Symmetrie im geometrischen Kontext - Mohr.lehrer.belwue.de
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Pädagogische Hochschule Ludwigsburg – Institut für Mathematik und Informatik<br />
Geometrie (<strong>Mohr</strong>)<br />
<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
<strong>Symmetrie</strong> <strong>im</strong> <strong>geometrischen</strong> <strong>Kontext</strong><br />
Definition:<br />
1. Eine ebene geometrische Figur ist symmetrisch, wenn<br />
es min<strong>de</strong>stens eine nichttriviale Deckabbildung gibt.<br />
2. Eine Deckabbildung (o<strong>de</strong>r <strong>Symmetrie</strong>) ist eine<br />
Abbildung <strong>de</strong>r Ebene auf die Ebene, die die Figur auf<br />
sich selbst abbil<strong>de</strong>t.<br />
Es gibt stets die triviale Deckabbildung <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität<br />
Drehung um 0°).<br />
Mögliche Deckabbildungen:<br />
Drehung, Verschiebung (bei<strong>de</strong> orientierungstreu),<br />
Achsenspiegelung (nicht orientierungstreu), sowie<br />
Kombinationen davon.<br />
Beachte: Die Punktspiegelung ist eine spezielle<br />
Drehung (um 180°).<br />
Mit Bezug auf die Deckabbildungen spricht man von<br />
Achsensymmetrie, Dreh- o<strong>de</strong>r Rotationssymmetrie,<br />
Translationssymmetrie.<br />
Anmerkungen:<br />
1. <strong>Symmetrie</strong> <strong>im</strong> Raum kann analog <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies wird jedoch in <strong>de</strong>r Grundschule nicht<br />
angesprochen.<br />
2. <strong>Symmetrie</strong> bezeichnet mathematisch also nicht nur<br />
das Phänomen, dass eine Figur symmetrisch ist,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Abbildung, die <strong>de</strong>m Phänomen<br />
zugrun<strong>de</strong> liegt.
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Geometrie (<strong>Mohr</strong>)<br />
<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Die Gruppe <strong>de</strong>r Deckabbildungen (Die<strong>de</strong>rgruppe) <strong>de</strong>s<br />
Quadrats<br />
a 1 a 4 a 3<br />
a 2<br />
M<br />
Es gibt acht Deckabbildungen:<br />
– vier Achsenspiegelungen S 1 , S 2 , S 3 und S 4 an <strong>de</strong>n<br />
Achsen a 1 , a 2 , a 3 und a 4<br />
– vier Drehungen D 0 =Id (I<strong>de</strong>ntität), D 1 , D 2 und D 3 um <strong>de</strong>n<br />
Punkt M mit <strong>de</strong>n Drehwinkeln 0°, 90°, 180° und 270°.<br />
Die acht Abbildungen bil<strong>de</strong>n eine (nicht-kommutative)<br />
Gruppe, die Die<strong>de</strong>rgruppe <strong>de</strong>s Quadrats, mit folgen<strong>de</strong>r<br />
Verknüpfungstafel:<br />
(Beachte: Zuerst wird die Abbildung in <strong>de</strong>r linken Spalte ausgeführt, dann die in <strong>de</strong>r<br />
oberen Zeile.)<br />
○ D 0 =Id D 1 D 2 D 3 S 1 S 2 S 3 S 4<br />
D 0 =Id Id D 1 D 2 D 3 S 1 S 2 S 3 S 4<br />
D 1 D 1 D 2 D 3 Id S 2 S 3 S 4 S 1<br />
D 2 D 2 D 3 Id D 1 S 3 S 4 S 1 S 2<br />
D 3 D 3 Id D 1 D 2 S 4 S 1 S 2 S 3<br />
S 1 S 1 S 4 S 3 S 2 Id D 3 D 2 D 1<br />
S 2 S 2 S 1 S 4 S 3 D 1 Id D 3 D 2<br />
S 3 S 3 S 2 S 1 S 4 D 2 D 1 Id D 3<br />
S 4 S 4 S 3 S 2 S 1 D 3 D 2 D 1 Id
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Geometrie (<strong>Mohr</strong>)<br />
<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Grün<strong>de</strong> für die Behandlung <strong>de</strong>s Themas (1)<br />
<strong>Symmetrie</strong> ist eine fundamentale I<strong>de</strong>e o<strong>de</strong>r Kerni<strong>de</strong>e<br />
<strong>de</strong>s Geometrieunterrichts.<br />
Fundamentale I<strong>de</strong>en (Heinrich Winter, 1976, 2001) sind<br />
„I<strong>de</strong>en, die starke Bezüge <strong>de</strong>r Wirklichkeit haben,<br />
verschie<strong>de</strong>ne Aspekte und Zugänge aufweisen, sich<br />
durch hohen inneren Beziehungsreichtum auszeichnen<br />
und in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Schuljahren <strong>im</strong>mer weiter<br />
ausbauen lassen.“
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<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Grün<strong>de</strong> für die Behandlung <strong>de</strong>s Themas (2)<br />
Aspekte <strong>de</strong>r <strong>Symmetrie</strong>:<br />
• Formaspekt: zwei „Hälften“ einer<br />
(achsensymmetrischen) Figur<br />
• algebraischer Aspekt: Die Menge <strong>de</strong>r (mind. 2)<br />
Deckabbildungen (I<strong>de</strong>ntität und Achsenspiegelung)<br />
ist eine Gruppe <strong>de</strong>r Ordnung 2 o<strong>de</strong>r höher.<br />
• ästhetischer Aspekt: Achsensymmetrie als<br />
ästhetisches Prinzip<br />
• ökonomisch-technischer Aspekt:<br />
Achsensymmetrische Lösungen sind oft opt<strong>im</strong>al.<br />
• arithmetischer Aspekt: achsensymmetrische<br />
Anordnung von Punktmustern gera<strong>de</strong>r Anzahl bzw.<br />
<strong>de</strong>r negativen und positiven Zahlen<br />
• kognitiver Aspekt: Symmetrische Darstellungen und<br />
Zusammenhänge sind schneller erkennbar und<br />
speicherbar.<br />
• Ausbau <strong>im</strong> Laufe <strong>de</strong>r Schulzeit (Spiral-Curriculum):<br />
u.a. ebene Achsensymmetrie (PS),<br />
Punktspiegelung, Drehung, Verschiebung (Sek. I),<br />
rechnerische Behandlung in analytischer Geometrie<br />
(Sek. II)<br />
Konsequenz:<br />
Das Thema „<strong>Symmetrie</strong>“ ist in allen Lehr- und<br />
Bildungsplänen zu fin<strong>de</strong>n (auf nahezu allen Stufen).
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<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Behandlung <strong>de</strong>s Themas in <strong>de</strong>r Grundschule<br />
Beschränkung in zweierlei Hinsicht:<br />
1. Die Achsensymmetrie wird als die<br />
Kongruenzabbildung <strong>de</strong>r Ebene ausführlich behan<strong>de</strong>lt.<br />
Grün<strong>de</strong> dafür:<br />
a) Es ist die nächstliegen<strong>de</strong> <strong>Symmetrie</strong>.<br />
b) Eine exemplarische <strong>Symmetrie</strong> genügt zur<br />
Ver<strong>de</strong>utlichung <strong>de</strong>s Prinzips <strong>de</strong>r <strong>Symmetrie</strong>.<br />
c) Je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re Kongruenzabbildung <strong>de</strong>r Ebene ist<br />
als Verkettung mehrerer Achsenspiegelungen<br />
darstellbar.<br />
2. Es wer<strong>de</strong>n nur <strong>Symmetrie</strong>n ebener Figuren betrachtet<br />
(da anschaulicher).<br />
An<strong>de</strong>re Kongruenzen bzw. <strong>Symmetrie</strong>n (z.B.<br />
Verschiebungen bzw. räumliche Figuren) wer<strong>de</strong>n<br />
höchstens auf intuitiver Ebene, aber nicht systematisch,<br />
thematisiert.
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<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Voraussetzungen zur Behandlung <strong>de</strong>s Themas mit<br />
Grundschülern<br />
1. Alle Kin<strong>de</strong>r können zu Beginn <strong>de</strong>r Grundschulzeit<br />
symmetrische Eigenschaften erfassen. Grün<strong>de</strong>:<br />
Bestreben <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r nach Ordnung und Schönheit,<br />
Strukturierung ihrer Umwelt u.ä.<br />
2. Bekannt sind <strong>Symmetrie</strong>n<br />
• am Körper (Hän<strong>de</strong>, Arme, Beine, Gesicht usw.),<br />
• an Tieren (Schmetterlinge, Käfer, Fliegen, Vögel<br />
usw.),<br />
• an Bauwerken (Fensteranordnungen, Erker u.ä.),<br />
• an Gebrauchsgegenstän<strong>de</strong>n (Fernseher, Schrank,<br />
Lampen, Tisch, Stuhl, Löffel usw.).<br />
Störungen in <strong>de</strong>r <strong>Symmetrie</strong> verursachen Probleme:<br />
wackeln<strong>de</strong>r Stuhl, abstürzen<strong>de</strong> Papierschwalbe u.ä.).<br />
Später kann thematisiert wer<strong>de</strong>n, dass die Biologie<br />
genau genommen keine exakten <strong>Symmetrie</strong>n kennt (z.B.<br />
Gesicht)!<br />
3. Die Kin<strong>de</strong>r haben z.T. Erfahrungen <strong>im</strong> Herstellen<br />
symmetrischer Figuren durch Falten und Klecksen,<br />
Falten und Schnei<strong>de</strong>n, Legen o<strong>de</strong>r auch Spiegeln<br />
(Spiegelbild <strong>im</strong> See o<strong>de</strong>r Handspiegel).
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Stufung <strong>de</strong>r Schwierigkeitsgra<strong>de</strong><br />
Mögliche Aufgabenstellungen, geordnet nach<br />
steigen<strong>de</strong>m Schwierigkeitsgrad:<br />
• Erkennen von <strong>Symmetrie</strong>n: „Zeichne die<br />
Spiegelachse(n).“<br />
o einzelne Figur mit darin befindlicher <strong>Symmetrie</strong>achse<br />
(z.B. Verkehrszeichen, Gesicht, Buchstabe)<br />
o zwei symmetrische Figuren (z.B. zwei Autos, die<br />
aufeinan<strong>de</strong>r zu fahren; <strong>Symmetrie</strong>achse dazwischen)<br />
• Herstellen von <strong>Symmetrie</strong>n:<br />
o „Vervollständige die Figur, in<strong>de</strong>m du die fehlen<strong>de</strong><br />
Hälfte zeichnest.“<br />
Beispiele: halbes Männlein, halbes Gesicht, Wörter<br />
mit fehlen<strong>de</strong>r oberer Hälfte („Gehe<strong>im</strong>schrift“), halbe<br />
abstrakte Figuren (halbes Herz usw.).<br />
Diese Bil<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n von Kin<strong>de</strong>rn als unvollständig<br />
empfun<strong>de</strong>n, da sie sich das ganze Bild <strong>im</strong> Geist<br />
vorstellen können (z.B. Gesicht). Die Aufgabenstellung<br />
greift also ein Bedürfnis <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r auf.<br />
o „Spiegele das Bild nach rechts/links.“<br />
Beispiele: Auto, Haus usw.<br />
Diese Bil<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n als schon vollständig<br />
empfun<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re dann, wenn die<br />
<strong>Symmetrie</strong>achse die vorhan<strong>de</strong>ne Figur nicht berührt.<br />
Die Aufgabenstellung ist für Kin<strong>de</strong>r willkürlich.<br />
Außer<strong>de</strong>m gilt generell, dass die Lage <strong>de</strong>r<br />
<strong>Symmetrie</strong>achse <strong>de</strong>n Schwierigkeitsgrad beeinflusst von<br />
leicht (senkrecht) über mittel (waagerecht) bis schwer<br />
(schräg).
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<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
<strong>Symmetrie</strong> <strong>im</strong> fächerverbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Unterricht<br />
• <strong>Symmetrie</strong> an Kunstwerken<br />
• Sachunterricht: Wie funktioniert ein Spiegel?<br />
<strong>Symmetrie</strong> von Blättern, Tieren, Verkehrszeichen,<br />
Flaggen, Firmenzeichen, Fußballlogos usw.<br />
• Deutschunterricht: <strong>Symmetrie</strong>achsen in Buchstaben<br />
und Wörtern: HEIDI, DIE DICKE HEXE sowie<br />
Palindrome wie OTTO, RELIEFPFEILER, EIN<br />
NEGER MIT GAZELLE ZAGT IM REGEN NIE<br />
(GOETHE).<br />
• Arithmetikunterricht: <strong>Symmetrie</strong>achsen in Ziffern<br />
und Zahlen, Addition und Subtraktion „symmetrischer“<br />
Zahlen (Spiegelzahlen) ohne Zehnerübergang<br />
• Sportunterricht: Darstellen symmetrischer Figuren<br />
(und Körper) sowie gymnastische Übungen<br />
(Hampelmann, Spiegeltanz, Spiegellauf).
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<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Weitere Aktivitäten<br />
• Suchen von Fehlern in/Vervollständigen von „fastsymmetrischen“<br />
Bil<strong>de</strong>rn<br />
• Arbeiten am Geo-Brett (Spannen von Figuren mit<br />
Gummis)<br />
• Figuren mit mehreren <strong>Symmetrie</strong>achsen<br />
(Rechtecke, Quadrate usw.): Mehrfachfalten, Arbeit<br />
mit zwei (und mehr?) Spiegeln, Falt<strong>de</strong>ckchen<br />
• Lesen von Spiegel- o<strong>de</strong>r unvollständiger Schrift<br />
• An<strong>de</strong>re <strong>Symmetrie</strong>n: Ornamente, Spielkarten u.ä.
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Geometrie (<strong>Mohr</strong>)<br />
<strong>Symmetrie</strong> ebener Figuren<br />
Anwesenheitsaufgaben:<br />
1. Fin<strong>de</strong>n Sie alle Deckabbildungen für folgen<strong>de</strong> ebenen<br />
<strong>geometrischen</strong> Figuren: Kreis, Quadrat, Rechteck,<br />
regelmäßiges Fünfeck, Parallelogramm.<br />
2. Entwickeln Sie einen Zugang (Einstieg und erste<br />
Schritte) zur Behandlung <strong>de</strong>r Achsensymmetrie <strong>im</strong><br />
Unterricht auf <strong>de</strong>r Basis von<br />
• Legen<br />
• Falten<br />
• Falten und Schnei<strong>de</strong>n<br />
• Spiegeln mit einem Handspiegel<br />
• Falten und Klecksen<br />
• Zeichnen auf Gitterpapier<br />
Bewerten Sie <strong>de</strong>n Zugang <strong>im</strong> Hinblick auf ent<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>s<br />
Lernen, Lernen durch Handlung, spielerisches Lernen,<br />
produktorientiertes Lernen, Vor- und Nachteile.