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Korrelieren Schwere der Inkontinenz und Lebensqualität? Eine ...

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Bordeianou L, et al. <strong>Inkontinenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Lebensqualität</strong><br />

<strong>Korrelieren</strong> <strong>Schwere</strong> <strong>der</strong> <strong>Inkontinenz</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Lebensqualität</strong>? <strong>Eine</strong> prospektive Analyse<br />

von 502 konsekutiven Patienten<br />

Bordeianou L, Rockwood T, Baxter N, et al. Does incontinence severity correlate<br />

with quality of life? Prospective analysis of 502 consecutive patients. Colorectal<br />

Dis 2007;10:273–9.<br />

Journal Club<br />

Fragestellung: Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Studie<br />

war es, die Beziehung von <strong>Schwere</strong>grad <strong>der</strong><br />

Erkrankung <strong>und</strong> <strong>Lebensqualität</strong> in einer<br />

großen Patientengruppe zu untersuchen.<br />

Hintergr<strong>und</strong>: Der Fecal Incontinence Severity<br />

Index (FISI) wird weithin bei <strong>der</strong> Beurteilung<br />

von Patienten mit Stuhlinkontinenz angewandt,<br />

die Beziehung zwischen FISI <strong>und</strong> den Messinstrumenten<br />

<strong>der</strong> <strong>Lebensqualität</strong> wie dem Fecal<br />

Incontinence Quality of Life Scale (FIQL) <strong>und</strong><br />

dem Medical Outcomes Survey (SF-36) ist jedoch<br />

bisher nicht untersucht worden.<br />

Patienten <strong>und</strong> Methodik: 502 konsekutive Patienten<br />

(84,4% weiblich, mittleres Alter 56<br />

Jahre) wurden zwischen Mai 2004 <strong>und</strong> Oktober<br />

2005 auf Stuhlinkontinenz hin untersucht.<br />

Die Patienten füllten FISI-, FIQL- sowie SF-<br />

36-Fragebögen aus. Für die Beziehungen zwischen<br />

FISI <strong>und</strong> Untereinteilungen von FIQL<br />

<strong>und</strong> SF-36 wurden Koeffizienten nach Pearson<br />

bestimmt. Zwischen Patientengruppen<br />

mit unterschiedlichen <strong>Inkontinenz</strong>-<strong>Schwere</strong>graden<br />

(schwach, mäßig, schwer) wurden <strong>Lebensqualität</strong>s-Scores<br />

verglichen, unter Anwendung<br />

des Student-t-Test.<br />

Ergebnisse: 68% <strong>der</strong> Patienten waren inkontinent<br />

für festen Stuhl, 62% für flüssigen Stuhl<br />

<strong>und</strong> 90% für Luft o<strong>der</strong> Schleim. Der durchschnittliche<br />

FISI-Score betrug 36 (0–61). Zwischen<br />

FISI <strong>und</strong> allen Untereinteilungen im<br />

FIQL (negativ 0,29–0,41; p < 0,001) wurden<br />

mäßige Korrelationen gef<strong>und</strong>en. Im SF-36 (p<br />

< 0,05) wurden schwache Korrelationen zwischen<br />

FISI <strong>und</strong> den Einstufungen für soziale<br />

Komponenten (–0,21) <strong>und</strong> die mentale Ges<strong>und</strong>heit<br />

(–0,17) gef<strong>und</strong>en. Die Einstufungen<br />

im FIQL waren signifikant unterschiedlich<br />

zwischen schwacher, mäßiger <strong>und</strong> schwerer<br />

<strong>Inkontinenz</strong>.<br />

Schlussfolgerung: Der FISI korrelierte nur<br />

mäßig mit einer krankheitsspezifischen <strong>Lebensqualität</strong>smessung<br />

(FIQL). Obwohl dies<br />

die verbreitete Annahme stützt, dass die<br />

<strong>Lebensqualität</strong> sich bei den Patienten mit<br />

Stuhlinkontinenz verschlechtert, wenn die<br />

<strong>Schwere</strong> <strong>der</strong> Erkrankung zunimmt, so hebt<br />

dies auch die Notwendigkeit hervor, beide<br />

Variablen zu messen, um den tatsächlichen<br />

Effekt einer Behandlung bestimmen zu können.<br />

Kommentar<br />

Die Evaluation des Symptoms Stuhlinkontinenz<br />

basiert auf <strong>der</strong> subjektiven<br />

Einschätzung des einzelnen Patienten,<br />

wofür verschiedene Fragebögen existieren.<br />

Diese sind nur zum Teil evaluiert<br />

[1]. In Studien wird am häufigsten <strong>der</strong><br />

„Cleveland Clinic Score“ verwendet (in<br />

PubMedline über ca. 150 Originalartikel<br />

innerhalb <strong>der</strong> letzten fünf Jahre). In diesem<br />

werden neben Angaben zur Häufigkeit<br />

<strong>und</strong> Qualität <strong>der</strong> analen <strong>Inkontinenz</strong>,<br />

wie in vielen an<strong>der</strong>en Scoresys-<br />

coloproctology 30 · 2008 · Nr. 4 © Urban & Vogel 287


Bordeianou L, et al. <strong>Inkontinenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Lebensqualität</strong><br />

Journal Club<br />

temen, auch Fragen zur <strong>Lebensqualität</strong><br />

erfragt. So beinhalten viele Bögen Fragen<br />

zur Anzahl <strong>der</strong> am Tag verwendeten<br />

Vorlagen. Dadurch wird die <strong>Schwere</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Inkontinenz</strong> mit einer daraus möglicherweise<br />

folgenden Beeinträchtigung <strong>der</strong><br />

<strong>Lebensqualität</strong> in einem Fragebogen<br />

erfasst. In dem von Rockwood 1999 vorgestellten<br />

Fecal Incontinence Severity<br />

Index (FISI) werden die Qualität <strong>und</strong><br />

Häufigkeit <strong>der</strong> Stuhlinkontinenz in einer<br />

Matrix erfasst, in dem jedem einzelnen<br />

Feld eine Ziffer zwischen 1 <strong>und</strong> 20 zugeordnet<br />

ist [2]. Die Bewertung wurde<br />

durch ein zufällig ausgewähltes Kollektiv<br />

von Patienten <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>en durchgeführt,<br />

die für jedes Feld eine Einstufung<br />

<strong>der</strong> Wichtigkeit bezüglich <strong>der</strong> <strong>Schwere</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Inkontinenz</strong> durchführen sollte.<br />

Damit, so folgerte Rockwood damals,<br />

habe er ein Scoresystem vorgestellt, das<br />

zugleich eine Bewertung bezüglich <strong>der</strong><br />

<strong>Lebensqualität</strong> zulasse. Im Jahr 2000<br />

wurde ebenfalls von Rockwood mit<br />

dem Fecal Incontinence Quality of Live<br />

(FIQL) ein Fragebogen eingeführt, <strong>der</strong><br />

die Beeinträchtigung <strong>der</strong> <strong>Lebensqualität</strong><br />

durch die Stuhlinkontinenz erhebt. Er<br />

konnte nachweisen, dass die mit diesem<br />

Score erhobenen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

<strong>Lebensqualität</strong> spezifisch für die anale<br />

<strong>Inkontinenz</strong> sind [3].<br />

da bei Patienten mit schwerer <strong>Inkontinenz</strong><br />

die Anpassung an ein Leben mit<br />

dieser Beeinträchtigung so hoch ist, dass<br />

die <strong>Lebensqualität</strong> nicht in dem Maße<br />

erniedrigt ist, wie es zu vermuten wäre.<br />

Trotzdem wird die Annahme statistisch<br />

bestätigt, dass die <strong>Lebensqualität</strong> durch<br />

das Vorliegen einer Stuhlinkontinenz<br />

beeinträchtigt wird <strong>und</strong> die <strong>Lebensqualität</strong><br />

mit Verschlechterung <strong>der</strong> <strong>Inkontinenz</strong><br />

ebenfalls beeinträchtigt ist.<br />

Mittels Regressionsanalyse konnte<br />

in diesem Patientenkollektiv eine mäßige<br />

(FISI gegen FIQL) beziehungsweise<br />

schwache (FISI gegen SF-36) Korrelation<br />

nachgewiesen werden. Daraus folgern<br />

die Autoren, dass zur Beurteilung<br />

<strong>der</strong> Beeinträchtigung <strong>der</strong> Patienten aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Stuhlinkontinenz die Erhebung<br />

bei<strong>der</strong> Fragebögen notwendig sei.<br />

Im Rahmen von Studien ist eine solche<br />

valide Dokumentation wichtig. Allerdings<br />

ist die Erhebung des FIQL zeitaufwendig<br />

<strong>und</strong> den oft älteren Patienten<br />

ohne Anleitung nicht möglich. Deshalb<br />

verwenden wir bei Patienten mit Stuhlinkontinenz<br />

in <strong>der</strong> Routine den FISI, <strong>der</strong><br />

sich nach unserer Erfahrung in postoperativen<br />

Verlaufsbeobachtungen parallel<br />

zur allgemeinen <strong>Lebensqualität</strong> verbessert.<br />

In <strong>der</strong> nun vorliegenden Arbeit aus<br />

<strong>der</strong> Arbeitsgruppe von Rockwood wird<br />

die Annahme überprüft, dass das Vorliegen<br />

einer Stuhlinkontinenz die <strong>Lebensqualität</strong><br />

beeinträchtigt, indem FISI<br />

mit FIQL einerseits <strong>und</strong> SF-36 an<strong>der</strong>erseits<br />

verglichen wird. Nach <strong>der</strong> <strong>Schwere</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Inkontinenz</strong> wurden die Patienten<br />

in drei Gruppen mit geringer, mäßiger<br />

<strong>und</strong> schwerer <strong>Inkontinenz</strong> eingeteilt.<br />

Befragt wurden 502 Patienten einer<br />

hoch spezialisierten Ambulanz. Die<br />

<strong>Schwere</strong> <strong>der</strong> <strong>Inkontinenz</strong> in dieser<br />

Gruppe war sehr hoch (Mittel FISI 36,<br />

0–61). Ein Bias ist nicht auszuschließen,<br />

Literatur<br />

1. Baxter NN, Rothenberger DA, Lowry AC.<br />

Measuring fecal incontinence. Dis Colon<br />

Rectum 2003;46:1591–1605.<br />

2. Rockwood TH, Church JM, Fleshman JW, et<br />

al. Fecal incontinence quality of life scale:<br />

quality of life instrument for patients with<br />

fecal incontinence. Dis Colon Rectum<br />

2000;43:9–16;discussion 16–7.<br />

3. Rockwood TH, Church JM, Fleshman JW, et<br />

al. Patient and surgeon ranking of the severity<br />

of symptoms associated with fecal incontinence:<br />

the fecal incontinence severity<br />

index. Dis Colon Rectum 1999;42:1525–32.<br />

Dr. Dirk Weimann, Ludwigsburg<br />

288<br />

coloproctology 30 · 2008 · Nr. 4 © Urban & Vogel

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