln. bis dänn.<br />
rbk: ahoy!<br />
hmx: wie die wörter nur so aneinander vorbeischleichen<br />
(= extrem poetisch für vulgo missverständnis), denn das<br />
sts aus meinen höchsteigenen aneinandergebastelten buchstaben<br />
unter a) und b) zu entnehmen glaubte, ≠ das von<br />
behauptete. --> nicht alle dinge, die da „leben“ heissen,<br />
[...] sind (b) als ästhetische phänomene beschreibbar. (so<br />
sts) natürlich nicht. die annahme, alle phänomene des lebens<br />
ließen sich als ästhetische phänomene beschreiben,<br />
wäre natürlich völlig unsinnig (entspricht ca. gaxi) bzw.<br />
zeugte von einem völlig verklären /romantizistischen/<br />
blick auf die welt. nicht alle dinge, die da „leben“ heissen,<br />
liegen (a) jenseits der kunstverwertungsscheisse [...]. (so sts) zugegeben:<br />
mein vorgeschlagener /geforderter/ terminus „leben“<br />
ist insofern ungünstig gewählt, als er einen reichlich<br />
umfassenden=schwammigen (sts) begriff darstellt. im obigen<br />
kontext sollte er folgendes bedeuten („hmx“ präzisiert +<br />
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kontroll<br />
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definiert): „leben = handeln und sein in einem (der vielen)<br />
gesellschaftlichen teilsysteme, das nicht das gesellschaft-<br />
liche teilsystem kunst ist.“ wird „leben“ als allumfassend<br />
er=schwammiger begriff verstanden, so bestünde sts‘ kri-<br />
tik völlig zu recht, denn natürlich ist es nicht einsichtig,<br />
dass - wenn leben doch alles enthalte - dann gerade die<br />
kunst/verwertung.etc/ aus ihm ausgeschlossen sein sollte.<br />
wird „leben“ hingegen als „handeln und sein in einem (der<br />
vielen) gesellschaftlichen teilsysteme, das nicht das gesell-<br />
schaftliche teilsystem kunst ist“ gesehen, dann geht die<br />
kritik ins leere.<br />
wir kehren immer wieder zur frage zurück: warum nennt<br />
jemand ein gewisses handeln ästhetisch? welche bedin-<br />
gungen müssten z.b. erfüllt sein, damit jemand berechtigt<br />
wäre, den akt des regalzusammenbauens als ästhetisch zu<br />
bezeichnen? was unterschiede das regalzusammenbauen<br />
vom ästhetischen regalzusammenbauen? wenn sich die<br />
besagte handlungen nicht unterscheiden, muss das äs-<br />
thetischen regalzusammenbauen doch wohl ein mehr an<br />
theorie aufweisen. diese theorie des ästhetischen regalzu-<br />
sammenbauens wird sich dann wohl auf ästhetische über-<br />
legungen beziehen. sich mit ästhetischen überlegungen<br />
auseinanderzusetzen und nach ästhetischen prämissen<br />
handeln, nennt man gemeinhin kunst schaffen. behaupte<br />
nun, dass mein regalzusammenbauen ein ästhe-<br />
tischer akt sei, so will ich mein handeln als ein künstle-<br />
risches handeln ausgeben. wo sind wir nun? auf dem feld<br />
der kunst. dass mein regalzusammenbauen letztendlich als<br />
kunst anerkannt werden kann, dazu bedarf es natürlich<br />
noch kunstsoziologischer faktoren (lob der kritik: „höflers<br />
frame-art: ein schöpfungsakt auf höchstem niveau“, wis-<br />
senschaftlicher aufarbeitung des höflerschen regalwerks,<br />
einladungen zu kunstmessen: z.b. regalomenta XI in kastl,<br />
etc.). die behauptung aber nun, dass ich mich, wenn <br />
eine bestimmte handlung in meinen leben als ästhetischen<br />
akt bezeichne, draußen vor dem tore der kunst//verwer-<br />
tung// befände, und nicht drinnen im saumagen, wird<br />
hiermit unsinnig und täuscht eine versöhnung eines wider-<br />
spruches (kunst-leben) vor. darum kann auch der stsschen<br />
aussage dass eineR das wort „ästhetisch“ für n phänomen,<br />
oder ne phänomenkategorie, verwenden kann, macht ihn/sie<br />
noch nicht zum kunstweltwichser nicht zugestimmt werden.<br />
ersie wird zum kunstweltwixerin, weil ersie sich hierdurch<br />
nun mal in einen bestimmten diskurs /nebst umfeld/ be-<br />
gibt.<br />
rbk: hatte ja zwischenzeitlich vorgeschlagen den begriff<br />
kunst beiseite zu lassen. dessen bedeutung sich aus jewei-<br />
ligen gesellschaftlichen rahmen ergibt. die verschiedenen<br />
funktionen von kunst in beispielsweise feudalen, hochbür-<br />
gerlichen, neoliberalen strukturen sind längst decouvriert,<br />
offen ist ihre stellung in kommenden gesellschaftsent-<br />
würfen. ebenso offen ihre rolle beim erreichen derselben.<br />
die hoemax‘sche definition von leben = handeln & sein in<br />
allen teilsystemen nur nicht der kunst weist letzterer bei al-<br />
ler offenheit eine schwache position zu, es bleibt eine art<br />
geschicklichkeitsspiel am rande des wirklichen, freiheit in<br />
ohnmacht oder das labyrinth der selbstverschuldeten mar-<br />
ginalität. dies scheint mir allzusehr der herausentwicklung<br />
des kunstbegriffes aus den spätbürgerlichen umgebungs-<br />
bedingungen geschuldet zu sein, also was kunst sein kann<br />
ausschliesslich im rahmen dessen zu denken was kunst ge-<br />
worden ist. weshalb ich auf den vorschlag zurückkommen<br />
möchte, den begriff für den augenblick zu vernachlässigen,<br />
um das, worum wir im von ihm bezeichneten umfeld uns<br />
streiten, genauer betrachten zu können…<br />
sts: muß den kunstbegriff auch nochmal kurz strapazie-<br />
ren. um nämlich auf den zentralen punkt des hmx zu re-<br />
agieren, dass die zuschreibung „ästhetisch“ jeden kontext,<br />
in dem sie verwendet wird, dem kunstweltlichen annähert.<br />
womit (so verfolgt der sts die implikationen weiter in den<br />
stillen raum dahinter, hinter, ter, r) auch gesagt wäre, dass,<br />
wer „ästhetisch“ sagt, schon (sts überzeichnet) sein ganzes<br />
bewußtsein den bedürfnissen eines eigenartigen gesell-<br />
schaftlichen teilsystems entsprechend umgebogen (=ent-<br />
fremdet) hat. was selbstredend ned so ganz schdimmen<br />
kann. sondern: gibt es sowas wie die reflexion aufs eigene<br />
handeln, zwischen (z.b.) zwei momenten des händ-dre-<br />
ckigmachens mit gartenerde, beim anpflanzen von wohl-<br />
schmeckenden zwiebeln und radiesschen, wenn der gärt-<br />
ner sich mit schmerzendem rücken erhebt, herumschaut,
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verfahren<br />
und sich drüber freut, wie schön sein garten ist, was nix<br />
dran ändert, dass er nicht zum schön-sein, sondern zum<br />
wohlschmeckendes-gemüse-hervorbringen da ist. wäre der<br />
gärtner neben- oder hauptberuflich irgendwas mit gelaber,<br />
hätte er nicht „schön“ gesagt/gedacht, sondern zb „harmo-<br />
nisch“, „ästhethisch“ usw. ABER und da liegt der hund<br />
beGRABEN: „schön is des“ ist ein ästhetisches urteil, eine<br />
begutachtung des zb eigenen treibens nach ästhetischen<br />
kriterien. und weit und breit (im normalfall) kein kultur-<br />
redakteur, der den garten abfotografiert , weil der gärtner<br />
„schön“ gesagt hat. ergo auch keine annäherung zur kunst-<br />
welt.<br />
vergleichbare beispiele zb balz, möbelkauf, getränke-<br />
wahl beim furtgehen (ästhetisch=auf die sinneseindrü-<br />
cke bezogen). wir lernen: es gibt n moment der (auch<br />
selbst)reflexion, das bestimmte aspekte des daseins meint,<br />
die auf der nächsten metaebene dann als „ästhetische“ be-<br />
zeichnet werden können. so. der begriff „kunst“ wird für<br />
nicht weiter von nöten erklärt.<br />
wo ausserdem rbk schreibt, dass der verdacht bestünde,<br />
kollision von spielbegriff und engagement führe weiter als zb<br />
die suche nach dem je geeigneten metaspiel, dem sich der<br />
blick bei hereinnahme von in-game-terms für die erosion<br />
des games öffne… da stellt sich sts die frage, auf welcher<br />
ebene solcher clash anvisiert werden kann (hirnkastl, dis-<br />
kursorgan kv, „leben“) und was er, ausser krawall, generie-<br />
ren würde. nicht die polemische „frage“, sondern die ich-<br />
mag-grad-nicht-denken-mach-du-frage.<br />
hmx: ://in eile gegen den baldig abgedreht werdenden saft<br />
tippend//: ja, sts, wir (sts+hmx) ziehen doch am gleichen<br />
strang: der da = kontextualisierung. augangspunkt meiner<br />
kritik war doch das stssche beispiel hausbesetzung als ästhe-<br />
tischer akt, wobei hier dieser akt als außerhalb der kunst<br />
und somit im leben stehender akt verstanden werden woll-<br />
te. die frage = hierbei, in welchem kontext die gleichset-<br />
zung „dieses spezielle tun = ästhetischer akt“ geschieht.<br />
KLARTEXT: ich will hier nicht die praxis diskreditieren,<br />
sondern die kunst!<br />
sts: bin ich mit einverstanden… bloß dass „ästhetisch“<br />
und „kunst-“ eben nicht synonym sind, auch „ästhetisch“<br />
nicht „kunst-“-irgendwas impliziert. ansonsten – liegrü!<br />
hmx: bin noch am überlegen, ob ich ein paar beispiele<br />
bringen soll.<br />
sts: was wäre die alternative? her damit!<br />
hmx: zur begriffsklärung=kontextualisierung von „ästhe-<br />
tisch“: in welchen kontexten finden wir (=ich+du+du+du+<br />
etc) dieses feine wort? :in metadiskursen im kunst/um/<br />
feld: natürlich beziehen sich das wort auf sinneseindrücke<br />
jeglicher art, aber das tun wörter/phrasen wie: „schau“,<br />
„gut“, „schlecht“, „aua“, etc. ja auch. das eigentümliche an<br />
„ästhetisch“ besteht darin, dass sich dieses wort auf einer<br />
höheren metaebene befindet (d.h. sich nicht direkt auf sin-<br />
neseindrücke, sondern auf URTEILE über sinneseindrü-<br />
cke bezieht) + diese metaebene ist nun mal der diskurs, der<br />
im gesellschaftlichen teilsystem kunst gepflegt wird.<br />
wenn als entgleitendes beispiel z.b. 1 beispielhafter mensch<br />
einen sonnenuntergang mit den höchsteigenen augen in<br />
sich selbst hineinverschaut und hierbei zu freund sagt: „ein<br />
wirklich ästhetisches schauspiel“, dann gibt es 2 möglich-<br />
keiten. 1.) freund = fern jeglicher theoretischen beschäfti-<br />
gung mit ästhetischen phänomenen; dann ist zu fragen,<br />
warum sich mensch elaboriert ausdrückt (will er sprach-<br />
lich beeindrucken? etc) obwohl er doch weiß, dass freund<br />
des elaborierten nicht mächtig ist. 2.) freund = mehr oder<br />
weniger in ästhetischen diskursen bewandert; dann könnte<br />
freund fragen: „willst du über das naturschöne sprechen<br />
oder vögeln?“ will mensch dann wirklich über das schöne<br />
in der natur sprechen, naja, dann ist man nun mal in einem<br />
kunsttheoretischen diskurs. wenn nicht, dann kommt der<br />
vorherige punkt eins zu tragen + s = zu fragen: „warum<br />
sagt er denn das in diesem kontext? ist es eine ironische be-<br />
merkung? will er mich mit seiner wounderbaren + extrem<br />
beeindruckenden sprache umgarnen? etc.)<br />
natürlich kann mensch in besagter situation auch „schau,<br />
wie schön“ sagen. was würde freund vielleicht darauf ant-<br />
worten? z.B.: „ja und? hast noch nie einen sonnenunter-<br />
gang gesehen?“ würde man hier schon von einem ästhetik-<br />
diskurs sprechen? würde mensch fortfahren mit:“ich hab<br />
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ja nur gemeint, dass mir durch diesen sonnenuntergang<br />
wieder klar geworden is, dass die schönheit der natur das<br />
maß aller schönheit darstellt.“ ja, dann ist man natürlich<br />
wieder in einem ästhetik-diskurs.<br />
//es sei noch hinzugefügt, dass bei diesem beispiel die per-<br />
spektive vom produzenten hin zum rezipienten verschoben<br />
wurde, wobei aber für beide das gleiche gilt. wenn sts im<br />
kontext der kv nun von hausbesetzung als ästhetischen akt<br />
spricht, so ist diese äußerung natürlich mittendrinnen im<br />
ästhetik-diskurs und nicht eine alltägliche aussage des le-<br />
bens.//<br />
KLARTEXT No.2: meine schönen buchstaben sind keine<br />
vision von dem was kunst können könnte, sondern eine<br />
zustandsbeschreibung.<br />
sts: (*vermeidet die endlosschleife und weist nur noch dar-<br />
auf hin, dass man sich in fall 2)b) zwar in nem ästhetik-,<br />
nicht nem kunstdiskurs findet, nem diskurs über eine der<br />
kategorien mithin, die einem so unterkommen beim rum-<br />
laufen in der welt und beim selbstbeobachten und beim<br />
suchen nach tragfähigen beschreibungen für {jawoll auch<br />
soziale} handlungsweisen. glaubt, verstanden zu haben,<br />
dass hmx an keiner stelle darauf hinauswollte, nur die<br />
kunstwelt-sozialisierung befähige zur aufnahme von meta-<br />
diskursen. schweigt fürderhin=bis zum nächsten mal dass<br />
er nicht schweigt, der sts.*)<br />
rbk: kurze richtigstellung, kollision von spieltheorie &<br />
engagement führe nicht weiter, nicht weiter, war meine<br />
vermutung weiter oben, angesichts des sich fortsetzenden<br />
schlagabtauschs sts-hmx. und: das ästhetische ist keine zeit-<br />
lose kategorie, sondern hat seinen ort in der ausdifferen-<br />
zierung etc., ist also historisch und insofern frage eines dis-<br />
kurses der das ästhetische selbst immer überschreitet, weil<br />
was wann ästhetisch ist und warum, etwas besagt über die<br />
lebensbedingungen (um den begriff leben hier weiter prä-<br />
sent zu halten, bei aller uneindeutigkeit), was im übrigen<br />
den reiz des beobachtens im subsystem ausmacht hier pars<br />
pro toto analysieren zu können, oder im umkehrschluss<br />
oder wie immer, jedenfalls bezogen auf, was die trennung<br />
von leben & kunstdiskurs im ansatz ad absurdum führt:<br />
die rolle des einen im anderen besagt etwas über die form<br />
des anderen das wiederum die formen des einen bedingt,<br />
etc pp.<br />
anzuempfehlen auch eine zeitreise: versucht mal als jun-<br />
ge herren 2<strong>00</strong> a.c. das schöne des sonnenuntergangs beim<br />
warm-up mit antiken ladies in rhetorische anwendung zu<br />
bringen. berücksichtigt bei der einschätzung der reakti-<br />
onen die bedeutung von finsternis in nichtelektrifizierten<br />
gemeinschaften, die grössere verbreitung nachtaktiver jä-<br />
ger in der umgebenden fauna, dazu gottposition des fix-<br />
sterns usw… vielleicht sollte nicht vergessen werden, dass<br />
die entdeckung des reinen naturschönen mit der fähigkeit<br />
zur bändigung und nicht zuletzt der zerstörung des so<br />
empfundenen hand in hand geht… kurz, das naturschöne<br />
selbst ist eine ziemlich moderne erfindung, indessen die<br />
griechische antike das schöne als relation von natur und<br />
produkt etablierte, also inwieweit im produkt (das nicht<br />
notwendig kunstprodukt zu sein hatte) perfektion der idee<br />
oder der symmetrie oder der mimesis des gottgegebenen<br />
verwirklicht ist. soweit, nur am rande.<br />
sts: hat der sts in seinem kopf noch von vielviel früher<br />
(gymnasialzeit, schulbibliothek, abt. „philosophie“, und<br />
draussen regen & kastanienbäume), die begriffe für „sinn“<br />
und (da wärn wir) „leben“ in den taoistischen schriften.<br />
beides („tao“-“sinn“, „te“-“leben“) keine hinreichenden<br />
übersetzungen, bloß grobe näherungswerte. nämlich: dass<br />
„te“ verwendet wird fürs „leben“ als fürs „am-leben-sein“,<br />
aber auch fürn „sittlich richtigen lebenswandel“ und für<br />
„mit-den-lebensbedingungen-einverstanden-sein“. soviel<br />
zur uneindeutigkeit des begriffs „leben“. das beschreibende,<br />
das normierende und das meta-beschreibende müssen<br />
da (wie so oft) mit einem einzigen dings auskommen,<br />
und weit und breit nix, das grammatische zusatzmarker<br />
verspricht. petition für eine erneuerung und erweiterung<br />
der grammatik, anyone?<br />
rbk: nett, so von bios zu graphein zu wechseln, & wieder<br />
zurück. trübe september in der obersekunda, & laudse im<br />
standby, irgendwie hat man damals tee gekocht & aus tönernen<br />
gefässen getrunken, fallende blätter spielen im wind,
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verfahren<br />
wirbeln herum & fallen irgendwohin, summen element of<br />
crime im hintergrund… das leben fasst hegel unter die idee,<br />
& schreibt im § 216 der enzyklopädie: „die unmittelbare<br />
idee ist das leben. der begriff ist als seele in einem leibe<br />
realisiert, von dessen äusserlichkeit jene die unmittelbare<br />
sich auf sich beziehende allgemeinheit, ebenso dessen be-<br />
sonderung, so dass der leib keine anderen unterschiede als<br />
die begriffsbestimmung an ihm ausdrückt, endlich die ein-<br />
zelheit als unendliche negativität ist, – die dialektik seiner<br />
auseinanderseienden objektivität, welche aus dem schein<br />
des selbständigen bestehens in die subjektivität zurückge-<br />
führt wird, so dass alle glieder sich gegenseitig momentane<br />
mittel wie momentane zwecke sind und das leben, so wie<br />
es die anfängliche besonderung ist, sich als die negative für<br />
sich seiende einheit resultiert und sich in der leiblichkeit als<br />
dialektischer nur mit sich selbst zusammenschliesst. – so<br />
ist das leben wesentlich lebendiges und nach seiner unmit-<br />
telbarkeit dieses einzelne lebendige. die endlichkeit hat in<br />
dieser sphäre die bestimmung, dass um der unmittelbar-<br />
keit der idee willen seele und leib trennbar sind; dies macht<br />
die sterblichkeit des lebendigen aus. aber nur insofern es<br />
tot ist, sind jene zwei seiten der idee verschiedene bestand-<br />
stücke.“ noch fragen, anyone? & am himmel, hängt 1 halber<br />
mond…<br />
sts: ...<br />
& am himmel, hängt 1 halber mond…<br />
...auf dem der armstrong mit der lajka thront.<br />
nebsamt gedenkstein: „dass so weit wir schon mal waren!“<br />
auf dem trabanten, der vor zirka hundertachzig jahren<br />
noch träumern aller färbungen die hoffnungen ausgoss.<br />
die fernen, schemenhaften, die transformation verhiessen:<br />
„freiheit UND gleichheit“ für den spross vom spross vom<br />
spross...<br />
bis dann, vor kürzerem, diverse gute geister (nebst paar<br />
bösen) uns verliessen.<br />
der mond in diesem bild ist halb,<br />
selbst was noch leuchtet, lieb gewohntes, schwindet:<br />
das licht der theorie. auch ees ward falb:<br />
erkennen wir gerad noch, wie der weltgeist sich, der trottel,<br />
eben windet.<br />
hmx: //+ weit + breit kein halber mond zu sehen – kurz täglich<br />
grüßt der glutmuggl /vulgo: sonnenstern/ vom firmamentchen<br />
ins halbmondresistente grazer innenstädtische (quasi letztes<br />
wohnzimmerbollwerk, so der bürgermeisterliche nagel ohne<br />
kopf + somit ohne hirn – aber damit mit mächtigen kalkül).<br />
aber achtung: eine erinnerung (selbst erzeugt sogar – mit z.b.<br />
taten nebst allem dazugehörigen etwaigkeiten usw.) fährt ein.<br />
bitte treten sie zurück + holen sie ihre gucker (= ca. augen) aus<br />
den dazugehörigen höhlen: da = 1 ca. ganzes stück mensch,<br />
das ca. hmx incl. aller dinge, die er ist (= verkleidungen +<br />
werkzeuge), ist, nebst kampfgenossin + doppelkatze ins neue<br />
verzogen. und auch das neue hat ab + event. auch an ein oder<br />
eben auch das andere fenster zum dach raus – kurz: tags gibts<br />
himmel, nachts gestirn incl. trabanten und anderer leuchten.<br />
soviel zum rähmchen - und als sähnchenhaube sieht der blick<br />
dann drinnen das anbeiseinde bildchen: 1x selbsterkauftes<br />
sofabettwerk (marke: opus dei incl. nightmaregarantie) mit<br />
angeschlossenem sehwinkel gen gedachten mondmuggl. aber<br />
nix. vulgo: neumond. soll heißen: idealbadewetter für son-<br />
nenallergiker und die hölle (vulgo: bankrott) derer, die al-<br />
les zum anlass nehmen, um licht (=ca. strom und etc.) zu<br />
sparen. jaja, die öle sind immer die anderen, wenn sie als<br />
brennende quellen in tanks + märkte clashn. >>die liberali-<br />
sierung des strommarktes hat es mir endlich gestattet meinen<br />
abieter zu wechseln.
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mit seinen fingern in das netz stellen, als ein beispiel einer<br />
inszenierung einer möglichkeit der hier betriebenen text-<br />
form, die nur der versteht, der um die genese dieses textes<br />
weiß, und die durch den folgenden satz (= event. befehl)<br />
manifest (sprich: handfest) gemacht wird: „sts, eröffne in<br />
einem neuen punkt eine abhandlung über 3<strong>00</strong>! RUFZEI-<br />
CHEN!“<br />
5. die bild fläche: das „3<strong>00</strong>“syndrom<br />
sts: die bild fläche (von punkt und linie zur -). black box<br />
nein fünfsechstel blackbox, weil das sechste sechstel ist die<br />
leinwand, da, und flimmert und bewegt sich was. das ein-<br />
zige hier, vielleicht abgesehen von den zuneigungsanbah-<br />
nungen in reihe vierzehn mitte.<br />
und was: die waberlohe. das leuchten der bronze. dass men-<br />
schen skulpturen wären. die kultur dann viral. pflanzt sich<br />
fort im leib der männer.<br />
und wie: „das ist wahnsinn“ - „nein... das! ist! schpartaaaaa!“<br />
und auch noch stolz drauf.<br />
kino = bedürfnis befriedigungs anstalt. auf wessen anstal-<br />
ten? und wessen bedürfnis? liesse sich eine karte, synchron,<br />
oder eine vektorentafel, diachron, zeichnen, die anhand<br />
der einspielergebnisse von filmen (a) wirtschaftliche si-<br />
tuationen incl. der krisen und hochphasen der einzelnen<br />
branchen, (b) nationale arbeitsmarktkonstellationen incl.<br />
änderungen im arbeitsgesetz, (c) kulturelle und habituelle<br />
phänomene der einzelnen schichten und interessensgrup-<br />
pen (vulgo „lebensgefühl“), schließlich (d), summa sum-<br />
marum, die „öffentliche meinung“ incl. „was heißt öffent-<br />
lich?“ darstellen würden?<br />
rbk: & n schlager von rang ist mehr 1950 \ als 5<strong>00</strong> seiten<br />
kulturkrise. \\ im kino, wo man hut und mantel mitnehmen<br />
kann, \ ist mehr feuerwasser als auf dem kothurn … wird<br />
wohl nichmehr geläufig sein wasn kothurn sein könnte,<br />
wadenhoher schaftstiefel des dionysos der auf der bühne<br />
von schauspielern getragen wird als standardausrüstung,<br />
sind etwas hoch geworden die korksohlen dass man in<br />
griechischrömischer zeit den eindruck von stelzen hatte<br />
auf denen die dialoge sodann auf augenhöhe vorgetragen<br />
worden sind, ach ja tragödien, gottfried benns gedicht von<br />
1950 & heideggers holzwege, noch so ein thermopylenpass<br />
auf dem der heilige martin die buchstaben kohorte um<br />
kohorte aufmarschieren lässt gegen das sparta aus dem er<br />
selber stammt, hübsche konkurrenz des ehemaligen möch-<br />
tegernführers der neuen poesie & des gescheiterten füh-<br />
rerführers ausm attischen schwarzwäldchen: wenn benn<br />
gegenwart aufs celluloid versäuft & die philosophenposi-<br />
tion liquidiert zugunsten der schlagerproduktion 1950, du<br />
bist die rose vom wörthersee z.b. oder maria aus bahia, valse
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verfahren<br />
bleu am zuckerhut, so stell ich mir die liebe vor, unter einem<br />
regenschirm am abend machen wir‘s den schwalben nach, c‘est<br />
si bon, baby es regnet doch, komm geh mit mir gemeinsam,<br />
um nur die tophits des jahres aufzulisten, & kino seit 30.<br />
januar 1917 mit ludendorffs bild- und film-amt dafür sorge<br />
trägt dass die propaganda mit bild und film bis in die kleins-<br />
ten bezirke deutschlands hineingetragen wird, & ufa diese<br />
gründung der obersten heeresleitung nur privatisiert um<br />
am gleichen pol weiterzumachen, mehr feuerwasser als auf<br />
dem kothurn allemal & vulgo lebensgefühl seither im griff,<br />
immerhin öffentlich wohin man hut und mantel mitneh-<br />
men kann sofern manns genug, doktor orpheus aus der ab-<br />
teilung für geschlechtskrankheiten liebt den swing schon<br />
etwas länger, es spielt das cello zu bieder \ für diese lastende<br />
welt, \ die lage verlangte lieder, \ wo das quartär zerfällt, \\<br />
doch durch den geiger schwellen \ jokohama, bronx und wien,<br />
\ zwei füsse in wildleder stellen \ das universum hin, fünf-<br />
sechstel black box oder black out zumindest, wessen an-<br />
stalten?, wessen bedürfnis?? oder mit einem fragment von<br />
1952, ein volk, das untergeht \ muss lieder spielen, irgendwo<br />
zwischen lili marleen & oh mein papa, auf wiedersehen sieht<br />
benn sich selbst den staub von den stiefeln schütteln \ hel-<br />
ler staub, von sommerwegen, sparta-stiefeletten, wanderer<br />
kommst du, korksohlen so dick dass daran geschnürte spie-<br />
ler kopfunter als bojen im stillen ozean ihrer tränen wim-<br />
peln, paarweise manns genug vielleicht, gewisse fantasmen<br />
das sperma als geist betreffend schäumen die see, marinetti<br />
pound sparta unlimited, männer wie skulpturen oder wie<br />
mafarka der futurist, das blut spritzen lassen seit 1909 noch<br />
die kleinste übung der cyborgs aus den territorien der mo-<br />
bilmachung, dann begriff gazourmah dass die vulkanischen<br />
kräfte zum sturm ansetzten, nur ihre mäntel aus staub waren<br />
zu erkennen, die sich zwischen die reihen der kriegerischen<br />
häuser schlichen, sie um den körper packten oder an den bei-<br />
nen und die reiter aus dem sattel warfen, sie stürzten alle ein,<br />
eines nach dem anderen, diese galoppierenden, kriegerischen<br />
häuser, schaum vor den zähnen, nüstern und flanken blut-<br />
verschmiert, grosse löcher in der brust, wir befinden uns da<br />
schon in der vogelperspektive, überfliegen mit gazourmah<br />
einen krieg der welten der noch berge den tod des cyborgs<br />
ersehnen lässt, aber der ist schon gelangweilt von der zahl<br />
seiner feinde, hebt ab & sieht in den schluchten das blut<br />
zusammenströmen wie lava, dieses schweben der kamera<br />
hat giovanni pastrone erstmals in einem historienschin-<br />
ken erprobt für den d‘annunzio das drehbuch schreibt, the<br />
cabiria-movement hebt 1913 gerade rechtzeitig genug die<br />
schwingen um die dreidimensionalität zukünftiger kriege<br />
erahnen zu lassen, die karthager da in der perserposition<br />
& schöne sklavinnen säumen die wege, ludendorff erfindet<br />
übrigens nicht nur die (b)ufa sondern den totalen krieg als<br />
chiffre für materiell unterlegene endsiegpropheten gleich<br />
mit, was zählt ist wille und vorstellung schliesslich. & die<br />
a second time, \ not old in bed, \ but die to sound of trumpets<br />
\ & come to paradise. you have already done purgatory \ in<br />
the time of the collapse \ go make yourself a hero again. \\ &<br />
leave the talking to me. \ and let me explain, \ sing of the<br />
eternal war \ between light and mud. \ goodbye marinetti<br />
(canto LXXII). & nun zu den kulturellen & habituellen<br />
phänomenen der einzelnen interessen gruppen…<br />
hmx: //...//<br />
hurra! hurra! + etc. wo = die listen? wo die front (die ja der<br />
logik nach immer wo anders sein MUSS)? wo die gefahr<br />
(die ja ca. immer nur + niemals nur bedröh-<br />
lich bedroht)? und als verkomplizierende draufgabe noch<br />
alles vermittelt durch bildchen + wörtchens (kurz: gefühls-<br />
maschinchen [220 volt; 1,5 ampere]). tipp für angehende<br />
weltherrscher: mehr angst! der wahre (=extremsuperbeste)<br />
erlöser erlöst von dem, das er selbst erschaffen hat (mit zb<br />
händen, tippfingern, bildapparaten, oder einfach mit ge-<br />
hirnchen). kurz: gegen den teufel da hilf halt nur hehres<br />
weihwasser. oder: der beste samen ist der, der sich nicht<br />
vermehrt, sondern wieder gekauft werden muss. oder: der<br />
ist am effektivsten kontrolliert, der seine vorauseilende<br />
selbstkontrolle als überlegtheit /vulgo: besonnenheit/ aus-<br />
gibt.<br />
von den zynisch vernünftigen erst gar nicht zu sprechen (=<br />
ca. fluchen event. schreiben).<br />
LERNT PANZERFAHREN und dann ab in den nächs-<br />
ten see mit dem blech – sprich sozialverträgliche umwelt-<br />
verschmutzung vom feinsten<br />
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11<br />
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
und endlich wieder das unmögliche FORDERN!!!!!!!!!! //<br />
fernab jedes heldendumms, das nur denen als ankerpunkt<br />
dient, für die gewinnen ein option ist!//<br />
ANGER IS A GIFT<br />
//…//<br />
sts: now: „have no life save when swords clash!“ ne nach-<br />
dichtung von bertrand de born von mr. ezra pound, rezipi-<br />
ent, letzterer, auch der ganzen trobador-kiste, der krieg (in<br />
diesem dichterkopf zumindest) als also (1) vater aller dinge<br />
und insbes. also auch als (2) vater volkssprachlicher verse-<br />
macherei (soweit das abendland betroffen ist) (oder auch<br />
besoffen ist) (in mancher klammer steht halt mist).<br />
*modus *modus* on*<br />
*modus scherzartikel on*<br />
gehen zwei albigenser in eine bar…<br />
*modus scherzartikel off*<br />
*modus *modus* off*<br />
then: krieg als wille und vorstellung, gut, oder besser als<br />
gut, nämlich transzendent. da denkt mensch an das lied<br />
vom sa-mann, ernst busch, auch so ein gernvergessener,<br />
inkompatibler. je objektiv schlechter die zeiten (heisst: je<br />
weniger die ratio des einzelnen imstande sich sieht, mittel<br />
und wege zu seiner materiellen absicherung bereitzustel-<br />
len; also: je mehr der gesellschaftliche gesamtzusammen-<br />
hang einem glücksspiel mit unbegreiflichen regeln sich an-<br />
gleicht), desto mehr (1) wettbüros und (2) kriegsfilme mit<br />
heroischen inn-divi-duenn. auch wie jim morrison schrieb<br />
(freilich anderer zusammenhang, das, nämlich JFK usw.,<br />
aber kraft wunderbarer aufgeblasenheit hier anwendbar):<br />
„when the true king’s murderer / is allowed to roam free /<br />
a thousand magicians / arise in the land.“<br />
still later: fragt sich nach wie vor der kleine stefan ohne<br />
VWL-vorkenntnisse, ob diese oben erwähnte karte<br />
(genaue wiedergabe ökonomischer und psycho-geogra-<br />
phischer daten synchron und diachron, anhand von kino-<br />
karten-statistiken...) möglich sei.<br />
UND fragt sich noch was, ganz was anderes dann, vor<br />
dem einschlafen, „schwache stunde“: was das bedeutet,<br />
dass ästhetische gebilde (wie der „3<strong>00</strong>“-film, zum beispiel)<br />
„flashen“ können, unignorierbar sein, dem leib intensive<br />
zustände aufzwingen, wenn sie gleichzeitig auf genau der<br />
ebene der ästhetik, die solches tut, als rückschrittlich-ge-<br />
fährlich-falsch wahrnehmbar sind, und zwar ebenso „un-<br />
mittelbar“, wie der flash „unmittelbar“ daherkommt…<br />
rbk: fundamentale fragen die der sts da hat, warum flashen<br />
faschismen z.b. oder lassen auf modus erregung gehen, &<br />
warum geilt uns zuweilen was wir als verwerflich erken-<br />
nen, ne menge territorium fürs drin stochern nach grund.<br />
was aber die sozialstatistikkarte betrifft, müssen längst<br />
videotheken- und downloadraten addiert werden um auf<br />
sinnvolle zahlen zu kommen, kino ist ja zum überbrü-<br />
ckungs- oder anbahnungsraum degeneriert indessen sichs<br />
paarweise vorm heimischen plasmaschirm kuscheln lässt<br />
oder mit freunden vorm beamer bequemt, die billigheimer<br />
an den pc-schirmchen klauen sich filme stückweise ausm<br />
netz & sehen so mit, alles zusammen ergibt dann visuellen<br />
input / narrativ, wird aber allemal ende des jahres übertrof-<br />
fen werden von den interactive pc-games die bald mehr um-<br />
satz machen als kino & musik-brache zusammen, & was<br />
da so läuft ohne worte, obs an den sinkenden einkommen<br />
liegt? zusammenhänge sicher, mehr noch wäre von interes-<br />
se was der neue lyrik-hype über die jungen eliten sagt, was<br />
das sich-gegenseitig-und-von-dritten-über-gebühr-wahrgenommen-werden<br />
einer gedichtschreiberInnengeneration<br />
bedeutet wenn dabei gedichte nach durchaus bekannten<br />
aber gutverdrängten oder geschickt vergessenen mustern<br />
gebastelt & als niegesehene neuware gepriesen übern tresen<br />
gehen (was auch notwendig ist um technische mängel<br />
& fehlkonstruktionen als kinderkrankheiten oder<br />
authentizität verhökern zu können), mit paukenschlägen<br />
quer durchn kultbetrieb getrieben & trotz 111 poesiefestivals<br />
immer noch mitm nimbus des leider ungehörten<br />
versehen, ja was mag es bedeuten, auch wenn die umsätze<br />
etwas unter denen der filmchen bleiben… wird da jungbleiber-eliten<br />
die eigentlich schon abgekoppelt waren vom<br />
geistesleben ein re-entry serviert, der perfekt ist weil auch
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verfahren<br />
die beteiligten produzenten sich nicht erinnern können<br />
woher sie kommen, gäbs auch npaar psychosoziologische<br />
thesen dazu, geht aber unter im getrommel fürs stille das<br />
endlich nicht mehr ganz so still sein will & sich dann<br />
bestens als groove verkaufen lässt, dabei alle effekte ado-<br />
leszenter narzissmen die à la mode ins homophile spielen<br />
beim einander die schultern beklopfen, männerfantasmen<br />
vom aufbruch immer geliebt, paar mädels dabei können<br />
nicht schaden…<br />
sts: wobei, das jetzt mal auf die schnelle, mehreres dann<br />
später, gegen‘n GROOVE als solchen (als so für-sich-pfir-<br />
sich duftend auf bühnen, knietief in rauchschwaden, tral-<br />
lala) ja nix zu sagen ist. ist ja nicht, oder? ist nicht! weil:<br />
lässt groove sich gegen den mangel an geschichtsbewusst-<br />
sein in stellung bringen, gegen‘n modus *konsum* auch<br />
{siehe slam und (tiefer) hiphop-battles}, bloß – da liegt der<br />
hund scheintot im feld beim pfeffer: dass die akteure naiv<br />
sind, naiv genug zumindest, dass zweidrei von ihnen, ausm<br />
emanzipatorischen kontext raus, den repräsentanten des<br />
nicht-mal-marktes (dummdumme kulturbürokratInnen<br />
und schlaudumme feuilletonsklavInnen und dumm-<br />
schlaue litwissenschaftlerInnen) den kleinen finger nur zu<br />
reichen brauchen, und du hast n neuen hype, mit allem<br />
wahnsinn, der dazugehört.<br />
soviel zum nebenschauplatz lit. relevantes später mal.<br />
nämlich jetzt. erinnere an die stelle übern jazz bei adorno,<br />
wo es auch um slapstick geht (ist das jetzt im kulturin-<br />
dustriekapitel oder in der ästhetischen theorie?). da gibt<br />
es ne hypothese, die hier passen könnte: dass die objekte<br />
unserer identifikation immer jene sind, die verdrängtes<br />
– unbewältigtes zum gegenstand haben (beispiel slapstick:<br />
auf der publikumsseite: arbeiter, den lieben langen tag<br />
zur anpassung ans fließband, die maschine, gezwungen,<br />
ihren rhythmen unterworfen, ent-individualisiert mithin;<br />
auf der objektseite: jemand, der von der dingwelt fertigge-<br />
macht wird, weil es ihm an (anpassungs-) geschick man-<br />
gelt, jemand, der den kampf nicht aufgibt, demütigung<br />
des ich). ästhetik-konsum als methode der endgültigen<br />
psychischen zurichtung des eh schon unterworfenen, der<br />
traumwandlerisch jene gebilde konsumiert, die ihm die<br />
eigenen unterwerfung nochmal und nochmal präsentieren<br />
(oder die diesen prozess – falsch – suspendieren, indem<br />
sie bloß noch narzisstisches großgebolze mit der jeweils<br />
verdrängten qualität veranstalten). so. und jetz wenden<br />
wir dieses denkbild mal (a) auf ruhigestille gedichtchen<br />
schnittmuster 1950 und auf (b) das action-/fantasy-kino<br />
als ganzes an.<br />
ähm rbk? warum der login-name mic henze?<br />
rbk: gehen wir mal davon aus, dass mobilisierung im gange<br />
ist. sparta, die 3<strong>00</strong> modellierten körperchen der gutgeölten<br />
kämpferdarsteller, hat vielleicht weniger mit den<br />
ladenmädchen die ins kino eilen zu tun als mit dem was<br />
schon mit vietnam geschah: umlenkung der niederlage<br />
auf der medienspule, damals hiess das star wars & hat<br />
den bunten anarchischen haufen der die GIs gerade nicht<br />
gewesen sind gegen das imperium in stellung gebracht,<br />
mega-weisse fantasie vom wiederfinden amerikanischer<br />
kerntugenden die als kinderspiel in die lichtspielhäuser<br />
drang, mit witz & leichtigkeit serviert um den psychotischen<br />
alpdruck überspielen zu können den die unvorstellbare<br />
niederlage in fernost auf den american dream von der<br />
unbesiegbarkeit legte. aus der fröhlichen pseudoanarchie<br />
der starwars-buben stieg eine gewandelte US-armee in den<br />
nächsten ring, hat sich paar guerilla-taktiken & die verlorene<br />
beweglichkeit der minutemen zurückadaptiert, dabei<br />
im raum bei den sternen ne menge kapazität aufgebaut,<br />
zukünftige konflikte asynchron zu machen. auf was für<br />
konflikte uns die 3<strong>00</strong> vorbereiten wollen, lässt sich vorstellen<br />
dann: jedenfalls nicht das erste mal, dass sich im unterbewussten<br />
die rollen drehen, sich die ohnmacht nach dem<br />
verzehrt was sie verursacht hat. das naturgedicht der 50er<br />
hatte ganz andere jobs zu verrichten, z.b. aus der unendlichen<br />
überdehnung von fronten in die heimeligkeit der<br />
stadtrandsubsidiarität zurückzuempfinden, das blümelein<br />
zwischen den trümmern als keim neuen lebens zu setzen,<br />
das kleine und bescheidene allemal das erreichbare dann,<br />
& der bezug aufs geblümte als letzter zuhanden, um die<br />
traumata abzudecken. kuscheln zwischen topfpflanzen,<br />
kleine glücke mit unendlicher behutsamkeit gepflegt, nach<br />
zwölf jahren dreinhauen eine ablenkung für die geschun-<br />
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11<br />
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kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
dene schlaghand vielleicht. nebenschauplätze? im zeitalter<br />
der totalen mobilisierung gibt es keine nebenschauplätze<br />
mehr, die haupt- und nebenwiderspruchsklaubereien bitte<br />
getrost zu vergessen..<br />
was aber die zweidrei emanzipatorischen naiven betrifft,<br />
die da sts zufolge zwischen kulturbürokratie, feuilleton &<br />
literaturwissenschaft kleine finger reichen: merkwürdig,<br />
wie da die dummheit wuchert auf der erfolgreichen gegen-<br />
seite, in allen schattierungen verblödet die macht & der<br />
naive reicht ihr den finger, den kleinsten nur nach dem<br />
diese dummen dann schnappen, ziemliche ballung von<br />
doofheit vielleicht. & wie ists mit der eigenen schlauheit<br />
bestellt, sich den gegner derart zu unterschätzen?<br />
was den groove betrifft, diese ackerfurche der der bauer<br />
dann folgt mit dem pflug, diese rille der die nadel folgt auf<br />
der platte, hübsche musik dann wenn der rhythm derart<br />
unausweichlich ist, man einfach folgen muss, sich reinzie-<br />
hen lässt. groove immer geliebt, vor allem wenn er aus einer<br />
denkbewegung resultiert, konstruktionen mit emotionen<br />
laufen lässt dass sie schwingen, etwas kurzschliessen dann.<br />
krumme linien pflügen, die sich geometrisch aufs feinste<br />
verwirren. wobei mir da entsprechende kondensstreifen-<br />
muster bekanntermassen lieber sind, diese alte abneigung<br />
gegen den blues aufm acker…<br />
& das log-in mic henze hat zu tun mit ebenjenem: michael<br />
henze, a german who married an austrian woman and has<br />
taken on austrian citizenship, is working for the vienna crimi-<br />
nal police and heads the special commission FTIC, investigat-<br />
ing a series of unsolved crimes and homicides…<br />
sts: na klar wuchert auf der seite des erfolgs die dummheit.<br />
erfolg/sieg ist was, das damit zu tun hat, am richtigen ende<br />
eines schiessgewehrs zu stehen, unmittelbar oder mittel-<br />
bar. und sobald das schiessgewehr samt seiner ausrichtung<br />
(weg vom subjekt) verinnerlicht ist, muss das subjekt nicht<br />
mühsam argumentieren. da stehe ich, ich kann nicht an-<br />
ders, und bist du nicht willig, so brauch ich gewalt… ver-<br />
gleiche hiezu auch des falbelhaften herren hegel gleichnis<br />
vom herrn und vom knecht.<br />
weiter: die naivität, die sts meinte, war jene, die den „re-<br />
denwirdrüber“-psycho-gestalten aufn leim geht, diesen<br />
agenten von macht, die sich als ohnmächtige verkleiden<br />
mit ihren stirnfalten und ellenbogenschonern und da-<br />
ckelblickverstärkerbrillen – die naivität, zu glauben, dass<br />
das unsägliche „wir verstehen uns eh, oder?“, so beim bier<br />
nach der kleinveranstaltung im autonomen schuppen, in<br />
der sache irgendwas substanzielles bedeutet.<br />
es wäre, im zusammenhang mit der aktivierung von tief-<br />
sitzenden bildchen der identität, auch zu konstatieren,<br />
dass unter jenen, die laut anscheinend eigenanspruch die<br />
hartgesottensten feinde „des westens“ sind, die sich denken<br />
lassen, gerade ne verhüllungssucht grassiert, die frappant<br />
an superheldenfantasien amerikanischer comic-books er-<br />
innert. denke an den hamas-typen in arafats altem haupt-<br />
quartier, verliest ne presseaussendung mit palästinenser-<br />
flagge ums gesicht usw. ist das jetzt bloß ne kluge inszenie-<br />
rung „für den gebrauch des westens“, so à la „fürchte dich,<br />
grosser satan, wir sind überall“, oder hat das jetzt auch<br />
was mit fundamentalen bedürfnisstrukturen in intensiven<br />
kampfsituationen zu tun?<br />
und endlich: gar nicht zentral genug anzusiedeln, dass<br />
sich die ohnmacht nach dem verzehrt was sie verursacht hat.<br />
lässt sich ja, jetzt bisschen flapsig, die ganze kapitalismus-<br />
scheisse und die tatsache, dass wir alle mitspielen, samt<br />
dem vorhin beklagten mangel an geschichtsbewusstsein,<br />
als ein fall des stockholm-syndroms beschreiben, der so<br />
umfassend und so groß und so grundlegend ist, dass er ei-<br />
ner allfälligen therapie gar nicht mehr zugänglich ist – bloß<br />
eben noch so lustige übersprungshandlungen generiert.<br />
5a) current & currency levels<br />
hmx:<br />
Current threat level:<br />
the current terrorism<br />
threat level is critical<br />
The threat level is Critical. An explanation of what this means<br />
in terms of a terrorist attack is set out below.<br />
What are threat levels?<br />
A new system has been created to keep the public informed<br />
about the level of threat to the UK from terrorism.
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
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verfahren<br />
The system also helps the police and other law enforcement<br />
agencies determine how they should respond to, and prepare<br />
for a terrorist incident.<br />
the threat levels are:<br />
+ critical - an attack is expected imminently<br />
+ severe - an attack is highly likely<br />
+ substantial - an attack is a strong possibility<br />
+ moderate - an attack is possible but not likely<br />
+ low - an attack is unlikely<br />
What shoulD the publiC Do?<br />
(Federal Civil Defense Administration, 1951)<br />
You should always remain alert to the danger of terrorism and<br />
report any suspicious behaviour:<br />
+ if you have information about terrorist activities contact the<br />
anti-terrorist hotline on 08<strong>00</strong> 789 321<br />
+ call 999 if there is an immediate threat to life<br />
+ if you know of a threat to national security email the Secu-<br />
rity Service (new window)<br />
www.homeoffice.gov.uk/security/current-threat-level/ Stand: 01.06.07<br />
rbk: das mit den schussrichtungen, also erfolg definiert sich<br />
in kapitalistischen systemen nicht darin, 1 waffe auf andere<br />
zu richten, deshalb geben sich die wohlstandsnachrücker<br />
in westlichen gesellschaften auch so gern als pazifisten: wer<br />
eine waffe hält, hat einfach keinen lukrativen job gefun-<br />
den, muss die drecksarbeit machen. zu hegel: der herr wird<br />
blufft besser, der knecht wird hat einfach mehr angst, dar-<br />
aus ergibt sich das lebengelassenwerden des einen in dieser<br />
abhängigkeit, die indessen zur arbeit zwingt die selbstbe-<br />
wusst macht: am ende dann der selbstgefällige bluffer, dem<br />
die menge der selbstbewussten knechte gegenübersteht,<br />
die etwas gelernt haben seit ihrer damaligen kapitulation.<br />
dieses gelernthaben qualifiziert dann gegebenenfalls, die<br />
unterordnung zu beenden, durch arbeit die im zweifelsfall<br />
aber auch todesmaschinenbedienung ist, wie nach dem<br />
ersten weltkrieg junge exegeten der alten geschichte ver-<br />
muten: das zu-sich-selbst-kommen des knechtischen führt<br />
in die bewusstlosigkeit total geführter kriege, in denen<br />
materialmassen einander mit löschung bedrohen, das zur<br />
produktion differenzierte knechtsbewusstsein sich im fab-<br />
rizieren von vernichtungstechnologie erschöpft. was zur<br />
neubewertung des wissens des herrn gegenüber der eigen-<br />
tümlichen verdrängungsarbeit des knechtes führt: als wäre<br />
der selbstüberwindungswunsch der bürgerlichen klassen,<br />
auf die arbeiter projiziert, nichts als das beiseiteschieben je-<br />
ner fundamentalen unfähigkeit etwas riskieren zu wollen,<br />
einer unfähigkeit jedoch, die uneinholbar ist. was übrigens<br />
den wunsch nach dem entstehenlassen eines herrenvolkes,<br />
das den tod bis zum kollektiven tod riskiert, notwendig<br />
setzt, ob nun als sparta im filmischen phantasma oder in<br />
der SS. das todesspiel aber, egal ob in der knecht-variante<br />
der überwindung durch arbeit oder in der herr-variante als<br />
sieg durch tod definiert, ist im kern antikapitalistisch, das<br />
macht seinen reiz aus. was einen anderen hintergrund für<br />
den satz ergibt, dass sich die ohnmacht nach dem verzehrt<br />
was sie verursacht hat.<br />
die naivität, von der sts dann spricht, die aus den alter-<br />
nativen kleinveranstaltungszonen, kommt vor diesem hin-<br />
tergrund nur schwer ins bild: aber vielleicht vermischt sts<br />
etwas, nämlich umgebungen die in selbstmarginalisierung<br />
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sich fortschreiben können, mit macht: dass das wir-ver-<br />
stehn-uns-eh-oder noch zu keiner zeit substantielles bedeutet<br />
hat, enthebt es freilich nicht seiner funktion, sowas wie<br />
befindlichkeit zu sichern: es gibt in den weniger alterna-<br />
tiven jungfrischen szenen inzwischen das wir-verstehen-eh-<br />
dass-das-eh-verstehen-blöd-ist, das so tut als hätte es mehr<br />
verstanden, aber dabei der zwiebel nur noch ne pelle ab-<br />
zieht um dann besserwisserisch zu behaupten, das sei nun<br />
das letzte häutchen gewesen, das vom freien blick auf die<br />
wahrheit trennt.<br />
was die superheldenfantasien der hartgesottensten feinde<br />
des westens betrifft, muss ich passen, kenne keine von den<br />
herren, kenne deren herkunft zu wenig um mehr dazu<br />
sagen zu können als ein experte wie, sagen wir, karl may<br />
– ob die also versteck spielen oder im sich-ausstellen das<br />
versteck-spielen nur spielen oder was immer, wer weiss.<br />
die frage, wie die ihre feinde definieren, & wie die, die<br />
die bekämpfen, sich das definieren, liegt vielleicht eher im<br />
bereich dessen, was wir betrachten können: man hat dazu<br />
daten, auf die man sich beziehen kann…<br />
sts: …und 1a inszenierungen von bildmaterial, die ängste<br />
vom verlöschen der (kapitalistischerseits) heiligen identi-<br />
tät bedienen. dass ich dies den objekten der inszenierung<br />
(dem mandl aufm bild mit maskierung) zugeschrieben<br />
habe (botschaft an den westen oder neurose?), statt es den<br />
subjekten der inszenierung (nachrichtenagenturen zb) zu-<br />
zuschreiben (perfide auswahlmethoden ausm bilderfundus<br />
oder treublöde versuche, abzubilden-was-ist?), war meine<br />
kurzsichtigkeit.<br />
was nix dran ändert, dass das bildmaterial auf seine ob-<br />
jekte zurückwirkt als identifikationsangebot. erinnert sei<br />
da an die strategia della tensione, italien vs. brigate rosse,<br />
wo von staatlicher / geheimdienstlicher / privatkapitalis-<br />
tischer seite mitgedacht war, den potentiellen sympathi-<br />
santen einer sozialrevolutionären bewegung durch das ve-<br />
hikel der medialen inszenierung des „terrorkampfes“ eine<br />
zwar eindeutige identifikation mit „dem feind“ zu ermög-<br />
lichen, die aber damit in letzter konsequenz als selbstzer-<br />
störungsknöpfchen in alle emanzipatorischen ansätze der<br />
späten siebziger/frühen achziger installiert wurde. verglei-<br />
che hiezu auch die scheindebatten über die begnadigung<br />
von christian klar im deutschen feuätong.<br />
dann: viel geld verdienen, sich aufm arbeizmarkt „durch-<br />
zusezzen“, das bedeutet, 1 waffe zu halten und, vor allem,<br />
gezielt oder nicht, in eine richtung zu halten, und nicht<br />
auf sich selbst. ob die waffe ein faktisches schiessgewehr<br />
ist, oder die drohung mitm nicht-leben-dürfen bei man-<br />
gelnder unterordnung (wo dann die waffe, say, ein for-<br />
mular ist, dass eine krankschreibung verweigert, oder ne<br />
benachrichtigung ans arbeitsamt, welches dem 5 minuten<br />
zuspätgekommenen das nicht-erscheinen unterstellt…),<br />
das is wurscht. da gehts nur um die nervenschonung der<br />
gewaltausübenden. dass die, die die faktischen waffen<br />
stellvertretend spazierentragen (oder draus schiessen),<br />
meist ihrerseits auf der falschen seite der papierwaffen ste-<br />
hen, lag an rbk, deutlichzumachen, weil sts, ihr wissz es eh,<br />
polemisch-also-notorisch-ungenau argumentiert.<br />
rbk: nur nicht vergessen, dass verweigerte krankschrei-<br />
bungen keine löcher machen die nicht mehr zuheilen wol-<br />
len, ergänz ich notorischerseits: totmachen oder schikanie-<br />
ren sind 2 paar schuhe, soviel genauigkeit sollte man in der<br />
polemik noch lassen..<br />
was hmx uns einblendet, antizipierend auf welcher klavia-<br />
tur uns sparta spielt, ist eine andere sache: der gradmesser<br />
für angstmachandrohung oder angstmachdassgewalt-<br />
ausübdrohung steht auf maximum, wenn 1 wägelchen<br />
brennend unters vordach 1es provinzflughafens gerät &<br />
1 anderes wägelchen mit entzündlichem beladen in einer<br />
geschäftsstrasse zu rauchen beginnt, ohne auseinanderzu-<br />
fliegen. 1 friedlicher tag ohne besondere vorkommnisse,<br />
wäre zum beispiel für kabul oder baghdad diesenfalls die<br />
zusammenfassung der nachrichten vom tage. höchste ter-<br />
rorwarnstufe, bedeutet derselbe sachverhalt in westeuropä-<br />
ischen städten. wer identifiziert sich mit wem, wäre die fra-<br />
ge, um sich wovor zu fürchten, oder was nicht zur kenntnis<br />
nehmen zu müssen? nervenschonung der gewaltausübenden,<br />
wie sts aus anderem beispiel folgert?<br />
hmx: + schon wieder zurück in die zukunft + per fox im<br />
feinsten petticoat mitten ins vorstadteigenheim + der
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
verfahren<br />
mann gerade von der wirtschaftlichen arbeit direkt (=<br />
event. ohne umweg über den schnapsladen) ins familitäre<br />
wohnzimmer mit 1 stk. fernseher + 2 stk. kinder //männ-<br />
chen + weibchen// heimverkehrt + dann geht auch schon<br />
die flimmerlkiste nebst announcerstimme an: now we<br />
must be ready for a new danger: the atomic bomb! und als<br />
obendraufhinaufgabe turnt + singt ein turtle für alle al-<br />
tersgruppen verständlich ein notfallslied, auf dass man die<br />
lebensverlängernden methoden beherrsche, die bei atoma-<br />
ren explosionen o.ä. anzuwenden seien. duck and cover, so<br />
nicht nur das namensschildchen des turtleliedes, sondern<br />
auch gleich der ganzen campaign, die die federal civil de-<br />
fense administration 1952 in bester nutzung der neuen me-<br />
dienkanäle laufen ließ. 7 jahre später werden celebrities vor<br />
den zu lahmen drohenden angstkarren gespannt + der laut-<br />
sprecher spricht mit der durch den modernen prometheus<br />
erschaffenen stimme boris karloffs: civil defense is common-<br />
sense, learn to protect your home, call civil defense today. und<br />
damit der angstkarren in fahrt kommt, ja, da braucht man<br />
nun mal 1-2 firestarter: kurz: //das geschah davor//: tru-<br />
man-doktrin nebst anschlüssiger mccarthy-ära. als start-<br />
schuss für die second red scare und steigbügel für maccarthy<br />
unterschreibt truman 1947 //mit z.b. einem stift o. ä.// die<br />
executive order 9835, durch die untersuchungsausschüsse<br />
angeordnet werden, die die loyalität der staatsbediensteten<br />
//mit event. lupen + etc.// untersuchen sollen, um hiernach<br />
etwaig rotes gesox aus dem staatsdienlichstlichen diens-<br />
te zu entlassen (= freistellen). wer was werden will, wird<br />
anders als links. wie schnell sogar 1-2 weltkarrieren den<br />
bach //vgl. event. mississippi// hinunter gehen, zeigt sich<br />
nicht zuletzt an chaplin. + im radiogerät kann das ohr //<br />
auf grund z.b. der wunderbaren fähigkeit des hörens// titel<br />
vernehmen wie: atomic bomb blues; get that communist, joe;<br />
jesus hits like an atom bomb; i dreamed i saw krushchev in a<br />
pink cadillac; radioactive mama; when they drop the atomic<br />
bomb; the communists are commin’; crawl out through the<br />
fallout; stalin kicked the bucket; great atomic power; agnes,<br />
the teenage russian spy; the death of joe stalin (good riddance);<br />
let’s keep the communists out; my teenage fallout queen; poor<br />
left winger; weapon of prayer…<br />
systeme verlangen notwendigerweise loyalität, da sie auf<br />
selbstreproduktion aus sind, so lehrt ein luhmann. in dieser<br />
selbstreproduktion werden nur solche elemente eingebun-<br />
den, die aus sicht des systems das bestehende perpetuieren<br />
vermögen : kurz: anschlussfähig sind. je stärker nun ein sys-<br />
tem unter druck gerät, desto anschlussfähiger müssen auch<br />
die systemelemente werden. was dies vielleicht für einen //<br />
kunst- literatur- film- wissenschafts- deppen- u.ä.// betrieb<br />
heißen kann, zeigt sich am willkürlich erzählten beispiel<br />
einer jungliteratin, die die wounderbare natalia b. nitzko-<br />
vic // = führungsmitglied der aktions- und terrorgruppe<br />
Rotes Armee Partizip 1 hoch 2// in befürchtung eines bevor-<br />
stehenden anschlages auf die kurz bevorstehende lesung<br />
derselbigen jungliteratin mit dem verweis darauf, dass man<br />
doch auf grund des von beiden geteilten alters zusammen<br />
halten müsse, von einer befürchteten intervention der ak-<br />
tions- und terrorgruppe abzubringen versuchte.<br />
JOIN CIVIL DEFENSE TODAY<br />
rbk: & erwähnter luhmann widmet sich den protestbe-<br />
wegungen in seiner gesellschaft der gesellschaft mit der an-<br />
merkung dass sich den protestbewegungen zu widmen<br />
geschehen müsse ohne rücksicht auf die theorieästhetik, hört<br />
hört, „vielmehr versuchen diese bewegungen, allein schon<br />
durch ihre soziale offenheit für immer neue anhänger, die<br />
gesellschaft gegen die gesellschaft zu mobilisieren. wie<br />
soll das möglich sein?“ die schönheit von gedankenge-<br />
bilden leidet indessen nur kurz, denn naturgemäss fängt<br />
luhmann ein was da ausrücken will, kürzen wir ab und<br />
kommen zu folgendem schluss: „wollte man auch für<br />
die protestbewegungen noch eine funktion angeben, so<br />
könnte man sagen: es geht darum, die negation der gesell-<br />
schaft in der gesellschaft in operationen umzusetzen. es<br />
geht also um ein genaues korrelat der autonomie und ope-<br />
rativen geschlossenheit des gesellschaftssystems, um das,<br />
was man, als man noch in paradoxien formulieren konnte,<br />
als ‘utopie’ bezeichnet hatte. die moderne gesellschaft hat<br />
anscheinend eine form der autopoesie gefunden, um sich<br />
selber zu beobachten: in sich selbst gegen sich selbst. wider-<br />
stand gegen etwas – das ist ihre art, realität zu konstruie-<br />
ren. sie kann als operativ geschlossenes system ihre umwelt<br />
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kontroll<br />
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nicht kontaktieren, also realität auch nicht als widerstand<br />
der umwelt erfahren, sondern nur als widerstand von kom-<br />
munikation gegen kommunikation…“ also mit leichten<br />
dellen in der schönen oberfläche der systemtheorie, aber<br />
doch noch intgegriert, den protest. luhmann geht jeden-<br />
falls übers plumpe loyalitätsprinzip hinaus, auch wenn er<br />
wenig anfangen kann mit einer umwelt jenseits seiner re-<br />
alität: elemente fremder sprachen werden stück für stück<br />
übersetzt, dem system als identifizierte genetische ketten<br />
integriert. & da man blinden nicht zuzwinkern kann,<br />
zwickt man sie eben, auge um auge, kommunikation gegen<br />
kommunikation…<br />
hübsch übrigens, dass erwähnte namenlose jungautorin<br />
wg. generation auf verschonung plädiert. man hat also<br />
diesen jungen solang das wort generation vorgesagt, dass<br />
sie den alten die sie darin verpacken hübsch freiwillig in<br />
die säcke gehen: eine form von mitlaufendem widerstand,<br />
mit der luhmann einige argumentative probleme bei seiner<br />
schönheitspflege hätte. & wie reagiert nun das rote armee<br />
partizip? schickt es die seniorengruppe p vor, um generati-<br />
onengerecht stören zu können?<br />
sts: na wenn die seniorengruppe p (geschwader „fortschritt<br />
durch clausewitz-lektüre!“) dafür nach gratz kömme…<br />
das geschwader „fortschritt durch abbruch des theologie-<br />
studiums!“ hat ja grad andersgeartete sorgen.<br />
hmx: //den gerade durch das durch 0 und 1 hervorgebrachte<br />
tor schreitenden mic henze mit ein paar buchstaben zu win-<br />
kend und diesen fragend, ob dieser nun diese wundervolle<br />
diskussion synchron fortzuführen gewillt sei. worauf dieser<br />
folgende antwort herniederschreibt:<br />
rbk: sünn chrom? was wäre denn zu diskutieren, gleich zei-<br />
tig?<br />
hmx: sinn chrom.<br />
loyalität also. ja, da gingen wohl die buchstabenpferde mit<br />
den fingern des fingerbenutzenden hmx‘ ein bisschen im<br />
porzelanladen über das blinde korn hinaus.<br />
rbk: aha, sprache nach dem linearitäts prinzip organisiert,<br />
lese ich da gerade später im text…<br />
hmx: eigentlich = eine synchrone diskussion unmöglich:<br />
weil: //achtung: begründung// sprache nach dem lineari-<br />
tätsprinzip organisiert ist und ein gleichzeitiges sprechen<br />
[by the way, who‘s talking? rbk] kaum linearität in den argu-<br />
mentationslinien zu tage brächte.<br />
rbk: aufeinandereinredende paare verstehen sich hinge-<br />
gen meist gut… muss an der absenz von argumentation<br />
zugunsten der präsenz von interaktion liegen. produziert<br />
man kommunikation mitgegenmit kommunikation & hat<br />
was mit ein ander.<br />
hmx: aufeinandereinredende paare wissen zumeist, dass<br />
der grund des aufeinandereinredens in einem dissense<br />
besteht, von dem beide nur wissen, dass er zwischen den<br />
beiden so lässig herumsteht und eine zigarette raucht, wie<br />
er aber genau beschaffen ist wissen beide nicht.<br />
ad absenz von argumentation vs. präsenz von interaktion:<br />
und da sind wir auch schon wieder bei einem systema-<br />
tischen luhmann. denn für systeme sind die inhalte der<br />
kommunikation 2t-rangig, wichtiger ist dass (natürlich<br />
unter der prämisse der anschlussfähigkeit) kommunikati-<br />
on (=interaktion) statt findet.<br />
rbk: also dissens macht konsens, auf der ebene zweiter be-<br />
obachtung? oder hat das mit der loyalität zu tun, die als<br />
blindes pferd aufm porzellankorn herumfingert, den fleck<br />
auf den hmx‘schen denkhosen verdeckend? denn für syste-<br />
me sind die inhalte der kommunikation, fängt hmx weiter<br />
oben gerade an zu schreiben, dass man gespannt darauf<br />
wartet was nun kommt, etwa: nebensächlich? nur von se-<br />
kundärer bedeutung, da funktion nicht im wie, sondern<br />
im dass des kommunizierens liegt? [pause] [pause] aha:<br />
zweitrangig! da haben wir jetzt aber synchron parallellauf<br />
genossen, lieber hmx… in der performation läge dann die<br />
kraft, dergleichen bühnenwirklichkeit werden zu lassen…<br />
überhaupt stücke, die schreiben ja alle stücke jetzt, diese<br />
jungautorinnen, wars ein stück das nicht gestört werden<br />
wollte, vom rap?<br />
hmx: ja. //in erwartung des rbkschen gegenworts// die bühne<br />
ist nun mal dieser platz, wo performiert werden kann.<br />
rbk: gegenwort! // hmx: und die gleichzeitigkeit ein schö-<br />
nes platzerl findet. // rbk: schönes platzerl, in meiner zeile!
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hmx: so verschieben sich die texte und werden hin + her-<br />
gezogen in den bühnenstücken, die keine waren, sondern<br />
einfachste lesung aus selbst (=eigenhändig mit z.b. fingern)<br />
verfassten eigentexten //in 5.1 dolby sound// zur simulie-<br />
rung des 3D-dinx - na wie heißt das noch schnell? - ach ja:<br />
welt. und dabei war die rap 1 hoch 2 nur in zivil und nicht<br />
//wie üblich// in uniform zu gegen.<br />
rbk: …terror in uniform riecht übrigens verdächtig nach<br />
staatsterrorismus…<br />
hmx: kurz: ja. wenn es soetwas wäre wie eine uniform,<br />
dann ja. wenn man in einer bestimmten situation immer<br />
das gleiche trägt, dann kann man dies wohl uniform nen-<br />
nen. aber mit organistion im sinne des staates hat dies we-<br />
niger zu tun, da die aktions- + terrorgruppe rap 1 hoch 2<br />
nach keinerlei organisatorischen parametern strukturiert<br />
ist.<br />
rbk: oder tracht, z.b. einer zunft oder eines standes. oder<br />
die aus reinhardmeyliedern der späten 70er bekannte non-<br />
konformistenuniform, so eine art galabekleidung der pro-<br />
testbewegungen. dabei täte es doch im hmx‘schen falle<br />
//siehe wunderbar herausgearbeiteter ober- wie auch un-<br />
teroberkörper// ein spartanischer lendenschurz, über dem<br />
ein eisenhelm roten federbusch trägt, um mal wieder auf<br />
die 3<strong>00</strong> zurückzuswitchen… aber wenn rap keinerlei or-<br />
ganisatorische parameter birgt, ists entweder keine grup-<br />
pe oder doch nur, wie war der name dafür, eine beziehung<br />
vielleicht, 1 hehres schildchen auf 2samkeit?<br />
hmx: eine situation schaffen, bedeutet gewisse /normal/pa-<br />
rameter zu verändern, wenn dazu ein lendenschurz o.ä. von<br />
nöten ist, dann soll es so sein. ob 3<strong>00</strong> situationen schaffen<br />
will, bleibt aber zu bezweifeln.<br />
rbk: „die herrschende ideologie organisiert die banalisie-<br />
rung der subversiven entdeckungen und verbreitet sie im<br />
überfluss, nachdem sie sie sterilisiert hat. ihr gelingt es<br />
sogar, die subversiven individuen zu benutzen: durch ver-<br />
fälschung ihrer werke, wenn sie tot sind, und schon zu leb-<br />
zeiten durch die gesamte ideologische konfusion, indem sie<br />
sie mit einer der mythischen lehren, mit denen sie handel<br />
treibt, narkotisiert.“ (aus dem rapport über die konstrukti-<br />
on von situationen und die organisations- und aktionsbedin-<br />
gungen der internationalen situationistischen tendenz. paris<br />
1957)<br />
hmx: keinerlei organisatorische parameter bedeutet, dass es<br />
keinerlei hierarchien gibt, oder besser gesagt: von aktion<br />
zu aktion gemeinsam entschieden wird, wer welche aufga-<br />
ben übernimmt + welche ziele erreicht werden bzw. nicht<br />
erreicht werden sollen.<br />
was die banalisierung der subversion durch die herrschende<br />
ideologie anbelangt: ja. dieses problem wurde schon am<br />
beginn der klassischen avantgarden ersichtlich, d.h. das<br />
konzept des ready-mades funktioniert nur einmal. aber<br />
bedeutet das nun, dass subversion unmöglich wird? nein,<br />
denn wenn das ready-made seinen dienst getan hat, dann<br />
müssen eben neue strategien her.<br />
und schon wieder eine anekdotische rap-begebenheit: an-<br />
lässlich eines poetry-slams wollten die //grazerkulturkirch-<br />
lichen// veranstalter, dass die rap mit lustigen aktionen<br />
hierbei doch ein bisschen teilnehmend mitspielen solle.<br />
rap lehnte mehr als dankend ab.<br />
rbk: „unser hauptgedanke ist der einer konstruktion von<br />
situationen – d.h. der konkreten konstruktion kurzfristi-<br />
ger lebensumgebungen und ihrer umgestaltung in eine hö-<br />
here qualität der leidenschaft. wir müssen eine geordnete<br />
intervention in die komplizierten faktoren zweier grosser,<br />
sich ständig gegenseitig beeinflussender komponenten<br />
durchführen: die materielle ausstattung des lebens und<br />
verhaltensweisen, die diese ausstattung hervorbringt und<br />
durch sie erschüttert wird.“ (rap-port..)<br />
hmx: der punkt bei diesen modifikationen der lebensumgebungen<br />
besteht darin, dass diese ausschließlich von<br />
kurzem bestand sein dürfen, denn bei längerem bestehen<br />
dieser interventionen treten dann besagte effekte //banalisierung<br />
und natürlich auch profitisierung// ein.<br />
aber um jetzt nochmal auf luhmann + loyalität zurück<br />
zu kommen: loyalität ist durchaus zu unscharf geschossen,<br />
denn worauf der hmx hinauswollt war: doppelpkt.: da sich<br />
systeme permanent an die sie umgebende umwelt anpas-<br />
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sen müssen, sind sie gezwungen aus den bestehenden an-<br />
schlussmöglichkeiten auszuwählen, wobei eben jene mög-<br />
lichkeiten der selbstmodifikation herangezogen werden,<br />
die dem system am wenigsten schaden bzw. am meisten<br />
zu dessen selbstreproduktion beitragen. kurz: selektion im<br />
luhmannschen sinne.<br />
rbk: verzeihung, war kurz absent, telefonat in sachen geld-<br />
eintreibung, rekapituliere, poetry-slam in kulturkirchlicher<br />
umgebung, dazu anpassungsdruck in systemen, anpas-<br />
sungsdruck durch systeme allerdings auch, modifikation<br />
von umgebung durch systemische fransung, überlappung,<br />
einverleibung. dazu hier schonmal bereitgelegt den letzten<br />
satz von 57: „die leidenschaften sind oft genug interpretiert<br />
worden – es kommt jetzt darauf an, neue zu finden.“ (rap-<br />
port..), der passt jetzt nicht an dieser stelle, oder doch? also<br />
selektion, unter-scheidung die das system allererst gene-<br />
riert, in der ausdifferenzierung ist etwas wo vorher es gewe-<br />
sen sein könnte, oder eine vergleichbare allmachtsfantasie,<br />
etwas ist indem es dies ist und ein anderes nicht ist, usw.,<br />
differenz & selektion als stabilisierende faktoren, d‘accord.<br />
wie bekommen wir nun die hoffnungen der situationisten<br />
(den spielbegriff an die stelle des wertgesetzes zu stellen)<br />
übern luhmann auf das cyberabenteuer 3<strong>00</strong> projiziert, um<br />
innovative performanzen gegen selbstreproduktiven kul-<br />
turbetrieb konstruieren zu können? oder konkreter, was<br />
den slam betrifft, wäre 1e teilnahme der rap vorstellbar, die<br />
den auftrag der teilnahme übererfüllend zelebriert? debord<br />
fordert für die situationisten, eine revolutionäre alterna-<br />
tive zur herrschenden kultur zu bieten und dafür alle for-<br />
schungen zu koordinieren, durch kritik und propaganda die<br />
fortgeschrittensten künstler und intellektuellen aller länder<br />
dazu zu bringen, zwecks gemeinsamer aktion den kontakt zu<br />
uns herzustellen. im gegensatz zur temporären autonomen<br />
zone verlangt also der obersituationist, etwas die situati-<br />
on überdauerndes zu schaffen, eine organisatorische und<br />
argumentative struktur von der aus situationen überhaupt<br />
erst weiterentwickelt werden können. was nach luhmann<br />
jene kommunikation gegen kommunikation definierte, die<br />
das system mit der realität überhaupt erst in beziehung<br />
bringt, in zugegeben gewagter paraphrase…<br />
hmx:<br />
geht man davon aus, dass systeme //wie u.a. rbk weiter<br />
oben bereits ausgeführt hat// kritik in sich aufnehmen<br />
bzw. durch modifikation abändern, so kann das an einem<br />
kurzen bsp. folgendes heißen: die 68er-bewegung (dass<br />
es eine einheit dieser bewegung nicht gab, soll hier au-<br />
ßer acht gelassen werden) erreicht eine liberalisierung der<br />
zwischenmenschlichen beziehungen. diese errungenschaft<br />
//und hierbei handelt es sich zweifellos um eine errungen-<br />
schaft// schlug in der darauf folgenden zeit um. es ent-<br />
wickelte sich die pornoindustrie, die sich erst aufgrund der<br />
vorarbeiten der 68er entwickeln konnte. das heißt nun:<br />
dem hmx gefällt es sehr, dass er mit seiner freundin so-<br />
viel zusammen wohnen + sexelln darf, wie er will, ohne<br />
hierfür gesellschaftliche sanktionen erwarten zu müssen.<br />
weiters sieht der hmx, das phänomen der ausbeutung im<br />
pornogewerbe.<br />
das heißt wiederum folgerndes: dass nun kritik von den<br />
systemen zur selbstmodifikation und -reproduktion heran-<br />
gezogen wird, ist per se nichts schlechtes. wird kritik aber<br />
in ihr gegenteil verkehrt etc., dann bedarf es wierderum<br />
der kritik. so besitzt kritik innerhalb des systems eine pa-<br />
radoxe //weil systemerhaltende// funktion, was aber nicht<br />
von vornherein gegen kritik und ihr veränderungspoten-<br />
tial spricht. was nun aber zu fragen bleib: wird jede kritik<br />
aufgenommen? wenn nein, aus welchen gründen wird eine<br />
bestimmte /art der/ kritik nicht zur selbstmodifikation des<br />
systems herangezogen? kurz: gibt es kritiken mit selekti-<br />
onsvorteilen?<br />
und damit mich mein körper nicht selbst ausselektiert,<br />
nehme ich einen kepab in mich auf.<br />
aber vorher noch kurz zur methodenfrage: übererfüllung<br />
als subversion - ja? - nein? die methode der übererfüllung<br />
ist insofern problematisch, als sich die kritisierten wie auch<br />
die kritiksympathisaten in ihren sichten bestärkt sehen<br />
könnten. und das muss nicht sein.<br />
happa happa jammi jammi ab zum bamukkalle!<br />
rbk: so wünscht man von fern frohes speisen, nicht ohne<br />
methodenfrage im blick. die explosion der porno-indus
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trie allerdings an 68 zu koppeln, könnte knapp daneben-<br />
gehen: mit 68ff. war für einige zeit das erotische moment<br />
mit der linken, ging der schwarze peter der langeweile an<br />
die in bürofluchten kasernierten kapitalarbeiter, über die<br />
man schon seit den 50ern in hollywoodfilmen zu scher-<br />
zen beliebte. gerade deshalb wird die befreiung des sex<br />
als liberalisierung des marktes umgesetzt, also mit dem<br />
thema der widerstand eingefangen & zu maximalen ren-<br />
diten transformiert. aufkauf der attraktionen, & börsen-<br />
werte die sexy sind, shows in denen frischfleisch um die<br />
wette läuft um als schönchen oder singschöhnchen auf der<br />
rampe stehenzubleiben, nicht ausselektiert zu werden son-<br />
dern mitspielen zu dürfen, das alles kombiniert sich zum<br />
bekannten spektakel, dem schon die situationisten auf der<br />
spur gewesen sind, vor 68. eine tendenz die zur wucherung<br />
neigt, zur leeren überbietung die sich z.b. ganz hübsch an<br />
video-clips von gangsta-rappern seit mitte der 90er able-<br />
sen lässt: immer grössere mengen immer weniger beklei-<br />
deter strandhasen drängen sich um immer aufgeblasenere<br />
herren deren immer dickere finger, von immer dickeren<br />
goldringen geziert, an immer pralleren hintern nach dem<br />
gewicht der welt suchen, bestenfalls aus lamborghinis her-<br />
aus. der aus solchen clips springende realismus findet seine<br />
entsprechung in monatlich überbotenen höchstmassen<br />
von luxusyachten der milliardärsklasse, auf denen die<br />
immer grösseren pools noch immer das lustzentrum der<br />
seefahrt repräsentieren dürfen: ein schiff ist eine wanne, in<br />
der sich magnaten mit models vergnügen. der sexus also ist<br />
ausverkauft, hatte aber schon immer mit geld zu tun, sonst<br />
würde der volksmund die prostitution nicht das älteste ge-<br />
werbe der welt nennen.<br />
aber zur methodenfrage, die hmx vorm kebap stellt: mit<br />
debord wollte ich nur auf den sachverhalt kommen, dass<br />
auch das situationieren eine wissenschaft ist: wenn rap<br />
einszweidrei nun in die reflexive phase geraten, also bereits<br />
als spieler definiert an historischen aktionen gemessen &<br />
entsprechend bewertet werden (was p, die seniorengruppe<br />
winkt von den bänken, seit solitude etc. in vergleichbarer<br />
weise geschehen ist), kann entweder weiter improvisiert<br />
oder von nun an theoretisieret werden. theorien allerdings<br />
errichten hierarchien, etablieren ausserdem den unter-<br />
schied zwischen gestern und heute, also dem was man<br />
machte und dem was man macht um weiter machen zu<br />
können, plötzlich lugt geschichte aus der unmittelbarkeit<br />
& will 1 wörtchen mitreden, schon finden sich welche die<br />
jünger sind & solche selbstverstrickung von sich weisen,<br />
ganz authentisch & unbeschwert zu werke gehen eigener<br />
einschätzung nach. die sich dann womöglich fragen wer-<br />
den, wenn rap einszweidrei irgendwann zu ihnen kontakt<br />
aufnimmt, was die denn überhaupt wollen, ob sie evtl.<br />
frischfleisch brauchen auf den eigenen morschen knochen<br />
etc pp. …<br />
sts: na wusch da geht was weida.<br />
dass rbk von selbstverstrickung spricht im angesicht von<br />
reflexionsebenen-einzug, auffällig; auch, dass die verstri-<br />
ckung da implizit n notwendiges stadium bildet: im (film-<br />
artigen) abrollen dessen, was zwischen (gruppen-)subjekt<br />
und welt spielt, generation um generation, ein plateau ums<br />
nächste... am ende sehen wir uns einem organischen vor-<br />
gang gegenüber, warimmerso, wirdimmersogewesensein,<br />
und was das grimme drachenhaupt erhebt, mit der grol-<br />
lenden behauptung, die GESCHICHTE zu sein, stellt sich<br />
bei näherer begutachtung als der traurige rübezahl einer<br />
EWIGEN WIEDERKEHR heraus. strukturell konserva-<br />
tiv, der kerl, sag ich euch.<br />
auch scheint es mir nicht das privileg von THEORIE,<br />
hierarchien aufzustellen. deutung, ganz untheoretische,<br />
im sinne blindwütigen behauptens, kann das auch. lässt<br />
sich vieles erproben, mit solchem wissen, am eigenen<br />
fleisch, am fleisch der stadt, der mitmenschen. sagen wir<br />
„situationen“ zu den elementen dieser vielheit... der vollständigkeit<br />
halber ist festzuhalten, dass uns solches erproben,<br />
bloß weil es sich des irrationalen bedient, dann nicht<br />
der rationalen reflexion auf die ergebnisse enthebt.<br />
rbk: der strukturkonservative sei ich, rübezählend? wäre<br />
ich, hätte ich gesagt, was sts folgert. aber: das reklamierte<br />
wort ‘selbstverstrickung’ weise ich jenen jüngeren als kritik<br />
der altvorderen zu, die deren theoretischer bewegung mit<br />
fundamentalverwurf entgegensteht: weil theorie entweder<br />
hierarchisch oder wirkungslos, nach dem aktuellen netz-<br />
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werkdenken, ist sie selbstverstrickt & den pragmatischeren<br />
bemühungen um geltung weit genug unterlegen, sie verwer-<br />
fen zu können. so ungefähr hab ichs jedenfalls einigemale<br />
fast wortgleich vernommen, an den tischen der ‘jungen’,<br />
z.b. in graz. die in ihrer a-theoretischen position & dem<br />
fast vollständigen um-manchen-preis-mitspielen-wollen<br />
(im literaturbetrieb, auf den alternativen wie den etablier-<br />
ten ebenen möglichst zugleich, und alle gemeinsam vom<br />
odeur der gleichaltrigkeit umfangen) tatsächlich so weit-<br />
gehend mit der traditionslinie brechen, dass von konserva-<br />
tiver kontinuität keine rede sein kann: jung-sein wird nicht<br />
gegen die alten reklamiert, sondern von ihnen & mit ihnen<br />
zugleich als zu fördernder eigenwert betrachtet, als leitbild<br />
zu einer zeit da jung (mit den konnotationen dynamisch,<br />
aktiv, unschuldig etc: „für sich genommen ist die ‘jugend’<br />
ein werbemythos, der mit der kapitalistischen produkti-<br />
onsweise als ausdruck ihrer dynamik bereits tief verbun-<br />
den ist. dieser illusorische vorrang der jugend wurde mit<br />
dem wiederaufschwung der wirtschaft nach dem zweiten<br />
weltkrieg möglich, als eine ganze schicht von leicht beein-<br />
flussbaren konsumenten massenweise zugang zum markt<br />
bekam, eine rolle, die mit einem patent auf die integra-<br />
tion in die gesellschaft des spektakels ausstattet.“) einen<br />
der letzten nichtmonetären begriffe der globalen marktideologie<br />
repräsentiert, etwas das ausserhalb des futurismus<br />
vielleicht noch zum denkfundament des faschismus<br />
passt: da zittern dann wirklich die morschen knochen…<br />
eine auf verlust von werteverbindlichkeit reagierende autosuggestion<br />
die sich gruppenweise im glauben verstrickt,<br />
dass am jungszenewesen die literarische welt genesen werde,<br />
weshalb man unbesehen & kenntnislos den ballast<br />
der geschichte(n) über bord wirft um allenfalls deutungen<br />
(gern als vorurteile, die sich merkwürdigerweise mit den<br />
sichten von populisten decken) auf den eigenen bauch zu<br />
projezieren, in dem etwas auswärtsdrängt. dabei kommt<br />
meist wenig mehr heraus als die antizipierende persiflage<br />
des marktes mit augenzwinkernden speichelfäden beim<br />
hasch-mich himmelwärts. wäre dergleichen die historische<br />
regel, wären wir freilich aus den höhlen nicht weit herausgekommen,<br />
bzw. nur bis zu den teichen, die sich als spiegel<br />
benutzen lassen.<br />
vom privileg der theorie, hierarchie zu generieren, sprach<br />
ich ebenfalls nicht: nur dass, wo überhaupt unterschieden<br />
wird und in der unterscheidung entschieden, in der entscheidung<br />
geschichte gesetzt, ein unterschied entsteht mit<br />
dem umzugehen ist: insofern alle entwicklung in solchen<br />
denkbewegungen steckt die sich aus den begriffen erheben,<br />
ist also freiheit gegen theorie keine, & enthierarchisierung<br />
im deutungsbereich errichtung von vorwissenschaftlichen<br />
mustern der welterkennung.<br />
hmx: //zwecks kontext (vulgo: drumherum), der feinen buchstaben<br />
nebst sätzchen, die aus des hmxens händchen herausauswinken,<br />
sei bemerkt, dass er //= der hmx// kein pressesprecheramt<br />
von der wounderbaren aktions- und terrorgruppe r.a.p1.<br />
hoch 2 (= rotes armee partizip 1 hoch 2) verliehen bekam,<br />
sondern dass es sich bei besagten hmx nur um einen sympathisanten<br />
besagter gruppierung handelt. als solcher spricht er aus<br />
seinen fingern nur als beobachter (entsprechender ordnung),<br />
spricht vom hörensagen, spricht mit zweiter hand, spricht aus<br />
first-person-auge-um-auge-kontakt u.ä. //<br />
theorie als hierarchiegenerator oder doch nicht oder vielleicht<br />
doch ein bisschen oder besser als differenzmacher?<br />
das stadium der reflexion vor sowie nach geplanter sowie<br />
vollbrachter tat = ein unerlässliches, denn erst durch analyse<br />
der ziele, der kontexte, der möglichkeiten etc. kann<br />
eine punktgenaue intervention „gelingen“, bzw. können<br />
durch denken (event. mit gehirn u.ä.) etwaige unschärfen<br />
erkannt + für zukünftige interventionen vorgebeugt (= ca.<br />
bowing down) werden. natürlich bedarf es nicht nur der<br />
analyse, sondern auch der notwendigkeit des lustvollen<br />
handelns.<br />
theorie schafft in diesem prozess nun durchaus differenz<br />
(im sinne einer differenztheorie: also bedingung der möglichkeit<br />
der unterscheidung zweier möglichkeiten). theorie<br />
bedeutet hierbei, sich für (= gegen) etwas zu entscheiden<br />
und dies gleichsam an einer probebohrung (vgl. „hmx“<br />
oben) zu erproben: gucken was passiert bzw. augen benutzen,<br />
um zu sehen, ob das hirnchen die reaktion vorauszusagen<br />
vermochte.<br />
dass bei planung und dürchführung von interventionen<br />
arbeitsteilig vorgegangen wird, ist notwendig, aber jegli
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verfahren<br />
che entscheidungen über das wie nebst was + wann der<br />
intervention werden von der r.a.p1.hoch 2 ausschließlich<br />
einstimmig bestimmt bzw. werden im kollektiv methoden<br />
und mögliche theoretische vorgehensweisen etc. analy-<br />
siert. eine solche vorgehensweise verlangt notwendigerwei-<br />
se kleine bis fuzzikleinste strukturen; aus diesem grunde<br />
nimmt r.a.p1.hoch 2 keine mitglieder in ihre gruppe auf,<br />
behält sich aber vor, sympathisanten zu offiziellen sympa-<br />
thisanten zu ernennen.<br />
rbk: …in meiner badewanne / da bin ich kapitän / kann<br />
die welt von backbord / bis zu den zehen sehn…<br />
hmx: + voll vor den bug + gleich run ans eingemachte<br />
kann-önchen + ab geht der fahnenbruch. wenn badewan-<br />
nen räder bekommen und nicht nur in bäder zum zwecke<br />
des bla-bla-blantschens rumhängen und die räder dazu<br />
genutzt werden, um ausflüge und ausfahrten auszufah-<br />
ren, dann kann aus badewannen seltsamstes werden. (vgl.<br />
event. piratenboot, stein, überschallflugapparat, etc.) bade-<br />
wannen sind nicht zum baden da, so eine alte dada-weisheit.<br />
(in: der allllllergrößte superdada lehrt seinen angestamm-<br />
ten häfenbrüdern das ersteigen einer leiter mit hilfe eines<br />
selbsterlebten schürhakens, 1921)<br />
//in erwartung des mic henzeschen nachladens//<br />
mic: aus kriminalpolizeilicher sicht ist betreffs letztver-<br />
merk wg. gebrauchs von schürhaken, piratenbooten, stei-<br />
nen & weiterem aufmerksamkeit geboten. ausfahrten in<br />
mit rädern ausgestatteten badewannen fallen hingegen<br />
unter ordnungspolizeiliche aufsicht, es dürfen derglei-<br />
chen fahrzeuge ohne allgemeine technische abnahme &<br />
zusatzausstattung mit entsprechenden warntafeln etc si-<br />
cher nicht auf öffentlichen strassen in betrieb genommen<br />
werden. ausnahmen wären karnevalsumzüge usw., wenn<br />
öffentliche verkehrswege der sondernutzung überlassen<br />
werden & die aufsichtspflicht bei den organisatoren der<br />
veranstaltung liegt.<br />
6. art & rev.<br />
rbk: aus dem entehrenden sklavenjoche des allgemeinen hand-<br />
werkertums mit seiner bleichen geldseele wollen wir uns zum<br />
freien künstlerischen menschentume mit seiner strahlenden<br />
weltseele aufschwingen; aus mühselig beladenen tagelöhnern<br />
der industrie wollen wir alle zu schönen, starken menschen<br />
werden, denen die welt gehört als ein ewig unversiegbarer<br />
quell höchsten künstlerischen genusses. zu diesem ziele bedür-<br />
fen wir der allgewaltigsten kraft der revolution, denn nur die<br />
revolutionskraft ist die unsrige, die an das ziel hindringt…<br />
(richard wagner)<br />
sts: autsch!<br />
at midnight, all the agents /<br />
and the super-human crew /<br />
come out and round up everyone /<br />
that knows more than they do /<br />
then they bring them to the factory /<br />
where the heart-attack machine /<br />
is strapped across their shoulders /<br />
and then the kerosene /<br />
is brought down from the castle /<br />
by insurance men who go /<br />
check to see that nobody is escaping /<br />
to desolation row<br />
rbk: merkwürdig, den sts hier anzutreffen, in der nacht<br />
zum 09.07.07 hätten wir ihn mit geballter faust in besetz-<br />
ten gebäuden vermutet, sagen wir in der dritten schulnacht<br />
unweit des bades zur sonne? es ist für uns selbstverständlich<br />
zur zeit nicht leicht, eine solche wette einzugehen: aber sollten<br />
wir auch 1<strong>00</strong>0x verlieren so haben wir doch keine andere<br />
progressive haltung zur auswahl, debord debord, aus dem<br />
umfeld der besetzung erreichen uns funkmeldungen, but<br />
how beautiful it had to be, sending telegrams without wires,<br />
sometimes i threw stones against the isolators high above, and<br />
it so happened that i smashed some of them really well, i must<br />
confess, in tandem with other vandals, manche chefs sind<br />
übers weekend nicht zu erreichen stecken im stau, funk-<br />
12
12<br />
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
meldungen, by the most remote stations, yes comrades, this is<br />
the cry that crosses all space, mühsal & sklaverey, merkwür-<br />
dig, nur starke menschen kennen die liebe , nur die liebe<br />
erfasst die schönheit , nur die schönheit bildet die kunst<br />
(richard wagner), funkmeldungen, hagen & krimhild to<br />
substitute for human psychology, now exhausted, the lyric ob-<br />
session with matter: to capture the breath, the sensibility, and<br />
the instincts of metals, stones, funkenflug. „ihr dürft nicht<br />
die bürgerlichen ästheten nachahmen, die versuchen alles<br />
auf das schon getane zu reduzieren, weil das schon getane<br />
sie nicht stört; ihr wisst dass 1 werk niemals rein ist“ (guy<br />
debord). natürlich bedarf es nicht nur der analyse, sondern<br />
auch der notwendigkeit des lustvollen handelns? but no-<br />
body is escaping the factory, hart attac maschin & lustvoll<br />
handln (not!wendig!), they regarded the machine as the mas-<br />
ter regards the slave—the machine is there, somewhere else,<br />
and it works. they were forgetting only one thing, that it was<br />
they who had signed the order form (jaques lacan). „wir spra-<br />
chen in der factory immer von sex, das heisst wir sprachen<br />
davon. als wir nach frisco kamen, gabs da jede menge her-<br />
umgeficke, rudelbumms & inszenierte orgien, wir waren<br />
etwas befremdet, machten aber zwangsläufig mit. die leu-<br />
te haben auch geredet mit uns, also sie sagten andauernd<br />
wow!, 1<strong>00</strong>0x am tag sagte einer wow! zu dir in frisco, also<br />
wow! ist eigentlich kein sonderlich komplexer satz, oder?“<br />
(oral history, nyc)<br />
sts: wenn der sts pause macht vom auf-der-mauer-sitzen<br />
resp. emanzipatorisch herumgschaftln, dann geht er on<br />
line und freut sich übers kv. auch: dass diese wunderbare<br />
schule, vor der da die party ab- und in der da was wei-<br />
ter-geht, ein seltener glücksfall ist, was atmosphäre und<br />
planung und akzeptanz betrifft. & wie die bullizei sich<br />
zurückhält. aber für ästhetische debatten, so mit schwer-<br />
gewicht wagnerchen u dgl, ist der sts zu müd, deshalb bob<br />
dylan, und deshalb auch jetzt nix mehr auf den ganzen<br />
factory-komplex. denken is arbeit. & übrigens is der hmx<br />
auch vor ort. der brave.<br />
rbk: party, guter begriff, räume die unsere grundbedürfnisse<br />
darstellen, werden der kapitalistischen verwertungslogik un-<br />
terworfen (communiqué des besetzerinnenplenums 070707,<br />
04.50h: night hawks), fein beobachtet, 1 seltener glücks-<br />
fall, verwirklichung alternativer kultur- kunst- & wohnideen<br />
(c07 3 ) aber für ästhetische debatten zu müd stattdessen<br />
dylan, hier & jetzt beginnt das neue (c07 3 ), für 1 haus für 1e<br />
stadt für 1e welt ohne, this city is our city, this house is mine<br />
venedig, wohnen, gratiswaschen, proberäume, ateliers, wir<br />
haben nicht darüber geredet, aber alles was nicht rassistisch<br />
sexistisch homophob oder sonstwie hierarchisch ist, ist will-<br />
kommen, 1 umsonstladen für antikapitalistische ansprüche (3<br />
stk. pro person), venedig, 1 café ohne konsumzwang, zapatis-<br />
tisch, experimentelle beziehungen, der umgang soll anders als<br />
kapitalistisch gestaltet werden, hierarchieabbau, andere als<br />
herrschaftliche beziehungen zueinander aufnehmen (mithör-<br />
protokoll der forderungen der sprecherInnen der besetzer<br />
im radio helsinki 090707), imaginiere die überführung der<br />
rap einszweidrei binnenstruktur auf venedig, das schulhaus<br />
sankt andrä in graz, aber für ästhetische debatten zu müd,<br />
alles was nich voll krank is kann kommen, aber wir habn<br />
nicht drüber geredet (sprecherin auf helsinki), ‘emanzipa-<br />
torisch herumgschaftln’ schreibt sts, last night the wind<br />
was whisperin‘ somethin’ – i was trying to make out what<br />
it was \ i tell myself something‘s comin‘ \ but it never does:<br />
dylan stattdessen, lonesome day blues (diese wunderbare<br />
schule), aufdermauer aufderlauer (sitzt ne kleine wanze.<br />
seht euch nur die wanze an, wie die wanze tanzen kann! ‘&<br />
wie die bullizei sich zurückhält’) in venedig, junge leute \<br />
wenn ihr irgendwie zum spiel und zur \ selbstüberwindung<br />
fähig seid \ ohne besondere vorkommnisse \ klug oder schön<br />
\ ihr könnt mit der geschichte gehen \ mit den situationisten<br />
\ nicht anrufen; schreiben oder vorsprechen \ bei grenadier-<br />
gasse 2 ecke kerngasse, 8020, „der adventurous playground<br />
ist ein überdimensionierter, ausufernd raumgreifender<br />
kinderabenteuerspielplatz, welcher auf erwachsenengröße<br />
und -proportionen angewachsen ist. die formsprache eines<br />
‘normalen’ spielplatzes zitierend, werden die einzelnen elemente<br />
und geräte in ein alles verbindendes geflecht von<br />
seilen, netzen, wippen und schaukeln integriert“ (rohrpost<br />
1<strong>00</strong>707, 01.27h, das australische team time‘s up verlegt<br />
mit projektresidenz sein „labor für die experimentelle herstellung<br />
von situationen“ ins podewil berlin), party die ab
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verfahren<br />
damit was weiter geht: „die situationisten, so könnte man<br />
lefebvres kritik zuspitzen, lösen die dialektik von subjekti-<br />
vierung & objektivierung einseitig zugunsten der selbst-<br />
verwirklichung in mikromilieus auf & verlieren dabei den<br />
blick aufs ganze der gesellschaft & für umfassende lösungen<br />
zu deren transformation. die situationisten wehren<br />
sich gegen diesen vorwurf mit dem argument, dass sie die<br />
einzigen seien die anwendungsbezogen denken & damit<br />
die kritik des alltags praktisch machen…“ („die phantasie<br />
an die macht.“ mai 68 in frankreich)<br />
noch 1 ‘seltener glücksfall’, nach gelegt in sachen kunst und<br />
revolution, der kampfschrift des alt-48ers richard w.: „ein<br />
mann, dessen todestag sich im herbst zum 40. mal jährt,<br />
hat einmal einen grossen satz formuliert: ‘seien wir realistisch,<br />
versuchen wir das unmögliche.’ sie erinnern sich<br />
sicher noch: es war ernesto che guevara de la serna. und<br />
wenn den archetypischen revolutionär des 20.jahrhunderts<br />
auch sonst vielleicht nicht viel mit a.h. verbindet, so doch<br />
der wunsch, sich nicht der normativen kraft des faktischen<br />
zu unterwerfen. […] a.h. hat nie das avantgardespiel mitgespielt,<br />
das so lange auf den feinen unterschieden beharrte,<br />
bis am ende alles eins wurde: grau, abweisend und hermetisch<br />
versiegelt. ein rätselspiel für die besseren stände, die<br />
all ihre gymnasialbildung aufbieten, um die geheimcodes<br />
der kunst aus der eiswüste der abstraktion zu knacken. […]<br />
a.h. hat nie die hoffnung aufgegeben, dass sich in der welt<br />
hinter all den trügerischen verheissungen der warenwelt<br />
und den illusionen von einem richtigen leben im falschen<br />
ein garten eden verbirgt. und mit unermüdlichem eifer bewässert<br />
er dort die tausend blumen, die sich nach seinem<br />
willen zu ornamenten der fantastischen übertreibung ordnen<br />
sollen. a.h.s kunst ist zutiefst demokratisch: sie pfeift<br />
auf elitäre abgrenzung und auf bildungsbürgerliches besserwissertum<br />
und schafft es gerade in ihrem beharren auf<br />
den künstlerischen ausnahmezustand perspektiven für das<br />
allgemeine zu entwickeln.“ (rede für andré heller, von dr.<br />
alfred gusenbauer, der als kind sein taschengeld durch auslieferung<br />
des salates der grossmutter aufgebessert hat)<br />
hierarchie abbau, was atmosphäre & planung & akzeptanz<br />
betrifft auf höchster ebene hier, diese feinen unterschiede<br />
(titel entziffern & umverwenden) des grauens (& all that<br />
shades of blue), fluppen die stände ausm gully (doll was am<br />
fuss) indessen cheheller (aus welchm stand noch kam der<br />
schokoprinz?) ganz ohne abstraktion hoffnung hegt auf<br />
1<strong>00</strong>0 tulpenausamsterdam (begossen im hellerkeller, dem<br />
dungeon des demokratischen poeten von der blumenparadiesvilla<br />
direkt neben dem vittoriale d‘annunzios), voll<br />
hierarchie abbau solang des nich voll krank is, besserwisser<br />
mit gymnasialbildung dafür in die eiswüste der abstraktion…<br />
(sprach schranz nicht, vor jahren, vom überwintern…?)<br />
sts: ja ärst kommt das frässen / dann kommt die moraaal<br />
(man beachte die abwesenheit des dominanten umlauts in<br />
der zweiten halbzeile).<br />
was neu war, ne neue situation, diesesmal, weniger die grillparty<br />
mit tatsächlich hundertfach anwesender nachbarschaft<br />
im innenhof, weniger die klassen-/ sprachen- und<br />
gender-übergreifenden verschwisterungen usw da capo,<br />
sondern vielmehr dieses: die ZOA, die Zentrale Ordnungs<br />
Abteilung. clowns nämlich, die für die gesamte dauer der<br />
besetzung und der räumung folgende fiktion als sichtbarunsichtbares<br />
thater aufführten: dass sie die vorgesetzten<br />
der anwesenden polizisten wären, und mit deren hilfe für<br />
ordnung sorgen wollten, wobei diverse machtkonstellationen<br />
im direkten kontakt ins wanken gerieten und diversen<br />
einsatzleitern der grimme blick zerbröselte...<br />
anderweitig: dass der sozialdemokratische kulturbegriff,<br />
der arme trottel, mir selbst dann lieber wäre als das christlichsoziale<br />
anschmachten von besinnungseliten wahlloser<br />
provenienz, wenn er das hierzulande dominante paradigma<br />
wär, was er nicht ist. natürlich, ist bloß die wahl zwischen<br />
pest und cholera, dieses, aber die cholera macht wenigstens<br />
nicht ganz so hässlich schwarze beulen.<br />
und drittens dann: n freiraum, das heisst auch, hiesse<br />
auch, sehr direkt: n anderes zeitempfinden. ein empfinden<br />
also der geschichtlichkeit des menschlichen handelns. das<br />
zurückwirken muss, als ne neue (oder neu entdeckte) voraussetzungen<br />
jener handlungsweisen, die „ästhetisch“ heissen:<br />
was woanders, auch zweimal schon in diesem ganzen<br />
kontrollverfahrens-thread, die aufhebung von kunst durch<br />
ihre verwirklichung genannt wurde. wo zur autonomen<br />
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kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
zone noch die bestimmung tritt, temporär zu sein. nixda<br />
jetzt aber mit wagnerschen kraftmenschen usw. von we-<br />
gen „vergänglichkeit“. bloß, als ziel von handlungen: kon-<br />
stellationen und orte zu behausen, wo die umsetzung des<br />
ästhetischen impulses praktische und unmittelbare aus-<br />
wirkungen hat, an denen er kritisiert/gemessen/weiterge-<br />
sponnen werden kann…<br />
kv und wirklichkeit, und/oder<br />
kv als wirklichkeit, und/oder<br />
wirklichkeit als kv.<br />
rbk: & das zoa-vorgehen, ‘ordnung braucht kontrolle’,<br />
noch so 1 verfahren, erprobt via volx‘ karawanserey &<br />
auf etlichen gX-antidemonstrationen? schön, wenn das<br />
neu ist: es re-etabliert die hofnarretey, deren freiheit im<br />
aussprechen von zumutbaren wahrheiten bestand, 1 spie-<br />
gel des souveräns der dem narren erst dann den kopf ab-<br />
schlägt, wenn die position der macht wirklich gefährdet<br />
ist [die kultürliche variante heisst ZIA, & wen narren die<br />
inzwischen? sich selbst, vielleicht, oder gelangweilte he-<br />
donisten die anschluss suchen an eine position die keine<br />
ist, aber irgendwie intelligent…]. neu entdeckte handlungs-<br />
weisen, die ‘ästhetisch’ heissen? ‘wir sind gegangen, um wie-<br />
derzukommen, und endgültig zu bleiben’ (nachtrag zur<br />
hausbesetzung, 1<strong>00</strong>707, 03.24h: night hawk), sind dann so<br />
helden wir, wenn auch nicht ganz 3<strong>00</strong> [vielleicht nich ganz<br />
unglücklich dass nach ayurvedischen küchlein & graffiti-<br />
streitln & party machn mal wieder was richtiges passiert,<br />
wenns räumkommando kommt] aber gekommen um zu<br />
bleiben (wir gehn nich aber wenn wir gehn wir in scheibn)<br />
auf der scheibe der Xberger combo ausm jahr 2<strong>00</strong>5, von<br />
hier an blind (wie 1 perfekter fleck: nett, dass drüben im<br />
wrangelkiez sängerinnen die holofernes heissen den blinden<br />
fleck der systeme berühren…).<br />
wenn sts aber auch ausserhalb des post-party-choques an<br />
diesem kulturbegriff (der keiner ist sondern blödes ressen-<br />
timent, diesenfalls) als besserer pest festhält, bekommt er<br />
a watschn von mir (macht also auch beulen dann)… war<br />
er da nicht grade, der sts, versteckt hinter einem konso-<br />
nanten?<br />
sts: ja, da is er. und was heisst hier festhalten? dass (eigende-<br />
finition) massenparteien - also die rosa und die schwärz-<br />
liche clique - sich den luxus reflektierterer positionen zu<br />
*kunstundkultur* nicht gerne leisten, und dass dieser<br />
mangel auf die denkgewohnheiten ihrer exponierteren<br />
mitglieder wirkt, wissma.<br />
rbk: luxus reflektierter positionen? da ist schon reflektiert<br />
worden, nämlich das falsche bewusstsein (nicht der partei,<br />
sondern des vorsitzenden) hat sich in sich selbst gespiegelt,<br />
ein bisschen verkennend wer hier spektakel für wen macht,<br />
und hat damit – nicht untypisch für habituell verunsicher-<br />
te aufsteiger – auf die karte des völkischen vorurteils ge-<br />
setzt (kunst als nebenwiderspruch verkennen – & den ex-<br />
ternen beratern dann zur eventisierung überlassen). mir ist<br />
in diesem zusammenhang übrigens egal, welche grösseren<br />
vorurteile andere vor sich her schieben: es besteht keine<br />
notwendigkeit, den mist der einen über den haufen der<br />
anderen zu hebeln…<br />
sts: ja eh. muss dennoch sagen: wenn ich mit vorgehaltener<br />
pistole gezwungen werde, durch eine von zwei türen zu<br />
treten, hinter der einen gusenbauer, der über heller redet,<br />
und hinter der anderen molterer, der den phantastischen<br />
realismus hochleben lässt... und die entwaffnung des pisto-<br />
lenvorhalters schiefgeht... dann nehm ich tür eins.<br />
was klarerweise geographische ursachen hat: lebe ich doch<br />
auf der seite des semmerings, auf der nicolaus harnon-<br />
courts g‘schau den leitmedien als geradezu emblem von<br />
KULTUR gilt. auch ggf. unter verwendung von schlagzei-<br />
lenkompositionen wie „dämonische zärtlichkeit“. nur echt<br />
mit genialischem schaffensakt. und zweiundfünfzig zäh-<br />
nen. daneben sind die antiintellektuellen sonntagsreden<br />
des gewerkschaftlichen mittelbaus ff. leicht zu ertragen; als<br />
pompöse, blöde, berechenbare, aber – und das ihr relativer<br />
vorteil – als etwas, dass strikt im eben festzelt verbleibt<br />
und mich nicht auf schritt und tritt behelligt.<br />
und wiederhole gerne nochmal: dass die methode der ZOA<br />
was neues generiert hat. neu in dem konkreten kontext, auf<br />
den konkreten gesichtern, auf den konkreten leibern. be-<br />
hauptete nicht, theoretisch neues sei geleistet worden. be-<br />
hauptete neue situation. die war gegeben. nochmal also:
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verfahren<br />
*modus *?* on*<br />
kv und wirklichkeit, und/oder<br />
kv als wirklichkeit, und/oder<br />
wirklichkeit als kv.<br />
*modus *?* off*<br />
rbk: neu, der ableitung oben nach, wäre dann alles, zum<br />
beispiel 1 neuer tag da draussen, über den dächern. auf<br />
diesem meinem konkreten gesicht dieses grau, vom fahlen<br />
licht des lcd-bildschirms überlagert, wie ich davon schrei-<br />
be wie neu das ist. nicht falsch verstehen: es geht hier<br />
nicht um herabsetzung der konkreten aktion, es geht um<br />
die frage wie sie zu interpretieren ist. wer mehr will als<br />
sich spüren, wird vielleicht lernen wollen was das heissen<br />
kann, dass ein autonomes zentrum läuft, für den rest tut‘s<br />
freilich dies: „am samstag lief ab mittag das improvisier-<br />
te haus&hof-fest, mit workshops, grillen, partykeller und<br />
weiterem planen. über hundert menschen kamen zu be-<br />
such, darunter viele nachbarInnen. das neue autonome zen-<br />
trum läuft. die besetzer_innen sind entschlossen das haus<br />
zu behalten.“<br />
bleibt noch die verständnisfrage: wenn in graz 1 venedig<br />
aufgezogen wird & im radio helsinki darüber berichtet,<br />
was heisst dann ‘granada spielen’ vor diesem hintergrund,<br />
oder auch ohne ihn (es soll 1 sprecher der polizei den ver-<br />
sammelten besetzern solches angedroht haben, falls die<br />
sich nicht von selbst verzögen)? bezieht man sich hierbei<br />
auf 1492, als die siegreiche reconquista den mauren freien<br />
abzug & transport übers meer nach marokko gewährte,<br />
oder auf 1499, als erzbischof cisneros auf dem marktplatz<br />
von granada 1en scheiterhaufen für islamische & jüdische<br />
literatur errichten liess, in dessen folge dann die beliebten<br />
pogrome gegen nichtchristen liefen? (modus *?* on)<br />
sts: „granada spielen“ wohl eher in bezug auf „grEnada“,<br />
den 1983 von der USA überrannten karibischen inselstaat,<br />
den der volksmund wohl nicht von der spanischen insel im<br />
mittelmeer unterscheiden kann. oder?<br />
rbk: na wenn der sts den eigenen volksmund nicht kennt<br />
;-)<br />
sts: hab versucht mich schlau zu machen, die redewendung<br />
ist älter als jene invasion, also vielleicht tatsächlich pog-<br />
romgedanken dahinter…<br />
rbk: aber wg. kv & realität: „natürlich gab es auch kon-<br />
flikte im haus und wie so oft zu wenig raum und zeit um<br />
die besetzung und das geschehen vor ort entsprechend zu<br />
reflektieren. besonders die frage von informellen hierar-<br />
chien und die an einem graffiti entbrannte sexismus-dis-<br />
kussion wurden vertagt. das wird auch in den nachbespre-<br />
chungen von bedeutung sein, denn die lernprozesse, die<br />
viele an diesem wochenende begonnen und durchlaufen<br />
haben, dürfen nicht abreißen. gestärkt und um einiges ab-<br />
geklärter und reflektierter werden wir dann in die nächste<br />
besetzung gehen, und die wird kommen!!!“ (nachtrag zur<br />
hausbesetzung…)<br />
‘n anderes zeitempfinden’ hat sts reklamiert, in der situati-<br />
on, die ja 1e in zeit & raum fluktuierende zone generiert,<br />
also 2te ebene einzieht vielleicht. aus dem zu-bewusstsein-<br />
kommen der selbst-erfahrung in der situation wäre aber<br />
flinkst zur vernetzung von erfahrungen überzugehen, man<br />
muss sich schon um den flash der auskopplung aus der re-<br />
gelzeit bringen um weiterzukommen, sonst ist besetzung<br />
wieder nur happening & sich-jung-&-vorhanden-fühlen<br />
geblieben. der ‘wie-so-oft-zu-wenig-raum-und-zeit’ – zu-<br />
stand markiert was wesentlich fehlt: in situationen wie<br />
diese, wir habn ned gredet drüber, nicht zu schliddern, son-<br />
dern sie planen zu können. genau das unterscheidet dann<br />
freizeitgestaltung nach semesterende von neu entdeckten<br />
handlungsweisen, die ‘ästhetisch’ heissen oder politisch sind,<br />
also etwas erleben von der realität. der nachtrag der besetzer<br />
selbst macht transparent, dass dieser mangel zumindest<br />
empfunden wurde. wenn nächstes mal dann abgeklärte &<br />
reflektierte zu den besetzungen kommen, schaltet sich der<br />
modus sicher auf die von sts umträumte wirklichkeit…<br />
sts: will sts bloss nicht missverstanden wissen, dass sich<br />
jung & vorhanden fühlen, davon aber insbesondere das vor-<br />
handen, notwendige vorbedingung ist, um überhaupt erst-<br />
mal zu wissen, was man da planen könnte, und wofür. und<br />
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kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
kontroll<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
umträumt sagt rbk, meint, sts mache den flash sprachlich,<br />
den das gibt, sich so und so zu fühlen, auch ne notwendige<br />
vorbedingung späteren planens solches sprachmaterial,<br />
aberaber: ob da die vokabel von den träumen, den din-<br />
gern, von denen bekanntlich geklärt ist, sie wären keine<br />
versprechungen, nicht n zu schwacher karabinerhaken ist<br />
zum einhaken…<br />
auch wieder in den nach-reflexionen: das alte linke para-<br />
doxon: organisation, die hierarchische veranstaltung, ge-<br />
gen hierarchie in stellung zu bringen. wenn wir n freiraum<br />
wollen, und formulieren, wofür und für wen, ist gleich<br />
mal n ausschlusskriterium formuliert, nichts hiergegen,<br />
bloß wer interpretiert und exekutiert das dann? erinnere<br />
ne aktion vor jahren, SUb-im-FORUM-party, wochenlan-<br />
ge plena usw usf, und dann hängt n grundsympathischer<br />
mitmensch bei der veranstaltung so bildchen auf, die an-<br />
tisexistisch gedacht waren, braunkreide-abmalungen von<br />
wichsheftln, portraitformate, so methode „lächerlichma-<br />
chung einer darstellungsweise durch überhöhung in den<br />
style des 19. jhdts“, kam bei ca. 50 prozent der anwesenden<br />
so an wie gemeint, fandens die anderen 50 prozent aber<br />
bloß affirmativ deppert, und wer hat jetzt recht, hä? 2<strong>00</strong><br />
leute vorm forum diskutieren, was die veranstaltung ret-<br />
tete war der kompromiss, die bilder JETZT abzuhängen,<br />
aber nachher, bei der diskussion über allerlei themen, die<br />
auch im programm stand, die bilder zu thematisieren und<br />
DA auch herzuzeigen, und nu: stehen sich nicht auffas-<br />
sungen davon gegenüber, was gewollt werden kann, son-<br />
dern solche davon, was n taugliches mittel ist.<br />
schreien bei so anlässen dann die, die es immer schon<br />
gewusst haben wollen, „die linke“ wäre „repressiv“, „lust-<br />
feindlich“, „ironieunfähig“; jene anderen, die haupsächlich<br />
für die legalisierung von dosenbier anzutreten scheinen,<br />
konstatieren beschwipst, so gehe nix weiter, jaja, da müsse<br />
einfach jedeR machen, wie er/sie glaube, und wer den ge-<br />
brauch des wortes „fotze“ als schimpfwort zu diskutieren<br />
versucht, sei n überheblicher hirnwichser; und die dritten<br />
dann aufm plenum bis alle fragen geklärt sind, freilich<br />
nur zur zufriedenheit derer, die die beste goschn haben, da<br />
capo ad absurdum, das alte paradoxon eben.<br />
der sts ohne lösung, aber mit dem hinweis, das die be-<br />
schreibung des je eigenen umträumens, wie rbk es pole-<br />
misch nennt, der wirklichkeit zumindest die möglichkeit<br />
in den raum stellt, die voraussetzungen aller beteiligten zu<br />
klären, was freilich selbstdisziplin braucht – herrschaftsfrei-<br />
er diskurs, selbst wenn er mal glückt, macht die dinge nicht<br />
einfacher, sondern komplizierter.<br />
ach ja: das wörtchen NEU: wäre mal relevant, zu diskutie-<br />
ren, wie da die kriterien anzulegen wären. WEIL: haben<br />
wir einerseits die erlebenden subjekte, für die bald mal<br />
was NEU ist, eben zum beispiel die ZOA-intervention, die<br />
(dem sts, dem rbk, und einigen hundertschaften rundu-<br />
madum) bereits bekannten strukturen folgt. haben wir an-<br />
dererseits das theoretische up-to-date-bleibe-gebot. (a) wie<br />
sehr, wenn wir uns bloß an zweiterem orientieren, begeben<br />
wir uns in die bereits kv-notierte gefahr, die ursprünge und<br />
herschreibungslinien unseres gegenwärtigen standpunktes,<br />
statt sie bewusst greifbar zu haben, bloß (und ggf. falsch)<br />
zu memorieren? (b) aber auch, was aus ersterer feststellung<br />
dräut, wie groß die gefahr des blanken schnellschuss-ak-<br />
tionismus, der bloß noch ausm fundus auf die subjekte<br />
schleudert, was grad ungefähr passen könnt? (c) und also:<br />
in diesem gegensatzpaar: was wäre da die synthese?<br />
rbk: vorhanden ist man aber schon 1e weile, wenn da phi-<br />
losophen die an ihren dissertationen basteln & diffizile<br />
spasswiderstandsgruppen bilden neben programmverant-<br />
wortungtragenden mitgliedern des forum stadtpark auf der<br />
mauer der grenadiergasse sitzen (& wie war das noch, bei<br />
der instandbesetzung des stadtparkcafés zu künstlerischen<br />
zwecken, 1959?), um nur 2 beliebig herausgegriffene kv-be-<br />
teiligte beispielhaft nennen zu wollen. wissen wofür, soll-<br />
te da bei 1em kern der teilnehmenden nicht sein was sich<br />
bestenfalls aus der aktion ergibt: häuser besetzt man z.b.<br />
mit vorsatz der mehr sein darf als das aufholbedürfnis, z.b.<br />
auch mal in graz sowas gemacht zu haben um nicht immer<br />
so blöd dazustehen in wien, oder anderswo, wg. pensiono-<br />
polis. wenn bei einer mehrtägigen aktion übrigbleibt, da<br />
zum wesentlichen irgendwie nicht im ansatz gekommen<br />
zu sein (keine zeit, keine zeit), weil man sich zwischen par-<br />
ty & 10.<strong>00</strong>0ster sexismusdebatte diese zeit vertreibt (was
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diesenfalls beides aspekte desselben sind: tun was man<br />
draufhat ohne voraussetzung, also voll antihierarchisch<br />
aber verzichtbar weil nichts neues geschieht, nichtmal neu-<br />
es für 1en selbst: sexismusdebatten auf dieser ebene waren<br />
schon vor 20 jahren die abgefuckteste möglichkeit, nicht<br />
politisch argumentieren zu müssen), dann fängt die arbeit<br />
jetzt an, das denken z.b., kann man dankbar sein dass die<br />
veranstaltung von der eventkarawane bundespolizei (mit<br />
der zumindest systemisch längeren erfahrung, was durch-<br />
führung solcher aktionen betrifft) pünktlich genug aufge-<br />
löst wurde, um den totlauf fürs erste zu verhindern, noch<br />
genug kraft stehen zu lassen für 1 besseres nächstes mal.<br />
worauf es ankommt dann, ist erfahrung genug akkumu-<br />
liert & fürs pragmatische 1 paar taktiken bereitgelegt zu<br />
haben, die asymmetrie ausgleichen oder ausnutzen helfen.<br />
arbeit also, falls das widerstand sein soll, oder intelligentes<br />
spiel mit den möglichkeiten (1 spiel dann aber, dass sich<br />
in autonomen regeln generiert, nicht bloss herumspielt am<br />
vorhandenen).<br />
die debatten über lächerlichmachung durch überhöhung<br />
wären dann auch mal systemisch zu betrachten: die im-<br />
mergleiche übung, auf halbwegs erkannte konstellationen<br />
durch ironische wiederholung zu reagieren, oder durch<br />
einfachen verwurf derselben (was dann den immerglei-<br />
chen scheinkonflikt zwischen diesen beiden reaktionen<br />
evoziert), ist nur unmittelbarer reflex. fragen wir uns, war-<br />
um derart kurzgedachtes inzwischen auch den kunstbe-<br />
trieb dominiert (ob nun kunst oder theater oder literatur).<br />
dass endloses veralbern (nebst veralberns des veralberns,<br />
haha) zwar der triebabfuhr dient, heisst eben abfuhr auch,<br />
also verklappung wo sortieren & richten die dinge ändern<br />
könnte.<br />
der nachholbedarf, der besteht, ist einer des denkens:<br />
verkümmerte kunstbegriffe & verstümmeltes politisches<br />
denken beharren darauf, wenigstens so nicht beeinflusst<br />
zu sein, ganz unmittelbarer ausdruck vom jeweiligen ich.<br />
wenn abgrenzung nicht reflektiert betrieben wird, sondern<br />
blind exekutiert (nach dem motto, i weiss zwar nix über<br />
was war & wogegn i bin, aber mir sand besser, mir sant jetz,<br />
dees gschpüür i doch), entwickelt sich nichts, sondern bestä-<br />
tigt & beschränkt sich selbst, ceterum censeo.<br />
& das umträumen muss nicht so polemisch gelesen wer-<br />
den, weil es den sts‘schen begriff der wirklichkeit nur um<br />
das ergänzt was er ja selber meinen will, als möglichkeit.<br />
herrschaftsfreier diskurs heisst im übrigen auch, sich von<br />
den eigenen voraussetzungen emanzipieren zu können.<br />
das scheint im widerspruch zu stehen zur identität die<br />
man haben will hier & jetzt, dabei verkennend dass sie sich<br />
überhaupt erst entwickelt als arbeit am selbst & mit ande-<br />
ren. zeit ist eine dimension von eminenter bedeutung, für<br />
synthesen z.b.…<br />
sts: …und mit gutem grund hat der sts das wort IDEN-<br />
TITÄT vorhin nicht benutzt, und spricht caesarisch vom<br />
text-ich in der dritten person. rufzeichen. der ablehnung<br />
des gschpürens als an sich politischer kategorie bei rbk ist<br />
beizupflichten, der konstatierung hingegen, der eingriff<br />
durch die polizeitheaterkarawane sei rechtzeitig erfolgt,<br />
eher nicht. denn durch diesen eingriff haben sich alle er-<br />
wägungen zu der konstellation, wie sie da geherrscht hat,<br />
und zu den situationen, wie sie greifbar gewesen sind, ins<br />
konjunktivische verlagert. jetzt hätten sie herrschen kön-<br />
nen, die konstella-, und wären greifbar gewesen, die situ-<br />
ationen.<br />
zeit für synthesen? sts stellt sich versuchshalber blöd und<br />
wills genauer wissen.<br />
rbk: was will sts versuchshalber genauer wissen? zu welchen<br />
synthesen die besetzer gekommen wären, wenn sie vor der<br />
nächsten besetzung zeit auf entwicklung 1er theorie der<br />
praxis verwendet hätten? fragt er sich hoffentlich selbst,<br />
also 1 text-ich das andere? modus ‘modus on’ off, the li-<br />
mits?<br />
sts: und off limits verwiesen also die versuchsweise blöd-<br />
heit. scheints gleich mit: die vermutung, zu 1er theorie der<br />
praxis zu kommen brauchen die diversen ichs, seien sie in<br />
einem oder in mehreren menschenfleischs inkorporiert,<br />
eben nicht nur den denk- und dischkurier-raum, sondern<br />
auch noch was anderes, also die sozusagen reibungsfläche<br />
zum indikativischen. – ne umgebung, in der die hand-<br />
lungsvoraussetzungen, sagn wir modi, experimenteller na-<br />
1
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kontroll<br />
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tur sind und nicht alterprobt-unhintergehbar, wo sie auch<br />
mal RASCH sich ändern lassen (1 plenum dauert immer-<br />
hin nicht so lange wie 1 komplette neue besetzung): zb so<br />
ne umgebung wie ein-haus-ein-kunterbuntes-haus.<br />
wenn rbk aber meint, es stünde zuvörderst mehr analyse<br />
statt mehr gschaftlhuberei an, wo erst drei tage und ein<br />
polizeilicher abtransport vergehen müssen, bis n konsens<br />
zu sachverhalten formuliert wird, die schon dreissig jahre<br />
oder so rumschwirren, hat er natürlich recht.<br />
rbk: integrierte praxis vielleicht, also das gschaftln nicht<br />
als antitheoretisch bessere wirklichkeit überheben & sich<br />
öffnen für den reiz reflektiert-reflektierender aktion, als<br />
welche ja situation sich entfaltet dann. buntheit übrigens<br />
hübsch als regenbogen über dem nachbardach, prisma<br />
dann, optischer effekt. effekte immer gut für den affekt.<br />
historische erfahrung hilft vielleicht, buntheit zu über-<br />
setzen, also das gitter zu definieren durch das soviel licht<br />
dann fällt. ob soziologisch das buntkuntre haus grössere<br />
varianz aufweist alsn plattnbau in marzahn, wäre z.b. zu<br />
überprüfen, spasseshalber. also sich nicht auf den leim<br />
gehn, was kuntbunter heisst.<br />
irgendwann letzte nächte berlin chamissoplatz von 1980<br />
im staats-tv, anwohnerkomitees wehren sich gegen abriss<br />
& luxussanierung, kämpfen für bezahlbaren wohnraum<br />
& einer der beauftragten architekten verliebt sich in eine<br />
der aktionistinnen, liefert information & unterstützt. die<br />
aktionistin, 1e studentin kurz vorm abschluss (dialog: was<br />
studieren sie? — soziologie — also arbeitslos nach dem<br />
studium…) fährt mit ihm ans italische meer wg. liebe,<br />
indessen der verprellte ex dem arrivierten rivalen 1 biss-<br />
chen das wort verdreht, in seiner kampfpostille. beim hof-<br />
fest des komitees dann die buntheit der anwohnerInnen,<br />
auch die alte dame von gegenüber kommt auf 1en sprung<br />
vorbei. der architekt liest postille & schüttet 1 glas wein<br />
ins gesicht des ex, setzt sich in den saab & fährt ab. die<br />
geliebte, heimlich schwanger vom ex, leiht sich 1en käfer<br />
& fährt hinterher. über der hofeinfahrt das wort ende, im<br />
hintergrund das fest. p.s.: der chamissoplatz, berlin-kreuz-<br />
berg, wurde behutsam saniert, wohnen jetzt architekten<br />
& psychologen nahe der alternativen ausgehmeile berg-<br />
mannstrasse zu günstiger miete. könnte auch die soziolo-<br />
gin drin wohnen, oder die schauspielerin die damals die<br />
angehende soziologin spielte…<br />
hmx: //sich im schönsten (natürlich frischest gewaschenem)<br />
+ feinsten feinripp nebst allem oben ohne vor den schirm<br />
schwingend, der nicht und nicht flacher zu werden gewillt<br />
ist, dafür aber ob der bildschirmaktualisierungsrate und zur<br />
freunde aller optiker zunehmend für rotes geäuge sorgt.//<br />
also von hinten vorne ran: ich bin kein mensch, ich bin dynamit,<br />
schreit da ein friedrich nebst riesenschnurri aus der<br />
geschichte herauf und steigt auf schreibtischen und bildschirmen<br />
und event. mauern herum und als nachschub<br />
zeigt er noch 1-2 stinkefinger: was ich wagner nie vergeben<br />
habe? daß er zu den deutschen kondeszendierte - daß er reichsdeutsch<br />
wurde...soweit deutschland reicht, verdirbt es die kultur.<br />
[...] keine mißgeburt fehlte darunter, nicht einmal der<br />
antisemit. - der arme wagner! wohin war er geraten! - wäre er<br />
doch wenigsten unter die säue gefahren! aber unter deutsche!<br />
usw. usf. kurz: was sich doch so alles anhäuft zwischen den<br />
jahren der rev.oh.lotion und rev.vision. und dann auch wegläuft<br />
oder einfach nur verläuft zwischen den zeiten und<br />
den imaginierten notwendigkeiten //des fucktischen z.b.<br />
und etc//. und dann kommt schon wieder die schwummrige<br />
blende als eingeübtes zeichen der erinnerung: wir, die<br />
wir in der sumpfluft der fünfziger jahre kinder gewesen sind,<br />
sind mit notwendigkeit pessimisten für den begriff „deutsch“;<br />
wir können gar nichts anderes sein als revolutionäre.<br />
und was bleibt? oder besser was soll bleiben? + z.b. warum?<br />
(a) ein paar angeberanekdoten für die eigenkinder:<br />
stichwort: ja, mein sohn, papi hat eine barrikade gebaut<br />
und mit stinkefinger um sich geworfen. ja, was waren wir<br />
für wilde kerle. und jetzt ab ins bett. morgen zeig ich dir<br />
auch die schönen fotos mit den langen haaren. oder (b) ein<br />
bisschen pimp-my-street-credibility. stichwort: ich möchte<br />
das anwesende lesevolk darauf hinweisen, dass die in meinen<br />
wundervollen - da große - gedichte herniedergeschriebenen<br />
ausführungen über die revolution - die ICH meine - von MIR<br />
SELBST gelebt wird. hier bitte: der zeitungsbeweis! ((der<br />
dichter holt einen durch das viele beisichtragen schon gänzlich<br />
zerknüllten provinzzeitungsausschnitt, auf dem er bei revo
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lutionären tätigkeiten (=sitzen) zu sehen ist, aus seiner tasche<br />
und zeigt diesen in die runde.)) oder (c) die erfindung neuer<br />
wochenendgestaltungen. stichwort: und da war ich voll in<br />
einem besetztn haus, wo voll viel coole leut rumghängt sind<br />
und echt geile location und unten im keller voll mit dj. voll<br />
arg. das nächste mal musst auch mitkommen. ((bernd m. (15)<br />
am 09.07.07 zu silke f. (15) beide schüler aus graz)) oder (d)<br />
das von rbk bereits erwähnte bedürfnis der nachhohlung<br />
um der nachhohlung willen. stichwort: JETZT ist auch<br />
graz ganz punk! (joey ramone am 13.07.07 bei der im grazer<br />
rathaus stattfindenden verleihung der goldenen ehrenanstecknadel<br />
für die verdienste um den punk an die hausbesetzer<br />
der schule in der grenadiergasse 2) oder vielleicht (e) bleibt<br />
einfach das erfahrungssediment, dass durch die tat etwas<br />
entstehen kann, dass scheitern nicht notgedrungen etwas<br />
schlechtes ist, dass man einen anfang gemacht hat, aus<br />
dem noch mehr entstehen könnte. so. und wie aber jetzt?<br />
erst 1-2x reflexion. wir schneiden zurück: 08.07.07. sonntag.<br />
kurz: schon wieder fast alles vorbei. im spätnächtigen<br />
plenum werden strategien gegen die am folgenden tag<br />
befürchteten räumung diskutiert – natürlich basisdemokratisch<br />
+ antihierarchisch (=gut+schön+wünschenswert).<br />
und dann die wortmeldung, die reflexion einfordert, die<br />
geschehenes auf zukünftiges hin gruppentechnisch überdacht<br />
wissen will. mit hinweise auf die baldige räumung,<br />
die diesbezüglich noch zu besprechenden punkte und die<br />
knapp werdende zeit wird der wortmelder auf eine ausgiebige<br />
reflexion nach der beendigung der besetzung vertröstet.<br />
nunja. die frage die hier (=kv) zu stellen ist, wissend, dass<br />
dieses fragezeichen bereits oben zu genüge bestritten wurde:<br />
was hat das mit kunst zu tun? ist das schaffen von räumen,<br />
in denen kunst geschaffen werden soll, a priori kunst?<br />
wohl kaum. selbst die clowns, die sich als ausgezeichneter<br />
puffer zwischen pullizei und besetzern erwiesen, sollte<br />
man aus diesem diskurs-segment heraushalten.<br />
KUNST MACHT IMMER AUCH ETWAS KAPUTT!<br />
BUMMS-TRA-RA<br />
leider beschränkte sich der kunstdiskurs auf ein graffititti,<br />
das eine nackte, von kameras beobachtete frau mit zigaret-<br />
te, in die hüfte gestemmten händen und stöckelschuhen<br />
zeigte und das dem wort- und theoriekargen sprayer den<br />
sexismusvor- sowie den drohenden rauswurf seines werkes<br />
einbrachte. ein beistehender kunstgeschichtler konnte die<br />
auf talk-show-niveau zu sinken und in handgreiflichkeiten<br />
übergehen zu drohende diskussion durch ein paar erklärungen<br />
der semiotischen elemente des bildes beenden.<br />
man erkannte, dass sich der dissens nicht auf die aussage,<br />
sondern auf deren darstellung beschränkte. dieser dissens<br />
war aushaltbar.<br />
sts: zu hmxens punkt (e) wäre hinzuzufügen, dass das<br />
erfahrungssediment, welches zu weiterm möglicherweise<br />
führen kann (zb theorie der praxis; geschichtsbewusstsein;<br />
volker-braun-lektüre), nicht seinerseits bei jedem subjekt<br />
sich denselben situationen verdankt; das, was als anker<br />
fortschrittlichen diskurses im leib wirkt, wirklich irgend<br />
n detail sein kann, nicht geplant, nicht planbar; dass ferner<br />
die tswei fuffzehnjährigen, wiewohl erstmal im modus<br />
*unreflektierte mitmachbegeisterung* smooth durch ihre<br />
ferientage rollend, in den nächsten paar wochen vielleicht<br />
noch durch 1, 2 weitere info-partikel (gelebt/gelesen) sowas<br />
wie n larvenstadium eines kritischen bewusstseins<br />
entwickeln könnten. wo dann von dem erfahrungssediment<br />
„hausbesetzung“ wesentlich bleibt (und dem subjekt<br />
als NEU sich darstellt, hier), dass das geht, einfach wo<br />
reinspazieren und sagen „da sind wir“, dass, m.a.w., die<br />
besitzverhältnisse nicht vorgefertigt vom himmel g’fallen<br />
sind, sondern dass wir die produzieren…<br />
rbk: sch(w)ummerblende auf februar 1883, notiert februar<br />
19<strong>00</strong>, zu den begleitern 1es toten: die 6 gefährten, von<br />
gleichem eifer beseelt, nahmen die zweige aus den bündeln &<br />
streuten sie über die bahre des helden. sie waren von edelster<br />
herkunft, diese rämischen lorbeeren, im hain jenes hügels geschnitten,<br />
auf dem in fernen zeiten die adler sich niederliessen,<br />
um weissagungen zu künden, & auf dem vor kurzer &<br />
dennoch schon sagenhafter zeit die legionen des befreiers endlose<br />
ströme von blut vergossen hatten um der schönheit italiens<br />
willen. & die zweige waren gerade, stark & braun, die blätter<br />
hart, kräftig geädert, mit rauhen rändern, grün wie die bron-<br />
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ze der brunnen, & sie dufteten noch nach triumphen […grün<br />
wie die bronze der springbrunnen schimmerten & sieghafte<br />
düfte triumphierend ausströmten…]. & sie fuhren zu dem<br />
bayrischen hügel, der noch verschlafen in winterlichem frost<br />
lag, während die herrlichen stämme […die hochragenden<br />
stämme…] im lichte roms, beim murmeln verborgener quel-<br />
len, schon neue triebe ansetzten…<br />
der da in den himmel fällt ist wagner, begleitet vom lite-<br />
rarischen alterego d‘annunzios im feuer, 1er parallelaktion<br />
zu den festspielen des hl. richard vom hügel, das alterego<br />
d‘annunzios macht inmitten seines feuers 1 paar anmer-<br />
kungen zu wort & klang:<br />
unter allen elementen, die geeignet sind, den rhythmus in sich<br />
aufzunehmen, ist das wort das grundelement jeglichen kunst-<br />
werks, das nach vollkommenheit strebt. meinst du, dass im<br />
wagnerschen drama dem worte sein ganzer wert anerkannt<br />
sei? & scheint es dir nicht, als ob dort der musikalische gedanke<br />
häufig seine ursprüngliche reinheit verliere, indem er von<br />
vorstellungen abhängig gemacht wird, die dem genius der musik<br />
fremd sind? richard wagner hat ganz gewiss selbst die empfindung<br />
für diese schwäche, & er gesteht sie zu, wenn er z.b. in<br />
bayreuth auf 1en seiner freunde zugeht & ihm die augen mit<br />
den händen bedeckt, damit dieser sich völlig dem zauber der<br />
reinen musik hingeben könne & damit von höherer freude zu<br />
1er tieferen vision geführt werden kann.<br />
der zug zurück, der den toten wagner aufn hügel fährt,<br />
geht aus venezia, ebenjener stadt in der lagune die mangels<br />
bahndamm nicht einzunehmen war in der revolte von 48,<br />
trotz mancher bemühung von artillerieleutnants der kuktruppen,<br />
die von see her ihre terminierten sprengballons<br />
aufsteigen liessen, was als erstes luftbombardement der<br />
europäischen kriegsgeschichte (neu! neu!!) vermerkt werden<br />
wird, also als anker fortschrittlichen diskurses im leib<br />
der erfahrung sedimentiert. bedecken wir einander die augen<br />
mit händen um dem rhythmus zu folgen (PAM – das<br />
von westbam geliebte erdbebensimulationsgerät z.b.), der<br />
schmerz der ganzen welt glitt im wind über die empfangsbereite<br />
seele – ah! jetzt hab ich dich! – rief triumphierend der<br />
beglückte künstler…<br />
hmx: //den feinripp gegen nix eingetauscht habend, ermächtigen<br />
sich die finger nebst angeschlossenem hirn (=event. körper)<br />
der tasten und erschreiben folgendes gewort//<br />
ad sts‘-(e)-kommentar: ja, es ist zu hoffen, dass sich keimlinge<br />
des geistes + der tat in den jugendlichen jugendkörper<br />
hineinschleichen, auf dass er sich entwickle und wachse<br />
und in der wüste ein bisschen wildwuchs entstehe etc..<br />
die frage, die nun mit der tippse besetzungsbezüglich<br />
gestellt werden soll = was kann künstlerisches situationschaffen<br />
bedeuten? quasi: definieren wir 1-2x, was denn<br />
situation ist!<br />
1.) durch was unterscheidet sich eine situation<br />
von anderen situationen?<br />
2.) wie kann dann eine solche situation<br />
hergestellt werden?<br />
//geliebte damen, geliebte herren, es folgt ein vorschlag aus<br />
dem hmxschen situations-geheim-labor. (incl. tipps zum selbermachen)://<br />
ad 1.) wir kommen z.b. – so nimmt hmx an – darüber<br />
überein, dass ein unterschied zwischen der herstellung der<br />
situation des ortstafelverrückens und der einer – nennen<br />
wir sie behelfsmäßig – situation besteht.<br />
heißt das nun, dass situationen keine politischen<br />
situationen sein dürfen? wohl kaum. wo = unterschied?<br />
die differenz, die zwischen beiden arten von<br />
situationen besteht, – so die arbeitshypothese des hmx’<br />
– besteht in der exaktheit und klarheit der dechiffrierung<br />
der situation. bedarf die politische situation der schnellen<br />
und unmisverständlichen entschlüsselung des intentierten<br />
ziels, so – so die arbeitshypothese weiter – muss<br />
die situation einen letzten rest des „unaufgehbaren“,<br />
einen letztes unauflösliches rätsel beinhalten.<br />
was wiederum natürlich nicht bedeuten soll, dass man der<br />
situationen das tendenzielle verwähren<br />
müsste. ganz im gegenteil. aber dennoch muss bezweifelt<br />
werden, dass die situation eine staatstragende<br />
funktion ausfüllen könnte. eine situation<br />
ist eben keine collage, sondern eine DE-collage. „=<br />
grund des scheitern des d‘annunzio-fiume-staates“, so der<br />
hmx mit eigenster stimme gesprochen. und als abschluss<br />
dieses pktes überreichen wir (=ich+ich+ich+etc. z.b.) ihnen
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verfahren<br />
ein wundervoll eigens für diesen anlass herauferfundenes<br />
bonmot: mit künstlern ist kein staat zu machen!<br />
ad 2.) mit dem finger wird darauf verwiesen, dass dieser<br />
punkt bereits weiter oben mit (event.) wörtern andiskutiert<br />
wurde: vgl. 5a) current & currency levels<br />
sts: ist da das hmx-subjekt im modus „I an‘ I“ (wie in …<br />
build a cabin / I an‘ I plant a corn…)? oder ist das sts-subjekt<br />
fehl-hellhörig, da?<br />
fiume steht da als beispiel. & stimmt. lenkt aber den blick<br />
weg vom größeren, härteren fall des gleichen versagens<br />
– vom nazi-staat. denn der war ebenfalls ne veranstaltung,<br />
die darauf beruhte, die galoppierende ästhetik des „unauf-<br />
gehbaren restes“ der gezielt erzeugten situation zum poli-<br />
tischen momentum zu machen. im einen fall hamma halt<br />
künstlertypen mit ihren persönlichkeits- äh nennen wirs<br />
-besonderheiten; im anderen fall bloß noch die archety-<br />
pischen vorformen des werbedesigners, der die bewegungs-<br />
gesetze, die dem gesellschaftsspiel ästhetik innewohnen,<br />
hirnlos & in quantitäten laut planvorgabe channelt.<br />
gefährlich an solchen erkenntnisverläufen wie dem hier-<br />
hmx‘schen-da-sts‘schen aber bleibt, dass zb leicht sich aus<br />
hmxens vortrefflichen bonmot folgern lässt, wir müssten<br />
künstlerische rezeption & produktion aus dem legitimen<br />
bereich politischer bewusstseinsbildung ausnehmen („‘auch<br />
keine songs mehr darüber, dass man nach auschwitz keine<br />
songs mehr machen kann?’ – adorno schüttelt den kopf.“). was<br />
bedeuten würde, das terrain den fachhochschul-abschlussklassen<br />
in graphic design jahrgang 2<strong>00</strong>1 ff. zu überlassen.<br />
noch ne kleinigkeit: dass unaufgeh-bar eben nicht die bedeutung<br />
hat: in sich unaufgeh-. sondern: von aussen (achtung<br />
imperativ!) unaufgeh-! soviel zum -bar. auch, dass<br />
un-auf-gehbar dem un-hinter-gehbar nahe ist, der genauer<br />
definierten, weil weiter verbreiteteren wortbildung; …diesem<br />
UNHINTERGEHBAR. diesem allsehenden auge im<br />
fluchtpunkt ethischer theoriebildung incl. allenthalben<br />
kategorischem imp.<br />
rbk: wg. forza fiume wäre zu differenzieren, ob hier collagiert<br />
oder codiert worden ist: fiume vielleicht avantgarde<br />
auf diese weise, trainingslager für ästhetischen faschismus<br />
zu sein, dazu ein kuddelmuddel einander überlagernder<br />
ordnungssysteme auf zeit, in dem sich politische aktivisten<br />
als künstler & künstler als staatsmänner verkleidet haben<br />
für 18 monate carnevale, fürs theater auf einer bühne zwischen<br />
den grossinteressen. fiume jedenfalls hat eine menge<br />
rätsel produziert, ohne kunstaktion zu sein. vielleicht<br />
helfen in sachen vergleich mit dem nazi-staat blicke in<br />
den entwurf einer neuen ordnung des freistaats fiume vom<br />
27.08.1920: „[die regentschaft] …befördert und ehrt und<br />
erhält über jedes andere recht das recht der produktiven<br />
bürger; sie reduziert die erstickende zentralstellung der<br />
verfassungsgewalten; sie teilt die kräfte der ämter, so dass<br />
aus dem harmonischen spiel des verschiedenen sich immer<br />
neue kraft und immer neuer reichtum des gemeinsamen lebens<br />
ergibt.“ & die besetzung fiumes schreibt sich im sinne<br />
des anarchosyndikalisten alceste de ambris mit den worten<br />
d‘annunzios die eigenen grundlagen in den folgenden drei<br />
glaubensgrundsätzen fest: „das leben ist schön und würdig,<br />
von dem in seiner freiheit ganz wiederhergestellten menschen<br />
ernst und ruhmreich gelebt zu werden; der ganze<br />
mensch ist jener, der es jeden tag von neuem versteht, seine<br />
eigene tugend zu schaffen, um jeden tag seinen brüdern<br />
ein neues geschenk darzubieten; jede arbeit, so bescheiden<br />
und so dunkel sie auch sein mag, strebt, wenn sie gut ausgeführt<br />
wird, zur schönheit und schmückt die welt.“<br />
welche bars hier&da geöffnet oder geschlossen werden,<br />
vielleicht dann in anderem licht (aufgehen, z.b. wie sonnen<br />
oder gleichungen am morgen, oder hintergehen, einander<br />
vielleicht zugunsten von partialinteressen, ein terrain<br />
nicht allein für fhs-absolventen der kategorie wer nix wird<br />
medienwirt.<br />
mit künstlern keinen staat machen, dabei schrieb rbk in<br />
p27/1994 im kapitel verewigung des staates. die schrift des<br />
ein wenig ins vergessen geratenenen pamphlets der staat.<br />
kommando ton so treffend: die literatur ist die fortsetzung des<br />
staates mit den mitteln der schrift. die schrift ist die ursache<br />
der entstehung der worterzeugerklassen. hinter die schrift tritt<br />
statt des autors der zurück tritt die autorität. der staat ist der<br />
vater der schrift der sich vieler namen bedient. den namen<br />
trägt die schrift im wechselrahmen. den namen verleiht der<br />
staat der zieht die namen ein zu seinen diensten. wer stolz<br />
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kontroll<br />
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den namen vor sich trägt zieht nach sich den staat der kennt<br />
das namens register erkennt den namen von beiden seiten. wer<br />
weiter schreibt trägt die verantwortung.)…<br />
hmx: ad sts‘ frage ist da das hmx-subjekt im modus „I an‘ I“<br />
(wie in …build a cabin / I an‘ I plant a corn…)?: ich (= ca.<br />
hmx) nehme an, dass du (= event. ca. sts) dich (= stssche re-<br />
flexivanzeige) hierbei auf den passus in einem (= hmxsche<br />
besitzanzeige) beziehst, in dem ein wir (=ich+ich+ich+etc.<br />
z.b.) ein wunderbares bonmot hervorpräsentierte. zwar be-<br />
finden sich der verfasser der einschlägigen „I an‘ I“-lyrics<br />
und mein (= im eigenbesitz seiender) kopf in der selben<br />
unentwirrbaren haartechnischen situation, aber dennoch<br />
äugelten meine (= unter eigenkotrolle befindlichen) finger<br />
beim verfassen befragter passage weniger nach karibischen<br />
inseln, als nach der zur darstellung zu bringenden be-<br />
schaffenheit eines autoren-ichs. soll heißen: das = ca. kein<br />
hauptstrang der situations-argumentation, sondern ein<br />
seitenhieb.<br />
ich (=ich) nehme weiters an, dass du (=du) hellsichtig wie<br />
du (=ca. du) mit deinen (= ganz + gar besitzenden) seh-<br />
schlitzen (=suchscheinwerfer) bist, den folgenden refrain<br />
in meine (= gefladerten) worte (= unsinn auf höchsten ni-<br />
veau) hineinzusehen vermöchten wolltest:<br />
inhaltlich ja, methodisch nein.<br />
We gonna chase those crazy -<br />
Chase them crazy -<br />
Chase those crazy baldheads out of town!<br />
und wenig später folgert sts aus dem zugespitzten mit<br />
künstlern ist kein staat zu machen!, dass wir demzufol-<br />
ge künstlerische rezeption & produktion aus dem legitimen<br />
bereich politischer bewusstseinsbildung ausnehmen müssten.<br />
nein, natürlich nicht! eine solche forderung bzw. schluss-<br />
folgerung hieraus abzuleiten, wäre unsinnig. das ziel der<br />
hmxschen ausdifferenzierung war, dass notwendigerweise<br />
eine differenz zwischen staatlich (gesellschaftlich, wirt-<br />
schaftlich, politisch, etc.) und hergestell-<br />
ten situationen besteht, denn so wie der staat nicht das<br />
geschäft der kunst übernehmen kann, kann auch nicht<br />
die kunst die geschäfte des staates übernehmen. auch in<br />
anbedracht dessen, dass – wie rbk richtig bemerkt – die<br />
schrift aus dem geiste der macht geboren wurde, kann kein<br />
führungsanspruch in staatsangelegenheiten abgeleitet wer-<br />
den. das heißt natürlich nicht, dass kunst (incl. situation) politisch nicht aktiv sein dürfte. ganz im<br />
gegenteil! K. = der ort des NEINs! also der ort von dem<br />
aus politische, gesellschaftliche, auch wirtschaftliche etc.<br />
ver+vorstöße geplant + durchgeführt werden können. oder<br />
anders rum: im besten fall = ein künstler kein aufbauer,<br />
sondern ein amrissbirnenfahrer, dessen mund unter dem<br />
schutze seines wunderbaren helms und während des aus-<br />
holens mit der riesenmetallbirne folgendes geworte mur-<br />
melt: „so und jetzta lossts eich amol wos einfolln“.<br />
BUMMS-TRA-RA<br />
sts: was es zur folge hat, wenn mensch die slogans auf die<br />
theoriesprachliche spitze treibt bzw. erstmal hintrimmt<br />
(geschieht, klar, nicht ohne gewaltanwendung…). büch-<br />
nersch geht das so: geht einmal euren idealen nach bis an den<br />
punkt, wo sie verwirklicht sind!<br />
aber letztlich dann doch * i man happy with da abrissbir-<br />
nenklatsche*<br />
rbk: abreissn is dann aber reine negation, es sei denn man<br />
wollte die birne in unendlich verzögerter annäherung ans<br />
objekt vorführen, wie sie diesem immer näher kommt ohne<br />
es je zu erreichen, dank des vorsprungs des objekts in der<br />
zeit… dem sts‘schen büchner also zuwider, dass verwirk-<br />
lichung kein ideal in sich sein kann, sondern im fortgang<br />
der näherung sich selbst verändert… solche approximative<br />
destruktion allerdings konstruiert, oder spannt sich auf im<br />
zwischen der näherung ans unerreich-bare, um den bars<br />
eine weitere hinzuzufügen, woselbst sich drinks wie the<br />
eclipse konsumieren liessen, gin mit grenadine olive &<br />
orangenschale (this drink is a metaphor for the eclipse of the<br />
glowing orb of western world dominance as it is slowly sub-<br />
merged in the cold of the east…).<br />
sts: wofern mir der hmx‘sche sinn nicht völlig entglitten<br />
ist, sprach er, zur rettung der kunst als gesellschaftlicher<br />
– so „wenn mit ihr halt partout kein staat zu machen ist“<br />
– genau von solcher permanenten negationsdrohung…
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
verfahren<br />
kunst als thanatos der gesellschaft sozusagen. die solcher-<br />
massen natürlich als organische zu fassen wär. was ein<br />
wenig spenglert. auch: was ist dann, wo wir n todestrieb<br />
schon so schön verortet hätten (beachtet den konjunktiv,<br />
leute!!!), der eros? die unterhaltungsindustrie am ende gar?<br />
zum gegenentwurf, ich wiederhole mich, taugt IMHO<br />
die doppelbelichtete utopie: kunst als verwirklichte/abge-<br />
schaffte. die vorstellung vom moment nach dem einschlag<br />
der abrissbirne, und der dezente hinweis, dass dann bau-<br />
materialien & inneneinrichtung, z.t. leichte abnutzungs-<br />
spuren, zum neugebrauch stünden…<br />
rbk: thanatos & eros, hübsches gründeln in der vorzeit wird<br />
das, organisch zu fassende gesellschaften, das spenglert<br />
nicht nur, es sloterdijkt auchn bisschen, also konjunktiv-<br />
abkehr an dieser stelle, bitte. stattdessen 2ten blick auf<br />
– sagen wir, unterhaltungsindustrie. dass da nicht unter-<br />
halten wird, schon gleich gar nicht erotisch, ergo wenn<br />
schon dann unterhaltungsindustrie = thanatos, still-legung,<br />
aus-löschung, re-cycling, zeremonie. kunst ist 1e tote ente,<br />
die nicht mehr knusprig wird, auch wenn man sie im ho-<br />
nigmantel neuer theorien nochmal aufzubacken versucht.<br />
wir leben jetzt 1<strong>00</strong> jahre mit dem satz, dass ein automobil<br />
schöner sei als eine kopflose antike statuette, & quentin<br />
tarantinos death proof (ums aktuellste movie zu nennen)<br />
packt eros & thanatos locker in denselben dodge challenger,<br />
um zu zitieren was in den 70ern schon zitat gewesen ist, &<br />
exploitation…<br />
sts: menü drei, kunst süss-sauer mit gebratene reis…<br />
hmx: abreissn is dann aber reine negation, so rbk über das<br />
abrissbirnenbild + dann wird auch schon der abrissfahrer<br />
gewechselt + schon sitzt eine lauwarme ente hinterm steuer<br />
+ wär gern tot + als draufgabe reitet tarantino auch noch<br />
auf seinen zitaten schießend in den ausgebeuteten sonnen-<br />
untergang. bumms-tra-ra - wie sich doch die bilder über-<br />
schlagen und rumwickeln ums seil der metallbirne, die hin<br />
incl. her schwingt + //ACHTUNG!// manchmal als pen-<br />
deleffekt den lenker selbst erschlägt. und das = gut so!<br />
denn //so merket auf!// eine metallbirne = gefärlich zeugs!<br />
so kann man mit ihr häuser einreißen. oder drohen häuser<br />
einzureisen. oder drohen ein haus einzureißen, um danach<br />
das nachbarhaus einzureißen. oder drohen häuser einzu-<br />
reißen, um danach ein paar waghalsige abrissbirnentricks<br />
vorzuführen. oder nicht drohen ein haus einzureißen, um<br />
es heimlich bei nacht (event. nebel) einzureißen. oder ein-<br />
fach nur abrissamokfahren. oder einfach nur amokfahren<br />
und nichts einreißen. oder einfach das eigene abrissbirnen-<br />
führerhäuschen nebst eigenabrissbirnenführer einreißen.<br />
oder andere abrissbirnenführerhäuschen nebst abrissbir-<br />
nenführerhäuschenführer einreißen. oder die abrissbirne<br />
richtung haus schwingen lassen und sich danach zwischen<br />
birne und haus werfen, um den abriss zu verhindern. oder<br />
nur die vierte wand oder türen eines hauses einreißen. oder<br />
mit anderen abrissbirnenfahrern abrissbirnenbowling spie-<br />
len. oder etc.<br />
ob nun nach diesem ganzen hmxschen gebirne von einem<br />
abreissn […] [als] reine negation zu sprechen ist, bleibt event.<br />
fraglich. denn zuerst sollte geklärt werden, was unter reiner<br />
negation //mit z.b. dem gehirn// verstanden werden soll.<br />
1.) die logische negation? also: einfach ein minus vor die<br />
verhältnisse pinseln? oder:<br />
2.) negation im hegelschen sinn? also: negation als motor<br />
dialektischer bewegungen. negation heißt hier zwar einer-<br />
seits //ACHTUNG: grausliche hegelrethotik// liquitation<br />
(= ca. ein ende eines bestimmten verhältnisses setzen/er-<br />
reichen) aber gleichzeitig auch aufhebung (= ca. das wider-<br />
sprüchliche alte wie neue synthetisieren). kurz: bestimmte<br />
negation.<br />
versteht nun rbk unter reiner negation 2.) dann wäre sein<br />
hmx betreffendes attest richtig, andernfalls nicht. aber das<br />
abrissbirnenspielen nur als negation zu verstehen, wäre<br />
auch zu wenig, es bedarf u.a. noch einer schönen dosis<br />
verwirrung: z.b.: >>gnädige frau, dürfte ich ihren pudel<br />
bumsen?
1 0<br />
kontrollverfahren exterritorial max hoefler | ralf b. korte | stefan schmitzer<br />
special appearance: helmut schranz | michael henze<br />
kontroll verfahren<br />
rbk: die absolute, sich auf sich beziehende negation wäre<br />
von der reinen zu unterscheiden, also das i see, it‘s me des<br />
absoluten unterschieds von ich, ich-ich oder ich-ich-ich<br />
(am a rose) zum anderen, vom liquidieren (flüssigmachen)<br />
bestimmter differenz einerseits, andererseits vom bloss ne-<br />
gativen, jenem letzten das nicht selbst über sich hinaus zu<br />
neuem inhalt geht, sondern um wieder inhalt zu haben et-<br />
was anderes irgendwoher vornehmen wird, welchletzteres<br />
g.w.f.h. das reflektieren ins leere ich vulgo die eitelkeit des<br />
wissens nennt. you see?<br />
the lame duck, die tote kunst (wo sie nicht kunst für tote<br />
ist, siehe monstranz, religio), a player in a game who cannot<br />
win, yet remains in the game, süss-sauer mit ananas serviert,<br />
materialmigration (die ananas aufm hawaii-toast, kas-<br />
tenweissbrot der us-army-bäckereien mit dosenfrucht &<br />
formvorderschinken belegt, gouda drüber & heintz tomato<br />
ketchup, nachkriegsglück vom wirtschaftswunder, conno-<br />
tatio rapid), ananaszüchten in alaska noch so 1e wendung,<br />
wie granada spielen…
1 1
1 2<br />
autorinnen & autoren impressum<br />
– ambrosig sophie (s.c.) graz AUT<br />
– bendixen katharina leipzig DER<br />
– berger markus knüllwald DER<br />
– crauss siegen DER<br />
– de andrade oswald (1890-1954) são paulo BRA<br />
– finger anke storrs ct USA<br />
– henze michael (maj.) wien AUT<br />
– hoefler max graz AUT<br />
– holland-moritz d. berlin DER<br />
– korte ralf b. berlin DER & graz AUT<br />
– merten katrin marie leipzig DER<br />
– reyer sophie wien & graz AUT<br />
– sauer birgit trausdorf AUT<br />
– schalk evelyn graz AUT<br />
– schranz helmut graz AUT<br />
– schweiger stefan graz AUT<br />
– stecher silvia weiz AUT<br />
gestaltung / bildverwendung<br />
der beitrag ‚eine art autonomie‘ wurde von kay liebmann (graz)<br />
unter verwendung 2er arbeiten von OND*RF (graz) gestaltet.<br />
das cover verwendet eine anzahl von arbeiten der<br />
burgenländischen künstlerin birgit sauer. cuts aus einem ihrer<br />
skizzenbücher finden sich zudem auf mehreren seiten des heftes.<br />
die ins ‚kontrollverfahren‘ montierten bildmittel haben max hoefler<br />
und stefan schmitzer beigesteuert.<br />
übrige snapshots mit mobiltelefon: rbk, al andalus august 2<strong>00</strong>7<br />
gefördert von<br />
stadt graz kultur<br />
land steiermark kultur<br />
bundesministerium für unterricht kunst und kultur<br />
¬ p office<br />
helmut schranz<br />
rottalgasse 4/30. A–8010 graz<br />
tel +43–316–679321<br />
helmut.schranz@perspektive.at<br />
¬ p out of area<br />
ralf b. korte<br />
rottalgasse 4/13. A–8010 graz<br />
lehmbruckstr. 22. D–10245 berlin<br />
tel +49–171–8389530<br />
+43–676–4213478<br />
outofarea@perspektive.at<br />
¬ p www.perspektive.at<br />
robert steinle robstein@perspektive.at<br />
sylvia egger serner@serner.de<br />
konzept 56|57 ralf b. korte<br />
gestaltung ralf b. korte<br />
herstellung khil, graz<br />
preis € 10 Sfr 20 8<strong>00</strong> ft<br />
das ABONNEMENT umfasst 2 hefte (= 1 jahrgang) und<br />
kostet € 10 / Sfr 20. bestellungen bitte an die redaktion graz.<br />
NEUE ABONENNTINNEN erhalten ein heft als geschenk<br />
und bezahlen die 2 folgenden nummern. ein zahlschein liegt<br />
dem ersten heft bei. ABO-VERLÄNGERUNG: mit dem<br />
letzten heft des jahres-abos erhalten sie erneut einen zahlschein.<br />
adressänderung oder ABO-KÜNDIGUNG: bitte schriftlich an<br />
die redaktion graz!<br />
bankverbindung<br />
für österreich :<br />
Die Steiermärkische Bank & SPK Graz<br />
konto-nr 21<strong>00</strong> - 227 137 blz 20 815<br />
iban AT6620815021<strong>00</strong>227137 bic STSPAT3G<br />
für deutschland :<br />
Postbank Berlin<br />
konto-nr 0558885109 blz 1<strong>00</strong> 1<strong>00</strong> 10<br />
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lautend auf perspektive literatur berlin<br />
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56|57 oktober 2<strong>00</strong>7<br />
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