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Kurzer Abriss der Geschichte Dörverdens (PDF) - tulifurdon.de

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Helmut Lohmann<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong> Dörver<strong>de</strong>n<br />

(Kurzfassung/ Stand Nov. 2013)<br />

Geologie und die Geographie<br />

Gewaltige Naturkräfte gestalteten das Gesicht unserer Heimat. Vor mehreren<br />

hun<strong><strong>de</strong>r</strong>ttausend Jahren haben sich riesige, bis zu über 1000 m dicke Eismassen<br />

(Gletscher) von Skandinavien über Nord<strong>de</strong>utschland bis an das Deutsche Mittelgebirge<br />

vorgeschoben. Die Wissenschaft kann belegen, dass es in unserem Gebiet 3 Eiszeiten<br />

gegeben hat.<br />

Wo nach <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten Eiszeit um 13.000 v. Chr. die Eisriesen abschmolzen, blieben die<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Stirn aufgeschobenen Erdwälle als "Endmoränen" und die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

herbeigeschleppten Massen als "Grundmoränen", liegen.<br />

Gewaltige Wassermassen sammelten sich in z.T. viele Kilometer breiten flachen<br />

Tälern (Urstromtälern) und flossen in nordwestlicher Richtung <strong>de</strong>m Meer zu. Aus<br />

zahllosen Mul<strong>de</strong>n und Rinnen, die das Eis ausgeschürft o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Schmelzwasser<br />

ausgestru<strong>de</strong>lt hatte, wur<strong>de</strong>n Seen und Bäche. In abflusslosen Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen entstan<strong>de</strong>n<br />

Moore o<strong><strong>de</strong>r</strong> Sümpfe.<br />

Die bis zu 21 km breite Weser-Aller-Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ist ein altes Urstromtal, in <strong>de</strong>m sich die<br />

Schmelzwässer sammelten und abflossen.<br />

Das Aller-Weser-Dreieck, <strong><strong>de</strong>r</strong> Name sagt es, wird von <strong>de</strong>n Flüssen Aller und Weser<br />

umschlossen. Die südliche Grenze ist die Kreisgrenze zum Landkreis Nienburg.<br />

Drei Landschaftstypen geben unserer Gemein<strong>de</strong> das Bild:<br />

• die Eystrup-Dörver<strong>de</strong>ner Dünenterrassen,<br />

• die Aller-Talsand-Auen ,<br />

• die Stedorfer Lehmplatte.<br />

Die Stedorfer Lehmplatte geht bis Ste<strong>de</strong>bergen in eine hochwassergefähr<strong>de</strong>te<br />

Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsmul<strong>de</strong> über.<br />

Diese Mul<strong>de</strong> wird heute durch künstliche Aufschüttungen. (Deich, Straße und<br />

Eisenbahn) überbrückt. Der diese Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung durchziehen<strong>de</strong> Überlandweg Ver<strong>de</strong>n-<br />

Dörver<strong>de</strong>n-Nienburg war im Mittelalter das Einfallstor zur Sta<strong><strong>de</strong>r</strong> Geest und zur Elbe.<br />

Die ursprünglich ausge<strong>de</strong>hnte Laubwaldbe<strong>de</strong>ckung dieser Landschaft wur<strong>de</strong> im frühen<br />

Mittelalter in die Auewaldzone, in das Bruch und auf die Dünenterrassen<br />

zurückgedrängt. Alte Waldbezeichnungen klingen in Flurnamen nach wie z.B. Loh und<br />

Lohof, Wiehbüsche, Barnstedter Holz, Westener Ahe.<br />

Der inzwischen erkannte Raubbau durch Rodung wur<strong>de</strong> 1852 gestoppt. Es kam von da<br />

an sogar zu einigen Aufforstungen.<br />

Die Dörfer bevorzugten als Standort <strong>de</strong>n hochwassergesicherten Geestrand und die<br />

Geestplateaus, welche innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Flussaue aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehm<strong>de</strong>cke hervorragen. Sie<br />

liegen am Schnittpunkt <strong>de</strong>s feuchten Grünlan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s trockeneren Geestlan<strong>de</strong>s. Die<br />

Höfe drängten zu dichten Haufendörfern zusammen.<br />

Geschichtliche Perio<strong>de</strong>n<br />

1


Einleitung<br />

Die frühe Besiedlung <strong>de</strong>s Raums ist durch heute noch zahlreich vorhan<strong>de</strong>ne<br />

Hügelgräber (angelegt etwa in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit von 2000 v. Chr. bis 1400 v. Chr.)<br />

nachgewiesen. So wird es als wahrscheinlich behauptet, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> alexandrinische<br />

Geograph Ptolemäus im 2. Jh. n. Chr. in einer Erdbeschreibung Dörver<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bezeichnung "Tulifurdon" erwähnt hat. »Ver<strong>de</strong>n nimmt das auch für sich in<br />

Anspruch!«<br />

In <strong>de</strong>n Jahren 1956-1958 durchgeführte wissenschaftliche Ausgrabungen in einer<br />

Weserranddüne an <strong><strong>de</strong>r</strong> B 215/Einmündung <strong>de</strong>s Barmer Weges hatten zum Ergebnis,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> dort gefun<strong>de</strong>ne Friedhof offensichtlich seit <strong><strong>de</strong>r</strong> frühesten Eisenzeit (etwa 800<br />

v. Chr.) bis zum 10. Jh. nach Chr. belegt wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Grabungen am Gemarkungsrand Westen/Hülsen (1989) kamen zum Ergebnis, dass die<br />

dortigen Fun<strong>de</strong> auf einen Siedlungsbeginn um Christi Geburt hinweisen.<br />

Sicher dürfen wir davon ausgehen, dass wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Nähe <strong><strong>de</strong>r</strong> Flüsse Weser und<br />

Aller auch schon viel früher Menschen in diesem Raum gelebt haben.<br />

Frühgeschichte<br />

Ur- und frühgeschichtliche Grabhügel bil<strong>de</strong>n einen kennzeichnen<strong>de</strong>n Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Landschaften Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sachsens.<br />

Mehrere Hügelgräber befin<strong>de</strong>n sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemarkung Diensthop links und rechts <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

heutigen Eisenbahnstrecke. Einzelne wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Gemarkungen Barme, Dörver<strong>de</strong>n<br />

sowie um Diensthop herum gefun<strong>de</strong>n.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> schon erwähnten Grabung in Hülsen fand man Hinweise auf ein Langhaus und<br />

Grubenhäuser aus <strong><strong>de</strong>r</strong> älteren Kaiserzeit (um Christi Geburt).<br />

Erste urkundliche Hinweise gibt es von 1059/1060 zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Ortschaft Dörver<strong>de</strong>n.<br />

Ab dieser Zeit mehren sich dann urkundliche Hinweise auf die Dörfer im heutigen<br />

Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong> Dörver<strong>de</strong>n.<br />

Mittelalter<br />

Aus <strong>de</strong>m späten Mittelalter gibt es Dokumente, die vom Kampf mit <strong>de</strong>m Hochwasser<br />

und ersten Deichbaumaßnahmen berichten. Der heutige Gemein<strong>de</strong>bereich hatte schon<br />

zu alter Zeit Be<strong>de</strong>utung durch die hier von Nor<strong>de</strong>n nach Sü<strong>de</strong>n führen<strong>de</strong> "Heerstraße<br />

durch die große Marsch". Auf dieser Straße zogen die Franken gen Ver<strong>de</strong>n, wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ten<br />

Pilger nach Sü<strong>de</strong>n, tummelte sich in unruhigen Zeiten viel Kriegsvolk.<br />

In späteren Zeiten treffen im Weser-Aller-Dreieck die politischen Interessen <strong>de</strong>s<br />

Bistums Ver<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>s Herzogtums Lüneburg und <strong><strong>de</strong>r</strong> Grafen von Hoya aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong>, die<br />

mit <strong>de</strong>m Rezess von 1575 beigelegt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Schne<strong>de</strong>nsteine (im Volksmund in Verkennung ihrer ursprünglichen<br />

Be<strong>de</strong>utung meist "Schwe<strong>de</strong>nsteine" genannt) kün<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Diensthoper<br />

Forst, bei Westen und in Hülsen von <strong><strong>de</strong>r</strong> geschichtlichen Vergangenheit.<br />

Ab 1681 existiert das braunschweigisch-lüneburgische Amt Westen-Thedinghausen<br />

(vorher: Verwaltungsbezirke Vogtei Dörver<strong>de</strong>n und Marschkirchspiel 1 ), bis 1705 im<br />

1 S. J. Osmers/Amt und Dorf Westen, S. 52 ff<br />

2


Fürstentum Lüneburg, ab 1705 im Kurfürstentum Hannover. 1852 – 1859 Amt Westen,<br />

daneben Amtsgericht Westen.<br />

1681 zog <strong><strong>de</strong>r</strong> erste lüneburgische Amtmann in <strong>de</strong>n Gutshof in Westen ein. Seine<br />

Machtbefugnisse waren groß. Er war zuständig für <strong>de</strong>n Vollzug <strong><strong>de</strong>r</strong> herzoglichen<br />

Verordnungen, die polizeilichen Ermittlungen, die Rechtsprechung und <strong>de</strong>n<br />

Strafvollzug, er zog Steuern ein, entschied über die Vergabe von Höfen, besaß ein<br />

Mitspracherecht in Kirchen- und Schuldingen.<br />

Seine Einkünfte bezog er aus <strong>de</strong>m Wirtschaftsbetrieb <strong>de</strong>s Gutes, <strong>de</strong>ssen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>eien in<br />

Westen, teilweise in Hönisch, Dörver<strong>de</strong>n und Hülsen lagen. 1681 baute er ein<br />

Brauhaus, das beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s hohe Einkünfte abwarf, weil es eine Monopolstellung<br />

einnahm.<br />

Der Amtmanns-Sitz hatte großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und das<br />

soziale Gepräge <strong>de</strong>s Dorfes Westen.<br />

Das Amt gehörte ab 1705 zum Kurfürstentum Hannover, war im 7-jährigen Krieg<br />

(1756-1763) 7 Monate von Franzosen besetzt. Plün<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und viele an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Belastungen setzten in dieser Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung stark zu.<br />

Noch während <strong>de</strong>s 7-jährigen Krieges wur<strong>de</strong> das heute noch existieren<strong>de</strong><br />

Amtshaus 1761/62 fertig gestellt – ein spätbarocker schloßartiger Backsteinbau<br />

mit Sandsteinglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung.<br />

1859 wur<strong>de</strong> das Amt Westen aufgelöst und sein Bezirk <strong>de</strong>m Amt Ver<strong>de</strong>n unerstellt.<br />

Mit <strong>de</strong>m 1.1.1885 ging das Amt Ver<strong>de</strong>n im neu geschaffenen Kreis Ver<strong>de</strong>n auf.<br />

„Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne“ Zeiten<br />

Um die Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts wur<strong>de</strong> in unseren Dörfern eine Verkoppelung (heute<br />

heißt das Flurbereinigung) durchgeführt. Die gemeinschaftliche Bewirtschaftung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zerstückelten und weit verteilten Ackerlän<strong><strong>de</strong>r</strong>eien wur<strong>de</strong> aufgegeben. Die ganze Flur<br />

wur<strong>de</strong> neu aufgeteilt. Die Beteiligten erhielten entsprechend ihrer früheren Besitzgrößen<br />

neue zusammenhängen<strong>de</strong> Stücke zugewiesen, die sich erheblich effektiver<br />

bewirtschaften ließen.<br />

Ein neues technisches Zeitalter für unsere Region brach an mit Planung und Bau einer<br />

Eisenbahnlinie in <strong>de</strong>n Jahren 1846/47 an. Den bisher wichtigen Verkehrswegen, <strong>de</strong>n<br />

Flüssen Weser und Aller sowie <strong>de</strong>n Landstraßen kam durch <strong>de</strong>n Bau <strong><strong>de</strong>r</strong> Eisenbahn<br />

zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Städten Bremen und Hannover nun eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Be<strong>de</strong>utung zu.<br />

Zuvor hatte es schon von manchen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke liegen<strong>de</strong>n Städten und Dörfern<br />

Proteste gegenüber <strong>de</strong>m "<strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> ver<strong><strong>de</strong>r</strong>blichen Unternehmen" gegeben.<br />

Am 12.12.1847 war es dann aber soweit, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Dampfzug auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke fuhr.<br />

Die Eröffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eisenbahn machte eine ausge<strong>de</strong>hnte Werbung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kaufleute<br />

möglich.<br />

Die Fahrzeit zwischen Bremen und Hannover dauerte damals 3 Std. 35 Min. Heute<br />

schafft ein mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner Zug die Strecke in rd. 50 Min.. Mit <strong>de</strong>n Zügen wur<strong>de</strong> auch die<br />

Brief- und Paketpost beför<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün<strong><strong>de</strong>r</strong>zeit am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts ist insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ortschaft<br />

Dörver<strong>de</strong>n eine starke Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von <strong><strong>de</strong>r</strong> bäuerlich geprägten Struktur hin zum<br />

Handwerk zu erkennen.<br />

3


1903 beginnt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bau <strong><strong>de</strong>r</strong> Eisenbahn von Ver<strong>de</strong>n nach Celle (über Wahnebergen,<br />

Westen, Hülsen). Am 20. März 1905 fin<strong>de</strong>n die Eröffnungsfeierlichkeiten für die<br />

Strecke Ver<strong>de</strong>n – Schwarmstedt statt.<br />

Noch nimmt die Landwirtschaft <strong>de</strong>n breitesten Raum im Erwerbsleben ein. Daneben<br />

auch die Fischerei. Im August 1902 wer<strong>de</strong>n 2000 Pfund Lachse, 1903 noch ein Stör<br />

von 235 Pfund gefangen. Das sollte sich aber bald än<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Große Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Landschaft bringt nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Eisenbahn die<br />

Weserregulierung bei Dörver<strong>de</strong>n/Stedorf. Baubeginn war 1911. Der Weserbogen<br />

(Lohofschleife) wird mit einem Kanalbau durchschnitten. Ein Stauwehr und ein<br />

Wasserkraftwerk sowie eine Schleuse wer<strong>de</strong>n errichtet. Ab November 1913 wur<strong>de</strong><br />

zuerst Strom durch Dampfkraft erzeugt. Ein halbes Jahr später gingen die ersten bei<strong>de</strong>n<br />

Wasserturbinen in Betrieb.<br />

Es ist vorstellbar, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsatz von Elektrik auch in <strong>de</strong>n ländlichen Bereichen<br />

starke Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen nach sich zog. Dies war im Handwerk sowie in <strong>de</strong>n Haushalten<br />

nach und nach spürbar.<br />

Fast zeitgleich tun sich in Hülsen starke Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen auf. Am 8. Juni 1911<br />

begannen in Hülsen die Arbeiten, einen Schacht in rd. 11 1/2 Monaten bis in die<br />

Steinsalzvorkommen abzuteufen. Bis zum Juni 1912 war man auf eine Tiefe von 630<br />

m vorgedrungen.<br />

Auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemarkung Ahnebergen hat man begonnen, einen Schacht in <strong>de</strong>n dortigen<br />

Salzstock zu treiben.<br />

Das Kaliwerk Hülsen war von 1912 bis 1924 in Betrieb. Zeitweise waren dort bis zu<br />

650 Personen beschäftigt. Der Ahneberger Schacht ging nicht in Betrieb und das<br />

Kaliwerk Hülsen musste geschlossen wer<strong>de</strong>n, weil die Weltmarktsituation einen<br />

wirtschaftlichen Betrieb nicht mehr erlaubte.<br />

Zeugen dieser Zeit sind in Hülsen noch sehr gut zu erkennen in Gebäu<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m<br />

Betriebsgelän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen NORKA sowie einem ganz neuen Ortsteil, <strong><strong>de</strong>r</strong> nördlich<br />

<strong>de</strong>s bisherigen Bauerndorfs Hülsen angelegt wur<strong>de</strong>. Von 1934 bis 1939 war auf <strong>de</strong>m<br />

Gelän<strong>de</strong> eine Motorsportschule untergebracht. Die Schächte wur<strong>de</strong>n als<br />

Munitions<strong>de</strong>pot ausgebaut.<br />

Aus dieser Zeit kommt auch eine weitere starke Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung. Im Wald bei Barme<br />

wur<strong>de</strong> eine En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 30-er Jahre eine Pulverfabrik, die "EIBIA", errichtet. Zwischen<br />

Dörver<strong>de</strong>n und Stedorf baute man als Unterkünfte für die dort Beschäftigten, das sog.<br />

Steinlager.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> EIBIA waren im Kriege Fremdarbeiter sowie auch Kriegsgefangene beschäftigt.<br />

So mancher ist unter <strong>de</strong>n gefährlichen Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Pulverproduktion<br />

umgekommen. Auf <strong>de</strong>m Friedhof an <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sstraße fin<strong>de</strong>n sich mehrere Gräber von<br />

Männern und Frauen aus <strong>de</strong>m westlichen und überwiegend aus <strong>de</strong>m östlichen Europa.<br />

Im Krieg ist es hier zu keinen flächenhaften Bombardierungen gekommen. Zum<br />

Kriegsen<strong>de</strong> fan<strong>de</strong>n im Gemein<strong>de</strong>bereich glücklicherweise keine spektakulären<br />

Kampfhandlungen statt. Allerdings gab es bei Kampfhandlungen im Bereich<br />

Barnstedt/Geestefeld doch einige Gefallene. Mehrere Gebäu<strong>de</strong>, auch Wohnhäuser,<br />

wur<strong>de</strong>n zerstört o<strong><strong>de</strong>r</strong> stark in Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen.<br />

4


Nach <strong>de</strong>m Krieg wur<strong>de</strong> das Steinlager mit Flüchtlingen und Heimatvertriebenen belegt.<br />

Im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Kalifabrik in Hülsen hat man ein Kreisflüchtlingslager für <strong>de</strong>n Kreis<br />

Fallingbostel eingerichtet. Unter <strong>de</strong>n beengten Verhältnissen und <strong>de</strong>n großen<br />

Umwälzungen gab es in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit kurz nach <strong>de</strong>m 2. Weltkrieg viel Kriminalität, Gewalt<br />

und mehrere Mor<strong>de</strong>. Das alles normalisierte sich unter <strong>de</strong>n langsam besser wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

wirtschaftlichen Verhältnissen. Das Kreisflüchtlingslager wur<strong>de</strong> aufgelöst und für<br />

etliche Bewohner in Hülsen Wohnungen gebaut. Im Steinlager in Dörver<strong>de</strong>n blieben<br />

viele Familien wohnen, die sich die Wohnungen verbesserten.<br />

Die Heimatvertriebenen integrierten sich in die Bevölkerung und wur<strong>de</strong>n hier<br />

sesshaft. Viele bauten ihre Häuser.<br />

In das EIBIA-Gelän<strong>de</strong> in Barme kann man heute gehen. Man fin<strong>de</strong>t dort viele nach<br />

<strong>de</strong>m Kriegsen<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Englän<strong><strong>de</strong>r</strong>n zerstörte Bunker. Die Produktionsanlagen und ein<br />

Kraftwerk waren zuvor abgebaut und als Reparationsleistung nach Großbritannien<br />

gebracht wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Siedlungstätigkeit und die gewerbliche Entwicklung nahmen einen stetigen<br />

Aufschwung. In Hülsen sie<strong>de</strong>lte sich schon bald nach <strong>de</strong>m Krieg die NORKA an.<br />

Heute gehört sie zu <strong>de</strong>n wichtigsten Betrieben in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong>.<br />

Im Barmer Wald wur<strong>de</strong> eine neue Kaserne gebaut, die 1958 von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr<br />

belegt wur<strong>de</strong> ("Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sachsenkaserne").<br />

Bis 1957 konnte man in Dörver<strong>de</strong>n noch mit einer Fähre die Weser überqueren. Ein<br />

Schild auf <strong><strong>de</strong>r</strong> westlichen Weserseite hatte folgen<strong>de</strong> Aufschrift:<br />

Kummst Du anne Werse un wullt da hinöber<br />

Denn nützt Di keen pfleitjen un ok keen Halaber<br />

Hau fast: up düt Isen hier mit düssen Hamer.<br />

Dat hört <strong>de</strong> Fährmann in Dönzen un Kamer.<br />

He kummt mit sin Schepp um di to halen.<br />

Du brukst nich to pfleitjen un ok nich to praeln.<br />

Weitere Fährstellen gab es noch bis 1962 in Barnstedt und bis 1967 in Westen über die<br />

Aller und in Barme über die Weser.<br />

Nach und nach bauten die Gemein<strong>de</strong>n die Infrastruktur aus.<br />

Erste Anzeichen einer Gebietsreform gab es, als Dörver<strong>de</strong>n und Stedorf sich<br />

1962 freiwillig zusammenschlossen und mit <strong>de</strong>m Bau einer Kanalisation<br />

begannen.<br />

Durch die Gemein<strong>de</strong> Dörver<strong>de</strong>n sowie durch die Gemein<strong>de</strong>n Hülsen und Westen<br />

wur<strong>de</strong>n die bestehen<strong>de</strong>n Dorfschulen durch Neubauten erheblich verbessert.<br />

Eine Gebietsreform 1972 führte nach teilweise harten Verhandlungen zu einer<br />

Neubildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong> Dörver<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n früheren Gemein<strong>de</strong>n Ahnebergen,<br />

Barme, Barnstedt, Diensthop, Dörver<strong>de</strong>n, Hülsen, Ste<strong>de</strong>bergen, Wahnebergen, Westen.<br />

Der Bahnhof Dörver<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> 1979 geschlossen und die Bahnstrecke von<br />

Wahnebergen bis Rethem 1992 stillgelegt. Mit starkem finanziellem Engagement <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gemein<strong>de</strong> unter Beteiligung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Landkreises Ver<strong>de</strong>n konnte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

5


Bahnhof Dörver<strong>de</strong>n am 28. Mai 2000 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> eröffnet wer<strong>de</strong>n. Täglich halten hier 50<br />

Personenzüge. Das ist ein großer Meilenstein für die weitere Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gemein<strong>de</strong>. Mit <strong>de</strong>m Zug ist man heute in 6 Minuten in Ver<strong>de</strong>n und in 26 Minuten in<br />

Bremen.<br />

Die stillgelegten Kalischächte in Hülsen sind seit Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 1970-er Jahre mit Rohöl<br />

gefüllt. Die Einlagerung dient <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalen Rohölreserve. Derzeit wird das Öl nach<br />

und nach wie<strong><strong>de</strong>r</strong> abgepumpt.<br />

Nach und nach wur<strong>de</strong>n z.T. bestehen<strong>de</strong> Infrastruktureinrichtungen ausgebaut wie z. B.<br />

- die Kanalisation in fast alle Ortschaften hinein<br />

- Wasserversorgung.<br />

- Gasversorgung in <strong>de</strong>n größeren Ortschaften<br />

- das Schulsystem einschließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> dazugehören<strong>de</strong>n Sporteinrichtungen<br />

- die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>gärten in <strong>de</strong>n größeren Ortschaften<br />

- Altenwohnungen<br />

- zwei Alten- und Pflegeheime<br />

Am 1.9.2003 wird die „Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sachsenkaserne“ in Barme nach 44 Jahren <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzung<br />

durch die Bun<strong>de</strong>swehr geschlossen. Zwischenzeitlich waren dort bis zu 4.000 Soldaten<br />

stationiert – zuletzt noch rd. 1.000.<br />

Die Gemein<strong>de</strong> versucht in Zusammenarbeit mit vielen Institutionen eine Nachnutzung<br />

<strong>de</strong>s Kasernenbereichs zu erreichen. Angesie<strong>de</strong>lt hat sich im Bereich <strong>de</strong>s früheren<br />

Soldatenheims ein gut besuchtes „Wolfcenter“. Heute (2013) gibt es ernsthafte<br />

Absichten, das Kasernen-Gelän<strong>de</strong> durch einen Gleisanschluss für gewerbliche<br />

Ansiedlungen zu erschließen. Die Kasernenbauten sind restlos entfernt. Das Bau- und<br />

Gleisbauunternehmen H. F. Wiebe GmbH beabsichtigt, dort einen großen Teil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fläche zu nutzen.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Ortschaft Westen steht an <strong><strong>de</strong>r</strong> Aller das ehemalige Amtshaus Westen, das 2006<br />

mit großem Aufwand renoviert wur<strong>de</strong> und jetzt für kulturelle, touristische und örtliche<br />

Veranstaltungen genutzt wird – mit Ausstrahlung in das gesamte Aller-Leine-Tal.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Ortschaft Dörver<strong>de</strong>n wird von 2010 bis 2012 durch die H. F. Wiebe-Stiftung das<br />

Kulturgut „Ehmken Hoff“ fertiggestellt. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Freifläche hinter <strong>de</strong>m Rathaus stehen<br />

nun zwei aus <strong>de</strong>m alten Dorfkern hierher versetzte historische Bauernhäuser (Ehmken<br />

Hoff und Kochs Hof) mit Nebengebäu<strong>de</strong>n. Der „Ehmken Hoff e.V.“ nutzt sie für<br />

kulturelle, soziale, integrative, heimatkundliche und Bildungszwecke.<br />

2013 wer<strong>de</strong>n große infrastrukturelle Baumaßnahmen abgeschlossen: in Dörver<strong>de</strong>n eine<br />

Brücke über die Bahnstrecke, am Bahnhof ein Fußgängertunnel und bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Weserschleuse in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stedorfer Feldmark wird eine neue auf größere Weserschiffe<br />

ausgelegte Schleusenkammer im Betrieb genommen.<br />

Dörver<strong>de</strong>n zeigt sich heute als ein relativ gut strukturiertes Grundzentrum, das die<br />

Grundbedürfnisse seiner Einwohner befriedigen kann.<br />

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