Schulchronik Mittel-Podibrad, Buch 1.odt
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<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 1 von 59<br />
<strong>Schulchronik</strong> der Schule zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
(erstes <strong>Buch</strong>: 1836 bis 1935)<br />
verfaßt von den Hauptlehrern<br />
Johann Traugott Krinis, Friedrich Tschech, Gottlieb Schicha,<br />
Josef Zwikirsch, Gerhard Matzel und Erich Rosemann<br />
Vorwort<br />
Diese wörtliche Abschrift des ersten <strong>Buch</strong>es der "<strong>Schulchronik</strong> der Schule zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad" habe ich aufgrund einer<br />
Fotokopie des Originals erstellt, das 172 handschriftliche Seiten umfaßt. Nur die Fußnoten und die in eckigen<br />
Klammern eingeschlossenen Zusätze stammen von mir. Kurze Auszüge aus dieser Chronik wurden bereits im<br />
Strehlener Heimatblatt abgedruckt, siehe dazu meine Literaturliste.<br />
Das <strong>Buch</strong> liegt bei der Strehlener Heimatgruppe in Frankfurt/Main, Herrn Joachim Lellek, vor. Das zweite <strong>Buch</strong> der<br />
Chronik (Jahre 1933/35 ff.) sollte sich vor einigen Jahren in Töppendorf befinden. Laut Auskünften einiger<br />
Heimatforscher ist es aber dort nicht mehr vorhanden. So konnte ich davon bisher noch keine Kopie bekommen, um die<br />
Abschrift mit den Ereignissen der letzten Jahre zu vervollständigen. Um Hinweise wird gebeten.<br />
Dorsten, im Februar 2005 Peter Tscherny<br />
I. Teil<br />
Chronik der Schule zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
[Aufzeichnugen des Lehrers Johann Traugott Krinis, verfaßt wohl im April 1837:]<br />
Die erste Schule wurde von den hier angekommenen Böhmischen im unteren Teile <strong>Mittel</strong>-Podiebrads auf eigene Kosten<br />
durch die Gemeinden Ober-, <strong>Mittel</strong>- und Nieder-Podiebrad erbaut. Eine Zeitlang hatten diese Gemeinden keine eigene<br />
Schule, sondern schickten ihre Kinder nach Hussinetz. Im Jahr 1834 machte es die Kinderzahl, die den engen Raum der<br />
Schulstube nicht mehr faßte, nötig, daß eine neue Schule gebaut wurde. Zu dieser wurde am 15. April 1834 der Grund<br />
gegraben und am 24. April desselben Jahres der Grund gelegt. Die Einweihung erfolgte im Beisein des Königlichen<br />
Landrats, Herrn von Lembke am ... 1 1835. Der Bau geschah auf Kosten der Gemeinden Ober-, <strong>Mittel</strong>- und<br />
Niederpodiebrad und der zur Zeit erst gänzlich zum Schulverbande zugezogenen, ursprünglich deutschen Gemeinde<br />
Mehltheuer. Die Königliche Regierung zu Breslau, als Patron, schenkte zu diesem Neubau des Schulhauses 200 Rth.<br />
bares Geld und das erforderliche Holz. Mehltheuer hatte sich nur gastlich zur Schule gehalten, und zu den Bauten nichts<br />
beigetragen. Es kam dies daher, weil Mehltheuer nur deutsche Gemeinde war, ihre Kinder also auch in deutsche<br />
Schulen, daher nicht in die Schule zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, in welcher Böhmisch unterrichtet wurde, sondern in auswärtige<br />
schickten. Auf Vermittlung des Königlichen Landratsamtes zu Strehlen wurde Mehltheuer gänzlich zur Schule zu<br />
<strong>Mittel</strong>-Podiebrad geschlagen und mußte von der Zeit an den übrigen Ortschaften die Baukosten des neuen Schulhauses<br />
bewältigen helfen. Den Flecken Aue (ein Teil der sogenannten Viehweide), auf welcher die neue Schule erbaut wurde,<br />
gab die Gemeinde <strong>Mittel</strong>-Podiebrad; doch nur unter der Bedingung, daß ihr 1 Rth. Grundzins jährlich, der auf die alte<br />
Schule, welche die Witwe des Schullehres Johann Jäkel 1836 für 260 Rth. kaufte, gelegt wurde, als Entschädigung von<br />
den übrigen Schulgemeinden zugeführet wurde.<br />
Der zuerst an der Schule zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad angestellte Lehrer war ein böhmischer mit Namen Johann Tessars<br />
(deutsch Zimmer). Derselbe starb im Jahr 1804, den 4. Januar, nachdem er schon einige Zeit vorher das Schulamt<br />
niedergelegt hatte. George Jäkel war sein Nachfolger. Auf diesen folgte sein Sohn Johann Jäkel. Laut der den<br />
Schulakten zugefügten Vokation war er eine Zeitlang bei seinem Vater Hilfslehrer gewesen, und zwar bis zum 16. März<br />
1821, zu welcher Zeit er als selbständiger Lehrer angestellt wurde.<br />
Als solcher amtierte er bis zum 30. August 1836, an welchem Tage er früh um halb sechs Uhr an Lungenschwäche<br />
starb, nachdem er drei Wochen lang mehranteils im Bette zugebracht hatte. Dieser Johann Jäkel war der letzte<br />
böhmische Schullehrer.<br />
Ungefähr ein halbes Jahr vorher, ehe dieser starb, wurde ein Adjuvant, welcher der erste deutsche Lehrer an hiesiger<br />
Schule war, angestellt. Derselbe hieß Johann Traugott Krinis (anderwärts geschrieben Krinns, auch Krynis), aus<br />
Schlaupitz, Kreis Reichenbach gebürtig. Nachdem er den dreijährigen Seminar-Kursus zu Breslau (vom 18. April 1833<br />
bis 25. März 1836) durchgemacht und alsdann das Zeugnis Nr. ... 1 erhalten hatte, wurde er von Seiten des Königlichen<br />
1 Vom Verfasser zunächst offengelassen, später aber nicht ergänzt. Gleiches gilt für die folgenden Auslassungen
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 2 von 59<br />
Seminars zu Breslau im Auftrage der dortigen königlichen Regierung hierher bestimmt. Seine Bestimmung vom 25.<br />
März 1836 erfolgte laut Ausweise als Schullehrer an diese Schule, was aber aller Wahrscheinlichkeit nach ein Versehen<br />
sein mochte. Aus besonderen Gründen wurde dem Adjuvanten Krinis die erste Schulklasse und dem Schullehrer Jäkel<br />
die zweite zum Unterrichten überwiesen. Bisher hatten die anderwärts herrschenden Schulgesetze in der hiesigen<br />
böhmischen Schule nur wenig Eingang gefunden, sollten beim Antritt des jetzt angestellten deutschen Lehrers Krinis<br />
aber möglichst Eingang finden, woraus viele Feindlichkeiten entsprossen. Am meisten aufgebracht waren die hiesigen<br />
Böhmischen darüber, daß nun der Unterricht in der Schule auf hohen Befehl der Königlichen Regierung zu Breslau, der<br />
schon früher erlassen worden war, lediglich in der deutschen Sprache erteilt wurde. Was für Aufsätzigkeiten vorfielen,<br />
möge einiges hier aufgeführte aus dem Tagebuche des Krinis später noch dartun.<br />
1. Während der Schulstunde kam eine Frau namens Kupka aus <strong>Mittel</strong>-Podiebrad zu mir in die Schulstube und schimpfte<br />
mich und einige Schüler, die mir versagt haben sollten. Ihre morgentlich kranke Tochter kröche während der<br />
Schulstunde auf den Bäumen herum und suche Vogelnester. Kupka sagte immerwährend "Du" wider mich. Ich hieß sie<br />
hinaus gehen, was dieselbe auch befolgte, nachdem sie sich hinreichend ausgesprochen hatte. Da dies das erste<br />
Vergehen seit meinem Hiersein war, da ließ ich es an meiner Zurechtweisung genug sein.<br />
2. Einige Zeit später lief Kupka den Schulkindern aus Nieder-Podiebrad beim Nachhausegehen aus der Schule mit<br />
einem Holzscheite nach und wollte die Schulkinder damit deshalb schlagen, weil diese sie deutsch gegrüßt hatten.<br />
3. Den 16. ... kam der Stellenbesitzer Knorrek aus Nieder-Podiebrad zu mir und verteidigte seinen Sohn in Gegenwart<br />
einiger Schulkinder in der Schulstube, der von mir deswegen noch mehr gestraft worden war, als er auf Empfangen<br />
einer geringen Strafe seine Mütze unter den Arm nahm und sagte: sein Vater habe gesagt, wenn ich ihn (den Sohn)<br />
einmal strafen wollte, sollt er nur nach Hause kommen. Das Benehmen des Knorrek veranlaßte mich, beim Kgl.<br />
Landratsamte zu Strehlen Anzeige zu machen, was jedoch der Scholz Zimmer aus Nieder-Podiebrad, der von dem<br />
Vorgefallenen sogleich gehört hatte, dadurch verhinderte, daß er versprach, den Georg Knorrek mit 24-stündigem<br />
Arrest zu bestrafen. Doch da [er] der Bruder des Zimmers war und angeblich krank wurde, verwandelte das Ortsgericht<br />
die 24 Stunden Arrest - in 15 Sg. Ordnungsstrafe. Auch mußte Knorrek vor den Schulkindern Abbitte tun.<br />
4. Duschek, Stellenbesitzer in Nieder-Podiebrad, ließ mir durch Schulkinder sagen: Die deutsche Sprache sei nicht mehr<br />
wert, als daß man sich den ... darin wische, was mir auch von den Schulkindern ausgerichtet wurde.<br />
5. Nach Sage der Leute hatten sich 20 Weiber gegen mich verschworen. Mein Leben war dadurch gefährdet. Man<br />
gedachte mich wahrscheinlich jedoch durch ein solches Bündnis nur einzuschüchtern, und lies mich dies daher<br />
absichtlich, nur scheinbar zufällig wissen.<br />
6. An einem Sonntage gegen Abend verfolgten mich einige 18-jährige Menschen auf meinem Spaziergang nach<br />
Strehlen. Der Gefahr entging ich dadurch, daß ich vor Finsterwerden umkehrte. Da mir nichts widerfuhr, habe ich auch<br />
keine Anzeige davon gemacht.<br />
7. Der Sonntagsschüler Walter schrieb auf das Pult, daß die Absicht seines Kommens in die Schule nur sei, den Lehrer<br />
zu ärgern. Das Amtsgericht zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad hat den Walter auf mein Ansuchen mit zweistündigem Arrest bestraft.<br />
8. Am 13. Juni 1836 kam der Stellenbesitzer Tscherny aus Ober-Podiebrad zu mir und trieb die Schulkinder mit seinem<br />
Stocke in der Hand in die Schulstube zurück beim Nachhausegehen deshalb, weil sie ihn deutsch gegrüßt hatten.<br />
Tscherny stützte sich darauf, daß der Herr Pastor Tardy in Hussinetz den Konfirmanden befohlen habe, sie sollten die<br />
Böhmischen böhmisch grüßen. Vieler Schimpf wurde mir hierbei zuteil. Infolge meiner Anzeige wurde Karl Tscherny<br />
vom Kgl. Landratsamte zu Strehlen mit 6-stündigem Arreste bestraft.<br />
9. Wie man mich bezeichnet, beweist die Äußerung einer neuen Schülerin, Charlotte Heisral, die auf Befragen: Warum<br />
sie später als die anderen Schulkinder aus der Schule komme, geantwortet hat: "Das deutsche Schwein hat mich<br />
dabehalten". Diese Bezeichnung mußte ich selbst in der Schule, allwo sie häufig für mich gebraucht wurde, hören.<br />
10. Am 9. Juli 1836 kam das Eheweib des Stellbesitzers Wenzel Kipry aus <strong>Mittel</strong>-Podiebrad in die Schulstube und<br />
schalt mich, daß ich ihren Sohn, dem ich auf geführte Beschwerde seiner Mitschüler Läuse mit eigenen Fingern von den<br />
Kleidern gelesen, abgesondert von seinen Mitschülern gesetzt hatte. Hierbei sah ich mich genötigt, die Schule zu<br />
schließen und Anzeige beim Kgl. Landratsamte zu Strehlen zu machen. Kipry wurde nun zu 5 Tagen Arrest oder statt<br />
diesen zu 2 Rth. Geldstrafe verurteilt. Auf Verwenden des Amtsgerichts wurde ihr die Hälfte der Strafe erlassen, durfte<br />
also nur 1 Rth. bezahlen.<br />
12 1 . Vor einiger Zeit grüßte ich mehrere beieinanderstehende böhmische Leute, die anstatt mir zu danken, überlaut zu<br />
lachen anfingen. Fälle der Art sind schon zu mehreren Malen vorgekommen.<br />
13. Den Schulkindern ist beim deutschgrüßen in der Regel, besonders die erste Zeit zugerufen worden: "O ihr<br />
Verrückten!"<br />
1 Lehrer Krinis hat hier die Nummer 11 übersprungen.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 3 von 59<br />
14. Eine Weibsperson, die bei den Schulfenstern vorüberging, kehrte dem Fenster, vor welchem ich gerade stand und<br />
Federn schnitt, den Rücken und hob den Rock hoch in die Höhe.<br />
15. Den 5. Juli 1836 wurde ich von Marie Liebal, der Tochter des Stellbesitzers Wenzel Liebal aus Ober-Podiebrad und<br />
einigen anderen Sonntagsschülerinnen auf den Boden versperrt, währenddessen sich die übrigen Sonntagsschüler und<br />
-schülerinnen unter größtem Jubel im Hause herumbalgten. Auf Anraten des Herrn Pastors übergab ich diese Sache<br />
dem Scholzen Pech zu Ober-Podiebrad zur Bestrafung, der bei Forderung der Liebal zur Rechtfertigung von deren<br />
Eltern zur Antwort erhielt: sie ließen es darauf ankommen. Es blieb mir nichts übrig, als beim Kgl. Landratsamt in<br />
Strehlen Anzeige davon zu machen, welches die von mir eingesandte Klage an die Kgl. Regierung zu Breslau zur<br />
Strafbestimmung schickte, von der Marie Liebal zu 8-tägigen Stockhaus oder zu 5 Rth. Geldstrafe verurteilt wurde. Auf<br />
gütiges Verwenden des Kgl. Superintendenten, Herrn Kerner zu Türpitz, wurde die Strafe jedoch etwas gemildert.<br />
16. Am 8. August 1836 kam ich von Herrn Pastor Tardy aus der Altstadt Strehlen und wurde beim Häusler Kabatnik<br />
aus <strong>Mittel</strong>-Podiebrad von zwei etwa 15-jährigen Mädchen im Vorbeigehen mit einem Hund gehetzt.<br />
Am 25. Juli 1836 hielt der Kgl. Superintendent Herr Kerner in hiesiger Schule eine Kommission im Beisein des Herrn<br />
Pastors Tardy, der beiden Lehrer und des Orts- und Schulvorstandes ab, wobei die vorgefallenen Streitigkeiten<br />
geschlichtet, also auch vorstehende Vorfälle aus dem Tagebuch des Krinis, mit Ausnahme des letzteren Vorfalles, der<br />
sich später ereignete, besprochen wurden.<br />
Laut hohen Restrikts vom 6. September 1836 wurde wurde der Königliche Superintendent zu Türpitz, Herr Kerner von<br />
der Königlichen Regierung zu Breslau - Abteilung II beauftragt, dem derzeitigen hiesigen Hilfslehrer, Krinis, auf sein<br />
Gesuch um den durch den erfolgten Tod des Schullehrers Jäkel allhier erledigten Schullehrerposten zu eröffnen, daß, da<br />
Krimis erst am Ostertermine 1836 aus dem Seminar entlassen worden, seine definitive Anstellung nicht sogleich,<br />
sondern erst nach ganzjähriger Amtsführung, bis zu welcher Zeit er interimistisch angestellt wurde, nachfolgen könne.<br />
Zu bemerken ist, daß sich die hiesige Schulgemeinde alle erdenkliche Mühe gab, wieder einen böhmischen Schullehrer<br />
zu erhalten und deswegen Zusammenkunft an Zusammenkunft hier in der Schule hielt, damit ihr Plan anderen ein<br />
Geheimis bleiben sollte. - Sie erreichten ihre Absicht nicht.<br />
Den 15. Dezember 1836 wurde ein neuer Hilfslehrer bei hiesiger Schule interimistisch angestellt. Es war dies der eine<br />
Zeitlang in Prauß gewesene Hauslehrer Gottlieb Nuchte, gebürtig aus Nimptsch. Infolge seiner Vorstellung bei den<br />
Gemeindevorstehern, daß [das] Adjuvanten-Gehalt gänzlich unzulänglich sei, wurden ihm noch 5 Rth. über das<br />
repartierte Soll, wie dies bereits Krinis als Hilfslehrer bewirkt und gehabt hatte, von der Schulgmeinde zugesetzt.<br />
Den ... 183. wurden aus der Schulkasse 12 Stück Briegische Gesangbücher für hiesige Schule angeschafft.<br />
Den ... 1837 wurden durch Vermittlung des Königlichen Superintendenten, Herrn Kerner von der Königlichen<br />
Regierung zu Breslau der hiesigen Schule 5 Stück Briegische Gesangbücher geschenkt.<br />
Den 8. Februar 1837 holte sich der Inwohner Franz Kaufmann aus Mehltheuer ohne Vermissen des Lehrers Krinis aus<br />
der Schulstube seine Tochter Elisabeth, welche deshalb in der Schule zurückbehalten worden war, weil sie dem Gebot<br />
des Lehrers: Kein Kind, daß die Schule besucht, solle zur stattfindenden Fastnachts-Tanzmusik in den Kretscham<br />
gehen, offenbar zuwider gehandelt, zwei Nächte hindurch sich in diesem herumgetrieben, nicht das Aufgegebene<br />
auswendig gelernt hatte und zu wiederholtem Male zu spät in die Schule kam. Krinis zeigte dies dem Königlichen<br />
Landratsamte zu Strehlen an, welches auf großes Bitten durch Kaufmann mild genug verfügte: Dieser solle dem Krinis<br />
Abbitte tun, was auch vor dem Herrn Pastor Tardy am 4. März geschah.<br />
Den 16. Februar 1837 kam das Eheweib des hiesigen Häuslers Johann Kupka nach Beendigung der vormittagigen<br />
Schulstunde zum Lehrer Krinis und schimpfte denselben aus, daß er ihre Tochter Marie, bei der sich schon länger, denn<br />
seit einem Vierteljahre, Läuse auf den Kleidern zeigten, abgesondert von ihren Mitschülern gesetzt und zur Reinigung<br />
der Kleider angehalten hatte. Auf gemachten Antrag des Krinis beim Ortsgericht durch den Schulvorstand wurde das<br />
Eheweib des Kupka mit zwölfstündigem Arrest bestraft.<br />
Am 21. Februar 1837 kam der Häusler Franz Klimmesch von hier unter Beschimpfung und stellte den Krinis in<br />
halbtrunkenem Zustande über etwas zur Rede, worüber Krinis es nicht für pflichtlich hielt, Auskunft zu geben. Daher<br />
beschied dieser dem Klimmesch: Es solle derselbe nur für jetzt gehen und nüchtern kommen, dann werde er Auskunft<br />
erhalten. Klimmesch donnerte und wetterte: "Du verfluchter Sakvamentsy! Du verfluchter Schulmeister! Das Haus ist<br />
mein, die Türe gehört mir!" Krinis ergriff nun den Klimmesch bei der Hand und beförderte ihn ins Haus, verriegelte die<br />
Stubentür, worauf Klimmesch auf dem Hausflur fortlästerte und dazu noch mit dem Hilfslehrer Nuchte, der ihm dies<br />
untersagte, da schon mehrere Schulkinder sich einfanden, in Wortkampf geriet. Klimmesch sprang vor Wut beständig<br />
an der verriegelten Stubentür hierauf und knallte mit seinen Händen und Füßen ingrimmig daran. Infolge der<br />
desfallsigen Anzeige des Krinis beim Kgl. Landratsamte wurde von diesem ein Termin bestimmt. Als Zeugen waren<br />
von Krinis worden der Hilfslehrer Nuchte und der Schmied Sesulka, bei welchem letzten sich Klimmesch betrunken<br />
hatte. - Klimmesch kam nicht zum Termin. Ein neuer Termin ward deshalb angesetzt, in welchem Klimmesch, da er<br />
fußfällig um Verzeihung bat, zu vierundzwanzigstündiger Stockhausstrafe verurteilt wurde, und den Zeugen Nuchte 10
Sg. und dem Sesulka 5 Sg. für die Wege bezahlen mußte.<br />
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 4 von 59<br />
[Es folgen jetzt die Aufzeichnungen des Lehrers Friedrich Tschech:]<br />
Nachdem im Monat September 1836 erfolgten Ablebens des Schullehrer Jäkel zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, meldete sich zu<br />
diesem Schulposten der Schullehrer Friedrich Tschech aus Pentsch bei dem Königl. Superintendenten, Herrn Pastor<br />
Kerner zu Türpitz, welcher ohne Gesuch seine Bevorwortung bei der Königl. Regierung dem Tschech zusagte, so daß<br />
der letztere nicht einmal selbst bei der genannten Behörde um die in Rede stehende Versetzung einkommen durfte.<br />
Hierauf erhält am 16. April 1837 der Schullehrer Tschech zu Pentsch den Befehl, die dortige Schule augenblicklich zu<br />
schließen, und sich ungesäumt auf den Schulgarten nach <strong>Mittel</strong>-Podiebrad zu begeben. Dagegen hatte der<br />
interministische Lehrer Krinis den Befehl erhalten, den Schulposten in Pentsch zu übernehmen. Da nun ein solcher<br />
Tausch nicht nach dem Willen des Krinis war, so reisete derselbe sogleich nach Breslau, um dort persönlich bei der<br />
Königl. Regierung die Sache zu hintertreiben, konnte jedoch nichts ausrichten und mußte sich dem einmal gegebenen<br />
Befehl fügen.<br />
Am 18. April [1837] wurde der Umzug des Tschech und Krinis beendigt, und am 19. des Monats wurde zum ersten Mal<br />
von dem Tschech Schule in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad gehalten.<br />
Im Monat Juni 1837 hatte ein Schüler, namens Johann Duchatsch aus Ober-Podiebrad auf der Straße die Witwe Schulz<br />
aus Töppendorf mit gemeinen und häßlichen Schimpfworten ganz ohne Veranlassung angefallen, weshalb der<br />
Duchatsch von der Schülervertretern öffentlich mit Peitschenhieben bestraft wurde.<br />
In der Nacht des 26. August diesen Jahres [1837] gingen die Söhne des hiesigen Inwohners Wenzel Duchatsch, namens<br />
Wenzel und des Stellbesitzers Karl Taraba, namens Johann zu dem Stellbesitzer und Schülervorsteher Johann Gargula<br />
in Nieder-Podiebrad und stiegen dort in ein Gebäude, um Tauben zu stehlen. Da diese Tat durch andere Schüler dem<br />
Lehrer Tschech entdeckt wurde, so machte derselbe Anzeige bei dem Schülervorstande, und die Taubendiebe wurden<br />
öffentlich durch den Flurschützen mit Peitschenhieben bestraft.<br />
Zu Ostern des Jahres 1838 ging der hiesige interministische Adjuvant Gottlieb Nuchte in das Seminar nach Breslau zur<br />
Prüfung, jedoch fiel die letztere nicht günstig für denselben aus, welches seinen Austritt aus der Schule zur Folge hatte.<br />
An die Stelle des Nuchte kam am 23. April 1838 der Seminarist Robert Bekker, gebürtig aus der Stadt Öls, und blieb<br />
auf diesem Posten bis zum 2. November 1838, an welchem Tage (Allerheiligen) derselbe nach Allerheiligen, Kreis Öls<br />
als Adjuvant versetzt wurde.<br />
Vom 3. November 1838 bis zum 19. April 1839 ist die hiesige Adjuvantenklasse von dem Schulpräparanden Jäkel aus<br />
Hussinetz (gebürtig aus Strehlen) versehen worden.<br />
Am 20. April 1839 trat der Seminarist Heinrich Hintze, gebürtig aus Breslau, als Adjuvant hier ein.<br />
Im Jahr 1840 wurde das Einkommen des Adjuvanten dahin abgeändert, daß die von demselben bisher bezogenen 12<br />
Scheffel Deputatgetreide wegfielen, dagegen werden stattdessen und [statt] des bisher bezogenen Geldbetrages von<br />
diesem Jahr an jährlich 25 Rt. Gehalt und 48 Rt. Kostgeld dem Adjuvanten gezahlt.<br />
Da das Ziegeldach des Nebengebäudes bei hiesiger Schule von solchem schlechten Material war, daß alljährlich eine<br />
bedeutende Ausbesserung desselben nötig wurde, so ward selbiges im Jahr 1841 abgerissen und an seiner Stelle ein<br />
Strohdach mit Schindelfirsten aufgelegt.<br />
Aus gleicher Ursache mußte das Dach auf dem Schulgebäude im Sommer des Jahres 1845 gänzlich umgedeckt und mit<br />
wieder neuen Ziegeln versehen werden.<br />
In demselben Jahre [1845] erhielten die hiesigen Böhmen die Erlaubnis, daß von Ostern 1845 ab der Gottesdienst in der<br />
böhmischen Kirche zu Altstadt Strehlen wieder nur allein in böhmischer Sprache abgehalten werden dürfe, und daß die<br />
Kinder in den zur Parochie Hussinetz gehörigen Schulen wieder den Religions- und Leseunterricht in böhmischer<br />
Sprache erhalten können.<br />
Da den Gemeinden auch zugleich aufgegeben worden war, für böhmische Lehrer zu sorgen, so versammelten sich die<br />
Schülervertreter nebst dem Revisor, Herrn Pastor Tardy und mehrere andere Personen der Gemeinde Podiebrad in der<br />
hiesigen Schule und ersuchten den Schullehrer Tschech um die Abhaltung einer Katechisation mit den Kindern in<br />
böhmischer Sprache, um das Vermögen des genannten Lehrers, sich in böhmischer Sprache auszudrücken, zu<br />
erforschen.<br />
Da es das erste Mal war, daß sich der Lehrer - und noch dazu unvorbereitet - mit den Kindern in der genannten Sprache<br />
unterredete, so konnte allerdings nichts besonderes für ihn vermerkt werden, jedoch fanden sich die Schulvorsteher<br />
befriedigt.<br />
Höherenorts nun zu einer schriftlichen Erklärung aufgefordert, ob der Schullehrer Tschech in böhmischer Sprache<br />
unterrichten könne und wolle, erklärte derselbe: "Meine Kentnisse in der böhmischen Sprache, und das Geschick, mich<br />
darin auszudrücken, sind zwar nicht von der Art, daß ich etwas besonderes hierin zu leisten vermöchte, jedoch glaube
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 5 von 59<br />
ich bescheidenen Anforderungen in dieser Hinsicht wohl genügen zu können, meines guten Willens aber, die Erteilung<br />
des Lese- und Religionsunterrichtes in böhmischer Sprache zu übernehmen, können die Gemeinden Podiebrad immer<br />
versichert sein, wenn dieselben geneigt sind, das Acker-Entschädigungsgeld dahin zu erhöhen, daß mein gehalt<br />
wenigstens das Minumum des Schulreglements erreicht."<br />
Das bisherige Acker-Entschädigungsgeld beträgt 9 Taler; der Wunsch des Lehrers aber war, selbiges um 11 Taler<br />
erhöht, slso auf 20 Taler gesetzte würde, dazu aber waren vier Gemeinden, mit einer Einwohnerzahl von zwölfhundert<br />
Seelen zu arm, und diese Gemeinden warfen nun ihre Angeln in Form schriftlicher und mündlicher Einladungen an<br />
anderwärts wohnende böhmische Lehrer aus, den hiesigen einträglichen Schulposten zu übernehmen, allein -<br />
vergebens, denn bis Anfang November 1845 war noch keine Aussicht zur Verwirklichung ihres Planes vorhanden.<br />
Am 16. Dezember 1845 wendete sich der Schullehrer Tschech persönlich an die Königliche Regierung und trug unter<br />
den obwaltenden Verhältnissen auf seine Versetzung zu. Dieser Antrag wurde jedoch von der Hand gewiesen mit dem<br />
Bedeuten, daß der Schullehrer in Podiebrad bleiben müsse, weil er ja der böhmischen Sprache mächtig sei; jedoch solle<br />
das demselben fehlende Acker-Entschädigungsgeld von der Gemeinde vervollständigt dem Lehrer beschafft werden.<br />
Hierbei erklärte der Dezernent, Herr Schulrat Menzel ausdrücklich: jeder Schullehrer hat für zwei Kühe und ein<br />
Schwarzvieh die Hufungs-Entschädigung zu fordern, und es ist feststehender Satz bei der Regierung, daß für eine Kuh<br />
jährlich zwölf Taler, für das Stück Schwarzvieh aber die Hälfte, in Summa also dreißig Taler gezahlt werden.<br />
Da dem Lehrer Tschech eine kleine Schulwiese im Stockteich zur Benutzung überwiesen ist, und derselbe diese Wiese<br />
auch noch zu behalten wünschte, so verzichtete er deshalb auf das Hufungs-Entschädigungsgeld für das Stück<br />
Schwarzvieh, und stellte seine Forderung nur auf vierundzwanzig Taler, so daß die Gemeinden einen jährlichen Betrag<br />
von fünfzehn Talern mehr zu entrichten haben.<br />
Aber diese 15 Taler ist die Repartition von dem Königl. Kreis-Steueramt zu Strehlen unterm 19. Dezember 1845<br />
ausgefertigt, und von Seiten des Landratsamtes unterm 23. Dezember 1845 den Schulgemeinden zugefertigt worden.<br />
Dieses Schriftstück befindet sich bei den Schulakten.<br />
Am 1. Juni 1846 wurde der bei hiesiger Schule bisher angestellt gewesene Adjuvant Heinrich Hintze von der<br />
Königlichen Regierung als Schullehrer nach Rogelwitz, Kreis Brieg versetzt, und an seine Stelle trat Friedrich<br />
Hubatschek, ein Webergesell aus Hussinetz, welcher im folgenden Jahre das Examen im Seminar zu Bunzlau machte,<br />
und als Adjuvant bei der hiesigen Schule bis Ende März 1850 blieb. Von hier aus kam derselbe als Schullehrer nach<br />
Tschernin bei Polnisch Wartenberg.<br />
Den Monat April 1850 hindurch wurde die Adjuvantenklasse von dem Adjuvanten Schicha aus Hussinetz<br />
interministisch unterrichtet, und am 1. Mai wurde wieder ein Webergeselle aus Hussinetz, namens Gottlieb Schicha als<br />
Lehrer in die hiesige zweite Schulklasse gestellt, welcher bis zum 1. Mai 1851 daselbst verblieb.<br />
An dessen Stelle trat vom 1. Mai bis Ende September 1851 ein Knabe aus Hussinetz, namens Kreuz, welcher sich nicht<br />
einmal in seiner böhmischen Muttersprache verständlich auszudrücken vermochte.<br />
Am 1. Oktober 1851 wurde der Webergesell Friedrich Silber aus Hussinetz in der hiesigen Schule als Adjuvant<br />
angestellt, und verblieb in dieser Stellung bis Ende Juni 1856, zu welcher Zeit er als Schullehrer nach Petersgrätz bei<br />
Groß Strehlitz ging.<br />
Vom 1. Juli bis Ende Dezember 1856 wurde die Adjuvantenklasse vom Adjuvanten Schicha aus Hussinetz unterrichtet.<br />
Am 1. Januar 1857 übernahm der Schulpräparand Johann Tscherny aus Ober-Podiebrad als Hilfslehrer die<br />
Adjuvantenklasse.<br />
Der bisherige Genußzettel der Adjuvanten wurde auf Befehl des Königlichen Regierung im Jahre 1857 verbessernd<br />
umgeändert und auf 64 Taler bar Gehalt, 3 Klafter á 60 Scheite Kiefern-Beilholz, 10 Schf. 3½ Mtz. Roggen und 2 Schf.<br />
¾ Mtz. Gerste festgestellt.<br />
Auf Befehl der Königlichen Regierung ist vom 1. Januar 1860 ab das bare Gehalt des Schullehrers um 20 Taler<br />
vergrößert, das heißt von 50 Talern auf 70 Taler gestellt worden.<br />
Ein Gedenktag nach fünfzig Jahren<br />
Am 3. Dezember 1862 schrieb der König Wilhelm seinem Minister: "Im nächsten März werden es 50 Jahre, daß auf<br />
den Aufruf meines in Gott ruhenden Vaters das preußische Volk sich zu dem großen Kampfe des Befreiungskrieges<br />
unter die Massen stellte: Ich halte es für angemessen, daß die Erinmnerung ann den Beginn der ruhmvollen Taten der<br />
Arme, welche diese Zeiten zu den glänzendsten in der preußische Geschichte gemacht haben, am Jahrestage der<br />
Erichtung der Landwehr, gefeiert werde."<br />
Infolge vorstehender Verordnung wurde auf den 17. März 1863 eine Schulfeier angeordnet, zu welchem Zweck vorher
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 6 von 59<br />
der Schule ein Schriftstück, betitelt: "Schulfeier am 17. März 1863" zugesendet wurde, in welchem vorgeschrieben war,<br />
was was der Lehrer vor und während der genannten Feier mit den Schülern vorzunehmen habe. Das letztere ist auch<br />
geschehen.<br />
Da aber mit dieser Schulfeier auch eine kirchliche Feier verbunden war, so wurden am genannten Tage die hiesigen<br />
Schüler von ihren beiden Lehrern, unter dem Gesange patriotischer Lieder, bis vor die Pfarrwohnung in Hussinetz<br />
[geführt]. Daselbst vereinigten sich beide Schulen, die von Hussinetz und Podiebrad, und gingen unter Begleitung des<br />
Herrn Pastor Tardy und der Kirchen- und Schulvorsteher von Hussinetz und Podiebrad in die Kriche.<br />
Nach Beendigung des Gottesdienstes wurden die hiesigen Schüler unter dem Gesange patriotischer Lieder wieder<br />
zurück geführt.<br />
Das Friedensfest im Jahr 1866<br />
Nach der schnellen und siegreichen Beendigung des Krieges gegen die Feinde Preußens wurde am 11. November 1866<br />
ein allgemeines Friedensfest in Schulen und Kirchen der preußischen Monarchie gefeiert. Zu diesem Zweck wurden in<br />
der hiesigen ersten Schulklasse die Lieder: "Friedrich Karl, der edle Ritter", "Herr in des Himmels Höh'n" und "Sei<br />
gefeiert, holder Friede" eingeübt und gesungen.<br />
Am vorgenannten Tage, früh 8 Uhr, versammelten sich in der Wohnstube des Schullehrers Tschech hierselbst die von<br />
den Schlachtfeldern glücklich zurückgekehrten böhmischen Krieger aus den Gemeinden Töppendorf, Mehltheuer,<br />
Ober-, <strong>Mittel</strong>- und Nieder-Podiebrad. Nun gingen die hiesigen Schulklassen in Begleitung beider Lehrer und gefolgt<br />
von den Kriegern bis vor die Schule zu Hussinetz, woselbst sich die dortige Schule mit den daselbst versamamelten<br />
Kriegern anschloß. Nun ging der ganze Zug in folgender Ordnun nach der böhmischen Kirche: Zuerst die hiesige<br />
Schule, dann die Schule von Hussinetz, dann ein chor Posaunenbläser und zuletzt die Krieger, geführt von einem<br />
ebenfalls aus dem Feldzuge zurückgekehrten Sohn des Herrn Pastor Tardy. Die Kirche war mit Kränzen und Girlanden<br />
festlich geschmückt. nach Beendigung der kirchlichen Feier kehrte jedes wieder in seine Wohnung zurück.<br />
Am 26. Dezember 1867 starb der hiesige Adjuvant Johann Cerny nach 13-tägigen Krankenlager, nach ärztlicher<br />
Angabe am Thyphus in einem Alter von noch nicht dreißig Jahren, von allen Einwohnern der vier Schulgemeinden<br />
beweint und beklagt. Er verstand es, die Liebe der Eltern und kleinen Kinder sich zu erwerben. Ehre seinem Andenken!<br />
Nach dem Restrikt der Königlichen Regierung zu Breslau vom 11. April 1868 ist zur Verbesserung des Einkommens<br />
des Lehrers an der evangelischen Schule zu Podiebrad ein Zuschuß 13. Rt., 10 Sgr. jährlich für die Zeit von 1. Januar<br />
1867 bis Ende 1871, also auf die Dauer von fünf Jahren ausgesetzt worden: der Betrag pro 1867 ist sofort, der pro 1868<br />
und die folgenden Jahre immer am 1. Juni und 1. Dezember in halbjährigen und gleichen Raten zu zahlen. Die darüber<br />
lautenden Schriftstücke, die hierüber das Nähere sowie auch die form der auszustellenden Quittungen besagen, sind in<br />
den Schulakten "Die Anstellung und das Einkommen des Schullehrers zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad betreffend" beigefügt.<br />
[Nachfolgende Aufzeichnungen stammen vom Lehrer Gottlieb Schicha:]<br />
Am 12. Juni 1869, morgens um 9 Uhr starb der hiesige Lehrer Friedrich Tschech nach einem nur kurzen Krankenlager;<br />
sein Amt als Lehrer hierselbst trat er am 18. April 1837 an. Mit dem Tode des Adjuvanten Cerny (Weihnachten 1867)<br />
verwaltete er auch den Adjuvantenposten mit, im letzten Jahr mit Hilfe des Schulpräparanden Merwart aus Hussinetz.<br />
Die Todesanzeige, welche der Vorstand der evangelisch-reformierten (böhmischen) Schulgemeinde Podiebrad in der<br />
Schlesischen Zeitung - 1. Beilage zu Nr. 275 pro 1869 - hat erscheinen lassen, lautet wörtlich:<br />
"Am 12. dieses Monats, früh 8½ Uhr entschlief sanft und still während seiner Amtstätigkeit unser unvergeßlicher,<br />
vielgeliebter Lehrer und Freund, Herr Friedrich Tschech, 67 Jahr, 4 Monate alt; derselbe war überhaupt 48 Jahre im<br />
Amte, seit einigen [seit mehr als] 30 Jahren ein wahrhaft väterlicher Seelsorger unserer Jugend. Durch unermüdlichen<br />
Fleiß im Beruf, durch stets diensferiges, uneigennutziges Wesen, durch seinen christlichen Lebenswandel bis an seinen<br />
so unerwartet plötzlich eingetretenen Tod hat er sich die Liebe seiner Schüler und sämtlicher zum Schulverbande<br />
gehörigen Gemeindeglieder in hohem Grade erworben. - Sanft ruhe seine Asche!"<br />
An Stelle des Verstorbenen wurde von der Schulgemeinde der Lehrer Bohumil Schicha aus Tschermin, Kreis Groß<br />
Wartenberg als Lehrer von Podiebrad gewählt; die Königliche Regierung bestätigte diese Wahl und so trat der<br />
Genannte am 1. Oktober 1869 sein Amt als Lehrer hierselbst an. Der Schulunterricht ging [fing] erst am 7. Oktober an.<br />
Bis zum 20. Februar 1872 unterrichtete der Lehrer Schicha die drei Klassen der Schule allein; am genannten Tage trat<br />
Lehrer Wagner aus Breslau als Adjuvant hier an, verließ aber schon nach 10 Monaten - am 20. Dezember 1872 - sein<br />
hiesiges Amt, und zwar plötzlich und ohne gekündigt zu haben. Er kam als Lehrer nach Dörndorf, Kreis Oels. Er bezog<br />
ein Einkommen von 130 Reichstalern.<br />
Bis zum 16. April 1873 unterrichtete der Lehrer Schicha wieder alle Klassen allein; am genannten Tage übernahm die<br />
Adjuvantenstelle hierselbst der Lehrer Merwart aus Hussinetz. Zu Michaelis desselben Jahres wurde ihm die
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 7 von 59<br />
Anjuvantenstelle in Hussinetz angetragen, nachdem ihm aber die Schulgemeinde eine jährliche Zulage von 40<br />
Reichstalern für die Zeit seines Hierseins zugesichert hatte, blieb er. (170 Reichstaler)<br />
Im Jahre 1869 und 1870 wurde eine größere Reparatur an dem hiesigen Schulgebäude ausgeführt und das Dach auf dem<br />
Wirtschaftsgebäude neu gelegt; die Kosten betrugen 185 Reichstaler, - Sgr., 3 Pfg. und wurden von der<br />
Schulgemeinde getragen. Ebenso wurden im Herbst 1873 einige Reparaturen ausgeführt; die Kosten betrugen 45 Rt. 25<br />
Sgr. und wurden ebenfalls von den Schuleingesessenen aufgebracht.<br />
Am 26. April 1874 starb der langjährige Revisor hiesiger Schule, Herr Pastor von Tardy in Hussinetz und wurde am 29.<br />
desselben Monats unter zahlreicher Beteiligung der Gemeinde auf dem Hussinetzer Kirchhof begraben. Das Revisorat<br />
über die Schule wurde von der Königlichen Regierung dem Pastor Herrn Haacke in Strehlen übertragen.<br />
Im Oktober 1875 wurden die Dielen im ersten Klassenzimmer neu gelegt. Die Kosten dafür, sowie für einige<br />
Reparaturen, z. B. Instandsetzung der Aborten etc. betrugen 198 Mark, 50 Pf. Die Königliche Regierung wurde<br />
nachträglich gebeten, zu diesen Kosten zwei Drittel beizutragen.<br />
Am 1. August 1876 verließ Adjuvant Herr Mervart seinen hiesigen Posten, um als Lehrer nach Masslisch-Hammer bei<br />
Katholisch Hammer im Kreise Trebnitz zu gehen. Die Verwaltung des Adjuvanten-Postens übernahm der erste Lehrer,<br />
da ein Adjuvant nicht zu erlangen war.<br />
laut Bestimmung der Königlichen Regierung zu Breslau wurde das Einkommen des hiesigen Adjuvanten vom 1. Januar<br />
1876 von 390 Mark auf 510 Mark erhöht.<br />
Vom 1. April 1877 ab übertrug die Königliche Regierung den hiesigen, seit 1. August 1876 erledigten<br />
Adjuvantenposten dem Seminar-Abiturienten (Creutzburg) Georg Hase aus Breslau, welcher sein Amt am 5. April 1877<br />
antrat.<br />
Im Monat September 1876 ordnete die Königliche Regierung an, daß die hiesige Adjuvantenstelle zu einer<br />
selbständigen zweiten Lehrerstelle mit dem Minimaleinkommen von 810 Mark umgewandelt wurde. Die<br />
Schulgemeinde erhob Protest gegen dieses Projekt, darauf hinweisend, daß jetzt schon die Leistungen für die Schule<br />
beinahe unerschwinglich seien, und es ihr daher nicht möglich sei, die für einen selbständigen Lehrer erforderliche<br />
Wohnung herzustellen und 300 Mark mehr Gehalt aufzubringen; sie verstand sich aber dazu, das Einkommen des<br />
Adjuvanten um weitere 150 Mark zu verbessern, respektive auf 600 Mark zu erhöhen. Die Königliche Regierung stand<br />
infolgedessen von ihrem oben gedachten Projekt ab und bestätigte unterm 7. Juni dem unterm 11. Mai desselben Jahres<br />
von den Gemeinde- und Schulvorständen aufgestellten Nachtrag zum Genußzettel (Verteilungsplan), auf welchem vom<br />
1. Januar 1877 ab des Gesamteinkommen des hiesigen Adjuvanten exclusive Holz und Wohnung 660 Mark beträgt.<br />
Vom 1. Januar ab bezieht die Nählehrerin 36 Mark jährliche Remuneration (statt der bisherigen 24 Mark).<br />
Im Monat August 1877 wurde ein neuer Ofen in der Adjuvantenwohnung gesetzt, da der alte unbrauchbar geworden<br />
war. Außerdem wurde das Dach auf dem Haupt- sowie Nebengebäude durch Remesch aus Töppendorf ausgebessert;<br />
endlich wurden alle Fenster sowie die Türen bei der Lehrerwohnung mit weißer Farbe angestrichen. Die gesamten<br />
Reparaturkosten betragen laut der ausgestellten Rechnung 111 Mark, 20 Pf.<br />
Vom 1. Juli 1878 hat der zweite Lehrer, G. Hase, seine 6-wöchige Dienstzeit bei 2. Schesischen Grenadier-Regiment<br />
Nr. 11 (7. Kompanie) in Breslau absolviert und wurde während dieser Zeit dessen Klasse durch den ersten Lehrer mit<br />
versehen.<br />
Ende Juni 1879 wurde der Herr Pastor Chlumsky in Hussinetz von der Königlichen Regierung in Breslau mit der<br />
interministischen Verwaltung der Lokal-Schul-Inspektion der hiesigen Schule betraut.<br />
Am 1. September 1879 verließ der Adjuvant Hase den hiesigen Adjuvantenposten, um eine Lehrerstelle an einer der<br />
städtischen Elementarschulen in Breslau zu übernehmen. Die Verwaltung der Adjuvantenstelle mußte wiederum der<br />
erste Lehrer, Schicha, übernehmen. Der Antrag des Lokalschulinspektors um Wiederbessetzung der Stelle zum 1.<br />
Oktober desselben Jahres wurde nicht berücksichtigt. Auch das Gesuch des hiesigen Schulvorstandes vom 17. Februar<br />
1880, die Königliche Regierung möge den hiesigen Adjuvantenposten dem Seminar-Abiturienten Tscherny verleihen,<br />
blieb ohne Erfolg, und blieb die Stelle auch von Ostern ab unbesetzt.<br />
Durch Verfügung der Königlichen Regierung vom 24. Juni 1880 wurde der Schulamtskanditat Gustav Arndt aus Groß-<br />
Jenkwitz zum Adjuvanten an die hiesige Schule designiert, und sollte derselbe am 1. Juli sein Amt antreten, wegen<br />
Krankheit erhielt er aber einen einmonatlichen Urlaub und trat erst am 9. August hier ein. Die interministische<br />
Verwaltung der Adjuvanten-klasse dauerte diesmal volle 11 Monate.<br />
Durch Verfügung der Königlichen Regierung vom 17. April 1880 ist der Herr Pastor Chlumsky der interministischen<br />
Verwaltung der Lokalschulinspektion über die hiesige Schule wiederum enthoben worden, und wurde dieselbe dem<br />
Herrn Pastor prim. Haacke in Strehlen übertragen.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 8 von 59<br />
[Nachfolgende Aufzeichnungen stammen vom Lehrer Josef Zwikirsch:]<br />
Ende September 1882 verließ Adjuvant Arndt seinen Posten, um seine Lehrerstelle in einer der städtischen<br />
Elementarschulen zu Brieg zu übernehmen.<br />
Am 1. Oktober 1882 trat nach Verfügung der Königlichen Regierung der Schulamtskandidat Josef Zwikirsch (Seminar<br />
Steinau a. O.) aus Straußeney, Kreis Glatz sein Amt als Adjuvant der hiesigen Schule an.<br />
Am 20. Dezember 1882, früh um 1½ Uhr starb der hiesige Lehrer Bohumil Schicha nach 3-wöchentlichen schweren<br />
Krankenlager. Er trat hier sein Amt am 1. Oktober 1869 an. Der Nachruf, welcher in der Strehlener Zeitung (Nr. 104<br />
pro 1882) erschien, lautet wörtlich:<br />
"Am 20. Dezember dieses Jahres starb nach 3 wöchentlichen schweren Krankenlager der Lehrer und<br />
Gemeindeschreiber Gottlieb Schicha in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad im kräftigsten Mannesalter 2 Tage vor Vollendung seines 53.<br />
Lebensjahres. Die Persönlichkeit dieses allgemein geachteten und beliebten Mannes rechtfertigt einen besonderen<br />
Nachruf über sein Grab hinaus, zu dem er am Vorabende des Christfestes von einer Trauerversammlung begleitet<br />
wurde, welche durch ihre imposante Anzahl ein sprechendes Zeugnis davon ablegte, daß ein guter und edler Mensch<br />
beerdigt wurde. Der Dahingeschiedene, welcher aus Hussinetz gebürtig war, hatte sich in seinen Jugendjahren dem<br />
inneren Drang folgend vom Webstuhle losgerissen, um sich dem mühevollen Lehrerberuf zu widmen. Durch<br />
beschwerliches und eifriges Selbstsstudium erreichte er ohne jede vorangegangene Seminarbildung - ein Auto-didakt<br />
im vollsten Sinne des Wortes - sein vorgestecktes Ziel und wurde zunächst an seinem Heimatorte Hussinetz als zweiter<br />
Lehrer angestellt. Nach neunjähriger treuer Amtswirksamkeit daselbst übernahm der Entschlafene die Schulstelle einer<br />
im Polnisch-Wartenberger Kreise belegenen böhmisch-reformierten Gemeinde, gründete dort durch seine Verheiratung<br />
einen eigenen Hausstand und wurde nach einer Reihe von Jahren zum ersten Lehrer an der in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
belegenen Volksschule berufen. Hier hat er nun während eines 14-jährigen Zeitraumes nicht nur als Lehrer, sondern<br />
auch als Gemeindeschreiber der Gemeinden Ober-, <strong>Mittel</strong>-, Nieder-Podiebrad und Mehltheuer mit reichem Segen<br />
gewirkt und sich durch seine außergewöhnliche Berufstreue, durch seine echt christliche und patriotische Gesinnung,<br />
durch seine Herzensgüte und seine unermüdlche Bereitwilligkeit, seinen Mitmenschen durch Rat und Tat beizustehen,<br />
nicht nur in den Herzen seiner Schüler, sondern auch in denen seiner Amts- und Gemeindegenossen ein bleibendes und<br />
ehrendes Andenken gegründet! Tief und aufrichtig ist der Schmerz um den Verlust dieses seltenen Mannes bei allen<br />
denen, die ihn näher kannten und mit ihm in amtliche oder persönliche Berührung kamen. Friede seiner Asche!"<br />
Während der Krankheit des Lehrers Schicha und nach seinem Tode (von Anfang Dezember 1882 bis 1. Februar 1883)<br />
unterrichtete der Adjuvant Zwikirsch alle drei Klassen.<br />
Am 1. Februar 1883 wurde der Präparand Ernst Hanke aus Kloitsch mit der Vertretung der Oberklasse und Unterklasse<br />
I. Abteilung betraut.<br />
Ende März 1883 verließ Präparand Hanke die Stelle als Vertreter, weil er vom Königlichen Provinzialschulkollegium<br />
beauftragt wurde, als Zögling in das Königliche Seminar zu Münster-berg einzutreten.<br />
Am 1. April 1883 trat nach Verfügung der Königlichen Regierung der jetzige Adjuvant Josef Zwikirsch sein Amt als<br />
Lehrer der hiesigen Schule an.<br />
Vom 1. April 1883 ab übertrug die Königliche Regierung den erledigten Adjuvantenposten dem Schulamtskandidaten<br />
Hermann Roske (Seminar Creuzburg) aus Briesen, Kreis Brieg.<br />
Am 6. Juni 1883, früh 9 Uhr fand die feierliche Einführung des früheren Adjuvanten Josef Zwikirsch in sein Amt als<br />
Lehrer, des nunmehrigen Adjuvanten Hermann Roske in sein Amt und der neugewählten Schulvorsteher statt. Adjuvant<br />
Hermann Roske leistete den Diensteid, während der Lehrer Josef Zwikirsch mit Bezugnahme auf den bereits geleisteten<br />
Eid durch Handschlag verpflichtet wurde. Auch die Herren Schulvorsteher gelobten mit Handschlag, alle Pflichten ihres<br />
Amtes gewissenhaft zu erfüllen. Der Herr Ortsschulinspektor hielt eine ergreifende Rede, anknüpfend an Losung und<br />
Textwort der böhmischen Brüdergemeinde "Freuet euch mit den fröhlichen und weinet mit den weinenden" und "der<br />
Herr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln".<br />
Vom 25. Mai bis 11. Juni wurde im Kreise Strehlen eine General-Kirchenvisitation abgehalten. Die Kommission<br />
bestand aus zwölf Mitgliedern. Der Vorsitzende war Herr General-Superintendent Dr. Erdmann. Die Visitation begann<br />
in der evangelischen Kirche zu Strehlen. Hieran schloß sich die Visitation der einzelnen Kirchengemeinden des Kreises<br />
[an]. Nachdem am 10. Juni vormittags die Visitation in der Kirche der böhmischen Gemeinde stattgefunden hatte,<br />
wurden nachmittags die dazu gehörigen Schulen der Visitation unterworfen. In hiesiger Schule geschah dies durch die<br />
Herren Superintendenten Ueberschar aus Oels und Richter aus Priborn. Als merkenswert ist noch hinzuzufügen, daß<br />
gerade an demselben Tage vor 134 Jahren diese Gemeinde durch Einwanderung der Böhmen (von Friedrich dem<br />
Großen aufgenommen) gegründet wurde.<br />
Am 11. Juni wurde die General-Kirchenvisitation mit einer Konferenz und dem darauffolgenden Gottesdienst nebst<br />
Abendmahlsspendung geschlossen.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 9 von 59<br />
Im Juli 1883 wurde von der Königlichen Regierung dem Herrn Gymnasialoberlehrer Süß in Strehlen des Amt eines<br />
Lokal-Schulinspektors der hiesigen Schule übertragen.<br />
Am 10. November 1883 wurde auch in hiesiger Schule zum Gedächtnis des 400-jährigen Geburtstages Dr. Martin<br />
Luthers eine Feier veranstaltet. Die Schule bekam ein Lutherschild zum Geschenk.<br />
Am 30. November 1883 fand in hiesiger Schule die Einführung des Gymnasial-Oberlehrers Herrn Dr. Süß aus Strehlen<br />
in sein Amt als Lokalschulinspektor durch den Supenintendenten Herrn Richter aus Prieborn statt. Im Anschluß daran<br />
unterwarf der Herr Kreisschulinspektor hiesige Schule einer Revision.<br />
Die Königliche Regierung zu Breslau hat mittelst Verfügung vom 31. Mai 1884 den Gymnasialoberlehrer Herrn Süß<br />
auf seinen Antrag von der Ortsaufsicht über hiesige Schule entbunden und dieses Amt dem Herrn Pastor Chlumsky zu<br />
Hussinetz übertragen.<br />
Am 21. August 1884 führte Superintendent Herr Richter aus Prieborn den Herrn Pastor Chlumsky aus Hussinetz in sein<br />
Amt als Ortsschulinspektor ein. Im Anschluß daran unterwarf der Herr Kreisschulinpektor hiesige Schule einer<br />
Revision.<br />
Am. 1. Juni 1885 besuchte der Herr Schulrat Sperber hiesige Schule.<br />
Am 4. Juni 1886 besuchten Herr Oberregierungsrat Schmidt und Herr Schulrat Sperber in Begleitung des Herrn Landrat<br />
v. Lieres und des Herrn Ortsschulinspektors Pastor Chlumsky hiesige Schule. Die Herrn Räte unterwarfen hiesige<br />
Schule dieser Revision, um zu prüfen, wie weit der Unterricht in der deutschen Sprachen gediehen ist.<br />
Am 31. Oktober 1886 verließ der Adjuvant Röske hiesige Schule. Eine hohe Königliche Regierung hat ihm die<br />
Lehrerstelle zu Pentsch, Kreis Strehlen verliehen.<br />
Vom 1. November 1886 bis 1. April 1887 unterrrichtete der Lehrer Zwikirsch die drei Klassen der Schule allein.<br />
Am 1. April 1887 trat nach Verfügung der Königlichen Regierung der Schulamtskandidat Hermann Münster (Seminar<br />
Münsterberg) aus Großburg, Kreis Strehlen sein Amt als Adjuvant der hiesigen Schule an.<br />
1887. Im Frühjahr sind vom Hauptlehrer zwei Blumengärtchen vor den Fenstern der Klassenzimmer angelegt und der<br />
Schulgarten mit einer Anzahl jüngerer Obstbäumchen bepflanzt worden.<br />
Bisher waren auf dem Stundenplan zwei Stunden für böhmischen Leseunterricht angesetzt. Dieselben sind nun<br />
gestrichen und an ihre Stelle deutscher Unterricht gesetzt worden. Auch bedienten sich sämtliche Kinder zu ihrer<br />
Unterhaltung vor Anfang des Schulunterrichts und während der Freiviertelstunde ausschließlich der böhmischen<br />
Sprache. Dies ist von den Lehrern untersagt worden, damit sich die Kinder durch den Umgang miteinander im<br />
mündlichen Ausdruck in deutscher Sprache üben. Obgleich von verschiedenen Seiten gegen diese Maßregel Einspruch<br />
erhoben wurde (sogar von seiten eines Schulvorstehers namens Friedrich Knorrek), gelang es den Lehrern mit Hilfe des<br />
Herrn Ortsschulinspektors, die Anordnung dennoch aufrecht zu erhalten.<br />
Es hat sich herausgestellt, daß eine umfassende Reparatur am Schulhause vorgenommen werden muß. Die ganze<br />
Reparatur wurde auf 1261 Mark veranschlagt. Hierzu hat die Königliche Regierung einen Zuschuß von 420 Mark und<br />
21 Stämme (Kiefern-)Holz bewilligt. Im Herbst dieses Jahres ist nun mit der Reparatur ein Anfang gemacht und<br />
folgendes ausgeführt worden: die Fenster der Lehrerwohnungen mit Doppelfenstern versehen; der Backofen aus der<br />
Küche entfernt und dieselbe instandgesetzt. Die kleine Tür in der Wohnstube des Hauptlehrers durch eine größere<br />
ersetzt und anstelle des alten Drehbrunnens eine eiserne Pumpe beschafft. Im Laufe des nächsten Jahres wird der<br />
Reparaturbau beendet werden.<br />
1888. 9. März: Der erste Kaiser des neuen deutschen Reiches, Wilhelm I., ist am Vorabend des Geburtstages seiner<br />
Mutter, der Königin Luise, von uns geschieden, Er, der dem Jahrhundert seinen Namen und seinen bedeutensten Inhalt<br />
gegeben, eine Gestalt echter weil einfacher Größe. Mit dem Königlichen Hause betrauert unser gesamtes Volk den<br />
Hintritt des allgeliebten, ehrwürdigen Herrschers, dessen Weisheit do lange über seinen Geschicken in Krieg und<br />
Frieden ruhmreich gewaltet hat<br />
In hiesiger Schule fand am 16. März, als am Beisetzungstage unserers hochseligen Landesvaters eine Trauerfeier und<br />
am 22. März, dem Geburtstage Kaiser Wilhelm, ein eine Gedächtnisfeier statt, wobei der ruhmreichen Taten des<br />
vielgeliebten Monarchen in angemessener Weise gedacht wurde.<br />
Der Kaiser ist tot! Allein, was er geschaffen,<br />
Lebt jugendfrisch für uns noch weiter fort,<br />
Denn nach dem blutgetränkten Werk der Waffen<br />
Erbaute er des Friedens goldnen Hort.<br />
Die Macht, die jetzt dem Reiche ist beschieden,<br />
Sie bietet nicht allein den Feinden Trutz,
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 10 von 59<br />
Nein, sie gewährt auch Unterpfand dem Frieden,<br />
Der Arbeit und des Volkes Wohlfart Schutz.<br />
Die diesjährige Schulprüfung wurde am 20. März abgehalten. Im Anschluß an dieselbe wurden 36 Kinder aus der<br />
Schule entlassen. Die Zahl der in die Schule aufgenommenen Kinder war diesmal eine sehr geringe; es wurden am 5.<br />
April nur 19 Kinder aufgenommen. Die Zahl der sämtlichen Kinder zu Anfang des Schuljahres 1888/89 betrug: I.<br />
Klasse 72, II. Klasse 68 und III. Klasse 59 = 199.<br />
15. Juni: Eine neue Heimsuchung hat Gott der Herr über uns verhängt. Nach seinem unerforschlichen Ratschluß ist Sr.<br />
Majestät der Kaiser und König Friedrich III. nach langem, schweren Leiden, welches er mit bewundernswüdriger<br />
Standhaftigkeit und Ergebung in den göttlichen Willen getragen, zu weigen Ruhe eingegangen. Tief betrauern das<br />
Königliche Huas und unser in so kurzer Zeit zum zweitenmal verwaistes Volk den allzufrühen Hintritt des vielgeliebten<br />
Herrschers, der schon als Kronprinz sich neben der ruhmumstrahlten Gestalt kaiser Wilhelm durch seine edle<br />
Männlichkeit, seine machtvolle Erscheinung, seinen ritterlichen Sinn, seine Leutseligkeit und Freundlichkeit einen Platz<br />
um Herzen des Volkes gewonnen hat.<br />
Zum Gedächtnis Kaiser Friedrichs ist am 30. Juni eine Trauerfeier auch in hiesiger Schule abgehalten worden, wobei<br />
einzelne Züge aus dem leben des allverehrten Monarchen besonderes hervorgehoben wurden, welche so recht zeigten,<br />
wie Er, der Mitbegründer des Deutschen Reiches, es verstand, nicht bloß das Land des Friedens, sondern auch alle<br />
Herzen zu erobern.<br />
Er hat den Kampf des Lebens ausgerungen,<br />
Ein Friedensfürst und doch ein Held der Schlacht.<br />
Manch tapfern Feind hat er im Feld bezwungen,<br />
Manch leuchtend Ehrenzeichen heimgebracht;<br />
Doch heller konnte noch kein Auge flammen,<br />
Wenn zauberkräftig Herzen er bezwang,<br />
Wenn Stamm und Stamm, wenn Volk und Volk zusammen<br />
Für ihn begeistert seine Hände schlang.<br />
Am 30. Juni verließ mit Genehmigung der Königlichen Regierung der Adjuvant Hermann Münster seinen Posten, um<br />
eine Lehrerstelle an der Präparandenanstalt zu Münsterberg zu übernehmen.<br />
Den erledigten Adjuvantenposten übertrug die Königliche Regierung dem Schulamts-kandidaten Oswald Heinrich<br />
(Seminar Liegnitz) aus Pilzen bei Schweidnitz mit Festsetzung des Dienstantritts auf den 1. Juli.<br />
Am 13. Juli, vormittags 8 Uhr wurde der Adjuvant Oswald Heinrich durch den Orts-schulinspektor Herrn Pastor<br />
Chlumsky in sein Amt eingeführt.<br />
Während der Ernteferien ist die im vorigen Herbst begonnenen Reparatur der Schule beendet worden. Es sind noch<br />
folgende Reparaturen ausgeführt worden: Neubau einer heizbaren Giebelstube für den Hauptlehrer; das zweite<br />
Klassenzimmer und eine Wohnstube neu gedielt und die Außenwände des Schulgebäudes frisch abgeputzt und geweißt.<br />
Infolge eines späteren Beschlusses des Schulvorstandes ist außer den bezeichneten Reparaturen auch noch die kleine<br />
Stube (Wohnung des Hauptlehrers) neu gedielt worden; dagegen hat der Schulvorstand nicht für nötig befunden, daß in<br />
der vorerwähnten Giebelstube ein Ofen gesetzt werde.<br />
Am 29. November besuchte Herr Kreisschulinspektor Richter hiesige Schule und unterwarf die Oberklasse und die<br />
<strong>Mittel</strong>klasse derselben einer eingehenden Revision.<br />
Ein Jahr ohne Kaisers Geburtstag! Ein merkwürdiges Zusammentreffen, das charakeristisch für die traurige Signatur<br />
des Jahres 1888 ist, fügt es, daß eben dieses Jahr, obwohl in demselben drei deutsche Kaiser regierten, keine Kaiser-<br />
Geburtstagsfeier zu verzeichnen hat.<br />
1889. Die gegenwärtigen Schulvorsteher hiesiger Schulgemeinde sind:<br />
1. Stellenbesitzer Gottlieb Klowersa, Ober-Podiebrad<br />
2. Stellenbesitzer Friedrich Knorrek, <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
3. Stellenbesitzer Wilhelm Berndt, Nieder Podiebrad<br />
4. Stellenbesitzer Johann Jaschik, Mehltheuer.<br />
Am 30. Juli verließ mit Genehmigung der Königlichen Regierung der Adjuvant Oswald Heinrich seinen Posten, um die<br />
zweite Lehrerstelle an der ev. Schule zu Klein-Kniegnitz bei Zobten zu übernehmen.<br />
Den erledigten Adjuvantenposten übertrug die Königliche Regierung dem Schulamts-kandidaten Richard Cuny<br />
(Seminar Oels) aus Strasburg, Kreis Strasburg, Westpreußen mit Festsetzung des Dienstantritts auf den 1. August.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 11 von 59<br />
Am 20. August, vormittags 9 Uhr wurde der Adjuvant Richard Cuny durch den Orts-schulinspektor Herrn Pastor<br />
Chlumsky feierlich in sein Amt eingeführt.<br />
Im Laufe des Jahres ist vom Hauptlehrer ein Gemüsegarten angelegt worden.<br />
Am 12. Oktober (Herbstferien) besuchte Herr Oberregierungsrat Teichow in Begleitung des Herrn Regierungsassessors<br />
die hiesige Schule. Es wurden sämtliche Räumlichkeiten besichtigt und der Aufbau eines Stockwerkes in Erwägung<br />
gezogen. Um den Unterricht in der deutschen Sprache zu fördern und dieselbe nach und nach auch in der Gemeinde<br />
mehr zur Geltung zu bringen, wurde beschlossen, eine Jugendbibliothek zu gründen. Der Herr Oberregierungsrat war<br />
geneigt, die hierzu nötigen <strong>Mittel</strong> zu verschaffen. Schließlich wurde der Hauptlehrer Zwikirsch beauftragt, der<br />
Königlichen Regierung zu berichten, wieviel Kinder in jedem der letzten Jahre die hiesige Schule besucht habem und<br />
wieviel von den gegenwärtig vorhandenen Kindern bei ihrem Eintritt in die Schule der deutschen Sprache mächtig<br />
waren.<br />
Am 16. Dezember besuchte Herr Kreisschulinspektor Richter hiesige Schule und unterwarf die Oberklasse und<br />
<strong>Mittel</strong>klasse einer eingehenden Revision.<br />
1890. Deutschlands Kaiserhaus und Volk haben einen schweren Verlust erlitten! Am 7. Januar, ½5 Uhr nachmittags ist<br />
die Kaiserin-Witwe Augusta nach kurzem Krankenlager verschieden! Mit Kaiserin Augusta ist die erste Kaiserin des<br />
neuen deutschen Reiches, die Großmutter des jetzigen Kaisers Wilhelm II., die Mutter weiland Kaiser Friedrichs und<br />
die Gemahlin des hochseligen Kaisers Wilhelm I. dahingeschieden. Ihr Scheiden reißt in das innige Familienleben in<br />
unserem Kaiserhause eine abermalige schmerzliche Lücke, während zugleich auch das preußische und deutsche Volk<br />
den Verlust dieser edlen Frau aufs tiefste empfindet. Ist doch ihr Name mit zahllosen Werken der Barmherzigkeit und<br />
Nächstenliebe aufs innigste verknüpft, die sie unermüdlich an der Seite ihres unvergeßlichen kaiserlichen Gemahls<br />
ausübte. Selbst die schweren Schicksalsschläge, welche die kaiserliche Frau durch den so rasch aufeinander folgenden<br />
Verlust ihres Gemahls und ihres einzigen Sohnes erlitten, vermochten dem barmherzigen Schaffen und Wirken der nun<br />
verewigten Fürstin kein Ziel zu setzen. Ihr Andeknen wird im Herzen des deutschen Volkes immerdar fortleben! In<br />
hiesiger Schule fand am 11. Januar, als am Beisetzungstage unserere hochedlen Landesmutter eine Trauerfeier statt.<br />
Am 25. Oktober fand auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs aus Anlaß des 90. Geburtstages des<br />
Generalfeldmarschall Grafen von Moltke in hiesiger Schule eine ent-prechende Schulfeier statt.<br />
1891. Die diesjährige Schulprüfung wurde am 16. März abgehalten. Im Anschluß daran fand die feierliche Entlassung<br />
von 20 Kindern statt. Am 1. April wurden 25 Kinder in die Schule aufgenommen. Die Gesamtzahl der Kinder hiesiger<br />
Schule betrug zu Anfang des Schuljahres 1891/92: I. Klasse 72, II. Klasse 64, III. Klasse 52 = 188. Darunter befanden<br />
sich ein Taubstummer und ein Stotterer. Die Aufnahme des taubstummen Kindes in die Taubstummenanstalt zu Breslau<br />
ist beantragt worden.<br />
In der Nacht vom 24. auf den 25. April hat sich ein weltgeschichtliches Trauerereignis vollzogen. Unser großer Stratege<br />
Generalfeldmarschall Graf Moltke ist am 24. April, abends 9¾ Uhr infolge eines Herzschlages im Alter von 90 Jahren<br />
in Berlin gestorben. (Und nun soll er zum Schluß, der große Mann, noch einmal selbst zu uns reden und uns sein<br />
Vermächtnis über dem Reich von dieser Welt hier an seinem Werke hineinklingen lassen in Einigkeits-gedanken als<br />
sein letztes Vermächtnis für die zukünftige Welt. "Ich stehe", so schrieb er, der damals achzigjährige vor 11 Jahren zu<br />
seinem Geburtstage, "ich stehe nahe am Ende meiner Lebenswege. Aber welcher ganz andere Maßstab als hier wird in<br />
einer künftigen Welt an unser irdisches Wirken gelegt werden! Nicht der Glanz des Erfolges, sondern die lauterkeit des<br />
Strebens und das treue Verharren in der Pflicht, auch da, wo das Begebnis kaum in die äußere Erscheinuing trat, wir<br />
den Wert seines Menschenlebens entscheiden. Welche merkwürdige Umrangierung von hoch und niedrig wird bei der<br />
großen Musterung vor sich gehen. Wissen wir soch selbst nicht, was wir uns, was wir anderen oder einem höhenren<br />
Willen zuzuschreiben haben. Es wird gut sein, in äußerer Beziehung nicht zu viel in Rechnung zu stellen."<br />
So denkt ein Meister, so redet ein Mann, so bekennt ein Christ! Wer so stirbt, der stirbt wohl. Amen! - Schluß der<br />
Trauerrede des Feldpropstes D. Richter am Sarge Moltkes.)<br />
In hiesiger Schule fand eine Trauerfeier statt.<br />
Nachdem die seitherigen Schulvorsteher hiesiger Schulgemeinde infolge Ablaufs ihrer mehr als sechsjähriger Dienstzeit<br />
ihr Amt gekündigt haben, war zur Wahrnahme der Neuwahl gemäß Auftrages des Ortsschulinspektors Herrn Pastor<br />
Chlumsky eine Gemeindeversammlung auf den 14. Juni anberaumt worden. Die absolute Stimmenmehrheit erhielten:<br />
1. Stellenbesitzer Johann Dittrich in Ober-Podiebrad,<br />
2. Stellenbesitzer Friedrich Smolla in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
3. Stellenbesitzer Johann Fleger in Nieder-Podiebrad,<br />
4. Stellenbesitzer Gottlieb Smolla in Mehltheuer.<br />
Infolge Bestimmung seiner Majestät des Kaisers und Königs ist aus Anlaß der hundertjährigen Wiederkehr des<br />
Geburtstages Theodor Körners am 24. September in hiesiger Schule eine Feier veranstaltet worden.<br />
Am 14. September besuchte der an Stelle des aus seinem Amte geschiedenen Königlichen Kreisschulinspektors, Herrn
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 12 von 59<br />
Superintendenten Richter , zum Königlichen Kreisschulinspektor ernannte Herr Superintendent Hartmann hiesige<br />
Schule zum ersten Male und unterwarf die Ober- und <strong>Mittel</strong>klasse derselben einer eingehenden Revision.<br />
Die Königliche Regierung zu Breslau hat mittelst Verfügung vom 19. September den Adjuvanten hiesiger Schule,<br />
Richard Cuny, zum Lehrer an der Schule in Pohlsdorf, Kreis Neumarkt berufen und den bisherigen Lehrerstellvertreter<br />
Karl Reinsch in Neu-Bielau (Seminar Münsterberg, geboren in Großburg, Kreis Strehlen) durch Verfügung vom 22.<br />
September zum Adjuvanten an der hiesigen Schule ernannt, mit Festsetzung des Diensteintritts auf den 1. Oktober. Da<br />
jedoch der Hr. Reinsch zur Ableistung seiner Militärdienstzeit einberufen war, unterrichtete der Hauptlehrer Zwikirsch<br />
während des Monats Oktober alle drei Klassen.<br />
Am 18. November wurde der Adjuvant Karl Reinsch durch den Ortsschulinspektor Herrn Pastor Chlumsky feierlich in<br />
sein Amt eingeführt.<br />
1892. Am 30. März fand die Schulprüfung statt. Daran anschließend wurden 23 Kinder von dem Herrn<br />
Ortschulinspektor feierlich aus der Schule entlassen. Am 1. April wurden 26 Kinder, und zwar merkwürdigerweise 20<br />
Knaben und nur 6 Mädchen aufgenommen. Die Gesamtzahl der Kinder hiesiger Schule betrug zu Anfang des<br />
Schuljahres 1892/93: 173, worunter sich nur 13 mit deutscher Muttersprache befanden. Der taubstumme Schüler ist in<br />
die Taubstummenanstalt zu Breslau als Freizögling aufgenommen worden.<br />
Am 17. Oktober besuchte der Königliche Kreisschulinspektor, Superintendent Herr Hartmann in Begleitung des Herrn<br />
Ortschulinspektors hiesige Schule und unterwarf die <strong>Mittel</strong>klasse derselben einer eingehenden Revision. Im Anschluß<br />
daran wurden die Wohnungen der beiden Lehrer besichtigt.<br />
1893. Die diesjährige Schulprüfung wurde am 23. März abgehalten. Im Anschluß daran fand die feierliche Entlassung<br />
von 25 Kindern statt. Am 28. März wurden 20 Kinder in die Schule aufgenommen. Die Gesamtzahl der Kinder betrug<br />
zu Anfang des neuen Schuljahres 166. Unter diesen befanden sich 18 Kinder mit deutscher Muttersprache.<br />
Am 1. April wurde der Adjuvant Karl Reinsch von der Königlichen Regierung zu Breslau als Adjuvant an die ev.<br />
Schule nach Räusse, Kreis Neumarkt versetzt. Die dadurch wieder vakant gewordenen Adjuvantenstelle übertrug die<br />
Königlichen Regierung dem Schulamtskandidaten August Krause (Seminar Münsterberg) aus Breslau unter Festsetzung<br />
seines Dienstantritts auf den 1. April.<br />
Die feierliche Einführung des Hr. Krause in sein Amt erfolgte am 27. April, vormittags 10 Uhr, vollzogen durch den<br />
Herrn ortschulinspektor Chlumsky.<br />
Nachdem im vorigen Herbste eine Fläche von 45 qm behufs Angage einer Baumschule 1 m tief rigolt und der boden<br />
vorbereitet worden ist, ist nunmehr eine Samenschule angelegt worden.<br />
Da bisher bei hiesiger Schule keine Turngeräte vorhanden waren, so sind infolge Verfügung der Königlichen Regierung<br />
im Monat April folgende Geräte von der Schulgemeinde angeschafft worden: ein Schwungseil, ein Reck, ein<br />
Sprungesstell mit Sprungbrett und ein Barren.<br />
1894. Die öffentliche Schulprüfung fand am 15. März statt. Es wurden nach Schluß derselben 20 Kinder aus der Schule<br />
entlassen.<br />
Am 30. März besuchte der Königliche Kreisschulinspektor, Herr Superintendent Hartmann hiesige Schule und prüfte<br />
die Ober- und <strong>Mittel</strong>klasse.<br />
Im März wurde vor dem Schulhause ein kleiner Trunplatz zum Geräteturnen eingerichtet.<br />
Am 2. April wurden 21 Kinder neu aufgenommen; die Gesamtzahl der Kinder betrug zu Anfang des neuen Schuljahres<br />
168. Unter diesen befanden sich 23 Kinder mit deutscher Muttersprache.<br />
Da die Kinder des 3. Jahrgangs infolge des noch höchst mangelhaften sprachlichen Ausdrucks für die <strong>Mittel</strong>klasse als<br />
durchaus unreif bezeichnet werden müssen, ist mit Genehmigung des Herrn Kreisschulinspektors die dreiklassige<br />
Schule in einen vierklassige Schule ungestaltet worden.<br />
Der Adjuvant August Krause, welcher von einer gefährlichen Augenkrankheit heimgesucht wurde, isnt von der<br />
Königlichen Regierung unter Belassung seines vollen Gehaltes vom 18. Mai bis 15. Juli beurlaubt worden, um zur<br />
Herstellung seiner Gesundheit eine Naturheilanstalt besuchen zu können. Die Königliche Regierung gewährte ihm zur<br />
Bestreitung der Kosten eine Unterstützung von 60 Mark. Die Vertretung übernahm der Hauptlehrer.<br />
Am 15. November unterwarf der Königliche Kreisschulinspektor Herr Superintendent Hartmann die I. und II. Klasse<br />
einer eingehenden Revision.<br />
Wegen der großen Schneemassen war der Schulbesuch namentlich der Kinder der III. und IV. Klasse aus Ober- und<br />
Nieder-Podiebrad sehr unregelmäßig.<br />
1895. Die diesjährige Schulprüfung wurde am 26. März abgehalten. Im Anschluß daran fand die feierliche Entlassung
von 25 Kindern statt.<br />
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 13 von 59<br />
Da das Schuljahr infolge Verfügung der Königlichen Regierung won jetzt ab erst nach den Osterferien zu beginnen hat,<br />
konnte die Aufnahme der Kinder auch erst am 17. April erfolgen. Es wurden 25 Kinder nue aufgenommen. Zu Anfang<br />
dieses Schuljahres betrug die Gesamtzahl der Kinder hiesiger Schule 170. Darunter sind nur 22 Kinder mit deutscher<br />
Muttersprache. Doch auch diese sprechen, wenn sie in das schulpflichtige Alter kommen, besser böhmisch als deutsch.<br />
[Am] Sonntag, den 1. September wurde auch hier der 25-jährige Gedenktag das Sieges von Sedan, als Geburtstag des<br />
neuen deutschen Reiches in besonderer Weise gefeiert. nachmittag versammelte sich die Schuljugend in hiesiger<br />
Schule. Von da ging es in geordnetem Zuge, an welchem auch die Kriegsveteranen und die jüngeren Mannschaften,<br />
welche beim Militär gedient haben, teilnahmen unter vorantritt eines Musikchors zur Friedenseiche. Hier wurden von<br />
allen anwesenden gemeinschaftlich sowie auch von den Schulkindern allein Naturlandslieder angestimmt. Einige<br />
Kinder trugen Gedichte vor. Der Hauptlehrer Zwikirsch hielt, der großen Bedeutung des Tages entprechend, eine<br />
längere Ansprache, welche mit einem begeistert aufgenommenen Hochruf auf Se. Majestät, den deutschen Kaiser,<br />
schloß. Im weiteren Verlauf der Feier wurde auch der [den] Kriegsveteranen durch Ausbringung eines Hoch gedankt.<br />
Mit dem Verse "Nun danket alle Gott" schloß die Feier. Sichtlich patriotisch gehoben löste sich die zahlreiche<br />
Festversammlung auf.<br />
Am 23. September nachmittags besuchte der Königliche Kreisschulinspektor, Herr Superintendent Hartmann hiesige<br />
Schule und unterwarf die III. und IV. Klasse einer eingehenden Revision.<br />
Am 15. Dezember schied unser bisheriger Kreisschulinspektor, Herr Superintendent Hartmann von Strehlen. An seine<br />
Stelle trat durch Verfügung der Königlichen Regierung vom 11. Dezember 1895 Herr Pastor Fischer aus Ruppersdorf.<br />
1896. Der 18. Januar [25-Jahr-Feier der Reichsgründung 1871]wurde unter Vereinigung der beiden ersten Klassen<br />
festlich begannen.<br />
Am 26. März fand die übliche Osterprüfung statt. Zur Entlassung kamen 5 Mädchen und 10 Knaben. Für das Schuljahr<br />
1896/97 neu aufgenommen worden sind 14 Mädchen und 8 Knaben. Die Gesamtzahl der Kinder zu Anfang des<br />
Schuljahres 1896/97 beträgt 171.<br />
Am 20. Mai starb der Schulvorsteher, Herr Stellensesitzer gottlieb Smolla zu Mehltheuer. An seine Stelle wurde der<br />
Stellenbesitzer Friedrich Knorrek zu Mehltheuer zum Schulvorsteher gewählt.<br />
Am 7. September wurde ein Schülerausflug nach Breslau unternommen. Wir hatten das Glück, beide Majestäten, den<br />
Kaiser von Deutschland und den Kaiser von Rußland nebst ihren Gemahlinnen zu sehen. Interesse hat auch der Anblick<br />
der manigfaltigen Uniformen der verschiedenen fürstlichen und fremdländischen Offizieren sowie der Garde mit ihren<br />
historischen Blechmützen [gefunden]. Wir marschierten alsdann durch die belebstesten, festlich geschmückten Straßen<br />
auf den Ring. Von hier fuhren wir mittelst der elektrischen Bahn nach dem Zoologischen Garten; zurück benutzen wir<br />
einen Dampfer. Nachdem wir die bedeutensten Sehenswürdigkeiten Breslaus in Augenschein genommen hatten,<br />
marschierten wir wieder nach dem Oberschlesischen Bahnhof. Die Kinder, von denen die meisten in ihrem ganzen<br />
Leben in keine Großstadt kommen, werden eine bleibende Erinnerung haben. An dem Ausfluge beteiligten sich 60<br />
Kinder und viele Erwachsene. Trotz des großen Verkehrs an den Kaisertagen ist kein Unfall vorgekommen.<br />
Am 28. Oktober besuchten der Königliche Kreisschulinspektor Herr Pastor Fischer hiesige Schule. Er revidierte<br />
besonders die 1. und 2. Klasse. Auf Ansuchenen des Hauptlehrers Zwikirsch besichtigte er auch die 3. und 4. Klasse<br />
und gewann die Überzeugung, daß wir unter äußerst schwierigen sprachlichen Verhältnissen zu arbeiten haben.<br />
Demzufolge stellte er die Gewährung der Unterstützung für Leher an utraquistischen Schulen in Aussicht.<br />
1897. Auf den Antrag des Königlichen Kreisschulinspektors Herrn Pastor Fischer ist ihm zur Wiederherstellung seiner<br />
Gesundheit von der Königlichen Regierung Urlaub erteilt worden. Mit seiner Vertretung ist Herr Pastor Mausoff in<br />
Eisenberg beauftragt (Verfügung vom 26. Januar 1897).<br />
Am 16. Februar fand in hiesiger Schule eine Mälanchthonfeier im Sinne der behördlichen Verfügung statt.<br />
Am 6. März starb nach langen Leider unser Kreisschulinspektor, Herr Pastor Fischer in Ruppersdorf. Wir betrauern in<br />
ihn einen wohlwollenden Vorgesetzten.<br />
Zum Gedächnis des hundertjährigen Geburtstages Wilhelms des Großen wurden hier am 22. März eine Schul- und<br />
volksfeier veranstaltet. Es beteiligten sich daran außer der Schule auch noch der Männergesangverein und der<br />
Jungfrauenchor. Da die Witterung günstig war, fand die Feier im Freien statt. Nachmittags, halb 2 Uhr marschierte der<br />
ganze Zug von der Schule aus zur Freidenseiche. Hier wurde in kurzen Ansprachen und durch abwechselnden Vortrag<br />
patriotischer Lieder und Gedichte ein Lebensbild unseres vielgeliebten alten Kaisers entworfen. Herr Ortschulvorsteher<br />
Pastor Chlumsky, welcher ebenfalls an der Feier teilnahm, hielt eine längere Rede. Zum Schluß wurde von dem<br />
gesamten Schülerchor (ca. 150 Sänger und Sängerinnen) das niederländische Volkslied "Wir treten zum Beten"<br />
gesungen. Es war erfreulich, daß sich die hiesige Bevölkerung so zahlreich an der Feier beteiligte. - Nach dierser Feier
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 14 von 59<br />
marschierte der Männergesangverein zunächst nach Nieder-Podiebrad und sodann nach Ober-Podiebrad und sodann<br />
nach Ober-Podiebrad. In beiden zur hiesigen Schulgemeinde gehörigen Ortschcaften wurden bei der Friedenseiche<br />
einige Vaterlandslieder gesungen und von dem Leiter des Gesanges, Hauptlehrer Zwikirsch, Ansprachen gehalten.<br />
Am 1. April fand die Schulprüfung statt. Zur Entlassung kamen (am 10. April) 12 Mädchen und 9 Knaben; neu<br />
aufgenommen wurden (am 21. April) 15 Knaben und 13 Mädchen. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des<br />
Schuljahres 176. Darunter befinden sich nur 19 deutsche Kinder.<br />
Mit dem neuen Schuljahre beginnt der Handarbeitsunterricht nach der Springer'schen Methode. Die Lehrerin (Ehefrau<br />
des ersten Lehrers Zwikirsch) hat den Kursus im August und September 1896 durchgemacht.<br />
Zum Königlichen Kreisschulinspektor ist anstelle des verstorbenen Kreisschulinspektors Herrn Pastor Fischer Herr<br />
Pastor Horn zu Prieborn ernannt worden.<br />
Am 30. August ist der zweite Lehrer August Krause, welcher an einer der städtischen evangelischen Volksschulen in<br />
Breslau berufen worden ist, aus seiner bisherigen Stellung entlassen worden. An seine Stelle hat die Königliche<br />
Regierung den Schulamtskandidaten Alfred Jaite aus Proskau (Seminar Kreuzburg) berufen mit Festsetzung ses<br />
Dienstantritts auf den 1. September. Seine feierliche Einführung fand am 14. September statt.<br />
1898. Am 11. Februar revidierte Herr Kreisschulinspektor Pastor Horn die II., III., und IV. Klasse hiesiger Schule.<br />
Am 28. März fand die Schulprüfung statt. Zur Entlassung kamen 12 Mädchen und 8 Knaben; neu aufgenommen<br />
wurden (am 4. April) 5 Knaben und 7 Mädchen. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des Schuljahres 160.<br />
Darunter befinden sich nur 20 Kinder, in deren Familien deutsch und gemischt gesprochen wird.<br />
Am 10. Mai fand die Neuwahl eines Schulvorstandes statt. An Stelle des Stellenbesitzers Friedrich Smolla, der sein<br />
Amt gekündigt hat, wurde der Stellenbesitzer Wilhelm Dittrich aus <strong>Mittel</strong>-Podiebrad gewählt.<br />
Am 9. Juni bisuchte der Herr Schulrat Pöhlmann die hiesige Schule und revidierte die III. und IV. Klasse.<br />
Im Juni und Juli herrschten in hiesiger Gemeinde die Masern. Die Schule brauchte aber nicht geschlossen werden; auch<br />
war kein Todesfall zu verzeichnen.<br />
1899. Am 12. Januar besuchte der Herr Kreisschulinspektor [Horn] hiesige Schule und revidierte die erste und zweite<br />
Klasse.<br />
Am 7. März fand die Neuwahl einen Schulvorstandes statt. An Stelle des von Mehltheuer weggezogenen<br />
Schulvostandes, Stellenbesitzers Friedrich Knorrek wurde der Stellenbesitzer Johann Jaschik aus Mehltheuer gewählt.<br />
Am 24. März fand die Schulprüfung statt. Im Anschluß daran wurden 22 Kinder (9 Knaben und 13 Mädchen) entlassen.<br />
Aufgenommen wurden am 6. April 15 Knaben und 9 Mädchen. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des<br />
Schulajhres 164. Davon waren nur 14 deutsch, 6 zweispsrachig und 144 rein tschechisch.<br />
Am 27. April 1899 starb nach schwerem Lungenleiden die Handarbeitslehrerin Emma Zwikirsch, Ehefrau des ersten<br />
Lehrers. Sie war die erste Lehrerin hiesiger Schule, welchen den Handwarbeitsunterricht nach Springer'scher Methode<br />
erteilt hat.<br />
Am 1. August wurde der zweite Lehrer Alfred Jaite auf seinen Wunsch an die neu errichtete zweite Lehrerstelle zu<br />
Wansen berufen. Die dadurch wieder vakant geworderdene hiesige zweite Lehrerstelle übertrug die Königliche<br />
Regierung dem bisherigen dritten Lehrer in Tschöplowitz, Kreis Brieg, Fritz Steinert (Seminar Liegnitz) unter<br />
Festsetzung des Dienstantritts auf den 1. August. Seine feierliche Einführung fand am 27. August statt.<br />
Sonnabend, den 23. Dezember fand die angeordnete Jahrhundertfeier statt. Die Oberklasse und <strong>Mittel</strong>klasse wurden im<br />
ersten Klassenzimmer vereinigt und Lehrer Zwikirsch gab in längerer Ansprache unter Hinweis auf die Bedeutsamkeit<br />
der nächsten Jahreswende einen Rückblick auf die großen Ereignisse des zu Ende gegangenen Jahrhunderts. Mit<br />
Gesang und Gebet wurde die Feier geschlossen.<br />
1900. Am 16. Januar besuchte Herr Kreisschulinspektor Pastor Horn hiesige Schule und revidierte die erste und zweite<br />
Klasse.<br />
Am 26. März fand die Schulprüfung statt. Zur Entlassung kamen 20 Knaben und nur 4 Mädchen. Neu aufgenommen<br />
wurden 13 Knaben und 9 Mädchen. Die Aufnahme fand am 5. April statt. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am<br />
Anfang des Schuljahres 160. Darunter befinden sich nur 26 Kinder, in deren Familien deutsch und gemischt gesprochen<br />
wird.<br />
Auf Befehl Sr. Majestät fand am 5. Mai die Schüler in den öffentlichen Schulen auf die Bedeutung der am nächsten<br />
Tage eintretenden Großjährigkeit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen hinzuweisen. Demgemäß<br />
und infolge Verfügung des Herrn Ortschulinspektors hat der Hauptlehrer Zwikirsch am genannten Tage, und zwar am<br />
Schlusse des Unterrichts, an die Kinder eine entsprechende partiotische Ansprache gerichtet.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 15 von 59<br />
1901. Am 18. Januar wurde in hiesier Schule aus Anlaß des zweihundertjährigem Jubiläum des Königreiches Preußen<br />
eine entsprechende Feier veranstaltet.<br />
Am 14. Februar revidierte der Königliche Kreischulinspektor Herr Pastor Horn die dritte und vierte Klasse.<br />
Da der bisherige Schulvorsteher, Stellenbesitzer Johann Dittrich zu Ober-Podiebrad zum Gemeindevorsteher gewählt<br />
worden ist, so wurde an seine Stelle der Stellenbesitzer Karl Krtschil zum Schulvoateher aus der Gemeinde Ober-<br />
Podiebrad gewählt.<br />
Am 14. März besuchte Herr Regierungs- und Schurrat Dr. Protzen hiesige Schule und unterwarf die 2. Klasse (Lehrer<br />
Steinert) euber Revision.<br />
Am 1. April wurde der zweite Lehrer Fritz Steinert als zweiter Lehrer nach Gurtsch, Kreis Stehlen versetzt. An seine<br />
Stelle wurde der Lehrerstellvertreter Kurt Petrelli (Seminar Brieg) aus Karschau, Kreis Nimpsch berufen. Siene<br />
feierliche Einführung fand am 19. April statt.<br />
Am 26. März fand sie Schulprüfung statt. Zur Entlassung kamen 11 Knaben und 9 Mädchen. Neu aufgenommen<br />
wurden (11. April) 9 Knaben und 11 Mädchen. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des Schuljahres 153.<br />
Montag, am 5. August, abends 7 Uhr hat ein sanfter Tod die qualvollen Leiden der Mutter unseres kaiserlichen Herrn<br />
geendet. Zum Gedächtnis der Verewigten fand im Anschluß an den Unterrsicht eine kleine Feier statt.<br />
Am 6. September besuchte der Königliche Kreisschulinspektor Herr Pastor Horn hiesige Schule und unterwarf die<br />
zweite Klasse einer Revision.<br />
1902. [Im] Februar dieses Jahres wurde an Stelle des zum Gemeindevorstehers gewählten Schulvorstehers Johann<br />
Fleger zu Nieder-Podiebrad der Stellenbesitzer Traugott Berndt ebendaselbst zum Schulvorsteher gewählt.<br />
Am 18. März fand die Osterprüfung statt. Entlassen wurden 14 Kinder.<br />
Am 2. April wurden 22 Kinder neu aufgenommen. Die Gesamtzahl der Kinder am Anfang des neuen Schuljahres<br />
beträgt 161.<br />
Die Anlage eines Zier- und Gemüsegärtschens sowie eines Zwergobstgartens wurde vom Lehrer Zwikirsch auf fiene<br />
Kosten dieses Frühjahr vollendet.<br />
Auf eigene Kosten ließ Lehrer Zwikirsch einen gedielte, verschalten und verschließbare Bodenkammen herrichten.<br />
1903. Am 23. Februar revidierte der Königliche Kreisschuleinspektor Herr Pastor Horn die dritte und vierte Klasse<br />
hiesiger Schule.<br />
Der zweite Lehrer ist schwer erkrankt und ist gezwungen, bis auf weiteres Urlaub zu nehmen; der erste Lehrer muß die<br />
gesamte Vertretung allein übernehmen (166 Kinder).<br />
Die Königliche Regierung faht mittelst Verfügung vom 28. Februar 1903 den zweiten Lehrer Petrelli einen<br />
dreimonatigen Urlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligt. Die vertretungsweise Verwaltung der zweiten<br />
Lehrerstelle wurde von der Königlichen Regierung mittelst Verfügung von 9. März unter Festsetzung des Dienstantritts<br />
auf den 12. März dem Schulamtsbewerber Georg Kiehlmann (Seminar Brieg) übertragen. Seine feierliche Einführung<br />
und Vereidigung fand am 24. März statt.<br />
Am 24 Mäarz wurde die osterprüfung abgehalten. Entlassen wurden 19 Kinder.<br />
Am 6. April wurden 21 Kinder neu aufgenommen. Darunter war nicht ein einziges Kind deutsch. Die Gesamtzahl der<br />
Kinder am Anfang des neuen Schuljahres betrug 166.<br />
Der Urlaub für Petrelli ist bis Ende August verlängert worden.<br />
Am 21. Juli revidierte der Königliche Kreisschulinspektor Herr Pastor Horn die erste und zweite Klasse hiesiger Schule.<br />
Am 28. August besuchte der Superintendent Herr Alberts - Strehlen - die hiesige Schule und prüfte die erste und zweite<br />
Klasse in Religion.<br />
Vom 1. September ab verwaltete wider der von seiner Krankheit genesene zweite Lehrer Petrelli sein Amt.<br />
1904. Am 21. März 1904 fand die Schulprüfung statt. Im Anschluß daran wurden 20 Kinder (15 Mädchen und 5<br />
Knaben) feierlich aus der Schule entlassen.<br />
Am 26. März 1904 ließ der erste Lehrer Zwikirsch an der Stirnseite des Schulhauses folgende Inschrift Anbringen:<br />
"Nimm an die Weisheit, denn sie ist besser als Gold, und Verstand haben ist edler denn Silber (Sprüche Salomons<br />
16,16). Erbaut im Jahre 1834". Die Kosten wurden durch eine freiwillige Sammlung bei Gelegenheit einer<br />
Elternunterhaltungsstunde gedeckt.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 16 von 59<br />
Am 1. April verläßt der zweite Lehrer Petrelli seinem hiesigen Wrikungskreis und wird Hilfslehrer an der Waisenanstalt<br />
zu Bunzlau.<br />
Am 6. April wurden 24 Kinder (12 Knaben und 12 Mädchen) neu aufgenommen. Darunter befand sich nur ein<br />
deutsches Kind. Die Gesamtzahl der Kinder am Anfang des neuen Schuljahres betrug 175.<br />
Am 10. April schenkte der hiesige Gesangverein zwei Kaiserbilder für das zweite Klassenzimmer.<br />
nach Verfügung der Königlichen Regierung vom 6. April 1904 wurde dem Lehrer Georg Wolf zu zu Schickerwitz,<br />
Kreis Oels (Seminar Brieg) auftragsweise die Verwaltung der erledigten zweiten Lehrerstelle bei der hiesige Schule<br />
übertragen. Seine feierliche einführung fand am 2. Mai statt, nachdem er am 16. April sein Amt angetreten hatte.<br />
Am 13. Oktober revidierte der Königliche Kreisschulinspektor, Herr Pastor Horn die erste und zweite Klasse hiesiger<br />
Schule.<br />
Anläßlich einer heftig ausgebrochenen Masernepidemie war die Schule vom 6. bis 23 Dezember geschlossen.<br />
1905. Am 18. Februar besuchte Herr Regierungs- und Schulrat Protzen hiesige Schule.<br />
Am 28. März fand die Schulprüfung statt. Daran anschließend wurden 25 Kinder (11 Knaben und 14 Mädchen)<br />
feierlich aus der Schule entlassen. Aufgenommen wurden am 1. April 17 Kinder (7 Knaben und 10 Mädchen), darunter<br />
befand sich kein einziges deutschsprechendes Kind. Die Gesamtzahl der Kinder am Anfang des Schuljahres betrug 166.<br />
Am 9. Mai wurde aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Todestages Schillers einen Schulfeier, bestehend in Festrede,<br />
Deklamation und Gesang veranstaltet. (Volksfeier siehe zweiten Teil dier Chronik.)<br />
Durch den Herrn Kreisschulinspektor sind der hiesigen Schule 15 Stück von "Festgabe aus Schillers ", ein Polak:<br />
"Unser Schiller" und ein Exemplar der Volksbücher der Deutschen-Dichter-Gedächtnisstiftung:"Wallenstein" geschenkt<br />
worden. Die erstgenannten 15 Bändchen find an würdige Schüler verteilt und die anderen beiden Bücher der<br />
Schulbibliothek einverleibt worden.<br />
Am 12. Oktober revidierte der Königliche Kreisschulinspektor Herr Pastor Horn die erste und zweite Klasse hiesiger<br />
Schule.<br />
1906. Am 26. Januar besuchte Herr Regierungs- und Schulrat Protzen unsere Schule.<br />
Am 27. März wurde Schulprüfung abgehalten. Im Anschluß daran find 14 Kinder (7 Knaben und 7 Mädchen) feierlich<br />
aus der Schule entlassen worden. Neu aufgenommen wurden am 2. April 33 Kinder (20 Knaben und 13 Mädchen). Die<br />
Gesamtzahl der Kinder am Anfang ders Schuljahres betrug 183.<br />
Im Laufe des Sommers wurde der Gemüse- und Ziergarten um etwa 1 a vergrößert. Zu diesem ist genannte Fläche etwa<br />
1 m erhöht worden. Die Kosten, welche der Hauslehrer allein trug, beliefen sich auf 118 Mark.<br />
Am 5. September revidierte Herr Regierungs- und Schulrat Heikert die zweite und dritte Klasse und am 6. September<br />
der Königliche Kreisschulinspektor, Herr Pastor Horn die erste und zweite Klasse.<br />
Am 8. Oktober fand im Königlichen Landratsamt eine zweite Beratung über die von der Königlichen Regierung<br />
geforderte Erhöhung des Grundgeheltes des ersten Lehrers auf 1100 Mark und der Alterszulage beider Lehrer auf 120<br />
Mark statt. Bei der ersten Beratung wurde die Erhöhung abgelehnt. Als aber bei der zweiten Beratung den Vetretern der<br />
Schulgemeinde eröffnet wurde, daß die Königliche Regierung in Ansehung der Leistungsfähigkeit der Gemeidne die<br />
Kosten der Aufbesserung bis auf 10 Mark übernehmen wolle, wurde die Erhöhung beschlossen. Von 1. April 1906<br />
beträgt danach das Grundgehalt des ersten Lehrers 1100 Mark und die Alterszulage für beide Lehrer 120 Mark.<br />
1907. Am 12. Mäarz wurde im Anschluß an den Unterricht der 300. Geburtstag Paul Gerhards gefeiert.<br />
Am 21. März wurden im Schluß an die Schulprüfung 24 Kinder (15 Knaben und 9 Mädchen) feirlich aus der Schule<br />
entlassen. Neu aufgenommen wurden am 9. April 24 Kinder (10 Knaben und 14 Mädchen). Die Gesamtzahl der Kinder<br />
betrug am Anfang des Schuljahres 179.<br />
Am 10. Mai revidierte der Königliche Kreisschulinspektor, Herr Pastor Horn, Prieborn, die erste und zweite Klasse.<br />
Am 27. Mai fand eine Revision der zweiten Klasse durch Herrn Schulrat Pöhlmann statt.<br />
Am 1. Oktober war der Hauptlehrer 25 Jahre im Amte und zugleich am hiesigen Orte. Aus diesem Anlaß veranstaltete<br />
die Schulgemeinde unter Führung des Königlichen Ortsschul-inspektors, Herrn Pastor Chlumsky eine Schulfeier. Der<br />
Verlauf derselben war im Kreisblatt wie folgt geschildert: "Eine schöne Feier vereinigte am vergangenen Sonntage die<br />
Vertreter der Gemeinden Podiebrad und Mehltheuer im Schulause. Es galt das 25-jährige Amts- und Ortjubiläum des<br />
dortigen Hauptlehrers, Herrn Zwikirsch, zu feiern. Welch hohes und liebevolles Ansehen der Jubilar in den genannten<br />
Gemeinden genießt, beweist die große Zahl der zu der Feier erschienen. Das große Schulzimmer war nicht imstande,<br />
die Gratulanten zu fassen, welche darum gezwungen waren, teils im Hausflur, teils an den Fenstern des Schulzimmers
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 17 von 59<br />
Aufstellung zu nehmen. Die von dem Lokalschulinspektor, Herrn Pastor Chlumsky geleitete Feier eeröffnet durch den<br />
vom Bläserchor begleiteten Choral "Lobe den Herren" . Sodann überraschte den Jubilar ein schöner zweistimmiger<br />
Kinderchor. Unter leitung des Herrn Hauptlehrer Babatz, Hussinetz, brachte der Podiebrader Gesangsverein menrere<br />
gemischte Chöre zu Gehör. Nach dieser weihevollen Einleitung der Feier ergriff Herr Pastor Chlumsky das Wort und<br />
feierte in längerer zu herzen gehender Rede den Jubilar als treuen Arbeiter im Weinberge Gottes, der sich durch<br />
unermüdliche Arbeit in Schule und Gemeide ehrende Anerkennung seiner vorgesetzten Behörde sowie die leibe seiner<br />
Gemeinde erworben habe. Zum Schluß der Ansprache überreichte der Redner dem Jubilar eine goldene Taschenuhr mit<br />
Kette, welche ihn die Gemeinden als Zeichen ihrer Dankbarkeit verehrten mit dem Wunsche, daß ihn diese Uhr noch<br />
viele glückliche Stunden schlagen möge. Der von Herrn Zwikirsch gegründete und geleitete Gesangverein überreichte<br />
ihn ein Paar schöne Fellvorlagen. Ein recht rüherenden Anblick war es, als drei Kinder der ersten Klasse ein Diplom in<br />
einem schönemn Eichenrahmen überreichten und also die Glückwünsche ihrer Klassengenossen darbrachten.<br />
Angesichts dieser außerordentlchen Ehrungen schien es fast, als wollten dem also Gefeirten die Worte zu dankbarer<br />
Erwiderung fehlen. In kurzer, schlichter Ansprache dankte er für die vielen Beweise herzlicher Liebe und führte aus,<br />
daß es eine Lust sei, an einer Schule zu wirken, deren nächster vorgesetzter ein wahrer Pfleger derselben sei.<br />
Beschlossen wurde diese würdige Feier durch den schönen Lobgesang "Großer Gott, wir loben dich".<br />
1908. Gemäß § 3 des Gesetzes betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906 ordnete die<br />
Königliche Regierung durch Beschluß vom 28. September 1907 (X. 6697) nach Zustimmung der Beteitigten und<br />
Anmhörung des Kreisausschusses folgendes an: Die Gemeindwn <strong>Mittel</strong>-, Nieder- und Ober-Podiebrad und Mehltheuer<br />
und der Forstgutsbezirk Mehltheuer werden vom 1. April 1908 ab zu einem Gesamtschulverbande vereinigt. zum<br />
Vorsitzenden bzw. Verbandsvorsteher ist der Gemeindevorsteher Knorrek zu <strong>Mittel</strong>-Podiebrad und zu seinem<br />
Stellvertreter der Königliche Hegemeister Schwarzer zu Mehltheuer ernannt worden.<br />
Der hiesige Gesangverein hat seinem Leiter, Hauptlehrer Zwikirsch, 50 Mark (ein Teil des Reinertrages aus einer<br />
Theateraufführung "Schlacht bei Mollwitz" von Karl Wilhelm Michler) zur Anschaffung von Lehrmitteln überwiesen.<br />
am 30. März wurden im Anschluß an die Schulprüfungt 20 Kinder aus der Schule entlassen; neu aufgenommen wurden<br />
am 1. April ebenfalls 20 Kinder. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des Schuljahres 182.<br />
In der ersten Religionsstunden nach den Osterferien fand in den ersten beiden Klassen eine Feier des 100. Geburtstages<br />
Wicherns statt.<br />
An Stelle des zum Militärdienst eingetretenen zweiten Lehrers Georg Wolf ist der zweite Lehrer Kurt Titze aus<br />
Reichan, Kreis Nimpsch (Seminar Steinau a. O.) als einestweilig angestellter Lehrer mit Festsetzung des Dienstantrittes<br />
auf den 1. Oktober von der Königlichen Regierung berufen worden. Seine feierliche Einführung fand am 22. Oktober<br />
statt.<br />
Die Königliche Regierung zu Breslau hat dem Pasor, Herrn Schaefer in Crimmendorf die Verwaltung der<br />
Kreisschulinspektion Strehlen anstelle des von diesem Amt auf seinen Antrag entbundenen Pastors, Herrn Horn in<br />
Prieborn übertragen. (Kreisblatt Nr. 79 für 1908.)<br />
1909. Am 25 Februar revidierte der Königliche Kreisschulinspektor, Herr Pastor Schaefer die erste und zweite Klasse<br />
hiesiger Schule.<br />
Am 30. März wurden bei Gelegenheit der Schulprüfung 22 Kinder aus der Schule entlassen; neu aufgenommen wurden<br />
am 1. April 21 Kinder. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des Schuljahres 178.<br />
Es sind für 91 Mark Lehrmittel (geschichtliche, geographische und naturkundliche Bilder) angeschafft worden. Die<br />
Kosten werden teils durch den hiesigen Gesangverein, teils durch freiwillige Gaben anläßlich<br />
Familienunterhaltungsstunden gedeckt.<br />
Am 10. Juli fand im Anschluß an die Religionsstunde eine Calvin-Feier anläßlich der vor 400 Jahren erfolgten Geburt<br />
Calvins statt.<br />
Am 16. September fand eine Revision der zweiten Klasse durch den Königlichen Kreisschulinspektor, Herrn Pastor<br />
Schaefer statt.<br />
Am 10. November fand anläßlich der 150. Wiederkehr des Geburtstages Schillers eine kleine Schulfeier statt.<br />
1910. Am 14. Februar wurde die erste Klasse durch den Königlichen Kreisschulinspektor, Herrn Pastor Schaefer,<br />
revidiert.<br />
Zur Entlassung kamen dieses Jahr 22; neu aufgenommen wurden 26. Die Gesamtzahl der Kinder betrug am Anfang des<br />
Schuljahres 176.<br />
An Stelle des nach Freiburg (Schlesien) berufenen zweiten Lehrers Kurt Titze ist der Lehrerstellvertreter Gustav<br />
Böttger aus Stolz, Kreis Frankenstein (Seminar Steinau a. O.) als einstweilig angesteller Lehrer mit Festsetzung des
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 18 von 59<br />
Dienstantritts auf den 1. April von der Königlichen Regierung berufen worden.<br />
Am 13. Juli revidierte der herr Kreisschulinspektor sämtliche Klassen hiesieger Schule; insonderheit überzeugte er sich<br />
von der Schwierigkeit der Arbeit, den tschechisch sprechenden Kindern die deutsche Sprache zu lehren.<br />
Am 16. Juli fand eine Feier zum Gedächtnis der 100. Wiederkehr des Todestages der Königin Luise statt.<br />
Am 12. Oktober verschied unser hochgeschätzter Ortschulinspektor, Herr Pastor Chlumsky. Wir verlieren in ihm einen<br />
gerechten und Wohlwollenden Vorgesetzten, der stets als wahrer Freund unseres Standes unserere Interessen vertreten<br />
und das Wohl der ihm unterstellen Schulen gefördert hat. Ehre seinem Andenken!<br />
Über die Begräbnisfeier ist im Kreisblatt folgender Artikel erschienen: "Ein Trauergefolge, wie es so zahlreich hier<br />
noch nie gesehen worden ist, geleitete am vergengenen Sonntag die sterbliche Hülle unserers treuen Seelsorgers, des<br />
Herrn Pastor Chumsky, zu seiner letzten Ruhe. Die allseitige Teilnahme war ein Beweis dafür, daß der Verewigte sich<br />
einer hohen, wohlverdienten Wertschätzung in allen Kreisen erfreute. Allem äußerlichen Druck abhold, ging er still und<br />
ruhig seinen Weg, nur seinem hohen Beruf lebend und dabei das Evangelium der Liebe nicht nur predigend, sondern<br />
auch liebe übend; manche Träne der Dankbarkeit wird ihn noch nachgeweint werden. - Nach dem Gesange von zwei<br />
Strophen des Liedes: "Wer weiß, wie nahe mit mein Ende", dem Gebet des Herrn Superintendenten D. Eberlein und<br />
dem Gesange der beiden Oberklassen von Hussinetz und Podiebrad:"Wohlauf, wohlan zum letzten Gang" ging der Zug<br />
unter den Klängen einer Treuerrede zur Kirche, welche aber nur einen kleinen Teil der Trauergemeinde fassen konnte.<br />
Nachdem einige Strophen von "Christus, der ist mein leben" gesungen waren, predigte der Herr Superintendent über<br />
das Wort des Herrn:"Ich muß wirken, solange es Tag ist, denn es kommt die Nacht, da niemand wirken kann." Es<br />
wurde den Zuhören vor die Augen geführt, wie der Heimgegangene unermüdlich und mit Drangabe auch seiner letzten<br />
Kräfte und bis fast in seine Sterbestunde bestrebt gewesen ist, dem höchsten Vorbilde nachzueifern. Mit der Strophe:<br />
"Wenn ich einmal soll scheiden" schloß die Feier im Gotteshause. Nun bewegte sich der Zug unter dem Gesange von<br />
"Jesus, meine Zuversicht", begleitet von dem durch die Podiebrader Schulbläser verstärkten bläserchor und unter dem<br />
Geläut der Glocken der evangelischen und evanglisch-lutherischen Kirche in Strehlen durch die Altstadt nach dem<br />
neuen Friedhofe. Hier, dast ind der Mitte des Gottesackers, dessen Erwerbung und Anlegung dem Verstorbenen viel<br />
Mühe und Arbeit gemacht hatte, fand er nun seine letzte Ruhestätte. Als die Arie: "Wie sie so sanft ruh'n" verklungen<br />
war, hielt Herr Senior Dobesch aus neustädtl in Mähren, ein naher Verwandteer des Entschlafenen, eine zu Herzen<br />
gehende böhmische Ansprache und führte den Gedanken aus: Er ist gestorben, aber er lebt und spricht noch aus dem<br />
Grabe ernst und mahnend. Mit biblischen Abschidesworten der eingeladenen Geistlichen, dem Gebet und Segen des<br />
Superintendenten und dem Gesange: "So ruhe wohl!" schloß die Feier. Wir aber wollen stets seiner langen gesegneten<br />
Wirksamkeit unter uns (36 Jahre) in inniger Dankbarkeit gedenken. Sein Gedächtnis bleibe im Segen! Er ruhe in<br />
Frieden!"<br />
1911. Am 25 März besuchte der Königliche Regierungs- und Schulrat Herr Engel die hiesige Schule. Er wies u. a. auf<br />
die Mängel des hier eingerichteten vierklassigen Schulsystems hin, welche nur durch Errichtung einer dritten<br />
Lehrerstelle beseitigt werden könnten. Demzufolge erhielt der erste Lehrer den Auftrag, sich nach einem Lokal<br />
umzusehen, das als drittes Klassenzimmer vorläufig dienen könnte.<br />
Am 29. März hielt Herr Pastor Schönermark - Strehlen, welchem die Ortsschulinspektion vertretungsweise übertragen<br />
worden ist, die Schulprüfung ab.<br />
Am 31. März wurden durch den ersten Lehrer 20 Kinder aus der Schule entlassen.<br />
Am 1. April sind 24 Kinder in die Schule aufgenommen worden. Die Gesamtzahl beträgt 180.<br />
Am 28 August revidierte der Königliche Kreisschulinspektor Pastor Schaefer die dritte und vierte Klasse.<br />
Im Oktober wurden 12 Schulbänke (Paedelt'sches System) für das erste Klassenzimmer angeschafft. Die Kosten<br />
betrugen 320 Mark; hierzu bewilligte der Kreisausschuß einen Ergänzungszuschuß von 200 Mark.<br />
Vom 1. November ab wurde die Ortsschulinspektion Herrn Pastor Duvinage - Hussinetz - übertragen.<br />
1912. Am 31. März wurden 24 Kinder entlassen und am 1. April 31 Kinder aufgenommen. Die Gesamtzahl betrug 186.<br />
Am 7. August verhandelten die Regierungskommissare, Herr Regierungsrat Freiherr von Hüllessem und Herr<br />
Regierungs- und Landreat Gerhardt im Beisein des Königlichen Regierungs- und Landrats Herrn Dr. Burgemeister mit<br />
dem hiesigen Schulvorstand über die Anstellung einer dritten Lehrkraft an der hiesigen Schule, über die Anmietung der<br />
erforderlichen Räumlichkeiten oder einen Aufbau auf das vorhandene Schulgebäude, sowie über die Verteilung und<br />
Aufbringung der erforderlichen Kosten. Nach eingehender Besprechung aller in Betracht kommenden Fragen wurde<br />
einstimmig beschlossen, eine dritte Lehrkraft anzustellen und die erforderlichen Räumlichkeiten durch einen Um- und<br />
Aufbau des vorhandenen Schulgebäudes zu gewinnen. Da aber die zum Schulverbande gehörigen Gemeinden an der<br />
Grenze der Leistungsfähigkeit (über 200%) angelangt sind, konnte sich der Schulvostand nur zur Übernahme der Handund<br />
Spanndienste bereit erklären.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 19 von 59<br />
1913. Zum Gedächnis an die glorreiche Zeit vor 100 Jahren veranstaltete der hiesige Gesangverein Sonntag, den 12.<br />
Januar im Fleger'schem Saale hierselbst einen Gesang- und Theaterabend. Es wurden mehrere vaterländische<br />
Männerchöre und gemischte chöre vorgetragen. Zur Aufführung gelangte: "Der Freiheit Morgen" - Vaterländisches<br />
lustpiel aus der Zeit der Freiheitskriege in zwei Akten von W. O. v. Werle. Der Saal war bis zum letzten Platz gefüllt.<br />
Am 10. März fand eine Jahrhunderfeier in der Schule statt. Auf ergangene Einladung nahemen die Schul- und<br />
Gemeindevorstände daran teil; auch haben sich einige Gemeindemitglieder eingefunden. Patriotische Gesänge<br />
wechselten sich mit Deklamationen ab. Jeder der beiden Lehrer hielt einen Ansprache.<br />
Am 19. März wurden durch den ersten Lehrer 16 Kinder aus der Schule entlassen.<br />
Am 1. April sind 27 Kinder in die Schule aufgenommen worden. Die Gesamtzahl betrug am Anfang des Schuljahres<br />
192.<br />
Am 16. Juni fand im Saale des Gasthaus Fleger hierselbst zur Feier des Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaisers<br />
ein Familienabend statt. Mitgewirkt haben die ersten beiden Klasse der Schule, der Schulbläserchor, der<br />
Männergesangsverein und der gemischte Chor. Es wechselten Gesänge mit Deklamationen und Ansprachen ab. Zum<br />
Schlusse wurden von sechs Knaben der ersten Klasse das Märchfestspiel "Die Jubelkrone" aufgeführt, welches mit<br />
einem lebenden Bilde recht wirkungsvoll schloß. Die Beteiligung war so groß, daß der große Saal nicht alle Besucher<br />
fassen konnte.<br />
Am 16. Juli fand eine Schulfahrt zur Jahrhundertausstellung nach Breslau statt.<br />
An Stelle des nach Neusalz a. O. berufenen zweiten Lehrers Gustav Böttger ist der Lehrer Gerhard Matzel aus Steinau<br />
a. O., welcher sein Militärjahr bei dem Regiment Nr. 10 abgedient hatte, als einstweilig angestellter Lehrer mit<br />
Feststellung des Dienstantritts auf den 1. Oktober von der Königlichen Regierung berufen worden. Seine feierliche<br />
Einführung und Vereidigung fand am 15. Oktober statt.<br />
1914. Am 31. März sind 27 Kinder aus der Schule entlassen und am 1. April 27 Kinder in die Schule aufgenommen<br />
worden. Die Gesamtzahl betrug Anfang des Schuljahres 190.<br />
Um- und Aufbau des Schulhauses 1914/15<br />
(verfaßt vom Hauptlehrer Zwikirsch)<br />
Bereits seit mehreren Jahren galt unsere Schule als überfüllt. Da aber keine <strong>Mittel</strong> zur Verfügung standen, mußte von<br />
der Errichtung einer dritten Lehrerstelle abgesehen werden. Wegen der immer größer werdenen Zahl der Kinder wurde<br />
eine vierklassige Schule eingerichtet. Dieses Schulsystem hat aber mancherlei Mängel. Die beiden Lehrkräfte sind<br />
überfordert, da auf jede bei wöchentlich 32 Unterrichtsstunden im Durchschitt 95 Kinder entfallen. Damit die zweite<br />
Klasse nicht überfüllt wird und die Kinder nur einigermaßen reif in dieselbe eintreten, müssen 3 Jahrgänge (dritte und<br />
vierte Klasse) Nachmittag unterrichtet werden. Diese beiden Klassen haben wöchentlich nur 12 Stunden und müssen<br />
sogar in 2x2 Stunden (Mittwoch und Sonnabend) vereinigt werden. Im Lesen, Schreiben und Rechnen beispielsweise<br />
haben diese Kinder wöchentlich nur je eine Stunde. Kinder, welche auch nur einmal zurückbleiben, haben die Hälfte<br />
ihres ganzen Schulbesuchs eine solche im höchsten Grade unzureichende Unterrichtszeit. Alle diese Umstände<br />
beeinträchtigen die Unterrichtserfolge aller Klassen ganz erheblich, und eine Neueinrichtung ist umso mehr notwendig,<br />
als man hier mit sprachlichen Schwierigkeiten sehr zu kämpfen hat, da fast alle Kinder nur der tschechischen<br />
Muttersprache mächtig sind. Alle diese Übelstände können durch die Errischtung einer dritten Lehrerstelle beseitigt<br />
werden. Ganz besonders wichtig ist es, daß die Kinder im allgemeinen, insonderheit aber in sprachlicher Beziehung<br />
besser vorbereitet in die zweite Klasse eintreten, wo schon ziemlich große Ansprüche an die Fassungskraft der Kinder<br />
gestellt werden müssen.<br />
Darum bemängelte auch der Herr Regierungs- und Schulrat Engel bei Gelegenheit einer Revision der Schule am 25.<br />
März 1911 das hiesige vierklassige Schulsystem. Lehrer Zwikirsch erklärte, daß die Beseitigung dieser Mängel nur<br />
durch Errichtung einer dritten Lehrerstelle möglich sei. Da aber hierorts ein Raum als drittes Klassenzimmer mietsweise<br />
nicht zu erlangen war, erwog man den Gedanken, den erforderlichen Raum durch Neubau oder Aufbau zu schaffen.<br />
Behufs Beschlußfassung hierüber wurde von der Königlichen REgierung ein Termin auf den 7. August 1912 in hiesiger<br />
Schule anberaumt. Teilgenommen daran haben die Regierungskommissare Herr Regierungsrat Freiherr von Hüllessen<br />
und Herr Regierungs- und Landrat Gerhardt, ferner der Verwalter des Hochbauamts Strehlen, Regierungs- und Landrat<br />
Dr. Burgemeister aus Breslau und der Vorstand des Gesamtschulverbandes. Herr Regierungsrat Freiherr von Hüllessen<br />
führte die Verhandlung. Unter Hinweis auf die fortgesetzt steigende Zahl der Schulkinder betonte er die unbedingte<br />
Notwendigkeit der Errichtung einer dritten Lehrerstelle und stellte die weitgehende Unterstützung der Königlichen<br />
Regierung in sichere Aussicht. Da aber die Anmietung der erforderlichen Räumlichkeiten sich als unmöglich erwies,<br />
wurde gleichzietig auch über einen Aufbau oder Neubau beraten. Herr Verbandsvorsteher Knorrek wies eingringlich<br />
auf die Leistungsunfähigkeit der Gemeinde hin und vertrat die Ansicht, daß die Gemeinden keinerlie Kosten
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 20 von 59<br />
übernehmen könnten. Als dann seitens der Herrn Regierungsvertreter aufs bestimmteste versichert wurde, daß die<br />
Gemeinden höchstens die Kosten der Hand- und Spanndienste zu tragen hätten, wurde einstimmig die Errichtung einer<br />
dritten Lehrerstelle und die Beschaffung der erforderlichen Räumlichkeiten beschlossen. Nunmehr wurde erwogen, ob<br />
es zweckmäßiger sei, ein neues Klassenhaus im Schulgarten zu bauen oder das alte Schulhaus umzubauen und ein<br />
Stockwerk aufzubauen. In Anbetracht dessen, daß durch den Neubau ein schönes Stück Obstgarten verloren ginge,<br />
sowie, daß durch einen Um- und Aufbau sich schöne, große Klassenzimmer und auch geräumige Wohnungen<br />
ermöglichen ließen, beantragte Lehrer Zwikirsch, die erforderlichen Räumlichkeiten durch einen Um- und Aufbau des<br />
alten Schulgebäudes zu beschaffen. Er wies unter anderem auch darauf hin, daß neben einem Neubau eines<br />
Klassenhauses doch auch erhebliche Kosten durch den Umbau des bisherigen Schulgebäudes zu Wohnräumen<br />
entstehen würden. Darauf wurde dieser Antrag einstimmig zum Beschluß erhoben. Nunmehr konnten die<br />
vorbereitenden Schritte zum Schulbau unternommen werden. Durch Beschluß des Vorstensdes des<br />
Gesamtschulverbandes vom 20. Dezember 1912 erklärte sich derselbe bereit, dem Hauptlehrer, sobald die dritte<br />
Lehrerstelle eingerichtet und besetzt ist, die gesetzliche Amtszulage zu gewähren. Dieser Beschluß wurde seitens der<br />
Königlichen Regierung unterm 6. März 1913 (II b. 127) genehmigt.<br />
Auf Vorschlag des Lehrers Zwikirsch wurde die Königlichen Regierung für Domänen und forsten ersucht, die<br />
unbewohnte alte Försterei als Wohnun für die Lehrer für die Zeit des Beues zur Verfügung zu stellen. Nach Entkräftung<br />
verschiedener Bedenken wurde unserem Gesuche stattgegeben. Der Schulverband mußte sich allerdings verpflichten,<br />
eine Miete von halbjährlich 20 Mark zu zahlen.<br />
Nachdem die Deckung der für die dritte Leherstelle entstehenden laufenden Kosten sichergestellt war, wurde behufs<br />
Erlangung einer Allerhöchsten Baubeihilfe wiederholt umfassende und umfangreiche Feststellungen und<br />
Berechnungen, welche die völlige Leistungsunfähigkeit der Gemeinde nachwiesen, an die Königliche Regierung<br />
eingereicht. Darauf wurd ein im Auftrage der Königlichen Regierung vom Hochbauamt Strehlen ausgearbeiteter<br />
ausführlicher Bauentwurf dem Gemeindeschulverband vorgelegt. Dieser genehmigte den Entwurf. Einen nochmalige<br />
Prüfung derselben durch den Lehrer Zwikirsch ergab, daß der Entwurf in einem Punkte einen erheblichen Mangel<br />
aufwies. Bei den beiden großen Wohnungen sollte nämlich die Speise- und Vorratskammer in einen Ecke der Küche<br />
eingebaut werden. Dadurch hätten die Küchen an Reum und Licht viel verloren, und die Kammern wären sehr klein<br />
geworden. Außerdem wären sie zur Aufbewahrung von Vorräten völlig ungeeignet, da der Eingang von der Küche aus<br />
gedacht war. Demzufolge reiste Lehrer Zwikirsch alsbald zum Hochbauamt Streheln nach Breslau und schlug vor, ein<br />
Stück des ohnehin sehr großen benachbarten Zimmers zur Speisekammer zu verwenden. Es gelang dem Lehrer<br />
Zwikirsch, das Hochbauamt zu überzeugen und für seinen vorschlag zu gewinnen. Die Zeichnung wurde<br />
dementsprechend umgeändert.<br />
Die vorbereitenden Arbeiten waren nun soweit gefürdert, daß man zur Ausschreibung der Bauarbeiten hätte schreiten<br />
können. Da tauchte in Poberpodiebrad ein Plan auf, welcher geeignet war, den ganzen fertigen Bauplan umzustoßen.<br />
Die Gemeinde Oberpodiebrad, von fachkundigen Leuten beeinflußt, beschloß, aus dem Gesamtschulverbande<br />
auszutreten und eine Schule für sich zu gründen. Der Beschluß, vom Herrn landrat befürwortet, gelangte an die<br />
Königliche Regierung. Sofort setzte Lehrer zwikirsch die Kreisschulinspektion von dem Vorhaben der Gemeinde<br />
Oberpodiebrad in Kenntnis und wies auf dei verhängnisvollen Folgen desselben hin.<br />
Zwecks Verhandlung über die von der GEmeinde Oberpodiebrad beantragte Errichtung einer Filialschule daselbst<br />
anstelle des Schulerweiterungsbaues in <strong>Mittel</strong>podiebrad hat die Königliche Regierung zu Breslau Termi auf den 20.<br />
Februar 1914 anberaumt, welchen als Vertreter der Königlichen Regierung, die Herren Geheimer Regierungs- und<br />
Schulrat Engel und Regierungsrat Eckelberg wahrnahmen. Zugegen waren außerdem der Herr Landrat v. Lücken, Herr<br />
Kreisschulinspektor Schaefer und Herr Ortsschulinspektor Duvinage. Bevor mit dem Schulvorstsnde verhandelt wurde,<br />
versammelten sich die vorgenannten Herren im anderen Klassenzimmer zu einer Vorbesprechung, zu welcher auch<br />
Lehrer Zwikirsch hinzugezogen wurde. Es ergab sich, daß die Herren durchaus geneigt waren, dem Antage der<br />
Gemeinde Oberpodiebrad stattzugeben. Lehrer Zwikirsch entwickelte dagegen seinen fachwissenschaftlichen und<br />
schultechnischen Standpunkt und wies wiederholt und nachdrücklichst darauf hin, welche Vorteile ein großes<br />
Schulsystem gegenüber einer einklassigen Schule hätte. Herr Kreisschulinspektor empfahl in Anbetracht der hier<br />
obwaltenden sprachlichen Verhältnisse ebenfalls das größere System. Darauf beschloß man, dem Gesamtschulverbande<br />
den Um- und Erweiterungsbau zu empfehlen. In der darauf folgenden Verhandlung mit dem Schulvorstande schloß sich<br />
derselbe, nachdem Lehrer Zwikirsch die Gemeinde Oberpodiebrad auch darauaf aufmerksam gemacht hatte, daß sie bei<br />
Abtrennung vom alten Verbande an dem hohen Beitrage des Forstfiskus zu den Schulabgaben keinen Anteil haben<br />
würde, dem Vorschlage der Herren Regierungsvertreter an. Den Vertretern der Gemeinde Oberpodiebrad wurde vom<br />
Herrn Landrat aufgegeben, alsbald zu beschließen, ob sie ihren Antrag auf Bau einer eigenen Schule zurückziehen. Nun<br />
galt es für den Lehrer Zwikirsch, die Gemeinde Oberpodiebrad zu überzeugen, daß es in jeder Beziehung im Interesse<br />
der Gemeinde läge, wenn sie bei dem bisherigen Schulverbande verbliebe. Dies ist gelungen; eine schwache Mehrheit<br />
beschloß, den Antrag auf Bau einer eigenen Schule zurückzuziehen. Ein besonderes Verdienst hierbei gebührt dem<br />
Schulvosteher, Stellenbesitzer Johann Lellek in Oberpodiebrad. Nunmehr konnte der Plan des Um-, Auf- und<br />
Erweiterungsbaues wieder aufgenommen werden. Der Leiter des Hochbauamtes Strehlen, Herr Regierungs- und<br />
Landrat Dr. Brugemester - Breslau wude ersucht, die Bauleitung zu übernehmen. Die Kosten derselben betrugen 900<br />
mark. Nachdem sämtliche Bauarbeiten öffentlich ausgeschrieben worden waren, fand am 30. Juni 1914 die Eröffnung
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 21 von 59<br />
der Angebote statt. Es stellte sich heraus, daß sämtliche Angebote zum Teil weit über den Kostenanschlag der<br />
Königlichen Regierung hinausgingen. Denzufolge wurde die ganze Verdingung aufgehoben und der Bau durch<br />
Beschluß des Schulvorstandes vom 6. Juli 1914 an das Baugeschäft Julius Kothe - Strehlen freihändig vergeben. Schon<br />
am 8. Juli wurde mit dem Abbruch des Daches begonnen, so daß die Lehrer an dem selben Tage noch in größter Eile<br />
die Wohnungen räumen mußten. In strömenden Regen ging der Umzug, welchen die Herren Gemeinde- und<br />
Schulvorsteher persönlich bewerkstelligt haben, nach der Försterei vor sich. Der Bau wurde derartig gefördert, daß<br />
Ende Juli und Anfang August das Gesparre hätte aufgerichtet werden können. Da kam der Krieg. Herr Kothe wurde<br />
sofort eingezogen, ebenso eine Zahl Maurer, und der Bau ruhte volle drei Wochen. Auch dann noch ging es langsam<br />
vonstatten, weil wegen der vielen Militärtransporte kein Bauholz heranzubekommen war. Die Schule war während des<br />
Baues im Saale des Gasthausbesitzers neugebauer im Mehltheuer untergebracht. Da der zweite Lehrer Matzel zum<br />
Heeresdienst eingezogen war, unterrichtete der erste Lehrer Zwikirsch die 190 Kinder ¾ Jahre lang ganz allein, so daß<br />
wir nur ein Klassenzimmer brauchten. Ende 1914 war das Erdgeschoß soweit fertig, daß nach den Weihnachtsferien ein<br />
Klassenzimmer benutzt werden konnte. Während in den Obergeschossen noch tüchtig gebaut wurde, wurde in dem<br />
Klassenzimmer Schule gehalten. Anfang März 1915 war das Hauptgebäude soweit fertig, daß die Wohnung des<br />
Hauptlehrers bezogen werden konnte. Am 25. März fand der Umzug und Einzug der Familie des Hauptlehrers<br />
wiederum mit Hilfe der herren Gemeinde- und Schulvorsteher statt. Am 29. März wurde die Schule eingeweiht. An der<br />
Feier nahm der Vorstand des Gesamtschulverbandes, ein Vertreter des Hochbauamtes und ein Vertreter des<br />
Baugeschäftes Kothe teil. Der Herr Landrat war leider verreist und der Herr Kreisschulinspektor durch Krankheit<br />
verhindert. Von letzteren Herren traf folgendes Glückwunschschreiben ein: "Der Schulgemeinde <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
spreche ich die herzlichsten Segenswünsche bei der Einweihung des erneuerten und erweiterten Schulhauses aus. Gott<br />
schütze das Haus, und er lasse es fruchtbringende Pflanzstätte des Wissens, der Gottesfurcht und der Vaterlandsliebe<br />
sein. Er segne alle, die dort ein und aus gehen! Leider ist es mir wegen Erkrankung nicht möglich, der Einweihungsfeier<br />
beizuwohnen." gez. Schaefer, Kreisschul-inspektor.<br />
Der Ortsschulinspektor Herr Pastor Duvinage, sowie der Hauptlehrer zwikirsch hielten ansprachen, und der Kinderchor<br />
brachte eine Anzahl Lieder zum Vortrag. Nach der Feier lud der Hauptlehrer die anwesenden Herren zu einem Imbiß in<br />
seine Wohnung ein.<br />
So ist durch ein verständiges Zusammenwirken des Schulvostandes mit dem Hauptlehrer, wobe der fachkundigen,<br />
zielbewußten und energischen Mitarbeit des Herren Verbandsvorstehers, Gemeindevorstehers Gottlieb Knorrek -<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad ganz besonders gedacht werden muß, ein wahres Musterschulhaus entstanden, an dem Schule und<br />
Haus rechte Freude haben können.<br />
Die Gesamtkosten des Schulbaues betragen einschließlich der Hand- und Spanndienste, welche auf den Betrag von<br />
4028,29 M festgesetzt worden sind, 30.080,36 M. Diese sind gedeckt worden durch:<br />
den staatlichen Drittelbeitrag von 9633,97 M<br />
die Staatsbeihilfe von 6900,00 M<br />
den abgehobenen Baufonds 900,00 M<br />
Ergänzungszuschuß aus den Kreisfonds 408,00 M<br />
eine nachbewilligte außerordentliche Beihilfe der Königlichen Regierung 2400,00 M<br />
den Beitrag des Forstfiskus 4718,08 M<br />
------------------<br />
24.960,05 M<br />
Verbleibt am Ende des Schuljahres 1917/18 eine Bauschuld von 5120,31 M.<br />
Im Jahre 1919 gelang es dem Hauptlehrer Zwikirsch, soviel Ergänzungszuschüsse zu erwirken, daß eine Schuldsumme<br />
von nur noch 2500 M verblieb.<br />
Am 23. Dezember 1922 wurde vorerwähnte Schuldsumme abgestoßen. Sie entsprach noch nicht dem Werte von einem<br />
Paar Schuhsohlen.<br />
Der Krieg und die Schule<br />
(verfaßt vom Hauptlehrer Zwikirsch)<br />
Wie allerwärts, so hat auch in unser Schulleben der furchtbare Krieg mit rauher Hand eingegriffen. Die Woche vor dem<br />
Kriege nahm noch der Hauptlehrer Zwikirsch an der vom "Deutschen Flottenverein" veranstalteten Lehrerfahrt an die<br />
Wasserkante teil. Der drohende Krieg warf bereits seine dunklen Schatten voraus. Von Helgoland waren die Badegäste<br />
bereits abgereist, und die Bevölkerung rechnete schon mit der Räumung ihrer geliebten Insel. In Brunsbüttel waren<br />
bereits zwei Wochen die Schleusentore für fremde Schiffe geschlossen. Als die Reisegesellschaft mittels Sonderzuges<br />
am 28. Juli abends in Kiel ankam, wurde ihr mit Bedauern eröffnet, daß sie wahrscheinlich kein Kriegsschiff würde<br />
sehen können. Doch zu aller Freude waren am nächsten Morgen das 2. Geschwader und ein Teil des 3. Geschwaders,<br />
gegen 12 Linienschiffe und Kreuzer und etwa 80 Torpedoboote im Kriegshafen versammelt. Da war ein<br />
unbeschreiblich erhebender Anblick. Berechtigter Stolz auf die neuen Schöpfung des deutschen Reiches lied die Herzen
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 22 von 59<br />
der aus allen Gauen des geliebten Vaterlandes stammenden 300 Lehrer höher schlagen und erfüllte sie angesichts der<br />
drohenden Gefahr mit großer Zuversicht. Als der Dampfer der Reisegesellschaft am 30. Juli abends von Sonderburg<br />
kommend in den Kieler Hafen eingefahren war, wurde derselbe geschlossen. Inzwischen stiegen die Unheil<br />
verkündenden Wetterwolken immer bedrohlicher mam politischen Horizont herauf, so daß die Reiseteilnehmer am<br />
nächsten Morgen auf dem kürzesten Wege ihre Heimat zu erreichen suchten. Am 31. Juli abends kam Zwikirsch bei<br />
den seinigen an, und am 1. August morgens schon wurde der zweite Lehrer Matzel telegraphisch zum Heeresdienst<br />
einberufen. Da er sich zum Ferienaufenthalt noch bei seinen Eltern in Steinau an der Oder befand, wurde er durch<br />
Zwikirsch telegraphisch von der eingelaufenen Einberufung in Kenntnis gesetzt. Noch an demselben Abend kam er auf<br />
Bahnhof Strehlen an und fuhr nach einstündigem aufenthalt nach Beuten OS, wo er dem Regiment Nr. 156 zugeteilt<br />
wurde. Seine Kompanie war nach Rußland bereits ausgerückt, so daß er sie mit einer kleinen Abteilung suchen mußte.<br />
Hierbei ereignete sich ein Unfall, über welchen Matzel in seinem sorgfältig geführten Tagebuche folgendes schreibt:<br />
"Unsere Kompanie ist bis jetzt (2. August) verschollen. Heute nacht wurde eine Patrouille angeschossen, und zwar ein<br />
Deutscher von Deutschen. Weil der tor eine sich ihm nahernde Patrouille polnisch anrief, schoß der andere auf ihn, in<br />
der Meinung, einen russischen Posten vor sich zu haben." - Am 3. August wurde die Kompanie zufällig gefunden. Das<br />
Regiment wurde von der Landwehr abgelöst und nach dem westlichen Kriegsschauplatz geschickt. Am 11. August<br />
wurde es verladen. Lehrer Matzel kam als Unteroffizier ins Feld. Große Freude riefen die Feldpostkarten, die Matzel an<br />
seine Klasse schickte, hervor. Sie gingen von Hand zu Hand und wurden auch mit großem Eifer beantwortet. Von<br />
seinen weiteren Erlebnissen lassen wir ihn selbst reden:<br />
"Durch Schlesien, Sachsen, Bayern, am Main entlang fuhren wir nach Saarbrücken. Drei Tage wahrte die Fahrt,<br />
unterwegs war die Bewirtung ausgezeichnet. Nun marschierten wir nach der luxemburgischen Grenze, täglich ungefähr<br />
30 km in der ungeheuren Hitze. Das war gleich eine harte Nuß. An den Spicherer Höhen vorbei ging's über Forbach<br />
nach Spittal. Ich habe da so manchen Schlappen aufgehoben. In Spittal bezogen wir Quartier. Die Bewohner<br />
Lothringens waren sehr deutschfeindlich, das zeigten ihre mürrischen Gesichter, auch wollten sie uns nichts verkaufen.<br />
Die Bevölkerung von Ebersweiler ist besonders deutschfeindlich. Zu kaufen gibt es gar nichts. Einige Husaren mußten<br />
sich sogar mit dem Revolver Eingang bei ihren Quartierwirten verschaffen. Dann ging's über die luxemburgische<br />
Grenze. Wir marschierten bis Kail. Hier gab's zum ersten Male seit langer Zeit Eier, Brot, Butter, Milch usw. Wenn uns<br />
die Luxemburger auch nicht begeistert aufnahmen, so waren sie doch freundlich zu uns. Sie kauften für uns, was wir<br />
wollten, ja es gab sogar Liebesgaben. Hier konnte ich auch mein bißchen Französich anbringen. Die Leute dachten, ich<br />
sei von der deutsch-französischen Grenze.<br />
Am 20. August vormittags wurden zwei feindliche Flugzeuge von unserer Artillerie heruntergeschossen. Die<br />
französichen Flugzeuge sind blendend weiß mit blau-weiß-roter Kokardee auf beiden Seiten. Um sieben Uhr abends<br />
hörten wir die ersten Granaten pfeifen.<br />
Den 21. August 1914. Heute haben wir die Feuertaufe erhalten. Schlecht geschlafen im Freien, rückten wir mit etwas<br />
Kaffee im Magen gegen Longwy vor. Wir gehören zur 5. Armee, die unser Kronprinz führte. Wir sollten Longwy<br />
belagern. Kaum fünf Minuten später erhielten wir einen starken Granatenregen, und es ist als ein Wunder anzusehen,<br />
daß wir nicht völlig zerschmettert wurden. Was das für ein unheimliches Gefühl ist, wenn die Dinger so über einem<br />
pfeifen. Wir hoben dann einen Schützengraben aus, und bald ging's weiter. Wir sollten einen französische Ersatzarmee,<br />
welche von Verdun aus die Festung Longwy entsetzen sollte, abschneiden. Wir marschierten den ganzen Tage. Vorbei<br />
ging's an brennenden Dörfern. Ach, dies Elend! Da lagen Frauen, Kinder, Greise, denen deutsche Granaten ihre<br />
Freveltaten heimgezahlt hatten. Um 8 Uhr abends beuzogen wir Vorposten und schlugen die Zelte auf. Jeder freute sich<br />
auf die erste Nacht unter Zelten. Da hieß es auf einmal: Abbrechen! und bald waren wie wieder unterwegs. Es ist etwas<br />
unheimliches, in der Nacht in Feindesland zu marschieren. Links von uns lang das brennende Longwy, schaurig schön;<br />
unsere Artillerie hat brave Arbeit getan. So marschierten wir wieder denselben Weg zurück bis 1 Uhr nachts und legten<br />
uns auf die nasse Erde. Wir hatten immer noch nichts gegessen.<br />
Den 22. August 1914. Schon um 4 Uhr morgens wurden wir alarmiert. Mit nur etwas kaffe im Magen ging's ins<br />
Gefecht. In langen Schützenlinien gingen wir vor. Um 8 Uhr bekamen wir von dem Dorfe Cheniére Feuer. Wie da die<br />
Schlesier liefen! Schneller als im Manöver ging's an den Feind. Wie da die Kugeln pfiffen und die Granaten regneten;<br />
es war eine schauerliche Musik. Die französicher Artillerie schoß gut, kannte sie doch genauer die Entfernung; Gott<br />
sein Dank waren ihre Geschosse sehr minderwertig; die meisten Granaten krepieren nicht. Mit Hurra wurden die<br />
Franzmnänner, die sich so vorzüglich versteckt hatten, aus den Gräben geworfen. Sie können das deutsche Hurra und<br />
das Bajonett nicht ertragen. Wie die Hasen liefen die Rothosen. Vor mir leisteten ein Offizier und zwei Mann<br />
Widerstand; sie wurden über den Haufen gerannt. Viele warfen die Waffen weg, hoben die Hände und schrien: "Pardon,<br />
messieurs". Wir nahmen diese gefangen. Ich kam mit meiner Gruppe in die Flanke iener französichen Batterie. Sofort<br />
fasse ich den Entschluß: "Die wird erstürmt!" Aus einer Entferung von 200 Metern schießen wir, 9 Leute, auf die<br />
überraschte Artillerie. Bald sind die Bedienungsmannschaften von zwei Geschützen abgeschlossen, der Feind fährt mit<br />
seinen anderen Geschützen davon. Durch einige Schüsse in die Bespannung schaffen wir große Verwirrung, daß die<br />
Pferde davonrasen. Im Begriff zu stürmen, erhalten wir, 9 Mann, vom Kirchturm des Dorfes dermaßen<br />
Maschinengewehrfeuer, daß wir alle unter dem feindlichen Feuer zusammenbrechen. Plötzlich ein Krümmen des<br />
Körpers und derartige Schmerzen im Unterleibe, daß ich einen Unterleibsschuß annehme und damit meinen Tod. Meine<br />
umliegenden kamaraden beauftrage ich, wenn es möglich ist, Kamerad Neumann zu sehen, ihm zu sagen, er solle Eltern
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 23 von 59<br />
und mein einziges, liebes Gretel nochmals grüßen. Ich löste den Tornister, warf mich auf den Rücken und erwartete<br />
mein Ende. Die Artillerie merkte bald, daß die kleine Schar schwieg und beeilte sich umgehend, uns zu danken. Aus<br />
einer Entfernung von 500 bis 600 Metern begann sie, uns mit Granaten zu überschütten; 10 m vor mir und hinter mir<br />
schlugen sie ein. Das war die schrecklichste Stunde meines Lebens. Jeden Augenblick konnte ich zerrissen werden.<br />
Jetzt schien mein Tod sicher. Ich befahl Gott meine Seele und ließ noch einmal meine Seele am mir vorüberziehen.<br />
Dann sah ich ruhig zu, wie die Granaten einschlugen. Eine Granate nahm ein großes Stück Tuch von meiner Hose mit,<br />
einen Meter vor mir sauste das Geschoß in die Erde, daß ich über und über mit Erde beschüttet wurde, krepierte aber<br />
nicht, sonst ...<br />
Warmes, rinnendes Blut von der rechten Achsel herab zeigte mir, daß ich auch dort verwundet war, ich preßte mir das<br />
Verbandspäckchen in die rechte Achselhöhle so gut es ging. In den Beinen schien jedes Gefühl erstorben, wie Gummi<br />
fühlten sie sich an. Krankenträger mußten uns wegen des fürchterlichen Granatenfeuers im Stiche lassen. Abends gegen<br />
10 Uhr suchten sie noch einmal mit Laternen ab, ich hielt mein Seitengewehr in der Linken zum Schutze gegen<br />
Schlachtfeld-Hyänen. Die Krankenträger riefen; ich konnte aber nicht antworten, weil meine Sprache nur noch ein<br />
Flüstern war. Einer stand ganz dicht bei mir, sah mich aber nicht, da ich hinter einem Strauche lag, hinter den ich micht<br />
unter ungeheuren Schmerzen geschleppt hatte. Ich schlug, so gut es ging, mit dem Seitengewehr in den Strauch. Da<br />
horchte er auf, und als ich nochmals schlug, kam er näher und fand mich endlich. Auf einer Bahre wurde ich zum<br />
Krankenwagen getragen, der uns zum Verbandplatz brachte. Unterwegs wurde der Wagen mit der Rotenkreuzflagge<br />
geschossen. Auf dem Hauptverbandplatz wurde ich nochmals verbunden und verbrachte die Nacht ganz gut in einem<br />
Zelte.<br />
Den 23. August 1914. Morgens fuhren wir in einem Wagen in das nächste Feldlazarett. Hier fanden wir das erste Bett<br />
und wurden ganz leidlich versorgt, aber schon nach einem eintägigen Aufenthalt fuhr ich mit einem Auto nach<br />
Differdingen in Luxemburg. Da hin und wieder Granaten in der Nähe des Feldlazarett einschlugen, wurde es bald<br />
unheimlich. Da kam zufällig ein Herr aus Luxemburg mit ienem Auto, und nur in Decken gehüllt, fuhren wir los. Die<br />
Uniform war über und über mit Blut beschmutzt und nicht zu finden; mit ihr ließ ich 16 Mark zurück. In Differdingen<br />
lebten wir sehr gut. Die Bevölkerung war sehr freundlich. Wir erhielten Besuch von der Großherzogin und zwei<br />
Prinzessinnen.<br />
Am Freitag, den 28. August wurden wir weiter befördert. Ich zog blaue Arbeitshosen an und graue Segeltuchschuhe.<br />
Allgemein hielt man mich in dieser Kleidung für einen Franzosen. Ich bin dann von einem Lazarett zum anderen<br />
befördert worden und kam am 9. September 1914 in Würzburg an. Hier stellte es sich heraus, daß ich infolge meiner<br />
Verwundung einen furchtbaren Nervenschock im Unterleibe erlitten habe. Vollständig genesen bin ich erst in meiner<br />
Heimatstadt Steinau a. O., wohin ich auch Wunsch meiner Eltern überführt wurde."<br />
Im November wurde er aus der ärzlichen Behandlung entlassen und zu seinem Regiment nach Beuthen kommandiert.<br />
Nach kurzer Zeit wrude er als kriegsverwendungsfähig befunden, blieb abeer in Beuthen im Garnisonsdienst. Von da<br />
aus wurde er ins Warthelager zur Teilnahme an einem Offizierskursus kommandiert, konnte aber wegen Erkrankung<br />
denselben nicht mitmachen und kehrte nach erfolgter Genesung nach Beuthen zurück.<br />
Der siegreiche Vormarsch im Westen und er Einfall der Russen im Osten trafen noch in die Sommerferien, welche in<br />
dem Jahre wegen des Schulbaues vom 9. Juli bis 19. August dauerten. Obgleich Zwikirsch außerhalb des Dorfes im<br />
alten Forsthause wohnte, blieb er mit seiner Gemeinde in enger Verbindung, um den Gemeindegliedern mit Rat und Tat<br />
beizustehen. Als der großt Sieg zwischen Metz und den Vogesen vom 20. August, durch welchen der Kronprinz von<br />
Bayern die Reichslande vom Feinde befreite, telegraphisch gemeldet wurde, versammelte Zwikisch sofort die<br />
Schuljugend, die Schulbläser und eine Anzahl Gemeindeglieder bei der Friedenseiche. Es wurden mehrere Choräle<br />
geblasen, vaterländische Lieder angestimmt, und Zwikirsch hielt eine Ansprache, in der er der herrlichen Waffentaten<br />
gedachte und Gott für den großen Erfolg unserer Waffen dankte. Ganz besondere Freude lösten die großen Hindenburg-<br />
Siege aus, welche jedesmal in einer Feier ihre Würdigung erhielten. Fortan wurde jeder größerere Sieg in der Schule<br />
gebührend gefeieret, einige Male ordnete die Behörde sogar einen schulfreien Tag an. Die Schulkinder wruden über den<br />
Verlauf des Weltkrieges forgesetzt auf dem laufenden erhalten, ja oft erstatteten sie aufgrund der erworbenen<br />
Sonderblätter selbst Bericht. In allen Fächern des Unterrichts wurde auf das gewaltige völkerringen Bezug genommen.<br />
Die Die besonderen lieder und Gedichte sind in einer Sammlung vereinigt worden. Die Aufsätze behandelten Stoffe<br />
wie: "Vom westlichen Kriegsschauplatz", "Die Zeit Friedrichs des Großen und die Gegenwart", "Der<br />
Aushungerunsplan Englands", "Das Feldpostpaket", "Die Macht am Meer", "Wozu brauchen wir eine Flotte?", "Wie<br />
Breslau und Göben entkamen", "Die Kriegsanleihe", "Die Brotkarte", "Wie wir sparen sollen", "Das Unterseeboot",<br />
"Die Lage Deutschlands" usw.<br />
Im Oktober regte zwikirsch eine Sammlung behufs Beschaffung von Liebesgaben für unsere Krieger an. Mit Hilfe der<br />
Herren Gemeinde- und Schulvorsteher, welche die Sache mit großem Eifer forderten, kamen aus dem Gemeinden<br />
folgende Bettäge zusammen:<br />
aus Oberpodiebrad 45,70 M<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad 54,75 M<br />
Niederpodiebrad 36,15 M<br />
Mehltheuer 20,00 M
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 24 von 59<br />
-----------------------------------------------zusammen<br />
156,60 M<br />
Frau Jaschik, die Handarbeitslehrerin spendete 2 Mark. Auf Anregung des Zwikirsch steuerten die Darlehnskassen 40<br />
m und der hiesige Gesangverein 20 M bei, so daß 218,60 M zur Verfügung standen. Nun wurde unter der Leitung der<br />
Frau Zwikirsch und der Handarbeitslehrerin fleißig gestrickt. An jeder Sache wurde ein Zettel mit der Anschrift der<br />
Herstellerin und einem schönen Spruch Spruch, Vers oder Wunsch befestigt. Im November war alles fertig. Es wurde<br />
folgendes an Frau Landrat von Lücken abgeliefert:<br />
29 Leibbinden<br />
54 Paar Socken<br />
19 Paar Kniewärmer<br />
19 Paar Pulswärmer und<br />
30 warme Hemden<br />
Große Freude herrschte dann, wenn sich ein Feldgrauer bei der Herstellerin durch eine Feldpostkarte bedankte. Diese<br />
Zuschriften wurden jedesmal vor versammelter Klasse vorgelesen.<br />
Weihnachten 1914 fand eine Einbescherung für bedürftige Kriegerkinder statt. Das Rote Kreuz überwies uns für diesen<br />
Zweck 60 M, Lehrer Matzel spendete 5 M.<br />
Der hiesige Gesangverein hat zur Anschaffung einen Bildes für ein Klassenzimmer 25 M gewilligt.<br />
Nach den Erteferien 1914 bis Ostern 1915 unterrichtete Zwikirsch sämtliche 194 Kinder allein, zuerst im<br />
Neugebauerschen Saale in Mehltheuer und nach Weihnachten in einem Klassenzimmer des neuen Schulhauses. Da nur<br />
ein Raum zur Verfügung stand, sowie infolge der großen Kinderzahl mußten die einzelnen Klassen nacheinander<br />
unterrichtet werden, hatten darum nur halbe Unterrichtszeit.<br />
Am 25. März 1915 zog Familie Zwikirsch aus der alten Försterei in das neue Schulhaus ein. Das bedeutete für<br />
Zwikirsch eine erhebliche Erleichterung.<br />
In Anbetracht der hiesigen schwierigen Verhältnisse schickte die Königliche Regierung eine Lehrerin an die hiesige<br />
Schule und übertrug die vertretungsweise Verwaltung der neu zu errichtenden Lehrerstelle der Lehrerin Fräulein Helene<br />
Schwirr aus Breslau mittels Verfügung vom 7. April 1915 mit Festsetzung des Dienstantritts auf den 12. April 1915.<br />
Fräulein Schwirr hat am 14. September 1911 ihre Seminarabgangsprüfung in Breslau abgelegt und wurde am 12.<br />
Oktober 1911 an der Dr. Nitleschen Präparandenanstalt in Breslau angestellt. Hier wirkte sie bis Ostern 1913. Dann<br />
nahm sie iene Stelle an der <strong>Mittel</strong>schule in Breslau an (Ostern 1913 bis ostern 1914). Von Ostern 1914 bis Ostern 1915<br />
war sie Lehrerin an der <strong>Mittel</strong>schule der Frau Stegmann in Breslau. Hierauf stellte sie sich der Königlichen Regierung<br />
zur Verfügung. Ihre Vereidigung und Einführung hier geschah am 14. April 1915.<br />
September 1915: Unsere Schule beteiligte sich in hervorragendem Maße an der Zeichnung der dritten Kriegsanleihe. Es<br />
wurden im ganzen 5800 M gezeichnet, so daß unsere Schule unter allen Schulen des ganzen Kreises an erster Stelle<br />
stand.<br />
Am 21. Oktober 1915 fand anläßlich der 500-jährigen Herrschertätigkeit des Hohenzollernhauses eine Schulfeier statt.<br />
Der Unterricht fiel aus. (Am 21. Oktober 1415 war namlich die Erbhuldigung auf dem Landtage in Berlin.) Aus<br />
demselben Anlaß veranstaltete Zwikirsch im Saale des Gasthausbesitzers Fleger hierselbst unter Beteiligung der<br />
Oberklasse Sonntag den 7. November 1915 einen Unterhaltungsabend, wobei Zwikirsch über das Werk der<br />
Hohenzollern redete. Näheres darüber ist im zweiten Teile der Chronik verzeichnet.<br />
Am 10. November 1915 wanderte die ganze Schule nach Strehlen zur Nagelung des Strehlener Stadtwappens. Nachdem<br />
vor dem Rathause einige in die Kriegszeit passende Lieder angestimmt worden waren, wurden für 36 M Nägel<br />
eingeschlagen. Fräulein Schwirr und Zwikirsch nagelten ebenfalls. Herr Landrat von Lücken gab bei Gelegenheit seiner<br />
Anwesenheit in <strong>Mittel</strong>podiebrad seiner Freude über die hohe Zeichnung der Kreigsanleihe dadurch Ausdruck, daß er für<br />
arme Kinder 10 M zur Nagelung spendete.<br />
Zum Aufbau einer Kirche in Ostpreußen veranlaßte Zwikirsch eine Sammlung unter den Kindern. Es konnten als<br />
Gustav-Adolf-Kindergabe am 14. November 1915 an Herrn Pastor Duvinage 28,82 M abgeliefert werden.<br />
Weihnachten 1915 wurde wie alle Jahre im Flegerschen Saale eine öffentliche Weihnachtsfeier veranstaltet. Es war eine<br />
rechte Kriegsweihnachtfeier. Die Rede des Hauptlehrers sowie die Gesänge um Vorträge der Kinder standen in<br />
Beziehung zu der ernsten Kriegszeit. Wie im Vorjahre fand auch in diesem Jahre eine Einbescherung bedürftiger<br />
Kriegerkinder statt. Die Kosten beliefen sich auf 109,85 M. Das Rote Kreuz überwies uns 83 M und den Rest von 26,85<br />
deckte Zwikirsch.<br />
März 1916: Die Beteiligung an der Zeichnung der vierten Kriegsanleihe war sehr erfreulich. Es wurden 6700 M<br />
gezeichnet. Diesmal stand unsere Schule an der Spitze aller Landschulen des Kreises; nur das Gymnasium und die
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 25 von 59<br />
Stadtschule haben einen höheren Betrag gezeichnet. Sämtliche schriftliche Abeiten gingen durch die Hand des<br />
Hauptlehrers Zwikirsch. Für jede Zeichnung wurden ein Zeichnungsschein und eine Quittung ausgefertigt. Den<br />
Zeichnungsschein unterschrieb der Zeichner und bekam eine Quittung über die Zeichnung leingehändigt. Die<br />
Zeichnungsscheine bleiben in Verwahrung der Schule. Sämtliche Zeichnungen sind wieder in der Nachweisung<br />
zusammengestellt, in welche bei jeder Zeichnung die Kursdifferenz sowie die fälligen Zinsen nachzutragen sind.<br />
Diejenigen Zeichner, welche Beträge in reinen Hunderten gezeichnet haben, bekommen ihre Stücke nebst Zinsbogen<br />
und fälligen Zinsen ausgehändigt, sobald die Kreissprakasse die Stücke erhalten hat. Die übrigen Zeichner erhalten ihre<br />
Beträge nebst Kursgewinn und Zinsen zwei Jahre nach Friedensschluß zurück. Die Zeichnung und Rückzahlung erfolgt<br />
durch die Kreissparkasse.<br />
Die Zahl der Kinder betrug am 1. April 1916 - 194.<br />
An der vom "Vaterländischen Frauenverein" angeregten Papiersammlung beteiligte sich unsere Schule auch recht rege.<br />
Am 11. Mai 1916 konnte Zwikirsch etwa 6 Zentner Papier an die Herberge zur Heimat - Strehlen abliefern.<br />
Ganz besonders freudigen Wiederhall fand die Nachricht von dem Seesiege unser gesamten Hochseeflotte unter<br />
Viezeadmirat Scheer über die gesamte englische Schlachtflotte von mindestens 34 modernen Großkampfschiffen am<br />
31. Mai 1916 in den Herzen der Bevölkerung, insonderheit der Kinder. Anläßlich dieses Sieges war infolge Verfügung<br />
der Königlichen Regierung ein Tag schulfrei.<br />
Hauptlehrer Zwikirsch hat sämtliche gelernte Kriegsgedichte sowie Kriegslieder mit Noten in zwei Sammlungen<br />
vereinigt und Karten von den Kriegsschauplätzen angefertigt. Der Soldat Rudolf Riedel aus <strong>Mittel</strong>podiebrad hat bei<br />
Gelegenheit eines Urlaubs Baumwollenfrüchte, Seidenkokons und einen Schildkrötenpanzer aus mazedonien<br />
mitgebracht und der Schule geschenkt.<br />
Lehrer Matzel wurde von Beuthen aus in einem Kommando naach Konstantinopel betraut, um einen Eisenbahnzug mit<br />
Kriegsbedarf hinzubefördern. Später wurde er zum 22. Inf. Reg. nach Ratibor versetzt.<br />
Nachdem durch Beschluß des Schulvorstandes vom 3. Januar 1917 die neue Lehrerstelle in eine Lehrerinnenstelle<br />
umgewandelt worden ist und die Königliche Regierung diesen Beschluß unterm 18. Januar 1917 genehmigt hat, wählte<br />
der hiesige Schulvorstand die Lehrerin Frl. Helene Schwirr, welche die neue Stelle bisher vertretungsweise verwaltet<br />
hat, als Lehrerin für die besagte Stelle. Die Königliche Regierung bestätigte diese Wahl mit Festsetzung des<br />
Dienstantritts auf dem 1. Februar 1917 und sprach gleichzeitig die entgültige Anstellung aus.<br />
Infolge des ungewöhnlich harten und langen Winters 1916/17 machte sich eine allgemeine Kohlennot sehr unangehm<br />
fühlbar. Ersatz konnte wegen des herrschenden Wagen- und Maschinenmangels nicht in erforderlicher Menge<br />
herangebracht werden. Deshalb mu´te vom 21. bis einschließlich 28. Februar [1917] der Unterricht ausfallen.<br />
Für die 5. und 6. Kriegsanleihe wurde eine ungemein rege Werbearbeit eintfaltet. Hauptlehrer Zwikirsch bereitete den<br />
Boden vor durch Vorträge über Deutschlands Wirtschaftskräfte, Deutschlands Finanzkraft, das Unterseeboot und seine<br />
Erfolge, die gegenwärtige Lage, die Kriegsanleihe. Darauf ging er von Haus zu Haus in allen vier Ortschaften, um auf<br />
jedes Gemeindemitglied persönlich einzuwirken und etwaige Einwände zu entkräften. Der Erfolg blieb auch nicht aus.<br />
Für die 5. Kriegsanleihe wurden durch die Schule 7500 M und für die 6. Kriegsanleihe 10.800 M gezeichnet. Die<br />
Werbearbeit hatte auch noch den Erfolg, daß seitens der hiesigen Bewohner durch die Post und durch die Sparkasse<br />
noch erheblich höhere Beträge gezeichnet wurden.<br />
Die Zahl der Kinder am Anfang des Schuljahres 1917/18 betrug 197.<br />
Für die Aufnahme von Kindern aus Großstädten und Industriebezirken wurde Stimmung gemacht. Doch sind unsere<br />
Besitzungen durchweg klein, so daß sich unsere Landwirte bei dem großen Mangel an Arbeitskräften dieser Kinder<br />
nicht so annehmen könnten, wie es erforderlich wäre. Auch würden sich die Kinder in Anbetracht der hier herrschenden<br />
böhmischen Umgangssprache hier sehr vereinsamt fühlen. Hauptlehrer Zwikirsch nahm die schulpflichtige Schwester<br />
der Lehrerin Frl. Schwirr in die Mittagskost für den ganzen Sommer; außerdem nahm er den achtjährigen Sohn der<br />
verstorbenen Schwägerin aus Oppeln für den ganzen Sommer in seine Familie auf. Nachträglich kamen noch zwei<br />
[Kinder] aus Neuköln und drei aus Breslau. In Anbetracht der ungeheuren Preissteigerung gewährte die Königliche<br />
Regierung den Lehrpersonen Teuerungszulage. Hauptlehrer Zwikirsch erhielt zwei Kriegsteuerungs-zulagen von 60<br />
und 40 Mark und Frl. Schirr eine Zulage von 40 mark. Außerdem wurde eine fortlaufende Kriegsbeihilfe an<br />
verheiratete Lehrer und Lehrpersonen mit eigenem Hausstand gezahlt. Lehrer ohne Kinder unter 18 Jahren (wie<br />
Hauptlehrer Zwikirsch) erhielten monatlich 12 Mark. Später erhielten auch die Lehrerinnen, hier Frl. Schwirr, eine<br />
monatliche Kriegsbeihilfe von 10 Mark. Außerdem wurden Außerdem wurden Kriegsteuerungszulagen gezahlt, und<br />
zwar an den hauptlehrer Zwikirsch jährlich 540 M und an die Lehrerin Frl. Schwirr jährlich 300 M. Diese<br />
Kriegsteuerungszulagen wurden vom 1. April 1918 erhöht auf 700 Mark für den Hauptlehrer und 490 Mark für die<br />
Lehrerin.<br />
Die 7. und 8. Kriegsanleihe hatten einen schönen Erfolg. Zur 7. Kriegsanleihe wurden 11.500 M und zur 8.
Kriegsanleihe 12.700 M gezeichnet.<br />
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 26 von 59<br />
Am 16. Mai [1917] ist Lehrer Matzel an die Westfront abgerückt. Um Weihnachten ist er zum Offiziersaspirant und<br />
Vizefeldwebel befördert worden und erhielt das eiserne Kreuz 2. Klasse.<br />
Im Jahre 1917 spendeten unsere Kinder zur Gustav-Adolf-Jugendspende 32 Mark. Die Sammlung von Nesseln,<br />
Weißdornfrüchten, Knochen, Altpapier, Kernen, wurde fortgesetzt.<br />
Am 9. Januar 1918 wurden alte Leinwand-Wandkarten an die Reichsbekleidungsstelle nach Berlin geschickt.<br />
Mai 1918 wurden vom Roten Kreuz 10 Paar Holzschuhe unserer Schule überwiesen zur Verteilung an bedürftige<br />
Kinder und im Juli nochmals 13 Paar.<br />
Am 28. Mai 1918 wurde Lehrer Matzel zum Leutnant der Reserve befördert.<br />
Zum Besten der Ludendorff-Spende fanden am 26. Juni 1918 im Saale des Reichsadler in Strehlen vom Invalidendank<br />
Lichtbildvorführungen statt. Unsere Schule beteiligte sich mit 34 Mark.<br />
Im Sommer 1918 wurden durch die Schulkinder der ersten beiden Klassen unter Aufsicht der Lehrpersonen im<br />
Königlichen Walde 165 Zentner Frischlaub, das als Haferersatz für Kriegspferde verwendet wurde, geworben. Dafür<br />
wurden 1046 Mark gezahlt.<br />
Anfang September 1918 sind 2,30 Zentner Kirschkerne abgeliefert worden.<br />
Am 20. September 1918 als am Geburtstage unserer Kronprinzessin sammelte unsere Schule 15 Mark zur<br />
Kriegskinderspende. (Zum Besten der im Kriege geborenen Kriegerkinder.)<br />
Wegen heftigen Auftretens der Grippe wurde die Schule vom 23. bis 29. Oktober 1918 vom Königlichen Kreisarzt<br />
geschlossen.<br />
Infolge der regen Werbearbeit des Hauptlehrers Zwikirsch sind durch ihn zusammen 61.400 Mark an Kriegsanleihe<br />
gezeichnet worden. Oktober 1919 hat jeder Zeichner die Kriegsanleihe mit Zinsen und Kursdifferenz zurückerhalten.<br />
Am 1. Januar 1919 hat Lehrer Matzel sein Amt wieder angetreten. Im Frühjahr klagte er öfters über Schmerzen im<br />
Rücken. Schließlich stellte sich heraus, daß die Kugel, die 1914 seinen rechten Oberarm verwundet hat, noch im Körper<br />
steckte. Sie muß ihren Weg vom rechten Oberarm quer durch den Rücken nach der linken Seite genommen haben und<br />
drückte nun an eine der linken Rippen. Er unterzog sich in Breslau einer Operation, welche ganz glücklich verlief.<br />
Freudestrahlend brachte er die französiche Gewehrkugel, die er fast 5 Jahre im Leibe getragen hat, nach Hause und<br />
bewahrt sie als ein seltenes Andenken auf.<br />
Kriegschronik<br />
Unvergeßlich bleiben wird uns allen, die wir den Beginn des Weltkrieges erlebt haben, der Tag, an dem der Weltbrand<br />
sicht entzündete. Es war ein prächtiger goldener Sommertag, jener 1. August 1914. Wie Gewitterschwüle lag es bereits<br />
seit einer halben Woche auf allekn Gemütern, bis gegen Abend des 1. August der befreiende Blitz aus den Wolken<br />
zuckte: die Mobilmachung. Wochen und Monate fieberhafter Erregung folgten. Mit stillem Ernste zogen die<br />
Einberufenen, begleitet von ihren Angehörigen, nach dem Bahnhofe. Eine Anzahl Brautpaare schloß noch in Eile den<br />
Bund fürs Leben. Nach Tagen banger Erwartung kamen dann die freudigen nachrichten von den Kriegsschauplätzen.<br />
Groß war die Freude, als immer herrlichere Kunde aus Ost und West kam. Mit großer Spannung dwurden die<br />
Extrablätter, welche Strehlener Kinder jeden Tag zum Kauf anboten, erwartet. Anfangs kamen fast jeden Tag allerlei<br />
Kriegsbestimmungen und Bekanntmachungen der Behörde, betreffs Einschränkung des Alkoholgenusses, Festsetzung<br />
der Polizeistunde, Heereseinziehungen, Verbot von Tanzvergnügungen usw. Alle diese Bekanntmachungen sollten<br />
sofort den Ortsbewohnern zur Kenntnis gebracht werden, deshalb kam der Gemeindevosteher Knorrek auf den<br />
Gedanken, bei besonders wichtigen und eiligen Maßnahmen der Behörde die Ortsbewohner durch ein Trompetensignal<br />
zusammenzurufen. Sie versammelten sich auf dem Platze bei der Friedenseiche und dort wruden sie von den<br />
Maßnahmen des stellvertretenden Generalkommandos in Kenntnis gesetzt. Später traten ruhigere Zeiten ein, so daß<br />
dann wieder die Bekanntmachungen auf ortsübliche Weise erfolgen konnten.<br />
Am Anfang des Krieges mußten die brauchbaren Pferde zur Verfügung gestellt werden, ebenso die beiden<br />
Bäckerplanwagen von Latte und Hanusch mit Bespannung und Kutscher. Als Kutscher meldete sich freiwillig der alte<br />
Taraba aus der Altstadt, Inhaber des Eisernen Kreuzes von 1870/71. Nach Ablösung durch die militärische Kolonnen<br />
kam er wohlbehalten zu Hause wieder an. Die Opferfreudigkeit der Bevölkerung war sehr groß, die erste Sammlung<br />
fürs Rote Kreuz ergab in der ganzen Schulgemeinde 320 M. Die Nachrichten von den ersten Gefallenen aus der<br />
Schulgemeinde wirkten besonders erschütternd und verbreiteten sich wie ein Lauffeuer in den vier Gemeinden. Von<br />
Zeit zu Zeit fand im Anschluß an einen deutschen Gottesdienst eine Gedächnisfeier für die gemeldeten Gefallenen statt,<br />
wobei mit Beteiligung des Bläserchors ein entsprechendes Lied angestimmt wurde. Auch wurde immer Mittwoch gegen
Abend eine Kriegsbetstunde abgehalten.<br />
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 27 von 59<br />
England beabsichtigte, auf dem Festlande seine Verbündeten für sich bluten zu lassen und sich selbst möglichst zu<br />
schonen. Als aber England durch unser Vordringen in die Länder der Feinde und durch das Drängen seiner<br />
Verbündeten gezwungen wurde, in den Kampf auf dem Festlande mehr einzugreifen, da begann sein Schmäh- und<br />
Lügenfeldzug gegen Deutschland, da faßte es den gemeinen Aushungerungsplan, indem es uns vermöge seiner großen<br />
Flotte von den überseeischen Ländern abschnitt und auch die Zufuhr von den neutralen Ländern des Festlandes mit<br />
allen erdenklichen <strong>Mittel</strong>n zu erschweren suchte. Sofort ergriff unsere Regierung Gegenmaßregeln, indem sie diue<br />
Absperrung durch U-Boote bekämpfte und im Lande umfassende Maßnehmen traf, die darauf hinausliefen, die<br />
Erzeugnisse des eigenen Landes so auszunützen und zu verteilen, daß uns der Mangel an Nahrung nicht zu einem<br />
schmählichen Frieden zwingt. Das Getreide (die Gerste zur Hälfte) wurde beschlagnehmt, ebenso die Kartoffeln. Der<br />
Kommunalverband (der Kreis) übernahm die Versorgung seiner Einwohner. Ein Teil dieser Erzeugnisse mußte darum<br />
an den Kommunalverband zu festgesetzten Höchtpreisen abgeliefert werden. Ein Übelstand trat aber zutage dadurch,<br />
daß man wohl Höchstpreise fürs Getreide festsetzte, aber nicht zugleich für die Futtermittel. so kam es, daß die<br />
Landwirte für einen Zentner 11,50 M bekamen, aber 17 M für recht schlechte Kleie zahlen mußten. Das Mehl mußte bis<br />
zu 82% ausgemahlen werden und das Brotmehl durch Zusatz von Kartoffelmehl oder geriebenen Kartoffeln gestreckt<br />
werden. Infogedessen mußte mancher Landwirt weniger Riendvieh halten, denn Brotgetreide (Roggen und Weizen)<br />
durfte als Futter für das Vieh nicht verwendet werden. Dadurch verlor die Milch an Fettgehalt. Um auch den Weizen für<br />
die Brotbereitung zu erhalten und Fett zu sparen, erging ein allgemeines Kuchenbackverbot. Da nun aber der<br />
Kartoffelvorrat immer mehr in Anspruch genommen wurde, mußten Schweine bis zu einem bestimmten Gewicht<br />
abgeschlachtet werden. Auch suchte man sich zu helfen, indem man Zucker verfütterte.<br />
Dazu kam dann das schlechte Jahr 1915. Solange Zwikirsch hier wirkt (das sind bereits 33 Jahre), war nicht ein so<br />
schlechtes Erntejahr wie dieses. Im Frühjahr war es so heiß und trocken, daß das Wintergetreide nicht wachsen und sich<br />
auch nicht bestocken konnte; das Sommergetreide konnte nicht aufgehen und blieb ganz klein, auch die Rüben blieben<br />
klein. Das Getreide wurde notreif, und die Ernte war sehr zeitig und sehr schlecht. Zur Erntezeit bis in den Herbst war<br />
es dann kalt und regnerisch, so daß Roggen und Weizen erwuchsen und der Hafer sich bestockte und er grüne Hafer<br />
durch den reifen hindurchwuchs. Es war ein außerordentlich trauriger Anblick. Meist wartete man mit der Haferernte,<br />
bis der grüne, nachgewachsene Hafer reif war. Die Kartoffel- und Rübenernte war infolge ders andauernden Regens<br />
auch schlecht. Es kam vor, daß man die Kartoffeln mit soviel Erde einernten mußte, daß das ganze Fuder unversehrt<br />
stehen blieb, wenn man auch die Seitenbretter abgenommen hatte. Mit banger Sorge blickten wir in die Zukanft; fast<br />
schien es, als sollte der scheußliche Aushungerunsplan Englands gelingen. Ein allgemeiner Futter-, Fleisch-, Fett-,<br />
Zuckermangel machte sich fühlbar. Aber die Not macht erfinderisch; das hatte sich auch hier gezeigt. Die Regierung<br />
ließ durch die Ortsbehörden von Zeit zu Zeit Bestandsaufnahmen vornehmen; es mußte festgestellt werden, wieviel<br />
Vieh, Getreide, Kartoffeln, Eier, Speck, Fleischdauerwaren, Fleischkonserven, Zucker vorhanden sind, um danach den<br />
Verbrauch zu regeln. Damit wir mit dem Brote ausreichen sollten, wurde durch Abgabe von Brotmarken bestimmt, daß<br />
jede Person in der Woche nur 4 Pfd Brot essen dürfe, Mehl und Wassersemmeln eingeschlossen. (Entweder 1 Pfd Brot<br />
oder 350 g Mehl oder 6 Semmeln.) Die schwerarbeitende Bevölkerung bekam Zusatzmarken. Das Brot mußte beim<br />
Verkauf mindestens 24 Std. al und mit einem Zeitstempel versehen sein. Die Selbstverbraucher (Landwirte) wurden<br />
ebenfalls zur Sparsamkeit angehalten. Sie durften für eine bestimmte Zeit nur eine bestimmte Menge Getreide mahlen<br />
lassen. Dies wurde wiederum durch Mahlkarten, welche die Landwirte beim Müller abzugeben hatten, geregelt. Wenn<br />
jamand verzog oder verreiste, mußte er sich bei der alten kartenausgabestelle abmelden und bei der neuen anmelden.<br />
Für ein Pferd durften täglich nur 2 Pfd hafer verfüttert werden. Der Korn und Kartoffelschnaps wurde gänzlich<br />
verboten. Spiritus wurde nur an Familien mit kleinen Kindern zu Kochzwecken gegen Marken abgegeben. Es war<br />
verboten, Nahrungsmittel aus dem Heimatskreise in einen andern, sei es durch Verkauf oder auch Schenkung zu<br />
bringen. Der gewerbsmäßige Zwischenhandel blieb jedoch bestehen, so daß dadurch sehr viel Butter, Eier und Geflügel<br />
für jeden Preis hier angekauft und nach Breslau befördert wurden. Diese Händler fragten nicht erst nach dem Preise,<br />
sondern drangen den Verkäufern ungeheure Preise auf. Darunter hatten wir auf dem Lande viel zu leiden, denn wir<br />
mußten dieselben Preise zahlen, wenn wir etwas erwerben wollten. Es war in dieser Kriegszeit, als ob der Preis<br />
überhaupt keine Rolle spielte. Da die Lebensmittelknappheit in Breslau und auch in anderen Städten naturgemäß sehr<br />
groß war, kamen die Städter scharenweise aufs Land, um Lebensmittel aufzukaufen. Früher hatten unsere Landfrauen,<br />
wenn sie Butter und Eier auf dem Markte feilhielten, viel unter dem hochfahrenden, den Landmann geringschätzenden<br />
Sinn der Stadtleute zu leiden; heute kommt sogar der Herr Professor in eigener Person aufs Land und holt sich seine<br />
Butter, tadelt nicht und zahlt die höchten Preise, ohne mit der Wimper zu zucken. Die ungeheure Fettknappheit hatte<br />
den Mangel an Seife zur Folge. Der Preis stieg auf das achtfache des früheren Preises. Auch der Fleisch- und<br />
Zuckermangel machte sich sehr fühlbar. Obgleich wir vonr dem Kriege große Mengen von Zucker an das Ausland<br />
verkaufen konnten, wurde er doch durch den großen Schokoladenverbrauch der Truppen, durch die Zuckerferfütterung<br />
und dadurch, daß wir viel Zucker als Austausch für andere Erzeugnisse an neutrale Länder abgeben mußten, knapp.<br />
Damit nun die Reichen nicht bevorzugt würden, hatte man Seifenkarten, Zuckermarken und Fleischbücher eingeführt.<br />
Demzufolge erhielt man auf Monat und Person nur 50 g Feinseife und 250 g Seifenpulver, 1½ Pfd Zucker und für<br />
Woche und Person ½ Pfd Fleisch einschließlich Wurst, Fett, Speck. Infolge der ganz geringen Zufuhr aus überseeischen
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 28 von 59<br />
landern fehlte es auch gar bald an Gummi, petroleum, Baumwolle und Wolle. Der Geschäfts- und Vergnügungsverkehr<br />
mittelst Autos wurde verboten und die Reifen wurden eingezogen. August 1916 wurde sogar bestimmt, daß nur<br />
diejenigen Personen sich des Fahrrads bedienen durften, welche es für ihren Broterwerb brauchten. Alle anderen<br />
Gummireifen wurden beschlagnahmt. Auch wurde eine Altgummisammlung veranstaltet. Um dem petroleummangel<br />
entgegenzuarbeiten, wurde anfangs Petroleum nur gegen Petroleumkarten verabfolgt. Vom 1. Mai bis Ende September<br />
1916 wurde die neue Sommerzeit eingeführt. Vom September ab bekamen wieder nur die Landwirte und Heimarbeiter<br />
Petroleum auf Karten. Der Mangel an Baumwolle hatte gerade für unsere Dörfer ganz besonders unheilvolle Folgen.<br />
Zuerst hörte die Hausweberei allmählich auf. Die Weberfabrik in Hussinetz arbeitete immer kürzere zeit in der Woche<br />
und blieb am 28. August 1914 ganz stehen. Vom 17. Oktober 1914 bis 31. März 1916 wurde wieder an einzelnen Tagen<br />
und mit beschränkter Tagearbeitszeit gearbeitet. Von diesem Zeitpunkte ab ist aber völliger Stillstand eingetreten. Das<br />
war für unsere Weberfamilien ein harter Schlag, denn eine große Zahl der Inwohner unserer Dörfer wurde arbeitslos.<br />
Der Mangel an Wolle und Baumwolle zog auch eine Knappheit der Stoffe nach sich. Deshalb wurde vom 15. August<br />
1916 ab bestimmt, daß jeder, der Stoffe aus Wolle oder Baumwolle kaufen wollte, die Notwendigkeit der Anschaffung<br />
nachweisen mußte. Darauf erhielt er dann einen Bezugschein, und dieser erst berechtigte ihn zum Ankauf. Um aber den<br />
Handel nicht lahm zu legen, wruden tuere Stoffe freigegeben, d. h. man bekam Stoffe von einem bestimmte Preise ab<br />
ohne Bezugschein.<br />
Ehe Bulgarien sich uns anschloß und Serbien erobert wurde, fehlte es infolge der ungewöhnlich massenhaften<br />
Munitionsherstellung auch an Kupfer und Messing. Deshalb mußten gegen Bezahlung die in der Bevölkerung<br />
vorhandenen Gegenstände aus Kupfer und Messing mit wenig Ausnahmen abgeliefert werden.<br />
Welche Höhe die Preise durch den Krieg erreicht haben, zeigt nachfolgende Aufstellung.<br />
Preise<br />
von: vor dem Kriege November 1920<br />
Roggen, 1 Zentner 6,00 M Sommer 146 M<br />
sonst 85,00 M<br />
Weizen, 1 Zentner 8,00 M 85,00 M<br />
Gerste, 1 Zentner 5,50 M 75,00 M<br />
Hafer, 1 Zentner 6,00 M 100,00 M<br />
Kleie, 1 Zentner 5 M 29 M<br />
Futtermittel (Leinmehl), 1 Zentner 7 M 200 M<br />
Kartoffeln, 1 Zentner 1,50 M 25 M<br />
Brot 45 Pf 4,20 M<br />
Butter, 1 Pfd 1,20 M bis 1,40 M auf Marken 13 M ohne<br />
Marken 24 M<br />
Eier, 1 Stück 6-7 Pf 2 M<br />
Schweinefleisch, 1Pfd 60 Pf 15 M<br />
Kalbfleisch, 1 Pfd 80 Pf 12 M<br />
Rindfleisch, 1 Pfd 70 Pf 10,50 M<br />
Wurst, 1Pfd 80 Pf - 1,20 M 12,00 M<br />
Pferde 300 M 7000 M<br />
Ochsen, 1 Zentner 30 M 600 bis 800 M<br />
Kühe, Nutzkuh 180-240 M 7000 bis 9000 M<br />
Kälber, bis 3 oder 4 Wochen 40-50 M 800 bis 1000 M<br />
Schweine, 1 Zentner 45 M 1000 M<br />
Ferkel (Kitz) 15 M 200 M<br />
Gänse, gestopft 9M 120 M<br />
Hühner 1,20 M - 1,50 M 20 M<br />
Schuhwerk 12 M 300 M<br />
Seife, 1 Pfd 60 Pf 10 M<br />
Holz, 1 Rm Kiefern-Scheit 6-8 M 24-50 M<br />
Anzug für Männer 60 M 1200 M<br />
Kohle, 1 Zentner 90 Pf - 1 M 13,50 M<br />
Petroleum, 1 l 20 Pf 7,40 M
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 29 von 59<br />
Infolge dieser ungeheuren Preissteigerung und des Arbeitermangels wurde die Bestreitung des Lebensunterhaltes für<br />
die weniger bemittelten außerprdentlich schwierig. Viele der arbeitslosen Weberfamilien suchten und fanden Arbeit in<br />
landwirtschaftlichen Betrieben der Umgegend. Auch setzten die öffentliche Wohltätigkeit und die Hilfe des Staates ein.<br />
Der Staat zahlte vom Beginne des Krieges ab Familienunterstützungen für die Kriegerfrauen und für jedes Kriegerkind.<br />
Die Eltern der gefallenen Söhne, welche ihre Stütze waren, bekamen Kriegselterngeld. Die arbeitslosen Weber wurden<br />
aus dem sogenannten Weberfonds unterstützt.<br />
Das Rote Kreuz verteilte an bedürftige Kriegerfamilien Unterstützungen an Kleidern und Lebensmitteln. Die<br />
Wöchnerinnen bekamen einen Wochenbeihilfe und Gutscheine auf Milch für eine gewisse Zeit. Zu Weihnachten<br />
wurden bedürftige Kriegerkinder mit einem Weihnachtsgeschenk erfreut. Der hiesige Darlehnkassenverein (Raiffeisen)<br />
spendete Weihnachten 1915 für die hiesigen Armen 50 M und sandte an jedes Mitglied und an die Söhne deerselben<br />
Weihnachtspäckchen ins Feld. Letzteres tat auch der hiesige Gesangverein. Weihnachten 1916 unterstützte unser<br />
Darlehnskassenverein die hiesigen Armen mit 115 M. Vie Not ist durch diese Leistungen gemildert worden, aber die<br />
Ernährung besonders der Ärmeren litt dennoch unter der großen Teuerung ungeheuer.<br />
Das Handwerk wurde unterstützt, indem die handwerkskammer und die Innungen dafür sorgten, daß die Handwerker<br />
Arbeiten für die Heeresversorgung bekamen. So hat der hiesige Schmiedemeister Taraba 5500 Hufeisen und 30 Wagen<br />
geliefert.<br />
Einen besonders schweren Stand hatte die Landwirtschaft. Sie hatte die große Aufgabe zu erfüllen, Heer und Volk unter<br />
den denkbar ungünstigsten Bedingungen zu ernähren und dafür Sorge zu tragenm daß der Aushungerungsplan unserer<br />
Feinde zunichte gemacht würde. Besonders drei Dinge erschwerten die Lösung der ungeheuren Aufgabe: Mangel an<br />
Arbeitskräften, Mangel an genügender Menge guter Futtermittel und Mangel an Düngermitteln. Wenn auch die<br />
Heeresleitung die eingezogenen Landwirte beurlaubte, so konnte dies nur auf kurze Zeit geschehen, so daß die ganze<br />
Arbeitslast der Feldbestellung auf den Schultern der Frauen ruhte. Es war in der Tat ergreifend zu sehen, wie auf vielen<br />
Ackerstücken nicht ein einziger Mann zu erblicken war. Die noch hier weilenden Männer haben auch nach Möglichkeit<br />
geholfen, und Zwikirsch stand jederzeit zur Verfügung, wenn es sich darum handelte, einen Rat zu erteilen oder<br />
irgendein Schreiben anzufertigen. Soviel steht jedoch fest, daß sich die Freuen durch ihre ungewöhnlichen Leistungen<br />
ein dauerndes Verdienst um des Vaterlandes Rettung erworben haben.<br />
Von dem Opfersinn legt auch folgende Bekanntmachung in unserem Kreisblatt ein beredtes Zeugnis ab:<br />
Strehlen, den 5. November 1915<br />
Der Strehlener Kreis hat in der vergangenen Woche wie bei allen Gelegenheiten, die unser hohes herrscherhaus<br />
betreffen, in herzlicher und warmer Teihnahme in Haus und Hütte des Geburtstages Ihrer Majestät der Kaiserin<br />
gedacht. Unser Kreis hat sich in einer unverhofft großartigen Weise an dem Geburtstagsgeschenk für die hohe Frau<br />
beteiligt. Der Vaterländische Frauenverein hat von einem großen Erfolg über die Geburtstagsspende zu berichten, wie<br />
er überraschender wohl kaum sein konnte. Aus Stadt und Land strömte man herbei, um seine Liebesgaben zu bringen.<br />
Und wir dürfen mit gerechtem Stolz auf die Gebefreudigkeit blicken, die so oft schon in diesem schweren großen<br />
Kriegsjahr für unsere braven Feldgrauen freudig ihre Opfer brachte. Es wird allen von Interesse sein, das Resultat dieser<br />
Sammlung zu erfahren. Es gingen bei dieser Sammlung ein: 1281 kg eingekochte Früchte, 175 l Saft, 57 kg Honig, 22<br />
Flaschen Wein, und 30½ kg Backobst, 76,50 M in bar. Davon wurden vom Verein nach Breslau und weiter ins Feld<br />
275 kg eingemachtes Obst, 90 l Saft, 12 Flaschen Wein, 30½ kg Honig und 23 kg Backobst gesandt. In Strehlen wurde<br />
an die 4 Lazarette 1006 kg eingemachtes Obst und 85¾ l Saft, 10 Flaschen Wein und reiche Gaben an Honig, Gemüse,<br />
Speck, Butter, Eier, Äpfel und Birnen, Nüsse und Backobst verteilt. Wer hätte sich wohl mehr über die Fülle von<br />
schönen Gaben gefreut, als die Leiterinnen der lazarette, die besonders bei den teuren Zeiten mit mancherlei<br />
Schwierigkeiten bei der Verpflegung der Verwundeten und Kranken zu kämpfen haben. Den Vaterländischen<br />
Frauenverein drängt es, allen gütigen Gebern hierdurch den herzlichen Dank zu sagen."<br />
Frau Zwikirsch hat sich an dieser Sammlung in reichem Maße beteiligt.<br />
Auch für die Kriegsgefangenenfürsorge wurde in unseren Gemeinden eine Sammlung veranstaltet. Die Tochter des<br />
Hauptlehrers sammelte in <strong>Mittel</strong>podiebrad und Mehltheuer die schöne Summe von 100,35 M. In Niederpodiebrad<br />
kamen 40,50 M und in Oberpodiebrad 32,50 M zusammen.<br />
Das Jahr 1916 hat uns in vieler Hinsicht für den Mangel des Vorjahres entschädigt. Es lieferte Grünfutter und Heu in<br />
ungewöhnlich reichlicher Menge. Auch die Getreideernte war beinahe gut zu nennen, die Kartoffelernte brachte jedoch<br />
zum großen Teil, besonders in den Niederungen, geringe Erträge. Es war aber verboten, Brotgetreide und Kartoffeln zu<br />
verfüttern. Das Getreide war beschlagnahmt und mußte abgeliefert werden. Die zum Kauf angebotenen Futtermittel<br />
waren schlecht und viel teurer als das beste Getreide. So machte sich ein furchtbarer Mangel an Kraftfutter fühlbar. Die<br />
folge davon war, daß die Menge der erzeugten Butter bedeutend abnahm.<br />
Der Mangel an Düngemitteln ist zrückzuführen auf die verhinderte Zufuhr von überseeischen Dünger, auf den Mangel<br />
an Arbeitskräften in unseren Kaliwerken und auf die Beschlagnahme der Eisenbahnen für Kriegszwecke.<br />
Infolge der schlechten Kartoffelernte drohte besonders in den Großstädten und Industriebezirken Frühjahr 1917 eine<br />
Hungersnot auszubrechen. Um dieser [entgegen] zu steuern, wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Vollmilch durfte
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 30 von 59<br />
nur in Mengen nach behördlicher Vorschrift abgegeben werden. An Butter durfte nur für Woche und Person 1/8 Pfd<br />
verbraucht werden. Die Erzeuger durften für sich für Woche und Person ¼ Pfd zurückhalten. Die übrige Butter mußte<br />
an die beim Bäckermeister Latte in <strong>Mittel</strong>podiebrad eingerichtete Butterverkaufsstelle für den Höchstpreis von 2,30 für<br />
das Pfd abgeliefert werden. von dort holten die Verbraucher ihre Buttermenge ihre Buttermenge auf Fettkarten.<br />
Alle Sonntage wurde die Butterverkaufsstelle durch den Gemeindevorsteher nachgeprüft. Die übrige Butter mußte an<br />
den Kommunalverband (Kreis) abgeliefert werden. Die Landwirte von Oberpodiebrad wurden an die Verkaufsstelle in<br />
Töppendorf angeschlossen.<br />
Damit die Herstellung von aller Art Kriegsbedarf gesichert würde, erließ Hindenburg an die gesamte Landwirtschaft<br />
einen zündenden Aufruf, in welchem er die Landwirte zur freiwilligen Abgabe von Speck an die Schwerarbeiter<br />
anfeuerte. Dieser Aufforderung des allverehrten Volkshelden hatte einen großen Erfolg.<br />
Fleisch und Wurst wurden nur auf Fleischkarte abgegeben, und zwar ½ Pfd für Woche und Person. Diejenigen, welche<br />
ein Schwein schlachten wollten, mußten nachweisen, daß sie es ganz oder zum Teil selbst gefüttert haben; auch war ein<br />
bestimmtes Gewicht, welches erreicht werden mußte, vorgeschrieben.<br />
Die Hälfte des durch Schlachtung gewonnenen Fleisches wurde ihnen auch auf die Fleischkarte angerechnet. In der Zeit<br />
bekamen sie kein Fleisch zu kaufen, durften auch kein zweites Schwein schlachten.<br />
Im März wurden die Kartoffelbestände durch eine Kommission nachgesehen und die vorhandenen Mengen durch<br />
Messungen (1 m 3 = 13 Zentner) festgestellt. Den Erzeugern wurde auf je 1 Morgen 12 Ztr. als Saatgut und für jede<br />
Person bis zur neuen Ernte 120 Pfd, also für Kopf und Tag 1 Pfd. belassen. Die übrigen Kartoffeln mußte jeder<br />
Landwirt auf Anweisung des Gemeindevorstehers an Verbraucher im Dorfe abgeben. Die Fehlmengen wurden auch<br />
festgestellt. Am 14., 15. und 16. April wurden die Getreidebestände nachgesehen. Diesmal nahm bei jeder Kommission<br />
ein Unteroffizier der Strehlener Garnison an der Feststellung teil. Es wurde jedem Landwirt 80 Pfd. Hafer oder Gerste<br />
für den Morgen als Saatgut belassen.<br />
Die Selbstversorger mußten mit der Getreidemenge, die ihnen laut Mahlkarte vom 1. April bis 15. Mai zustand, bis 1.<br />
Juni ausreichen. Von da bis 15. August durfte für den Kopf 32½ Pfd. Brotgetreide (d. h. Roggen und Weizen) und für<br />
die Schwerarbeiter (alle über 12 jahre alten Landwirte) 12½ Pfd. Zuschuß zurückbehalten werden. Bei der Gerste hatten<br />
die Landwirte, welche keine Graupe auf Lager hatten, Anpruch auf 17 Pfd. Gerste auf den Kopf zur Graupenbereitung.<br />
Vom Hafer durften die Landwirte als Kraftfutter für die Rindviehzugtiere (bei jeder Wirtschaft durften nur 2 gerechnet<br />
werden) für jedes Zugtier 1 Ztr. behalten. Auf jede Henne wurden 5 Pfd. Geste oder Hafer gerechnet. Alles übrige<br />
Getreide wrude beschlagnehmt. In unsern vier Gemeinden hat sich eine Überschuß von etwa 400 Ztr. ergeben. Von den<br />
Kartoffeln mußten auch noch zwei Ztr. auf den Morgen abgegeben werden, so daß nur noch 10 Ztr. als Saatgut<br />
übrigblieben. Ein Mißstand muß hier erwähnt werden. Viele der hiesigen kleinen Besitzer mußten so viel Kartoffeln,<br />
und zwar gute, als Saatkartoffeln verwendbare, für 5 M den Ztr. abliefern und nachher Saatkartoffeln von großen<br />
Gütern, welche als Saatwirtschaften galten, für 8 M den Ztr. kaufen. Das Getreide mußte noch mehr als bisher<br />
ausgemahlen werden und zwar für die Selbstverbracher bis 90 % und für die übrigen bis 96 %. Wassersemmeln durften<br />
nicht mehr gebacken werden. An ihre Stelle traten kleine, 1 Pfd. schwere Weizenbrote. Sämtliches Brot sah aus und<br />
schmeckte wie Schrotbrot. Um bis zur nächsten Ernte durchhalten zu können, wurde vom 16. April 1917 ab die<br />
Brotmenge für Person und Woche auf 3 Pfd. herabgesetzt. Dafür wurde die Fleischmenge für Woche und Person um<br />
100 g erhöht. Die Fleischzusatzkarte hatte einen kaufwert von 70 Pf auf ½ Pfd. Fleisch. Diese 70 Pf für person und<br />
Woche zahlte der Staat. Um der Nahrungsnot zu steuern, sorgten die Herren Gemeindevorsteher dafür, daß Kartoffeln<br />
aus anderen Bezirken herangeholt und unter die Bevölkerung nach Bedürfnis verteilt wurden.<br />
Besonders verhängnisvoll für die Volksernährung drohte der Winter 1916/17 zu werden. Die ältesten Leute des Dorfes<br />
können sich nicht erinnern, einen so ununterbrochen lange anhaltenden Winter mit solchen Schneemassen erlebt zu<br />
haben. Mit der Frühjahrsfeldbestellung konnte sogar auf unseren bergigen Äckern erst Anfang Mai begonnen werden.<br />
Einige unserer Äcker sind sogar heute, am 6. Mai, wegen zu großer Nässe unbestellbar. Demzufolge mußte auf Aussaat<br />
von Sommerroggen und Sommerweizen verzichtet werden.<br />
Um den Goldschatz der Reichsbank zu stärken, und dem Staate die Herausgabe von papiergeld in erhöhtem Maße zu<br />
ermöglichen, wurden druch die Lehrpersonen bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Schule und Gemeinde Goldstücke<br />
eingewechselt und an die öffentlichen Kassen eingeliefert. In Strehlen wurde im Rathause eine Goldkaufstelle errichtet,<br />
wo allerlei Schmucksachen gegen Erstattung des Goldwertes abgegeben werden konnten. Hauptlehrer zwikirsch und<br />
seine Frau lieferten auch ihre goldenen Uhrketten, für welche sie eiserne erhielten und andere Schmucksachen im<br />
Gesamtgoldwerte von 75 M ab.<br />
Um Nickel und Kupfer zu sparen, wurden eiserne 10 Pf und 5 Pf Stücke sowie 1 Pf Stücke aus Aluminium geprägt.<br />
Infolge der notwendigen Ausrüstung unseres Millionenheeres mit gutem Schuhwerk stellte sich ein noch nie<br />
dagewesener mandel an Leder im Lande ein. Ganze Sohlen waren schließlich gar nicht mehr zu haben, so daß die<br />
Sohlen in mehreren Stücken aufgenagelt werden mußten. Vielfach bediente man sich ganzer Holzschuhe oder Schuhen<br />
mit Holzsohle.<br />
Als Dank des Vaterlandes für die großartigen Erfolge des U-Boot-Krieges wurde überall eine U-Boot-Spende<br />
gesammelt. In <strong>Mittel</strong>podiebrad sammelte die Tochter des Hauptlehrers Zwikirsch. Es kamen folgende Beträge<br />
zusammen: <strong>Mittel</strong>podiebrad 104,00 M, Niederpodiebrad 31,10 M, Oberpodiebrad 28,40 und Mehltheuer, Gemeinde<br />
und Forstbezirk, 16 M; zusammen 179,50 M. Das Gesamtergebnis des Kreises betrug 12.528,52 M.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 31 von 59<br />
Da Deutschland viel Kohle an das neutrale Ausland liefern mußte, um als Austausch andere Waren von dort bezeihen<br />
zu können und es auch an Wagen mangelte, wurde ide Kohle gegen Kohlenkarten in geringen Mengen an die Bewohner<br />
abgegeben.<br />
Ende Dezember 1917 wurde von Zwikirsch eine Hindenburggabe von 25 Mark gespendet.<br />
Weihnachten 1917 wurden an hiesige Arme 104 Mark aus unserer Raiffeisenkasse ausgeteilt.<br />
Der zunehmende Mangel an Nachrungsmitteln und eine ungeheure Gewinnsucht haben einen grenzenlosen<br />
Schleichhandel, Wucher und einen eingenständigen Tauschhandel erzeugt. Leider gab es auch in hiesiger<br />
Schulgemeinde Landwirte, welche ihre Erzeugnisse zu ungeheuren Wucherpreisen auf dem Wege des Schleichhandels<br />
meist an Breslauer Aufkäufer absetzten (z. B. 1 Pfd. Butter zu 8 Mark, eine mittlere Großwurst für 20 Mark).<br />
Schriftliche Arbeiten wurden nur gegen Naturalien angefertigt. Gegen Lieferung von Butter und Speck oder auch Mehl,<br />
welche man umsonst lieferte, erhielt man zu sünhaft hohen Preisen alles, was man haben wollte. Der Kohlenhändler<br />
schmierte den Großhändler, der Landwirt den Düngerhändler; der Landwirt lieferte an die Grube Zuckerrüben und<br />
erhielt 1 Wagen Kohle; gegen Zucker bekam man Sohlen, gegen Zement Zucker usw.<br />
Um eine restlose Abgabe von Brotgetreide und Kartoffeln vor der Ernte 1918 zu erreichen, wurden die Bestände<br />
zweimal geprüft, und zwar das erste Mal von einer Ortskommission unter leitung des Gemeindevorstehers, das zweite<br />
Mal von einer auswärtigen Kommission, bestehnd aud einem Feldwebel und 12 Mann unter Leitung eines Beamten<br />
vom Kriegsernährungsamt. Die Wirtschafts- und die Wohnräume wurde ausführlich durchsucht, abenso auch die<br />
Gärten. mehl un Getreide, welche freiwillig abgeliefert wurden, hat man hoch bezahlt (1 Zentner Hafer 22 Mark).<br />
Vorräte dagegen, welche verheimlicht und dann gefunden wurden, hat man ohne gede Entschädigung enteignet und<br />
gleich weggefahren. Infolge dieser Durchsuchung sind viele Vorräte dadurch verdorben, daß man sie an Orten versteckt<br />
hatte, wo sie dem Verderben ausgesetzt waren. Vieles wurde vergraben. Zu welcher List gegriffen worden ist, zeigt<br />
folgender hier vorgekommene Fall: Es wurde in der Nähe des Hauses ein Loch gegraben, und Vorräte wurden<br />
hineingegeben. Das Loch wurde dann wieder verschüttet, oben umzäunt und als offenes Gänseställchen benutzt.<br />
Anderwärts wurden Vorräte ins Feld oder in den Wald gefahren. Bei großen Besitzern wurde vie Getreide vorgefunden;<br />
hier dagegen war nur wenig vorhanden.<br />
Für die Ludendorffspende zum besten der Kriegsbeschädigten leisteten unsere Gemeinden folgende Beträge:<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad einschließlich eines namhaften Beitrages der Familie des Hauptlehrers 255 Mark; Niederpodiebrad<br />
30,75 M; Oberpodiebrad 26 Mark, Mehltheuer 26 Mark.<br />
Die Novembertage des Jahres 1918 und ihre Folgen überläßt der Chronist dem Urteil der Geschichte.<br />
Auch nach dem sogenannten Frieden stand die Verteilung fast aller Lebensbedürfnisse unter der Aufsicht des Staates.<br />
Die gesetzmäßige Versorgung geschah auf Brotkarten, Mahlkarten, Petroleumkarten, Seifenkarten, Zuckermarken,<br />
Spiritusmarken, Beuzugscheine, Fleischkarten, Fettkarten, Lebensmittelkarten, Kohlenkarten, Kaffeeersatzmarken,<br />
Nähfädenkarten. Trotzdem erreichte der Wucher und der Schleichhandel eine noch nie dagewesene Ausdehnung.<br />
Ehrentafel der gefallenen und vermißten Helden aus unserer Schulgemeinde<br />
Nr. Bezeichung des Gefallenen Eltern wann und wo gefallen Alter<br />
1 Julius Hanusch,<br />
Dorothea Friesel geb. Hanusch, 22. Aug. 1914 Schlacht bei 23<br />
Kanonier im Feldart. Reg. 57 Hausbesitzerin, <strong>Mittel</strong>podiebrad Rossignol in Belgien<br />
ledig<br />
2 Friedrich Karl Barta,<br />
11. Res. Inf. Reg.,<br />
Stellnersohn<br />
3 Wilhelm Kipry,<br />
Landwehr Inf. Reg. 51,<br />
Zimmermann<br />
4 Fritz Willimek,<br />
Unteroffiz. Ers. Batl. 141,<br />
Unteroffizierschüler<br />
5 Heinrich Kipry,<br />
Pionier, 1. Ers. Komp.<br />
Pionierregt. Nr. 23<br />
6 Hermann Zuchal,<br />
Ers. Res. Regt. Nr. 354<br />
7 Oswald Müßig,<br />
Sergeant im Inf. Regt. 352,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Johann Barta,<br />
Stellenbesitzer, <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Wilhelm Kipry,<br />
Stellenbesitzer,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Wilhelm Willimek, Auszügler,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Heinrich Kipry, Hausbesitzer,<br />
Mittlepodiebrad<br />
Wilhelm Zuchal, Arbeiter,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Oswald Müßig , Stellenbesitzer<br />
in Ludwigs-dorf bei Schweidnitz<br />
22. August 1914 Schlacht bei<br />
Clemieres in Frankreich<br />
vermißt am 18. Dezember 1914<br />
bei Walygostow,<br />
gestorben 16. Januar 1915<br />
13. Mai 1915 Gefecht bei<br />
Pieglowo, Russ. Polen<br />
13. August 1915 Sturmangriff auf<br />
Nowo-Georgiensk<br />
vermißt 20 September 1915 bei ?,<br />
22. September gestorben Bezirk<br />
Wilna<br />
gestorben am 31. März 1918 im<br />
Lazarett zu Nornuv<br />
28<br />
ledig<br />
26<br />
verh.<br />
19<br />
ledig<br />
23<br />
ledig<br />
29<br />
verh.<br />
29<br />
verh.<br />
Bemerkungen<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Oberpodiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad
8 Hermann Böhm,<br />
Gefreiter, 2. Res. Komp. des 2.<br />
Pion. Batl. Nr. 21,<br />
Zimmermann<br />
9 Wilhelm Raasch, Pionier im<br />
Pionier Batl. Nr. 14, Maurer und<br />
Hausbesitzer in <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
10 Ernst George, Gefreiter, Inf.<br />
Regt. Nr 38, Stein-arbeiter,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
11 Rudolf Hradetzky, Musketier im<br />
Inf. Regt. 84, Fleischer,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
12 Wihelm Stribrny (Silber), Res.<br />
Inf. Regt. 11, Stellen-besitzer,<br />
Oberpodiebrad<br />
13 Wilhelm Taraba,<br />
Ers. Rekrut, 7. Landwehr Inf.<br />
Reg.<br />
14 Traugott Heinrich Jirmann,<br />
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 32 von 59<br />
Witwe Marie Böhm, Inwohnerin,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Friedrich Raasch, Inwohner in<br />
Hussinetz<br />
Errnst George, Fabrikarbeiter in<br />
Hussinetz<br />
Stellenbesitzer Friedrich<br />
Hradetzky,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Stellenbesitzer Friedrich<br />
Stribrny,<br />
Oberpodiebrad<br />
Wilhelm Taraba, Stellenbesitzer,<br />
Oberpodiebrad<br />
6. März 1917 in Ausübung des<br />
Dienstes durch Sturz von einem<br />
Gebäude bei Coroix-Moligneause<br />
südlich von Pérome<br />
31. Oktober 1917 in den<br />
Argonnen<br />
wahrscheinlich 15. Oktober 1914<br />
bei Blonie, Rußland (vermißt)<br />
gefallen<br />
3. Oktober 1918 in den<br />
Rückzugskämpfen bei Le Catelet<br />
26<br />
ledig<br />
34<br />
verh.<br />
37<br />
verh.<br />
24<br />
ledig<br />
28. Februar 1915 vor Verdun 31<br />
verh.<br />
11. September 1915 bei Brozanki,<br />
Rußland<br />
22<br />
ledig<br />
<strong>Mittel</strong>-<br />
Podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Oberpodiebrad<br />
Oberpodiebrad<br />
Witwe Anna Jirmann, Ober- 19. Juni 1915 bei Arras 21 Ober-<br />
Füsilier im 38. Inf. Regt. podiebrad, Stellenbesitzerin<br />
ledig podiebrad<br />
15 Wilhelm Liebal, Landwehr- Johann Liebal,<br />
vermißt am 2. Juli 1915,<br />
38 Obermann,<br />
Inf. Regt 62, Stellen- Auszügler in Oberpodiebrad gestorben 3. Juli im Lazarett zu verh. podiebradbesitzer,<br />
Oberpodiebrad<br />
Nurlu, Frankreich<br />
16 Friedrich Krtschil,<br />
Karl Krtschil,<br />
1. Oktober 1916 an der Sommne 24 Ober-<br />
Musketier im Inf. Regt. 393 Krämer und Hausbesitzer,<br />
Oberpodiebrad<br />
ledig podiebrad<br />
17 Fritz Taraba,<br />
Wilhelm Taraba, Stellen- 10. Oktober 1916,<br />
19 Ober-<br />
Musketier, Inf. Reg. 361 besitzer, Oberpodiebrad bei Warlancourt begraben ledig podiebrad<br />
18 Fritz Krtschil, Musketier, Res. Karl Krtschil, Stellen-besitzer, 2. April 1918 in Frankreich 22 Ober-<br />
Inf. Reg. Nr. 23<br />
Oberpodiebrad<br />
ledig podiebrad<br />
19 Gustav Tscherny,<br />
verwitwete Stellenbesitzerin 6. Mai 1918,<br />
18 Ober-<br />
Musketier, Res. Inf. Reg. Nr. 23 Marie Tscherny, Oberpodiebrad auf dem Ehrenfriedhofe zu Sailly<br />
bestattet<br />
ledig podiebrad<br />
20 Friedrich Jirmann, Kanonier, Hausbesitzer Johann Jirmann in 9. August 1918 in Frankreich 21 Ober-<br />
Feldart. Reg. 504, Maurer Oberpodiebrad<br />
ledig podiebrad<br />
21 Hermann Tscherny, Gefreiter, Maurer in Niederpodiebrad 23. Mai 1915 an Boratto-Höhe 28 Nieder-<br />
Res. Inf. Reg. 11, Maurer<br />
bei Arras<br />
verh. podiebrad<br />
22 Traugott Braunert,<br />
August Braunert,<br />
14. September 1915 bei Wilna 29 Nieder-<br />
Ers. Res. Reg. 353, Zimmermann Stellenbesitzer, <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
verh. podiebrad<br />
23 Wilhelm Wyta, Landwehrmann, Friedrich Wyta, Stellenbesitzer 8. August 1915 an Typhus 38 Nieder-<br />
3. Mörser Reg. Nr. 6<br />
in Niederpodiebrad<br />
gestorben,<br />
begraben in Bötzen<br />
ledig podiebrad<br />
24 Julius Moses,<br />
Friedrich Moses, Weber in 2. Februar 1915 auf der Höhe 22 Mehl-heuer<br />
Ers. Rekr. Inf. Reg. 43<br />
Mehltheuer<br />
Hostilow am Losa-paß in<br />
Galizien<br />
ledig<br />
25 Johann Jokiel,<br />
Hausbesitzer Mehltheuer 8. März 1915 im Lazarett zu 31 Mehl-heuer<br />
Res. Inf. Reg. Nr. 11<br />
Breslau infolge Verwun-dung bei<br />
Verdun gestorben<br />
verh.<br />
26 Karl Zucker, Füsilier, Landwehr Friedrich Zucker, Stellen-besitzer 20. Mai 1915 bei Ossinz,<br />
23 Mehl-theuer<br />
Inf. Reg. Nr. 7<br />
zu Mehltheuer<br />
Rußland<br />
ledig<br />
27 Gustav Schicha,<br />
Karl Schicha, Stellenbesitzer und 16. Juli 1918 bei einem<br />
19 Mehl-theuer<br />
Granatier im Alexander-Garde- Gemeindevorsteher, Mehltheuer Sturmangriff vor Villers an der ledig<br />
Grenadier-Reg. Nr. 1, Maurer<br />
Marne<br />
28 Karl Schwarzer,<br />
Karl Schwarzer, Hegemeister, 4. September 1914 bei<br />
20 Mehltheuer<br />
6. Jägerbat.<br />
Forsthaus Mehltheuer<br />
Kisancourt, Frankreich<br />
ledig Forstgutsbezirk<br />
29 Traugott Buresch, Friedrich Buresch, Steinsetzer, gestorben infolge Kriegsstrapazen<br />
in Mehltheuer am 20.<br />
Februar 1917<br />
38 Mehl-theuer
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 33 von 59<br />
Reg. Nr. 11 <strong>Mittel</strong>podiebrad verh.<br />
30 Friedrich Stiller (Tichy),<br />
Inf. Reg. Nr. 23<br />
31 Heinrich Christoph, Füsilier-Reg.<br />
Nr. 73<br />
32 Gustav Papesch,<br />
Inf.-Reg. 111<br />
33 Gustav Jirmann,<br />
Inf. Reg. 61<br />
34 Rudolf Rejsek,<br />
Inf.-Reg. 24<br />
35 Fritz Taraba,<br />
Inf. Reg. 23<br />
Maria Pech geb. Tichy,<br />
Stellenbesitzerin,<br />
Niederpodiebrad<br />
Friedrich Christoph, Landwirt in<br />
Pfeilsdorf, Kr. Briesen,<br />
Westpreußen<br />
Eduard Papesch, Stellen-besitzer,<br />
Oberpodiebrad<br />
Johann Jirmann, Häusler,<br />
Oberpodiebrad<br />
Friedrich Rejsek,<br />
Häusler,<br />
Oberpodiebrad<br />
Johann Taraba, Hausbesit-zer<br />
und Schneidermeister in<br />
7. Juli 1915 an der Lavettohöhe<br />
gefallen<br />
vermißt am 25. August 1918 in<br />
Frankreich<br />
vermißt 23. August 1918 in<br />
Frankreich<br />
vermißt seit dem 24. Oktober<br />
1917 in Frankreich<br />
vermißt 9. September 1914 bei<br />
Tarnovka, Rußland<br />
gefallen 15. November 1914 in<br />
der Nähe des Schlosses<br />
28<br />
verh.<br />
32<br />
verh.<br />
20<br />
ledig<br />
28<br />
ledig<br />
30<br />
ledig<br />
26<br />
verh.<br />
Niederpodiebrad<br />
Niederpodiebrad<br />
OberpodiebradOberpodiebradOberpodiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Commelles, Frankreich<br />
36 Julius Friesel, 1<br />
Karl Friesel, Hausbesitzer in gefallen am 22. August 1915 bei 20 <strong>Mittel</strong>-<br />
Inf.-Reg. 57<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Rosignol<br />
ledig podiebrad<br />
Karl Friesel,<br />
vermißt seit 2. März 1915 in<br />
Inf.-Reg. 63<br />
Frankreich<br />
37 Martin Hanusch,<br />
Gottlieb Hanusch, Stellen- gefallen am 25. September 1915 20 <strong>Mittel</strong>-<br />
Inf.-Reg. 157<br />
besitzer in <strong>Mittel</strong>podiebrad bei Hullenk, Westen<br />
ledig podiebrad<br />
38 Wilhelm Hasler,<br />
Johann Hasler,<br />
gefallen am 17. Juli 1915 in 23 <strong>Mittel</strong>-<br />
Landwehr Inf.-Reg. 7<br />
Maurer in Hussinetz<br />
Rußland, bei Sienno<br />
verh. podiebrad<br />
39 Johann Kipry,<br />
Johann Kipry, Stellenbesitzer, vermißt seit dem 8. September 32 <strong>Mittel</strong>-<br />
Reg. 11<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad †<br />
1914 bei Tarnofka, Rußland ledig podiebrad<br />
40 Traugott Kipry,<br />
desgleichen [wie bei Nr. 39] vermißt seit dem 9. April 1918 in 30 <strong>Mittel</strong>-<br />
Reg. 72<br />
Frankreich<br />
ledig podiebrad<br />
41 Wilhelm Knorrek,<br />
Friedrich Knorrek,<br />
vermißt seit dem 13. Juli 1915 bei 21 <strong>Mittel</strong>-<br />
Reg. 38<br />
Stellenbesitzer, <strong>Mittel</strong>podiebrad der Lovettohöhe in Frankreich ledig podiebrad<br />
42 Traugott Jaschik,<br />
Gottlieb Jaschik, Stellenbesitzer, vermißt seit dem 14. Oktober 35 <strong>Mittel</strong>-<br />
Inf.-Reg. 51<br />
Niederpodiebrad<br />
1916 in Frankreich<br />
verh. podiebrad<br />
43 Hermann Krtschil,<br />
Johann Krtschil, Stellenbesitzer, vermißt seit dem 2. Februar 1915 23 <strong>Mittel</strong>-<br />
Inf.-Reg. 43<br />
Katschelken<br />
in den Karpaten<br />
verh. podiebrad<br />
44 Fritz Liebal,<br />
Karl Liebal, Hausbesitzer, vermißt seit dem 4. April 1918 19 <strong>Mittel</strong>-<br />
Res. Inf. Reg. 264<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
bei Ammiens, Frankreich ledig podiebrad<br />
45 Traugott Buresch,<br />
Traugott Buresch, Hausbesitzer, gefallen am 4. August 1917 bei 24 <strong>Mittel</strong>-<br />
Reg. 456<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Casualty Clearing, Frankreich ledig podiebrad<br />
46 Josef Ritter,<br />
Josef Ritter,<br />
vermißt seit dem 1. Juli 1916 an 29 <strong>Mittel</strong>-<br />
Reg. 23<br />
Stellenbesitzer,<br />
Striege<br />
der Somne, Frankreich<br />
verh. podiebrad<br />
47 Wilhelm Walta Friedrich Walta, Hausbesitzer in gestorben infolge Kriegsstrapazen 20 <strong>Mittel</strong>-<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
am 5. März 1919 in<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
ledig podiebrad<br />
48 Gottfried Jäkel Friedrich Jäkel, Stellen-besitzer, gefallen 22. September 1915 in 32 <strong>Mittel</strong>-<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Rußland<br />
ledig podiebrad<br />
49 Wilhelm Jirmann Wilhelm Jirmann, Stellen- gefallen 5. Februar 1918 in 31 Oberbesitzer,<br />
Oberpodiebrad Flandern, Frankreich<br />
verh. podiebrad<br />
50 Karl Krtschil Karl Krtschil, Stellen-besitzer, gefallen 23. Januar 1916 im 29 Ober-<br />
Oberpodiebrad<br />
Argonner Walde<br />
verh. podiebrad<br />
51 Hermann Lastufka (Schwalbe) Friedrich Lastufka, Haus- gefallen 2. Juli 1915 bei Duney 28 Oberbesitzer,<br />
Oberpodiebrad<br />
verh. podiebrad<br />
Am 16. April 1919 ist unser Kreisschulinspektor Herr Pastor Schaefer - Crummendorf plötzlich gestorben. Seien<br />
Vertretung übernahm der Nimpscher Kreisschulinspektor Herr Knust.<br />
Vom 1. Juli 1919 ab übernahm Herr Rektor Seiler - Strehlen als Kreisschulinspektor im Nebenamte die Geschäfte.<br />
1 Dieser gefallene Sohn des Karl Friesel wohnte wohl nicht mehr in den Schulgemeinden.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 34 von 59<br />
Infolge der Kohlennot wurde im Winter 1919/20 bei verkürztem Unterricht nur in 2 Klassenzimmern unterrichtet.<br />
Im DEzember 1919 erkrankte der Hauptlehrer Zwikirsch so ernstlich, daß er eines längeren Urlaubs bedurfte. Er wurde<br />
vom 1. januar bis Ende März 1920 beurlaubt. Es ist die sein erster Urlaub während seiner 38-jährigen Dienstzeit.<br />
Durch Verfügung der Regierung übernahm die Lehrerin Fräulein Hildegard Leuchtmann aus Breslau die Vertretung.<br />
Am 7. März 1920 wurde der erste Elternbeirat gewählt, bestehend aus 5 Mitgliedern: Stellenbesitzer Friedrich<br />
Tscherny, Oberpodiebrad, Stellenbesitzer Traugott Wittwar - <strong>Mittel</strong>podiebrad, Stellenbesitzer Gottlieb Smolla,<br />
Niederpodiebrad, Stellenbesitzer Wilhelm Keller - Mehltheuer und Maurer Friedrich Papesch, <strong>Mittel</strong>podiebrad. Mit<br />
dieser Einrichtung sind den Eltern Rechte und Aufgaben zugewiesen worden, mit denen sie nichts anzufangen wissen.<br />
Ohne tatkräftige Leitung des Lehrers sind die Elternbeiräte ratlos und wirkungslos.<br />
Dem Rektor Herrn Hugo Seiler in Strehlen ist vom 1. Juni 1920 ab die kommisarische Verwaltung des neu errichteten<br />
hauptamtlichen Kreisschulinspektionsbezirks Strehlen unter Anweisung seines Wohnsitzes in Strehlen übertragen<br />
worden.<br />
Der Herr Minister hat den bisherigen Rektor Herrn Seiler zum Kreisschulrat ernannt und ihm die Verwaltung des<br />
Schulaufsichtsbezirks Strehlen vom 1. Januar 1921 ab übertragen.<br />
Infolge Erkrankung an Rippenfellentzündung wurde der Hauptlehrer Zwikirsch 12 Wochen beurlaubt. Die Vertretung<br />
übernahmen die anderen Leiden Lehrpersonen. Am 12. Januar 1921 übernahm er wieder seinen Dienst.<br />
Vom 10. - 21. März 1921 mußte der Unterricht wegen Kohlenmangel ausgesetzt werden.<br />
Ab 26. Mai 1921 unternahm der Hauptlehrer Zwikirsch mit der ersten Klasse einen Ausflug auf den Zobten (drei<br />
Leiterwagen für je 100 Mark).<br />
Am 29. Juni 1921 besuchte der Hauptlehrer Zwikirsch mit 55 Kindern das Lutherfestspiel in Breslau.<br />
Da bisher für die Ehrung der im Weltkreige gefallenen, vermißten und gestorbenen Helden nichts geschehen ist,<br />
unternahm es der Hauptlehrer Zwikirsch, diesen Männern ein bescheidens Denkmal zu setzen. Er ließ zwei<br />
Gedächnisblätter, künstlerisch ausgestattet, vom Bildhauer Herrn Karl Ulbrich - Breslau anfertigen. Diese wurden von<br />
dem hiesigen Tischler, Stellenbesitzer Herrn August Braunert unentgeldlich gerahmt und verglast; er lieferte auch einen<br />
Rahmen umsonst. Auf diesen Blättern fanden die Namen der Helden aus dem Schulverbande Platz. Am 25 März 1923<br />
fand im Fleger'schen Saale die feierliche Enthüllung und im Anschluß daran die Nagelung eines Ehrenschildes, das<br />
Eiserne Kreuz darstellend, statt. Gesänge der ersten Klasse und des Gemischten Chorvereins sowie Darbietungen der<br />
Schulbläser und Deklamationen der Kinder verschönten die Feier. Hauptlehrer Zwikirsch hielt die Weiherede, und gar<br />
manche Träne rollte über die Wangen der Angehörigen der Helden. - Die nagelung ergab einen Betrag von 136.500<br />
Mark. Die Schulkinder haben an einigen Tagen vor der Feier 23.149 Mark gesammelt. Die Unkosten betragen nicht<br />
ganz 40.000 Mark. Der Reinertrag wird verwendet zum ankauf von Lehrmitteln für arme Schulkinder. Gedächtnistafeln<br />
und Ehrenschild finden ihren Platz im ersten Klassenzimmer hiesiger Schule. Als Einleitung zu dieser Feier wurde<br />
durch Knaben der ersten Klasse die Rütliszene aus "Wilhem Tell" aufgeführt. Lehrer Matzel führte in einer Ansprache<br />
die Zuhörer in das Verständnis des Schauspiels ein, dabei Parallelen ziehend zwischen damals und jetzt (Französicher<br />
Einfall ins Ruhrgebiet).<br />
[Nachfolgede Aufzeichnungen stammen vom Lehrer Gerhard Matzel:]<br />
1924. Am Dienstag, den 29. April, vormittags 10 Hur fand die feierliche Entlassung des Hauptlehrers Josef Zwikirsch<br />
statt. Außer dem vollzählig versammelten Schulvorstande und Elternbeirat hatte sich Herr Schulrat Seiler (Strehlen)<br />
eingefunden. Mit herzlichen Worten gedachte er der großen Verdienste des Scheidenden. Der Herr Schulrat verlas ein<br />
Dank- und Anerkennungsschreiben der Regierung. Gemeindevorsteher und Schulverbandsvorsitzender Gottlieb<br />
Knorreck, <strong>Mittel</strong>podiebrad, dankte in bewegten Worten im Namen der vier Gemeinden dem Scheidenden und wies hin,<br />
welch Verdienst sich Herr Zwikirsch nicht nur um die Jugend erworben hat, sondern daß er auch das Wohl der<br />
Gemeinden stets im Auge hatte. Der Verbandvorsteher wies auch fernerhin auf das gute Einvernehmen, daß stets<br />
zwischen Schule und Elternhaus bestanden hat. Das Kollegium dankte durch ein <strong>Buch</strong>geschenk seinem verehrten<br />
Leiter. Die Kinder überbrachten tränenden Auges ihrem geliebten Lehrer zum Zeichen des Dankes eine Radierung. Der<br />
also Gefeierte dankte gerührt allen für die ihm erwiesene Anerkennung und Ehrung und ermahnte die Kinder, allzeit<br />
ihren Eltern und Lehrern durch Gehorsam und Fleiß Freude zu machen. Schweren Herzens schied Herr Hauptlehrer<br />
Zwikirsch von der Stätte, an der er fast 42 Jahre zum Segen der Allgemeinheit so hervorragend gewirkt hat. Die<br />
dankbaren Gemeinden statteten ihm Dank ab durch Scheinkung eisn 2 Zentner schweren Schweines.<br />
[eingeklebter Zeitungsausschnitt:] <strong>Mittel</strong>-Podiebrad. Am Dienstag, den 29. April, fand in der hiesigen Schule die<br />
Abschiedsfeier für Herrn Hauptlehrer Zwikirsch statt. Außer Herrn Schulrat Seiler war der gesamte Schulvorstand und<br />
der Elternbeirat erschienen. Die Feier wurde mit einem Chorat eröffnet, welchem der Vortrag eines Gedichtes folgte.<br />
Alsdann gedachte Herr Schulrat Seiler in Herzlichen Worten der Verdienste des Herrn Zwikirsch, welcher in siener 42-
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 35 von 59<br />
jährigen Amtszeit viel edlen Samen in die Herzen seiner Schüler gesät hat und verlas ein Anerkennungs- und<br />
Dankschreiben der Regierung. Herr Schulverbands- und Gemeindevorsteher Knorrek - <strong>Mittel</strong>podiebrad dankte im<br />
Namen des Schulvorstandes und der Schulgemeinde für die segensreiche Arbeit des Herrn Hauptlehrers, welche er der<br />
Schule und Gemeinde stets [in] überaus reichem Maße geleistet hat. Darauf folgte der Vortrag eines zweiten Gedichts,<br />
nach welchem die Klassenerste eine Radierung mit Worten des Dankes überreichte. Das Kollegium übergab durch<br />
Herrn Lehrer Matzel seinem vererhten Schulleiter ein <strong>Buch</strong> zur Erinnerung an ihr gemeinsames Wirken. Der<br />
Scheidende dankte dem Herrn Schulrat und dem Herrn Gemeindevorsteher für ihre warmen Worte und den<br />
Erschienenen für ihre Anwesenheit und ermahnte die Kinder, stets Eltern und Lehrer Freude zu bereiten durch Fleiß<br />
und Gehorsam. Mit dem Choral "Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren" schloß die erhebende Feier. - Der<br />
Gesamtschulverband zeigte ihm noch besonders seine Dankbarkeit und Wertschätzung durch das Geschenk einen 2 Ztr.<br />
schweren Schweines.<br />
[ein weiterer eingeklebter Zeitungsausschnitt:] <strong>Mittel</strong>-Podiebrad. Bei meinem Scheiden aus meinem Amte sind mir von<br />
den zum Gesamtschulverbande <strong>Mittel</strong>-Podiebrad gehörigen Gemeinden so viele Beweise der Liebe und Dankbarkeit<br />
entgegengebracht worden, daß es mir ein Bedürfnis ist, ihnen allen hiermit meinen herzlichen Dank auszusprechen.<br />
Insonderheit danke in den freundlichen und opferbereiten Gebern, welche durch die große Spende eines<br />
Zweizentnerschweines auf mein leibliches Wohl so sehr bedacht waren. Möge das schöne Verhältnis zwischen Schule<br />
und Haus auch weiterhin bestehen zum Segen für die Erziehung unserer Jugend. Zwikirsch, Hauptlehrer i. R.<br />
Durch Verfügung der Regierung vom 14. April 1924 wird em Lehrer Matzel die Verwaltung der Hauptlehrerstelle<br />
vertretungsweise übertragen.<br />
Ab 1. Mai 1924 wird der Wehrer Willy Müller aus Breslau mit der Vertretung einer hiesigen Lehrerstelle beauftragt.<br />
Die neuen Wahlen zum Schulvorstand ergaben folgende Ergebnisse:<br />
Gemeindevorsteher Johann Pech (<strong>Mittel</strong>podiebrad), Walta (<strong>Mittel</strong>podiebrad), Jirmann (<strong>Mittel</strong>podiebrad), Johann<br />
Smolla (<strong>Mittel</strong>poediebrad), Gemeindevorsteher Klowersa (Ober-podiebrad), Stribrny (Oberpodiebrad), Peter<br />
(Niederpodiebrad), Gottlieb Smolla (Nieder-podiebrad), Gemeindevorsteher Schicha (Mehltheuer), Traugott Smolla,<br />
Hegemeister Oeldner (Forstgutsbezirk Mehltheuer), Hauptlehrer i. V. Matzel, Lehrerin Schwirr, Pastor Duvinage.<br />
Zum Schulverbandsvorsteher ernennt die Regierung den Gemeindevorsteher Peter (Niederpodiebrad), zum<br />
Schulverbandsvorsteherstellvertreter den Hauptlehrer i. V. Matzel.<br />
Am 11. Oktober stirbt infolge einer Operation (Rippenfell) der langjährige Schulverbandsvorsteher Knorreck. Er hat<br />
sich stets als Freund der Schule erwiesen. Seinem tatkräftigen Wirken ist es auch zu danken, daß der Umbau der Schule<br />
1914/15 erfolgte.<br />
Der Schulvorstand beantragt am 11. November 1924 den Abbau einer Lehrerstelle. In der Dringlichkeitssitzung vom<br />
19. November 1924 wird der Beschluß auf Einwirken des Herrn Schulrats Seiler zurückgezogen.<br />
1925. Seit 1. Januar 1925 verwaltet der Lehrer Rosemann, vorher in Krippitz, eine hiesige Lehrerstelle. Der Lehrer<br />
Müller amtiert ab 1. Januar 1925 in Krippitz.<br />
Am 9. Mai wird der Hauptlehrer i. V. Matzel zum Hauptlehrer ernannt und ihm die Leitungsbefugnis übertragen.<br />
In den Sommerferien wurden die Lehrerwohnungen renoviert, und zwar bei Hauptlehrer Matzel Vorraum, Küche,<br />
Herrenzimmer, bei Lehrer Rosemann Küche und die beiden oberen Stuben.<br />
In den Herbstferien erhält das Schulgebäuden einen gelblichen Anstrich.<br />
Seit 15. November besteht auch am hiesigen Orte eine ländliche Fortbildungsschule mit zwei Klassen. Die erste Klasse<br />
erhält jeden Montag und Donnerstag Unterricht von 6 -8 Uhr durch Hauptlehrer Matzel. Die zweite Klasse leitet Lehrer<br />
Rosemann. Die erste Klasse zählt 16, Klasse 2 - 10 Schüler. Gelehrt werden Staatsbürgerkunde und Naturkunde als<br />
Hauptfächer und Deutsch und Rechnen als Übungsfächer.<br />
1926. Am 15. Februar 1926 beschließt der Schulvorstand den Abbau einer Lehrerstelle, da die Kinderzahl am 1.<br />
Februar 111 Kinder beträgt. Durch Verfügung vom 8. März lehnt die Regierung den Antrag auf Abbau ab, da im<br />
Durchschnitt auf eine Kraft mehr als 50 Schüler entfallen würden.<br />
Herr Schulrat Seiler revidiert am 20. März die zweite und dritte Klasse.<br />
Am 31. März werden 24 Schüler(innen) entlassen und 16 neu aufgenommen, so daß die Schülerzahl am 1. April 1926<br />
109 Kinder beträgt.<br />
Die Pfingstferien dauern vom 22. Mai bis 6. Juni.<br />
Infolge der Notwendigkeit, gemeindam die Ernte (Heu) auf dem Stockteiche zu beginnen, sind die verlängerten<br />
Pfingstferien beantragt worden. Dem Gesuche wurde stattgegeben. Während der Sommerferien, die vom 17. Juli bis 15.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 36 von 59<br />
August dauern, wird wiederum die Wohnung des Lehrers Rosemann renoviert, und zwar die Wohnstube und der<br />
Vorraum.<br />
Am 16. August findet die Reichsverfassungsfeier statt. Die Kinder versammelten sich alle im ersten Klassenzimmer, wo<br />
Hauptlehrer Matzel die Festrede hielt, in der er die Bedeutung des Tages hervorhob. Mit einem Hoch auf die Deutsche<br />
Republik schloß die Feier.<br />
Am Freitag, den 10. September fanden auf dem Turnplatz des Männerturnvereins die Reichsjugendwettkämpfe statt. 3<br />
Schüler erworben durch gute leistungen die Ehrenurkunde des Herrn Reichspräsidenten. 6 weitere Schüler als<br />
Belobigung Eichenzweige.<br />
Die Fortbildungsschule beginnt am 15. Oktober und endet am 31. März. Der Unterricht beginnt um 6 und endet um 8<br />
Uhr. Vom 15. November bis 15. Februar beginnt der Unterricht um 5 uns endet um 7 Uhr. Es besteht eine Klasse mit 18<br />
Schülern. Hauptlehrer Matzel erteilt Unterricht in Naturkunde mit Rechnen und Deutsch als Übungsfächer. Lehrer<br />
Rosemann erteilt Staatsbürgerkunde mit Rechne und Deutsch.<br />
Am 24. Dezember veranstaltet hauptlehrer Matzel auch dieses Jahr eine wohlgelungene Schulweihnachtsfeier unter<br />
stärkster Beteiligung der Bevölkerung.<br />
1927. Herr Schulrat Seiler revidiert am 28. März 1927 alle drei Klassen.<br />
Am 31. Märu wurden 23 Schüler feierlich entlassen und 15 Lernanfänger aufgenommen. Die Schülerzahl beträgt zu<br />
Beginn des neuen Schuljahres 101 Kinder. Die erste Klasse zählt 26, die zweite 34 und die dritte Klasse 41 Schüler.<br />
Zwei Knaben besuchen die Aufbauschule in Münsterberg. Der eine (Smolla) wurde bei der Aufnahmeprüfung infolge<br />
sehr guter schriftlicher Leistungen von der mündlichen Prüfung befreit. Der andere (Bittnar) wurde, weil verspätet<br />
angemeldet, vom Leiter der Aufbauschule allein geprüft.<br />
Die verkürzten Osterferien dauerten [vom] 8. april bis 17. April.<br />
Durch Wegzug von zwei Schülern sinkt die Schülerzahl auf 99. Ein weiterer Abgang ist der Schüler Bittnar<br />
(Aufbauschule Münsterberg). Die Schülerzahl beträgt mithin 98.<br />
Vom 25. Mai bis 9. Juni währen die verlängerten Pfingstferien.<br />
Die Schule erhält einen neuen Turnplatz ganz in der Nähe der Schule, gegenüber der Schankwirtschaft Berta Tschech.<br />
Er ist ungefähr 3400 qm groß, reicht aber an die von der Regierung geforderten Größe von 100 x 50 = 5000 qm nicht<br />
heran. Gagenüber dem früheren Turnplatz vor der Tarabaschmiede, der die Form eines Dreiecks hat, bloß 500 qm groß<br />
war und von zwei Straßen begrenzt wird, bedeutet der Erwerb des neuen Platzes einen bedeutenden Fortschritt. Der<br />
Platz ist zwar uneben und fällt stark nach Nordosten, er wird jedoch planiert werden und wird dann sehr brauchbar sein.<br />
Die Sommerferien dauerten vom 24. Juli bis 21. August.<br />
Die diesjährige Reichsjugendwettkämpfe fanden am 15. September statt. 4 Knaben und 3 Mädchen erhalten Preise.<br />
Die Verfassungsfeier wurde wie angeordnet am ersten Schultag nach den Ferien durch Hauptlehrer Matzel am 22.<br />
August agbehalten. Am 11. und 22. August war das Schulhaus beflaggt in den Reichs- und Landesfarben.<br />
Vom 25. September bis 16. Oktober dauerten die Herbstferien.<br />
Am 17. Oktober fand die Hindenburgfeier statt. Der Herr Reichspräsident war wam 2. Oktober achzig Jahre alt<br />
geworden. Hauptlehrer Matzel versammelte alle Schüler in der ersten Klasse und hielt die Festansprache, es wies hin<br />
auf Hindenburg, der ein Mann treuster Pflichterfüllung ist, nur eines kennt: dem Vaterland zu dienen. Mit dem<br />
Wunsche, Gott möge noch recht lange unserem Hindenburg Gesundheit verleihen, wurde mit einem Hoch auf den<br />
Reichspräsidenten die Feier geschlossen.<br />
Am 18. Oktober wurde der Schüler Hradetzky (zweite Klasse) beerdigt. Die gesamte Schule gab das Geleit. Lehrer und<br />
Schüler hatten Kränze gestiftet. Am Hause sang die erste Klasse "Laßt mich gehen" und am Grabe "Wo findet die Seele<br />
die Heimat, die Ruh". - Schülerstand 97.<br />
Am 31. Oktober besuchen alle drei Klassen den Reformationsgottesdient.<br />
Am Heiligen Abend feiert die Schule unter stärkster Beteiligung der Bevölkerung eine 32 Nummern umfassende<br />
Weihnachtsfeier unter Mitwirkung des gemischten chores.<br />
1928. Vom 13. Februar bis 24. März nahmen 32 Kinder an einer Schulprüfung teil. Die Kinder erhalten täglich außer<br />
Sonntags 1/3 l warme Milch und abwechselnd eine Semmel, ein Hörnchen oder 3 Zwiback. Die Backwaren liefert<br />
Bäckermeister Latte; ebenso besorgt er das Abkochen der Milch. Die Speisung findet von 10.55 bis 11.15 [Uhr] statt.<br />
Die Milch liefert die Molkerei Tschanschwitz.<br />
Am 22. Februar hält der Herr Regierungspräsident mit den Herren der Schulabteilung, dem Herrn Schulrat, dem Herrn
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 37 von 59<br />
Landrat, dem Pastor Duvinage, dem Hauptlehrer i. R. Zwikirsch und dem Hauptlehrer Matzel eine Konzerenz im<br />
Landratsamt ab bezüglich den Abbau einer Lehrerstelle und Erteilung von von böhmischen Unterricht. Der Herr<br />
Regierungspräsindent woll sich für größere staatliche Zuwendungen einsetzen. (Der Schulverband erhält am 5. Mai<br />
5000 RM einmaligen Ergänzungszuschuß.) Ein Unterricht in böhmischer Sprache soll nicht erteilt werden.<br />
Herr Schulrat Seiler revidierte am 24. Februar die zweite Klasse (Lehrer Rosemann) und am 1. März die dritte Klasse<br />
(Frl. Schwirr).<br />
Am 17. März 1928 veranstalte die Schule einen überaus stark besuchten Elternabend, der den größten Beifall der<br />
Zuhörerschaft fand. Herr Zementfabrikbesitzer Liebal, Niederpodiebrad, dankte im Namen der Eltern und Kinder den<br />
Lehrern für den so überaus genußreichen Abend.<br />
Es wurde untenstehende Vortragsfolge angeboten [im Original ist der gedruckte Programm-zettel eingeklebt]:<br />
Elternabend<br />
der Schule <strong>Mittel</strong>podiebrad am 17. März 1928<br />
- - - - - -<br />
Vortragsfolge<br />
I. Teil<br />
1. Vorspruch<br />
2. Im schönsten Wiesengrunde 3 stimmige Volksweise<br />
3. Gedicht: Archibald Douglas (1543). . . . (Fontane)<br />
4. Gedicht: Die Waisen (Heinzel)<br />
5. Lichtbildervortrag:<br />
Eine Spitzbergfahrt,<br />
Die Rache des Elefanten,<br />
Der Affe und der Schusterjunge<br />
6. Gedicht: Doas Schweinla (Schenke)<br />
II. Teil<br />
7. Der Schütz. Zweistimmig (Friedrich v. Schiller)<br />
8. Gedicht: Der Nußbaumkkrause (Rößler)<br />
9. Winter ade. Lied<br />
10. Gedicht: Vetter Stramatz (Blütgen)<br />
11. Gedicht: Beim Osterhasen (Holst)<br />
12. Frühling ist herbeigekommen. Lied<br />
13. Drei Volkstänze: Kibitz, Pfingstfreitag, Bekedorfer<br />
14. Gedicht: Der Vater kann alles (Seidel)<br />
15. Märchenreigen:<br />
- 10 Minuten Pause -<br />
III. Teil<br />
Die goldene Gans, von Holst<br />
Personen:<br />
Der Dummling Der Küster<br />
Jakob, sein Bruder Seine Frau<br />
Die Königstochter Der Schornsteinfeger<br />
Ihre Gespielinnen Der Wirt<br />
Das Graumäntelein Seine beiden Kinder<br />
Bärbel, ein Bauernmädchen Der Polizist<br />
Buben und Mägdlein<br />
Szenerie: Eine Waldwiese mit Bank<br />
16. Sandmännchen. Lied. Dreistimmige Volksweise<br />
17. Gedicht: Sträselkucha (Bauch)<br />
18. Gedicht: Der Kerschboom blüht! (Sabel)<br />
19. Abendglöckchen. Lied. Dreistimmige Volksweise<br />
20. Habt Sonne im Herzen (Flaischlen)<br />
- ENDE -
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 38 von 59<br />
Der Reinertrag wird zur Beschaffung von Lehr- und Lehrnmitteln benutzt.<br />
<strong>Buch</strong>druckerei Ernst Brünn, Strehlen, Steinweg 6<br />
Es ergab sich eine Einnahme von 89,20 RM, eine Ausgabe von 55,40 RM. Es verblieben 33,80 RM. Die am 2.<br />
Dezember 1927 vom Herrn Oberpräsidenten durch das Landratsamt überreichten 140 RM zur Veranstaltung eines<br />
Familienabends brauchten nicht angerührt zu werden. Sie wurden mit dem verbliebenen Reingewinn zum Ankauf eines<br />
Epidiaskops (Jana) verwendet.<br />
Die Osterferien dauern vom 4. April bis 11. April.<br />
Die Pfingstferien währen vom 26. Mai bis 10. Juni.<br />
Infolge der großen Hitze mußte der Unterricht gekürzt werden, und zwar am 11. Juli (29° - 7 Uhr vormittags), 12. Juli<br />
(30° - 7 Uhr vorm.), 14. Juli (33° - 7 Uhr vorm.).<br />
Sommerferien vom 22. Juli bis 18. August.<br />
Die Verfassungsfeier wurde durch die einzelnen Klassenlehrer in ihren Klassen abgehalten am ersten Schultag nach den<br />
Ferien (20. August).<br />
Die Kreisjugendwettkämpfe fanden am 6. September statt. 3 Knaben und 5 Mädchen gingen von der hiesigen Schule<br />
als Sieger hervor und erhielten Eichensträuße.<br />
Eine Wahl zum Elternbeirat erübrigte sich, da sich die Elternschaft auf einen Wahlvorschlag einigte. Der Elternbeirat<br />
für die Zeit von 1928-30 besteht aus folgenden Herren: Pech, Traugott, Vorsitzender; Riedel, Rudolf, Maurer,<br />
Mehltheuer, Beisitzer; Keller, Wilhelm, Stellenbesitzer, Mehltheuer, Beisitzer; Jäkel, Heinrich, Stellenbsitzer,<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad, Beisitzer; Müller, Stellenbesitzer, <strong>Mittel</strong>podiebrad, Beisitzer.<br />
Am 1. September wird von einem Vortragenden über die Besiedlung Schlesiens gesprochen. Es nahmen alle Klassen<br />
daran teil.<br />
Am 6. September beteiligt sich die Schule an den Reichsjugendwettkämpfen. Unsere Knaben und Mädchen kehren als<br />
Sieger heim.<br />
Des 100-jährigen Todestages von Franz Schubert wird in allen drei Klassen am 19. November gedacht. Sein Leben und<br />
seine Bedeutung für die Welt werden in würdiger Weise den Kindern vor Augen geführt.<br />
Ein Schausteller zeigte am 29. November seine Tiersammlung bestehend aus: Affen. Papageien, Vögeln, Schlangen,<br />
einem Bären und einem Aligator. Begleitet waren die Vorführungen durch einen interessanten Vortrag. Die<br />
Veranstaltung war sehr lehrreich und machte den Kindern viel Freude.<br />
Herr Schulrat Seiler revidierte am 8. Dezember die erste Klasse (Lehrer Rosemann).<br />
Am 20. Dezember weilte die Arbeitsgemeinschaft in unserer Schule. Ein Hilfslehrer hält eine Lehrprobe in der ersten<br />
Klasse in Naturkunde.<br />
Die Weihnachtsferien dauerten vom 23. Dezember bis 6. Januar. Schulschluß am 22. Dezember 1928, Schulanfang am<br />
7. Januar 1929.<br />
Am Heiligen Abend hält der Hauptlehrer anstelle einer kirchlichen Feier wie alljährlich eien Weihnachtsfeier im<br />
Flegerschen Saale ab. Der dichtbesetzte Saal folgt mit großer Freude den Darbietungen. Es ist diese Feier immer eine<br />
rechte Einstimmung auf das Familienfest daheim und ersetzt mancher Familie überhaupt die Feier zuhaus.<br />
Nachtrag<br />
Das jetzige Schulgrundstück umfaßt: 1. das Schulhaus, 2. das Wirtschaftsgebäude, 3. den Garten, 4. die Schulwiese, 5.<br />
den Schulhof, 6. den Turnplatz<br />
1. Das Schulhaus ist 25 m lang, 14 m breit und 14 m hoch. Es befinden sich in ihm drei Klassenzimmer: Klasse I mißt<br />
9,80 m Länge, 5,80 m Breite, 3,20 m Höhe; Klasse II mißt 11 m Läge, 6 m Breite, 3,20 m Höhe und Klasse<br />
III mißt 11 m Länge, 6 m Breite und 3,20 m Höhe.<br />
Das Lehrmittelzimmer mißt: ...<br />
Im ersten Stock befinden sich zwei Verheiratetenwohnungen. Die Wohnung des Hauptlehres umfaßt 4 heizbare Stuben<br />
von 24,94; 42,50; 34,45 und 11,50 qm. Der dazugehörige Vorraum ist 17,89 qm groß. Zur Wohnung gehört eine Küche<br />
von 20,66 qm Größe, eine 9,72 qm große Speisekammer und 2 kleine Bodenkammern.<br />
Zur Wohnung des zweiten Lehrers gehören 4 Zimmer. Zwei größere (32,67 und 39,76 qm) leigen im ersten Stock. Die
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 39 von 59<br />
beiden kleinen (15,74 und 24,27 qm) lieben im zweiten Stock. die zur Wohnung gehörige Küche mißt 19,44 qm; die<br />
Speisekammer 9,72 qm und deer Vorraum 9,09 qm. Zur Wohnung ghört noch eine Bodenkammer.<br />
Die Wohnung der dritten Stelle liegt im zweiten Stock und umfaßt 2 Zimmer, 16,83 und 24,86 qm groß.<br />
Hauptlehrerwohnung und zweite Lehrerwohnung haben je einen Keller. Im zweiten Stock befindet sich der<br />
Waschboden. Sämtliche Wohnungen besitzen elektrisches Licht.<br />
Das Wirtschaftsgebäude mißt 18 m Länge, 8 m Breite, 7 m Höhe. In ihm sind untergebracht die Schüler(innen)-Aborte,<br />
die Lehreraborte, ein Hühner- und ein Schweinestall, ein Vorratsraum für Stroh etc., zwei Holzböden, die Waschküche,<br />
drei Lehrerkohlenställe und der Stall für die Schulkohle.<br />
Der Garten in seiner Gesamtheit gehört zur Hauptlehrerstelle. Er ist 1892 qm groß und gesteht zur Hälfte aus tragenden<br />
Obstbäumen, zur anderen Hälfte ist er Blumen- und Gemüsegarten. An der Forderfront des Schulhauses befinden sich<br />
noch zwei kleine Gartenstücke.<br />
Die Schulwiese befindet sich auf dem Stockteiche. Sie mißt 8,2 a.<br />
Zum Schulgrundstück gehört ein ... qm großer Hof. In der Nähe der Schule leigt der ... große Turnplatz. Die Hälfte ist<br />
im März 1928 eingeebnet worden.<br />
Die Schule besuchten am 1. August 1928 - 95 Kinder. Davon sind: ev.-reformiert 83, evangelisch 9, altlutherisch 2,<br />
adventistisch 1, katholisch -.<br />
Als Lehrer sind tätig: 1. Hauptlehrer Matzel, an hiesieger Schule seit 1. Oktober 1913; 2. Lehrer Rosemann, an hiesiger<br />
Schule seit 1. Januar 1925; 3. Lehrerin Schwirr.<br />
Den Schülervorstand bilden folgende Herren:<br />
1. Pech, Johann, Stellenbesitzer <strong>Mittel</strong>podiebrad - Verbandsvorsteher<br />
2. Matzel, Gerhard, Hauptlehrer, <strong>Mittel</strong>podiebrad - Schriftführer und<br />
Verbandsvorsteherstellvertreter<br />
3. Walta, Häusler, <strong>Mittel</strong>podiebrad - Mitglied des Schulvorstands<br />
4. Jirmann, Karl, Webemeister, <strong>Mittel</strong>podiebrad - Mitglied des Schulvorstands<br />
5. Smolla, Johann, Stellenbesitzer, <strong>Mittel</strong>podiebrad -Mitglied des Schulvorstands<br />
6. Klowersa, Wilhelm, Stellenbesitzer, Oberpodiebrad - Mitglied des Schulvorstands<br />
7. Stribrny, Johann, Stellenbesitzer, Oberpodiebrad - Mitglied des Schulvorstands<br />
8. Cyra, Stellenbesitzer, Niederpodiebrad - Mitglied des Schulvorstands<br />
9. Smolla, Stellenbesitzer, Niederpodiebrad - Mitglied des Schulvorstands<br />
10. Schicha, Johann, Stellenbesitzer, Gemeinde Mehltheuer - Mitglied des Schulvorstands<br />
11. Smolla, Stellenbesitzer, Gemeinde Mehltheuer - Mitglied des Schulvorstands<br />
12. Oeldner, Hegemeister, Forstgutsbezirk Mehltheuer, - Mitglied des Schulvorstands<br />
13. Rosemann, Erich, Lehrer, <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
14. Duvinage, Pastor, Hussinetz<br />
15. Schwirr, Helene, Lehrerin, <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
Zum Gesamtschulverband gehören:<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad (vom Schulorte 0 km entfernt); Niederpodiebrad (1 km entfernt); Oberpodiebrad (1 km entfernt);<br />
Mehltheuer, Gemeinde (0 km entfernt); Mehltheuer, Forstgutsbezirk (1 km entfernt).<br />
Es entsandten am 1. August in die Schule: <strong>Mittel</strong>podiebrad 40; Niederpodiebrad 25; Oberpodiebrad 18; Mehltheuer,<br />
Gemeinde 12 und Mehltheuer, Fortsgutsbezirk 0 Schüler.<br />
Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten wird von der Stellmacherfrau Heidenreich (<strong>Mittel</strong>podiebrad) erteilt.<br />
Zur Schule gehört ein ... qm großer Turnplatz. Er wurde zur Hälfte im März 1928 eingeebnet. Er liegt 1 Minute vom<br />
Schulhaus entfernt.<br />
Ferien [1928]<br />
Die Osterferien dauerten 7 Tage. Schulschluß Mittwoch, 4. April, Schulanfang den 11. April.<br />
Die verlängerten Pfingstferien dauerten 19 Tage. Schulschluß 26. Mai, Schulanfang 10. Juni.<br />
Die Sommerferien dauerten 28 Tage. Schulschluß 21. Juli, Schulanfang 20. August.<br />
Die Herbstferien dauerten 22 Tage. Schulschluß 22. September, Schulanfang 15. Oktober.<br />
1929. Des 200. Geburtstages von Gotthold Ephraim Lessing wird in würdiger Weise am 22. Januar gedacht. Besonders<br />
betont wird sein Kampf gegen den französischen Geist in Sprache, Theater, Mode und Literatur.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 40 von 59<br />
Am 19. Februar revidierte Herr Schulrat Seiler die erste Klasse (Rosemann).<br />
Am 14. März schloß die Fortbildungsschule. Es bestand eine Klasse mit 22 Schülern. Sechs Schüler kamen zur<br />
Entlassung. Es wurden wiederum 120 Stunden erteilt.<br />
Am 16. März veranstaltete die Schule auch dieses Jahr einen Elternabend. Die Veranstaltung war außerordentlich gut<br />
besucht. Die Vorführungen wurden mit größtem Beifall aufgenommen und der Wunsch geäußert, bestimmt wieder<br />
nächstes Jahr so einen genußreichen Aben den Eltern zu bescheren. Herr Fabrikbesitzer Liebal dankte der Lehrerschaft<br />
für ihre große Mühe, ermante die Eltern zur Mitarbeit mit der Schule, nicht gegen sie, und forderte die Kinder auf zu<br />
Fleiß und Gehorsam in Schule und Haus. Die Einnahmen ergabe 203,60 RM, die Ausgaben 71,80 RM, so daß ein<br />
Reinertrag von 131,80 RM verbleibt, der restlos zur Bereicherung der Lehrmittelsammlung verwendet wird.<br />
[Im Original ist der gedruckte Programmzettel eingeklebt]:<br />
Elternabend<br />
der Schule Mehltheuer-Podiebrad am 16. März 1929<br />
- - - - - -<br />
Vortragsfolge<br />
I. Teil<br />
1. Bebrüßungslied<br />
2. Begrüßungsansprache<br />
3. Gedicht: Mein Schlesierland (Philo v. Walde)<br />
4. Lied: Du liebe schlesische Heimat (Lubrich)<br />
5. Lichtbildervortrag:<br />
Der Rhein<br />
Plisch und Plum (Wilhelm Busch)<br />
6. Lied: Ein Jäger aus Kurpfalz. Volskied<br />
7. Gedicht: Hoffnung (Geibel)<br />
8. Drei Volstänze:<br />
Schmetterlingstanz, Lang englische, Achterrum<br />
- 10 Minuten Pause -<br />
II. Teil<br />
9. Der Bauer als Arzt<br />
Märchenspiel in 2 Aufzügen von Lindau<br />
Personen: Der König - Die Prinzessin - Der Oberhofmeister - Der Hauptmann - Eine Hofdame - Ein Diener<br />
- Steffen, der Lehmbauer - Suse, seine Frau - martha, ihre Mutter - Ein Lahmer - Ein Zahnkranker - Ein<br />
Gichtbrüchiger - Mehrere andere Kranke<br />
Ort. 1. Aufzug: Hofplatz vor dem Brinkhofe<br />
2. Aufzug: Zimmer der Prinzessin im Königsschloß<br />
10. Lied: Goldene Abendsonne (Nägeli)<br />
11. Gedicht: Waschmamselchen (Frieda Schanz)<br />
Will sehen, was ich weiß (Gull)<br />
12. Schattenspiele: Beim Zahnarzt - Der Bandwurm -<br />
Der Barbier, nach einem Gedicht v. Chamisso<br />
13. Gedicht: Im Auszugsstübla (Schenke)<br />
14. Lied: Heemteliedel (Fuhrmann)<br />
- ENDE -<br />
Der Reinertrag wird zur Beschaffung von Lehr- und Lehrnmitteln verwendet.<br />
<strong>Buch</strong>druckerei Ernst Brünn, Strehlen, Steinweg 6<br />
Die Fortbildungsschule wurde am 29. Oktober eröffnet und am 14. März geschlossen. Erteilt wurden 120 Stunden. Es<br />
bestand nur eine Klasse mit 22 Schülern. 6 Schüler wurden entlassen.
Die Osterferien dauerten vo 28. März bis zum 3. April.<br />
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 41 von 59<br />
Zum neuen Vorsitzenden des Schülervorstands ernennt die Regierung unterm 24. April 1929 den Hauptlehrer Matzel<br />
und zu seinem Stellvertreter den Stellenbesitzer Johann Silber von hier.<br />
Die Pfingstferrien reichen vom 18. bis 31. Mai.<br />
[Nachfolgende Aufzeichnungen vom Lehrer Erich Rosemann:]<br />
Am 1. Juli wird Hauptlehrer Matzel, der seit 1. Oktober 1913 an hiesiger Schule tätig war, von der Regierung in den<br />
Schulverband Breslau berufen. Als Vertreter entsendet die Regierung den Schulamtsbewerber Werner Schoepke. Er ist<br />
der erste Lehrer im Kreise, der die neue Lehrerbildung durchlaufen hat. Er absolvierte die Pädagogische Akademie in<br />
Elbing. Zum 1. August wurde er in eine planmäßige Stelle an der Schule zu klein Legewitz bei Breslau berufen. Die<br />
Regierung überweist als Vertreter den Schulamtsbewerber Roman Stahn aus Reichenbach (Eule).<br />
Die Regierung ernennt laut Verfügung vom 9. August 1929 (II 9 - 62 W. / 2) den Lehrer Erich Rosemann zum<br />
Vorsitzenden des Schulvorstandes.<br />
Da der Verfassungstag (11. August) in die Sommerferien fiel, veranstaltete die Schule am 26. August eine Feier des 10jährigen<br />
Bestehens der neuen deutschen Reichsverfassung. Das Kollegium und die Schüler begingen diese Feier<br />
gemeinsam im 1. Klassenzimmer, das von den Kindern in geschmackvoller Weise mit den Reichsfarben und<br />
Tannengrün ausgeschmückt worden war. Lehrer Rosemann fielt die Festrede, welche von vaterländischen Gedichten<br />
und Gesängen umrahmt war.<br />
Am 4. September kehrte das Luftschiff "Graf Zeppelin" von seinem Weltrundflug, zu dem es am 14. August<br />
aufgestiegen war, glücklich in seinen Heimathafen zurück. Anläßlich dierer herrlichen Leistung fand am 5. September<br />
eine Schulfeier statt, in welcher der Bedeutung dieses Fluges und des Erfolges deutscher Arbeit und deutschen<br />
Unternehmungsgeistes gedacht wurde. Nach der Feier war schulfrei.<br />
Am 12. September fanden die diesjährigen Kreisjugendwettkämpfe statt. 2 Knaben und 1 Mädchen erhielten Preise.<br />
Da die Kinderzahl an hiesiger Schule auf 92 zurückgegangen ist, beschließt die Regierung die Offenhaltung einer<br />
Lehrerstelle vom 1. Oktober 1929 ab. Infolgedesses wir die Lehrerin Schwirr auf ihrer hiesigen Dienststelle abberufen<br />
und nach Niklasdorf, Kreis Strehlen, versetzt. Sie war seit April 1915 hier tätig. Elternschaft und Kollegen bedauern<br />
den Weggang dieser überaus pflichttreuen und diensteifrigen Lehrerin sehr und wünschen ihr fernerhin alles denkbar<br />
Gute.<br />
Auch der Schulamtsbewerber Stahn wird abberufen; er amtiert jetzt in Alt-Schliesa bei Breslau.<br />
Die Schule wird in eine dreiklassige mit 2 Lehrkräften umgewandelt. Lehrer Rosemann wird in die erste Lehrerstelle<br />
eingewiesen. Inhaber der zweiten Lehrerstelle wird Lehrer Paul Nitschke aus Göhlitsch, Kreis Schweidnitz.<br />
Eine Masernepidemie ist in hiesigem Dorf ausgebrochen. Von 43 Schülern der 3. Klasse erkrankten 21. Sie wurde<br />
deshalb auf Anordnung des Kreisarztes vom 4. bis 16. November geschlossen. Da die Krankheit immer mehr um sich<br />
griff, und auch die Kinder des Lehrers Rosemann erkrankten, wurde der gesamte Unterricht bis 21. November<br />
eingestellt.<br />
Am 18. Dezember revidierte Herr Schulrat Seiler die erste und zweite Klasse.<br />
1930. Ostern 1930 verließen 7 Schüler die hiesige Schule, 13 Lernanfänger traten ein, so daß unserere Schule von 102<br />
Kindern besucht wird.<br />
Am 1. Juni fanden die Elternbeiratswahlen statt. Da nur ein Wahlvorschlag eingegangen war, galten als gewählt: 1.<br />
Traugott Pech, Stellenbesitzer, Vorsitzender; 2. Traugott Kipry, Maurer, stellvertretender Vorsitzender; 3. Ida Riedel,<br />
Schriftführer; 4. Wilhelm Eckert, Schmiede-meister; 5. Mathilde Jirmann. - Ersatzleute: 1. Paul Müller, Landwirt; 2.<br />
Johann Fleger, Stellenbesitzer; 3. Wilhelm Taraba, Schmied; 4. Wilhelm Fleger, Maurer; 5. Fritz Schicha,<br />
Telegrafenbauhandwerker.<br />
Am 30. Juni verließ der letzte feindliche Soldat Deutschland. Anläßlich der Befreiung der Rehinlande waren für<br />
sämtliche Schulen Feiern angeordnet. In hiesiger Schule versammelten sich am 1. Juli die beiden oberen Klassen im<br />
ersten Klassenzimmer zur gemeinsamen Feier. Eröffnet wurde sie mit dem dreistimmigen Choral "Lobe den Herren,<br />
dan mächtigen König der Ehren". Darauf hielt Lehrer Nitschke die Festrede. Er schilderte anschaulich die Leiden und<br />
Demütigungen, denen unsere Brüder und Schwestern am Rhein während der blangen Besatzungsjahre ausgesetzt<br />
waren. Er rühmte ihre Treue zum Vaterlande. Zum Schluß wies er auf die großen Opfer hin, die wir alle bringen<br />
müßten, um unsere Volksgenossen am Rhein von der weißen und "schwarzen Schmach" befreien zu können. Darauf<br />
erklang das Lied "Sie sollen ihn nicht haben [Die Wacht am Rhein]". Ein Gedicht "Der Rhein ist frei" gelangte zum<br />
Vortrag. Die zweite Klasse sang "Ich hab' mich ergeben". Mit dem Deutschlandlied wurde die Feier beschlossen. Der<br />
Tag war schulfrei.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 42 von 59<br />
Am 9. Juli durcheilte eine traurige Kunde unsere schlesische Heimat. Auf der Wenzeslausgrube zu Hausdorf bei<br />
Neurode wurden durch einen gewaltigen Kohlansäureausbruch 150 Bergleute getötet. Zur Linderung der Not der<br />
Hinterbliebenen veranstalteten die Kinder der hiesigen Schule eine freiwillige Sammlung, die den erfreulichen Betrag<br />
von 114,00 M ergab, welcher der Sammelstelle in Strehlen zugeführt wurde.<br />
Am 11. September fanden die diesjährigen Reichsjugendwettkämpfe statt. 6 Teilnehmer gingen als Sieger hervor.<br />
Herr Schulrat Seiler revidierte am 26. November die hiesige Schule.<br />
Auch in diesem Jahre fand am 24. Dezember eine Christnachtsfeier im Flegerschen Saale statt, die sich eines überaus<br />
regen Beschs erfreute. Eine Weihnachtssammlung ergab den Betrag von 40,00 M, welcher der schlesichen<br />
Krüppelfürsorgestelle zu Breslau überwiesen wurde.<br />
Die Weihnachtsferien dauerten vom 23. Dezember 1930 bis 6. Januar 1931.<br />
1931. Ostern 1931 verließen die Schule 6 Schüler. 20 Lernanfänger wurden aufgenommen, so daß die Schule nunmehr<br />
von 114 Schülern, 59 Knaben und 55 Mädchen, besucht wird, die sich auf die drei Klassen wie folgt verteilen: 1. Klasse<br />
18 Knaben und 14 Mädchen, 2. Klasse 16 Knaben und 25 Mädchen, 3. Klasse 25 Knaben und 16 Mädchen. 111 Kinder<br />
sind evangelisch, 3 Kinder katholisch.<br />
Die Osterferien dauerten von 2. April bis 8. April.<br />
Die Pfingstferien dauerten von 25. Mai bis 6. Juni.<br />
Herr Oberregierungsrat Badenhop und Herr Schulrat Seiler revidierten am 10. Juni die zweite Klasse.<br />
Am 2. Juli unternahm die erste Klasse unter Führung des Lehrers Rosemann einen Ausflug mit einem Schnellastwagen<br />
nach Wartha und Kamenz.<br />
Die diesjährigen Sommerferien dauerten vom 19. Juli bis 15. August.<br />
Die Herbstferien dauerten vom 27. September bis 17. Oktober.<br />
Die Regierung zu Breslau hat durch Verfügung vom 6. Oktober 1931 (II 2 - 62 Nr. 25/10) eine Hilfslehrerinnenstelle<br />
neu errichtet und deren Verwaltung der Hilfslehrerin Fräulein Else Siegmund aus Schönborn, Kreis Breslau, unter<br />
Festsetzung des Dienstantritts auf den 1. Oktober 1931 übertragen. Am 1. Oktober 1929 war die Lehrerinnenstelle zum<br />
Ruhen gebracht worden, da die Schülerzahl auf 92 gesunken war. Gegenwärtig beträgt die Schülerzahl 116. Durch<br />
Errichtung der Lehrerinnenstelle sind die Wochenstundenzahlen der einzwlnen Jahrgänge wie folgt gestiegen: 1.<br />
Jahrgang von 13 auf 16, 2. Jahrgang von 15 auf 18, 3. bis 4. Jahrgang von 23. auf 26, 5. bis 8. Jahrgang von 26 auf 30.<br />
Am 24. Dezember fand wie alljährlich eien Weihnachtsfier im Flegerschen Saale statt, welche von den<br />
Gemeindemitgliedern sehr stark besucht war.<br />
Die Weihnachtsferien dauerten vom 23. Dezember 1931 bis 6. Januar 1932.<br />
1932. Dieses Jahr wird allgemein als Goethejahr bezeichnet, da am 22. März sich der Todestag Johann Wolfgang von<br />
Goethes zum 100. Male wiederholt. Aus diesem Anlaß fand auch an unserer Schule eine Goethe-Gedächnisfeier statt.<br />
Da dieser Tag schulfrei war und der Schluß des Schuljahres auf dem 23. März festgesetzt war, durfte die Entlassung der<br />
Konfirmanden schon am 22. März stattfinden. Nur 4 Konfirmanden, 3 Knaben und 1 Mädchen, verließen dieses Jahr<br />
die Schule.<br />
Die Osterferien dauerten vom 23. März bis 30 März.<br />
Ostern 1932 wurden 20 Lernanfänger aufgenommen, so daß die Schule nunmehr von 132 Schülern besucht wird.<br />
Deshalb wurde sie in einen vierklassige umgewandelt:<br />
1. Klasse, 5. - 8. Jahrgang, 41 Schüler, 29 Wochenstunden<br />
2. Klasse, 3. - 4. Jahrgang, 38 Schüler, 25 Wochenstunden<br />
3. Klasse, 2. Jahrgang, 29 Schüler, 16 Wochenstunden<br />
4. Klasse, 1. Jahrgang, 24 Schüler, 14 Wochenstunden<br />
127 Kinder sind evangelisch, 5 Kinder sind katholisch.<br />
Die diesjährigen Pfingstferien lagen in der Zeit vom 11. Mai bis 26. Mai.<br />
6. Juni. Die Hilfslehrerin Frl. Else Siegmund wird von der Regierung in eine Vertreterinnen-stelle nach Münchwitz,<br />
Kreis Breslau, berufen. Ihre Nachfolgerin wird Frl. Charlotte Melzer aus Auras, Kreis Wohlau.<br />
Am 12. Juni fanden die Elternbeiratswahlen statt. Da nur ein Wahlvorschlag eingeganen ist, gelten nach der<br />
Verordnung für Elternbeiräte als gewählt: 1. Paul Müller, Landwirt, Vorsitzender; 2. Fritz Schicha,<br />
Telegrafenbauhandwerker, stellvertretenden Vorsitzender; 3. Richard Ziemba, Schmied, Schriftführer; 4. Ida Riedel; 5.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 43 von 59<br />
Auguste Böhm. Ersatzleute: 1. Friedrich Raasch, Zimmermann; 2. Wilhelm Böhm, Telegrafenbauhandwerker; 3.<br />
Martha Wingral; 4. Frieda Duschek; 5. Wilhelm Taraba, Schmied.<br />
Seit dem 23. Juni findet jeden Dienstag und Donnerstag von 2 bis 4 Uhr in hiesiger Schule Religionsunterricht für<br />
katholische Schüler statt. Auch die katholischen Schüler der Schule Hussinetz nehmen daran teil. Den Unterricht erteilt<br />
Frau Dr. Pietrulla aus Strehlen unentgeltlich. Nur ein Kind der hiesigen Schule nimmt teil an diesem Unterricht, da die<br />
3 anderen katholischen Schüler laut Erklärung ihrer Väter am evangelischen Religionsunterricht teilnehmen sollen.<br />
Die diesjährigen Sommerferien lagen in der Zeit vom 17. Juli bis 13. August.<br />
Am 30. Juni unternahm Lehrer Rosemann mit der ersten Klasse einen Ausflug auf einem Lastkraftwagen ins<br />
Schlesiertal.<br />
Die Herbstferien dauerten vom 25. September bis 14. Oktober.<br />
Der Herr Oberpräsident überwies der hiesigen Schule 75,00 RM zur Ergänzung der Lehrmittel und der Schülerbücherei.<br />
Auch in diesem Jahre veranstaltete Lehrer Rosemann die gewohnte Weihnachtsfeier im Flegerschen Saale, welche<br />
wieder einen überaus starken Besuch aufwies.<br />
Die Weihnachtsferien dauerten vom 23. Dezember 1932 bis 3. Januar 1933.<br />
1933. Ostern 1933 verließen 7 Schüler die hiesige Schule, 22 Lernanfänger wurden auf-genommen, so daß die Schule<br />
von 138 Kindern besucht wird; davon sind 2 katholisch.<br />
Am 17. März wurde die von der Ortsgruppe der NSDAP gestiftete Hakenkreuzfahne, die Fahne der deutschen<br />
Freiheitsbewegung, auf unserem Schulgebäude gehisst.<br />
Am 23. März trat der nationale Reischtstag zu ersten Male zusammen. Die Schüler der oberen Klassen hatten sich<br />
zusammengefunden in dem festlich geschmückten Klassenzimmer der ersten Klasse. Nachdem Lehrer Rosemann aud<br />
die Bedeutung dieses Tages hingewiesen hatte, erlebten die Schüler die durch Rundfunk übertragenen<br />
Eröffnungsfeierlichkeiten in der Potsdamer Garnisonkirche mit.<br />
Der Minister setzte den Beginn des neuen Schuljahres auf den 1. Mai fest; die osterferien wurden deshalb bis 30. April<br />
verlängert.<br />
Am 1. Mai war der erste Feiertag der nationalen Arbeit. Zur Feier des Tages hatten die Kinder das Schulgebäude mit<br />
Tannengrün geschmückt, die die Fahnen waren gehisst. Am Nachmittag versammelten sich die Schüler wieder im<br />
geschmückten Klassenzimmer. Lehrer Rosemann brachte ihnen die große Bedeutung des Tages zum Verständnis.<br />
Durch Rundfunk hörten sie die Worte des greisen Herrn Reichspräsidenten v. Hindenburg, die er an die deutsche<br />
Jugend richtete. Vaterländische Gesänge umrahmten diese Darbietungen.<br />
Die Pfingstferien dauerten vom 3. bis 7. Juni.<br />
Während der Pfingstfeiertage unternahm die Gruppe Strehlen des Scharnhorstbundes unter Führung von Lehrer<br />
Nitschke eine Grenzlandfahrt mittels Lastkraftwagens mit Anhänger. Auf der Rückfahrt stürzte der Wagen zwischen<br />
Namslau und Ohlau von einer Brücke 4 m in die Tiefe. Lehrer Nitschke wurde schwer verletzt, er trug Brüche des<br />
rechten Schulterblattes, Schlüsselbeines und Unterames davon. Da Lehrer Nitschke bis zu Beginn der Sommerferien<br />
nicht dienstfähig war, mußten Lehrer Rosemann und Hilfslehrerin Frl. Melzer die Vertretung übernehmen.<br />
Der 24. Juni war der deutschen Junged geweiht. Den Verlauf des "Tages der Jungend" schildert untenstehender<br />
Zeitungsausschnitt [im Original eingeklebt].<br />
"Mehltheuer-Podiebrad. Tag der Jugend. Mit wehenden Fahnen und frohen Marschgesang zogen die Kinder zum<br />
Sportplatz an der Tanne. Hier trafen sie mit den Nachbarschulen Töppendorf und Hussinetz zusammen. Bald erscholl<br />
helles Jauchzen und fröhliches Rufen durch den sonst so stillen Wald. Beim Wettkampf und frohem Spiel verflogen die<br />
Vormittagsstunden viel zu schnell. Alles vollzog sich in schönster Eintracht. Von den bei ähnlichen Zusammenkünften<br />
früherer Jahre oft beobachteten Spannungen zwischen den Kindern der verschiedener Schulen war nichts mehr zu<br />
merken. Wahrlich ein schönes Zeichen dafür, daß die Gedanken der neuen Zeit auch die Herzen dieser jungen<br />
Menschenkinder erfaßt haben, dank der Erziehung zum Gemeinschaftsgedanken in Schule und Jugendverbänden und<br />
dank der Unterbindung der planmäßigen Jugendverhetzung. - Am Abend veranstaltete die hiesige Schule unter Leitung<br />
des Lehrers Rosemann eine Sonnenwendefeier auf dem Windmühlenberge. Beim Scheine der hellodernden Flamme<br />
wurde die Feier mit einem Feuerspruch eröffnet. Daruaf erklang das Lied "Flamme empor!" Herr Lehrer Rosemann<br />
ergriff das Wort zur Feuerrede. Ausgehend von dem alten Brauch unserer Vorfahren, zeichnete er die von allen Höhen<br />
unserer Heimat leuchtenden Sonnenwendfeuer als Freiheits-, Opfer- und Liebesfeuer. Seine Worte klangen in ein<br />
"Hoch" auf unser deutsches Vaterland aus. Nachdem des Deutschlandlied verklungen war, gedachte Lehrer Rosemann<br />
in begeisterten Worten unseres Führers, des Herrn Reichskanzlers Adolf Hitler und brachte als ein Treuegeböbnis eine<br />
dreifaches "Sieg Heil!" aus. Das Horst-Wessel-Lied klang in die Nacht hinaus, das Feuer erlosch, und die Schuljugend
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 44 von 59<br />
sowie die recht zahlreich erschienenen Dorfbewohner strebten ihren Heimstätten zu. - Das Fest der Jungend sollte<br />
seinen Ausklang finden in einer Wanderung durch unsere heimatlichen Wälder nach dem Rummelsberge. Leider setzte<br />
gerade zur Abmarschzeit am Sonntagmorgen ein kräftiger Regen ein, so daß diese Wanderung zur großen Enttäuschung<br />
der Kinder aufgegeben werden mußte."<br />
Die diesjährigen Sommerferien dauerten vom 16. Juli bis 12. August.<br />
Am 14. September fanden die Reichsjugendwettkämpfe statt. 8 Schüler und Schülerinnen erhielten eine Ehrenurkunde.<br />
Der Schüler Erhard Hanusch erreichte 56 Punkte und war der 1. Sieger des ganzen Bezirks.<br />
Am 15. September wurder der vom Führer ernannte Staatsrat zum ersten Male einberufen. Es fand eine Schulfeier statt,<br />
in der Lehrer Rosemann die Bedeutung dieser Einrichtung den Kindern verständlich machte.<br />
Die Herbstferien lagen in der Zeit vom 1. bis 13. Oktober.<br />
Am 18. November nahm die Schule geschlossen am Gottesdienst, der anläßlich des 450. Geburtstages Dr. Martin<br />
Luthers veranstaltet wurde, teil.<br />
Das erste Weihnachtsfest im neuen Deutschland trug ein bedeutenden Gepräge. Am Heiligen Abend veranstaltete<br />
Lehrer Rosemann im Gasthaus Fleger die gewohnte Christnachtsfeier, in der das Christfest als das christlichste und<br />
deutscheste Fest gewürdigt wurde.<br />
Die Weihnachtsferien dauerten vom 24. Dezember 1933 bis 6. Januar 1934.<br />
1934. Am 18. Januar wurde eine Reichsgründuungsfeier abgehalten. Lehrer Rosemann zeichnete die Entwicklung des<br />
zweiten Deutschen Reiches und würdigte die Verdienste des Altreichskanzlers, dessen Werk nun von unserem Führer<br />
Adolf Hitler fortgesetzt wurde. Der Tag war schulfrei.<br />
Am 22. Januar erkrankte der Lehrer Rosemann schwer an den Folgen seiner Kreigsverletzung; erst nach den<br />
Sommerferien konnte er seinen Dienst wieder aufnehmen. Da die Regierung keinen Vertreter zur Verfügung hatte,<br />
mußten Lehrer Nitschke und Hilfslehrerin Frl. Melzer die Vertretung übernehmen.<br />
Das Schuljahr 1933/34 schloß am 28. März. Es verließen 18 Schüler und Schülerinnen die Schule. Der erkrankte Lehrer<br />
Rosemann ließ es sich nicht nehmen, seine Kinder selbst zu entlassen. In seiner Wohnung gab er ihnen herzliche Worte<br />
mit auf ihren lebensweg, welche die Kinder tief bewegten.<br />
Es wurden 21 Lernanfänger aufgenommen, so daß die Schule zu Anfang des Schuljahres von 136 Kindern besucht<br />
wird.<br />
Die Osterferien dauerten vom 29. Mäarz bis 9. April.<br />
Die Schule beschaffte ein Schmalfilmgerät, wozu der Herr Regierungspräsident eine Beihilfe von 100,00 RM gewährte.<br />
Vom 19. Mai bis 28. Mai lagen die Pfingstferien.<br />
Die Hilfslehrerin Frl. Melzer nahm vom ... bis ... an einem Turnkursus in Breslau teil. Lehrer Nitschke hatte während<br />
dieser Zeit den gesamten Dienst alleine zu versehen.<br />
Anläßlich der Reichsschwimmwoche beteiligte sich die hiesige Schule am 20. Juni am Schwimmen in der Strehlener<br />
Badeanstalt.<br />
am 23. Juni war der Tag der deutsche Jugend. Am Abend wurde auf dem Windmühlenberge ein Sonnenwendfeuer<br />
abgebrannt. Der Gemeindeschulze und Ortsgruppenleiter Fleger sowie Lehrer Nitschke hielten Feuerreden.<br />
Feuersprüche und Chöre wurden vorgetragen, ein von Frl. Melzer eingeübter Feuerreigen wurde getanzt.<br />
Vom 15. Juli bis 12. August lagen die diesjährigen Sommerferien.<br />
Durch Ministerialerlaß vom 39. Juli wird der Staatsjugendtag geschaffen. Der Sonnabend ist für alle im Jungvolk und<br />
BDM organieierten Schüler und Schülerinnen schulfrei. Die nichtorganisierten Schüler und Schülerinnen vom 10.<br />
Lebensjahre ab erhalten am Sonnabend nationalpolitischen und Handfertigkeits-Unterricht. Nach Gründung einer<br />
Jugendgruppe des BDM sind dämtliche Kinder im entsprechenden Alter organisiert, so daß der Sonnabend für sie ganz<br />
ausfällt.<br />
Durch Ministerialerlaß vom 26. Juni ist eine "Reichsstelle für den Unterrichtsfilm" in Berlin ins Leben gerufen worden.<br />
Diese soll im Laufe der nächsten Jahre die Schulen mit Schmalfilmgeräten und Lehrfilmen ausstatten. Zu diesem<br />
Zwecke wird von den Schülern ein Lernmittelbeitrag erhoben, der vierteljährlich 0,20 RM für ein Kind, 0,50 RM bei 3<br />
und mehr Geschwistern beträgt. Bisher isnd die Beiträge restlos eingegangen. Die "Reichsstelle für den<br />
Unterrichtsfilm" hat die Restschuld für den von der Schule gekauften Schmalfilmapparat in Höhe von 200,00 RM<br />
übernommen.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 45 von 59<br />
Am 2. August durcheilte die Trauerkunde das deutsche Land, daß unser allverehrter Herr Reichspräsident, der greise<br />
Generalfeldmarschall des Weltkrieges Paul von Hindenburg zur ewigen Ruhe eingegangen sei. Sein ganzes langes<br />
Leben war Dienst und Hingabe für seine Könige, sein Volk und Vaterland. Als junger Offizier kämpfte er mit dem<br />
säbel in der Faust tapfer für sein Vaterland in den Kriegen von 1866 und 1870/71. Er war Zeuge der<br />
Kaiserproklamation am 18.01.1871 zu Versailles. Er war der Erretter unserer heimat im Weltkrieg 1914/18. Er diente<br />
seinem Volke in den Zeiten seiner größten Not und Schmach, und er reichte am 30. Januar 1933 unserem jungen<br />
Reichkanzler Adolf Hitler die Hand und wurde auch der getreue Eckard des 3. Reiches. Die ergreifenden Worte, welche<br />
der Führer dem hohen Helden nachrief, hörten die zu einer Trauerfeier versammelten Schüler.<br />
"Uns stieg die Zeit, uns fiel die Zeit,<br />
In Sieg und Sturz warst du bereit,<br />
Vergangen ist der Zukunft Bild<br />
Dein Dienst, er wiegt; Dein Opfer gilt."<br />
Die diesjährigen Herbstferien lagen in der Zeit von 22. September bis 10. Oktober.<br />
Der NSLB (Nationalsozialistische Lehrerbund) ruft unsere Schüler zur tätigen Mithilfe für das Winterhilfswerk 1934/35<br />
auf. Sie sollen das helfen persönlich erleben und in ihrem Zusammenwirken in einer Jugendfront gegen die Not sich<br />
verbunden fühlen. Alle Kinder, außer denen, seren Eltern selbst Winterhilfe beziehen, bringen jede Woche ein Stück<br />
Kohle, ein Scheit Holz oder eine Kartoffel mit. Für den Monat Dezember wurden 40 kg Kohle, 20 kg Holz gesammelt<br />
und dem örtlichen Amtsverwalter der NSV abgeliefert.<br />
Die diesjährige Weihnachtsfeier, die Lehrer Rosemann wie alljährlich am Heiligen Abend im Flegerschen Saale abhielt,<br />
wies einen überaus starken Besuch auf.<br />
Vom 23. Dezember 1934 bis 7. Januar 1935 dauern die diesjährigen Weihnachtsferien.<br />
Durch Ministerialerlaß vom 24. Oktober 1934 sind die Elternbeiräte aufgelöst worden. An ihrer Stelle sind die<br />
Schulgemeinden und die Jugendwalter getreten. Lehrer Rosemann berief im Einvernehmen mit dem Ortsgruppenleiter<br />
der NSDAP, Pg. Fleger zu Jungendwaltern: 1. Karl Lellek II, Stellenbesitzer; 2. August Dittrich; 3. Selma Schicha,<br />
Telegrafenbauhand-werkersfrau; 4. Jungzugführer Max Krtschil, entsandt von der Hitlerjugend.<br />
1935. Der 13. Januar 1935 ist ein Freudentag für das gesamte deutsche Volk. Des deutsche Saarvolk hat sein<br />
Treuebekenntnis zum Vaterlande abgelegt. Über 90 % der Abstimmungsberechtigten haben ihre Stimmen für<br />
Deutschland abgegeben. Wider ist ein Lüge des Versilller Vertrages und seiner Urheber, daß im Saargebiet 150.000<br />
Franzosen bebten, der Welt offenbar geworden. Die Fahnen wehen über Deutschland; sämtliche Schulkinder haben sich<br />
am 14. morgens um den Lautprecher versammelt, um das Ergebnis der Abstimmung zu hören. Groß ist der Jubel, und<br />
aus allen Kinderkehlen erklingt es: deutsch ist die Saar!<br />
1. März 1935. Die Saar kehrt heim! "Heim zu Deutschland, klingt ein Sehnen durch den Saargau Tag und Nacht!" So<br />
ertönt das Lied aus dem Munde unserer Kinder bei der Schulfeier anläßlich der Rückgliederung des Saargebietes.<br />
Lehrer Rosemann schildert mit bewegten Worten Kampft und Leiden des Saarvolkes unter der 15-jährigen<br />
Fremdherrschaft. Kein Zuckerbrot und keine Peitsche der Unterdrücker konnte unsern Brüdern und Schwestern von der<br />
Saar ihre Treue zur deutschen Heimat aus dem Herzen reißen. Das ganze Deutsche Volk dankt ihnen für ihre Treue und<br />
empfängt sie mit offenen Armen. Und unserm Führer danken wir es, wenn das Saarvolk heite heimkehrern kann in ein<br />
freies, stolzes und ehrenhaftes Vaterland. Das Sieg Heil auf Vaterland und Führer und das Saarlied beschloß die Feier.<br />
16. März 1935. Versailles ist überwunden! Der Führer verkündet das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht. Das Volk<br />
beschützt sein Vaterland wieder selbst. Die Fahnen wehen. Wir danken unserm herrlichen Führer. "Der Gott, der Eichen<br />
wachsen ließ" und "Deutschland über alles" singen unsere Kinder.<br />
Ostern 1935 wurden 15 Schüler entlassen. 16 Lernanfänger traten ein, so daß das Schuljahr mit 131 Kindern beginnt.<br />
20. April 1935. Trotzdem der Geburtstag des Führers in die Ferien fällt, versammelt sich sie Schuljugend im festlich<br />
geschmückten Klassenzimmer, wo eine schlichte Feier veranstaltet wird.<br />
1. Mai 1935. Am Nationalfeiertag hört unserer Schuljugend von Berlin die Jugendkundgebung mit den Reden des<br />
Propagandaministers und des Führers.<br />
23. Juni 1935. Tag der deutschen Jugend. Die diesjährigen Jugendwettkämpfe wurden auf dem Sportplatz in der<br />
Altstadt ausgetragen. Ein großer Teil unserer Schüler und Schülerinnen errang die Siegernadel. Am Tage darauf wurde<br />
auf dem Windmühlenberge die Sonnenwendefeier agbehalten. DJ und JM unserer Schule sowie die Schulbläser trugen<br />
zum Gelingen der Feier bei. Lehrer Rosemann heilt die Feuerrede.<br />
In der Wohnung des zweiten Lehrers wurden 2 Zimmer, Vorraum, Speisekammer und Küche instandgesetzt. Zu den<br />
Kosten, die ca. 500,00 RM betrugen, gewährte der Herr Regierungspräsident eine Beihilfe von 300,00 RM. Auch in der<br />
Wohnung des ersten Lehrers wurden Instandsetzungsarbeiten vorgenommen. Ein Zimmer und die Küche wird renoviert
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 46 von 59<br />
und ein neuer Heizofen gesetzt. Zu den Kosten von ca. 400,00 RM trägt der Herr Regierungspräsident 200,00 RM bei.<br />
Im ersten Klassenzimmer wird ein neuer Patent-Heizofen gesetzt. Die Kosten hierfür betragen 280,00 RM. 150,00 RM<br />
Beihilfe erstattete der Herr Regierungspräsident.<br />
Am 24. Dezember fand wie alljährlich die Christnachtsfeier der Schule im Flegerschen Saale statt. Anstelle des an<br />
seinem Kriegsleiden erkrankten Lehrers Rosemann Leitete Lehrer Lellek, Hussinetz, diese Veranstaltung.<br />
Mit dem Ablauf des Jahres 1935 schließt der erste Band der <strong>Schulchronik</strong>. Vor 100 Jahren, im Jahre 1835 wurde die<br />
erste Eintragung in dieses <strong>Buch</strong> gemacht, anläßlich der Einweihung des neuen Schulhauses.<br />
[Aufzeichnungen des Lehrers Josef Zwikirsch:]<br />
II. Teil<br />
Chronik des Schulortes und der Schulgemeinde<br />
Dieser Teil der Chronik war bis zum Jahre 1889 nicht vorhanden; erst der Hauptlehrer Zwikirsch hat diesen zweiten<br />
Teil, die Chronik des Schulortes und der Schulgemeinde im Jahre 1889 angelegt. Da seit Gründung der Gemeinden<br />
Podiebrad und Mehltheuer bereits 125 Jahre vergangen waren, war es natürlich nicht möglich, genaue und ausführliche<br />
Aufzeichnungen zu machen. Soweit jedoch der obengenannte Lehrer es vermochte und zuverlässiges Material hat<br />
sammeln können, hat er aus der Zeit von der Gründung der Gemeinde bis zum Jahre 1889 nachstehendes aufgezeichnet:<br />
Die Gemeinden Podiebrad wurden im Jahre 1764 gegründet, und zwar von ausgewandeten Reformierten aus Böhmen.<br />
Nicht bloß als Feldherr war Friedrich II. groß; er war es auch als Regent. Was von ihm in diesem Punkte erwartet<br />
werden durfte, bewies er gleich während seines ersten Feldzuges, als ihn böhmische Reformierte (Nachkommen der<br />
Hussiten) um Aufnahme in seinen Staaten anflehten. Die Auswanderung erfolgte schon zur Zeit des Ersten<br />
Schlesischen Krieges und nach demselben, zumeist im Jahre 1742. Die Familien kamen aus vielen Ortschaften des<br />
nordöstlichen Böhmens, insbesondere aus den Dörfern des Bezirks Czaslau. Der Wegzug aus der Heimat geschah nicht<br />
mit obrigkeitlicher Genehmigung, sondern heimlich und meist zur Nachtzeit. Deshalb mußten die um ihres Glaubens<br />
willen ausgewanderten auch ihre Habe und ihre Besitztümer im Stiche lassen und kamen meist ganz arm nach Schlesien<br />
herüber. Friedrich der Große gewährte ihnen Aufnahme, wies ihnen Münsterberg zum Aufenthalte an und bestellte für<br />
sie einen besonderen Prediger, der ihnen auf dem Rathause Gottesdienst hielt. Im Laufe der Zeit zogen immer mehr<br />
Familien zu. Das lebhafte Nationalgefühl, welches die Eiwanderer beseelte, machte die Bildung einer geschlossenen<br />
Gemeinde zu einer Lebensfrage für sie. Da sich aber bei Münsterberg eine Gelegenheit zur Erwerbung eines dazu<br />
passenden und hinreichenden großen Areals nicht darbieten wollte, auch mitten in einer katholischen Bevölkerung<br />
Streitigkeiten in Religionssachen unvermeidlich waren, so richteten sich ihre Blicke nach Strehlen, wo gerade die<br />
beiden der Stadt gehörigen Vorwerke in der Altstadt von 300 Hektaren Flächeninhalt feil waren. Dieses Grundstück<br />
wurde von ihnen mit Genehmigung des Königs für 10.500 Taler zur Anlegung eines Dorfes gekauft. Der Ertrag einer<br />
ihnen gewährten Landeskollekte von 1882 Talern sowie 2000 Taler aus einer in Holland und er Schweiz für<br />
Ausgewanderten veranstalteten Sammlung bildeten die Anzahlung. Wunderbares Walten der Geschichte! Auf derselben<br />
Stelle, auf welcher die Hussiten einst vor Strehlen als Feinde gelagert hatten, bauen 320 Jahre später ihre Enkel Hütten<br />
und finden eine neue Heimat. Als Kirche wurde den Kolonisten die Marienkirche in der Altstadt überlassen, in welcher<br />
Pastor Blanitzky am 8. Juni 1749 seine erste Predigt hielt, und zwar in böhmischer Sprache. (Anmerkung: Die<br />
Marienkirche war die erste Kirche in dem Flecken Strehlyn. Sie ist die älteste Kirche Schlesiens und soll von Pater<br />
Wlast im Jahre 1130 gebaut sein. Von ihr hat der Marienberg seinen Namen.) Zum Anbau des Dorfes bewilligte der<br />
König der armen Gemeinde ein Darlehn von 200 Talern gegen 5 % Zinsen. Die Rückzahlung wurde der Gemeinde in<br />
den achziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erlassen. Im Jahre 1752 war des Dorf fertig und erhielt den Namen<br />
Hussinetz. (Jedenfalls zu Ehren und zum Andenken an Johann Huß.) Es zählte damals 152 Familien und 549 Seelen.<br />
Das Gedeihen der neuen Ansiedlung lud zur Nachfolge ein. Die Zahl der Emigranten mehrte sich deshalb fortwährend,<br />
besonders nach Beendigung des siebenjährigen Krieges. Da dieselben in Hussinetz keine Aufnahme mehr finden<br />
konnten, wurden sie auf dem in der Nähe liegenden fiskalischen Vorwerke mehltheuer angesiedelt (1764).<br />
Mehltheuer ist wahrscheinlich zur Zeit der Einwanderung der Deutschen zu Anfang des 13. Jahrhunderts von denselben<br />
gegründet worden. Die Bewohner waren nach Strehlen eingepfarrt. Als auch die beiden evangelischen Kirchen in<br />
Strehlen aufbegaut waren, behielt die Altstädter Gemeinde sowie die beiben Dörfer Töppendorf und Mehltheuer die<br />
Marienkirche als Begräbniskirche. Nachdem diese Kirche den eingewanderten Böhmen überlassen wurde, sollten auch<br />
fernerhin genannte Gemeinden ihre Toten auf den zur Marienkirche gehörigen Gottesacker begraben. Doch es siedelten<br />
sich immer mehr Kolonisten an (die Gemeinden Podiebrad) und der Raum hätte sich gar bald als unzureichend<br />
erwiesen. Deshalb drangen die Eingewanderten darauf, daß die evangelischen Gemeinden ihre Toten nach Strehlen<br />
begraben möchten. Nach vielen Streitigkeiten wurde es endlich genehmigt.<br />
In allen 3 Schlesischen Kriegen wurde Mehltheuer von feindlichen Heeresabteilungen besetzt oder gestreift. Die
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 47 von 59<br />
diesbezüglichen aufzeichnungen in der Chronik der Stadt Strehlen lauten wörtlich: "Den 1. Augustus 1741 ward auch<br />
eine große Rodoute, oder Schantze, welche wie ein Stern mit 7 Eckern von doppelten Schantz Körben, auff dem Berge,<br />
bey dem Dorffe Mehltheuer, gegen dem Walde, und Ziegen Grunde gleich über angelegt neu grossen Schanz Körben,<br />
mit Erdreich ausgefüllet, Spanisch Reutern und Canonen versehen, auch mit einem Commondo, von Infanterie und<br />
Canonirern besetzet". - "D. 8. Septemb. (Fest Mariä Geburth) gegen acht Uhr frühe, worde lermen geschlagen, und<br />
liessen sich biß gegen 100 Mann ungar. Husaren auff dem Mehltherberge sehen. Sie nahmen den Mehltheuern ihr<br />
gantzes sowohl daß Warewercks, alß auch Gemeine Vieh hinweg, in allem über 110 Stück, und trieben solches in<br />
Ziegen Grund, un von dar weiter nach heinrichau und Münsterberg. Sie hatten auch viel Leute, welche Sie hier im<br />
Lande auffgefangen, bey sich gehabt. Weilen aber in Heinrichau, ein Geschrey kommen, alß wenn die Preußen im An<br />
Marsch wären, haben Sie sich eylends auff die Pferde geschwungen, daß Vieh in die Wälder getrieben, und die<br />
Gefangenen im Stich gelassen." - "Den 22. Junius 1745 kam Mittagszeit ein starkes Commando mit einem Obristen von<br />
Breslau hieher; Es bestand aus Hufaren vom Regiment Hallasch, und 1200 Mann Cavallerie, Von dehnen Regimentern<br />
jung Scherin, Haacke, und Münchow. Die Husaren hatten ihre FeldPosten Auff dem Galgenberge, und alten Schantze<br />
auff dem Meltzer Berge". - "Den 6. September 1761 rückte Ihro Majestät der König mit seiner ganzen Armee bei<br />
Strehlen an, nahm daß Königliche Haupt-Qartier, wie vorhero schon geschehn in Woiselwitz und die sämmtliche<br />
Armee Cantonirte in denen auf eine Meilweges und näheren herumliegenden Dörfern." (Anmerkung: Alle in der Nähe<br />
der Stadt gelegenen Ortschaften, also auch Mehltheuer, wurden so stark wie nur möglich mit Einquartierung belegt.)<br />
Bis zum Jahre 1764 (Ansiedlung der Böhmen 1764) bestand Mehltheuer aus dem Königlichen Vorwerk, 10<br />
Gärtnerstellen und 4 Bauerngütern. Das Schloß sowie die übrigen Dominalgebäude des Vorwerks standen, wo<br />
gegenwärtig die Häuser Haus-Nr. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 (<strong>Mittel</strong>-Podiebrad) stehen, welche Häuser noch heute "Häuser im<br />
Hofe" genannt werden. Die 10 Hofegärtner mußten auf dem Hofe Handdienste tun und bekamen dafür einige Morgen<br />
Acker, welchen sie für sich bewirtschaften durften. Die Bauerngüter sind die gegenwärtigen Haus-Nr. 11, 13, 14, und<br />
29 (<strong>Mittel</strong>-Podiebrad). Da zu dem Königlichen Vorwerke Mehltheuer auch ausgedehnte Waldungen gehörten, war<br />
natürlich auch eine Försterei vorhanden. Als aber später die Königliche Behörde verfügte, daß die Förtstereien<br />
möglichst nahe an den Wald gelegt werden sollten, wurde diese alte Försterei verkauft (es ist die gegenwärtige Haus-<br />
Nr. 4, 5 Mehltheuer) und ein unmittelbar am Walde gelegenes Wirtshaus angekauft und zu einer försterei eingerichtet,<br />
welche noch heute besteht. Im Jahre 1888 ist (infolge Brandunglücks) ein Teil der Wirtschaftsgebäude (Scheune) neu<br />
gebaut worden, während das Wohnhaus das alte blieb.<br />
Die Waldungen sowie auch die Försterei sind Königlich geblieben und gehörten bis zum Jahre 1887 zur Gemeinde<br />
Mehltheuer. Von da an wurde der Forstgutsbezirk Mehltheuer von der Gemeinde getrennt und führt gegenwärtig den<br />
Namen "Forstgustbezirk Mehltheuer".<br />
Als 1764 die 70 Familien aus Böhmen kamen, wurden ihnen das zu dem Vorwerke Mehltheuer gehörige Land<br />
überwiesen. Die vier Bauerngüter wurden von den böhmischen Kolonisten gleichfalls angekauft. Dann bestand<br />
Mehltheuer nur aus den 10 Gärtnerstellen, welche bis heutigen Tages die Gemeinde Mehltheuer bilden. Die<br />
Gärtnerstellen wurden von Hofe abgelöst, und die ehemaligen Hofegärtner wurden selbständige Besitzer. Ihnen gehörte<br />
der sich östlich vom Dorfe hinziehende Bergrücken. Dafür wurde ihnen die Pflicht auferlegt, eine jährliche Rente an die<br />
Kriegs- und Damainenkammer in Strehlen zu zahlen.<br />
Der König gab den einewanderten Böhmen, wie bereits erwähnt worden ist, das zu dem Vorwerk Mehltheuer gehörige<br />
Land in Erbpacht. Den 7. April 1766 wrude in Strehlen ein Vertrag geschlossen, dessen Bestimmungen nachstehend<br />
kurz zusammengefaßt sind.<br />
"Die Königliche Kriegs- und Domainekammer giebt den 70 böhmischen Familien, die sich bittweise an dieselbe<br />
gewandt haben, das Königliche Vorwerk Mehltheuer mit sämmtlichen Inventar in Erbpacht und läßt darüber eine<br />
erbliche Verschreibung ausfertigen. Das Vorwerk ist 1014 Morgen groß und besteht aus 818 Morgen Ackerland, 113 ¾<br />
Morgen Wiesen, 61 ½ Morgen Unland und 20 ¾ Morgen Garten. Der Acker ist vollständig bestellt und wird sowohl für<br />
die Bestellung als auch den vorhandenen Viehbestand keine Entschädigung gefordert. Jede Familie erhält zum Bau der<br />
nöthigen Gebäude 20 Stämme Bauholz mit dem Abraum aus dem Königlichen Walde. Bausteine können dem auf dem<br />
Vorwerk vorhandenen Bruche entnommen werden. Das zu erbauernde Dorf sollte anfänglich den Namen Neu-<br />
Podiebradt erhaolten. Weil aber die erhaltenen Aecker weit auseinander liegen, so gewährte es den Kononisten eine<br />
große Erleichterung, wenn sie statt eines Dorfes deren drei anlegten. Es konnte dann Jeder sein Besitztum in der Nähe<br />
seiner Felder haben. Die zu erbauenden drei Dörfer sollen Ober-, <strong>Mittel</strong>- und Nieder-Podiebrad heißen und aus 24, 22<br />
und 24 Wirthen bestehen. Für diese Realitäten zahlen sie 1315 Thlr. 8 Ggr. an das Amt in Strehlen, wohingegen sie von<br />
anderen Steunern frei sind. Die Ansiedler verrichten keine Dominialdienste und sind frei von Unterthänigkeit. Bei der<br />
Wahl des "Schulmeisters" soll darauf gesehen werden, daß eine Person angestellte werde, die das Spinnen und Wirken<br />
gut versteht. Er soll darin alle Tage eine Stunde Unterricht erteilen. Richter und Aelteste sollen die Bewohner zum<br />
fleißigen Spinne anhalten, auch selbst darin mit gutem Beispiele vorangehen. Das Original dieser Erb-Verschreibung<br />
soll bei den Gerichtsakten von Ober-Podiebrad aufbewahrt werden." - 1766 wurde die Erbpacht auf 1000 Taler<br />
ermäßtigt.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 48 von 59<br />
Das gesamte Land wurde nach der Anzahl der Familien in 70 Teile abgegrenzt, wovon jeder Familie durchs Los ein<br />
solcher Teil zufiel. Einige Familien, drern Teile von geringerer Güte waren, erhielten bei der Verteilung ein<br />
angrenzendes Stück (meist Unland) dazu. Später wurde dies Unland bebaut und so erklärt es sich, daß gegenwärtig<br />
verschiedene große Teile (auch Pachtteile genannt) vorhanden sind. Die Größe dieser Pachtteile bewegt sich zwischen<br />
14 und 17 Morgen. Um nun die Bebauung der einzelnen Ackerstücke möglichst bequem zu haben, bauten einzelne<br />
Besitzer ihre Häuser auf ihr einenes Grundstück, andere in möglichster Nähe desselben. Es bildeten sich drei<br />
Häusergruppen und so entstanden die drei Kolonien, welche die Namen Ober-, <strong>Mittel</strong>- und Nieder-Podiebrad erhielten.<br />
(Jedenfalls ist dieser Name mit dem gleichnamigen Ort in Böhmen in Verbindung zu bringen 1 .) In Nieder-Podiebrad<br />
baute jeder auf seinem Grundstück; in <strong>Mittel</strong>- und Ober-Podiebrad dagegen wurde vor der Verlosung ein Stück zur<br />
Anlegung der Kolonie abgemessen, so daß nicht jeder auf seinem Grundstück bauen konnte. Der Garten und der<br />
Bauplatz ist aber jder Familie in den beiden letztgenannten Kolonien von ihrem Ackerteile in Abzug gebracht worden.<br />
Ober-Podiebrad umfaßt 24, <strong>Mittel</strong>-Podiebrad 22 und Nieder-Podiebrad 24 Ackerteile. Außerdem blieb bei jeder dieser<br />
drei Kolonien ein Stück ungeteilt, welches die sogenannte Dorfaue bildete. Diese war Eigentum sämtlicher Besitzer der<br />
einzelnen Kolonie. Jede Kolonie erhielt ein besonderes Ortsgericht. - Zu dem Vorwerke gehörten auch die sogenannten<br />
Stockteiche bei Riegersdorf, etwa 300 Morgen groß, welche nicht sogleich zur Verteilung gelangt sind. Die Kolonisten<br />
fischten hier einige Zeit gemeinschaftlich. Als aber die einzelnen Familien notdürftig aufgebaut und sich einigermaßen<br />
eingerichtet hatten, schritten sie zur Verteilung der Stockteiche. Dieselben waren mit Bäumen und Sträuchern<br />
bewachsen, welche alle dann später auisgerodet wurden. Das Wasser wrude nun abgelassen und der Grund zu Wiesen<br />
verwandelt. Dieselben verteilten die 70 Familien untereinander. Ein schmaler Streifen von 0,07 Hektar Größe wurde als<br />
Schulwiese abgeteilt. Die höher gelegenen und deshalb trockeneren Stellen wurden zu Akcer gemacht, und so kommt<br />
es, daß jeder dort auch ein Ackerstück besitzt.<br />
Die ersten Wohn- und Wirtschaftsgebäude waren alle aus Holz gebaut und mit Stroh bedeckt. Das Woirtschaftsgebäude<br />
hing mit dem Wohngebäude in einer Linie zusammen, oder es war im rechten Winkel angebaut. Ein Teil des<br />
anliegenden Grundstücks wurde zur Anlage eines Obstbartens verwendet.<br />
Die ursprünglich vorhandene Anzahl von Besitzungen wurde dasurch erhöht, daß nach und nach Häuslerstellen ohne<br />
Acker entstanden. Der Bauplatz zu diesen Stellen wurde entweder von einzelnen Besitzern oder von der Gemeinde<br />
(Aue) gegen Zahlung von Grundzins erworben. Die Häusler waren verpflichtet, die Gemeindelasten mit tragen zu<br />
helfen. Nach und nach entstanden immer mehr solche Häuslerstellen. Auch ließen sich später Familien nieder, welche<br />
weder Haus noch Acker besaßen. Da auch von den erwachsenen Kindern aus zahlreichen Familien nicht jedes ein<br />
Besitztum erhalten konnte und die erwachsenen Söhnen nur sehr ungern nach auswärts zu ziehen pflegten, so<br />
entstanden die Inlieger- oder Inwohner-Familien.<br />
Da die kleinen Wirtschaften nicht so viel an Getreide hervorbrachten, als zur Erhaltung der Familien notwendig war, so<br />
waren die Eingewanderten bald auf Nebenverdienste angewiesen, und es bildete sich die Hausindustrie aus. Obgleich<br />
die Kolonisten von Böhmen aus die Kunst der Weberei verstanden, konnten sie dieselbe hier nicht verwerten, da sie<br />
hier keine Arbeit fanden. Es wurde deshalb zuerst die Baumwollen-Spinnerei betrieben. Den Wollstoff holten sie von<br />
fremden Farikanten und lieferten das fertige Garn wieder an dieselben ab. Erst nach den Freiheitskriegen wurden die<br />
größeren Fabriken auf die hiesigen Weber aufmerksam, und von dieser Zeit an erwarben sich die Kolonisten auch durch<br />
Weberei ihren Unterhalt. Die Weberei fand immer mehr Eingang, und die Bewohner vervollkommneten sich in dieser<br />
Kunst. Gegenwärtig werden außer Züchen auch Taschentücher, Schürzen, Kattun und andere baumwollene Warer<br />
sowie ach verschiedene Wollwaren und Roßhaarwaren verfertigt. Die fertige Ware wird meist von sogenannten<br />
Garnausgebern, die zwischen den Webern und dem Fabrikanten das Geschäft vermitteln, nach Langenbielau und<br />
Reichenbach in Schlesien geliefert. Gegenwärtig erwerben sich die Häusler und Inwohner ihren Unterhalt<br />
ausschließlich durch Weberei.Auch viele Stellenbesitzer webern während des Winterhalbjahres; doch gibt es auch<br />
größere Besitzer, deren Erwerbszweig ausschließlich die Landwirtschaft ist. Nur wenige zeigen Neigung zum<br />
Handwerk, da die Stadt nahe ist und die Bewohner fast alle ihren Bedarf von dort holen.<br />
Es waren den Eingewanderten mancherlei Vorrechte gewährt worden. So war beispielsweise die männliche<br />
Bevölkerung frei vom Militärdienst, allerdins nur bis zur Einführung der allemeinen Wehrpflicht und dem Kriege von<br />
1806 und 7. Die Kolonisten machten aber selten Gebrauch von diesem Vorrecht; die meisten Söhne meldeten sich<br />
freiwillit zum Militärdienst und viele von ihnen haben den Krieg von 1806 und 7 mitgemacht. Einige gerieten in<br />
französische Gefangenschaft. Die Chronik der Stadt Strehlen sagt hierüber folgendes: "Den 25. Juny 1807 Nachmittags<br />
wurden 380 gefangene Preußen, welche beim Ueberfalle des Glatzer Lagers am 24. gefangen worden, sie wurden von 1<br />
Offizier und 100 Mann Sachsen und Würtemberger eskortiert, über Nacht waren sie in der evangelischen Kirche<br />
eingesperrt, es desertierten aus selbigen 44 Preußen und 7 Sachsen. " Unter den 44 Preußen, welchen es gelang, aus der<br />
Gefangenscahft zu entkommen, befanden sich auch die sämtliche hiesigen böhmischen Einwohner, welche hier in<br />
Gefangenschaft geraten waren. Nach dem Kriege meldeten sich dieselben aber wieder bei der Preußischen Behörde und<br />
zogen 1813, 14 und 15 wiederum mit ins Feld. Bis 1809 waren hier Franzosen im Quartier. Es geschah aber der<br />
Einwohnerschaft von seiten der Franzosen kein Unrecht. (Nur "am 1. November 1808 wurde im Woiselwitzer<br />
1 falsche Anmerkung. Benannt nach Georg v. Podiebrad, einem König in Böhmen.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 49 von 59<br />
Kretscham in der Kirmiß ein böhmischer von einem französischen Hautboisten erstochen.") Nach dem unglücklichen<br />
Kriege mußten auch die hiesigen Kolonisten viel Steuern zahlen, und die Erzeugnisse des Feldes waren gering, so daß<br />
viele ganz verarmten und gezwungen waren, ihre Wirtschaft zu verkaufen. 1813 und 14 waren auf dem Druchmarsch<br />
die Russen hier in Quartier. Obgleich die Russen Verbündete Preußens waren und also freundlich gesinnt sein sollten,<br />
hausten sie bedeutend schlimmer als die Franzosen 1806 und 7 als Feinde, namentlich auf dem Rückmarsche nach<br />
Rußland, wo sie hier mehrere Wochen lagerten und allse mit Gewalt stahlen und auszehrten. Nach den<br />
Befreiungskriegen eine Zeit ruhiger Arbeit und Entwicklung.<br />
Im Jahre 1834 wurde der Grundstein zu dem gegenwärtigen Schulgebäude gelegt und 1835 desselbe feierlich<br />
eingeweiht. Die Eingewanderten hatten zu Anfang gar keine Schule; sie schickten ihre Kinder nach der Nachbarkolonie<br />
Hussinetz. Nach einiger Zeit bauten sie ein Schulhaus für sich und übergaben dem Lehrer auch ein Ackerstück zur<br />
Benutzung. Im Laufe der Zeit vergrößerte sich die Anzahl der Kinder; auch wurde die urprünglich deutsche Gemeinde<br />
Mehltheuer, welche ihre Kinder nach auswärts in deutsche Schulen schickte, dem Schulverbande <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
zugeteilt. Da der enge Raum der alten Schule die Kinderzahl nun nicht mehr zu fassen vermochte, verkauften die<br />
Geimeinden das alte Schulhaus (es ist die jetzige Hausnummer 34, <strong>Mittel</strong>-Podiebrad) nebst dem Schulacker und bauten<br />
auf der Dorf Aue von <strong>Mittel</strong>-Podiebrad das gegenwärtige Schulgebäude.<br />
1847 und 48 war große Teuerung. 2 Scheffel Roggen kosteten 12 Taler. Da in den hiesigen Kolonien große Armut<br />
herrschte, brach die Hungersnot in einer schrecklichen Weise über die Bewohnerschaft herein. Viele drohten<br />
umzukommen. Kartoffeln waren gar nicht zu haben, da sie sämtlich bereits auf dem Acker verfaulten. Das Brot war<br />
teuer, und so nährten sich viele nur kümmerlich von Kleie. Der Herr Landrat v. Lieres ließ, um die Not einigermaßen zu<br />
mildern, aus eigenen <strong>Mittel</strong>n Maismehl unter die Armen verteilen. Infolge der mangelhaften Ernährung brachen<br />
Krankheiten aus. Von den Bewohnern der hiesigen Kolonie sind aber nur drei Personen an der Cholera gestorben und<br />
zwar in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad (im Hause Nr. 33). 1848 war unter der hiesigen Einwohnerschaft keine Spur von irgendeiner<br />
Bewegung, denn die Kolonisten waren und sind auch bis heutigen Tages gute Patrioten. Nur die Landwehr wurde<br />
eingezogen. 1855 und 56 trat wieder große Teuerung ein, aber nicht in dem Grade wie 1847 und 48, so daß eine<br />
Hungersnot nicht entstanden ist.<br />
Durch die Teuerungen hat sich die Vermögenslage der Ackerbesitzer bedeutend verbessert, dai die das Getreide gut<br />
verkaufen konnten. Viele Besitzer, welche so verschuldet waren, daß sie kaum die Steuern aufbringen konnten, haben<br />
sich wieder emporgeschwungen. Auch erzielten die Kolonisten druch immer bessere Bearbeitung ihrer Felder (früher<br />
wurden ganze Ackerstücke gegraben) mehr Ertrag, so daß viele Bewohner hiesiger Kolonien sich nach und nach zum<br />
Wohlstand emporarbeiteten und auch im Stande waren, durch Ankauf anderer Ackerstücke ihr Besitztum zu<br />
vergrößern. So entstanden die größeren Stellen. Mit der Vergrößerung des Besitztums ging der Neubau von Wohn- und<br />
Wirtschaftsgebäuden natürlich Hand in Hand. Gegenwärtig dürfte wohl kein Haus zu finden sein, welches sich<br />
unverändert erhalten hat, wie es die Eingewanderten aufgebaut haben. Viele alten Häuser sind niedergerissen und an<br />
ihre Stelle meist ganz massive Gebäude gebaut worden.<br />
Schließlich sei hier noch eine kurze Übersicht der sprachlichen Entwicklung der hiesigen Bevölkerung gegeben.<br />
Mehltheuer war zur Zeit der Ansiedlung der Böhmen vollständig deutsch und schickte auch die Kinder in die deutsche<br />
Schule nach Friedersdorf. Die eingewanderten böhmen waren aber der deutschen Sprache gar nicht mächtig.<br />
Gottesdienst, Konfirmandenunterricht, Schuluntrricht sowie jeglicher Verkehr fand in böhmischer Sprache statt. Nach<br />
einer Reihe von Jahren drang jedoch eine hohe Behörde darauf, neben der böhmischen auch die deutsche Sprache zu<br />
pflegen. Es wurde zuweilen in deutscher Sprache gepredigt; der Unterricht in der Schule war mit Ausschluß des<br />
Religionsunterrichts deutsch. Später wurde auch der Religionsunterricht und darauf der Konfirmationsunterricht in<br />
deutscher Sprache erteilt, Nur noch 2 Stunden wöchentlich wurde aus der böhmischen Bibel oder dem Gesangbuch<br />
gelesen, so daß der gesamte Schulunterricht fortan in deutscher Sprache erteilt wird. Der Gottesdienst findet teilweise in<br />
deutscher Sprache statt; immer den 3. Sonntag wird deutsch gepredigt. Der Kirchengesang sowie der Gesang bei<br />
Begräbnissen ist aber nach wie vor böhmisch. Gegenwärtig dürfte fast niemand hier vorhanden sein, der sich nicht in<br />
deutscher Sprache verständig machen könnte. Der größte Teil der Bevölkerung zeigt aber eine große Abneigung der<br />
deutschen Sprache gegenüber und hindert dadurch ganz erheblich die Pflege derselben. Es wird nur dann deutsch<br />
gesprochen, wenn die Umstände dazu zwingen. Auch die Bewohner der Gemeinde Mehltheuer haben sich durch den<br />
Umgang mit den eingewanderten Böhmen nach und nach die böhmische Sprache angeeignet und halten gegenwärtig<br />
mit wenigen Ausnahmen ebenso wie jene an derselben fest.<br />
- - - - - - - - - - - -<br />
In der Nacht vom 28. zum 29. Juni 1885 wruden die hiesigen Gemeinden von einem schrecklichen Hagelwetter<br />
heimgesucht. Der größte Teil der Feldfrüchte wurde vernichtet.<br />
Am 1. Dezember 1885 fand die Volkszählung statt. Die Seelenzahl betrug: in Ober-Podiebrad 307, in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad<br />
430, in Nieder-Podiebrad 212 und in Mehltheuer 113. Die Seelenzahl der ganzen Gemeinde betrug also 1062.<br />
Die gegenwärtigen Gemeindevorsteher der vier Gemeinden Ober-, <strong>Mittel</strong>, Nieder-Podiebrad und Mehltheuer, welche
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 50 von 59<br />
zusammen eine Schulgemeinde bilden, sind: 1. Stellenbesitzer Friedrich Klowersa, Ober-Podiebrad; 2. Stellenbesitzer<br />
Johann Wittwar, <strong>Mittel</strong>-Podiebrad; 3. Stellenbesitzer Johann Lastufka, Nieder-Podiebrad; 4. Stellenbesitzer Gottlieb<br />
Werner, Mehltheuer.<br />
Da der bisherige Gemeindevorsteher Johann Wittwar in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad sein Amt niedergelegt hat, wurde höherer<br />
Anordnung zufolge im März 1890 die Neuwahl eines Gemeindevorstehers für <strong>Mittel</strong>-Podiebrad vorgenommen. Es<br />
erhielt die absolute Stimmenmehrheit der Stellenbesitzer Matthias Duschek.<br />
Die Ernte des Jahres 1891 ist in vieler Beziehung als eine schlechte zu bezeichnen. Den meisten Besitzern von<br />
Ackerstücken mangelt es an dem erforderlichen Brotgetreide; auch die Kartoffeln sind infolge der anhaltenden Nässe<br />
schlecht geraten, so daß die hiesige Weberbevölkerung einem traurigen Winter entgegensieht.<br />
Die Ernte des Jahres 1892 ist im Vergleich zu der vorjährigen Ernte als eine gute nennen. Äußerst günstig war in<br />
diesem Jahre das Erntewetter. Infolge der sehr lange anhaltenden Trockenheit mangelte es jedoch an dem erforderlichen<br />
Viehfutter; auch machte sich ein großer Mangel an Trinkwasser in der ganzen hiesigen Gegend besorgniserregend<br />
fühlbar.<br />
Das Frühjahr 1893 brachte der hiesigen Weberbevölkerung einen etwas besserern Verdienst. Infolge der großen<br />
Nachfrage nach Roßhaarstoffen erhielten nahezu sämtliche hiesigen Weber die lohnendere Roßhaararbeit.<br />
Die diesjährige Ernte ist der anhaltenden Trockenheit wegen als eine nur mittelmäßige zu bezeichnen.<br />
In diesem Jahre fand in Nieder-Podiebrad ein Wechsel in der Person des Gemeinde-Vorstehers statt. An Stelle des<br />
Stellenbesitzers Johann Lastufka ist der Stellenbesitzer Gottlieb Cyra zum Gemeindevordsteher gewählt worden.<br />
Ende Dezember 1893 starb der Gemeindevorsteher von <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, Stellenbesitzer Matthias Duschek. An seine<br />
Stelle wurde gewählt der Stellenbesitzer Gottlieb Knorrek.<br />
Der überaus milde Winter 1893/94 war eine Wohltat, besonders für die arme Bevölkerung (Weber). Im März 1894<br />
konnte die Frühjahrs-Feldbestellung nahezu vollendet werden.<br />
Infolge des im Mai und Juni 1894 fünf Wochen lang anfallenden Regens ließ die Heuernte viel zu wünschen übrig. Das<br />
Heu hat an Nährgehalt viel verloren und konnte nicht trocken genug eingebracht werden.<br />
Vom 2. Juli 1894 ab genießen nun auch die hier vorhandenen Hausweber und Hausspuler die Wohltaten des<br />
Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes, welches durch Beschluß des Bundesrats auf dieselben ausgedehnt<br />
worden ist.<br />
So ungünstig die Witterung in der Heuernte war, so günstig war sie in der Zeit der Getreideernte. Alles konnte trocken<br />
unter Dach gebracht werden. Allgemein aber klagt man über einen geringen Ertrag an Körnern.<br />
Der harte und lang andauernde Winter 1894/95 hätte die hiesige arme Bevölkerung in schwere Bedrängnis gebracht,<br />
wenn sie nicht für einen Teil des Jahres wiederum die lohnendere Roßhaararbeit gehabt hätten. Auch die Ackerbesitzer<br />
haben dadurch den durch die niedriegen Getreidepreise verursachten Ausfall etwas ausgleichen können.<br />
Am 11. Juni 1895, vormittags 9½ Uhr, wurden die hiesigen Bewohner durch ein Erdbeben erschreckt. Es war nur ein<br />
einziger Erdstoß mit vorangehendem und nachfolgendem donnerähnlichem Rollen. Das Erdbeben ging von Süd-Ost<br />
nach Nord-West und dauerte etwa 2 bis 3 Sekunden. Im Freien wurde der Erdstoß fast gar nicht wahrgenommen, umso<br />
mehr aber im Inneren der Gebäude. Nach Aussage jetziger Weber war der Stoß so stark, daß die Webstühle erheblich<br />
hin- und herschwankten. Von nachteiligen Folgen wsar der Erstoß nicht begleitet.<br />
Am 2. Dezember 1895: Volkszählung. Beide Lehrer hiesiger Schule beteiligten sich am Zählgeschäft. Die Seelenzahl<br />
betrug: in Ober-Podiebrad 131 m., 152 w. = 283. <strong>Mittel</strong>-Podiebrad 179 m., 226 w. = 405. Nieder-Podiebrad 104 m., 102<br />
w. = 206. Mehltheuer 48 m., 51 w. = 99. Die Seelenzahl der ganzen Schulgemeinde betrug also 993.<br />
Am 1. August 1896 wurden unsere Fluren von einem heftigen Hagelwetter heimgesucht, welches besonders das<br />
Sommergetreide nahezu vernichtete.<br />
Um das Band zwischen Schule und Haus fester zu knüpfen und das Interesse des Hauses an der Schule zu wecken und<br />
zu fördern, beschloß der Hauptlehrer Zwikirsch, sogenannte Familienunterhaltungsstunden einzurichten. Damit aber die<br />
erforderliche Abwechselung nicht fehle, war es nötig, vorerst einen Gesangverein zu gründen. Infolge eines Aufrufs im<br />
Februar 1896 meldeten sich sogleich über 50 Männer und Jünglinge. Von der Zeit an versammeln sie sich<br />
allsonntäglich in der Schule. Diese Zusammenkünfte haben also den Zweck, durch Pflege des Gesanges guter Lieder<br />
gesunde Geselligkeit zu pflegen, sowie auf weitere Kreise veredelnd und bildent einzuwirken. - Mit Weihnachten 1896<br />
versammeln sich auch die Jungfrauen hiesiger Schulgemeinde hin und wieder in der Schule zu gelcihem Zwecke. Die<br />
Zahl der regelmäßig erscheinenden beträgt gegenwärtig 47. - Im Jahre 1896 sind zwei Familienunterhaltungsstunden<br />
veranstaltet worden. Der Verlauf einer solchen Stunde ist kurz folgender: 1. Begrüßung der erschienen; 2. Gesänge; 3.<br />
Vorträge uund Vorlesungen; 4. Schlußwort. Die Gesänge und Vorträge bzw. Vorlesungen wechseln miteinander ab.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 51 von 59<br />
Der SToff wird aus den verschiedensten Gebieten des Wissens genommen, insbesondere aus der Geschichte der<br />
Heimat, der Provinz, des ganzen Landes und Volkes, aus dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts und aus dem<br />
Gebiet der Gesundheitspflege; auch die Dichtung wird berücksichtigt und gesunder Humor gepflegt. Politik ist<br />
entschieden ausgeschlossen. Ganz besonders ist darauf zu sehen, daß die Vorträge etc. recht volkstümlich und kurz<br />
sind. In den Zwei Unterrichtsstunden sind folgende Vorträge und Vorlesungen gehalten worden:<br />
I.<br />
1. Die Notwendigkeit geistiger Beschäftigung und Fortbildung (Vortrag des Hauptlehrers Zwikirsch)<br />
2. Der Verrat des Baron Warkotsch (aus Chronik der Stadt Strehlen; Vortrag des Lehrers Krause)<br />
3. Sohnrey: Wie die Dreieichenlaute in den den Dreieichenhof kommen (Vorlesung)<br />
II.<br />
1. Die Atmungsorgane; ihre Pflege und ihre Krankheiten (Vortrag des Lehrers Krause)<br />
2. Sunntigarbeit von Rössler (Vorlesung - Zwikirsch)<br />
Bis jetzt haben sich diese Vorlesungen bewährt.<br />
Der Winter 1897/98 war ein außerordentlich milder. Noch kurz vor Weihnachten weideten Kühe in den Gärten. Vom<br />
Schneefall war fast keine Rede. Der Schnee blieb längstens drei Tage liegen.<br />
Im Herbst 1897 und Frühjahr 1898 wurde ein Zier- und Gemüsegarten eingerichtet bwz. angelegt.<br />
Im Sommer 1898 haben heftige Gewitter die hiesige Gegend heimgesucht. Zweimal schlug der Blitz in Bebäude ein. In<br />
dem einen Falle ist eine Scheine (Gottlieb Smolla, Mehltheuer) vollständig niedergebrannt.<br />
Aus Anlaß der Jahrhundertwende wurden Mitternacht von den hiesigen Schulbläsern einige Choräle vor dem<br />
Schulhause geblasen.<br />
Sonntag, den 4. März 1900 fand im 1. Klassenzimmer hiesiger Schule eine Familien-unterhaltungsstunde statt.<br />
Hauptlehrer Zwikirsch hielt einen Vortrag über das Thema: Wie kann das Haus die Arbeit der Schule fördern? Dabei<br />
stellte er zunächst fest, wie leider gar oft im Hause die Achtung vor der Schule untergraben wird und führte dann wieter<br />
aus, in welcher Weise das Elternhaus die Achtung wor der Schule, wor dem Lehrer und vor den Ordnungen und<br />
Einrichtungen der Schule pflegen kann und soll. Lehrer Steinert las eine humoristische Erzählung aus "Lichter: Meine<br />
Muttersprache" vor.<br />
Für Abwechselung sorgte der hiesige Männergesangverein durch den Vortrag einer Anzahl Männerchöre. Unter der<br />
Mitwirkung hiesiger Jungfrauen wurden auch zwei gemischte Chöre zu Gehör gebracht.<br />
Am 17. April 1900 veranstaltete der Hauptlehrer Zwikirsch im Verein mit den Soldaten aus <strong>Mittel</strong>-Podiebrad und<br />
Mehltheuer die Feier der 25. Wiederkehr des Tages der Pflanzung der Friedenseiche. An der Schule sammelten sich<br />
Festeilnehmer, bestehend aus dem Gesangverein, den Veteranen und Soldaten der beiden Gemeinden und dem<br />
Hussinetzer Kriegerverein. Unter den Klängen eines Marsches wurde auch den Festplatze bei der Friedenseiche<br />
marschiert. Die Feier wurde eröffnet mit dem Gesange des Chorals "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren.<br />
Darauf sang der Gesangverein den 23. Psalm. Sodann brachte Lehrer Steinert das Kaiserhoch aus, in welches alle<br />
Anwesenden begeistert einstimmten. Nach dem Vortrage mehrerer patriotischer Männerchöre hielt Hauptlehrer<br />
Zwikirsch eine längere Ansprache über die Bedeutung ders Tages, welche mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland<br />
schloß. Als sichtbares Erinnerungszeichen wurde eine von den Soldaten gestiftete Chromtafel an der Friedenseiche<br />
befestigt. Mit dem Gesang des Verses "Nun danket alle Gott" wurde die Feier geschlossen.<br />
Am 10. Januar 1901, früh halb 4 Uhr wurde auch hier das Erdbeben, welches sich auf einen großen Teil Schlesiens<br />
erstreckte, verspürt. Genauere Wahrnehmungen sind hier nicht gemacht worden.<br />
Ergebnis der Volkszählung von 1. Dezember 1900:<br />
Ober-Podiebrad: 298 Seelen; 147 männlich, 151 weiblich; reformiert 277, evangelisch 144; lutherisch 7, katholisch -.<br />
<strong>Mittel</strong>-Podiebrad: 378 Seelen; 176 männlich, 202 weiblich; reformiert 321, evangelisch 36, lutherisch 19, katholisch 2.<br />
Nieder-Podiebrad: 187 Seelen; 93 männlich, 94 weiblich; reformiert 180, evangelisch 2, lutherisch 5, katholisch -.<br />
Mehltheuer (Gemeinde): 97 Seelen; 44 männlich, 53 weiblich; reformiert 73, evangelisch 18, lutherisch 4, katholisch 2.<br />
Mehltheuer (Forstgutsbezirk): 11 Seelen; 7 männlich, 4 weiblich; reformiert -, evangelisch 8, lutherisch -, katholisch 3.<br />
Die Seelenzahl der ganzen Schulgemeinde betrug also 971.<br />
An Stelle des Gemeindevorstehers Klowersa ist der Stellenbesitzer Johann Dittrich zum Gemeindevosteher für Ober-<br />
Podiebrad gewählt worden (Februar 1901).<br />
Am 6. September 1902, früh 6 Uhr, brach in <strong>Mittel</strong>-Podiebrad ein Feuer aus. Zwei Stellen, und zwar die des<br />
Stellenbsitzers Johann Barta und des Stellenbesitzers Karl Wingral brannten nieder.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 52 von 59<br />
Am 22. September 1902 brach wiederum Feuer aus, und zwar beim Gemeindevorsteher und Stellenbesitzer Gottlieb<br />
Werner in Mehltheuer. Das Wirtschaftsgebäude und ein Teil des Wohngebäudes wurden ein Raub der Flammen.<br />
Der März des Jahres 1903 war außerordentlich mild. Bereits Ende des Monats und Anfang April blühten Kirsch- und<br />
Pflaumbäume. Am 18. und 19. April tobte ein furchtbarer Schneesturm, so daß der Schnell stellenweise über zwei<br />
Meter hoch lag. Am 20. April konnten die Kinder aus Ober- und Nieder-Podiebrad darum nicht zur Schule kommen.<br />
Sonntag, den 3. Mai 1903 veranstaltete der Hauptlehrer Zwikirsch im Schulhause eine Familienunterhaltungsstunde.<br />
Nach Begrüßung der zahlreich erschienenen Glieder der Schulgemeinde hielt er einen Vortrag über "Heilkräftige<br />
Pflanzen". Die Zuhörer brachten dem Gegenstand des Vortrages großes Interesse entgegen und wünschten, daß der<br />
Vortrag ein anderes Mal fortgesetzt würde. Darauf wurde eine Erzählung in schlesischer Mundart vorgelesen.<br />
Schließlich erläuterte und führte der Lehrerstellvertreter Kiehlmann den Phonograph vor.<br />
Am 13. Januar 1904, nachts halb 1 Uhr, brach auf bis jetzt unaufgeklärte Weise in Nieder-Podiebrad ein furchtbares<br />
Feuer aus. Infolge des ungehueren Sturmes, welcher die Nacht wütete, standen, ehe die Bewohner aus dem Schlafe<br />
erwachten, die Gbäude von sechs Gehöften in hellen Flammen, so daß die betroffenen Familien mit Not das nachkte<br />
Leben retteten. Sieben Familien (6 Stellenbesitzer, und zwar Gemeindevorsteher Johann Fleger, Karl Pospischil sen.,<br />
Johann Hradetzky I, Friedrich Hupka, Karl Lellek, Johann Hradetzky II, und der Inwohner Karl Wittwar) sind<br />
obdachlos geworden. 10 Gebäude, 9 Stück Rindvieh, 1 Ziege, 5 Schweine, 85 Hühner, 18 Paar Tauben, 22 Bäume<br />
(Obstbäume), Mobiliar, Kleidungsstücke, Wirtschafts- und Ackergeräte, Ackermaschinen, fast die vollständige Ernte,<br />
alle sit dem furchtbar wütendem Feuer zum Opfer gefallen. Nach amtlicher Feststellung betrug allein der Mobiliar- und<br />
Inventarschaden 16.657 Mark. Angesichts eines so schweren Unglücksfalles regten sich allenthalben mitfühlende<br />
Herzen, welche ihre Nächstenliebe bewiesen. Behufs Regelung der Sammlung von Liebesgaben und deren gerechten<br />
Verteilung an die Abgebrannten bildete sich alsbald unter dem Vorsitz des Herrn pastors chlumsky ein Komitee und<br />
veröffentliche folgenden vom Herrn Pastor verfaßten Aufruf im hiesigen Kreisblatt und in der Zeitung [im Original ist<br />
dieser Zeitungsausschnitt eingeklebt]:<br />
Bitte für die Abgebrannten<br />
Durch eine verheerende Feuersbrunst sind in der Nacht vom 12. zum 13. d. Mts. in der Ortschaft Nieder-Podiebrad 6<br />
Besitzungen ein Raub der Flammen geworden. Vor dem bei dem herrschenden Sturmwinde mit rasender Schnelligkeit<br />
um sich greifenden Feuer hat nur äußerst wenig Hab' und Gut, zumeist nur das nackte Leben, gerettet werden können,<br />
und es sind viele kostbare Stücke Vieh, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, alles Mobiliar, Getreide und<br />
Futtervorräte dem feindlichen Elemente zum Opfer gefallen. Die nur mit ihren Gebäuden versicherten Besitzer haben<br />
nicht nur mitten im Winter ihr Obdach verloren, sondern auch an ihrem sauer erworbenen Eigentum großen Schaden<br />
und Verlust erlitten.<br />
Wohl hat die barmherzige Nächstenliebe alsbald helfend eingegriffen und der ersten dringendsten Not durch<br />
Gewährung von Obdach, Kleidung und anderen Gaben Abhilfe geleistet. Aber es tut durchgreifende Hilfe not, um den<br />
so schwer Betroffenen den erlittenen Schaden einigermaßen zu ersetzen und ihnen in ihrer Bedrängnis aufzuhelfen.<br />
Die Unterzeichnenten sind zusammengetreten, um die mildtätige Hilfe für die Abgebrannten anzurufen und erklären<br />
sich bereit, Gaben für diese in Empfang zu nehmen, solche nach gemeinschaftlicher Beschlußfassung zu verwenden<br />
und über dieselben, soweit möglich und erforderlich, öffentlich Quittung zu leisten.<br />
Chlumsky, Pastor, Hussinetz. Zwikirsch, Hauptlehrer, <strong>Mittel</strong>-Podiebrad.<br />
Dittrich, Ortsvorsteher, Ober-Podiebrad. Werner, Ortsvorsteher, Mehltheuer.<br />
Knorrek, Ortsvorsteher, <strong>Mittel</strong>-Podiebrad.<br />
Peter, Kirchenältester, Turinsky, Schöffe, Berndt, Schulvorsteher, Nieder-Podiebrad.<br />
Diese Hilfe hatte einen schönen Erfolg. Außer vielen Naturalgaben (Kleider, Stroh, Getreide, Kartoffeln etc.) kamen<br />
rund 2500 Mark zusammen. Diese Summe ist wie folgt verteilt worden: Fleger 400 M, Hradetzky I 400 M, Hupka<br />
450M, Pospischil 450 M, Lellek 400 M, Hradetzky 250 M, Wittwar 150 M. Auch die beiden Gesangvereine Hussinetz<br />
(Babatz) und Podiebrad (Zwikirsch) haben sich an dem Liebeswerke beteiligt. Ersterer hat einen Teil (30 Mark) und<br />
letzterer den ganzen Reingewinn eines Konzerts (80 Mark) den Abgebrannten zugewiesen.<br />
Sonntag, den 7. Mai 1905, nachmittags 3 Uhr veranstaltete der Hauptleher Zwikirsch aus Anlaß der 100. Wiederkehr<br />
des Todestages Schillers (9. Mai) eine Schillerfeier für die Bewohner des Schulgemeinde. Zur Freude des Veranstalters<br />
war das erste Klassenzimmer hiesiger Schule dicht besetzt. Den Darbietungen wurde die gesamte Aufmerksamkeit<br />
entgegengebracht. Der Männergesangverein sowie die Jungfrauen der Schulgemeinde trugen durch Gesang zur<br />
Verschönerung der Feier bei. Als Beweis des vorhandenen Interesses sei noch angeführt, daß im Anschluß an die Feier<br />
75 Exemplare von "Eckart: Unser Schiller" verkauft worden sind.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 53 von 59<br />
Fest-Programm<br />
1. Herr, den ich tief im Herzen trage. Männerchor<br />
2. Festrede (Lehrer Zwikirsch)<br />
3. Dich, Schöpfer der Schönen (Melodie: Wir treten zum Beten). Gemischter Chor<br />
4. Der Taucher (Vorgetragen von Lehrer Wolf)<br />
5. Reiterlied von Schiller. Männerchor<br />
6. Die Bürgschaft (Deklamation der Kinder)<br />
7. Einige Rätsel (Deklamation der Kinder)<br />
8. Wenn ich den Wandrer frage. Gemischter Chor<br />
9. Der Spaziergang (Ein Teil vorgetragen von Zwikirsch)<br />
10. Die Werte des Glaubens von Schiller (Deklamation der Kinder)<br />
11. Ich kenn ein'n hellen Edelstein. Gemischter Chor<br />
12. Ihr Matten lebt wohl (Deklamation der Kinder)<br />
13. Aus "Wilhelm Tell", dritter Aufzug, unter Weglassung der zweiten Szene. (Mit verteilten<br />
Rollen gelesen)<br />
14. Das Lied von der Glocke<br />
15. Lerchengesang. Gemischter Chor<br />
Mittwoch, den 30. November 1905 veranstaltete Lehrer Zwikirsch einen Familienabend. Folgendes Programm lag<br />
demselben zugrunde:<br />
1. Männerchor: Brüder reicht die Hand zum Bunde<br />
2. Vorlesen einer Andacht aus "Deutscher Dorfbote"<br />
3. Vortrag (Zwikirsch): Afrikas Bewohner, insonderheit ihre Religion<br />
4. Gemischter Chor: Wenn ich den Wandrer frage<br />
5. Humoristischer Vortrag: Woas a Gäkla warn viel (aus Lichter, "Meine Muttersprache")<br />
Ergebnis der Volkszählung vom 1. Dezember 1905:<br />
Ober-Podiebrad: 292 Seelen; 140 männlich, 152 weiblich; reformiert 274, evangelisch 13, lutherisch 5, katholisch -<br />
<strong>Mittel</strong>-Podiebrad: 394 Seelen; 195 männlich, 199 weiblich; reformiert 349, evangelisch 31, lutherisch 12, katholisch 2<br />
Nieder-Podiebrad: 170 Seelen; 79 männlich, 91 weiblich; reformiert 164, evangelisch 2, lutherisch 4, katholisch -<br />
Mehltheuer, Gemeinde: 97 Seelen; 43 männlich, 54 weiblich; reformiert 82, evangelisch 10, lutherisch 4, katholisch 1<br />
Mehltheuer, Fortstgut: 10 Seelen; 6 männlich, 4 weiblich; reformiert -, evangelisch 7, lutherisch -, katholisch 3<br />
Die Seelenzahl der ganzen Schulgemeinde betrug also 963.<br />
Sonntag, den 28. März 1909 veranstalete der erste Lehrer Zwikirsch eine Familien-unterhaltungsstunde mit folgendem<br />
Programm:<br />
1. Männerchor: Kaiser und Reich (Das erste Lied)<br />
2. Betrachtung über Getsemane (Zwikirsch)<br />
3. Männerchor: Gott schirme dich, mein Vaterland<br />
4. Speisen, Wohnungen und Mahlzeiten in Palestina (2. Lehrer Titze)<br />
5. Gemischter Chor: Schwinge dich auch, mein Lied<br />
6. Amas Comenius; ganz besonders sein Prinzip der Anschauung (Zwikirsch)<br />
Eine große Zahl von Anschauungsbildern war ausgestellt. Freiwillige Gaben (14,35 M) werden zur Anschaffung von<br />
Lehrmitteln verwendet.<br />
Im Juli 1909 legte der erste Lehrer auf seine Kosten eine neue Treppe in den Garten an.<br />
Sonntag, den 17. Juli 1910 veranstaltete der Hauptlehrer Zwikirsch unter Mitwirkung des zweiten Lehrers Böttger,<br />
sowie des Schulbläserchores, des Männergesangvereins und des gemischten Chores im Saale des Gasthausbesitzers<br />
Fleger hier eine Jahrhundertfeier des Todestages der Königin Luise.<br />
Ergebnis der Volszählung vom 1. Dezember 1910:<br />
Ober-Podiebrad: 127 männliche + 147 weibliche = 274 Seelen; 270 evangelisch, 1 katholisch, 3 andere<br />
<strong>Mittel</strong>-Podiebrad: 205 männliche + 221 weibliche = 426 Seelen; 424 evangelisch, 2 katholisch<br />
Nieder-Podiebrad: 83 männliche + 100 weibliche = 183 Seelen; 173 evangelisch, 10 andere
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 54 von 59<br />
Mehltheuer, Gemeinde: 58 männliche + 54 weibliche = 112 Seelen; 111 evangelisch, 1 katholisch<br />
Mehltheuer, Forst: 3 männliche + 3 weibliche = 6 Seelen; 3 evangelisch, 3 katholisch<br />
Summa: 476 männliche + 525 weibliche = 1001 Seelen; 981 evangelisch, 7 katholisch, 13 andere<br />
Die Zahl der Einwohner des ganzen Kreises beträgt (Kreisblatt Stück 80 für 1911): 28.472 Evangelische, 7133<br />
Katholiken, 276 Andere, 89 Juden, 8 Sonstige; Summa: 35.978 Seelen. Die Kreisstadt hat 9465 Einwohner.<br />
In den Jahren 1907-09 wurde die Kunststraße von der Neißer Chaussee durch Niederpodiebrad, <strong>Mittel</strong>podiebrad und<br />
Mehltheuer nach der Pogarthstraße gebaut. Die Aufbringung der Kosten wurde wie folgt geregelt:<br />
das Stück auf dem Gelände von <strong>Mittel</strong>podiebrad und Mehltheuer: die beiden Gemeinden 33.097,64 M (<strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
¾, Mehltheuer ¼); Kreis, Provinz und Forstfiskus 23.838,24 M, Summe 56.935,88 M.<br />
das Stück auf dem Grund und Boden von Niederpodiebrad: die Gemeinde 15.900,58 M; Kreis, Provinz, und Forstfiskus<br />
16.304,04 M, Summe 32.204,62 M.<br />
zusammen 89.140,50 M.<br />
Das Ergebnis der Volkszählung vom 5. Dezember 1917<br />
<strong>Mittel</strong>podiebrad: 104 Haushalte mit 151 männlichen und 218 weiblichen Personen = 369<br />
Niederpodiebrad: 46 " " 61 " " 103 " " = 164<br />
Oberpodiebrad: 58 " " 86 " " 142 " " = 228<br />
Mehleheuer, Gem.: 21 " " 47 " " 53 " " = 100<br />
Mehltheuer, Forst: 1 " " 2 " " 4 " " = 6<br />
zusammen 230 " " 347 " " 520 " " = 867<br />
Bereits vor dem großen Kriege arbeitete Hauptlehrer Zwikirsch an dem Plan, das Dorf mit elektrischer Energie zu<br />
versorgen, mit großem Eifer. Doch an der Zaghaftigkeit und Voreingenommenheit der Bewohner, sowie an der<br />
hetzerischen Gegenarbeit Einzelner scheiterte immer wieder der Plan. Nach dem Kriege wurde der Gedanke wieder neu<br />
aufgenommen, und unter energischer Mitarbeit des Herrn Gemeindevorstehers Knorreck und des Gasthausbesitzers<br />
Rudolf Fleger hier gelang es, das Werk zu vollenden. Der 19. August 1920 ist ein denkwürdiger Tag in der Geschichte<br />
unseres Dorfes; denn an diesem Tage erstrahlte das Dorf zum ersten Male in elektrischem Lichte. Nach schwierigen<br />
Verhandlungen beschloß der Schulvorstand, die Kosten der elektrischen Anlage im ganzen Schulgabäude zu<br />
übernehmen.<br />
Im März 1921 regte Frau Hauptlehrer Zwikirsch eine Sammlung von Liebesgaben für die zur Abstimmung (20. März)<br />
nach Oberschlesien reisenden Oberschlesier an. Das Ergebnis war folgendes: <strong>Mittel</strong>podiebrad und Mehltheuer: 409<br />
Mark und 20 Pfund Äpfel. Niederpodiebrad: 31½ Pfund Mehl, 87 Eier und 37,50 Mark. Oberpodiebrad: 10 Pfund<br />
Mehl, 22 Eier, 4 Brote, 1¼ Pfund Butter und 61,00 M.<br />
Nach der Revolution ging es in unserem Vaterlande wirtschaftlich mit Riesenschritten rückwärts dem Ruin entgegen.<br />
Ostjugen, insonderheit Galizier, wanderten in großer Zahl ein, um an dem allgemeinen Ausverkauf Deutschlands<br />
teilzunehmen. Güter jeder Art wurden in großen Massen mit Riesengewinnen ins Ausland verschoben. Je geringer der<br />
Wert unseres Geldes im Verhältnis zu dem des Feindbundes wurde, desto mehr saugten die Ausländer unser Land aus,<br />
indem sie mit ganz geringem Kapital industrielle Unternehmungen, Gruben, Grundstücke usw. an sich rissen. Unsere<br />
Bäder und Sommerfrischen waren von Ausländern überflutet. Das Schiebertum un ddas Wuchertum machte sich in<br />
noch nie dagewesener Weise breit. Am schlimmsten wurde dieser Wahnsinn getrieben vom Juli bis Dezember 1923. Da<br />
machte siie Wertlosigkeit unseres Geldes, gemessen am amerikanischen Dollar, derartige Sprünge, daß im Juli<br />
durchschnittlich eine Goldmark 83.052 Papiermark wert war. Sobald man Gehalt bekam, mußte man sofort in die Stadt<br />
laufen und Waren einkaufen, denn am nächsten Tage, ja manchmal schon am Nachmittage desselben Tages bekam man<br />
nur noch die Hälfte und weniger für das gleiche Geld. Gehälter und Löhne stiegen ins Riesenhafte. So betrug das Gehalt<br />
des Hauptlehrers im Dezember 1923 ... 1 Ein Maurer verdiente einen Stundenlohn im Dezember 1923 von ... Trotzdem<br />
konnte man sich kaum für den Sonntag ein Stückchen Fleisch kaufen. Die sprunghaufte Geldentwertung benutzen die<br />
Schuldner, insonderheit die Hypothekenschuldner, um ihre Goldmarkschuld mit einem geringen Bruchteil des Wertes<br />
(1/1000 und noch weniger, gemessen am Sachwerte) loszuwerden. So sind auf der einen Seite die Schuldner auf eine<br />
sträfliche Weise schuldenfrei und ehrliche Leute, die durch Arbeit und Sparsinn etwas vor sich gebracht haben, zu<br />
Bettlern geworden. Man wollte nach der Revolution den Kapitalismus vernichten, hat ihn aber auf der anderen Seite bis<br />
zur Riesenhöhe hervorgerufen. Zudem mußte sich der neue Kapitalismus durch verworrene Steuergesetze und<br />
Kapitalflucht nach dem Auslande vor Besteuerung zu schützen, während dem Arbeiter und Beamten sofort 1/10 seines<br />
1 dieser und der folgende Betrag wurden vom Lehrer Zwikirsch zunächst offengelassen, später aber nicht mehr ergänzt.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 55 von 59<br />
Lohnen bzw. Gahlates als Steuer abgezogen wurden. Die Darlehnskassen verloren ihre Reserven und mußten am 1.<br />
Januar 1924 ihre Arbeit von neuen beginnen.<br />
Nachstehende Übersicht zeigt die furchtbare Entwertung unseres Geldes in den Jahren 1922 und 1923.<br />
Januar 1923 = 45,90 Papiermark<br />
Februar " = 49,50 "<br />
März " = 67,70 "<br />
April " = 69,30 "<br />
Mai " = 69,90 "<br />
Juni " = 75,60 "<br />
Juli " = 121,20 "<br />
August " = 270,10 "<br />
September " = 349,00 "<br />
Oktober " = 757,40 "<br />
November " = 1710,30 "<br />
Dezember " = 1806,90 "<br />
Januar 1924 = 4279,00 "<br />
Februar " = 6650,00 "<br />
März " = 5048,00 "<br />
Apri " = 5826,00 "<br />
Mai " = 11.350,00 "<br />
Juni " = 26.189,00 "<br />
Juli " = 83.052,00 "<br />
August " = 1.100.119.000,00 "<br />
September " = 23.538.000.000,00 "<br />
Oktober " = 60.143.000.000,00 "<br />
November " = 522.500.000.000,00 "<br />
Dezember " = 1.000.000.000.000,00 "<br />
Als Goldmark galt die amerikanische Währung. Jeden Tag ängstigte den ehrlichen Deutschen die Frage: "Wie hoch<br />
steht der Dollar?"<br />
[Nachfolgende Aufzeichnungen stammen vom Lehrer Gerhard Matzel:]<br />
Endlich machte die Rentenmark Januar 1924 dem Börsenspekulantenwahnsinn ein Ende. Wir rechnen weiter wie vor<br />
dem Weltkriege mit M und Pf. Die Lebensmittelpreise wurden wieder wie vor dem Kriege; die anderen Preise dagegen<br />
betrugen noch das doppelte der Vorkriegszeit. Löhne und Gehälter wurden auf die reichliche Hälfte der Friedensbeträge<br />
herabgesetzt.<br />
Die Gemeinde Niederpodiebrad enthüllt am 24. August 1924 einen Denkstein für die im Weltkrieg gefallenen Söhne<br />
der Dörfer.<br />
1925. Bei schönstem Wetter wird am 17. Mai unter großer Beteiligung die Denkmalsweihe für die Gefallenen aus den<br />
Gemeinden <strong>Mittel</strong>podiebrad und Mehltheuer vorgenommen. Die Gemeinde Oberpodiebrad weiht ihren Denkstein am<br />
30. August 1925 bei schlechtem Wetter. Die Gesänge zu den Enthüllungsfeiern leitet sämtlich Hauptlehrer i. R.<br />
Zwikirsch.<br />
Die Volkszählung vom 16. Oktober ergibt für <strong>Mittel</strong>podiebrad 413 Einwohner, Nieder-podiebrad 181 Einwohner,<br />
Oberpodiebrad 237, Mehltheuer-Gemeinde 84, Mehltheuer Forst 8, das sind zusammen 922 Einwohner.<br />
1926. In diesem Sommer vernichtet ein Hagelunwetter fast die ganze Ernte auf den Feldern und in den Obstgärten.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 56 von 59<br />
Besonders in den hochgelegenen Feldern schwemmte der strömende Regen den Mutterboden hinweg. Die Ernte war<br />
infolgedessen denkbar schlecht.<br />
1927. Am 25. Mai 1927 brannte die Schobenwirtschaft des Stellenbesitzers Pech in Nieder-podiebrad nieder bis auf die<br />
Grundmauern. Der Besitzer und seine Frau weilten gerade in der Stadt. Die Besitzung ist inzwischen aufgebaut worden.<br />
Immer mehr schwinden die mit Stroh gedeckten Häuser.<br />
Die Ernte war dieses Jahr sehr gut. Besonders die Kartoffeln brachten guten Ertrag.<br />
Der aus Mückendorf zugezogene Stellmacher Heidenreich betreibt eine Seidenraupenzucht.<br />
Die hier zahlreich vertretenen Anhänger des "Bundes für entschiedenes Christentum" haben sich mit den Hussinetzern<br />
zusammen ein Bethaus erbaut in der Nähe der Windmühle. Fast jeden Abend werden dort Veranstaltungen abgehalten.<br />
Die Beteiligung ist eine äußerst rege. Selbst bei schlechtem Wetter ist der Saal dicht gefüllt.<br />
1928. Am 3. März beschlossen die Gemeindevertretungen Mehltheuer und <strong>Mittel</strong>podiebrad den Zusammenschluß zu<br />
einer politischen Gemeinde. Der Name der neuen Gemeinde steht noch nicht fest. Man macht Stimmung für einen<br />
Doppelnamen: Podiebrad-Mehltheuer. Die Bautätigkeit nimmt zu. Der Zimmermann Hanuscherrichtet auf dem<br />
Mehltheuerberge gleich hinter dem Neugebauerschem Gasthaus ein Wohnhaus mit <strong>Mittel</strong>n aus der Hauszinssteuer. Im<br />
Garten der Kriegerwitwe Raasch baut ein Maurer Winkler aus Hussinetz ein Wohnhaus. Ebenso errichtet der Schlosser<br />
Matitschka in der Nähe des Bethauses ein Wohnhaus. Der Maurer Pultar baut das Haus seines Schwiegervaters auf.<br />
[nachfolgende Ausführungen vom Lehrer Josef Zwikirsch, nun im Ruhestand]<br />
Flurnamensammlung<br />
Gemarkung Oberpodiebrad, <strong>Mittel</strong>podiebrad, Niederpodiebrad, Mehltheuer und Forst Mehltheuer, Kreis Strehlen<br />
Meßtischblatt 3814<br />
bearbeitet von Josef Zwikirsch, Hauptlehrer i. R. in Hussinetz bei Strehlen<br />
festgestellt: 53 Namen, kartiert: 53 Namen<br />
1. Vorbemerkungen<br />
Zum Verständis einer Anzahl von Flurnamen ist es notwendig, kurz auf die Entstehung der obigen Gemeinden<br />
einzugehen. Mehltheuer ist wahrscheinlich zur Zeit der Einwanderung der Deutschen zu Anfang des 13. Jahrhunderts<br />
von diesen gegründet worden (aus: Chronik der Stadt Strehlen). Zur Zeit der Einwanderung der Böhmen bestand<br />
Mehltheuer aus dem Königlichen Vorwerk mit dem dazugehörigen Walde, 10 Gärtnerstellen und vier Bauerngütern.<br />
Die Gemeinden Ober-, <strong>Mittel</strong>- und Niederpodiebrad sind durch Ansiedlung von Nachkommen der böhmischmährischen<br />
Brüder im Jahre 1764 von Friedrich dem Großen gegründet worden. Das Königliche Vorwerk Mehltheuer<br />
wurde an die 70 eingewanderten Familien verteilt. Das sind die vorgenannten 3 Gemeinden (Interessengemeinden, auch<br />
Pachtteilbesitzer). Der Wald blieb fiskaliches Eigentum. Zu dem Vorwerke, also auch zu Mehltheuer, gehörten auch die<br />
Stockteiche bei Riegersdorf. Diese wurden in der ersten Zeit von den 70 Pachtteilbesitzern gemeinsam bewirtschaftet<br />
und erst später verteilt. Anfangs wurde dort auch gefischt. Mehrere Flächen, die sich nicht gut teilen ließen und auch<br />
eine Menge Unland ist bis heutigen Tags ungeteilt geblieben und wird von den Pachtteilbesitzern verpachtet.<br />
Die Zeit der Entstehung der Flurnamen läßt sich nicht genau feststellen. Die meisten Namen sind nach der<br />
Einwanderung der Böhmen entstanden; deshalb haben sich viele nur in der tschechischen Sprache erhalten. Alle Namen<br />
sind in den betreffenden Gemarkungen noch bekannt und gebräuchlich.<br />
2. Festgestellte Flurnamen aus Forst Mehltheuer<br />
[siehe dazu die Fotokopie der von Lehrer Zwikirsch gezeichneten Karte]<br />
1. Pogarth-Straße. Es ist die Hauptstraße, welche von Strehlen von Norden nach Süden bis Pogarth führt.<br />
2. Steinkircher-Weg. von Töppendorf nach Steinkirche.<br />
3. Die Sammelbirke. Drei Wege gehen von hier ab. Nach dem Zischkagrunde, nach Pogarth und nach dem<br />
Rummelsberge. "Es war im Hussitenkriege. Goschwitz war vernichtet. Auf schmalem Pfad drängte eine ängstliche<br />
Menge dem Rummelsberge zu. Die unglücklichen Dorfbewohner sind es. Da, wo heut die Sammelbirke steht,<br />
erwarten sie einander. Schon damals soll an jener Stelle eine Birke gestanden haben. Der Volksmund hat sie deshalb<br />
als Sammelbirke bezeichnet" (Notitz bei Vug, Heidenschanzen, aus Schubert: Im Strehlener Land in alten Zeiten).<br />
Noch heute sammeln sich manchmal Rummelsberg-Ausflügler an der Sammelbirke.<br />
4. Der Kressenbach fließt druch die Jagen 2 und 3, weshalb die Niederung auch Kresse genannt wird.<br />
5. Fichtengrund, an der Grenze der Grenze zwischen Jagen 5 und 6.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 57 von 59<br />
6. Ruderweg, führt durch die Jagen 4 bis 9 und 16 nach Geppersdorf.<br />
7. Zischka-Grund, an der Grenze zwischen Jagen 7 und 8.<br />
8. Zischka-Linde, an der Grenze zwischen Jagen 23|34, 19|20, 14|15, 7|8, 2|3.<br />
Nr. 7 und 8 sind nach dem verstorbenen Hegemeister Zischka, der bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1899 im Forst<br />
Mehltheuer angestellt war, benannt worden.<br />
9. Goschwitz. In den Jagen 12 hat einst ein Dorf gestanden. Zwei Brunnen sind noch zu erkennen. Die Leute nennen es<br />
Goschwitz. Im Hussittenkriege kamen die wilden herden auch dorthin. Die Bewohner ergriffen die Flucht, und die<br />
Feinde zerstörten das Dorf (aus Schubert: Im Strehlener Land in alten Zeiten).<br />
10. Der Pumperweg führt von der Pogarth-Straße durch Jagen 13, 18, 17 und 21 nach Töppendorf.<br />
11. Der Heuweg führt durch Jagen 7, 8, und 9 nach der Förster-Dienstwiese.<br />
12. Der Ralteborn ist eine Quelle im Jagen 14. Von da fließt ein Gräblein bis nach dem Geppersdorfer Teiche.<br />
13. Der Schellgraben führt durch Jagen 8, 15 und 16 ebenfalls nach diesem Teiche.<br />
14. Der Hase-Weg fürht druch Jagen 12, 17, und 21.<br />
15. Die Hase-Linie an der Grenze zwischen Jagen 11 und 12|17, 13|18, 14|19, 15|20.<br />
16. Die Kreuzeiche steht in Jagen 18|19 an der Pogarth-Straße. Zwei Äste sind kreuzweise miteinander verwachsen.<br />
Naturdenkmal.<br />
17. Der schwarze Graben führt im Grunde von Jagen 27 nach der sogenannten Grafschaft. (Die Grafschaft ist eine<br />
Häuserreihe, die zu Töppendorf gehört.)<br />
18. Alter Schießstand in Jagen 29 in der Höhe der Tanne. Der Kugelfang ist noch vorhanden. Er wurde von der<br />
seinerzeit in Strehlen untergebrachten Braunen Husaren benutzt.<br />
19. Der Moltkeberg ist die Erhebung mit dem trigonometrischen Punkt in Jagen 22.<br />
20. Alte Reste von Dämmen sind noch vorhanden in Jagen 4 und 11. Sie sollen von früheren Teichen herrühren aus der<br />
Klosterzeit.<br />
21. Die Tanne. Ein freier Spielplatz, auf dem eine große Tanne gestanden hat.<br />
22. Der Stadtberg. Ackerland, welches der Stadt Strehlen gehört und in kleinen Parzellen verpachtet wird. Es ist der<br />
Rest der Güter, welche von der Stadt Strehlen zur Zeit Friedrichs des Großen an die aus Böhmen eingewanderten<br />
verkauft worden sind. Vorher war der Stadtberg Wald (Nr. 21 und 22 gehören nach Strehlen).<br />
Gemarkung Gemeinde Mehltheuer<br />
23. Mehltheuerberg<br />
24. Der Trieb. Ein Weg, auf dem früher das Vie ausgetrieben wurde.<br />
25. Der Teufelberg. Wenig fruchtbare Ackerstücke. Jeder Hausbesitzer hat dort ein kleines Ackerstück.<br />
Gemarkung Oberpodiebrad<br />
26. Berg. Die Höher gelegenen Häuser am Nordostende des Dorfes.<br />
27. Quarzbruch. In den Jahren 1870 bis 1880 wurde dort Quarz gebrochen und nach Brieg geliefert zur Herstellung von<br />
Porzellan. Ein Stück im ganzen im Gewicht von etwa 400 Zentnern, unbehauen, ist im Jahre 1906 an den Fürsten<br />
von Pleß (Geschenk von seinen Beamten) für 150 M geliefert worden.<br />
28. Die weißen Steine. Früher lagen dort weiße Quartzsteine. Es soll dort nicht ganz geheuer gewesen sein.<br />
29. Die Sechshäuser. Eine Häuserreihe an der Pogarther Straße.<br />
30. Zweihäuser, nicht weit von den Sechshäusern.<br />
Gemarkung <strong>Mittel</strong>podiebrad<br />
31. Häuser im Hofe. Es sind die Hauser Haus-Nr. 1 bis 9, 45 und 46. Dort war vor der Einwanderung der Dominialhof.<br />
32. Hodini (deutsch Uhr). Es ist ein Ackerstück, welches die Gestalt einer Sanduhr hat.<br />
33. Lattegrube. Von dort wurde früher Lette entnommen. Das Dominum Woiselwitz hatte frühewr die Berechtigung,<br />
von dort Lette zur Dichtung der Mühlschleuse zu nehmen. Es ist ein ungeteiltes Stück, welches von den<br />
Interessenten verpachtet wird.<br />
34. Ursuik (Schindergrube). Dort hatte das frühere Dominum die verendeten Tiere vergraben.<br />
35. Lindig-Ackerstücke.<br />
36. Lindigweg. Verbindungs-Feldweg von der Podiebrader Chaussee bis zur Neißer Chaussee.<br />
37. Der goldene Esel. Ein wenig brauchbares Ackerstück. Es gehört dem Interssenten und wird von ihnen verpachtet.<br />
38. Draha (teure). Wenig brauchbare Äcker, früher Unland, welches nach und nach urbar gemacht worden ist.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 58 von 59<br />
Gemarkung Niederpodiebrad<br />
39. Weinberg.<br />
40. Zaslibena (das gelobte Land, auch das versprochene Land) mit den Weinbergen.<br />
41. Schanzberg. Dort sind in den Schlesischen Kriegen Schanzen aufgeworfen worden. Eine große Sternschanze befand<br />
sich auf der Grenze zwischen den Gemarkungen <strong>Mittel</strong>podiebrad und Niederpodiebrad.<br />
42. Schanze. Gestalt eines Sternes.<br />
43. Ochsenberg. Ein alter Steinbruch, aus dem die Eingewanderten Steine für den Hausbau genommen haben.<br />
44. Prnhon (Austrieb). Dort wurde früher das Vieh auf die Weide ausgetrieben.<br />
45. Cerna (schwarz). Es sind Ackerstücke mit schwarzem Boden, der sonst niergends in Niederpodiebrad vorkommt.<br />
46. Vistrkovi (Ausgestoßene). Es sind Äcker jenseits des Schanzberges. Man sagt auch: an der Auewand gelegen.<br />
47. Rovini (die Ebenen). Ebene Ackerstücke auf der Höhe des Schwarzberges.<br />
Der Stockteich<br />
Es ist eine Fläche von 300 Morgen Größe. Ursprünglich waren es Teiche. Die Eingewanderten fischten dort in der<br />
ersten Zeit. Später wurde die Fläche entwässert und zum größeren Teile in Wiesen umgewandelt. Nur aus den höher<br />
gelegenen Stücken machte man Äcker. Die ganze Fläcje wurde in 70 Teile geteilt. Jeder dieser Teile zerfällt noch in 8<br />
Teile, wei man jedem Ansiedler gute und schlechte Stücke zuweisen wollte. So liegen die kleinen Stücke heut<br />
drucheinander, und sämtliche Pachtteilbesitzer der drei Gemeinden Ober-, <strong>Mittel</strong>- und Niederpodiebrad müssen<br />
gleichzeitig die Heuernte vornehmen, weil einer über die Stücke des andern fahren muß.<br />
48. Der Stockteich. Die Einheimischen erklären, daß dort sehr viel Strauchwerk gewesen sei und demzufolge bei der<br />
Umwandlung in Wiesen sehr viele Stöcke auszuroden gewesen wären.<br />
49. Loviste (Fischfang). Es ist eine muldenartige Wiesenfläche, welche ungeteilt ist und den drei Interessengemeinden<br />
zusammen gehört.<br />
50. Der Kessel. Eine Fläche, welche unter den drei Gemeinden verteilt ist.<br />
51. die dazwischen [-liegenden Flächen], zu Oberpodiebrad gehörig.<br />
52. " " " <strong>Mittel</strong>podiebrad gehörig.<br />
53. " " " Niederpodiebrad gehörig.<br />
- - - - - - - - - - - - - - - - -<br />
[nachfolgende Ausführungen stammen wieder vom Hauptlehrer Matzel:]<br />
Nach der letzten Zählung wohnten in <strong>Mittel</strong>podiebrad ... 1 , Niederpodiebrad ..., Ober-podiebrad..., Mehltheuer<br />
Gemeinde ..., Mehltheuer Forstgustsbezirk ...<br />
Die Bewohner der einzelnen Ortschaften treiben ungefähr zur Hälfte Viehzuchtund Ackerbau, die andere Hälfte sind<br />
Arbeiter, Fabrikweber und Bauhandwerker. Nur vereinzelt wird noch zu Hause gewebt.<br />
Die Zwerggemeinde Mehltheuer beschloß eine Vereinigung mit <strong>Mittel</strong>podiebrad, wenn der Forstgutsbezirk Mehltheuer<br />
anläßlich der Auflösung der Gutsbezirke an die vereinigte Gemeinde fällt.<br />
Der Herr Landrat hielt im Flegerschen Saale eine Versammlung ab, um die Bewohner der Ortschaften des<br />
Schulverbandes für den Plan zur Vereinigung alle zu einer großen Gemeinde zu gewinnen. Nieder- und Oberpodiebrad<br />
erklärten sich gegen den Plan. Am 22. Februar [1928] hält der Herr Regierungspräsident mit den Herren der<br />
Schulabteilung, dem Herrn Schulrat, dem Herrn Landrat und den vier Gemeindevostehern eine Konferenz ab, den<br />
Abbau einer Lehrerstelle betreffend. Der Herr Regierungspräsident verpricht, sich für einen größeren<br />
Ergänzungszuschuß einzusetzen. Dieser wird an den Schulvorstand am 5. Mai 1928 in Höhe von 5000 RM als<br />
einmaliger Ergänzungszuschuß überwiesen.<br />
Durch das preußische Staatsministerium wurde anläßlich der Auflösung der Gutsbezirke am 9. Oktober 1928 zum<br />
erhoben, daß der Forstgutsbezirk Mehltheuer den Gemeinden Mehltheuer, <strong>Mittel</strong>podiebrad, Niederpodiebrad und<br />
Oberpodiebrad zu einer neuen Gemeinde zusammengelegt wird. Die neue Gemeinde heißt Mehltheuer-Podiebrad. Die<br />
neue Gemeinde besteht ab 17. Oktober 1928. Der Gemeindevorsteher Klowersa aus dem früheren Oberpodiebrad ist bis<br />
zur Neuwahl der neuen Gemeindevertretung am 2. Dezember 1928 vom Herrn Landrat als kommissarischer<br />
Gemeindevorsteher bestellt worden.<br />
Am 2. Dezember fand die Gemeindevertreterwahl statt. Es wurden gewählt sechs bürgerliche und drei<br />
sozialdemokratische Vertreter.<br />
Zum Gemeindevorsteher der neuen Gemeinde wurde am 13. Januar [1929] mit fünf von neun Stimmen der<br />
Stellenbesitzer Johann Stribrny (Silber) aus der früheren Gemeinde Ober-podiebrad gewählt. Er ist somit der erste<br />
1 Lehrer Matzel hat eine kleine Tabelle vorbereitet, aber die Zahlen nicht eingetragen.
<strong>Schulchronik</strong> <strong>Mittel</strong>-Podiebrad, 1. <strong>Buch</strong>, Seite 59 von 59<br />
Schulze von Mehltheuer-Podiebrad. Die erste Gemeindevertretung besteht aus den Herren Stribrny<br />
(Gemeindevorsteher), Cyra (Schöffe), Pech II (Schöffe), Smolla Johann, Walta, Fleger Johann, Klowersa Gustav,<br />
Wittwar, Friesel, Jirmann Karl, Duschek.<br />
[die folgenden Ausführungen stammen vom Lehrer Erich Rosemann. Lehrer Matzel war 1929 nach Breslau versetzt<br />
worden, siehe 1. Teil der Chronik.]<br />
1929. In der fürchterlichen Gewitternacht vom 23. um 24. Juli schlug der Blitz in die Schebenwirtschaft der<br />
Kriegerwitwe Krtschil in den Zwölfhäusern und zündetet. Die Bewohner konnten nur das nackte Leben retten.<br />
Sämtliche Möbel, Maschinen, sowie die Schweine und Geflügel wurden ein Raub der Flammen.<br />
1932. Am 10. März fand die Reichspräsidentenwahl statt. Es erhielten<br />
v. Hindenburg 232 Stimmen<br />
Hitler 346 Stimmen<br />
Thälmann 5 Stimmen<br />
1933. Am 12. März fanden die Gemeindewahlen statt. Drei Wahlvorschläge wurden eingereicht:<br />
1. National-Sozialistische-Deutsche Arbeiterpartei, davon gewählt 6 Mitglieder<br />
2. Sozialdamokratische Partei, " " 3 "<br />
3. Hausbesitzer, " " - "<br />
Gemeindevorsteher Johann Silber, welcher sein Amt seit 1929 treu und gewissenhaft verwaltete, legte sein Amt nieder.<br />
Neu gewählt wurde zum Gemeindevorsteher der Stellenbesitzer Herr Johann Fleger, Ortsgruppenleiter der NSDAP in<br />
Mehltheuer-Podiebrad.<br />
Der Gemeindevertretung gehören folgende Mitglieder an:<br />
1. Stellenbesitzer Johann Fleger, Gemeindevorsteher<br />
2. Stellenbesitzer Johann Pech<br />
3. Stellenbesitzer Gustav Liebal<br />
4. Stellenbesitzer Karl Lellek<br />
5. Stellenbesitzer Schwalbe<br />
6. Stellenbesitzer Gustav Klose<br />
[Ende der Eintragungen]