Schießlehre (Ballistik)
Schießlehre (Ballistik)
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Begriffserklärung<br />
<strong>Schießlehre</strong> (<strong>Ballistik</strong>)<br />
<strong>Ballistik</strong> ist die Lehre von der Bewegung geworfener oder geschossener Körper<br />
Die <strong>Ballistik</strong> befasst sich mit der Lehre von der Geschossbewegung und den mit ihr in Verbindung<br />
stehenden Fragen. Hierbei wird zwischen Innerer und Äußerer <strong>Ballistik</strong> unterschieden.<br />
Innere <strong>Ballistik</strong><br />
Die Innere <strong>Ballistik</strong> befasst sich mit den Ursachen der Geschossbewegung, Verbrennung und<br />
Kraftäußerung des Treibstoffes (Pulver) vom Moment der Zündung der Patrone bis zum Zeitpunkt an<br />
dem das Geschoss die Mündung verlässt.<br />
Der Schlagbolzen schlägt auf das Zündhütchen. Der im Zündhütchen enthaltene Treibsatz bringt das<br />
Treibladungspulver zur Entzündung und damit zur Umsetzung in Gase. Die Gase dehnen sich aus.<br />
Das Geschoss wird unter Überwindung des Geschossausziehwiderstandes aus der Patronenhülse<br />
herausgedrückt und mit zunehmender Geschwindigkeit durch das Rohr gepresst.<br />
Drall<br />
Drall sind bei Feuerwaffen die schraubenförmigen Windungen der Züge und Felder im Rohr die das<br />
Geschoss in schnelle Drehungen um seine Längsachse versetzen (ca. 1400U/sek.)<br />
Ein aus einem glatten Rohr verfeuertes Langgeschoss würde sich nach Verlassen der Mündung<br />
durch die Einwirkung des Luftwiderstandes überschlagen.<br />
Beim Schießen aus gezogenen Rohren wird das Geschoss durch den Drall stabilisiert. Er bewirkt aber<br />
eine geringe Seitenabweichung (bei Rechtsdrall nach rechts). Für das Zielen ist die Seitenabweichung<br />
ohne Bedeutung.<br />
Energieausnutzung<br />
Die bei der Verbrennung des Pulvers entstandene Energie wird umgewandelt in:<br />
40 bis 48% Wärmeenergie (wird vom Rohr aufgenommen)<br />
30 bis 45% Bewegungsenergie (wird auf das Geschoss übertragen)<br />
der Rest geht an Reibungs- und Rotationsenergien verloren.<br />
Rückstoß<br />
Der Druck der Pulvergase gegen den Geschossboden nach vorne, und gleichzeitig den Hülsenboden und<br />
damit gegen den Verschluss nach hinten, verursacht den Rückdruck, der bei Waffen mit Schulterstütze<br />
durch den Schützen aufgefangen wird. (Bewegungsmoment des angetriebenen Geschosses).<br />
Bei automatischen Waffen werden entweder der Rückdruck, oder über eine Gasdruckeinrichtung die<br />
Pulvergase ausgenutzt, die Waffe erneut zu spannen und zu laden.
Äußere <strong>Ballistik</strong><br />
Die äußere <strong>Ballistik</strong> befasst sich mit dem Weg des Geschosses nach Verlassen des Rohres,<br />
mit den auf diesem Weg einwirkenden Faktoren und mit den Trefferwahrscheinlichkeiten beim<br />
Schießen.<br />
Die Schussleistung einer Waffe<br />
Sie ist abhängig von<br />
- Flugbahn<br />
- Streuung<br />
- Geschosswirkung<br />
Die Flugbahn des Geschosses wird bestimmt durch<br />
- Anfangsgeschwindigkeit<br />
- Abgangsrichtung<br />
- Schwerkraft<br />
- Luftwiderstand<br />
- Größe und Form des Geschosses<br />
- Drall<br />
- Witterungseinflüsse (Regen, Wind)<br />
Die Abgangsrichtung ist die Flugrichtung des Geschosses beim Verlassen des Rohres. Sie wird bestimmt<br />
durch den Winkel, in dem die Rohrseelenachse zur Mündungswaagerechten bei Schussabgabe steht<br />
(Abgangswinkel). Die größte Schussweite wird in der Regel bei einem Abgangswinkel von 45° erreicht.<br />
Die beim Verlassen des Rohres vom Geschoss erreichte Geschwindigkeit wird als Anfangsgeschwindigkeit<br />
(Vo) bezeichnet. Sie wird in m/s gemessen und gibt den in der ersten Sekunde zurückgelegten Weg des<br />
Geschosses an, wenn es in gradliniger Richtung und unverminderter Geschwindigkeit weiterfliegen würde.<br />
Je größer die Anfangsgeschwindigkeit, um so weiter würde ein Geschoss unter sonst gleichen<br />
Bedingungen (Gewicht, Form, usw.) fliegen.<br />
Die Vo ist Schwankungen unterworfen, die durch die verschiedene Beschaffenheit der Rohre,<br />
Temperatureinflüsse, Feuchtigkeitsgehalt des Pulvers und durch Gewichts- und Kaliberunterschiede<br />
verursacht werden.<br />
Die Schwerkraft bewirkt, dass das Geschoss während des Fluges fällt. Im luftleeren Raum<br />
würde die Geschossflugbahn die Form einer Parabel haben (Gipfelpunkt in der Mitte der<br />
Flugbahn, aufsteigender und absteigender Ast gleich stark gekrümmt). Die Endgeschwindigkeit<br />
wäre gleich der Anfangsgeschwindigkeit.<br />
Der Luftwiderstand bremst die Geschwindigkeit des Geschosses fortwährend ab. Dadurch nimmt die<br />
Krümmung der Flugbahn ständig zu, die Schussweite wird kürzer und die Endgeschwindigkeit geringer.<br />
Luftwiderstand und Schwerkraft geben der Geschossflugbahn die Form einer ballistischen Kurve.<br />
Stumpfe Geschosse werden durch die Luft stärker abgebremst als spitze Geschosse.<br />
Die Flugbahn und die auf sie wirkenden Kräfte:<br />
Die Flugbahn am Beispiel der MP5 (Visierschuss auf 25 und 100 m Entfernung).
Der Mündungs- und Geschossknall<br />
Bei Waffen, die Geschosse mit Überschallgeschwindigkeit verfeuern, entstehen zwei<br />
Knallerscheinungen, der Waffen- oder Mündungsknall und der Geschossknall.<br />
Der Mündungsknall wird hervorgerufen durch die hinter dem Geschoss stoßartig auf die Luft<br />
auftreffenden Pulvergase, die dadurch schlagartig verdrängt und damit verdichtet wird.<br />
Der Geschossknall entsteht durch die Luftverdichtung, die sogenannte Kopf-, oder Lambdawelle, die<br />
sich vor dem mit Überschallgeschwindigkeit fliegendem Geschoss bildet. Der Geschossknall ist heller<br />
als der Mündungsknall.<br />
Hinter einer Waffe und seitlich rückwärts hört man stets nur einen Knall, der aus Mündungs-, und<br />
Geschossknall zusammengesetzt ist.<br />
Schalldämpfer dämpfen nur den Mündungsknall. Soll auch der Geschossknall nicht auftreten, muss<br />
die Geschossgeschwindigkeit unter der Schallgeschwindigkeit (333m/s) liegen. (Subsonic Munition)<br />
Die Streuung<br />
Werden aus einer Waffe auf dasselbe Ziel unmittelbar nacheinander bei gleichbleibenden<br />
Bedingungen mehrere Schüsse abgegeben, so treffen die Schüsse nicht denselben Punkt, sondern<br />
verteilen sich über eine bestimmte Fläche (Streuung).<br />
Ursachen der Streuung können sein.<br />
- schießtechnische Mängel beim Schützen (Schützenstreuung)<br />
- Witterungseinflüsse<br />
- Fertigungstoleranzen beider Munition<br />
- Schwingung und Erwärmung des Rohrs<br />
Man unterscheidet Breiten- und Höhenstreuung bei senkrechter Trefferfläche und Längensteuerung<br />
bei waagerechter Treff-Fläche.<br />
Die Geschosswirkung<br />
Mit Geschosswirkung bezeichnet man die vom Geschoss am Ziel verrichtete Arbeit. Sie ist unter<br />
anderem abhängig von<br />
- Durchmesser<br />
- Gewicht<br />
- Auftreffenergie (gemessen in Joule)<br />
- Auftreffwinkel<br />
- Beschaffenheit des Ziels<br />
- Form<br />
- Material<br />
spitze Form: große Durchschlagkraft, hohe Geschwindigkeit<br />
stumpfe Form: gute Energieübertragung (Mannstoppwirkung)<br />
Stahl: große Durchschlagkraft<br />
Blei: gute Energieübertragung (Mannstoppwirkung)
Schussversager<br />
Dies ist dann der Fall, wenn der Schlagbolzen der Waffe das Zündhütchen abgeschlagen hat, der<br />
Zündsatz aber nicht zündet, d.h. der Schuss geht nicht los. (Fehlerhaftes Zündhütchen-/Pulver)<br />
In diesem Fall wird die Waffe weiterhin in Schussrichtung gehalten und bei Randfeuerpatronen (.22<br />
lfb) ca. 10 Sekunden gewartet, bei Zentralfeuerpatronen ca. 2 Minuten gewartet.<br />
Danach kann die fehlerhafte Patrone manuell ausgeworfen werden.<br />
Würde die fehlerhafte Patrone sofort manuell ausgeworfen, wäre es möglich, daß sie noch vor dem<br />
Gesicht des Schützen, oder wenn sie auf dem Boden liegt, oder wenn sie wieder in die Munitionsbox-<br />
/ oder –Schachtel zurückgesteckt wird, zünden kann.<br />
Zielen<br />
Um das Ziel treffen zu können, muss der Schütze die Rohrmündung anheben. Diesem Heben der<br />
Rohrmündung dienst die auf der Waffe angebrachte Visiereinrichtung.<br />
Die Kimme liegt immer höher über der Seelenachse als die Kornspitze, daher zeigt die Seelenachse<br />
über das Ziel.<br />
Die meisten Zieleinrichtungen sind auf verschiedene, festgelegte Entfernungen einstellbar.<br />
Zwischenentfernungen müssen durch Veränderung des Haltepunktes berücksichtigt werden.<br />
Die Visiereinrichtung besteht aus Kimme und Korn, man unterscheidet zwischen geschlossener und<br />
offener Visierung. Die geschlossene Visierung besteht aus einer Lochkimme und dem Korn.<br />
Die offene Visierung kann sowohl eine V-Kimme als auch eine U-Kimme sein.<br />
Zum visierten Schuss wird die Waffen in Augenhöhe gebracht und nach Höhe und Seite so<br />
eingerichtet, dass die gedachte Linie des Auges von der Mitte des oberen Randes der Kimme zum<br />
oberen Rand des Kornes verbindet (Visierlinie) auf das Ziel (Haltfläche) zeigt (gestrichenes Korn)<br />
Beim Visieren mit Lochkimme (geschlossene Visierung) muss der obere Rand des senkrecht<br />
stehenden Kornes in der Mitte der Lochkimme stehen, und mit einem gedachten Fadenkreuz<br />
abschließen. Der Kornschutz muss dabei voll und gleichmäßig sichtbar sein.<br />
Entspricht die Einschießentfernung nicht der Zielentfernung muss man aufsitzen oder verschwinden<br />
lassen (aufsitzen = kürzere Entfernung, verschwinden lassen = größerer Entfernung)<br />
Bewegt sich ein Ziel zur Seite ist mit der Waffen zu folgen und im Ziel durchzukrümmen.<br />
Nur bei größeren Entfernungen ist die Haltefläche entsprechend vorzuverlegen.
Visierschussweite und Visierschuss<br />
Die Flugbahn schneidet die Visierlinie kurz vor der Rohrmündung zum ersten Mal und nach<br />
einer bestimmten Entfernung zum zweiten Mal. Die Entfernung von der Rohrmündung bis zum<br />
zweiten Schnittpunkt - Haltepunkt und Treffpunkt fallen dort zusammen - nennt man<br />
Visierschussweite. Der betreffende Schuss ist der Visierschuss.<br />
Die häufigsten Zielfehler<br />
Bei trübem Wetter - Dämmerung oder dunklem Hintergrund - erscheint das Korn kleiner. Dies<br />
kann dazu verleiten, mit „Vollkorn" zu schießen. (der obere Kornrand ragt über den Kimmenrand<br />
oder über die Lochkimmenmitte hinaus – Hoch/Weitschuss)<br />
Beim Visieren kann ein von oben hell beleuchtetes Korn dem Auge größer erscheinen und dazu<br />
verleiten mit „Feinkorn" zu schießen. ( der obere Kornrand steht unter dem Kimmenrand oder der<br />
Lochkimmenmitte - Tief/Kurzschuss)<br />
Starker Lichteinfall von der Seite lässt die hell beleuchtete Seite des Korns größer erscheinen<br />
und verleitet dazu, das Korn nach der dunklen Seite hin zu verklemmen. (Klemmkorn - das Korn<br />
ist seitlich nach recht oder links verschoben)<br />
Verkanten ( die Waffe ist nach recht oder linkes um ihre Längsachse verdreht - rechts verkanten –<br />
rechts Tiefschuss, links verkanten – links Tiefschuss<br />
Beim Zielen können auch mehrere der genannten Fehler gleichzeitig gemacht werden, z. B.<br />
rechts verkantete Waffe mit Klemmkorn und Feinkorn.<br />
In derartigen Fällen können sich Zielfehler gegenseitig aufheben.<br />
Erläuterung von schießtechnischen Begriffen<br />
Auftreffenergie ist die Energie des Geschosses bei Auftreffen im Ziel.<br />
Auftreffgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der das Geschoss aufschlägt.<br />
Auftreffpunkt ist der Punkt, an dem das Geschoss tatsächlich auftrifft.<br />
Mündungsenergie (Eo) ist die Energie des Geschosses beim Verlassen des Rohres. Sie wird<br />
gemessen in Joule.<br />
Anfangsgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit des Geschosses beim Verlassen des Laufs.<br />
Sie wird in m/s gemessen und als Vo bezeichnet (V1oo=Geschwindigkeit nach 100 Metern)<br />
Visierlinie ist die gedachte gerade Linie, welche die Mitte der Kimme und die Kornspitze verbindet<br />
bzw. die Verlängerungen dieser gedachten Linie.<br />
Zielentfernung ist die Entfernung von der Waffe zum Ziel.<br />
Visierentfernung ist die an der Waffe eingestellte Entfernung.<br />
Haltepunkt ist der Punkt, auf den die Visierlinie zeigen muss, damit das Geschoss das Ziel<br />
trifft (Halteraum ist der unmittelbare Bereich um den Haltepunkt).<br />
Abkommen ist der Punkt, auf den die Visierlinie beim Brechen des Schusses tatsächlich<br />
gezeigt hat.<br />
Treffpunkt ist der Punkt, den das Geschoss beim Einschlag trifft.
Treffleistung<br />
Die Treffleistung einer Waffe ist abhängig von der Treffpunktlage und von der T reffgenauigkeit.<br />
Die Treffpunktlage ist die Lage des mittleren Treffpunktes mehrere Schüsse zum Haltepunkt.<br />
Mit Treffgenauigkeit wird die Lage der einzelnen Schüsse zum mittleren Treffpunkt bezeichnet.<br />
Mittlerer Treffpunkt ist der Mittelpunkt mehrerer Treffer.<br />
Je weniger bei einer Waffe der mittlere Treffpunkt vom Haltepunkt abweicht, desto besser ist<br />
die Treffpunktlage. Je dichter die abgefeuerten Schüsse beim mittleren Treffpunkt liegen, um<br />
so besser ist die Treffgenauigkeit der Waffe.<br />
Haltebereich – Halteraum<br />
Als Haltebereich wird der Teil der Scheibe bezeichnet, innerhalb dessen Grenzen man den Schuss<br />
lösen muss, um das dem eigenen Leistungsniveau entsprechende Resultat zu erreichen. Für<br />
Anfänger kann es der „Schuss ins Schwarze", für Spitzenschützen muss es der Schuss in den Ring 9<br />
oder 10 sein. Der Haltebereich ist dementsprechend unterschiedlich groß.<br />
Für den Anfänger liegt die Schwierigkeit darin, dass die Grenzen des Haltebereichs auf der<br />
Scheibe nicht sichtbar sind. Der erfahrene Schütze sieht anhand des Visierbildes, wann seine<br />
Visierung in „seinem Haltebereich" steht und wann sie „hinauswandert". Ein Schütze muss<br />
zunächst „seinen" Haltebereich finden, d. h. er muss feststellen, welche Fläche seine Visierung<br />
auf der Scheibe bei mehreren Anschlägen bestreicht.<br />
Bei einem Anfänger ist der Haltebereich natürlich zunächst sehr groß. Oft wird er aus diesem bei<br />
einzelnen Anschlägen mit seiner Visierung auch noch hinausschwanken. Er muss deshalb bestrebt<br />
sein, die Schüsse innerhalb seines Haltebereichs zu lösen und die extremen Schwankungen<br />
abzustellen. Mit zunehmender Trainingsdauer wird der Haltebereich kleiner.<br />
Ablegen von Schusswaffen auf Schiesständen<br />
Waffen sind immer in Schussrichtung - wenn sie mit einer Sicherung ausgestattet sind, mit der<br />
Sicherung, sichtbar nach oben abzulegen.<br />
Pistolen sind mit geöffnetem Verschluss, mit leerem Patronenlager und mit entnommenem Magazin<br />
abzulegen.<br />
Revolver sind mit ausgeschwenkter und entleerter Trommel abzulegen<br />
C) 2008 Schneeberger