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Abnahme trotz Vorbehalt im Abnahmeprotokoll

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IWW Institut für Wirtschaftspublizistik - Homepage - Abrufnummern<br />

Urteilsservice / Quellenmaterial<br />

Abrufnummer:<br />

Gericht:<br />

Urteil vom:<br />

Aktenzeichen:<br />

081559<br />

Oberlandesgericht Hamm<br />

14.03.2008<br />

21 U 34/07<br />

Rechtsgebiet(e): BGB, ZPO<br />

Vorschriften:<br />

Eingestellt am:<br />

BGB § 631 Abs. 1 BGB § 640 Abs. 2 BGB § 641 Abs. 1 BGB § 641 Abs. 3 ZPO § 302<br />

ZPO § 538 Abs. 2 a. E. ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 5 ZPO § 540<br />

Abs. 1 Nr. 1<br />

21.05.2008<br />

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung best<strong>im</strong>mten Leitsatz.<br />

21 U 34/07<br />

Tenor:<br />

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.1.2007 verkündete Urteil des<br />

Landgerichts Essen abgeändert.<br />

Die Klage ist unter <strong>Vorbehalt</strong> der Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten<br />

mit Mängelbeseitigungskosten- und Schadensersatzforderungen dem Grunde nach<br />

gerechtfertigt.<br />

Auf den Antrag der Klägerin wird das Verfahren zur Verhandlung und Entscheidung<br />

über den Betrag des Anspruchs sowie über die vorbehaltene Aufrechnung,<br />

einschließlich der Entscheidung über die Kosten insgesamt, an das Landgericht Essen<br />

zurückverwiesen.<br />

Die Revision wird nicht zugelassen.<br />

Gründe:<br />

I.<br />

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Die Klägerin verlangt vom Beklagten Werklohn für die Lieferung und den Einbau von<br />

Fenstern in dessen Einfamilienhaus, den dieser bisher unter Berufung auf Mängel voll<br />

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zurückhält.<br />

Am 20.11.2004 hatte der Beklagte ein mit "<strong>Abnahme</strong>protokoll" überschriebenes<br />

Formular der Klägerin unterzeichnet, wobei in die Rubrik "Bemerkungen"<br />

handschriftlich eingesetzt ist<br />

"Bis auf Pos. 1 d <strong>im</strong> Angebot sind alle Arbeiten ausgeführt. Gardinen passen nicht<br />

mehr. Preisnachlaß auf 4-tlg. Element (3,0 cm niedriger wie altes Element).<br />

Preisnachlaß bzgl. unsauberer Montage (nicht abdecken von Böden, Teppiche müssen<br />

gereinigt werden) (Schlafz<strong>im</strong>mer Teppich muß neu). Eckelement Küche Kopplung innen<br />

überstehend, Preisnachlaß."<br />

und die Unterschrift mit dem Zusatz "unter <strong>Vorbehalt</strong>" versehen ist.<br />

In einem vorgerichtlichen Schreiben vom 14.7.2005 an die Gegenseite hatte der<br />

Beklagtenvertreter u. a. ausgeführt:<br />

"Vorläufig wird mit Hinweis auf § 641 Abs. 3 BGB die Zahlung verweigert."<br />

In seiner Klageerwiderung hat er einerseits auf diese Formulierung noch einmal<br />

ausdrücklich hingewiesen, andererseits die Vergütung als noch nicht fällig bezeichnet.<br />

Im erstinstanzlichen Verhandlungstermin hat er wegen der Mängel vorrangig ein<br />

Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und hilfsweise die Aufrechnung mit den<br />

Mängelbeseitigungskosten, weiter hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen, erklärt.<br />

Zur Aufrechnung stellt der Beklagte ferner Schadensersatzansprüche wegen<br />

behaupteter Beschädigungen und Verschmutzungen, die die Mitarbeiter der Klägerin <strong>im</strong><br />

Zuge der Arbeiten verursacht haben sollen.<br />

Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, in dem die<br />

Mängelbehauptungen teilweise bestätigt wurden. Daraufhin hat es die auf 25.999,25 ¤<br />

nebst Rechtshängigkeitszinsen gerichtete Klage vollständig abgewiesen. Die<br />

Werkleistung der Klägerin sei nicht abgenommen, weil der Beklagte in dem Protokoll<br />

vom 20.11.2004 nur die Ausführung von Arbeiten bestätigt und es zudem nur unter<br />

<strong>Vorbehalt</strong> unterschrieben habe. Auch abnahmereif sei die Leistung mindestens <strong>im</strong><br />

Hinblick auf zwei der festgestellten Mängel - nicht gleichzeitige Kippbarkeit der beiden<br />

Eckelemente in der Küche sowie Maßabweichungen - nicht.<br />

Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene<br />

Urteil Bezug genommen.<br />

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, wobei sie die vom<br />

Sachverständigen ermittelten Mangelbeseitigungskosten (1.400,00 ¤) und Minderwerte<br />

(480,00 ¤), sowie ferner, wie bereits in erster Instanz, einen Nachlaß für<br />

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Verschmutzungen u. ä. (500,00 ¤) von ihrer Rechnungsforderung absetzt. Der<br />

Beklagte mache in Wirklichkeit kein Zurückbehaltungsrecht geltend. Vielmehr lehne er<br />

jegliche Mangelbeseitigung ab, die ihm nach dem erstinstanzlichen Urteil erneut<br />

angeboten worden sei. In dem Umstand, daß sich die beiden über Eck liegenden<br />

Küchenfensterelemente nicht gleichzeitig kippen ließen, liege entgegen dem<br />

Landgericht kein Mangel. Gleiches gelte für die angeblichen Maßabweichungen. Es<br />

komme nicht auf die Maße der vorher vorhandenen Fenster, sondern auf die<br />

Maßangaben in dem Angebot an. Diesen Vorgaben entsprächen die eingebauten<br />

Fenster bis auf eine Abweichung von 10 mm, die jedoch <strong>im</strong> Toleranzbereich liege. Das<br />

Landgericht habe auch die Bedeutung des <strong>Abnahme</strong>protokolls verkannt, und <strong>im</strong><br />

übrigen seien die Fenster in Gebrauch genommen.<br />

Die Klägerin beantragt,<br />

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie<br />

24.119,25 ¤ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit<br />

dem 23.8.2005 zu zahlen,<br />

den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.<br />

Der Beklagte beantragt,<br />

die Berufung zurückzuweisen.<br />

II.<br />

Die zulässige Berufung hat insoweit Erfolg, als das Landgericht die Klage zu Unrecht<br />

mangels Fälligkeit abgewiesen hat. Im übrigen ist die Sache noch nicht<br />

entscheidungsreif.<br />

1.<br />

Der Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich gemäß § 631 Abs. 1 BGB aus dem<br />

Werkvertrag, der zwischen den Parteien aufgrund des Angebots vom 3.5.2004<br />

unstreitig zustandegekommen ist.<br />

2.<br />

Der Anspruch ist auch gemäß § 641 Abs. 1 BGB fällig, weil der Beklagte die Leistung<br />

der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts abgenommen hat.<br />

a)<br />

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Die <strong>Abnahme</strong> liegt in der Unterzeichnung des Formulars, welches ausdrücklich als<br />

"<strong>Abnahme</strong>protokoll" bezeichnet war, am 20.11.2004.<br />

Der über der Unterschrift angebrachte Zusatz "unter <strong>Vorbehalt</strong>" steht dem nicht<br />

entgegen. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers kann dieser Zusatz<br />

nicht so verstanden werden, daß der Beklagte seiner Unterschrift überhaupt keine<br />

rechtsverbindliche Wirkung zukommen lassen wollte. Auch speziell die<br />

<strong>Abnahme</strong>wirkung hindert der "<strong>Vorbehalt</strong>" nicht. Vielmehr ist er bei sachgerechter<br />

Gesamtwürdigung des Dokuments - außer ggf. auf erst künftig zutagetretende Mängel<br />

- auf diejenigen Beanstandungen zu beziehen, die unter der Rubrik "Bemerkungen"<br />

eingetragen worden sind. Es handelt sich daher um einen Mängelvorbehalt, wie ihn das<br />

Gesetz in § 640 Abs. 2 BGB bei einer <strong>Abnahme</strong> ausdrücklich vorsieht. Die<br />

<strong>Abnahme</strong>wirkung als solche hindert er nicht, weil hierfür die Hinnahme des Werkes als<br />

<strong>im</strong> wesentlichen vertragsgerecht ausreicht.<br />

Diese Hinnahme als <strong>im</strong> wesentlichen vertragsgerecht ist dem Protokoll insgesamt zu<br />

entnehmen. Unabhängig von dem Gewicht der unter "Bemerkungen" eingetragenen<br />

Mängelrügen folgt das daraus, daß sämtliche Beanstandungen - bis auf die angeblich<br />

fehlende Angebotsposition 1 d, die jedoch niemals weiterverfolgt worden ist - jeweils<br />

mit dem ausdrücklichen Zusatz "Preisnachlaß" versehen sind. Der Beklagte hat damit<br />

zum Ausdruck gebracht, daß er (zum damaligen Zeitpunkt) keine weiteren Tätigkeiten<br />

der Klägerin zur Erzielung eines vertragsgerechten Zustandes mehr wünschte, sondern<br />

sich mit einer finanziellen Abgeltung der Beanstandungen begnügen wollte.<br />

Das Argument des Landgerichts, der Beklagte habe nur bestätigt, daß alle Arbeiten<br />

ausgeführt worden seien, ist ebenfalls nicht überzeugend. Zum einen ist das Formular<br />

ausdrücklich als "<strong>Abnahme</strong>protokoll" überschrieben. Zum anderen beinhaltet auch sein<br />

Text nicht nur die "Erledigung aller Arbeiten bzw. Restarbeiten", sondern darüber<br />

hinaus die "Beseitigung aller ggf. vorhandenen Mängel". Darin liegt jedenfalls keine<br />

weniger weitgehende Erklärung als sie nach objektiver Rechtslage für eine <strong>Abnahme</strong><br />

erforderlich ist, nämlich eine Hinnahme des Werkes als <strong>im</strong> wesentlichen<br />

vertragsgerecht.<br />

Hinzu kommt, daß zum Zeitpunkt des <strong>Abnahme</strong>protokolls der Streit über die<br />

Mangelhaftigkeit der Werkleistungen schon so weit gediehen war, daß der Beklagte<br />

bereits seinen Anwalt eingeschaltet hatte (vgl. dessen Schreiben vom 22.7.2004). Wer<br />

nach Inanspruchnahme rechtlicher Beratung ein Formular unterschreibt, in dem er die<br />

Beseitigung vorhandener Mängel bescheinigt, kann sich schwerlich plausibel darauf<br />

berufen, nur die schlichte Durchführung von Arbeiten bestätigen oder gar keine<br />

rechtlich relevante Erklärung abgeben gewollt zu haben.<br />

b)<br />

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Selbst wenn man jedoch nach allem das <strong>Abnahme</strong>protokoll nicht vollständig<br />

zweifelsfrei als <strong>Abnahme</strong> <strong>im</strong> Rechtssinne qualifizieren sollte, so wäre eine letzte<br />

Klarstellung aber jedenfalls durch die Formulierung des vom Beklagten<br />

bevollmächtigten Rechtsanwalts erfolgt, der die Zahlungsverweigerung ausdrücklich<br />

auf § 641 Abs. 3 BGB gestützt hat. Diese Vorschrift regelt das<br />

Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers wegen Mängeln - wörtlich - "nach der<br />

<strong>Abnahme</strong>".<br />

3.<br />

Die Höhe der Vergütung ist zwischen den Parteien nicht <strong>im</strong> Streit.<br />

4.<br />

Nicht entscheidungsreif ist hingegen die Frage, wie und in welcher Höhe sich die vom<br />

Beklagten behaupteten Mängel auf die Werklohnforderung auswirken.<br />

Die beiden Mängel, die das Landgericht bejaht hat, sind mit der Berufung angegriffen<br />

worden. Bezüglich der gleichzeitigen Kippbarkeit der beiden Küchenfensterelemente<br />

dürfte mit dem Sachverständigen noch einmal zu erörtern sein, ob sie bei einem<br />

Eckfensterelement notwendigerweise zur Sollbeschaffenheit gehört angesichts des<br />

Umstandes, daß dafür ein breiterer Eckpfeiler in Kauf genommen werden müßte.<br />

Bezüglich der Größe des Vierfachelements dürfte hingegen einiges dafür sprechen, daß<br />

das Landgericht zu Recht einen Mangel angenommen hat, weil <strong>im</strong> Zweifel zu den<br />

vorhandenen Rohbauöffnungen passende Fenster geschuldet sein dürften und nicht<br />

Fenster mit den Maßen, die zwar <strong>im</strong> Angebot stehen, aber auf falschem Ausmessen<br />

beruhen. Die Feststellungen des Sachverständigengutachtens zu den weiteren<br />

Mängelbehauptungen sind bisher, vom Rechtsstandpunkt des Landgerichts aus<br />

konsequent, noch gar nicht gewürdigt worden.<br />

Soweit <strong>im</strong> Ergebnis Mängel vorliegen, wird dann zu prüfen sein, ob noch eine<br />

Nachbesserung mit der Folge eines Zurückbehaltungsrechts nach § 641 Abs. 3 BGB<br />

oder ob Kostenerstattungs- und Minderungsansprüche, mit denen aufgerechnet werden<br />

könnte, in Betracht kommen. Zu prüfen ist auch, ob und inwieweit die Rechte des<br />

Beklagten wegen Zurückweisung zumutbarer Mängelbeseitigungsangebote<br />

einzuschränken sind.<br />

Schließlich sind auch die vom Beklagten aufgerechneten Ansprüche auf Ersatz von<br />

Begleitschäden, auf die es aus bisheriger rechtlicher Sicht ebenfalls nicht ankam, in<br />

tatsächlicher Hinsicht aufzuklären.<br />

5.<br />

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In dieser Situation besteht die Möglichkeit, ein kombiniertes Grund- und<br />

<strong>Vorbehalt</strong>surteil zu erlassen, von der der Senat auch Gebrauch macht.<br />

Soweit der Vergütungsforderung ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen<br />

Mängelbeseitigungsansprüchen entgegenstehen kann, berührt dies den<br />

Anspruchsgrund nicht und kann auch nicht analog § 302 ZPO zu einem <strong>Vorbehalt</strong>surteil<br />

führen (vgl. KG Berlin BauR 2002, 1127), sondern gehört zur Anspruchshöhe (vgl.<br />

BGHZ 111, 394 [400]; RGZ 123, 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., Rn. 10 zu<br />

§ 304; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., Rn. 28 zu § 304). Die für ein Grundurteil<br />

notwendige Wahrscheinlichkeit, daß der Anspruch in irgendeiner Höhe gerechtfertigt<br />

ist, besteht bei einem Zurückbehaltungsrecht zwangsläufig, weil es als nur<br />

vorübergehende Einrede den Anspruch selbst dann, wenn es in voller Höhe bestünde,<br />

nicht "aufzehren" würde.<br />

Soweit die Vergütungsforderung hingegen infolge der Hilfsaufrechnung mit finanziellen<br />

Gewährleistungsansprüchen und/oder der Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen<br />

wegen Begleitschäden erloschen sein kann, kann ein Urteil unter <strong>Vorbehalt</strong> der<br />

Aufrechnung gemäß § 302 ZPO ergehen. Nach der Neufassung des § 302 ZPO besteht<br />

diese Möglichkeit auch bei der Aufrechnung mit Forderungen, die in Zusammenhang<br />

mit der geltend gemachten Hauptforderung stehen. Auch hier besteht eine<br />

hinreichende Wahrscheinlichkeit, daß der Anspruch auch nach Entscheidung über die<br />

Aufrechnungsforderungen in irgendeiner Höhe verbleiben wird. Das ergibt sich schon<br />

aus der eigenen Abschätzung der Gegenansprüche <strong>im</strong> Schriftsatz des Beklagten vom<br />

17.1.2007.<br />

Grund- und <strong>Vorbehalt</strong>surteil können miteinander kombiniert werden (vgl. BGH LM Nr. 6<br />

zu § 304 ZPO; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn. 2 zu § 302, Rn. 8 zu § 304).<br />

Bei einer derartigen Kombination entfallen auch die Bedenken, die in der Entscheidung<br />

BGH NJW 2006, 698 - ansonsten zutreffend - gegen <strong>Vorbehalt</strong>surteile in Bausachen<br />

erhoben werden. Diese Bedenken liegen darin, daß es unangemessen erscheint, einen<br />

Werklohnanspruch bei zumindest aussichtsreichen Mängelbehauptungen dennoch voll<br />

zu titulieren und dadurch die Sicherheiten, die das materielle Recht dem Auftraggeber<br />

bietet, zu entwerten. Eine solche Titulierung erfolgt aber, wenn das <strong>Vorbehalt</strong>surteil<br />

mit einem Grundurteil kombiniert wird, gerade nicht; das vorliegende Urteil hat für die<br />

Klägerin keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Im Nachverfahren werden die Fragen, die<br />

für die Entscheidung sowohl über die Anspruchshöhe (Zurückbehaltungsrecht) als auch<br />

über den <strong>Vorbehalt</strong> (Aufrechnung) erheblich sind, also die Mängel, einheitlich geklärt.<br />

Der Senat macht von seinem Ermessen, ob er ein Grund- und <strong>Vorbehalt</strong>surteil erläßt,<br />

in positivem Sinne Gebrauch. Maßgeblich dafür ist, daß zunächst die Frage, ob der<br />

Werklohnanspruch überhaupt fällig ist, einer rechtskräftigen Entscheidung zugeführt<br />

wird, bevor der mit der mit der weiteren Beweisaufnahme verbundene Aufwand<br />

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betrieben wird.<br />

6.<br />

Ferner macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit für die<br />

notwendige weitere Aufklärung nach seinem Ermessen an die Vorinstanz<br />

zurückzuverweisen.<br />

Diese Möglichkeit ergibt sich bezüglich des Grundurteils aus § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO.<br />

Bezüglich des <strong>Vorbehalt</strong>surteils folgt sie aus entsprechender Anwendung des § 538<br />

Abs. 2 Nr. 5 ZPO. Danach kann eine Zurückverweisung über den Wortlaut hinaus auch<br />

dann erfolgen, wenn nach erstinstanzlicher Klageabweisung erst in der<br />

Berufungsinstanz ein <strong>Vorbehalt</strong>surteil ergeht (vgl. OLG München MDR 2000, 903; OLG<br />

Düsseldorf MDR 1973, 856; Zöller/Gummer Rn. 53 zu § 538). Ferner ist die Vorschrift<br />

außer bei Urkunden- auch bei Aufrechnungs-<strong>Vorbehalt</strong>surteilen anzuwenden (vgl. OLG<br />

München a. a. O.; OLG Düsseldorf a. a. O.; Thomas/Putzo/Reichold Rn. 22 zu § 538).<br />

Der gemäß § 538 Abs. 2 a. E. ZPO notwendige Zurückverweisungsantrag einer Partei<br />

ist von der Klägerin gestellt worden.<br />

Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Ermessensausübung in diesem Punkt war<br />

derjenige, daß das Landgericht mit der Aufklärung der streitigen Mängel bereits<br />

begonnen hat, indem es ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt und sich<br />

schon einmal mündlich erläutern gelassen hat. Ferner bleibt den Parteien die<br />

Möglichkeit erhalten, das Ergebnis der landgerichtlichen Aufklärung in einer zweiten<br />

Tatsacheninstanz überprüfen zu lassen.<br />

Nebenentscheidungen sind nicht veranlaßt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine<br />

Zulassung der Revision liegen nicht vor.<br />

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