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2. Reisemittler

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<strong>2.</strong> <strong>Reisemittler</strong><br />

B. Angebotsseite<br />

<strong>Reisemittler</strong> stellen für Reiseveranstalter und Leistungsträger (z. B. Hotels, Mietwagenunternehmen,<br />

Fluggesellschaften) eine Vertriebsschiene dar, werden aber auch als Anlaufstelle<br />

zur Beschaffung von Informationen und als Buchungsstelle von Reisewilligen<br />

und Reisenden genutzt. <strong>Reisemittler</strong> sind i. d. R. Handelsbetriebe, die im Auftrag der<br />

Produzenten touristische Leistungen an die Kunden vermitteln.<br />

<strong>2.</strong>1 Grundlagen <strong>Reisemittler</strong><br />

Das Reisebüro kann sowohl vermittelnde als auch veranstaltende Tätigkeiten entfalten.<br />

Ist das Reisebüro Veranstalter einer Reise, gelten die gleichen rechtlichen und gesetzlichen<br />

Kriterien und Bestimmungen wie bei einem Reiseveranstalter. In der Fachliteratur<br />

wird oftmals nicht konsequent zwischen den Begriffen <strong>Reisemittler</strong> und Reisebüro getrennt.<br />

Die Begriffe werden oftmals synonym verwendet. Dies ist dem Umstand zu verdanken,<br />

dass es heutzutage kaum noch 100 %-ige Reisevermittler gibt. Ebenso gibt es<br />

nahezu keinen 100 %-igen Reiseveranstalter mehr. Der <strong>Reisemittler</strong> vermittelt nur noch<br />

ca. 80 % und weniger seiner Umsätze, während der Reiseveranstalter immer stärker<br />

seine eigenen Leistungen selbst vertreibt. In einigen Jahren wird es vermutlich nur noch<br />

„touristische Unternehmen“ geben, die Tourismusprodukte (z. B. Pauschalreisen) vermitteln,<br />

veranstalten und handeln.<br />

<strong>2.</strong>1.1 Der <strong>Reisemittler</strong>markt heute – Reisebüros unter Druck<br />

Der Markt der <strong>Reisemittler</strong> ist derzeit von einer Reihe von einschneidenden Entwicklungen<br />

geprägt. Die Umsatzentwicklung stagniert bzw. ist rückläufig. Dies hat im Wesentlichen<br />

mit den Ängsten vor Anschlägen, mit den allgemeinen Preissteigerungen und<br />

Verteuerungen seit der Einführung des Euros sowie mit einer allgemeinen Marktsättigung<br />

und einer Reisemüdigkeit der Verbraucher zu tun. Eine im Jahr 2005 durchgeführte Untersuchung<br />

ergab, dass zu den zehn wichtigsten Ausgaben der bundesdeutschen Bevölkerung<br />

der Urlaub, die Reise nicht mehr dabei ist.<br />

<strong>2.</strong>1.2 Der <strong>Reisemittler</strong> im Spannungsfeld<br />

<strong>Reisemittler</strong> stehen aufgrund ihrer Rechtsverhältnisse zum Kunden einerseits, zum Reiseveranstalter<br />

und zu den Leitungsträgern andererseits in einem Spannungsfeld. Darüber<br />

hinaus muss der <strong>Reisemittler</strong> in zunehmendem Maß auch anderen Anspruchsgruppen<br />

gerecht werden. Zu den Anspruchsgruppen zählen:<br />

• Leistungsträger (Einzel- und Gesamtleistungsträger)<br />

• Kunden und Reisende<br />

• Mitbewerber<br />

• Gesetzliches Umfeld<br />

• Ausland<br />

• Sonstiges Umfeld.


<strong>2.</strong>1 Grundlagen <strong>Reisemittler</strong><br />

Leistungsträger<br />

• Ausbau der Marktmacht durch vermehrte Zusammenschlüsse, vertikale und horizontale<br />

Integrationen<br />

• Konzentrationsprozesse<br />

• Forcierung des Eigenvertriebs<br />

• Verstärkter Zwang zu Kostensparprogrammen<br />

• Stagnierende Reisepreise<br />

• Stagnierende Provisionserlöse<br />

• u. v. m.<br />

Kunden und Reisende<br />

• Verändertes Verbraucherverhalten durch z. B. kurzfristiges Buchen, Wunsch nach intensiver<br />

Beratung<br />

• Preissensibilität und Preisorientierung der Kunden<br />

• Aufgeklärte und souveräne Kunden<br />

• Starke Serviceorientierung<br />

• Einerseits Wunsch nach Pauschalreise (Sicherheiten), andererseits Wunsch nach individualisierten<br />

Produkten<br />

• Schrumpfendes bzw. stagnierendes Realeinkommen<br />

• Mehr Freizeit<br />

• Zunehmende Anzahl der Zielgruppe 50plus<br />

• u. v. m.<br />

Mitbewerber<br />

• Vermehrte Zusammenschlüsse und Kooperationen der <strong>Reisemittler</strong> zu starken Verbündeten<br />

• Vermehrte branchenfremde Anbieter und Vermittler von Reiseleistungen<br />

• Konzentration durch überdurchschnittliches Wachstum der Reisebüroketten und großen<br />

Reiseunternehmen<br />

• Zunahme der „Schwarz-Touristik“ (Schulen, Kirchen, Betriebe, Volkshochschulen, Vereine)<br />

• Steigende Anzahl der Reisebüros<br />

• Zielorientierte und systematische Wettbewerbsstrategie der <strong>Reisemittler</strong><br />

• u. v. m.<br />

Gesetzliches Umfeld<br />

• Gefährdeter Handelsvertreter-Status<br />

• Drohender Wegfall der Preisbindung<br />

• Anpassung des Reiserechts an die EU-Richtlinien (z. B. Haftung)<br />

• Lohn- und Gehaltsforderungen der Gewerkschaften<br />

• Deregulierung des Flugverkehrs<br />

• Vereinfachte IATA-Zulassung<br />

• Günstige Euro-Paritäten<br />

• u. v. m.


Ausland<br />

• Vermehrte Unternehmensaufkäufe durch ausländische Investoren<br />

• Vereinfachter Marktzugang für ausländische Unternehmen in Deutschland<br />

• Markterweiterung durch die Erweiterung der Europäischen Union<br />

• Neue Verkehrseinrichtungen, Beschränkungen im Flug- und Autoverkehr<br />

• u. v. m.<br />

Sonstiges Umfeld<br />

• Zunehmende Bedeutung und Macht der Reservierungssysteme<br />

• Komplizierte und leistungsfähige Kommunikationsnetze<br />

• Unübersichtliches Aus- und Weiterbildungsangebot<br />

• Einschränkung staatlicher Förderungsprogramme<br />

• u. v. m.<br />

<strong>2.</strong>1.3 Ausgangssituation<br />

Die Ausgangssituation der <strong>Reisemittler</strong>-Branche stellt sich zurzeit wie folgt dar:<br />

• Der Wettbewerb wird härter<br />

• Die Konzentration und vertikale Integration nimmt zu<br />

• Der Geschäftsreisemarkt entwickelt sich zu einem eigenständigen Markt<br />

• Flächen deckender Eigenvertrieb der integrierten Konzerne<br />

• Ausbau des Direktvertriebs der Reiseveranstalter<br />

• Der Handelsvertreterstatus verhindert die strategische Weiterentwicklung des Reisebüros<br />

• Handelsvertreter werden zu Handelsunternehmen<br />

• Provisionssenkungen seitens der Reiseveranstalter und Leistungsträger.<br />

<strong>2.</strong>1.4 <strong>Reisemittler</strong>markt – Lernen von anderen Branchen<br />

Was kann der <strong>Reisemittler</strong> von anderen Branchen lernen? Für das <strong>Reisemittler</strong>gewerbe/<br />

Reisebüro ist es – wie für jeden anderen Industriezweig – wichtig, über den „Tellerrand“<br />

der Branche hinaus zu schauen. Hier lassen sich Trends und übertragbare Entwicklungen<br />

erkennen, die zu Rückschlüssen auf die eigene Branche führen können. Die Frage,<br />

was das Reisebüro und <strong>Reisemittler</strong>gewerbe von anderen Branchen lernen kann, lässt<br />

sich wie folgt beantworten:<br />

• Konzentration von Einkaufsmacht<br />

• Marktschichtung<br />

• Einsatz von Elektronik (Banken, Versicherungen)<br />

• Neue Vertriebskanäle<br />

• Reisebüros als Konsum- und Erlebnistempel<br />

• Heimverkauf<br />

• Differenzierung und Markenprofilierung<br />

• Personalproduktivität steigern.<br />

B. Angebotsseite


<strong>2.</strong>2 Strukturen und Funktionen des <strong>Reisemittler</strong>marktes<br />

<strong>2.</strong>2 Strukturen und Funktionen des <strong>Reisemittler</strong>marktes<br />

Derzeit gibt es unterschiedlichen Quellen zufolge, zwischen 1<strong>2.</strong>000 und 20.000 Reisebüros<br />

mit dem Schwerpunkt Reisevermittlung in Deutschland. Diese hohe Zahl verblüfft,<br />

setzt sie sich aus einigen Tausend Haupterwerbsreisebüros bzw. Haupterwerbsreisemittler<br />

und vielen Nebenerwerbsreisebüros bzw. Nebenerwerbsreisemittler sowie vielen <strong>Reisemittler</strong>-<br />

und Reisebüroähnlichen Unternehmen zusammen. Diese lassen sich strukturieren<br />

bzw. wie folgt systematisieren.<br />

Ein Haupterwerbsreisebüro bzw. Haupterwerbsreisemittler ist das klassische Reisebüro,<br />

somit ein Unternehmen das Reisen selbst vermittelt und veranstaltet. Der Schwerpunkt<br />

liegt jedoch auf der Vermittlungstätigkeit.<br />

Ein Nebenerwerbsreisebüro ist ein Unternehmen, welches das Vermitteln und Veranstalten<br />

von Reisen als ein Nebengeschäft betreibt. Nebenerwerbsreisebüros finden sich<br />

häufig im ländlichen Raum und sind in folgenden Ausprägungen bzw. Kombinationen<br />

anzutreffen:<br />

• Lotto/Tabak und Reisen<br />

• Tankstelle und Reisebüro<br />

• Gemüsehändler und Reisebüro<br />

• Fahrschule und Reisebüro<br />

• Versicherungs- und/oder Immobilienagentur und Reisebüro<br />

• und andere Kombinationen.<br />

Eine dritte Variante in der vermittelnden Touristik sind die Consolidatoren. Ein Consolidator<br />

ist gewissermaßen ein Großhändler von z. B. Flugscheinen, der sowohl auf eigene<br />

Rechnung und im eigenen Namen als auch auf Rechnung und Namens des Leistungsträgers<br />

touristische Leistungen vermittelt oder verkauft.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>1 Arten von <strong>Reisemittler</strong>/Reisebüros<br />

Die bekannteste Form von <strong>Reisemittler</strong>n ist das Reisebüro. Im Laufe der Jahre haben<br />

sich jedoch noch andere Institutionen in der Tätigkeit der Reisevermittlung etabliert. Dazu<br />

gehören u. a.:<br />

• Vereine<br />

• Volkshochschulen<br />

• Versandhäuser<br />

• Buchclubs<br />

• Lotto-Annahmestellen<br />

• Fremdenverkehrsämter und Touristinformationen<br />

• Tankstellen.<br />

Gegenstand der Betrachtung soll jedoch das Reisebüro in seiner Funktion als stationärer<br />

<strong>Reisemittler</strong> sein. <strong>Reisemittler</strong>/Reisebüros lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien


unterteilen. Legt man die wirtschaftliche und rechtliche Eigen- und Selbstständigkeit zu<br />

Grunde, können sie wie folgt unterteilt werden:<br />

• Konzerneigene/Unternehmenseigene Reisebüros oder Reisebüroketten<br />

• Konzerngebundene/Unternehmensgebundene Reisebüros (meist Einzelbetriebe<br />

als Verkaufsstelle des Leistungsträgers)<br />

• Franchisegeführte Reisebüros oder Reisebürokette (konzernabhängig oder konzernunabhängig)<br />

• Selbstständige <strong>Reisemittler</strong>/Reisebüros (Einzel- oder Kettenbüros)<br />

• Kooperationsgebundene <strong>Reisemittler</strong>/Reisebüros.<br />

Wird der dominierende Geschäftsbereich zu Grunde gelegt, lassen sich die <strong>Reisemittler</strong><br />

unterteilen in:<br />

• Voll-Reisebüros<br />

• Mehrbereichs-Reisebüro<br />

• Spezial-Reisebüro<br />

• Marken- bzw. veranstaltergebundene Reisebüros<br />

• Touristik-Reisebüro<br />

• Firmen-Dienst-Reisebüro<br />

• Reisestelle (Implant)<br />

• Incoming-Agentur<br />

• Last-Minute-Reisebüro.<br />

B. Angebotsseite<br />

Voll-Reisebüros zeichnen sich durch eine „volle“ Lizenzierung aus. Das bedeutet, dieses<br />

Büro verfügt über eine IATA-Lizenz für den Verkauf und Ausstellung von Flugscheinen<br />

von Linienfluggesellschaften, eine Bahn-Lizenz, eine DER-Lizenz für die Linienschifffahrt<br />

sowie mindestens einen Leitveranstalter. Darüber hinaus vermittelt ein Voll-Reisebüro<br />

noch die gesamten für ein Reisebüro typischen Dienstleistungen, wie z. B. Reiseversicherungen,<br />

Theater- und Konzertkarten, Mietfahrzeuge, Ausflüge u. v. m.<br />

Mehrbereichs-Reisebüros zeichnen sich durch eine „teilweise“ Lizenzierung aus. Das<br />

bedeutet, das Reisebüro verfügt nur über eine Kombination zweier oder dreier Lizenzen<br />

wie z. B. IATA-Lizenz und Bahn-Lizenz oder aber eine IATA-Lizenz kombiniert mit einer<br />

Bahn-Lizenz und einer TUI-Lizenz. Diese Büros versuchen durch eine Spezialisierung<br />

auf der Angebotsseite und durch eine Zielgruppensegmentierung möglichst hohe Umsätze<br />

zu generieren.<br />

Spezial-Reisebüros zeichnen sich durch eine noch höhere Kundensegmentierung in<br />

Form einer Spezialisierung aus. Sie können sich auf folgende Bereiche spezialisieren:<br />

• Art und Form der Beherbergung (z. B. Villen-Vermittlung, 5-Sterne-Hotels, Appartementanlagen<br />

oder Bauernhöfe)<br />

• Art und Form der Beförderung (z. B. nur Flugreisen, Kreuzfahrten, Busreisen)<br />

• Reisemotivation (z. B. Urlaubs- und Regeneration, Pilgerreisen, Gesundheitsurlaub).<br />

Oftmals belegen Spezial-Reisebüros auch nur sehr enge Nischen, beispielsweise: Reisen<br />

nur für Adelige, Ayurveda nur in Sri Lanka, Vermittlung von Kreuzfahrten auf nur<br />

einem bevorzugtem Kreuzfahrtschiff.


<strong>2.</strong>2 Strukturen und Funktionen des <strong>Reisemittler</strong>marktes<br />

Marken- und veranstaltergebundene Reisebüros verfügen über eine enge Anbindung<br />

an eine bestimmte Marke oder einen Veranstalter. Diese Reisebüros besitzen i. d. R. ein<br />

Hauptagenturverhältnis mit dem Reiseveranstalter. Der Agenturvertrag verpflichtet diese<br />

Reisebüros zu mehr Umsätzen und größeren Steigerungen. Dafür sind die durchschnittlichen<br />

Provisionserlöse, die diese Reisebüros von den Reiseveranstaltern bekommen, höher.<br />

Marken- und veranstaltergebundene Reisebüros sind eher im ländlichen Raum als in<br />

Großstädten anzutreffen. Sie sind in der heutigen Marktsituation eher auf dem Rückzug.<br />

Touristik-Reisebüros sind Reisebüros die sich ausschließlich auf die Vermittlung von<br />

Pauschalreisen konzentrieren. Sie verfügen über keine Beförderungslizenzen. Beförderungsleistungen<br />

werden zwar verkauft, aber die geldwerten Beförderungsdokumente<br />

werden als Unteragentur über IATA-Agenturen, Consolidator oder über die Beförderungsträger<br />

direkt bezogen. Touristik-Reisebüros gelten derzeit aufgrund ihrer stringenten Ausrichtung<br />

auf die vermittelnde Touristik als die profitabelsten <strong>Reisemittler</strong>-Einheiten.<br />

Firmen-Dienst-Reisebüro ist auf die Vermittlung von Geschäftsreisen und den Geschäftsreiseverkehr<br />

spezialisiert. Ein Firmen-Dienst-Reisebüro kann eine Abteilung eines<br />

Voll-Reisebüros oder als eigenes Unternehmen auftreten. Neben der Organisation von<br />

Geschäftsreisen kann ein Firmen-Dienst-Reisebüro auch mit den Reisekostenabrechnungen<br />

sowie den Preisverhandlungen mit den Leistungsträgern von den Unternehmen<br />

beauftragt werden.<br />

Reisestelle (Implant), ist die touristische Abteilung eines Unternehmens, das mit der<br />

Betreuung, Planung und Organisation von Geschäftsreisen sowie der Abrechnung der<br />

Dienstreisen betraut ist. Räumlich ist die Reisestelle im Unternehmen untergebracht.<br />

Reisestellen können Beförderungslizenzen beantragen oder aber die Beförderungsdokumente<br />

über Consolidator, IATA-Agenturen oder den Beförderungsträger direkt beziehen.<br />

Auch eine Unterteilung der Reisestelle in eine Geschäftsreisen- und eine Urlaubsreisen-Abteilung<br />

für die angestellten Mitarbeiter des Unternehmens ist mit entsprechenden<br />

Agenturenverhältnissen zu Reiseveranstaltern denkbar. Aus Kostengründen werden derzeit<br />

jedoch viele Reisestellen an bestehende und im Markt etablierte Firmen-Dienst-Reisebüros<br />

vergeben bzw. die Reisestelle werden nach einem Ausschreibungsverfahren an<br />

das Reise-Unternehmen vergeben, das die günstigsten Konditionen anbietet.<br />

Incoming-Agentur ist ein Unternehmen das im Zielgebiet touristische Leistungen an<br />

ortsfremde Reiseveranstalter vermittelt. Incoming-Agenturen bemühen sich um Hotelzimmer,<br />

Beförderungsmöglichkeiten vor Ort (z. B. Reisebusse), verpflichten Reiseleiter<br />

und Gästeführer im jeweiligen Zielgebiet.<br />

Last-Minute-Reisebüros und Billigflug-Reisebüros vermitteln Last-Minute-Reisen und<br />

Billigflugscheine. Sie zeichnen sich durch ein Geschäftskonzept das durch eine geringe<br />

Beratungsintensität, Kurzfristigkeit und schnellem Absatz von Reiseleistungen geprägt<br />

ist, aus. Bevorzugte Standorte sind die Reisemärkte an den Flughäfen, Innenstadtlagen<br />

mit einer hohen Laufkunden-Frequenz und die Nähe zu Universitäten.<br />

Eine Sonderstellung nimmt der Reiseberater/die Reiseberaterin ein, der ohne stationären<br />

Vertrieb sein Vermittlungsgeschäft als „mobilen Vertrieb“ organisiert hat. Reiseberater<br />

betreiben die Vermittlung hauptsächlich fernmündlich oder medial, sprechen einen mehr<br />

oder weniger großen Kreis von Freunden, Bekannten, Verwandten an und sind oftmals


nur nebenberuflich tätig. Reiseveranstalter und Reisebürokooperationen bedienen sich<br />

der Reiseberater gerne in Gebieten mit einer niedrigen Reisebürodichte um eine hohe<br />

Flächendeckung im Vertrieb ihrer Produkte zu erreichen. Das Modell des mobilen Reiseberaters<br />

ist der Versicherungswirtschaft entlehnt worden.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>2 Filialstrukturen im <strong>Reisemittler</strong>markt/Reisebüromarkt<br />

Reiseveranstalter bauen derzeit den Eigenvertrieb aus. Eigenvertrieb bedeutet, dass<br />

Vertriebsorganisationen auf die der Reiseveranstalter Einfluss ausüben kann, aufgebaut<br />

werden. Dazu gehören:<br />

• Reiseveranstalter eigene Ketten-/Filialbetriebe<br />

• Franchiseorganisationen.<br />

Aber auch konzernunabhängige Kettenorganisationen erweitern ihr Filialnetz. Gerade die<br />

Filialbetriebe stellen heute bereits 38 % aller <strong>Reisemittler</strong>/Reisebüros im deutschen Markt.<br />

Nachfolgend Beispiele wichtiger Ketten-/Filialbetrieb-Unternehmen in Deutschland:<br />

• American Express International Inc., Frankfurt a. M.<br />

• Atlasreisen (Zweigniederlassung der REWE Zentralfinanz eG), Köln<br />

• billigweg.de Reisen GmbH, Velbert<br />

• Carlson Wagonlit Travel, Eschborn<br />

• DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG, Frankfurt a. M.<br />

• discount travel (eine Vertriebsmarke der TUI Leisure Travel GmbH), Hannover<br />

• Euro Lloyd Reisebüro GmbH & Co. KG/BTI Euro Lloyd, Köln<br />

• First Reisebüro (eine Vertriebsmarke der TUI Leisure Travel GmbH), Hannover<br />

• Hapag Lloyd Reisebüro (eine Vertriebsmarke der TUI Leisure Travel GmbH), Hannover<br />

• Karstadt/Quelle AG, Essen<br />

• Karstadt Warenhaus AG, Essen<br />

• Reise Quelle/Quelle AG, Fürth<br />

• Reiseland GmbH & Co. KG, Hamburg<br />

• Thomas Cook Vertriebs GmbH, Oberursel<br />

• TQ3 Travel Solutions Germany GmbH, Bremen<br />

• Travel Overland Flugreisen GmbH & Co. KG, München<br />

• TUI Leisure Travel GmbH, Hannover.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>3 Kooperationen im <strong>Reisemittler</strong>markt/Reisebüromarkt<br />

Kooperationen können vertikale oder horizontale Zusammenschlüsse von Unternehmen<br />

sein, deren rechtliche und wirtschaftliche Eigenständigkeit gewahrt bleibt und die über<br />

einen begrenzten Zeitraum in einem oder mehreren Bereichen, sog. Kooperationsfelder,<br />

zusammenarbeiten. Mögliche Kooperationsfelder können beispielsweise sein:<br />

• Bearbeitung bestimmter Geschäftssegmente<br />

• Einkauf von Reiseleistungen<br />

• Werbung, Marketing und Marktauftritt<br />

• Verwaltung, Buchhaltung und Controlling<br />

• Produktion von Eigenleistungen bzw. Eigenveranstaltung<br />

• Finanzierung<br />

B. Angebotsseite


<strong>2.</strong>2 Strukturen und Funktionen des <strong>Reisemittler</strong>marktes<br />

• Management und Geschäftszweck<br />

• Schulung und Qualifikation der Mitarbeiter.<br />

Kooperationen werden häufig als „Provisionssammelverein“ bezeichnet, da unterstellt<br />

wird, dass der Zusammenschluss zu einer strategischen Partnerschaft mit hohem zentralen<br />

Steuerungsgrad erfolgt, um bei den Reiseveranstaltern über Sammelagenturverhältnisse<br />

möglichst schnell in den Genuss von hohen Staffel-, Sonder- und Superprovisionen<br />

zu kommen. Die Ebenen der Organisation von Kooperationen können sein:<br />

• regional<br />

• national<br />

• international.<br />

Beispiele für wichtige Kooperationen in Deutschland sind:<br />

• AER, Bielefeld<br />

• BEST – RMG Reisemanagement AG, Geldern<br />

• Best of Travel Group, Geldern<br />

• Derpart Reisevertrieb GmbH, Frankfurt a. M.<br />

• Deutscher Reisering e.V., Berlin<br />

• Pro Tours AG, Hannover<br />

• QTA – Quality Travel Alliance, c/o RT, Burghausen<br />

• RCE – Reisebüro Centraleinkauf GmbH, Memmingen<br />

• RSG – Reisebüro Service GmbH & Co KG, Köln<br />

• RTK – Raiffeisen-Tours-Kooperation, c/o RT, Burghausen<br />

• RT – Raiffeisen Touristik, Burghausen<br />

• Schmetterling Reisen Verwaltungs-GmbH, Geschwand<br />

• TMCV GmbH, Dresden<br />

• TourContact Reisebüro Cooperation, Köln.<br />

Gerade im Bereich der <strong>Reisemittler</strong>/Reisebüros ist eine Bereitschaft zu erkennen, sich<br />

Kooperationen anzuschließen, um langfristig das Wachstum und ihre Existenz zu sichern<br />

oder schlicht um kurzfristig auf dem Markt zu überleben.<br />

Die Ziele solcher Zusammenschlüsse zu Kooperationen können sein:<br />

• Kooperieren statt sich gegenseitig zu konkurrenzieren<br />

• Ausschaltung von Mitbewerbern<br />

• Bessere Einkaufskonditionen bei den Herstellern<br />

• Erzielung höherer Provisionen bei den Reiseveranstaltern/Handelsherren oder Produzenten<br />

• Bessere Durchsetzbarkeit von Qualitätsstandards und Preisvorstellungen<br />

• Bessere Identifizierbarkeit und Wiedererkennung bei den Konsumenten durch einen<br />

einheitlichen Marktauftritt<br />

• Standardisierung der Leistungen<br />

• Kostenreduktion durch Zusammenlegung von administrativen Tätigkeiten, Buchhaltung<br />

• Einheitliche Pflege der Internet-Auftritte<br />

• Bessere Finanzierbarkeit von Großprojekten durch die Menge der Kooperationspartner.


Aufgaben<br />

A. Grundlagen<br />

Aufgabe 1<br />

Berechnen Sie das Volumen der Urlaubsreisen eines Landes mit einer Gesamteinwohnerzahl<br />

von 70 Mio. Bürgern, einem 20 %igen Anteil der unter 14-Jährigen, mit einer<br />

Reiseintensität von 65 und einer Reisehäufigkeit von 1,<strong>2.</strong><br />

Aufgabe 2<br />

Berechnen Sie die Fremdenverkehrsintensität einer Destination (z. B. eines Kurortes in<br />

den Alpen) mit 1,2 Mio. Übernachtungen und einer Einwohnerzahl von 17.000. Was sagt<br />

diese Kennzahl aus und welche Problematik ergibt sich für einen Ort mit saisonalem<br />

Tourismusgeschäft?<br />

B. Angebotsseite<br />

Reiseveranstalter<br />

Aufgabe 3<br />

Beschreiben/Formulieren Sie die derzeitigen Entwicklungen auf der Nachfrage- sowie<br />

auf der Anbieterseite des Reiseveranstaltermarktes. Welche Rollen spielen in diesem<br />

Wandel die Substitutionsmärkte und potenzielle Konkurrenten der klassischen Reiseveranstalter?<br />

Aufgabe 4<br />

Ein Reiseveranstalter übernimmt im Rahmen seines Wirkens mehrere Funktionen. Erläutern<br />

Sie stichpunktartig die:<br />

a) Produktionsfunktion<br />

b) Handels- und Absatzfunktion<br />

c) Risikoübernahmefunktion<br />

d) Zielgebietserschließungsfunktion<br />

e) Emanzipatorische Funktion<br />

Aufgabe 5<br />

Sie sind im Einkauf von Beherbergungsleistungen bei einem Reiseveranstalter beschäftigt<br />

und sollen für ein Zielgebiet mit einer nicht-homogenen Beherbergungsstruktur für die<br />

kommende Saison (April bis Oktober) 40.000 Room/Night einkaufen. In die engere


Übungsteil<br />

Auswahl kommen lediglich zwei Hotels, die Ihren Qualitätsvorstellungen entsprechen.<br />

Ein Hotel gehört zu einer namhaften Kette, mit denen Sie ohnehin schon in anderen<br />

Zielgebieten zusammenarbeiten. Sie beschließen alle Room/Night auf dieses Haus zu<br />

steuern. Begründen Sie für welche Einkaufsvertragsart Sie sich entscheiden auch unter<br />

dem Gesichtspunkt, dass Sie nicht wissen, zu welchem Termin wie viele Gäste Ihre Reise<br />

buchen werden.<br />

Aufgabe 6<br />

Bei einer Objektanmietung wird üblicherweise ein Risikozuschlag kalkuliert.<br />

a) Kalkulieren Sie einen Risikozuschlag mit folgenden Angaben: Geschätzte Auslastung<br />

75 %, Zimmerpreis € 56,00 pro Person.<br />

b) Warum und bei welchen Vertragsarten im Hoteleinkauf wird ein solcher Risikozuschlag<br />

kalkuliert?<br />

Aufgabe 7<br />

Reiseveranstalter sind einem starken Wettbewerb ausgesetzt. Sie überprüfen laufend<br />

welche Strategieoptionen kurz-, mittel- und langfristig den maximalen Gewinn und die<br />

dauerhafte Sicherung des Unternehmens sichern. Ein Reiseveranstalter kann auf mehreren<br />

Strategieebenen Tätigkeiten entfalten. Innerhalb jeder einzelnen Strategieebene stehen<br />

ihm zwei oder mehrere Strategiealternativen zur Verfügung. Nennen Sie mindestens<br />

fünf Strategieebenen und erläutern Sie kurz (ggf. anhand von Beispielen) die dazugehörigen<br />

Strategiealternativen und deren Auswirkungen bzw. Wirkungsweisen.<br />

Aufgabe 8<br />

Sie etablieren sich als Spezial- bzw. Nischenveranstalter. Sie beabsichtigen, Ihr Produkt<br />

bzw. Ihre Produkte über <strong>Reisemittler</strong> zu vertreiben. Sie überlegen, wie Sie den Vertrieb<br />

am besten steuern können. Im Rahmen Ihrer Überlegungen beschäftigen Sie sich mit<br />

dem Agenturvertrag, den gängigen Provisionssystemen, der Verkaufsförderung und den<br />

Arten und Methoden des Vertriebs.<br />

a) Nennen Sie drei Vertriebsarten, geben Sie an für welche Sie sich entscheiden würden<br />

und begründen Sie Ihre Entscheidung.<br />

b) Nennen und erläutern Sie anhand selbstgewählter Beispiele drei Methoden des Fremdvertriebs.<br />

c) Geben Sie zehn wichtige Inhalte eines Agenturvertrages an (Rechte und Pflichten der<br />

Vertragsteilnehmer) sowie die Funktion des Agenturvertrages.<br />

d) Zeigen Sie die gängige Provisionssystematik der Reiseveranstalter im Überblick auf.<br />

e) Erläutern Sie ausführlich die Zielsetzung und die Möglichkeiten der Verkaufsförderung<br />

eines Reiseveranstalters.

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