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Luftnahunterstützung - Gemeinschaft JaboG 49

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Fursty – das Zentrum der <strong>Luftnahunterstützung</strong><br />

Allgemeines<br />

Im NATO-Sprachgebrauch versteht man<br />

unter <strong>Luftnahunterstützung</strong>, im englischen<br />

Sprachgebrauch auch Close Air Support –<br />

CAS genannt, taktische Einsätze von Kampfflugzeugen<br />

zur direkten Unterstützung eigener<br />

oder verbündeter Streitkräfte am Boden.<br />

Häufig werden dabei sog. FACs eingesetzt. Ein<br />

FAC (Forward Air Controller, auf deutsch<br />

Fliegerleitoffizier) ist eine Person, die – nach<br />

entsprechender Ausbildung – dazu berechtigt<br />

ist, von einem Ort in unmittelbarer Nähe des<br />

Kampfgeschehens den Einsatz von Kampfflugzeugen<br />

zur <strong>Luftnahunterstützung</strong> zu<br />

leiten. Genau diese Ausbildung fand ab Mitte<br />

der 60er Jahre für das Heer und die Luftwaffe<br />

in Fürstenfeldbruck statt. 1972 wurde die<br />

Schulung auf eine internationale Ebene<br />

erweitert und die NATO-Staaten konnten nun<br />

Teilnehmer zu EURO-FAC Lehrgängen nach<br />

Fursty entsenden.<br />

Der Alpha Jet mit einer Kanone unter dem Rumpf und Waffen an vier Unterflügelstationen war in der<br />

Deutschen Luftwaffe in mehreren Geschwadern als Kampfflugzeug für <strong>Luftnahunterstützung</strong> eingesetzt.<br />

Entwicklung<br />

1963 wurde bei der Waffenschule der Luftwaffe<br />

50 in Fürstenfeldbruck die Lehrgruppe<br />

„Luftunterstützung für Land- und Seestreitkräfte“,<br />

kurz LU, aufgestellt. Damit erfüllte<br />

sich die Forderung der Luftunterstützungsorganisation<br />

bei Heer und Luftwaffe nach<br />

einer zentralen Ausbildungseinrichtung für die<br />

Ausbildung von Offizieren und Unteroffizieren<br />

beider Teilstreitkräfte. Die Lehrgruppe LU<br />

erhielt den Auftrag, dieses Personal in den<br />

taktischen Führungsaufgaben sowie den<br />

Verfahren der Luftunterstützung auszubilden.<br />

Es wurden folgende vier Lehrgänge eingerichtet:<br />

Grundlehrgänge für Offiziere, Unteroffiziere<br />

und Fliegerleitoffiziere sowie ein<br />

Lehrgang über Wirkung und Einsatz konventioneller<br />

Waffen und Munition. Im September<br />

1979 wurde die Lehrgruppe Luftunterstützung<br />

als selbständige Lehrgruppe aufgelöst, allerdings<br />

kam es zu keinerlei Unterbrechung in<br />

der Ausbildungstätigkeit, denn die Aufgaben<br />

und Lehrgänge wurden unverändert von der<br />

sog. „Lehrabteilung Luftunterstützung“ als<br />

Teil der vierten Gruppe des Jagdbombergeschwaders<br />

<strong>49</strong>, der Lufttaktischen Lehr- und<br />

Versuchsgruppe, fortgeführt. Der Verband<br />

wurde im März 1994 aufgelöst und die Lehrabteilung<br />

Luftunterstützung der seit 1977 im<br />

Fliegerhorst ansässigen Offizierschule der<br />

Luftwaffe unterstellt. Mit Unterstellungs-


wechsel reduzierte sich das Aufgabenspektrum<br />

auf die alleinige Durchführung von FAC-<br />

Lehrgängen. Die endgültige Einstellung des<br />

Alpha Jet-Flugbetriebs der Luftwaffe im<br />

Sommer 1997 hatte die Verlagerung der<br />

Ausbildung deutscher Fliegerleitoffiziere nach<br />

Frankreich zur Folge.<br />

Grundlehrgang für Offiziere und Unteroffiziere<br />

In diesem Lehrgang wurde taktisches Wissen<br />

vermittelt, um Soldaten auf ihre Tätigkeit in<br />

Verbindungskommandos der Luftwaffe bei<br />

Brigaden und Divisionen vorzubereiten. Dabei<br />

stand das Verständnis für die Belange der<br />

anderen Teilstreitkraft im Vordergrund.<br />

Grundsätzlich hängt auch heute noch der<br />

Erfolg der Luftunterstützung von der<br />

reibungslosen Zusammenarbeit aller Gefechtsebenen<br />

ab. Der Leiter des Verbindungskommandos<br />

ist der Berater des Brigade- bzw.<br />

Divisionskommandeurs in allen Fragen der<br />

Luftunterstützung. Bei Übungen koordiniert<br />

er den Einsatz der Jagdbomberkräfte im<br />

Verantwortungsbereich der Brigade oder<br />

Division.<br />

Lehrgang “Wirkung und Einsatz konventioneller Waffen und Munition“<br />

Dieser Lehrgang für angehende Waffen-,<br />

Einsatz- und Verbindungsoffiziere bei den<br />

Luftwaffendivisionen vermittelte das Wissen,<br />

um in militärischen Stäben Waffenwirkungsund<br />

Kräftebedarfs-Berechnungen durchzuführen.<br />

Gastlehrer aus der Industrie und<br />

Waffenspezialisten anderer NATO-Staaten<br />

stellten die verwendeten Waffen und ihre<br />

Wirkung im Ziel vor. Besonders die Besuche<br />

bei der Industrie und Vorführungen der<br />

Waffenwirkung auf den Sprengplätzen<br />

wurden von den Lehrgangsteilnehmern<br />

geschätzt.<br />

Grundlehrgang für Fliegerleitoffiziere<br />

Ein „Gina“-Pilot wurde vom FAC bei „Boxer“ im<br />

Briefing mit allgemeinen Informationen versorgt<br />

und anschließend ins Ziel „gesprochen“.<br />

Der FAC-Lehrgang war Schwerpunkt der<br />

Ausbildungstätigkeit der Lehrgruppe LU.<br />

Der erste Lehrgang dieser Art fand im April<br />

1965 statt, wobei schon damals der praktische<br />

Teil die Bezeichnung „Übung Boxer“ erhielt<br />

und bei Inchenhofen knapp 30 km nordöstlich<br />

von Augsburg stattfand. Ab 1991 wurden die<br />

fliegerischen Einsätze wegen der besseren<br />

Tiefflugmöglichkeiten und Lärmvermeidung<br />

für die Bevölkerung auf den Truppenübungsplatz<br />

Hohenfels in der Oberpfalz verlegt.<br />

In der ersten Woche des Lehrgangs wurden im<br />

Stabsgebäude der Geschwaderführung<br />

taktische Grundlagen vermittelt und die<br />

Fähigkeiten der einzelnen Waffensysteme und<br />

die Wirkung der unterschiedlich eingesetzten<br />

Waffen erklärt. Mit Modellen und Simulationen<br />

mussten die Lehrgangsteilnehmer die<br />

Fliegerleitung im Hörsaal üben. Wichtig<br />

hierbei war der korrekte Sprechfunkverkehr<br />

mit den Besatzungen der anfliegenden Flugzeuge,<br />

denn die richtige Informationsübertragung<br />

und Zielansprache des FAC waren<br />

eine unabdingbare Grundlage für einen<br />

erfolgreichen Einsatz. Ab 1972 nahmen<br />

erstmals auch Offiziere und Unteroffiziere aus<br />

anderen Ländern am Lehrgang teil. Schwierigkeiten<br />

mit der englischen Sprache mussten<br />

anfangs überwunden werden, denn es wurden<br />

Gastlehrer und Flugzeugführer der beteiligten<br />

NATO-Staaten eingesetzt, um die Verfahren<br />

der Luftunterstützung in ihren Ländern<br />

vorzustellen. Die Lehrgangsteilnehmer<br />

konnten die beteiligten Flugzeuge besichtigen<br />

und mit den Besatzungen über taktische<br />

Einzelheiten diskutieren. Mitflüge von Lehrgangsteilnehmern<br />

in der G. 91 und später im<br />

Alpha Jet wurden durchgeführt und waren


Ein FAC-Lehrgang von 1991 mit<br />

internationaler Beteiligung.<br />

wichtig für die Horizonterweiterung zukünftiger<br />

FACs. Während der fliegerischen<br />

Phase des Lehrgangs wurde im Boxer-<br />

Übungsgebiet ein Gefechtsstand aufgebaut<br />

und von hier aus die Fliegerleitung koordiniert.<br />

Die Waffenschule der Luftwaffe 50<br />

und ab Oktober 1978 das Jagdbombergeschwader<br />

<strong>49</strong> flogen rund 60 % der erforderlichen<br />

Einsätze. Die übrigen „Runs“ flogen<br />

Flugzeuge der NATO-Partnerländer, die<br />

Teilnehmer zu dem jeweiligen FAC-Lehrgang<br />

entsandt hatten. Es war durchaus möglich,<br />

dass eine holländische Hubschrauberpilotin als<br />

Lehrgangsteilnehmerin eine amerikanische<br />

A-10 „Thunderbolt II“mit einem britischen<br />

Austauschpiloten an Bord auf ein Ziel führte.<br />

Im Anschluss an eine erfolgreiche Fliegerleitung<br />

wurde der Einsatz vom Lehrpersonal<br />

und dem Piloten der geführten Maschine<br />

bewertet. Im Verlauf eines Trainingstages<br />

kamen bei guten Wetterbedingungen bis zu<br />

siebzig Zielanflüge vor. Jeder „FAC-Schüler“<br />

musste rund ein Dutzend erfolgreiche „Runs“<br />

erfüllen, bevor das Zertifikat für den Einsatz<br />

als Fliegerleitoffizier erteilt wurde. Für das<br />

Übungsgebiet stellte die Übung Boxer eine<br />

erhebliche Lärmbelastung dar, die auch zu<br />

Protesten seitens der Bewohner führte. Bei<br />

einer Flughöhe von 150 Metern war das Auffassen<br />

des Flugzeuges und das Ansprechen des<br />

Zieles keine leichte Aufgabe für die angehenden<br />

Fliegerleitoffiziere. Eine noch anspruchsvollere<br />

Aufgabe war die Fliegerleitung aus<br />

dem Hubschrauber. Besonders beliebt war<br />

diese Art des FAC-Einsatzes bei den<br />

Britischen und Niederländischen Streitkräften.<br />

Am Abend des Ausbildungstages kehrte der<br />

Lehrgang nach Fürstenfeldbruck zurück. Im<br />

Offizierkasino konnte mit den Flugzeugbesatzungen<br />

über die geflogenen Einsätze<br />

diskutiert werden. Diese Gespräche waren<br />

äußerst wichtig, denn nur so konnte auf beiden<br />

Seiten Verständnis für die andere Perspektive<br />

geweckt werden. Von vielen Heeresoffizieren<br />

wurde dabei bemängelt, dass die Besatzungen<br />

der Luftwaffe zu wenig über die Teilstreitkraft<br />

Heer wussten und “Grünes Denken” nicht<br />

gelernt hatten. Für die im Übungsgebiet<br />

verantwortlichen Lehrstabsoffiziere war<br />

besonders der Aspekt Flugsicherheit zu<br />

beachten. Zu tief fliegende Besatzungen<br />

mussten ge- und verwarnt werden, ebenso<br />

fremde Flugzeuge, die das Übungsgebiet<br />

durchflogen. In den vielen Jahren der<br />

Ausbildung in der „Boxer-Area“, ebenso wie<br />

auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels, kam<br />

es weder zu einem Unfall noch zu gravierenden<br />

Zwischenfällen. Nachdem die Mindestflughöhe<br />

über der Bundesrepublik<br />

Deutschland auf 1.000 Fuß über Grund,<br />

entsprechend rund 300 Meter angehoben und<br />

der Pachtvertrag für das Gefechtsstandgrundstück<br />

in Inchenhofen gekündigt wurde,<br />

verlegte die Lehrabteilung Luftunterstützung<br />

die fliegerische Phase auf den Truppenübungsplatz<br />

Hohenfels. Hier konnte die Ausbildung<br />

realistischer durchgeführt werden, auch<br />

simulierte Angriffe auf bewegliche Ziele im<br />

Tiefstflug waren nun möglich. Die Ausbildung<br />

wurde ständig an neue Lagen und Erkenntnisse<br />

angepasst. Der Falkland- und Golfkrieg<br />

veränderten die Einsatztaktik der Luftunterstützung<br />

nachhaltig. Im Vordergrund stand<br />

nunmehr der Einsatz von Fliegerleitoffizieren,<br />

um Angriffe auf eigene Truppen oder zivile<br />

Einrichtungen zu verhindern. Der Einsatz von<br />

Präzisionsmunition und lasergelenkten Waffen<br />

änderte daran nichts. Die Fliegerleitoffizierausbildung<br />

bedeutete für das Furstianer<br />

Geschwader eine erhebliche Belastung. Bei elf<br />

Lehrgängen pro Jahr waren rund 150 Flugzeugeinsätze<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Text: Rudolf Woznik, Fotos: LMWLw, Otter, Remmers und Woznik

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