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Führung im zivilen Umfeld

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<strong>Führung</strong> <strong>im</strong> <strong>zivilen</strong> Arbeitsumfeld<br />

Eine übertragbare Erfahrung aus der Truppe<br />

Reserve<br />

Autor: OTL der Res. Klaus Emrich<br />

Der dem militärischen Wortschatz<br />

entlehnte Begriff der<br />

Strategie ist heute in den<br />

meisten Unternehmensführungen<br />

bei der Ausrichtung unternehmerischer<br />

Ziele ein häufig benutzter Begriff. Inwieweit<br />

die Begriffsbedeutung klar und die Anwendung,<br />

besonders bei kleinen oder mittleren<br />

Unternehmen, tatsächlich <strong>im</strong>mer sinnvoll<br />

ist, sei dahingestellt. Oft fehlt es – anders<br />

als bei Großkonzernen – an eigens dafür bereitgehaltenen<br />

Planungskapazitäten. Strategische<br />

Projekte werden somit häufig neben<br />

dem üblichen „Tagesgeschäft“, also nebenher,<br />

abgewickelt.<br />

Strategische Entscheidungen sind dann<br />

erforderlich, wenn Handlungsoptionen<br />

von besonderer Tragweite auf Basis vorher<br />

durchgeführter Risiko-Chancen-Analysen<br />

ausgearbeitet und dann ausgewählt werden<br />

müssen. Ob beispielsweise eine eigenständige<br />

Rohstoffversorgung aufgrund steigender<br />

Betriebskosten und dadurch vermindertem<br />

Ergebnis aufgegeben werden soll und man<br />

sich stattdessen von einem frei wählbaren,<br />

dafür aber labilen Rohstoffzuliefermarkt<br />

abhängig machen will, ist eine strategische<br />

Fragestellung.<br />

Die vorgesehene Einführung eines neuen<br />

Produktes, die einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil<br />

erbringen soll oder eine<br />

signifikante Produktänderung, die mit<br />

besonderen wirtschaftlichen Aufwendungen<br />

in der Umsetzungsphase verbunden<br />

ist, fallen ebenfalls in diesen Bereich.<br />

Risiken und damit verbundene mögliche<br />

Verluste sowie die Chancen sind genau<br />

abzuwägen, eine vordergründig zunächst<br />

richtig erscheinende Lösung kann sich<br />

später als bedeutender Nachteil auswirken,<br />

der <strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall einen Konkurs zur<br />

Folge haben kann.<br />

Um auf stetig sich verändernden und globalisierenden<br />

Märkten neben der Konkurrenz<br />

erfolgreich zu werden, oder diese überbieten<br />

zu können, zumindest aber den Fortbestand<br />

des eigenen Unternehmens zu sichern, ist<br />

neben lösungsorientiertem Denken und der<br />

oft zitierten Flexibilität in der Organisation<br />

auch Veränderungsbereitschaft und vor<br />

allem aber der Beitragserbringungswillen<br />

bei allen Mitarbeitern erforderlich.<br />

Projektarbeit ist so zu steuern, dass belastbare<br />

Handlungsoptionen entwickelt und<br />

die daraufhin getroffene Entscheidung<br />

des Verantwortlichen dennoch von allen<br />

getragen werden. Das erfordert klare und<br />

zweifelsfreie Kommunikation zwischen<br />

Vorgesetzen und ihrem Personal, unabhängig<br />

davon ob es um die Ausarbeitung an<br />

Unternehmensstrategien oder um operative<br />

Tagesentscheidung geht.<br />

Ganz gleich, ob operative oder strategische<br />

Entscheidungen; ein bedeutender<br />

Faktor für Erfolg oder Versagen ist<br />

die tatsächliche Qualität des Beitrags des<br />

einzelnen Mitarbeiters. Bedingt durch häufig<br />

gleichzeitige Einbindung in mehrere<br />

Projekte besteht die Gefahr, oft oberflächliche<br />

und ungenaue oder unvollständige<br />

Ergebnisbeiträge abzuliefern. Arbeitsergebnisse,<br />

Anweisungen, Fragen und Vorgehensweisen<br />

etc. werden zudem meist über das<br />

Kommunikations- und <strong>Führung</strong>smittel der<br />

E-Mail abgewickelt. Dabei ist auch der Gedanke<br />

nicht selten mit <strong>im</strong> Spiel, eine Aufgabe<br />

mit der Versendung einer Mail erledigt zu<br />

haben. Auch die Hoffnung mancher Mitarbeiter,<br />

mit dem Weiterleiten von E-Mails<br />

zu anderen zu deren weiteren Bearbeitung,<br />

der Pflicht genügt zu haben, ist nicht selten.<br />

In verschiedenen <strong>Führung</strong>spositionen <strong>im</strong><br />

In- und Ausland habe ich Projekte verschleppen<br />

oder gar scheitern sehen, weil<br />

das Management sich u.a. auf das (<strong>Führung</strong>s-)<br />

Mittel der E-Mail verlassen hatte<br />

und der Projektverlauf letztendlich durch<br />

desinteressierte Mitarbeiter, den vereinzelten<br />

Störern <strong>im</strong> Team sowie den informellen<br />

Führern und Gerüchtestreuern<br />

gehemmt wurde.<br />

Gegen solche Erscheinungen werden zur<br />

<strong>Führung</strong>skräfteentwicklung auf dem Markt<br />

Konzepte angeboten, die von der unteren<br />

(Vorarbeiter-) bis hin zu oberen (Geschäftsführungs-)<br />

Ebene ansetzen. Die <strong>Führung</strong>sfähigkeiten<br />

und der Verbund der <strong>Führung</strong>skräfte<br />

in sich, der innere Zusammenhalt<br />

sollen insgesamt verbessern werden – das<br />

ist das Ziel. Es gilt, Verantwortungen klar<br />

zu machen, gegenseitige Abhängigkeiten<br />

untereinander herauszuarbeiten und so<br />

beide, Effizienz und Effektivität der <strong>Führung</strong>smannschaft<br />

eines Unternehmens zu<br />

verbessern.<br />

Der Schwerpunkt liegt auf dem Bestreben,<br />

Arbeitskollegen, unterschiedlich<br />

motivierte <strong>Führung</strong>skräfte zu einem<br />

Team zusammen zu schweißen. Outdoor-<br />

Aktivitäten sind dazu Teil vieler dieser<br />

Managementtrainings. Hierbei werden u.a.<br />

Herausforderungen wie z.B. Seilstege über<br />

Bergbäche spannen und Schlauchbootaktionen<br />

sowie andere Gemeinschaftsübungen<br />

in freier Natur gemeinsam gemeistert. Ein<br />

Hauptziel ist es dabei, über die Schaffung von<br />

Erlebnissen neue Sichtweisen auf Problemstellungen<br />

zu eröffnen, <strong>Führung</strong>sfähigkeiten<br />

zu entwickeln und Gruppenverbindlichkeit<br />

zu erzeugen.<br />

Die Bedeutung solcher Kurse wird oft überschätzt.<br />

Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass<br />

kurze Zeit nach Rückkehr in den Arbeitsalltag<br />

der Rückfall in alte Verhaltensweisen<br />

droht, weil die mitunter positiven Erfahrungen<br />

schnell in den Scharmützeln täglicher<br />

„Politik“ innerhalb und zwischen den<br />

Abteilungen sowie durch Informationsüberflutung<br />

besonders auch per E-Mail<br />

verblassen. Der per Outdoortraining erwirkte<br />

Zusammenhalt des <strong>Führung</strong>steams<br />

löst sich dann wieder bei Ablauf der ersten<br />

Arbeitswoche am Werkstor auf.<br />

Unabhängig davon habe ich meine<br />

guten Erfahrungen mit den Besonderheiten<br />

der militärischen Kommunikation<br />

aus der aktiven Zeit in der Bundeswehr<br />

sowie aus den Wehrübungen in<br />

das zivile Berufsumfeld übertragen. Die<br />

<strong>Führung</strong> der Mitarbeiter in den Projekten<br />

sowie <strong>im</strong> Tagesbetrieb wird mir durch<br />

die Anwendung möglichst kurzer klarer<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46<br />

69


<strong>Führung</strong> <strong>im</strong> <strong>zivilen</strong> <strong>Umfeld</strong><br />

Mitteilungen, direkter Fragen und insbesondere<br />

durchstrukturierter Forderungen erheblich<br />

erleichtert. Die Anwendung gewisser<br />

Strukturanteile aus der Befehlsgebung, die<br />

für den jeweiligen Arbeitsgebrauch zweckmäßig<br />

sind, erbringen schneller bessere Ergebnisse,<br />

als die üblichen Umgangsformen<br />

kollegialen Austausches. Offenheit für die<br />

verschiedenen Belange und genaues Zuhören<br />

wirken ergänzend dazu. Eine zügigere Entscheidungsfindung<br />

wird so ermöglicht, weil<br />

der Informationsgehalt <strong>im</strong> wechselseitigen<br />

Austausch der Kommunikation vollständiger<br />

ist und schneller verarbeitet werden kann.<br />

Die klar strukturierte Kommunikation<br />

also, auch die der eigenen Sichtweisen<br />

und der Ansprüche (Stellung beziehen), an<br />

die zugeordneten <strong>Führung</strong>skräfte ist meiner<br />

Meinung nach die wirkungsvollste Möglichkeit,<br />

den Erfolg mitzubest<strong>im</strong>men.<br />

Das Verzögerungspotenzial von Prozessen<br />

aufgrund langer, überdiplomatischer und<br />

dadurch unscharf formulierter Texte, die<br />

Positionierungen vermeiden, wird meist<br />

unterschätzt. Ganz speziell gilt dies auch<br />

bei der Ausformulierung von Anweisungen<br />

und Forderungen über das Kommunikations-<br />

und <strong>Führung</strong>smittel E-Mail.<br />

Nicht alle Mitarbeiter und Kollegen kommen<br />

am Anfang mit Anweisungen, knappen<br />

Informationen und direkten Forderungen<br />

zurecht, vor allem wenn die üblichen zwanghaften<br />

Druckerschwärze erzeugenden Floskeln<br />

wie „Hallo“ und „Liebe Kollegen“ usw.<br />

zu Beginn einer (selbstverständlich nur betriebsintern<br />

versendeten) E-Mail fehlt und<br />

stattdessen sofort mit dem Betreffsthema als<br />

Einleitung zur Sache gekommen wird.<br />

Der Raum für Missverständnisse und<br />

falsche Interpretationen schrumpft<br />

schnell zusammen, wenn dazu noch weitverbreitete<br />

Anwendungen wie z.B. „würden“<br />

– „müssten“ und „sollten“ <strong>im</strong> Text durch<br />

werden, müssen, sollen ersetzt werden.<br />

Operatives Management kann durch einen<br />

auf-den-Punkt-kommenden, zielgerichteten<br />

Kommunikationsstil, der kein Ausweichen<br />

erlaubt, komplexe Projektarbeit<br />

erfolgreich führen und so auch Entscheidungen<br />

zur Unternehmensstrategie mit<br />

herbeiführen.<br />

Eine effektive E-Mailbearbeitung in Kombination<br />

mit militärischen Befehlsgebungskomponenten<br />

kommt dann als <strong>Führung</strong>sinstrument<br />

zur vollen Wirkung. •<br />

Zivilberuflicher Werdegang<br />

Klaus Emrich war nach seinem Studium<br />

Maschinenbau als Projektmanager weltweit<br />

tätig, so u. in China, Kamerun, England,<br />

Nigeria, Albanien und Vietnam. Derzeit ist<br />

er Werksleiter & Prokurist in der Buderus<br />

Giesserei Wetzlar GmbH<br />

Militärischer Werdegang<br />

4. /PzBtl 141 / Stadtallendorf: Ernennung<br />

zum Unteroffizier und Einsatz bis DZE als<br />

Panzerunteroffizier.<br />

September 1992 Leutnant d. R., Kp Chef<br />

Verwendungen PzBtl 143 und 144 (na):<br />

VerbStOffz BrigStab PzBrig 18:<br />

Landeskommando Hessen) S3/S5 StOffz<br />

2010 bis heute Pz Brig 12 „Oberpfalz“ S3/<br />

S5 BW-Auslandseinsatz<br />

18. Deu Eins Ktgt KFOR (Nov. 2007 –<br />

Jan 2008): Multinational Task Force South<br />

(Prizren): Chief C<strong>im</strong>ic Support Elements<br />

MNTF S / Stv. Chef C<strong>im</strong>ic-LM Kp

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