KREIS OLPE - Sauerländer Heimatbund e.V.
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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
Gefordert durch<br />
Der Ministerprasident<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
:-\-<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
<strong>KREIS</strong><br />
<strong>OLPE</strong>
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
*S! t054 (g*<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
PAPIERFABRIK SUNDERN G.M.B.H.<br />
PAPIER^ HOLZSTOFF^ UND ZELLULOSE^FABRIKEN<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong>
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
^.^>L\i J<br />
^^^<br />
Hochsauerlandkrels<br />
Der Oberkreisdirektof<br />
I lnv,Nr. I<br />
3>e
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
14.H4^ ^^-^eLait<br />
Zum dritten Male nach dem Kriege geht „De Suerlanner" in das<br />
kurkolnisdie Land hinein.<br />
Im Titelbild quillt und sprudelt eine Quelle, wie wir es uberall in<br />
der reldien Landsdiaft unseres Heimatgebietes selbst sehen konnen.<br />
Das klare Wasser sudit seinen Weg durdi alles Gestraudi und Ge-<br />
striipp und flieSt ungetrCibt weiter in das Land.<br />
Konnte unser heimatlidier KiJnstler und Graphiker das Wesen der<br />
Arbeit an der Heimat und fiir die Mensdien unserer Heimat besser<br />
darstellen?<br />
Moge daher unser Heimatkalender mit seinen Beitragen,'Bilderni und<br />
Zeidinungen alle Sauerlander, jene, die von Geburt aus hier in allem<br />
Sdiaffen die Kraft dieser Quelle vespiirt haben, und jene, die nadi den<br />
Wirren des Krieges hier wieder festen Heimatboden gefunden haben,<br />
bestarken in dem BewuBtsein, dal.^ alle kulturelle Arbeit zunadit hei-<br />
matlidi gebunden sein mu6, daS jeder Mensdi zunadist auf dem<br />
Boden seiner Heimat seinen festen Standort beziehen sollte, urn von<br />
dort aus in das deutsdie Vaterland und in die groSere Heimat aller<br />
Mensdien uberhaupt hineinwirken zu konnen.<br />
Hoffentlidi konnen sie sidi uber diesen Heimatkalender so freuen,<br />
wie wir alle froh dariiber sind, daS der Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
dank der allseitigen Forderung und Unterstutzung den „Suerlanner,<br />
hinaussdiid^^s>^^m>^^^^ ^f^^r^^^^t^ ^^^f^^^>^^ ^^^-m^^m^s^ss <<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong>
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^Cyec C^aueelcinclt ec<br />
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Januar t Hartung<br />
«««#*<br />
L<br />
Datum Fest- u. Namenstage<br />
Sonnen-<br />
Aufg. Untg.<br />
Tier-<br />
kreis<br />
1 F Neujahr 8.36 16.27 4-<br />
2 S Makarius 8.36 16.28 ^<br />
3 S Namen«Jesu;Fest 8.36 16.29 -!••<br />
10 S 1. n. Ersch., Agathon 8.34 16.38 ^<br />
11 M Paulinus 8.33 16.39 Rf<br />
12 D Ernst ) 8.32 16.40 S<br />
13 M Gottfried 8.32 16.42 «n*<br />
14 D Felix 8.31 16.44 ipf<br />
15 F Paulus d. Einsiedler 8.30 16.45 1W<br />
16 S Marcellus 8.29 16.47 Vk<br />
17 S 2. n. Ersch., Antonius 8.28 16.48 He '<br />
18 M Petri Stuhlfeier , (gi 8.28 16.50 He<br />
19 D Martha 8.27 16.52 He<br />
20 M Fabian 8.26 16.53 -m<br />
21 D Agnes 8.24 16.55 M<br />
22 F Meinrad, Vincenz 8.23 16.57 otH<br />
23 S Raymund, Ildefons 8.22 16.58 one<br />
24 S ' 3.n.Ersch., Timotheus 8.21 17.00 c*<br />
25 M Pauli Bekehrung 8.20 17.02 A<br />
26 D Polycarp 8.18 17.04 rs<br />
27 M Chrysostomus C 8.17 17.06 4><br />
28 D Manfred 8.16 17.07 HP<br />
29 F Franz v. Sales 8.14 17.09 H-<br />
30 S Martina 8.13 17.11 ^<br />
31 S 4. n. Ersch., Luise 8.11 17.13 M.<br />
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Wetterregeln:<br />
En guet gliicksiiilig nigge<br />
Johr, Dat giewe Guatt un<br />
weere wohr. — Wenn me<br />
in der Harremond dat<br />
Water hort riusken, Dann<br />
kann me den Roggen<br />
diasken arr Biusken. —<br />
Januar matt knacken,<br />
Wenn de Biuer well sak-<br />
ken. — Weert de Dage<br />
langer, weert de Kiille<br />
strenger. — Op Vinzenz<br />
Sunnenscheyn Brenget<br />
viel Koorn un Weyn. —<br />
1st der Januar gelind,<br />
Lenz und Sommer stiir-<br />
misch sind. — Sind im<br />
Januar die Fliisse klein,<br />
gibts viel Frucht und gu-<br />
ten Wein.<br />
Der „Hundertjahrige":<br />
Der Januar<br />
fangt mit Kdlte an, am<br />
20. Schnee bis zum 27.,<br />
dann Schnee und Regen<br />
bis Ende.<br />
Unser Bild;<br />
Winter im Hochsauerland
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Es ist tandertmal .gesagt, daB es schwer ist, das Wiesen der Heimat in ein<br />
Wort 2u bannen, da es sich nicht dem iganzlich offenbart, der es nur rait dem<br />
Verstande sudit, sondern vielmehr nur dem, der es ertebt. Alber wenn es<br />
schon ein Wort sein soil, so weiB icli fiir den Inbegriff der Heimiat Isein<br />
besseres ais — die Liebe. —<br />
Wanderer Im Schnee<br />
Wie auf uinbeschriebnen Taifeln<br />
'gelit mein FuB auf 'weiBer Decke.<br />
Feierlich, daB ich erschrecke,<br />
wird, im weichen Schnee verloren,<br />
meines Schrittes Spur geboren. —<br />
Vor mir ragt der Berge Leuchten.<br />
Nieder schaaie ich zu Tale<br />
in des Winters weiBem Saale. —<br />
Pracht von uniberuhrten Beeten<br />
hat mein Wanderschiih zertreten. —<br />
Grollet nicht, ihr weiBen Berge!<br />
Wind Wird meine Spur verwehen,<br />
eh sie noch ein Mensch gesehen.<br />
Seid getrost; es haben morgen<br />
Flocken meine Spur verborgen!<br />
Grollet nicht, denn ich muC welter,<br />
andre Spuiren einzuweben<br />
meinem Tag und meinem Leben. —<br />
Die wird niemand je verwehen.<br />
Einer wird sie immer sehen. —<br />
Wie auf unbeschriebnen Tafeln<br />
geht mein FuC .<br />
Theodor Propper.<br />
Die Planeten im lanuar<br />
M e r k u r ist unsichtbar. Venus kommt am 30. 1. in obere Konjunktion mit der Sonne und<br />
bleibt dalier unsichtbar. Mars ist annahernd funf Stunden am ostlichen Morgenhimmel zu<br />
sehen- er geht fast gleichbleibend gegen 2.30 Uhr auf. Am 2. Januar abends geht Mars im<br />
Abstand von gut zwei Vollmondbreiten sudlich an Saturn voruber. Jupiter steht nach<br />
Sonnenuntergang bereits hoch am Osthimmel und ist bis in die fruhen Morgenstunden zu be-<br />
obachten. Bei seiner rucklaufigen Bewegung im Stier nahert er sich Aldebaran, dem hellsten<br />
Stern des Sternbildes. Saturn geht erst 'Mitternacht auf und erreicht semen hochsten Stand<br />
kurz vor Sonnenaufgang. Er ist als mattgelber Stern erster GrbBe bstlich von Spica zu fmden.<br />
In der ersten Monatshalfte steht der schnell nach Osten eilende Mars, mit dem er am 2. Januar<br />
in Konjunktion kommt, ganz in seiner Nahe.<br />
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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Februar t Horniing<br />
Datum Fest- u. Namenstage<br />
Soni nen-<br />
Aufg. Untg.<br />
Tler-<br />
kreis<br />
1 M Ignatius 8.10 17.15 Ot<br />
2 D Maria LiditmeO 8.08 17.16 .^»><br />
6 S Dorothea 8.01 17.25 ^<br />
7 S 5. n. Ersch., Richard 8.00 17.26 1F#<br />
8 M lohaiines von Matha 7.58 17.28 «f<br />
9 D Cyrill, Apolionia 7.56 17.30 .ri*<br />
10 M Sdiolaftika ) 7.54 17.31 .«*<br />
11 D Adolf 7.52 17.33 Vk<br />
12 F Benedikt 7.51 17.35 W<br />
13 S Kastor 7.49 17.37 JtJt<br />
14 S Septuagesima, Valentinus 7.47 17.39 -•3<br />
15 M Faustin 7.45' 17.41 -<<br />
16 D Juhana 7.43 17.42 v«,<br />
17 M Donatus @ 7.41 17.44 -m<br />
18 D Simeon 7.39 17.46 ^<br />
19 F Konrad 7.37 17.48 4><br />
20 S Eudiarias 7.35 17.50 4-<br />
21 S Sexagesima, Elenore 7.33 17.52 A<br />
22 M Petri Stuhileier 7.31 17.54 A<br />
23 D Arnold 7.29 17.55 c«<br />
24 M Matthias 7.27 17.57 c«:<br />
25 D Walburga 7.24 17.59 c«:<br />
26 F Alexander (^ 7.22 18.01
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
„LaB es klingen in deinem Hause! Kinderlachen und Kindersingen gehoren<br />
zu einem Hause wie die Sonne am Hiimmel. Es ist dann, als sprache der<br />
Geist des Haus.es selber, als ware dhm die Zungegelost."<br />
Johannes Hatzfeld<br />
Ersf dann<br />
Je starker dich die Welt umfangt<br />
mit lihrer Lust und ihrer Last,<br />
je naher sie sich an dich drangt<br />
mit siiBem Ruf und leerer Hast:<br />
je hoher ^bau die Zinnen auf<br />
und schliefie rings sie um dich her,<br />
was jenseits dieser Wehre bleibt,<br />
bedrange dich nicht lamger mehr.<br />
Erst, wenn du diesen engen Raum<br />
mit deinem echten Sein gefiillt<br />
und alle Sehnsucht, jeden Traum<br />
in Dermut aus dir selbst gestidlt,<br />
erst dann sieh wieder um dich her<br />
und reiB die Zinnen wieder ein —<br />
nun darf die Lust und darf die Last<br />
der Welt dir wieder nahe sein.<br />
Ferdinand Tonne.<br />
Die Planeten im Februar<br />
M e r k u r erschelnt am 2. Februar am Abendhimmel nahe dem Sonnenuntergangsort. Er ist<br />
L zum 22 l-Tbruar Si sehen, und zwar mit zunehmender Sl
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Marz i Lenzmond<br />
Datum Fest- u. Namenstage<br />
Soni<br />
Aufg. len-<br />
Untg. Tler-<br />
krei<br />
1 M Agnes 7.16 18.06 «-S<br />
2 D Fastnadit 7.14 18.08 HJL<br />
3 M Aschermittwodi 7.11 18.10 ^<br />
4 D Friedrich 7.09 18.12 /!>L<br />
5 F Fridolin Q 7.07 18.13 ^<br />
6 S Thomas v. Aquin 7.05 18.15 %<br />
7 S<br />
8 M<br />
9 D<br />
1. Fastensonntag<br />
Beate<br />
Franziska<br />
7.04<br />
7.00<br />
6.58<br />
18.17<br />
18.19<br />
18.20<br />
«f<br />
Rf<br />
m*<br />
10 M 40 Martyrer 6.56 18.22 mr»<br />
11 D Rufina ) 6.53 18.24 **<br />
12 F Gregor 6.51 18.26 JW<br />
13 S Gerald 6.49 18.28 He<br />
14 S Reminiscere, Mathilde 6.47 18.29 He<br />
15 M Klemens Maria Hofbauer 6.44 18.31 frU<br />
16 D Heribert ® 6.42 18.33 m<br />
17 M Gertrud 6.40 18.35 Uni<br />
18 D Cyrillus 6.37 18.36 4-<br />
19 F Joseph 6.35 18.38 "*<br />
20 S Joachim 6.33 18.40 ^<br />
21 S Oculi, Frilhlingsanfang. 6.30 18.42 A<br />
22 M Nikolaus von der Flue 6.28 18.43 A<br />
23 D Otto 6.26 18.45 ^<br />
24 M Gabriel, Erzengel 6.24 18.47
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Was will die Heimatbewegung? — Will sie nur eine auBere Pflege der<br />
Heimat, der Natur, der Landschaft? Will sie nur die besonderen ReiEe des<br />
Voikstv^s pflegen? — Dann kommt ihr inicht jene ,groBe Bedeutung zu,<br />
die ihr so oftoals zugesprochen wird. Will sie aber mehr, ist ihr eigentliches<br />
Objekt nicht die auBere Welt, sondern der Mensch, will sie den ganzen<br />
Menschen erfassen, will sie im tiefsten Wesen eine wirkliche und voile<br />
Kulturbewegunig sein, dann kommt sie an der Religion nicht vorbei. —<br />
Die Planeten im Marz<br />
Fruhling im Bergland<br />
Wie die Drosseln in dem dunklen Tannen rufen!<br />
Aller Fruhling wiil so hold mich locken;<br />
Sehnend schwiilt es durch die Abendtaler,<br />
AUes Blut will mir im Herzen stocken.<br />
Herz, du solltest wie der WeiBdom quellen,<br />
Bliitenuberschwellend selig prangen!<br />
Herz, du solltest wie der Ginster leuchten.<br />
Von der Sonnen'schonheit golduimhangen!<br />
Herz, du solltest wie die hellen Wiesen<br />
Weit dich auftun vor dem Licht und Wehen,<br />
Herz, du solltest wie die blanke Birke<br />
Demutinnig unter Schauem stehen.<br />
Wie die Drosseln in den dunklen Tannen.rufen,<br />
Wie von Waild zu Wald die Stimmen schwingen!<br />
LaB mich bluhen, Weifidorn, goidner Ginster,<br />
LaB mein Herz im Blutenrausch zerspringen!<br />
Maria K a h 1 e.<br />
1, Marz am westlichen AbendhimmeL Der Pl^"|t ,^f ^•^Y^t '^ ne Stunde nach Mitternacht auf.<br />
SchluB eine Stunde lang zu beobachten^ M ^J,^ fl'J* ^^^gj betragt gegen vier Stunden. Der<br />
seine Sichtbarlceitsdauer am S"dost idnen Morgenlinnme^ D^<br />
schnell nach Osten wandernde Plf^f,* ,*^i»t jf;'^„^°"sonnenuntergang bereits im Sudwesten und<br />
bstlicher Richtung entfernt J u p 11 e i |teM nach sonnenume g g ^^^^^ ^^^ Mitternacht<br />
i^ S^[en"°z'?se"he^^.''Auirang^a^^'\"^Mlr|^\.l2 ^r'^V^o^ Tagesanbruch findet man den Planeten<br />
am SUdhimmel.<br />
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April i Ostermond<br />
10<br />
Datum Fest- u. Namenstage<br />
Sonr len-<br />
Aufg. Untg.<br />
Tler-<br />
krels<br />
1 D Hugo 6.05 19.00 ^<br />
2 F Franz v. Paula 6.03 19.02 ^g<br />
3 S RicharH Q 6.00 19.04 1W?<br />
4 S Passionssonntag 5.58 19.05 ^<br />
5 M Vincenz Ferrerius 5.56 19.07 «•<br />
6 D Notkcr 5.54 19.09 CT*<br />
7 M Hermann Josef 5.51 19.10 n<br />
8 D Albert, Walter 5.49 19.12 Vk<br />
9 F Waltraud 5.47 19.14 -iS<br />
10 S Medithild ) 5.44 19.16 H^<br />
11 S ('almsonntag 5.42 19.17 "m<br />
12 M lulius 5.40 19.19 •m<br />
13 D Hermenegiid 5.38 19.21 m<br />
14 M Justlnus 5.35 19.22 H-<br />
15 D Anastasia 5.33 19.24 ^<br />
16 F Karfreitag 5.31 19.26 A<br />
17 S Karsamstag, Rudolf 5.29 19.28 :h<br />
18 S Ostersonntag @ 5.27 19.29 A<br />
19 M Ostermontag 5.24 19.31 •c«;<br />
20 D Viktor 5.22 19.33 C4K<br />
21 M Konrad v. Parzham 5.20 19.34 ^<br />
22 D Soterius 5.18 19.36 M.<br />
23 F Georg 5.16 19.38 M.<br />
24 S Adalbert 5.14 19.39 ii£<br />
25 S WeiGer Sonntag, Markus 5.12 19.41 iCE<br />
26 M Kletus C 5.10 19.43 ^<br />
27 D Petrus Canisius 5.08 19.44 i.<br />
28 M Paul V. Kreuze 5.06 19.46<br />
29 D Ermentrud 5.04 19.48 >*<br />
30 F Kalharina v. Siena 5.02 19.50 3;<br />
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Wetterregeln:<br />
Blast der April den Wind<br />
aus weiten Backen, muji<br />
der Bauer spater viel Un-<br />
kraut hacken. — Ver-<br />
stecken sich die Krdhen<br />
im Korn, ist das Jahr des<br />
GlUckes Born. — De April<br />
dott, hat hai well. — Wenn<br />
der April blast in sein<br />
Horn, So steht es gut um<br />
Heu und Korn. — Ist der<br />
April zu schon, Kann im<br />
Mai der Schnee wehn. —<br />
Aprilflocklein bringen<br />
Maiglocklein.<br />
Der „Hundertjahrige":<br />
Der April<br />
ist anfangs kalt, 4. schon<br />
und warm, 8. windig mit<br />
Regen, 9. bis 11. warm,<br />
16. Gewitter, 19. schon,<br />
Ungewitter und Donner<br />
bis 23., dann rauhe Lujt<br />
vom 26. an sehr kalt und<br />
triibe.<br />
Unser Bild;<br />
Feierliche<br />
Karfreitags-Prozession<br />
in Stockum
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Wenn HaB, Mifigimst und Neid tate brennen, wie Stroh und Feuer, so ware<br />
das Holz nicht halb so teoier.<br />
Hausinschrift in Nordenau<br />
Die Planeten im April<br />
Vor einer Wanderung<br />
Du,<br />
der die Sonne lafit aufgehn<br />
und Walder bliihen,<br />
griine Saaten reilen,<br />
der Wind und Vogeln<br />
gab die Lust<br />
zu singen<br />
und den Bachen,<br />
dai3 sie rauschend<br />
saumen<br />
meinen Wanderweg.<br />
Du,<br />
der midi diese Nadit<br />
behiiitete<br />
und unterm Stiernenzelt<br />
mir Schlaf und Kraft<br />
zu neuem Wandern gab,<br />
laB miich audi heute<br />
alle Schonheit deiner Schopfung<br />
schaueni<br />
und segne meinen Wandertag.<br />
Richard Althaus.<br />
keitsdauer am westUchen Abendh mmel und kann zuieizt Anbruch der Morgendammebeotachtet<br />
werden. M « r s geht um MitternacM aui una^^^^^^ auHindbar und geht m<br />
rung der zwelten im SUden Halfte zu des sehen. Monats J " P schon ' * ^^,'^* vor MUtema^t^n^^^^ ^r?J"^a^•„JJter In den fruhen Abendstunden, ^.^^^^ ^^^ ^^^^^ wenn<br />
die scheidenden WintersternbUder no* am Westhimme^ erKenno g^afierer Hbhe ostllch<br />
Z^°Illl^£^sTe^:'T.XTrt'f^'r^^'Z''irA^^^^^^ zur Sonne und ist dann<br />
wShrend der ganzen Nacht zu beobachten.<br />
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11
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Mai t Wonnemond<br />
12<br />
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Heimiat versteiien? — Ich weiB nicht, ab das moglich ist. Heimiat muB man<br />
erleben, wie man ein groGes Gliick, eine ganz groBe Freude erlebt Oder auch<br />
ein groBes Leid, dafur ja auch Tranen und Worte nur ganz unzulanigliche<br />
Kunderinnen sind. —<br />
Ma/re/gen<br />
Nun tanzt leichtfuBiger Madel Schar<br />
Um griinen Maienbaum,<br />
Der aufband duftig loses Haair,<br />
Noch schwer vom Wintertraum.<br />
Sie biegen sich und wiegen sich<br />
Im lichten Reihentanz<br />
Und fiigen sich und schmiegen sich<br />
Z'um frischen Maienkranz.<br />
Ihr Wuchs ist wie die Birke schwank<br />
Im Lenzeswindewehn,<br />
Ein lebend schwebend Laubgerank<br />
Um Taler traut und Hohn.<br />
So singen sie und springen. sie<br />
Des Liiederreigens Hund,<br />
So ringen sie und schwingen sie<br />
Der Bander Farbenbunt.<br />
Ihr Auge blau. wie Lasurstein,<br />
Ihr Lockgespinst von Gold,<br />
Die fangen Sonn' und Himmel ein<br />
Und wirken sie dann, bold<br />
Ein in des Friihiings festlich Kleid,<br />
Das grun den Baum umtoliiht,<br />
In Teppiche farb'ger Heiterkeit<br />
Fiirs dunkelste Gemut.<br />
Christian S c h n e 111 e r.<br />
Die Planeten im Mai<br />
M P r k u r kann erstmalig am 21. Mai am westlichen Abendhimmel beobachtet werden Seine<br />
S "„«?mcS "n JlS.m .1.0 gu. vl« v«[moM»r.ltjn '" IJ""'" "»" ''^'g'S'S<br />
ct=iit,r,o Anriprprspit-j aher steht der Planet so weit sualicn, dau sem xagoogeii nui '•='"'<br />
itSnden'bttraSt m sefn iuYg^^^^^^ Mai in den spaten Nachmittag ruckt werden die Be-<br />
obachtungsbedfngunlen nach Mittlrnacht schnell ungunstiger. Untergang Ende Mai um 3 Uhr<br />
morgens.<br />
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13
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)uni i Bradimond<br />
^4 *•'•<br />
14<br />
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Die Planeten im luni<br />
Bo diu ments wat te packen waiBt,<br />
dat pack bey Kopp un Steert,<br />
Et is koine Nuut &o klimpeAloin,<br />
Sei is et Pliicken wert.,<br />
F. W. Grimitje<br />
Sauerlandfruhe<br />
Die' Morgenberge leucliten<br />
Und geben lichten Schein.<br />
Im Tal, dem ne'belfeuGhten,<br />
Wem wollt' es wohl da sein?<br />
Uns winken hundert Gipfel<br />
Wie Gottes gute Hand.<br />
Uns locken tausend Wipfel<br />
Im griinen Sauerland.<br />
Wie ist die Welt hier oben<br />
So aller Wunder voll!<br />
Idi weiB nicht, wie icli loben,<br />
Nicht, wie icli beten soil.<br />
Der Himmel Gold und Blaue,<br />
Im Tal der Flusse Band.<br />
Ich sing' und sing' aufs neue:<br />
„Mein liebes, hohes Land!"<br />
Es stimmen ein zum Preise<br />
Die Quellen tief im Tann.<br />
Die Walder rutiren leise<br />
Die groBe Orgel an.<br />
Im Tal die frommen Glocken.<br />
Vom Grund zmn Himmelsrand<br />
Ein einziiiges Frohlocken<br />
Das grune Sauerland.<br />
Heinrich Luhmann.<br />
letztenmal am 11. noch einige wenige M nuten zu beooacm^^^ voruber. Venus ! Die<br />
zwei Tage alte Mond i'i,^'"^^ ^ntfernung von lo sudUch an M^^ stxxnAen herab. Untergang<br />
Sichtbarkeitsdauer des Planeten am Abendmmmei smKj ^ ^^ ^^^^ ^^^ ^^ 3^ ^^<br />
am 15, Juni urn 22.29 Uhr, am 30. ""^^^2 15 Uhr M a r s gent a 3„_ g^^j^^^^<br />
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15
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Juli ii Heuert<br />
16<br />
26 M<br />
27 D<br />
28 M<br />
29 D<br />
F<br />
S<br />
6. n. Pfingsten, Arnold<br />
Rufina<br />
Margareta<br />
Godefried<br />
Maria Magdalena C<br />
Liborius, BeginnderHundstage<br />
Christine<br />
7. n. Pfingsten, Jakob<br />
Anna<br />
Hugo<br />
Arnulf<br />
Martha<br />
Ingeborg<br />
Ignatius V. Loyola<br />
4.20<br />
4.21<br />
4.22<br />
4.23<br />
4.25<br />
4.26<br />
4.27<br />
4.28<br />
4.30<br />
4.31<br />
4.32<br />
4.34<br />
4.35<br />
4.36<br />
4.38<br />
4.39<br />
4.40<br />
4.43<br />
4.44<br />
4.45<br />
4.47<br />
20.46<br />
20.45<br />
20.44<br />
20.43<br />
20.42<br />
20.41<br />
20.40<br />
20.39<br />
20.38<br />
20.37<br />
20.35<br />
20.34<br />
20.33<br />
20.32<br />
20.30<br />
20.29<br />
20.27<br />
20.26<br />
20.24<br />
20.23<br />
20.21<br />
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otii<br />
f.^"<br />
„Bringt der Juli heifie<br />
Glut, So gerdt die Ernte<br />
gut." — „So golden die<br />
Sonne im Juli strahlt, So<br />
golden sich der Roggen<br />
mahlt." — „Im Juli mufi<br />
braten, Was in der Tenne<br />
soil geraten." — „Sobald<br />
die Sense klingt, Petrus<br />
uns Regen bringt." —<br />
,,'Wettert der Juli mit<br />
grofiem Zorn, Bringt er<br />
dafUr reichlich Korn." —<br />
„Die erste Birne bricht<br />
Margaret (20. 7.), D'rauf<br />
ilberall die Ernte angeht."<br />
— Maria Magdaldne Jetet<br />
de Niite alldine. — Mut-<br />
ter Anna hell und klor,<br />
Git Roggen un Rawer,<br />
ddtt is wohr. — Ein tilch-<br />
tiges Juligewitter 1st gut<br />
filr Winzer und Schnitter.<br />
Der „Hundertjahrlge":<br />
Der Juli:<br />
1. bis 3. triib, halt, 4. warm.<br />
7. bis 18. warm, 19. bis 21.<br />
Regen, vom 22. bis Ende<br />
schon, warm.
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dL den WllSf und d^: Kra« ha.en, der Wi^ichkeit .nd den dr.ngenden<br />
Fordemngen der Stunde mitten in den Rachen hmemzupacken.<br />
Sunnenland<br />
Ik gang sau geem. met dey naumdl<br />
als Kind wey'r in de Schaul'.<br />
Met dey, meyni Brauer Johamn, naumol,<br />
met dey'wey'r in de Schaul.<br />
Fey botten do up usem Land<br />
— Bat wur dat aine Teyt! —<br />
de Kogig' 'n Boikenbiarg entlang.<br />
Niu liet dat all sau weyt! —<br />
Waist nau? — In baiter Sumerteyt,<br />
do rorrte sik ken^ Blaat.<br />
Un buawer us de Hiemel weyt,<br />
de Sunn' tuag iaren Paat.<br />
Fey laggten langs et Rugg' entlang<br />
un woUen us verkloor'n:<br />
Biu baug mag wual de Hiemel seyn,<br />
as bundertmol de Toom?<br />
Un was de Sturmwind liiwer'm Land,<br />
kaam en Gewitter faal:<br />
Fey laipen aan 'n Biargesramd,<br />
do fall ken Druapen daal.<br />
Un wann us dann et Griusen kaam<br />
_ Fey scbnurrten us wual sacbt<br />
un menten: L«cit us baime toin,<br />
im Biarge weert all Nacbt!<br />
Dat is niu aM. sau manniig Joor.<br />
Ik satte bairn 'n Faut<br />
un soi van wey'n 'n Kiarketoorn;<br />
et weert mey wai te Maut.<br />
AU iimm' mik hiar meyn Sunnenland<br />
im groinen Krans van Boimen,<br />
dat wenket: Raik mey deyne Hand,<br />
bey kanns diu ruggen — droimen.<br />
Franz Rinscbe.<br />
Die Planeten im Juli |un Abendwrnmei<br />
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August t Ernting<br />
18<br />
Datum Fest- u. Namenstage<br />
Sonnen-<br />
Aufg. Untg.<br />
Tler-<br />
krels<br />
1 S 8. n. Pfingsten<br />
2 M Alfons von Liguori<br />
3 D Auffindung d. hi. Stephanus<br />
4 M Domlnlkus<br />
5 D Alfred<br />
6 F [ustus )<br />
7 S Albertus<br />
4.48<br />
4.50<br />
4.51<br />
4.53<br />
4.54<br />
4.56<br />
4.58<br />
20.18<br />
20.17<br />
20.15<br />
20.13<br />
20.12<br />
20.10<br />
20.08<br />
<br />
ri<br />
n<br />
c«:<br />
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Wie arm ist doch der Mensch, der kein Verstandnis hat fur Schonheiten der<br />
Natur' Die Naturentfremdung ist ein grenzenloses Ung-luck fur unser Volk,<br />
Lind was das Schlimmste ist, ihr nebenher geht die Gottentfremdung.<br />
Heinrich Schauerte<br />
Krauferwelhe<br />
Wir bringen, cairisti Mutter, dir<br />
Den duft'gen StrauB getragen;<br />
Zur Weihe bringen heute wir,<br />
Was wuchs in Sommertagen:<br />
Dorand, Saibei<br />
Und Vielerlei,<br />
Des Feldes uind Waildes Wiirze, —<br />
Der Vater Brauch getreu.<br />
Was deuten uns die Krauter hier<br />
An ihrem Auffahrtsfeste?<br />
Die Tugenden, die reiche Zier,<br />
Drin sie geschmtickt aufs beste:<br />
Dorand, Salbei<br />
Und Vielerlei,<br />
Des Feldes und Waldes Wiirze, —<br />
Manch Tugend-Konterifei.<br />
Gebricht uns je der werte StrauB,_<br />
1st bald die Freud' entschwwnden;<br />
Doch kehrt der Feind VOT unserni Haus,<br />
Wenn frisch der StrauB gebunden:<br />
Dorand, Salbei<br />
Und Vielerlei,<br />
Der Tugend-Krautleln Wiirze, —<br />
Es fehle keins dabei.<br />
Mog uns so werter Krauter Kraft<br />
Bestehn und nie vergdien,<br />
Dafi, wenn der Tod den Leito hinrafft,<br />
Zum Letaen wir erstehen —<br />
Dorand, Salbei<br />
Und Vielerlei,<br />
Segn' uns der Herr die Wiirze<br />
DaB Tuigend siegreich sei!<br />
Josef Pape.<br />
Die Planeten im August<br />
Merkur bleibt ""sichtbar • ^^^ ir V = e „ n ,, u c s iot ist nnr nur noch no* tlef tiei am a^^^^^^^^ Westhorizont ^^^ ^^^^ erne ^^^ Stunde ^^^^^ lang 1^<br />
nach Sonnenuntergang zu sehen M a r s ! Da ^'^ j^^^lg^Monats veriruhen, 1st der Planet last<br />
um den gleichen Betrag von einer Stunde ^""^^1%^%"^^ durch seine schnell anwachsende<br />
gleichbleibend 3'/. Stunden zu beobachten J u p 11 e r wim au gtunden betrSgt, zum<br />
Sichtbarkeltsdauer, die ^uerst erne Stunde und zuletztnane ^.^^i^tiauflg das SternbUd<br />
beherrschenden Gestirn des Morgenhimmels^ J^^^^ Westhimmel und kann anlangs zwei<br />
ItTS,^zulelzWu? n^o^^h^inrknf^pfstrde^efbaehtet werden.<br />
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19
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September u Herbstmond<br />
20<br />
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Das Ziel der Heia-natbewegunig ist der seeMsch und korperlich gesunde,<br />
bodembestandige Mensch, in dessen Wesen das Zeichen des iheimatlichen<br />
Besonderen eingepragt ist. Obigleich. Heimaterleben, Heimatliebe im Gmnde<br />
etwas Seeliisches ist, so darf man doch nie vengessen die Verbindung, die<br />
zwischen ihm und, der materiellen Wirklichkeit besteht.<br />
Lied in die Heimat<br />
Ich mochte wieder heirawarts gehn,<br />
den alten Wag nadi Hause —<br />
die Menschen und die Baume sehn,<br />
die Kirche und die Klause,<br />
darin so fromm sein wie als Kind;<br />
im Haus so still versonnen,<br />
wie alle meine Dinge sind,<br />
die ich so lieb igewonnen. —<br />
Ich mochte wieder heimwarts gehn,<br />
den alten Weg nach Hause.<br />
Denn alle .Fremde ist ein Bliihn<br />
und kann uns niemals reifen. —<br />
Ob war uns auch urn alles miihn<br />
wie Wunder sie zu greifen:<br />
die Fremde wird uns fremder sein,<br />
und fern bleibt jede Stunde,<br />
sie laBt uns immerzu allein<br />
und stumm im tiefsten Grunde. —<br />
Denn alle Fremde ist ein Bliihn<br />
und laBt uns niemals reifen.<br />
Ich, mochte wieder heimwarts gehn,<br />
wo alle Wege enden —<br />
im WaMe und am Garten stehn<br />
mat Friichten in den Handen;<br />
und trinken aus dem alten Krug,<br />
die Heimat zu ergrunden —<br />
und darin wieder Zug um Zug<br />
das Antlitz Gottes finden. —<br />
Ich mochte wieder heimwarts gehn,<br />
wo alle Wege enden.<br />
T h lO m a s K 1 a u s n e r.<br />
Die Planeten im September<br />
Merkur ist unsichtbar. Venus erreicW am 6. September ihregroBteo^^^^^ seSef^Am<br />
Sie ist nicht lanser als durchschnittlich eine Stunde nach Sonnenuntergang zu senen Am<br />
1 September tSolt der Mond als schmale Slchel den Planeten. d^ssel^e ge^ch^^^^^^^<br />
tember. Mars bleibt unverSndert 3V= bis 4 Stunden '"^ Suden ur^d Sudwesten sicMbar und<br />
durchwandert, standig vor der Sonne herlaufend, das Sternbild f^'^"*^^:^^"'^^^f„7*^J^°';^tt|l^eh<br />
Mars ffeeen 22 30 Uhr unter Jupiter lauft zwischen Procyon im Kleinen Hund, der suaiicn<br />
fon m1^^stem,'und''cast"or und Pollux, die nordlich von ihm stehen hindur*. g^fJ°j;^.fgf^^^;<br />
aufsane am Osthlmmel sichtbaren wintersternbilder Stier, Orion und GroBer Hund mit fairius<br />
eehln derJT Pllnet^n voran Sirius steht im SUdosten und liegt mit Procyon, Jupiter Castor<br />
und PollSi au? etaem we tgeschwungenen Bogen. Ende September geht Jupiter schon yor<br />
MUtemacht auf Saturn steht am westlichen Abendhimmel; seine Sichtbarkeit sinkt von<br />
einer Stunde auf einige Minuten am Monatsende herab.<br />
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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Oktober # Sdieiding<br />
22<br />
Datum<br />
Fest- u. Namenstage<br />
Sonti<br />
Aufg. en-<br />
Untg. Tler-<br />
krels<br />
1 F Remigius 6.27 18.08 c«<br />
2 S Schutzengelfest 6.29 18.05 ^<br />
3 S Erntedankfest 6.31 18.03 a<br />
4 M Franz von Assissi 6.32 18.01 ^<br />
5 D Placidus D 6.34 17.58 «2<br />
6 M Bruno 6.36 17.56 US<br />
7 D Rosenkranzfest, Meinolf 6.37 17.54 ^<br />
8 F Brigitta 6.39 17.52 \.<br />
9 S Gunther 6.41 17.50 •^<br />
10 S 18. n. Pfingsten, Viktor 6.42 17.47 «;<br />
11 M Burghard 6.44 17.45 ^<br />
12 D Maximilian ® 6.46 17.42 v^<br />
13 M Eduard 6.48 17.40 m»<br />
14 D Callistus 6.49 17.38 m»<br />
15 F Theresia 6.51 17.36 ^<br />
16 S Hedwig 6.53 17.34 n<br />
17 S 19.n.Pfingsten, Margareta 6.55 17.32 'HI6<br />
18 M Lukas C 6.56 17.29 Hg<br />
19 D Petrus von Alcantara 6.58 17.27 He<br />
20 M Wendelin 7.00 17.25 M<br />
21 D Ursula 7.02 17.23 m<br />
22 F Cordula 7.03 17.21 <br />
24 S 20. n. Pfingsten, Raphael 7.07 17.17 A<br />
25 M Chrysantus und Daria 7.09 17.15 j*i<br />
26 D Amandus O 7.10 17.13 A<br />
27 M Adelward 7.12 17.11 'IK<br />
28 D Alfred 7.14 17.09 clK<br />
29 F Theoderidi 7.16 17.07 4.<br />
30 S Dorothea 7.18 17.05
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Bai der Vater larwe ehrt,<br />
Hiat en Hiarte goldeswert,<br />
Is en Mann van Ehren.<br />
August Beule<br />
Unser Dorf<br />
Die Planeten im Oktober<br />
Da liegt das Dorf, von Filigran umsponnen,<br />
Geheimnisvoll in graue Mantel eingehiillt,<br />
Wie ein verwunschen Tal. Von fern der Plat-<br />
scherbronnen<br />
Singt leis ein Sehnsuchslied, das nimmer sich<br />
erfiillt.<br />
Die unruhvoUen Menschenherzen rasten.<br />
Im ersten unberuhrten Friihrotschein<br />
— Nodi nidit beschwert von Tageslarm und<br />
Hasten —<br />
Halt ihre Morgenfeier die Natur allein.<br />
Von Rosenrotgewolk ein brennend Gliihen<br />
Flammt fern im Osten auf. Die Sonne naht.<br />
Vom Tale steigts wie Nebelkrauselziehen.<br />
Tau fallt. Und alles riistet sich zum Morgenbad.<br />
Da hebt im Wald ein Zirpen an, ein Floten,<br />
Ein Singen und ein Klingen wie Gelaut.<br />
Die Voglein alle fangen an zu beten:<br />
„Unser tagliches Brot gib uns heut."<br />
Derweil liegt noch das Dorf in Morgentraumen.<br />
Erst mahlidi nimmt die Sonne jedem Dach<br />
Die graue Mutze ab. In alien Raumen<br />
Regt sich der Tag. Das stille Dorf wird wach.<br />
Christine Koch<br />
Merkur bleibt unslchtbar. Venus strahlt am "•.0'^t°^fi; ''"^f"^rdl^"fr^^^^<br />
Mars gewinnt, da seine Untergangszeit nahezu gleich "eibt, infolge der fruhe^ Itundln be-<br />
Dunkelhelt erheblidi an Slchtbarkeltsdauer, so daI5 f^Ende Oktober uberfunfStundenD^^<br />
obachtet werden kann. Der^ Planet 1st am Sudhimmel auff ndbar und hat das Ster^^^^<br />
bock errelcht Jupiter ist am ostllchen Morgenhimmel zu fmden """,P^f^«E*J"" °f" rter<br />
Cat^orubS Pollux In Horizontrichtung verlSngerten Bogen Gegen ^1^11°^^°^,^^^^^^^<br />
Planet schon kurz vor Mitternacht am Nordosthorizont zu erkennen S a t u r n^^i^t nur nocn<br />
m Sin ersten Monatstagen nach Sonnenuntergang wahrend emiger Mmuten tief im Westen<br />
zu sehen.<br />
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November i Neblung<br />
24<br />
Datum Fest- u. Namenstage<br />
Sonnen-<br />
Aufe. 1 Untg.<br />
Tler-<br />
krels<br />
1 M Allerheiligen 7.21 17.01 ^<br />
2 D Allerseelen 7.23 16.59 ^<br />
3 M Hubert ) 7.25 16.58 ^<br />
4 D Karl Borromaus 7.27 16.56 ^<br />
5 F Reliquienfest, Florlan 7.28 16.54 -^<br />
6 S Leonard 7.30 16.52 «<br />
7 S 22. n.Pfingsten, Engelbert 7.32 16.51 :*<br />
8 M Gottfried 7.34 16.49 Rf<br />
9 D Theodor 7.36 16.47 id<br />
10 M Andreas Avellini ® 7.38 16.46 mf<br />
11 D Martin von Tours 7.39 16.44 «*<br />
12 F Kunibert 7.41 16.42 it*<br />
13 S Stanislaus 7.43 16.41 Vk<br />
14 S 23. n. Pfingsten, Josaphat 7.45 16.39 HI6<br />
15 M Alberius Magnus 7.46 16.38 Hie<br />
16 D Edmund 7.48 16.37 m<br />
17 M BuCii u. Bettag C 7.50 16.35 m<br />
18 D KlrdiweihfestV. Peter u. Paul 7.52 16.34 4><br />
19 F Elisabeth 7.53 16.33 4-<br />
20 S Bernward v. H. 7.55 16.31 4-<br />
21 S Totensonntag 7.57 16.30 A<br />
22 M Cacilia 7.58 16.29 A<br />
23 D Clemens 8.00 16.28 C4»'<br />
24 M [ohannes v. Kreuz 8.02 16.27 c«:<br />
25 D Katharina % 8.03 16.26 C4K<br />
26 F Konrad 8.05 16.27
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Und ist es dir auch noch so leid,<br />
MuBt Heim und Heimat doch verlassen.<br />
AUein das Haus der Ewigkeit,<br />
Die Gottesburg mit gold'nen Gassen,<br />
Wird ewig dich umfassen.<br />
Augustin Wibbelt.<br />
Abend im Advent<br />
Der Flocken kraus Gewiimmel fallt<br />
vom Himmel her auf Wald und Feld,<br />
auf Dorf und Stadt und unser Haus<br />
und macht uns gar zum Nikolaus.<br />
Im Stubchen drin ist's hell und warm,<br />
das Kind ruht in der Mutter Arm<br />
und lauscht dem Klang der Glocken nach.<br />
Der Schnee fahrt polternd aib vom Dach.<br />
Leis affnet wer die Stubentur,<br />
der Duft von Backwerk dringt herfur.<br />
In bunter Schale kommt heran<br />
ein GruB vom Weihnachtsbackermann.<br />
Der Vater ziindet an das Dicht,<br />
die Mutter glaubig hoffend spricht:<br />
O sel'ge Zeit, o Weihnachtszeit<br />
komm und mach unsre Herzen vi^eit.<br />
Drei Kon'ge wanderten geschwind<br />
dem Sterne nach durch Nacht und Wind<br />
und wustenweite Einsamkeit.<br />
Komm und mach unsre Herzen weit<br />
o sel'-ge Zeit, o Weihnachtszeit.<br />
Richard Althaus.<br />
Die Planeten im November<br />
M e r k u r tritt am 7. November nach langer Unsichtbarkeit aus den Strahlen der Soime her-<br />
aus und kann im Osten vor Sonnenaufgang beobachtet werden. Die Sichtbarkeit am Morgen-<br />
himmel steig"schnell an und betragt in der Zeit vom 10. bis 25 November ungefahr erne halbe<br />
Stunde Venus erschelnt am 21. November wieder am ostlichen Morgenhimmel am Tage<br />
Ihres Erscheinens sudostlich von dem nur wenige Grad entfernten Saturn. Ihre Sichtbarkeit<br />
nimmt schnell zu. Mars ist zuletzt etwa sechs Stunden lang zu beobachten und nach Sonnen-<br />
untergang im Suden abfzufinden. Jupiter geht Ende November schon vor 20 Uhr im Nord-<br />
osten auf und ist bis zur Morgendammerung, hoch im Suden stehend, zu beobachten. Saturn<br />
kann am 21. November erstmalig wieder am ostlichen Morgenhimmel kurz vor Sonnenaufgang<br />
gesehen werden. Der Planet steht ziemlich weit ostlich von Spica.<br />
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25
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Dezember i Christmond<br />
26<br />
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KalterDezemher u.jrucht-<br />
bares Jahr sind vereinigt<br />
immerdar. — 1st der De-<br />
zember rauh und kalt,<br />
kommt der Frilhling auch<br />
schon bald. — Dezember<br />
verschneit und frostklar,<br />
bringt viel Korn im. ndch-<br />
sten Jahr. — Weihnach-<br />
ten naji, leer bleiben Spei-<br />
cher und Faji. — Siinte<br />
Klosken dernoh (6. 12.)<br />
les hai vidr alien Didrn<br />
do. —• Te Christdag bak-<br />
fcet Jdidermann; Te Ao-<br />
stern backet men, bai<br />
kann; Bai Pinkesten bdk-<br />
ket, les en wuahlstohen-<br />
den Mann.<br />
Der „Hundertjahrige":<br />
Dezember:<br />
1. und 2. Schnee, 3. bis 8.<br />
unbestdndig, 10. nachts<br />
kalt und Schnee, 11. und<br />
12. starke Kdlte, 13. und<br />
,14. Schnee, gelinde, 16. hell<br />
und sehr kalt bis zum 20.<br />
und wenig Schnee.<br />
Unser Bild:<br />
Zu Weihnachten bauen<br />
unsere Kinder Krippen
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Die Welt unseres Gemutes diirfen wir auch in der heutigen modernen Zeit<br />
mchl verkiimmern lassen. Vielmehr miiissen wir danach traditen, daB sie<br />
sich in Formen Ausdmck schafft, die auch in der heutigen Zeit ibestehen<br />
konnen. Finden \vir diese Formen nicht, so ist das ein Beweis dafiir, daB<br />
die Grundlagen echter Gemeinschaft erschuttert, daB die schopferischen<br />
Kraifte des Volkes im Versiegen sind.<br />
Das alfe Jahr<br />
Ich scheide, wedl sie alt mdch nennen,<br />
und melne Schwester kommt, mich abzulosen.<br />
Sie kommt, urn. medn GescMck au teilen:<br />
nach ibunten Tagen, kurzem Weilen<br />
von dannen a'ls ein altes Jaiir zu gehn.<br />
— Es muC igeschehn. —<br />
Nun groiUe nicht! Mit reinen Hlanden<br />
geh ich, ob du mir fluchist — ob du miich segnest.<br />
Ob Lust, ob Leid dir ward erlesen,<br />
ich bin daran nicht schuld gewesen.<br />
Ich war — o Mensch, es dankend doch bedenk! - -<br />
nichts, als Geschenk.<br />
Ich ging nadi gottBchen Gesetzen<br />
wie Sterne schweigend ihre StraBe wandern.<br />
Ich war das Stromibett deinem WiMen,<br />
war leere Schale. Sie zu fiiJien,<br />
stand harrend Tag fur Tag ich alle Zeit<br />
fiir dich toeredt. —<br />
Nun schwinde ich wie Schatten schwinden. —<br />
Es bleibt mir nichts.—Doch dir verbleiiibt die Ernte.<br />
— O Mensch, steh still mxt meiner Schwelle! —<br />
Die Welle stirbt — es steigt die WeJle.<br />
Es will das Jahr, das morgenjung sich naht,<br />
von dir — die Tat! —<br />
T h e o d o r P r 6 p p e r.<br />
Die Planeten im Dezember<br />
M e r k u r ist nur noch bis zum 2. Dezember einlge Minuten am ostlichen Morgenhimmel kurz<br />
vor Sonnenaufgang zu sehen. Venus geht am 15 Dezember um 4.31 Uhr auf "nd steht vor<br />
Sonnenaufgang im Sudosten. Am 4. Dezember wird Venus rechtlaufig und lauft erneut auf<br />
Saturn zu Ma r s durchschreitet welterhin rechtlaufig die Sternbilder des Tierkreises und<br />
erreleht schlie£!lich das ostllche Randgebiet des Wassermanns. J u P 11 e r geht am 15. Dezember<br />
um 18 36 Uhr, also 2'/2 Stunden nach Sonnenuntergang, un Nordosten auf und ist bis zur<br />
Morgendammerung, wo er im SUdwesten steht, zu sehen. In rudcwarts schreitender Bewegung<br />
nShert Jupiter sich wieder den ZwiUingen. Am 12. Dezember uberholt der Mond den Planeten.<br />
Saturn geht am 15. Dezember um 4.35 Uhr auf und ist etwa drei Stunden lang am sudost-<br />
lichen Morgenhimmel sichtbar. Saturn steht zuletzt zwischen Venus Im Osten und Spica im<br />
Westen.<br />
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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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An die Jugend der Heimaf<br />
Aus der Feuerrede von Theodor Propper bei der abendlichen Jugendkundgebung<br />
anlaBlich des Westfalentages in Meschede am 20. Juni 1953.<br />
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zu verzichten. Docii, wie dem auch sei: unsere Zeit braucht Menschen mit Eisen im ^<br />
Bliut. In einer Zeit des „orgara!sierten Chaos", in der so vieles wankt und stUrzt, seid<br />
Ihr aiufgerulen, die Heimat zu umklammern mit der Begeisterung einer „niichtemen<br />
Trunkeniheit". Nicht romiantische Schwarmerei, ndcht satter Besitz, eondern Dienst,<br />
Verpflichtunig und Auifgabe soli Euch die Heimat sein!<br />
Euer Heimaterleben und die Gestaltuing Eures Daseims aiuis den Kraften der Heimat<br />
soli Euch Hilfe sein bei der iebendiigen Verwirklichunig einer or©andschien Welt-<br />
auffassung, soil Euch helfen im Kampf gegen die furchtbare Oefahir der Vermassung in<br />
unserer Zeit, die wie edn Moloch die Personlichkeitswerte zu verschllingen droht.<br />
Und wenn man Euch saigt: ..Woziu noch Heimat und Heimatpflege in einer Zeit, wo die<br />
Wisher gewohnten Mafie von Raum und Zeit auf ein Geringes zusammengeschmmpft<br />
erscheinen, wo Pameuropa vor der Tiire steht und wir auf dem Wage laind, mehr und<br />
meihr Kosmopoliten zu werden?!" — hort nicht aiaf seiche Kiange! Europa ist ein<br />
poilitischer Begriff. TJtasere Sehnsucht aber heiBt nicht nur Europa, soindem „N6ues<br />
Albendlanid". Trotz, oder igerade wegen der sturmischen Entwicklung in unseren Tagen<br />
wollen und durfen wir es niemals wagen, ate kulturpolitische Landstreicher durch die<br />
Welt zu torkeln, die uberall und nirgendwo zu Hause sind. Nur wer tief, ganz tiel ver-<br />
wurzelt ist dm heimatllchen Grunde, wird stark genuig sein, eine Krone zu tragen, die<br />
hinau'sreicht iiber politische Grenzpfahle, wird wertvoU Eigenes beitragen konnen zum<br />
Bau des neuen Abendlandes. Wir woiien nicht Heimatpflege und Heimatbewegung als<br />
Partikudaiiismus, als Eroechperspektive, als Kirchturmspolitik, nicht als Enge falscher<br />
SelbstgenugBamkeit, sondern als tnagendes Fundament einer weltweiten Autfgeschlossen-<br />
heit, die sich bewufit ist, daiB die itetzte Sprosse aof der Stufenieiter soziologischer<br />
Begriffe nicht Deutschland, nicht einmal Europa, sondem Men'schheit heiBt. Unser Weg<br />
zum neuen Abendland geht iiiber Deutschland. Aber fur uns alle, ednerlei ob wir aius<br />
dem Miinsterlande, aus dem Industriegebiet, aus dem Ravensbergisch'en, aus den ost-<br />
lichen Bezirken oder aus dem Sauerlande kommen, fur uns alle fuhrt der Wefi zu<br />
Deutschland liiber Westfalen! —•<br />
Sooft wird gejammert iiiber die Schwere der Zeit. Doch, westfalische Junigen und<br />
Madchen, ahnt Ihr auch etwas von der GroBe dieser Zeit, von den umgeahnten Mogiich-<br />
keiten, die Euch gegeben smd, flestarkt aus den Kraiftqueilien der Heimat, Mitertaauer<br />
elnes neuen christlichen Abendaandes zu sein? Es gibt nur eine Wahl: Entweder die<br />
Katastrciphe, oder aber die Emeuerung der igeschopflichen Welt aus den Kraften des<br />
Glaubens. Spiirt Ihr die Verantwortung, die iiber Euch und uns alien liegt?! —<br />
Diese Feierstunde soil nicht isorgiose Freude :sein. Sie soil eine Unruhe in Euch wecken,<br />
eine Unruhe und Sorge um das Schickisail der Heimat, um das Schicksaa Westfalens, um<br />
das Geschick Deutschlands und um das Werden einer neuen abendlandischen Volker-<br />
gemelinschaft.<br />
Soil ich in dlieser Stunde heimatUchen Bekenntnisses den Genius loci Franz Hof fmeister<br />
beschworen? Nur ein paar Wegstunden von hier liagt sein Grab. Er war es, der hoch-<br />
gemiuten'Sinnes einst in heimatlicher Biegeisterunig das Wort ins Land hinaiussang:<br />
„0 diu einer blijlhenden Jugend drangendes Hoffen, lebend. und sterbend' sind Dir im<br />
Himmel alle Tiiren sperrangelweit offen." In dieser Stunide, im Schein der lodernden<br />
Bnande nehmie ich das Banner der Heimat und lege es in Eure Hande, Ihr juigendlichen<br />
Menschen! Nehmt es entgegen wie edne Verpflichtung und eogert nlicht! Die Heimat<br />
wartet auif Euch! Ohne Euch miiBte die Heimat sterben. „Wenn die Flammenzeichen<br />
rauchen, wird die Stunide Manner brauchen!" Ihr jungen Menschen von heute, Ihr seid<br />
die Wenkleute von morgen.<br />
In Euren Augen spiegelt sich dter Glanz des Johanndsfeu'ens, dessen Flanunen wie eine<br />
Huddigung von der Hoihe des Berges zum Himmel schlagen. Schreibt auf das Banner<br />
der Heimat, das zu tragen Ihr nun beruifen seid, das hochgemute Wort des jungen<br />
Reinh. Joh. iSorge: „Ich will die Welt auif meine Schultem nehmen und sie mit Lob-<br />
gesang zur Sonne tragen!"<br />
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,,Afmosphdre" Von Josef Riither<br />
^ chlechte Luft in Wohn-, Schlaf- und Arbeits-<br />
"^ raumen macht den Menschen langsam aber<br />
sicher krank. Er lebt von selber auf, wenn er<br />
wieder dauernd in gute Luft kommt, als Kranker<br />
in ein Bad, als Erschopfter in eine Sommer-<br />
oder Winterfrische, denn frische Luft hat heim-<br />
liche Krafte fiir Seele und Leib. Es kommen<br />
aber bisweilen Zeiten, da wird die Luft durch<br />
Uberhitzung stickig, driickend, macht uns miide<br />
und qualt die Kranken. Aber die Natur, das<br />
„Klima" selber hilft sich: ein Gewitter, oft mit<br />
Schrecken und Schaden, und die Luft ist wieder<br />
reiner und schoner als je, und alles Lebendige<br />
ist wieder gesimd, die,, Atmosphare ist gereinigt".<br />
Von „Atmosphare" sprechen wir aber auch<br />
bildhaft in einem anderen^ Sinne, von etwas,<br />
das wir wirkllch in seinem alles durchdringen-<br />
den Wesen nur im Bilde, und nie besser als mit<br />
dem Bilde der Luft, der gesunden und der un-<br />
gesunden, ausdrucken konnen. Denn es handelt<br />
sich um etwas, das geradeso, wie die Luft in<br />
einem „Klima", im besonderen einer Landschaft<br />
Oder besonderen Jahreszeiten und Witterungs-<br />
lagen isich zeitweilig iiberall gleich ist und wie-<br />
der zeitweilig iiberall wechselt, so auch geschicht-<br />
liche Zeiten und Volker langdauernd umfaBt,<br />
durchdringt, ihnen wie ein Atem eigen ist und<br />
von alien aufgenommen und wiedergegeben<br />
wird. So wie es eine gesunde Seeluft, Gebirgs-<br />
luft, Wustenluft gibt, aber auch eine unertrag-<br />
liche Luft der Pole, der Sumpfgebiete, des<br />
aquatorialen Urwaldes, so gibt es auch „At-<br />
mospharen", einen ..Zeitgeist", der in sich gleich-<br />
artig und doch in verschiedenen geschichtlichen<br />
Zeiten und Kulturen. etwa des friihen oder<br />
spaten Mattelalters. der Renaissance, der Zeit<br />
des Absolutismus und der Revolution, einen<br />
Zeitgeist auch heute. Und sie alle sprechen sich<br />
im „Zeitstir', baulich etwa in „Romanik",<br />
..Barock", ..Rokoko", ..Empire" Oder auch der<br />
Stillosigkeit des 19. Jahrhunderts aus. Aber das.<br />
wie Uberhaupt der auBere Lebensstil einer Zeit,<br />
ist noch nicht die Atmosphare selber; es ist nur<br />
deren Ausflufi und Widerschein in Kunst.<br />
Wissenschaftsform und LebensauCerung. Die<br />
eigentiimliche „Atmosphare" einer Zeit ist gei-<br />
stig-seelischer Art, wie der Mensch selber<br />
geistig und in seinem AuBeren imd seinem Auf-<br />
treten nur der Widerschein seines Inneren ist.<br />
Die Atmosphare ist der „Geist" einer Zeit, ist<br />
die ganze Art zu denken, sich auszusprechen, zu<br />
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^iu8 in 6cr 6unnc<br />
Hius in der Sunne,<br />
Rausen am Tiun<br />
Fierowendstunne —<br />
Peypken, swuatbriun<br />
Schattege Baume,<br />
Ne kaulen Drank —<br />
Sumernachtsdraume<br />
Op ner hiilten Bank.<br />
Hius in der Sunne,<br />
Immengesumm.<br />
Gliick in der Tunne —<br />
Diogenes, kumm!<br />
Christine Koch<br />
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glauben oder nicht zu glauben, anzubeten oder i<br />
nicht. dem Mitmenschen innerlich zu begegnen, |<br />
sich selber zu beurteilen, sich in die Gemein-<br />
schaft zu stellen, seine sittliche Freiheit zu be-;<br />
tatigen nach der guten oder bosen Seite.<br />
Schon daraus erkennt man den Unterschied<br />
eines Zeitgeistes von physischer Atmosphare:<br />
Diese wird von der Natur selber getragen und<br />
geschaffen, der Mensch kann sie zwar ver-<br />
schlechtern, wie sie etwa mit Zulassung der<br />
Regierenden bei Recklinghausen durch chemi-<br />
sches Gift, aber auch anderswo und mehr und<br />
mehr an alien LandstraI3en krank gemacht wird,<br />
aber er schafft sie nicht. Die Atmosphare<br />
des Zeitgeistes aber wird von den Menschen;<br />
einer Zeit imd eines Volkes geschaffen und ge-,<br />
tragen. Geschaffen von den Zeitgenossen freilich<br />
nur zu einem Teile, zum anderen ist es Erbe<br />
von den Vatern; aber auch an diesem Erbe sind<br />
die Nachfahren beteiligt, insofern sie es auf-<br />
nehmen und festhalten. Und die Veranderung<br />
geht von Generation zu Generation weiter. in<br />
einem vielleicht zum Besseren, in anderem zum<br />
Schlechteren. bald schneller bald langsamer. !<br />
Wer unsere heimischen und iiberhaupt deut-<br />
schen Zeitungen von heute etwa mit denen von<br />
1900, von 1870, von 1840 vergleicht, findet, daB<br />
sie in dem, was sie bringen. was die Leser in- i<br />
teressiert. in der Art, wie es gesagt wird. in den {<br />
Grundsichten und MaBstaben des politischen:<br />
und kulturellen Geschehens jedesmal betracht-<br />
lich von einander abweichen. Wir wissen aus'<br />
den Biichern und Flugschriften der Zeit vor. in<br />
und nach der Reformation noch besser als aus<br />
dem Handeln der geschichtlichen Personen. wie<br />
sehr und worin das ganze Denken und Fuhlen.:<br />
der Geist. die Atmosphare dieser Zeiten anders •<br />
war.<br />
Woher kommen diese Atmospharen? Etwas;<br />
von der vorausgehenden bleibt in jeder fol-<br />
genden; aber jede folgende verandert das Vor- ]<br />
ausgehende: Vom Mittelalter zur Neuzeit und j<br />
Gegenwart blieb Kirche. Staat. Standewesen.<br />
Verkehr. Handel. Wissenschaft. Religiositat, i<br />
Hochschule, Heerwesen usw. und somit auch<br />
ein seelisches Verhaltnis der Menschen dazu; '<br />
aber wie anders fiihlte der mittelalterliche. der<br />
reformatorische und der nachreformatorlsche<br />
Mensch sich gegeniiber der Kirche, wie anders<br />
sah er das mittelalterliche Reich, den landes-<br />
herrlichen. den absoluten dynastischen, den<br />
nationalistischen und demokratischen Staat des<br />
19 Jahrhunderts und wie anders wieder heute.<br />
Wie anders standen sich die Stande von Adel,<br />
Kirche und Bauem des friihen. die veranderten<br />
des spateren Mittelalters, die verbiirgerlichten<br />
nach Bildung und Besitz nach der groCen Revo-<br />
lution und die in der Herkunft verblaBten, nur<br />
noch aui Besitz und Nichtbesitz letztllch zuriick-<br />
gehenden der Gegenwart gegeniiber? Welche<br />
Veranderung nicht nur im Verkehr, sondern<br />
^uch im seelischen Verhaltnis der Menschen zu<br />
ihm. zu den Verkehrsmitteln, Verkehrswegen<br />
und Handel und Wirtschaft von den ,.Heer-<br />
strafien" und ..KonigsstraBen" des Mittelalters<br />
iiber die napoleonischen StraBen zu Eisenbahn.<br />
Autobahn und Flugzeuglinien? Wie anders<br />
dachten die mittelalterlichen, die humanistischen.<br />
die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts und die<br />
der Gegenwart iiber Wesen. Ziele und Wege<br />
der Wissenschaft. der Schulen und Hochschulen?<br />
Und der Student des beginnenden 20. Jahrhun-
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derts, der in Stulpenstiefeln, Degen und Feder-<br />
barett als „Bursche" den Z-eitgenossen zu impo-<br />
nieren suchte, wuBte gar nicht, dafi er eine<br />
schlecht gelungene Kopie des rauflustigen, in<br />
Schlagereien und als gelegentlicher Kriegs-<br />
knecht dahinlebenden „Burschen" des 16. Jahr-<br />
hunderts war. Was ist im Heerwesen sich noch<br />
gleich geblieben vom christlichen „Ritter" iiber<br />
den gekauften plUndernden Soldner und Lands-<br />
knecht zum gepreCten Oder gar geraubten oder<br />
von einem fremden Landesherren wie ein Sklave<br />
gekaiiften „Soldaten" des 18. und dem in angeb-<br />
lichem Ehrenkleid dressierten des 19. Jahr-<br />
hunderts? Alles das aber bedeutet jedesmal<br />
seelische Veranderung, anderes, Den-<br />
ken, Ptihlen, SichentschlieCen, anderen „Zeit-<br />
geist" und damit andere „Atmosphare" des<br />
Daseins.<br />
GevviB, es sind die „Verhaltnisse", die sich<br />
andern, und die „Atmosphare" folgt den „Ver-<br />
haltnissen" in etwa. Aber unter alien Verhalt-<br />
nissen kann die Menschlieit sich verschieden,<br />
frei, d, h. entweder so zum Rechten Oder so<br />
zum Unrechten oder Schlechten verhalten. Und<br />
es ist nicht nur so, daB die Menschen sich den<br />
Verhaltnissen entsprechend zu verhalten ge-<br />
zwungen sind, sondern die Menschen schaffen<br />
auch durch ihr Verhalten, wie der Name schon<br />
sagt, die Verhaltnisse: die Vater die der Sohne,<br />
die Sohne die der Enkel usw. Und so ergibt sich<br />
eine Verantwortlichkeit von einem zum anderen<br />
und von Geschlecht zu Geschlecht. Ist die<br />
„Atmosphare" schlecht, stickig, ungesund ge-<br />
worden, so daB ein freies, verantwortliches<br />
Menschentum darin erschwert oder gar erstickt<br />
wird, wie das Gehen und Atmen in physischer<br />
Schwule, dann kommt ein „Gewitter", eine<br />
Katastrophe; aber an diesem Gewitter ist nicht<br />
die Natur, daran sind die Menschen schuld.<br />
Da ist nun die seit einem Jahrzehnt zerredete<br />
" S c h u 1 d f r a g e " an der Katastrophe, die<br />
vorausgehendem Ungeiste folgte, Man hat immer<br />
wieder gesagt: Es gibt keine KoUektivschuld.<br />
pas hat auch kein einsiehtiger Mensch behaup-<br />
tet. Weil es kein Kollektivgewissen gibt, kann<br />
es auch keine KoUektivschuld geben. Aber es<br />
gibt soviele Einzelgewissen wie Menschen, und<br />
darum gibt es so viele imd so groGe, gehaufte<br />
Einzelschuld, in jeder Gemeinschaft soviel, wie<br />
schuldige Menschen darin sind, welche die<br />
Gemeinschaft bilden und ihre ,,Atmosphare"<br />
•achen. DaB man d a v o n schweigt, ist eine<br />
wirkliche Schuld, well es unsere eigene At-<br />
jjiosphare vergiftet durch die Selbstgerechtig-<br />
^eit, mit der nun ein jeder jede Schuld an der<br />
Katastrophe ableugnet, so daB schlieBlich nur<br />
2^^r „Liebe Gott" als Schuldiger iibrig bleibt.<br />
Diese Selbstgerechtigkeit eines in joder Hin-<br />
|icht, in der Forderung an das Leben, in der<br />
Sucht nach Geltung, nach GenuB und Luxus,<br />
im .Haben und SeinwoUen, was andere haben<br />
und zu sein scheinen, hochmiitigen Zeitgeistes<br />
laBt keine Selbsterkenntnis und darum auch<br />
keine sittliche Besinnung und Umkehr, viel<br />
weniger Suhne vor Gott zu. Und doch weiB<br />
jeder, auch wenn er es bestreitet, um seine Mit-<br />
schuld an dem seelischen Zustande unserer<br />
Zeit, am Vorausgegangenen und am Gegen-<br />
wartigen. Es muBte ja sonst kein Gewissen<br />
geben. Die Angst, die unsere Zeit erfiillt und in<br />
Betrieb, Sport, Kino und jeglicher GenuBgier<br />
sich zu betauben sucht, ist Zeuge und Ausdruck<br />
dieses zugedeckten Gewissens. Wir wissen es<br />
wohl; Die Vorstellungen, die wir in uns hegen<br />
und bewuBt und unbewuBt in anderen wecken,<br />
die Begierden, die daraus entstehen, die Hal-<br />
tungen, die wir in unserem gemeinsamen Ver-<br />
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Er muB scfaon friih aufs Feld<br />
haltnissen annehmen und nach denen andere<br />
sich richten, die Anschautmgen, die wir weiter-<br />
tragen, das Beispiel, das wir geben, alles das<br />
schafft eine sittliche imd kulturelle Atmosphare,<br />
die uns und alle andern umgibt und durch-<br />
dringt und zuruckwirkt auf jeden einzelnen in<br />
Vorstellung, Denken, Haltung imd sittlicher<br />
Freiheit.<br />
Hier entstand und entsteht die Schuld, aber<br />
auch die Kraft der Erneuerung, des „Salzes",<br />
des „Sauerteiges". Es sind nicht politische Dinge,<br />
nicht neue Verfassungen, Regierungsformen,<br />
Gesetze, auch nicht wirtschaftliche Systemver-<br />
anderungen, veranderte Arbeitsbedingungen,<br />
technischer Aufschwung und Handelsbilanz,<br />
auch nicht kulturelle, nicht Schulreformen,<br />
BUcherproduktion und anderes, ja nicht einmal<br />
kirchliche Dinge, die gesteigerte Anteilnahme<br />
am auBeren religiosen Leben, an neuen Ver-<br />
einigungen und erhohte Mitgliederzahlen, —<br />
alles das kann nur wirksam werden, wenn es<br />
aus einer inneren Umstellung der ein-<br />
zelnen fuBt. Es gehort dazu, daB jeder den<br />
Mut hat, „er selber" zu sein, der zu<br />
sein, der er vor seinem innersten, nicht von<br />
Herkommlichkeit und Redensarten zugedeckten<br />
Gewissen sein soil. Wer dazu nicht den Mut<br />
hat, zuerst gegen sich selber, gegen seine Selbst-<br />
sucht, Sorge um Ansehen, GenuB und Gewinn,<br />
gegen sich selber in seiner Zugehorigkeit zur<br />
..Masse", zu sejnem ,,Mitlaufertum" anzu-<br />
kampfen, in dem wir alle mehr stehen, als wir<br />
uns bewuBt werden, der verdirbt die sittliche<br />
Luft, in der er mit alien anderen lebt. „Nichts<br />
sitzt so tief wie die Oberflachlichkeit", hat mal<br />
jemand geistreich gesagt. Wer diesen Mut gegen<br />
sich selber nicht hat, kann ihn erst recht nicht<br />
— namlich den richtigen — gegeniiber anderen ,<br />
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haben: den Mut, ehrlich seine Meinung zu<br />
sagen, nicht mltzumachen, wo man nicht mit-<br />
machen soil, auch wenn man dabei als ,,Spiel-<br />
verderber" und „Kauz" gilt. Wer von vornher-<br />
ein die anderen, die vielen, in sich regieren<br />
laBt, schafft keine Atmosphare der gesunden<br />
Gemeinschaft, des Vertrauens und der VerlaB-<br />
lichkeit. Wer zuerst fragt: Was habe ich davon?<br />
Oder: Was wird*man dazu sagen? Was kommt<br />
danach? statt: Was ist recht? ist, wie der Dich-<br />
ter mit Recht sagt, nicht frei, gerade und ein<br />
wertvoller Mensch in der Gemeinschaft, sondern<br />
ein „Knecht". Die rechte Atmosphare in unserer<br />
Umgebung und Heimat beginnt nicht zuerst bei<br />
den anderen, sondern bei uns selber, nicht an-<br />
ders als der rechte Friede, der nicht ein Frieda<br />
innerer Feigheit ist, und der nur der Widerhall<br />
der rechten Atmosphare sein kann. Auch dieser<br />
fangt in uns selber an, geradeso wie der Un-<br />
friede, der „Hltler in uns".<br />
Wer aus sittlicher Freiheit und Unabhangig-<br />
keit von dem, was „die andern" woUen, genieCen,<br />
fordern und deswegen meinen, nur nach seiner<br />
eigenen inneren Stimme sein Leben, seine Fami-<br />
ne und seine Umgebung zu gestalten bemuht<br />
ist, der schafft an einer Atmosphare der Zu-<br />
verlassigkeit, des Vertrauens, des Friedens, der<br />
Ordnung und ilberhaupt der gesunden Gemein-<br />
schaft, der Heimatlichkeit. Denn das ist<br />
ja das Wesentliche der Heimat: Atmosphare des<br />
Rechten und Guten zu sein fur alle, die in ihr<br />
leben. Das Gegenteil: Suchtigkeit nach GenuB,<br />
Lebensunordnung, Verdunkelunig des eigenen<br />
und fremder Gewissen, charakterloses Sichaus-<br />
richten nach „den anderen", Sichtreibenlassen<br />
32<br />
'^•ny "• •• r^":nM'^<br />
Ruhrlandschaft bei Obereimer<br />
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(g»o6e QJlad)!<br />
Over de stillen Straten<br />
Geit klar de Klockenschlag,<br />
God Nacht! Din Hart will slapen,<br />
Und morgenis ok en Dag.<br />
*<br />
Din Kind liggt in de Weegen<br />
Un ik biin ok bi di.<br />
Din Sorgen un din Leven<br />
Is aliens um un bi.<br />
*<br />
Noch eenmal lat uns spraken<br />
Goden Abend, gode Nacht!<br />
De Maand schient ob de Daken<br />
Uns' Herrgott halt de Wacht.<br />
Theodor Strom<br />
im Strome, alles das hat die Menschheit in den<br />
Geist des Rassen- und Klassenhochmuts, der<br />
wirtschaftlichen und politischen Ausbeutung<br />
der einen durch die anderen, des MiBtrauens<br />
und MiBgonnens, des Kampfes um die Macht<br />
gefiihrt, der die Menschheit in endlosem Betrieb,<br />
Angst, Fortlaufen vor sich selber, Kriegsdrohung<br />
und bis vor das Ende durch die Atombombe<br />
gefuhrt. Es ist eine iiber unser personliches<br />
Schicksal weit hinausgehende sittliche Entschei-<br />
dung, ob wir hier mitmachen und weiter mit-<br />
schuldig sein, oder „gegen den Strom schwim-<br />
men", nach Moglichkeit zur Wendung beitragen<br />
Oder doch wenigstens nicht schuldig werden<br />
wollen.<br />
Gemalde von Jos. Schwermer
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Wo die Wd/der Woche<br />
"T/^enn es schon ein Wagnis ist, uber emen<br />
''^^^einzelnen Menschen gerecht zu urteilen,<br />
wievielmehr gilt das von vielen! GewiB, das<br />
Volkchen der Kreise Arnsberg, Meschede, Bri-<br />
lon und Olpe, eben die „kurk61nischen Sauer-<br />
lander", hat die gleichgeartete Bergheimat<br />
gemeinsam, die gleiche Geschdchte, es ist im<br />
gleichen religiosenBekenntnisgeeint, es spricht<br />
dieselbe Mundart, die nur geringfiigige Unter-<br />
schiede aufweist, und es hat ein starkes<br />
ZusammengehorigkeitsbewuBtsein, drinnen im<br />
Landchen und drauBen in der Fremde erst<br />
recht. Aber dies „Valkchen der buckligenWelt<br />
ist als Ganzes so schwer zu ifassen wie das<br />
Leben selbst. Mit ein oaar allgemeinen Be-<br />
merkungen ist nidits eetan. Es ist bekannt,<br />
wie sehr eine so geniale Frau, wie Annette es<br />
war, mit ihren AuBerungen iiber die Westfalen<br />
zum Widerspruch gereizt hat. Vom Sauer-<br />
lander meint sie, er sei groB und wohlgebaut,<br />
mutig und besonnen, von ungezwungenem An-<br />
stand, praktischerVefstandessdiarfeund fester<br />
Entschlossenheit. Seine Neigungen seien heftig,<br />
aber wechselnd, ihm fehle der romantische<br />
Anflug und die Phantasie, die sich an groB-<br />
artiger Umgebung zu entwickein pflege Es<br />
ist zu begreifen, daB sich der Sauerlander in<br />
diesem Spiegel nicht in alien Zugen wieder-<br />
erkennt!<br />
Leider ist es so, daB er und sein Land lange<br />
Zeit aus der Feme nicht richtig gesehen wur-<br />
den. Als ich mich vor vierzig Jahren von<br />
meinem Patenonkel, einem Bauern am Rande<br />
der Soester Borde, verabschiedete, um meine<br />
erste Stelle anzutreten, sagte er mit Kopf-<br />
schiitteln und Bedauern: „Diu arme Kai<br />
kummst in dat smachtrige Siuerland un moB<br />
di verfraisen loaten!" Hunger und Frost also<br />
oalten ihm damals noch als die besonderen<br />
kennzeichen einer nur funf Stunden weit ent-<br />
fernten Landschaft seiner Heimatprovmz. Er<br />
war wohl nicht der einzige, der so urteilte. Die<br />
GroBartigkeit der Bergwelt war nur wenigen<br />
bekannt, und von dem Volkstum wuBte man<br />
aus ein paar Schwanken von Friedrich Wil-<br />
helm Grimme. Man belachte sie, ahnte aber<br />
nicht, was an wahrem Menschentum hinter<br />
den Gestalten dieses einzigartigen Kenners<br />
seiner Heimat stand. Man sah zu jener Zeit<br />
wohl auch noch da und dort in den Dorfern<br />
der Ebene einen Handelsmann aus Winterberg,<br />
der Sensen anbot, einen andern mit „hiaten<br />
Ware", sie waren aber schon selten geworden.<br />
Mir selbst waren die Berge aus ein paar<br />
Ferientagen nicht mehr voUig unbekannt, aber<br />
ganzlich unbekannt waren auch mir die Men-<br />
schen. Nun ich mitten in ihnen und unter ihnen<br />
war, erging es mir wie Christoph Columbus:<br />
ich entdeckte staunend und in tiefer Begluckung<br />
eine neue Welt! Es gilt hier nicht, von der<br />
Landschaft zu reden, trotzdem<br />
Heinrich Luhmann<br />
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halten<br />
— mein Dorf Kirchhundem am<br />
Fufie des Rothaargebirges und<br />
spater ArnSberg gehoren sicher<br />
zu dem Schonsten und Eigen-<br />
willigsten, was das L,andchen<br />
an Dorfern und Stadten her-<br />
vorbrachte, und sie dtirfen fair<br />
viele sprechen. Ich hatte immer<br />
das Bedauern auBern horen, dem Sauer-<br />
lande fehle ein Strom, eine StraBe wie etwa<br />
Rhein und Hellweg, auf denen sich mit dem<br />
Christentum die Kultur des Abendlandes tiefer<br />
ins Innere tragen und bleibende Denkmale<br />
schaffen konnte: ich fand eine Dorfkirche aus<br />
fruher mittelalterlicher Zeit, die mit soviel<br />
edles MaB zeigte, daB sie nicht abgebrochen<br />
werden durfte, als ein Neubau notig wurde.<br />
tJberall sah ich ahnliche uralte Kultstatten —<br />
nicht nur in Worrobach, die an Alter wctol alien<br />
voraus ist und sich mit Soest in die Aufgabe<br />
teilte, das weite Land zu betreuen. Oberall<br />
hatte die Fruhe mit gleicher Verantwortung<br />
gebaut, nicht in der Art der Wehrburgen am<br />
immer bedrohten Hellweg hoben sich hier die<br />
Tiirme, sie glichen sich, den sie umstehenden<br />
Bergen an tind; hoben wie sie den Finger zum<br />
Himmel, ein steinernes Sursum corda. Nicht<br />
allzu weit Kloster Grafschaft, das bis zu Be-<br />
ginn des letzten Jahrhunderts die eigentliche<br />
Schule des kurkolnischen Sauerlands war, die<br />
Hiiterin und Hegerin christlich-aibendlandi-<br />
schen Denkens, Corvey nicht sehr nachstehend.<br />
Was Arnsberg dem Land brachte mit Kloster,<br />
Burg und einem aiten Biirgertum, braucht<br />
hier nicht erwahnt zu werden.<br />
Aber noch einmal das Dorf: ich sah auBer<br />
„meinem" viele von ahnlicher Art. Sie waren<br />
meist so sicher in die Landschaft gestellt wie<br />
die alten Kirchen auch, als seien sie nicht ge-<br />
baut, sondern gewachsen, wie der Fels, der die<br />
Steine fiir sie hergab. Sie leuchteten in dem<br />
WeiB ihrer getunchten Wande, dem Schwarz<br />
ihrer Balken und dem Schieferblau ihrer be-<br />
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33
<strong>Sauerländer</strong> haglich <strong>Heimatbund</strong> geschwungenen Dacher in De Talern Suerländer und<br />
auf Hangen und boten schon zu einer Zeit gem<br />
gewahrte und selbstverstandlich gegebene<br />
Gastlichkeit, als der Fremdenverkehr noch in<br />
den Kinderschuhen steckte.<br />
Der Bauer gab dem Dorf noch das Geprage<br />
seines Wesens. Es war nicht das mir toekannte<br />
Bauerntum der Borde und des Munsterlandes,<br />
aber Bedurftigkeit oder gar Armut im, landlauflgen<br />
Sinne habe ich nirgends mehr gesehen.<br />
Als ich am ersten Tag ineines Schullebens<br />
einen Neuling nach dem Namen und der<br />
Beschaftigung seines Vaters fragte, antwortete<br />
er: „Alsmal fahrt er Dunger und alsmal<br />
Jauche." Ich vermutete ein kleines Bauerlein,<br />
das sich redlich zu placken habe — und er tat<br />
es auch, ich sah ihn spater immer wieder mit<br />
der Karre und vor seinem Ochsen herschreiten,<br />
nicht anders wie ein Knecht In meiner Heimat<br />
(hatte es da Ziehochsen gegeben), und ich<br />
wuBte langst, daB ihm viele hundert Morgen<br />
Wald gehorten, daB er ein stattliches Haus mit<br />
Kultur bewohnte und daiB ihm sein Vermogen<br />
gestatten wurde, die Tage im Nichtstun zu verbringen.<br />
Wo aber hatte es das je gegeben im Sauerlande,<br />
einen Menschen, der sich nicht plagte,<br />
den es nicht trieb, etwas zu leisten! Sie hafoen<br />
sich friiher einmal sehr qualen miissen, unvorstellbar<br />
fast fiir einen Menschen der Ebene,<br />
und leicht wird es ihnen auch heute noch nicht<br />
gemacht, dem steinigen, oft steilen Boden den<br />
Ertrag der kurzen Sommer abzugewinnen und<br />
abzulisten. Aber sie schafften es, und sie<br />
schafften mehr: es ist bekannt, daB kein Stand<br />
in Westfalen sovdel Sohne auf die Universitaten<br />
schickte (zum Studium der Theologie und der<br />
34<br />
^Iteg Q5auern][)aug<br />
Das Strohdach, grau und vorgeneigt,<br />
Halt hiitend wamie weiche Hande<br />
Voll Liebe ob Gemach und Stall.<br />
Vom Druck der Jahre bog sich leicht<br />
Das Standerwerk der bunten Wande.<br />
Doch brachte es kein Sturm zu Fall.<br />
Das braune kiingende Geschrein<br />
Aus Eichenkern gehaun, errichtet<br />
Ganz torauchtumtreu in MaB und Zahl;<br />
Der Grundbau griiner Heimatstein,<br />
Von Lieb' und Gottvertraun geschichtet:<br />
Sie trutzen Wind- und Wasserschwall.<br />
Am First der Pferdekopfe Zier,<br />
Und gegen Hagel, Blitz und Regen<br />
Halt seinen Schild der Landenbaum.<br />
An blumenbunter Deelentiir<br />
Feit didi schon frommer Vater Segen,<br />
Webt leis der Mutter reiner Traum.<br />
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Rechtswissenschaften zumeist), als der Bauer<br />
des kurkolnischen Sauerlands. Das ist nun frei-<br />
lich nicht allein Sache des elterlichen Geld-<br />
beutels, sondern in erster Linie Begabung. Ich<br />
werde mich auch hjer vor Verallgemeinerung<br />
hiiten, aber ich darf sagen, daB ich bei der<br />
sauerlandischen Jugend ein toesonders hohes<br />
MaB von Aufgeschlossenheit und geistiger Be-<br />
weglichkeit fand, nicht zuletzt auch freudige<br />
Anteilnahme an den Dingen, die das Herz be-<br />
wegen, der Kunst und Dichtung also. Macht<br />
es die Nachbarschaft zu den Rheinfranken?<br />
Von ihnen, die sicherlich Blut abgaben, sagt<br />
bekanntlich Josef Nadler, sie seien beweglich,<br />
leidenschaftlich, heiter, flelBig und genufifroh,<br />
mitteilsam, erregbar, dem Weltweiten auf-<br />
geschlossen. In der Tat, der kurkolnische<br />
Sauerlander hat davon — ganz im Gegenteil<br />
zu seinen anderen westf alischen Landsleuten —<br />
manches, aber nicht aUes, und er hat noch<br />
mehr! Oder dankt er das Beste seines Wesens,<br />
die Genijgsamkeit, die kaum noch zu iibQr-<br />
bietende ZShigkeit, das Vermogen, sich anzu-<br />
passen, aus allem das Mogliche zu machen,<br />
nicht zuletzt der Notwendigkeit, auf Leben<br />
Oder Tod mit seiner Erde zu ringen? Der<br />
immer noch unerreichte Schilderer seines<br />
Landes, Friedrich Wilhelm Grimme, meint es<br />
so in seiner kostbaren und kostlichen Schilde-<br />
rung „Das Sauerland und seine Bewohner".<br />
Es war nun aber schon vor einem halben<br />
Jahrhundert nicht mehr ganz so, daB sich ihre<br />
Not urns Brot um die uns heute kaum noch<br />
dem Namen nach bekannten Dinge miihte,<br />
dafi etwa die Olper zu Pannenkloppern, die<br />
Fredeburger zu Schwammachern (als es noch<br />
keine Streichhoizer gab), die Schmallenberger<br />
Und drinnen waltet ungesehn<br />
Die alte Zeit an Rad und Kunkel<br />
Wie einst der Ahnin welke Hand.<br />
Hausgeist und Sage aber gehn<br />
Noch schutzend durch der Nachte Dunikel;<br />
Dann knarrt die Stiege, pocht die Wand.<br />
Singt unterm Balkenhol der Stein<br />
Nicht ewig von der Manner Eide,<br />
Vom Treuspruch, den sich gab das Paar?<br />
Noch klingt er nach vom Erntereihn,<br />
Und manchanal ist er feucht vom Leide<br />
Der Frauen an der Totenbahr.<br />
Fliehst du ins Weite mit dem Wind,<br />
Wenn herbstkalt Esch und Eichkamp falben,<br />
Und trub dir torennt der Herdglut Blick,<br />
Bang horchen Schwelle, Haus und Spind,<br />
Ob du nicht heimkehrst mit den Schwalben,<br />
Aufs neu zu bauen Grund und Gliick.<br />
Und deiner Heimkunft harren nur<br />
Am hellen Herd des Heimchens Lauten,<br />
Auf buntem Borte Kann' und Krug,<br />
Der traute Schlag der alten Uhr,<br />
Des Hausrats Schmuck, der Wiege Gleiten<br />
Und hcher Storche Kochzeitsflug.<br />
Christian Schnettler.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
zu Jackenschneidern, die Dudinghauser zu<br />
Kranendrehern, die Briloner zu Pfeifen-<br />
machern und OlpckengieBern fiir „die halbe<br />
Welt" wurden. Damals entwickelte sich die<br />
Waldwirtschaft und trug viel zu dem Wohl-<br />
stand des Landes toei, den man ihm heute<br />
sicher nadisagen darf (immer in Antoetracht<br />
der Gesamtlage unseres Vaterlandes natiir-<br />
lich). Langst waren die kleinen Hammer und<br />
Schmieden, die sich von alters her nicht nur<br />
in der Mark angesiedelt hatten, zu groBen<br />
Werken.geworden. Die Grutoen gewannen, wie<br />
etwa die zu Meggen, Weltrang und zogen viele<br />
Arbeiter an sich. Die Eisenbahn und Uire<br />
groBen Verkehrsknotenpunkte wie auch '^ire<br />
Werkstatten (Altenhundem, Finnentrop, Arns-<br />
berg) forderten andere. Der Gefahr aber, daB<br />
durch Zuzug der Volkscharakter sich wesent-<br />
lich andere, entging das Land, da es genug<br />
Sohne in die neuen Berufe abgeiben konnte.<br />
Ein Lohberg reckte nur noch selten seine<br />
nackten Eichenarme hoch, und Kohlenmeiler<br />
brannten bloB noch da und dort. Und doch<br />
hatten die Walder nichts an Poesie und Zauber<br />
verloren. Sie dehnten sich weit und dicht. Sie<br />
waren voli der stillen Einsamkeit, und es<br />
wohnte in ihnen noch immer das Marchen —<br />
bis in die Heimat Jung-StiUings, iiber das<br />
«K61nische Heck" hinweg, war es ja nur ein<br />
Sprung iiber ein paar Berge. Das Volk erzahlte<br />
gern — aber noch lieber sang es. Bediirfte es<br />
dafiir mehr zum Beweis als die Erinnerung<br />
daran, daB Johannes Hatzfeld in jenen Jahren<br />
»us dem Erlebnls seiner Benolper Heimat und<br />
Jugend eine der schonsten deutschen Volks-<br />
liedersammlungen schuf, sein „Tandaradei",<br />
und daB heute die fromme Stimme von Theo-<br />
dor Propper durch die ganze Erzdiozese Pader-<br />
born und weiter hinaus ins Land schallt? Die<br />
alten Orgeln in den alien Kirchen wurden zum<br />
'Mund, der die Freude des Volkes an den Sonn-<br />
•tagen ausjubelte — wenn der rechte Mann<br />
dort vor den Registern und iiber den Pedalen<br />
saB, dann ging es manchmal noch nach der<br />
Art, daB ein ganzer Oktavenlauif oder ein<br />
Triller mit lustigem Schwung die einzelnen<br />
Liederverse im Zwdschenspiel verband. Es war<br />
lange so verboten, aber das Volk liebte die<br />
kiihne Freude und sagte wohl hinternach, was<br />
es nach der Darstellung Friedrich' WiUiehn<br />
Grimmes am ersten Weihnachtstag 1827 zu<br />
Assinghausen gesagt haben soli, als dem Vater<br />
Grimme ins Orgelspielen die Geburt des<br />
kiinftigen Dichters gemeldet wurde: „Nun<br />
hort doch den Alien, wie igut er gelaunt ist, er<br />
spielt mal wieder ein en ,Lustigen' auf!"<br />
Ja, das Lachen sitzt dem Sauerlander immer<br />
in den Augen und in den Mundwinkeln. Aber,<br />
da er kelne Holzschuhe kennt und keinen<br />
Pumpernickel wie seine Landsleute jenseits<br />
der Ruhr, macht er es sachter ab — und sehr<br />
oft witziger! Die Grimme&chen Gestalten star-<br />
'ben nicht aus im Lande, wenn sie auch heute<br />
nicht mehr Kauert und Koierken heiBen, wenn<br />
auch kein fluchender Kauves mit seinem Esel<br />
von Brilon nach Paderborn treibt, ein Friatt-<br />
postken ist aber noch immer auf den Hoch-<br />
zeiten dabei, und in jedem Dorfe zwischen<br />
Arnsberg und Olpe, zwischen Mohne und dem<br />
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^itte t»or 5er
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Die<br />
Heiligen Drei Konige<br />
im Sauerland<br />
und anderswo<br />
CNie „Heiligen Drei Konige", die<br />
-^^Weisen aus dem Morgenland,<br />
waren die Knstlinge unter den Hei-<br />
den, die Gott zum Segen des Gla-utoens<br />
beruf en hat, darum standen sie in der<br />
Christenheit immer in hoher Ver-<br />
ehrung, Ihre Reliquien soil die heilige<br />
Helena nach Konstahtinopel gebraeht<br />
haben, wo sie zunachst ruhten. Spater<br />
kamen sie nach Mailand, wo sie bis<br />
zum Jahre 1164 blieben. Kaiser Fried-<br />
rich Barbarossa schenkte sie in die-<br />
sem Jahre, nach Eroberung der Stadt,<br />
dem Kolner Erzbischof Reinhaild von<br />
Dassel, der dem kaiserlichen Freund<br />
bei seinem Zug nach dem Suden<br />
Waffenhilfe geliehen hatte. Im zwolf-<br />
ten Jahrhundert kamen also die Hei-<br />
ligen Drei Konige zur Domstadt Koln<br />
und ruhen seitdem hier im Hohen<br />
Dom.<br />
Der Goldschmied Nikolaus von<br />
Verdun schuf 1200 den kostbarsten<br />
Schrein, den das Mittelalter hervorgebracht<br />
hat, den Dreikonigeschrein des Kolner Domes.<br />
Er hat die Grundform einer romanischen Ba-<br />
silika. In den unteren Bogen der Seitenwande<br />
erblickt man groCartige, in Siliberiblech ge-<br />
triebene, vergoldete Prophetenflguren, in den<br />
oberen Bogen ©benso herrliche Apostelgestal-<br />
ten. Die vordere Seite, die von reinem Gold<br />
gefertdgt ist, zeigt unten die Weisen mit ihren<br />
Geschenken vor Maria und dem Jesuskind<br />
und hinter ihnen, sich ihnen zuigesellend.<br />
Kaiser Otto IV. (1198—1214), der fur den<br />
Schrein Schenkungen gemacht hat. Dicht da-<br />
neben ist die Taule des Heilandes und im<br />
oberen Feld Christus segnend dargestellt. Die<br />
Saulchen und Bogen, zwischen denen sich die<br />
getriebenen Figuren beiinden, sind feinste<br />
Schimelzarbeit (Emaille), dazwischen ist Fili-<br />
granarbeit verwendet. Das Ganze ist endlich<br />
ubersat mit edlen und geschnittenen Steinen.<br />
Diese an 1500 Gemmen und Kameen sind mei-<br />
stens Oberbleibsel aus dem klassischen Ailter-<br />
tum mit entsprechenden Darstellungen und<br />
sind von weltlichen und geistlichen Fursten<br />
fUr den Schrein geopfert. Der Schrein steht<br />
seit einigen Jahren oberhalb des Hochaltars.<br />
Von Koln nach Arnsberg<br />
Die Reise der HI. Drei Konige war mit der<br />
Ankunft in der Domstadt, die sie sogar in ihr<br />
Wappen aufnahm, noch nicht zu Ende. Sechs-<br />
hundert Jahre spater muBten sie noch einmal<br />
auf die Reise gehen. Es war die Franzosische<br />
Revolution ausgebrochen. Die Revolutions-<br />
heere naherten sich von Westen her dem<br />
36<br />
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Der Schrein im Kolner Dom<br />
Rhein; darum fliichtete das Kolner Domkapitel<br />
in die Norbertiner-Abtei Wedinghausen bei<br />
Arnsberg, und in alier Stille wurde auch der<br />
Dreikonigsschrein hierher gebraeht. Es war<br />
der Allendorfer Fuhrmann Simon, der mit<br />
seinen Fuhrwerken regelmaBig die Kolner<br />
StraBe befuhr und darum am wenigsten auf-<br />
fallig war, der eines Nachts im Jahre 1794 an<br />
der Kolner Brlicke die kostbare Fracht auf sein<br />
Fuhrwertk iibernahm und sicher nach Arns-<br />
berg torachte, ohne daB in der Bevolkerung<br />
jemand Kenntnis davon erhielt.')<br />
Damals hatte die Amsberger Propsteikirche<br />
den Charakter einer Kathedralkirche, weil das<br />
ganze Domkapitel hier residierte; auch Kur-<br />
fiirst Max Franz, der vor der Revolution ge-<br />
fluchtet war, weilte verschiedentlich in Arns-<br />
berg. Sein Bischofsstuhi ist nodi heute im<br />
Chor der alten Propsteikirche zu sehen.<br />
Der Aufbewahrungsort der heiligen Re-<br />
liquien war offenbar nicht allgemein toekannt,<br />
nur der Generalvikar von Caspers soil darum<br />
1) Der Weg fuhrte uber Halve, Wocklum,<br />
SchloB Melschede Uber die Hohe des Ronscheid<br />
nach Hachen und uber den Seltersberg nach<br />
Arnsberg. Es darf als sicher gelten, daC der<br />
Fuhrmann Simons auf dem Bailerhof bei Hovel<br />
in einer Scheune mit seiner heiligen Fracht<br />
ubernachtete. Auf diesem Hof stand fruher ein<br />
Heiligenhauschen mit dem Bilde der HI. Drei<br />
Konige. — Eine Quelle in der Nahe von Hovel<br />
wird heute noch als Drei-Konigsquelle bezeich-<br />
net, deren Wasser eine augenheilende Wirkung<br />
haben soil.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
gewufit haben. Der kunstvolle Reliquien-<br />
schrein war jedoch, wie Podlech in der „Ge-<br />
schichte der Erzdiozese Koln" berichtet, in<br />
mehrere Teile zerlegt von "Wedinghausen nach<br />
Frankfurt gebracht worden, von wo er spater<br />
arg besdiadigt nach Koln zuriickgebracht<br />
wurde. Von den ubrigen etenfaiis gefliichteten<br />
Schatzen ging viel verloren. In FraMklurt<br />
wurde im Jahre 1802 aus 16 Kisten fur 15 OOO<br />
Gulden verkauft, der Rest in Darmstadt fur<br />
12 000 Gulden eingeschmolzen. Die wertvolle<br />
Bibliothek und das Archiv des Domkapitels<br />
waren ebenfalls nach Wedinghausen gebracht<br />
worden und blieben dort tois aum Jahre 1813.<br />
Die HI. Drei Konige zogen bereits nach neun<br />
Jahren in einem triumphalen Einzug wieder<br />
in die Stadt Koln ein. Das war am 11. Dezem-<br />
ber 1803, ais wiederum der Allendorfer Fuhr-<br />
tnann Simon die wertvolle Fracht ubernahm.<br />
In der Nacht zum 11. Dezember 1803 ruhten<br />
die heiligen Reliquien im alten Baive; unter<br />
dem festlichen Gelaute der Glocken und mit<br />
dem Ehrengeleit der Geistlichkeit und der<br />
Bevolkerung wurde der Dreikonigsschrein bis<br />
zur Stadtgrenze bei Kiintrop gebracht.<br />
In Deutz wurde der Schrein von dem Kolner<br />
Pfarrer ubernommen, und unter dem Jubel<br />
der Bevolkerung zogen die HL Drei Konige<br />
wieder in den Dom ein. Diesmal war das Ge-<br />
heimnds nidit so gewahrt worden, wie auf der<br />
Fludit von Koln, und wo man danim wuBte,<br />
kam die Bevodkerung, um den heiligen Reli-<br />
quien ihre Verehrung zu erweisen.<br />
C + M + B / Legende und Brauditum<br />
Von der machigen Hansestadt Koln strahite<br />
im Mittelalter die Verehrung der kondglichen<br />
Schutzpatrone in den ganzen hansischen Raum<br />
aus un
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
38<br />
Die Zeidien K + M + B malen die Bauern am Dreikonigstag uber die Haustur.<br />
Dieser Brauch war audi im Osten unserer Heimat welt verbreitet, und unsere<br />
Ostvertriebenen Landsleute wahren ihn auch hier in ihrer neuen Heimat.<br />
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Burschen in langen, weiBen Hemden oder auch<br />
Manteln mit glanzendem Flitter und Kronen<br />
aus Goldpapier. Balthasar und Melchior, weiB<br />
von Gesic±it, tragen Konigsstabe, der scbwarze<br />
Kaspar aber eine Stange rait einem drehbaren<br />
holzernen Stern. Sie zieihen von Haus zu Haus<br />
und singen ein uraltes Dreikonigslied, oft aber<br />
mit Zusatzen neueren Datums vermehrt, und<br />
nach Empfang der Gabe die sogenannte Ab-<br />
singung, worin sie dem Haus und seinem<br />
Herrn alles erdenkliche Heii und Gute wiin-<br />
schen. Trotz ihrer ikoniglichen Majestat haben<br />
sie einen namenlosen Respekt vor Polizei-<br />
dienern und Gendarmen, welche nur Bettelei<br />
Oder gefahrliche Unsitte darin ertolicken —<br />
wiederum, weii selbst der Sdmee brennt,<br />
wenn's die Herren haben wollen" —, und lau-<br />
fen vor einem roten Kragen, soweit sie<br />
kommen konnen, dafi der StraBenkot an den<br />
weiBen Hemden hochaufspritzt."<br />
Sternsinger zogen im Jahr 1608 schon von<br />
Endorf bis Arnsberg, um von den „ryiken<br />
Patroiners in duser Stadt" eine Gabe zu holen.<br />
Nachfolgend ein sauerliindisches Dreikonigs-<br />
lied, das man noch in vielen Dorlern — mit<br />
kleinen Abwandlumgen — kennt, und wo man<br />
es vergessen hat, sollte man es zur Pflege<br />
alten Brauchtums wieder lernen:<br />
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De' Hillgen Drei Konige met iahrem Staarn,<br />
Se' giet sik op de Stocker un seiket dlan Haarn;<br />
Ett schnigget un schlackert; et fruiset un knap-<br />
Lotrs'chniggen, lott schlackern, et dait uB nix;<br />
Vey singet und hollet uifi dapper un fix.<br />
De' leiwe Herr well alles belaonen,<br />
Mit Gluck un Siaggen un himmlische Kraonen.<br />
Doch laiwe Luie, bat keyk' ey sau spaih?<br />
Grundehrlik datt sin vey doch alle drai!<br />
Driimme well vey uch uisen Namen seggen,<br />
Dann war ey auk sieker Raspackt fuar us hewwen:<br />
Ik' Kasper, ik hewwe kein Placksken witt,<br />
Dian schoinen Jungfern gefall ik nitt,<br />
Doch wenne ey mey wellt bey Nacht bekeyken,<br />
Dann loot ik akkrot arre uisses Gleyken.<br />
Ik' Kunig Melcher, sinn witt un feyn,<br />
Finner kann siker ain Graf nit seyn!<br />
Sau feyn gewasken un feyn gekammt,<br />
Datt alles taum giillenen Rocke stemmt.<br />
Ik' haite Balzer, un schluore sao mett,<br />
Ik' sin nit aisk', un sin nitt nett;<br />
Ik' duittele ummer sao achter dian andern,<br />
Well aok taum Hilligen Lanne wandern.<br />
Taum HiUigen Lanne iBt ower nau weyt,<br />
Ett giet nao manchmol Aweteyt,<br />
Un Geld konn vey nitt vam Tiune bnaken,<br />
Driim my vey mittlaidige Luie anspnaken.<br />
Dai reyken Patroiners in diuser Stadt,<br />
Vey denket, dai giet us 'ne ./tpwer'S dai batt.<br />
Vey singet taum Danke und driagget den Staarn<br />
Un gruifiet uch alle dian laiwen Haarn.<br />
Kleine Dreikonigssinger<br />
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39
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Das idyllische<br />
er mir die Geschichte erzahlt hat, demist<br />
der Mund nicht mehr warm, und das ist<br />
schade genug, er hatte sie mir sonst selber<br />
schreiben miissen und er wiirde schon sein<br />
Wort darauf geiben, daB sie wahr ist. Und in<br />
der Tat, erfinden, nein, das kann so was keiner.<br />
Es war also in den Jahren, wo der Bekenner-<br />
bischof Konrad Martin von Paderborn nodi<br />
nicht „festgesetzt" war. Der KultuDkampf ging<br />
aber schon auf hoihen Touren. iZu der Zeit<br />
residierte in einem der kleinen Stadtchen des<br />
Sauerlandes ein Pfarrer — es tut nicht not,<br />
daB man seinen Namen wisse -^, der nun nicht<br />
gerade ein Kampfhahn war, aber dodi allzeit<br />
Mut genug hatte, fiir seine Sache zu stehen,<br />
ganz einerlei, w^as etwa Bismarck dazu sagen<br />
wiirde.<br />
Der fand wun eines Morgens bei seiner Post<br />
auch einen neuen Hirtenbrief des Bischofs, ibei<br />
dessen 'Lesung er ein paarmal wohlgefallig<br />
den Mund spitzte und einmal sogar einen<br />
resoliuten Pflff loslieB und zugleich mit ge-<br />
•kuwwelter Faust derart auf den Tisch hieb,<br />
daiB Kathrin, seine Haushaiterin, ibesorgt<br />
f ragen kam, ob und was sich etwa getan hatte.<br />
Pfarrer Lodegast — wir wollen ihn mal so<br />
nennen — machte eine Gebarde, die deutlich<br />
sagte, sie solle sich keine iSorge machen. Ka-<br />
thrin aber kannte ihren Herrn zu 'gut und<br />
wuBte daher, daB nur ein bifichen Geduld dazu<br />
gehore, um eines iguten Tages dodi zu er-<br />
fahren, was ihn hatte so laut werden lassen.<br />
Und richtig waren noch ndcht ganze vierzehn<br />
Tage vergangen, da verlas der Herr in beiden<br />
Messen einen Hirtenbrief, daB nun Kathrin<br />
ihrerseits auch aus Plasier auf die Kirchen-<br />
bank hatte hauen mogen. „0 Herr Pastor, das<br />
is aber einen", lieB sie verlauten, als sie dem<br />
Pfarrer dSn Fruhstiickstisch deckte. „Wer?"<br />
fragte der Bischof. „Nu, der Bischof", flog es<br />
Kathrin heraus. „Ho", schmunzelte Hoch-<br />
wiirden, „lafi dich warnen und mengeliere dich<br />
nicht zwisdien die Kirchenvater! Im iibrigen<br />
hoff ich, daB alles igut geht!" „Wieso?" woUte<br />
Kathrin wissen. Darauf blieb der Pfarrer die<br />
Antwort schuidig. Hatte er ihr auch sagen<br />
sollen, daB er etwas Verbotenes getan hatte?<br />
Das wiirde sie wohl noch friih genug erfahren.<br />
Und richtig, es waren noch keine drei Tage<br />
vergangen, da saB der zustandige Amtsrichter<br />
dem Herrn Pfarrer gegeniiber, aber nicht um<br />
ein Plauderstiindchen mit ihm zu halten, wie<br />
er es haufig tat, er war sozusagen amtlich da.<br />
„Hm, dumme Sache, ich komme wegen des ver-<br />
botenen Hirtenschreiibens. Es ist angezeigt<br />
worden, dafi Sie entgegen dem staatlichen Ver-<br />
bot und seiner Strafandrohung die toischofliche<br />
Verlautbarung am letzten Sonntag doch ver-<br />
lesen hatten. Ich weiB nichts davon, denn ich<br />
war in der Nachbarschaft, wo ich Pate sein<br />
40<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
^GEFANGNISl<br />
XXXXXXXXXXXXXXXXXX<br />
xxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
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Kulturkampfgeschichte<br />
aus dem Sauerlande<br />
Von Johannes Hatzfeld (t)<br />
muBte. Aber ich nehme natiirlich an, daB der<br />
Denunziant ein verlcgener Bursche ist. Es<br />
wiirde mich beruhigen, wenn Sie mir das ver-<br />
sichern konnten." Der Pfarrer kicherte erst in<br />
sich hinein und bekannte sich dann frank und<br />
frei zu seinem Ungehorsam. Das war nun<br />
offenbar dem Gerichtsherrn gar nicht lieb und<br />
es mochte wohl eine vorher iitoerlegte Briicke<br />
sein, die er ihm jetzt baute, um ihn vor dem<br />
Schlim=msten zu bewahren. Er wollte wissen:<br />
„Aber nicht wahr, Herr Pfarrer, diesen einen<br />
Satz —na ja, Sie wissen ja wohl —, den haben<br />
Sie doch sidier auagelassen." „Ausgelassen?"<br />
fast emport kam das heraus, „bewahre, was<br />
der Bischof vorschreibt, das wird auch vor-<br />
gelesen, grundsatzlich und immer, und darum<br />
auch diesmal, basta."<br />
Na, damit war denn die Katze rundum aus<br />
dem Sack. Denn, dafi der Pastor vor Gericht<br />
sich nicht auf Winkelziige verlegen wiirde, das<br />
war mal sicher, und dann ... Kurzum, die :<br />
Sache nahm ihren Lauf, und unser Gerichtsrat<br />
selber war es, der seinen Pastor und Freund<br />
nach dem Gesetz — nicht nach dem Recht —<br />
zu vier Wochen Festung verknurren muBte.<br />
Der Pastor muBte damit wohl nicht ge-<br />
rechnet, sich aber vielmehr auf etwas gefaBt<br />
gemacht haben, was mit Geld w^are abzu-<br />
madien gewesen. Als er sich knapp vom ersten<br />
Schreck hatte erholen konnen, flng er denn<br />
auch lebhaft an zu protestieren: „Ne, ne, aber<br />
ne, da muB ich aufs bestimmteste erklaren,<br />
das geht einfach nicht, aber ganiz und gar<br />
nicht." „Wie", wollte das hohe Gericht da<br />
wissen, „warum denn nicht? Sind Sie etwa der<br />
Meinung, Sie seien nicht haftfahig? Oder<br />
warum soU das ganz und gar nicht gehen? Ich<br />
bitte um Verzeihung, daB ich das erst klar-<br />
stellen muB." Dabei strich sich der Gerichtsrat<br />
iiber die Stirne weg, well ihm ob dem selt-<br />
samen casus, hinter dem wer weiB stecken<br />
konnte (vielleicht gar eine Revolte der treuen<br />
Gemeinde seines lieben Pfarrers und Freun-<br />
des), heiB geworden war. Heilige Justitia!<br />
„Klarstellen? Nun natiirlich", gab der De-<br />
linquent zu, „und ich mochte dann wissen, ob<br />
ich keinen Grund habe, der sich horen laBt und<br />
Gewicht hat!" „Und der ware?" „Einfach der,<br />
dafi ich in einem fremden Bette ndcht schlafen<br />
kann", sagte der Pastor und nickte so freund-<br />
lich dazu, wie wenn er einem kleinen Kinde<br />
was klargemacht hatte.<br />
Nun, das war ein Fall, wie er sicher seit<br />
Adam/s Zeiten noch in keinem Gerichtssaale<br />
vorgekommen war! Und er war so verbliiffend,<br />
daB der hohe Vorsitzende einen hellen Lacher<br />
nicht verbeiBen konnte. Er besann sich aber<br />
gleich wieder auf den Ernst der Sache, legte<br />
zunachst erst mal sein Gesicht wieder in die
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
rechte Falte und suchte nun seinem Missetater<br />
klarzumachen, daB das in keinem Paragraphen<br />
eines Gesetzbuches von Justinian bis heute<br />
als mogliches Hindemis einer Inhaftierung<br />
auch nur erwahnt, geschweige in ernsthafte<br />
Erwagunig gezogen sei. Worauf der Pfarrer<br />
kurzweg erklarte, das sei und taleibe ihm voll-<br />
standig gleich, der alte Justinian sei auch schon<br />
lange tot, und ob das geiie oder nidit, das<br />
miisse der Herr Vorsitzende mit den Herren<br />
ausmachen, die hohere Vollmacht hatten als<br />
er. Wenn die seinetwegen Ja dazu sagten, daB<br />
er etwa sein leibeigenes Bett diirfe mitnehmen,<br />
denn so werde er mit dem dicksten Plasier<br />
seine Strafe absitzen. Darauf aiber bestehe er,<br />
daB diese hohere Stelle, oder, wenn es sein<br />
miisse, auch die noch hohere, musse angerufen<br />
werden.<br />
Na, und das war ein Vorschiag, der sich<br />
konnte horen lassen. Es wurde die Strafe ge-<br />
maB dem Urteil protokoUiert, die Sitzung ge-<br />
schlossen, und der Gerichtsrat scWug vor, sie<br />
wollten nun toei ihm, dem Gerichtsrat, ein Glas<br />
Rotwein trinken, die Sache hatte ihn morder-<br />
lich angestrengt. „Mich aber gar nicht", kam<br />
gelassen das Echo des Pastors, der jedoch dem<br />
Vorschlage nicht aibgeneigt war.<br />
Na und?<br />
Nach Ablauf von vier Wochen kam der Be-<br />
scheid, der Herr Pastor diirfe sein eigen Bett<br />
niit nach Wesel nehmen, miisse atoer iMr den<br />
Transport des Bettes seinem eigenen Beutel<br />
lastig fallen.<br />
Und so kam es, daB kurz darauf eines Mor-<br />
gens der Pastor im Zylinderhut auf dem Bahn-<br />
hofe stand und dafi unter Hurra und Hoch der<br />
ganzen Gemeinde zuerst das pfarrherrliche<br />
Bett im Giiterwagen verstaut und dann der<br />
Pfarrer zu seinem Coupee geleitet wurde. Er<br />
lieB beim Abschied nicht eine einzige Trane<br />
fallen. „Na, bis in vier Wochen!" Das war<br />
seiner ganzen Ajbschiedsrede Anfang und Ende.<br />
Und wieder nach vier Wochen tat sich in<br />
Wesel eine Zellentur auf und der Direktor<br />
selber geleitete den Pfarrer mitsamt seinem<br />
Bette an das Tor des Gefangnisses. Er gab<br />
unterwegs der Hoffnung Ausdruck, daB der<br />
geistliche Herr doch wohl dhne Bittenkeit aus<br />
den Mauern gehe, die ihn vier Wochen hin-<br />
durch „beherbergt" hatten. „0, im Gegenteil",<br />
"vehrte der Exstrafling ab, „ich miuB Ihnen<br />
vielmehr bekennen, daB ich dem Herrn Bis-<br />
marck zu groBem Danke verpflichtet bin."<br />
.,Wieso denn das?" platzte der Herr Direktor<br />
in hochstem Erstaunen heraus. „ Atoer be-<br />
denken Sie, lieber Herr", erklarte der geist-<br />
liche Westfale in ungeheuchelter Gemachiich-<br />
keit, „ich hatte ohne ihn in meinem Leben den<br />
Rhein und die Stadt Wesel nicht zu sehen ge-<br />
krieigt. Jetzt bin ich doch einer, der von der<br />
Welt was gesehen hat und davon erzahlen<br />
kann. Wie soil ich da also dem Bismarck nicht<br />
dankbar sein, wenn er darauf auch sicher gar<br />
nicht spekuliert hat!" Und so ging er hin, ohne<br />
sich umzusehen.<br />
Der Direktor sah dem Exstrafling so lange<br />
nach, als er noch zu sehen war, und sagte dann<br />
verloren vor sich hin: „Gar nicht auszudenken,<br />
was fur ein Gltick das ware, hatte man nur<br />
solche Sorte von Spitzbuben zu betreuen!"<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Zum Besten der Armen<br />
Aus einem Buche: Christus kommt wieder<br />
auf die Welt, um zu sehen, was aus elnem<br />
Wort von Llebe und Selbstverleugnung ge-<br />
worden ist.<br />
Und es begab sich, als er durch die gtadt<br />
ging, daB er Frauen und Manner stehen sah in<br />
abgerissenen Kleidern, die Hande gewickelt in<br />
Tucher Oder vergraiben in die Taschen ihrer<br />
zerfetztenGewander, wie sie lasen, was ein far-<br />
biges Blatt an einer Saule mit groBen iLettern<br />
hinausschrie in das Gehaste der StraBe.<br />
Und er trat auch hinzu xmd las: ein Wohl-<br />
tatigkeitsfest solle stattflnden zum Besten der<br />
Armen im prunkvoUsten Saale der Stadt.<br />
Las, daB Frauen und Mannern in hchen<br />
Amtem und mit klingenden Namen sich zeigen<br />
wiirden in in- und auslandischen Gewandern,<br />
zu verkaufen Niitzes und Unniitzes zum Besten<br />
der Armen.<br />
DaB sie singen und tanzen wurden, Lieder<br />
und Tanze der Heimat und solche fremder<br />
Volker, die da wohnen jenseits der Meere, von<br />
denen man sonst redete, daB sie Wilde seien<br />
und entbehrten rechten Glaubens und guter<br />
Sitten. Singen und tanzen, zu stillen die Seuf-<br />
zer und Tranen der Armen. —<br />
DaB man durch das Los verteilen werde, was<br />
andere geschenket, well sie guten Herzens<br />
waren, oder uberdriissig der Sachen und 'froh,<br />
sie so an den Mann zu toringen.<br />
Und als der Abend gekommen, ging er hin<br />
an den Prunksaal der Stadt. Sah aus Wagen<br />
und Autos steigen Frauen und Madchen in<br />
kostlichem Gewand und Geschmeide, kostbar,<br />
dafiir zu kleiden alle Armen der Stadt und zu<br />
stillen ihren Hunger auf lange Zeit.<br />
Sah stromen Alte und Junge, zu tanzen nach<br />
dem Locken der Fiedeln, dem Klange der<br />
Homer und dem Drohnen der Pauken zum<br />
Besten der Armen.<br />
Horte das Singen und Lachen, das durch die<br />
Wande und Tiiren des Saales hinauslief in die<br />
dunkle StraBe, Singen und Freude zum Besten<br />
der Armen der Stadt.<br />
Sah, als sich die Nacht schon zum Tage<br />
kehrte, Manner und Frauen, viele alte und<br />
junge im Rausche des Weines und der Smne<br />
eng verschlungen, auch schwankenden Schrit-<br />
tes, messend die Breite des Weges, heimwarts<br />
streben oder verschwinden in dunkle Tore, um<br />
auszuruhen von den Genussen, die sie sich auf-<br />
erlegt zum Besten der Armen. Sah auch solche,<br />
die noch hingingen, um in verschwiegenen<br />
Stuben beim Knallen der Propfen Bacchus und<br />
Venus zu opfem, was sie ihnen nicht darbieten<br />
konnten auf dem Feste zum iBesten der Armen<br />
der Stadt.<br />
Las anderen Tages in den Berichten der Zei-<br />
tungen viele Worte 'iiber das gute Gelingen des<br />
Festes. Las wieder die klingenden Namen der<br />
Frauen und Manner, so das Fest geleitet, und<br />
las zuletzt, daB das Fest der hohen Unkosten<br />
wegen ieider nicht gebracht haibe, was man<br />
erhofft als Ertrag zum Besten der Armen der<br />
Stadt.<br />
Und harte Worte treten auf seine Lippen.<br />
K a r 1 W a g e n f e 1 d (t)<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
41
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Johannes<br />
Hafzfeld i"<br />
Von Theodor Propper<br />
Am 5. Juli 1953, einem Sonntag, war idi mit<br />
^~^'einem meiner Balver Freunde zju abend-<br />
lichein Gesprach beisamimen. Im Laufe der<br />
ermsten Unterhaltunig wurde plotzlich der Ge-<br />
danke an Johannes Hatzfeld lebendig amd es<br />
fiigte sidi, daB idi einen' Ausspruch von Man<br />
zdtierte, den er mir dm Hintolick aul Franz<br />
Hoffimeister vor Jalhren geschrieiben:<br />
„Er (Hoffmeister) war von jener selten ziu<br />
treffenden Sorte von Menschen, die, wie Les-<br />
sing, von sich sagen konnten, sie konnten ihre<br />
Aiutoritat ruhig in jedem Augentolick weg-<br />
legen, weil sie sie sidi audi in jedem Aiugen-<br />
blick zuriicknehmen konnten." Als idi dieeen<br />
Ausspruch Hatzfelds in den Mund nahm,<br />
ahnte idi nddit, daB diese wahrhaft bedeu-<br />
tende Personiidikeit soeben, an demselben<br />
Abend, vieMeidit gar in derseltoen Stunde,<br />
iihre Aiuigeo dEiir dieses Leten igesdiloasen hatte.<br />
Erst zwed Taige spater wuCte idi es, als midi<br />
vollig unvorbereitet die laihimende iKunde vom<br />
Tode Hatzfelds erreidite.<br />
DurdiPresseundiRundftink flog dieTrauer-<br />
nadiridit Ihmauis in die Welt und sie wedite<br />
nddit nur im geistigen und kiinstlerisdien<br />
Deutsdiland, sondern audi in wedten Kreisen<br />
de® sdiMditen Volkes irnidge Anteilnahme.<br />
Dann folgten der erhabene Trauergottesdienst<br />
im Hohen Dome BU Padertoorn, audi in seiner<br />
liturgd'sdxen umd kiinstlerisdien Gestaitung<br />
von hBduster Vollendung und das feierlidie<br />
Begrabnis, wiiirdig eines GroBen im Reidie<br />
des Geistes und der Kunist. Und danra — ja.<br />
42<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
dann blieb das schmerzliche BewuBtsein einer<br />
Leere und einer Liicke, blieb die Uberzeu-<br />
gung, daB jenes Spridiwort „Jeder Mensdi ist<br />
zu ersetzen" unwahr ist, soweit es sidi auf<br />
die ganze Fulle innersten Wesens und den<br />
Kern einer Personiidikeit bezieht. —<br />
Um, jetzt, nadi seinem Heimgang, die Per-<br />
sdnlidikedt Hatzfelds und sedn liiberreiches<br />
Lebeniswerk getauhrend EU wiirdigen, miiiSte<br />
man eigentlidi ein ganzes Budi sdirei'ben;<br />
der knappe Ratanen eines Artikels ist zu eng<br />
fiir diese Aufgabe. AuBere Bhrungen — Hatz-<br />
feld war Ehrendoktor der Undversitat Miin-<br />
chen, Papstlidier Geheimkammerer, Ehren'-<br />
toiirger der Stadt Paderborn — lieBen die<br />
Bedeutung dieses uiberragenden Mensdien<br />
audi fiir „AuBenBteh6nde" siditbar werden.<br />
Hatzleld als Priester und Lehrer, als Volks-<br />
iblldner, als Musdker, als Sdiriftsteller, als<br />
Sauerlander, als — Mensdi; jede dieser Auf-<br />
zahlungen bote Stoff genug fiir eine eigene<br />
Abhandlung. In diesem sdiliditen Mensdien<br />
waren; Oiarakter, weltweite Sdiaii und Und-<br />
versalitat des Denkens in iseltener Wedse ge-<br />
ibunden zur Gesdilossenlheit und Origdnalitat<br />
edner Pers6nMdikeit von ungewolhnlidier Aus-<br />
straihlunigelkraift.<br />
Der Weg seines ersten priesterlichen Wir-<br />
kens fiuhrte Hatzfeld nadi Beendigung seiner<br />
Studien in Paderborn und Miindien zunadist<br />
in die Diaspora und sodann als ReUigionsleh-<br />
rer nadi Paderbornii Nidit zu sagen, fiir wde-<br />
viel Mensdienseelen Hatzfeld zum Segen
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
wurde durch das Beispiel seines Lebens, durch<br />
die geheimnisvolle Macht seines Wortes, durch<br />
die verstehende Goite, die jeder in seiner<br />
Nahe verspiirte. Auf vielen Kanzelin und an<br />
vielen Rednerpulten des deutschen JLandes,<br />
in Kirchen, Salen und am Rund&ink stand<br />
Hatz'feld, und immer war sein Wort von be-<br />
sonderer Eindriniglichkeit und Uberzeugungis-<br />
kraLft. Die Eigenart Hatzfeldscher Predigt-<br />
weise und der ganze Stil seines Vortrages<br />
waren von solcher Eigenstandigikeit und Ein-<br />
maliakeit, daB es wohl ein nur wenig aus-<br />
sichtsvolles iBeginnen gewesen ware, hatte<br />
jemand audi nur versucht, ihn imitieren zu<br />
wollen. Hatzldldis Stil war eben iganz und gar<br />
gepragt von seiner durchaus orginalen Per-<br />
sonlichkeit. „Er sollte Zeugrus geben von dem<br />
Lichte." (Joh. 1, 8) Dieses auf seinen igroBen<br />
Namenspatron bezogene Biibelwort ist auch<br />
von Hatzfeld getreu erfiillt worden. —<br />
Die in einem tesonderen Sinne volksbild-<br />
nerische Arbeit Hatzfeids hangt eng mit sei-<br />
ner Tatigkeit am Volksverein Mr das katho-<br />
lische Deutschiand zusammen'. Hier bildete<br />
er mit den groCen Priestengestalten Anton<br />
Heinen und August Pieper das strahlende<br />
Dreigestiim, von dem segensvolle Einfliisse<br />
gledch ungezahlten Stralilungeni auif das ka-<br />
tholische Deutschiand ausgingen. Hatzfeld der<br />
Priester-Kiinstler, der alien werthaften AuBe-<br />
rungen kiunstlerischen Lebens auifgesdilossen<br />
stand, war auf dem Gebiet der Musik nicht<br />
etwa nur liebhaber, sondern hervorragender<br />
Fachmann mit dem Gewicht weithin aner^<br />
kannter Autoritat uod der Falhigkeit au treff-<br />
sicherem Urteil. Die Musik war iiim wichti-<br />
ger iFaktor in seiner gesamten volksbUdne-<br />
risdien und letztlich Beelsorgerischen Arbeit.<br />
Im Volksvereinsverlag baute er die beiden<br />
Editionsreihen „Musik im Haus" und „Mu-<br />
sika orans" auf. Gleich nach dem ersten Welt-<br />
krieg im Jahre 1919 ersdiien HatzfeOds groBe<br />
Volksliedersammlung „Tandaradei". Im Vor-<br />
wort dazu schrieb er: „Das Duch gehort der<br />
deutschen Jugend und dem deutschen Hause.<br />
Es soU Freude bringen, das list sein erster<br />
Beruf . . .". Dann fodgte „Susanii" das Haus-<br />
buch kostlicher Weihnachistsmusiik. In Wort<br />
und Schrift, in Kursen und iSdngewodien warb<br />
Hatzfeld fiir seine Ideen. Seine Hand war 1925<br />
'mit beim Werden der Zeitschrdift „iMusik im<br />
Leben", die in fiiinl stattlichen Jahrgangen<br />
von hoher Warte aus SteMung naiiim zu vie-<br />
len aktueUen Fragen musikailischer Volks-<br />
kultur. Eingehend vertiefte sich Hatzfeld in<br />
die philosopihisch-astihetischen Anschauungen<br />
eines Martin Deutimger, um isiie wirksam und<br />
fruchtbar werden zu lassen. In iseiher gesam-<br />
ten voJksibildnerischen Arbeit war gar vietes<br />
vom Geist desi Remibrandtdeutscheni spurbar.<br />
Keln Wunder, daB die Universitat Miinchen<br />
solch bedeutsames Wiifeen Hatzfelds durch<br />
seine Emennung zum Eihrendoktor ehrte.<br />
Ureigene Domane war fiir den PrSester-<br />
Kiiinstler das wedte Feld der katholisdien<br />
Kirchenmusik. Sowohl am OaeoiiMen-Verein<br />
als besonders auch in der internationalen Ge-<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
sellschaft fiir neue Kirchenmusik war Hatz-<br />
feld fuiirend.<br />
Mit dem Gewicht unbestrittener Autoritat<br />
malhm er BU zahlreichen Fragen kirchenmusi-<br />
kalischen Lebens Stellung. Aluf dem. Gebiete<br />
des Kirchenliedes war er der unvergleich-<br />
liche Kenner. Mit dem neuen kirchenmusi-<br />
kaliischen Aufbruch, der nach dem ersten<br />
Weltkrieg einsetzte, ist der Name Hatzfeld<br />
unzertrennlich verfkniipft. Nicht nur in Deutsch-<br />
iand, sondern auch in Wien, Horn, Paris und<br />
anderswo hatte dieser Name Klang iund Gel-<br />
tung. Hatzfeld war der Pionier und Wegbe-<br />
reiter der neueren ikirchenmusikaHschen Ent-<br />
wicklung, der groBe Anreger, der zahlreichen<br />
jungen KomponiSten den Weg baihnte. Diese<br />
von dihm geforderten und betreuten Kompo-<br />
nisten bUdeten seine „Kanarienlhecke" und es<br />
war schon etwas Besonderes und einer hohen<br />
Empfehlung gleich, au Hatzfelds „Kanarien-<br />
hecke" zu zahlen. Wie man in Deutschiand<br />
fiir das 19. Jahrhiundert keine umfassende<br />
Geschichte der kathdliischen Kirchenmusik<br />
schreiben kdnnte, dhne den Namen eines<br />
Franz Witt au nennen, so ist dies fiir das<br />
20. Jalhi^\Midert ebenso unmoglich, ohne des<br />
Mannes zu gedenken, in dessen Handen tau-<br />
send Faden kiinstlerischen Geschehens zu-<br />
sammeniiefen: Hatzfeld. Hier liegt die groBe<br />
kirchenmusikaMsche Bedeutung von Johannes<br />
Q[tad^tgefid)t<br />
Die Dorfer schlafen tiei<br />
Klein, nieder hingestreut am Bergessaum,<br />
Erstarrtes Flutgeroll und Wogenschaum<br />
Des Zeitstroms, der durch diese Tdler lief.<br />
Die Nacht wdchst iiher sie und wird so groj3<br />
Und macht die stummen Dorfer zeitenlos.<br />
Sie sinken in den Erdenschlummer ein<br />
Mit Ackern, Wiesen, Laubgehblz am Rain.<br />
Da rauscht der Strom, vom ndchtlichen Dunkel<br />
schwer<br />
Aus Weltallfernen durch die Tdler her;<br />
Uralt scheint nun die Landschaft, unbewohnt,<br />
Hoch iiber ihr hangt grell und kiihl der Mond.<br />
Die Berge starren, dumpfgeballte Kraft,<br />
Im Mondesbann und draumen riesenhaft<br />
Erdfriihes Unmafi, in den kalten Schein<br />
Und halten Wdlder in das Licht hinein.<br />
Vor meinem Fenster bin ich hingesunken,<br />
Ein banges Sein, vom Weltall aufgetrunken,<br />
Mein Ich vergessend, klein und schicksallos<br />
Und eingesogen fast vom Erdenschofi.<br />
Doch als ich zag, vergehend niederbrach.<br />
Ward eine Stimme in mir wach und sprach:<br />
„Fiirchte dich nicht! — Vergeh, und werde klein,<br />
Hinsinkend ziehst du Gott in dich hinein.<br />
Dein Herz wird grower als des Weltalls Bild,<br />
Wenn Gott mit seiner Li'ebe es erfiillt;<br />
Er iiberstromt dich, wenn er dich zerbricht<br />
Fiirchte dich nicht!"<br />
Maria Kahle.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
43
Hatzfeld, eine Bedeutunig die seine G«ltun2<br />
als Komponist nodi ubersteigt, obgleich jede<br />
Note, die er schrieb, die Hand des Meisters<br />
verriet.<br />
Als Schriftleiter des „Leo", jenes Sonntags-<br />
blattes, das spater als „Dom" erschden, ist<br />
Hatzfeld® Name weitesten Kreisen unserer<br />
Erzdiozese toekannt geworden. Nur weil er<br />
das Volk wirkliich kannte, sein Leben und<br />
seine Denkiungsart und dazu eine gottbegna-<br />
dete Kraft der Mitteilung und des Gestaltens<br />
besaB, vermochte er solche EvangeUen-Er-<br />
klarungen zu schreiben, mit denen er jahre-<br />
lang den Kranz des Kirchenjahres begleitete.<br />
Erwahnt sei auch' Hatzfeilds Mitarbeit am<br />
Familien-Kalender fiir das katholische Land-<br />
^voltk, ziu dessen ,Redaktionsstab er gehorte,<br />
Aus der Reihe der Hatzfeld'schen Buchver-<br />
offentlichungen' nenne ich hder nur die beiden<br />
„Heiliiger Aiufganig" und „Gotte!sfriuihling", die<br />
allein schon den Ehrentitel rechtfertigen, den<br />
man Hatafeld zulegte, als man ihn einen<br />
„Aliban Stolz des 20. Jahrhunderts" niannte.<br />
Hatzfeld als iheimatbewuBter Sauerlander.<br />
Hier ist es, als kame man in die warme<br />
Abendstube eines Menschen, der weltweite<br />
Gestade kennt, und diirfte nun lauschen auf<br />
seine tiefsten Herztone, die deutlich vernehm-<br />
bar me ein Lied der L/iebe und Treue den<br />
heimeligen Raum durchzogen. Der am 14.<br />
April 1882 in Benoipe bei Welschenennest<br />
geborene Johannes Hatzfeld hat nie dm Leben<br />
seine sauerlandische Heimat vergessen. Er hat<br />
ihr die Treue bewahrt und sie geliebt, hat<br />
sich um sie gesorgt und hat audi gelitten um<br />
sie. Immer und dmmer wieder von Zeit zu<br />
Zeit setzte er seinen Fufi in die Bergwelt der<br />
Heimat. Zwischen ihm und den Seinen war<br />
bis zum. Tode die heimiatliche Mundart des<br />
Plattdeutschen die ganz selbstverstandiliche<br />
XJmgangssprache. Er hatte nadi dem ersten<br />
Weltkrieg die Hand mit am Griff ibeim Auf-<br />
bruch edner sauerlandischen Heimatbewegung.<br />
Er war der erste, der als Ehrenmdtglied jener<br />
von Franz Hoffnieister in's iDasein gerufenen<br />
Vereinigung studierender Sauerlander bedtrat.<br />
Der Sauerlander <strong>Heimatbund</strong> toewahrt in den<br />
alten Jahrgangen seiner Zeitsdirift wie in<br />
einer Schatztnuhe wertvolie Beitrage aus<br />
Hiatzfelds Feder. Seine letzte plattdeutsche<br />
Heimatpredigt hielt Hatzfeld anilaJBlidi des<br />
Westfalentages 1952 bereits als krankildcher<br />
IVfonn dm Hohen Dom zu Paderborn. Sie war<br />
von ergreifender Wirkung und hdnterldeB ibei<br />
alien Horern starksten Eindruck. Wie ein<br />
Vermachtnis treuer Heimatliebe war diese<br />
Prediiigt. —<br />
Hatzfeld als Mensch? Wer vermochte mit<br />
©in paar Worten das innerste Wesen eines<br />
Menschen zu enthdillen und deutlich werden<br />
zu lessen? Eines der H!at2:feld'schen Bucher<br />
tragt den Titel „Glanz von innen". Mir scheint,<br />
dal3 Hatafeld niit der Wahl dieses Buaititels<br />
unbewiuBt und ungewollt die beste Kenn-<br />
zedchnunig und Charakterisierung seiner eige-<br />
nen Personldchkeit gegeben hat. „01anz von<br />
innen" war es, der jeden unwiderstehlich in<br />
44<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
seinen Bann zog, der in Hatzfelds Nahe trat.<br />
Eine Begegnung mit ihm war "wie ein Ge-<br />
schenk. Unbestechlich in seinem Urteil besaB<br />
er ein sdcheres Gespiir fiir aides Echte und<br />
Werthafte. Giitiges Verstehen brachte er je-<br />
dem entgegen, der seinen Rat suchte. Wo er<br />
aber irgendwelcher Unwahrh^altigkeit und<br />
Gesinnungslumiperei begegnete, empfand er<br />
diese fast wie koiperlichen Schimerz. Schlicht<br />
in seinem Wesen und personilich anspruchslos<br />
bis zum auCersten, empfdng er jeden mit<br />
seinem freundlichen Lacheln. Niemals ver-<br />
suchte er, „sich in Szene zu setzen". Alle<br />
auBeren Ehrungen anderten nichts an der<br />
Schlichtheit seiner Art und Gesinnung. Seine<br />
innere Harmonde und die Gelassenheit seines<br />
Wesens hielten alien Belastungspro'ben stand.<br />
Sie zerbrachen auch nicht unter den Schick-<br />
salsschlagen des letzten Krieges, die ihm Haus<br />
und Heim, Haib und Gut und wertvolie s<br />
Schrifttum zerstorten und dhn vertrieben auf<br />
die LandstraBe wartender UngewiBheit. Bei<br />
allem Ernst iseines Wollens und seiner ganzen<br />
Lebensauffaissung war Hatzfeld dennoch zu-<br />
tiefst eine sonnige Natur. Der Humor, als das<br />
Lacheln des Weisen, war dihm wdhl vertraut.<br />
Wenn aber ein inneres Gliihen fiir das Rechte<br />
ihn drangte, konnte er auch beweisen, daB<br />
die Kraft zu einam heildgen Zom in ihm<br />
wohnte. Unermiidlich, auch in den letzten<br />
Jahren gschiwachter Gesundheit, schaffte er<br />
in seiner Paderborner Klause 23Wiischen autt-<br />
gestapelten Biichem', Noten und Manuskrip-<br />
ten ibds dhm der Tod die Feder fiir die letzten<br />
Vorarbeiten zur Neuherausgabe seines Tan-<br />
daradei aus der tHand nahm. —<br />
Wollte dch ein Buch schreiben iirber Johan-<br />
nes Hatzfeld, so wiinie vielleicht das schonste<br />
Kapitel die Uberschrift tragen „Hatzfeld als<br />
— Freund". Was ihnen Johannes Hatzfeld ge-<br />
wesen ist, werden jene, die das Gluck hatten,<br />
dhm als Freund dm Leben^ nahe zu stehen, als<br />
Vermachtnis und kosttaare Erinnerung im<br />
Herzen ibewahren. Uber solche Freundschaft<br />
aber kann man ja nicht sprechen, ohne pri-<br />
vate Beziirke des eigenen Letoens zu ent-<br />
hiillen. —<br />
An der Wand aneiner Stube hangt ein Bild-<br />
nds Hatzifelds nach dem Gemalde, das der<br />
isauerlandische Maler Jupp Sternhoff vor Jah-<br />
ren einst Bchuf. In der Hiand halt der Priester<br />
und Herrgottsmusdkant die Blatter seines<br />
Susand. Ich schaue das Bildnis an und Erinne-<br />
runigen steigen auf. Da muB dch denken an<br />
den Priimiiztag Hofifimeisters, an dem der al-<br />
tere Johannes Hatzfeld den Primdzianten und<br />
mich beiseitenahm und wir beide von ihm mit<br />
dankibarer Seele das angebotene „Du" als<br />
kostbares Geschenk empfingen. Und dch muB<br />
denken an so Viele Tage, die durch die Be-<br />
gegnung mit Freund Hatzfeld zu Feiertagen<br />
wurden, an- so viele Stunden, dde in der Er-<br />
inneriung nun vorwberziehen wie Nathan, mit<br />
reicher Fracht b^laden. Und mat Wehmut muB<br />
dch denken an all das, was einmal war und<br />
jetzt — — —. Doch in das Sthweigen der<br />
Stunde fallt wie das Abendleuchten ver-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
sinkender Tage der trostliche Gedanke, daC<br />
•wdrkliche Freundsdiaft niemals — auch ii'ber<br />
das Grab hinaus niidit stirbt.<br />
Sauerlandisciies Volk, mit Johannes Hatz-<br />
feld sank edner Dedner besten Sohne ins<br />
Grab. Schau das Bildnds Hatzfelds an, diesen<br />
scharf profilierten, durchgeistiigten Oharakter-<br />
kopf! VergiB nicht: Dieses BiM verddent einen<br />
Ehrenplatz dn der Galerde der groBten und<br />
bedeutendsten Manner, die das Sauerland<br />
jemais hervorgebracht hat. Doch ndcht genug<br />
damdt. Mehr noch: Der Name JOHANNES<br />
HATZFELD verddent ednen Ehrenplatz<br />
Erinnerung an GrojSvafer<br />
Von Martha Schlinkert<br />
yfiii dem Kamdnsims steht GroBvaters Bild.<br />
^-^'Oft betrachte idi sein liebes lachendes<br />
Gesidit mit den ungfeiahlten Faltchen, und es<br />
ist mir jedesmal, als zwinkere er mar zu:<br />
,,WeiBt du noch, Liitte, damals?" Dane nicke<br />
ich in Erdnnerung.<br />
Liitte nannte mich GroBvater, weil ich ein<br />
kleines zartes Ding war und deshalb in der<br />
Schule immer dn der untersten Bank sdtzen<br />
miuBte. Ach, wde mdch das krankte! Gar zu<br />
gem hatte ich auf der letzten Bank gesessen.<br />
Wo man hinter dem Riicken des Vordermannes<br />
in Deckung gehen konnte, wenn man einmal<br />
nidits konnte.<br />
Als der Lehrer eines Tages verkiindete, am<br />
nachsten Morgen gabe es neue Platze, begann<br />
ich fleberhaft zu iiberlegen, wie ich mit ein<br />
wenig List dem Schdcksal, welter die erste<br />
Bank driicken zu miissen, entgehen konne.<br />
Voller Verzweiflung aB ich mittags drei Teller<br />
veil Erbsensuppe, obwohl sonst die ersten<br />
Loffel schon ndcht rutschen wollten. Dann<br />
setzte ich mdch zu GroBvater auf die Bank am<br />
Kachelofen und verflel in finsteres Briiten.<br />
»Na, Lutte, wo driickt der Schuh?" GroB-<br />
vater sah mdch belustigt an. Zwei dicke Tranen<br />
kullerten aus meinen Aiigen, und unter Stocken<br />
"Jnd Schluchzen erzahlte ich ihm meinen<br />
Kummer.<br />
GroBvater kramte sein rotgewurfeltes<br />
Taschentuch hervor, wischte mir dde Augen<br />
blank und lachte voller Schalk, wde nur er es<br />
•konnte. „Ich ledhe ddr meine Schuhe, Lutte",<br />
trostete er.<br />
„Och'', sagte ich enttauscht, denn was konnte<br />
das schon niitzen.<br />
GroBvater zog an seiner Pleife, kdcherte in<br />
sich hinein und befahl mir, sedne Schuhe aus<br />
der Kammer und Heu von der Deele zu holen.<br />
Da gdng mir ein Licht auf. Ich driickte den<br />
guten Alten, daB Uim dde Luft wegging und er<br />
sich polternd losmachte.<br />
Als GroBvater ganz bedSchtig seine Schuhe<br />
wit Heu auspolsterte, erschienen wieder tau-<br />
send Faltchen dn seinen Augenwinkeln. Nun<br />
n^uBte ich das Gehen iiben. Meine kleinen<br />
FiiBe zogen die Schuhe wie Elbkahne durch<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
in Dednem iHerzen, sauerlanddsches Volk! Weit<br />
drauBen dn deutschen Landen; wdrd man dde-<br />
sen Namen noch nennen, wenn die Namen<br />
von tausend EdntagsgroBen langst dm Be-<br />
wu'Btsein der Menschen wie welke Blatter<br />
vom Wdnde verweht sind. Den Namen Johan-<br />
nes Hatafeld, der dm Leben dn mehr als einer<br />
Hdnsicht von programmatischer Bedeutung<br />
war, diesen Namen, der dn ednzdgartiger Weise<br />
ein so reiches, gotterfiulltes lund heimattreues<br />
Leben umscMiefit, darfst Du nde und nimmer<br />
vergessen! Fiirwahr, er hat es um Ddch, um<br />
uns alle verddent! —<br />
das Zdmmer. Der Alte zog an seiner Pfeife und<br />
lachte iiber meine hampeldgen Bewegungen.<br />
Zu guter Letzt ging es leidldch. In der Nacht<br />
traumte ich, meine Stiefel wiichsen ins Riesen-<br />
hafte. In gleichem MaBe schrumpfte das Schul-<br />
gebaude, dem ich zustrebte, in sich zusamm.en.<br />
In AngstschweiB gebadet, wachte ich am<br />
Morgen auf und wartete auf eine Gelegenheit,<br />
mich unbemerkt mit GroBvaters Schuhen iiber<br />
den Schultern hinauszuschleichen.<br />
Die Sonne schien und gab mir meine frohe<br />
Zuversicht wieder. Je naher ich dem Schul-<br />
haus kam, desto mehr schwand sie jedoch und<br />
machte einem groBen Bangen Platz. Ich ver-<br />
barg mich in einem Graben, bis die Sdiul-<br />
glocke rief, und betrat als letzte das Klassen-<br />
zimmer.<br />
Alle umdrangten den Lehrer, der mit der<br />
Verteilung der Platze beginnen woRte. So ge-<br />
lang es mdr, unbemerkt dazwischenzuschlupfen.<br />
Als medn Herz erst wdeder dm gewohnten Takt<br />
schlug, rief ich keck: „Herr Lehrer, ich habe<br />
gestern drei Teller voll Erbsensuppe gegessen!"<br />
Alle lachten, und der Lehrer meinte schmiHi-<br />
zelnd: „Dann wollen wir mal sehen, ob du<br />
iiber Nacht gewachsen bist."<br />
Er steUte mich Riicken an Riicken mit<br />
Kaspars Margret, die mich um ein gutes Stiick<br />
in der Lange uberragte. Mein Herz schlug<br />
einen Trommelwirbel, denn des Lehrers BMck<br />
war zu meinen Schuhen toinuntergeglitten.<br />
Eine Unmutfalte, die sich schon steil in seiner<br />
Stirn eingraben wollte, wurde von einem<br />
plotzlichen Lachen fortgewischt. „Wenn du am<br />
Ende iiber Nacht so weiterwachst, dann wiU<br />
ich dlch doch Ueber igleich in dde letzte Bank<br />
setzen", sagte er, wahrend es rings um mich<br />
zu tuscheln begann. Ich war iiber und iiber rot<br />
geworden und schamte mich meiner Kriegs-<br />
list. Ich offnete schon meinen Mund, um aUes<br />
zu ibeichten, da sah ich in des Lehrers giitiige<br />
Augen, die mir verstandnisinnig zuzwinkerten,<br />
als wiiBten sie um dde Not meines Kinder-<br />
herzens.<br />
Beseligt saB ich in der letzten Bank. Sobald<br />
ich einen Vordermann bekam, verschwand ich<br />
unter der Bank und zog dde driickenden Schuhe<br />
aus.<br />
Das ist meine friiheste Erdnnerung an GroB-<br />
vater, der in der Frohlichkeit seines Herzens<br />
bis zu seinem Tode mit uns Enkelkindern<br />
jung blieb.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
45
K^tn. cSi^ciu^bat'tjaicyL<br />
e-Uue-LCh. sauertandischer Hohlen<br />
f^ u den eindrucksvollsten Erlebnissen, die<br />
"^ das anmutige, an Schfinheiten so reiche<br />
Sauenland zu bieten vermag, gehoren unistreitig<br />
Besaiche in Hohlen, vor allem in Gebildhoh-<br />
len, in jenen uinterirdisdien Wunderwerken<br />
der Natur, die die Baukiinstler Wasser und<br />
Kalk in unendlich langen Zeitraumen, im<br />
dunklen SchoB der Kalkstearugebirge hervor-<br />
gezaiibert haben,<br />
Reichlich bedacht mit Hdhlraumen aller<br />
Art, mit schmuckvollen Hallen und Grotten<br />
ist jener Teil des Sauerlandes, der zum<br />
Rheindsch-Westfaiischen Kalksteinigebirge ge-<br />
hort, jenes Gebiet, wo Bachlaufe plotzlich<br />
versdiwindein und im Verborgenen weiter-<br />
sickem, tun ebenso iiberraschend irgendwo<br />
wieder zutage zu treten wie z. B. die Honne,<br />
die Pader, die Briloner Aa und der Bilstein-<br />
bach.<br />
Die Gesanit2sahi aller unterirdiechen Hohl-<br />
raume Siiidwestfelens wird sich nie ermitteln<br />
lassen. Doch sind unsere heimischen Kalkge-<br />
birge viel hohlenreicher, als allgemein ange-<br />
nommen wird.<br />
140 Hohlen im Sauerland<br />
Jener geolagische Raum, der die Kalkstein-<br />
gebirge des Sauerlandes und des angrenzen-<br />
den Waldedcer und Bergischen Landes um-<br />
fafit, birgt wait u'ber 200 Hohlen, von denen<br />
rumd 140 im Sauerland, etwa 20 im Waldecker<br />
und 40 im Bergischen Land liegen, kleine und<br />
unbedeutende Schlotten nidit eimgerechnet.<br />
Unter den hohlenreichen Bezirken steht der<br />
Kreis Iserlohn mit rund 50 HiShlen an der<br />
Spdtze. Bs folgen' der Kreis Arnsberg mat 36,<br />
Brilon und Olpe mit je 12 HBMen, die Kreise<br />
Altena, Meschede und Lippstadt mit je 10,<br />
Enn€pe-Bjuhr mit 7 und Hagen mit 6 Hohlen.<br />
Anerkannte Fachleute zahlen die 1948 ent-<br />
deckte Liethohle toei Warstein zu den eiigen-<br />
aitiigsten und zauibervollsten Europas, die Ge-<br />
bilde besitzt, die ihresgleichen suchen und<br />
'bisher nur in einer sudspanischen HoMe vor-<br />
kammen. In verschwenderischer Fulle finden<br />
slch iiber zwei Meter (liange gri>£fel- Ws blei-<br />
stiftdlcke, iglasklare Kristallrohrchen von. vol-<br />
lig gleddiem Durciimesser, aus den Kiuften<br />
und Spalten hervorwachsende, echneeig-weiCe<br />
Kalzitstenigel und zarteste Quarsskristalle,<br />
feinste Alabastersaulen und -grotten. Auch<br />
der merkwiirdigste Krebs, der augenlose,<br />
schneeweiBe Hohienkrebs (Niphargus) ist hier<br />
gefundeni; er besitzt nicht einmal Augen in<br />
veiteiimmerter Form, nach Ansicht der Fach-<br />
gelehrten ein Beweis dafiir, daB er vermutlich<br />
schan vor vielen Jahrtausenden ©inge-<br />
schwemmt worden ist und sich der standig<br />
dunkien Umgebung vollig anigepafit hat. Und<br />
wenn namlhaifte Hohlenkenner die D e c h e n -<br />
46<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Von Bernlhard Dafhnschulte<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
In der Warsteiner Bilsteinhohle<br />
h6h 1 e und die Attendorner Hohle<br />
zu den reizvollsten zahlen, wolien vra Sauer-<br />
lander diese hervorragenden Naturdenkmaler<br />
gern als solche schatzeni, wohl wissend, daB<br />
es in der weiten Welt noch berutantere Hoh-<br />
len und Grotten gibt. Jede Hohle hat eben<br />
ihre besonderen Schonheiten und die nur ihr<br />
eigenen Reize.<br />
Deutschlands tiefste Schacfathohle<br />
Als wedtere sehenswerte Gebildhohten, die<br />
fiir den Besuch erschiossen und elektrlsch be-<br />
leuchtet sind, seien genannt die H e i n r i c h B-<br />
hohle bei Swndwig, die auch zahlreiche<br />
Knochenreste ausgestorbener Biszeittiere ent-<br />
hielt; die Reckenhohle ibei Binolen im<br />
Honnetal und die Bilsteinhohle bei<br />
Warstein, die mit ihrem iiber neunzig Meter<br />
tiefen Naturschacht Deutschlands tiefste<br />
Schachthohle ist. AuBer im Massenkalk des<br />
oberen Mitteldevon treffen wir Hohlen auch<br />
im Korallenkalk des tieferen Mitteldevon, wie<br />
z. B. im Oestertal bei Plettenberg an.<br />
Zu den sehenswertesten Schauhohlen auBer-<br />
halb des Sauerlandes gehdren die im Ber-<br />
gischen liegenden von Wiehl und Riinderroth<br />
im Aggertal. Noch manche verdienen- genannt
gfB<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
zu werden, wie z. B. die Barenhoihle bei Lu-<br />
denscheid, die uber 1500 Meter lange Hardt-<br />
hohle bei Wuppertal-Barmen und die zahl-<br />
reichen Hohlen des Lenne-, Honne- undFret-<br />
tertales.<br />
Die langste Hohle Deutschlands<br />
Deutschlands ausgedehnteste Hdhle liegt<br />
ebenfaUs im rhedinisch-westfaiischen Kalk-<br />
steingebiet: Es dst die in gedogisdier und<br />
zoologischer Binsidit gleich' bedeutuogsvolle<br />
und eigenartige K il u t e r t h 6 h 1 e ibei Voerde-<br />
Miispe. Ihr Name erkiart sdch aus lUute<br />
(Klumpen), womit der Berg gemeint ist. iSie<br />
ist keine eigentliche Tropfsteinhohle — einiige<br />
fpiiher vorhanden gewesene Gebilde haben<br />
Frevlenhande vernichtet — sondern ein aus-<br />
gedehntes, weit verzweigtes Labyrinth von<br />
Geh- und Kriechlhanden, von denen bis jetzt<br />
uber dreitandert erkundet sind. Immerhin<br />
i'st die Kluterthohle die laegste Deutschlands.<br />
Sie enthalt zwanzig groBere und kleine Seen;<br />
drei Bache schicken ihr Waisser auf langen<br />
Wegen durch das Labyrintih.<br />
pern Geologen wie Zoologen ibietet die<br />
Hohile manche andere Merkwurdigkeiten. Zato-<br />
reiche Koraltenarten, einzelne bis zu dreiBig<br />
Zentimeter Durchmesser, linden sich in den<br />
Versteinerunigen. Der Zooiloge ist erstaunt,<br />
uber 158 verschiedene Arten kennenzuiernen,<br />
darunter auch den vorhin genannten augen-<br />
losen, schneeweiBen Hohlenlkretas. — Aus der<br />
jiinigeren Geschdchte der Hoihle sei erwahnt,<br />
daB wahrend der trudisessischen Unruhen<br />
und des DreiBdgjahrigen Kriieges die Bewoh-<br />
ner der Umigebaung dorthin geifloihen sind. Im<br />
groBten Raum der Hohle, der etwa zwanzig<br />
Meter lang und zehn Meter breit ist, haben<br />
Geistliche im Jahre 1586 fiir die protestan-<br />
tischen Fluchtlinge Gottesdienst abgehalten,<br />
woran nodi die Bezeichnungen „Kdrche" und<br />
,.Kanjzel" erinnern. Wie fast aile Hohlen, steht<br />
auch die Kluterthohle unter Naturschutz.<br />
Hoffnung vieler Asthmakranken<br />
Wahrend des Banibenkrieges, als viele<br />
Ennepetaler in die Kluterthohle ifliichteten,<br />
landen Asthmakranke unerwartet Linderung.<br />
Dies fuhrte zu systematischen wissenschaft-<br />
lichen Untersuchunjgen, deren Engebnis bis<br />
jetzt in der Welt einmalig dasteht: Der<br />
Kohlensauregehalt betragt das acht- bis zehn-<br />
lache der AiuBenluft, und die inaturliche Ra-<br />
dioaktivitat liegt zehn Prozent hoher als<br />
drauBen. Hinzu kommt die hohe Luftfeuchtig-<br />
keit (95 prozent) mit praktisch fehlendem<br />
Staub und geringem Kochsalzigehalt. Die Tem-<br />
Peratur betragt im Sommer und Winter gleich-<br />
maBig io,4 Grad. Viele Asthmakranke erziel-<br />
ten wesentliche Erleichterung und anhaltende<br />
Bessenung, selbst Dauerheilunigen sollen zu<br />
verzeichnen sein.<br />
Siedlungshohlen<br />
Zahlreiche offene Hohlen, die an Beng-<br />
hangen und FluBufern ins Freie miinden, sind<br />
schon im Eiszeitalter sichtbar gewesen und<br />
von streifenden Jagern und Fischern gefun-<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
den und bewohnt worden, vor allem im<br />
Honne- und Lennetal, aber auch im Warstei-<br />
ner Gebiet und anderwarts. Man nennt sie<br />
W o h n - Oder Kulturhohlen, auch Sied-<br />
lungshohlen.<br />
Ein Irrtum aber ist's, anzunehmen, die pra-<br />
historischen Menschen hatten nur in Hotoilen<br />
gewohnt. Wir kennen in Deutschland bis jetzt<br />
mehr Freiland-Fundplatze als Hohlensta-<br />
tionen. Sie bezeugen, daB auch der Eiszeit-<br />
mensch eine lichte, warme Raststation im<br />
Freien einer dunklen und feuchten HOhlen-<br />
wohnung vorgezogen hat, die er aber als<br />
Standplatz hodischatzte. Dann wohnte er je-<br />
doch nicht, wie oft langenommen wird, hiinten<br />
in der Hohle, sondern am Eingang und arbei-<br />
tete oft vor der Hohle. Der Hohlenraum<br />
selbst bot ihm wirksamen Schutz gegen alle<br />
Gefahren, die ihm von Tieren und fremden<br />
Horden tmd durch die Unbilden der Witterung<br />
drohten. Darum hat der vongeschichtliche<br />
Mensch zu alien Zeiten die Hohlen gem be-<br />
nutzt und sie fiir langere Zeit Kum Aufenthalt<br />
Oder zur Zentralstation gewahit.<br />
Das Leben der vorgeschichtlichen Menschen<br />
Durch irgentwelche Umstande, meistens<br />
durch Naturtoatastrophen, sind die Bewohner<br />
dann oft gezwungen worden, ihre Siedlungs-<br />
und Arbeitsplatze fluchtartig aufzugeben,<br />
viele ihrer handwerklichen Erzeugnisse zu-<br />
riicklassend. Diese haben unter dem Schutze<br />
der sich dariiber gelagerten iSchichten viele<br />
Jahrtausende liiberdauert und sich bis in die<br />
heutige Zeit erhalten, vor allem die unver-<br />
ganglichen, wie z. B. Stein- und Bronzegerate,<br />
TongefaBscherben, unter besonders giinstigen<br />
Erhaltungsibeddngungen sogar Knochen und<br />
knocheme Gerate. Die Kultuiihohlen bieten<br />
daher dem Palaoarchaologen geeignete For-<br />
schungsmoglichkeiten; sie liefern eindrucks-<br />
voUe Zeugnisse, die es ihim ermoglichen, ein<br />
Bild zu gewinnen vom Leben' des ur- und<br />
vorgeschichtlichen Menschen und die groBen<br />
Entwicklungslinien der menschlichen Kultur<br />
uberhaupt zu erkennen.<br />
Arbeitsplatz der Neandertaler in Balve<br />
Obschon die Zahl der isauerlandischen K\il-<br />
turhOhlen recht groB ist, sind der breiten<br />
Offentlichkeit nur weniige b^kanntgeworden.<br />
am meisten wohi die iBalver Hohle. Als groBte<br />
offene Gebirgshalle DeutschlandB ist sie zu-<br />
gleich auch die hervorragendst^ deutsche<br />
Siedlungshohle liiberlhaupt.<br />
rhr Wert fu^^ die Vorgeschichtsforschung sei<br />
kurz dahin zuisammengefafit, daB in ihren<br />
Fundschichten handwerkliche Geratschaften<br />
aus acht verschiedenen Entwicfclunigastuifen<br />
der menschlichen Kultur eingeschlossen lagen.<br />
Besonders fundreich waren die altpaiaolithi-<br />
schen Schichten, durch deren Entdeckung es<br />
moglich geworden ist, die wirkliche Bedeu-<br />
tung der Balver Hoihe als einen der hervor-<br />
ragendsten Industrieplatze der NeandertM-<br />
menschen und als ihre wichtigste Verbin-<br />
dungsstation zwischen Mittel- und West-<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
47
Die Balver Hohle im Zeichen der Hohlenfestspiele<br />
europa au erkennen. Dadurch ist die in der<br />
Fachiiteratur als auffallend bezeichnete Sied-<br />
lungsliiidce der Neandertaler im nordwest-<br />
europaischen Raum geschloissen.<br />
KuKurhohlen des Honnetales<br />
Zu den toekanntesten KulturhoMen des<br />
Honnetales gehOren weiterhin die F e 1 d h o f -<br />
und Leichenhohle, die groBe und kleine<br />
Burghohle im Klusensteinfelsen, die<br />
Volkrinighau s er - und Burschen-<br />
hohle, dde Hausstatt-, KBtten- und<br />
Ziegenihohle; in einem Seitental der<br />
Honne, dm Grtiibecktal die K a r h o f - und<br />
H o n e r t ih 6 h 1 e.<br />
Aui3er Steimgeraten aus verschiedenen Sied-<br />
lungsepochen der Steinzeit wurden recht ein-<br />
druckisvolle Funde aus der Eisenzeit gebor-<br />
gen: Speer- und Pfeilspitzeii aus iBronze und<br />
Eisen, zahlreiche Bronze-Ohrringe mdt scho-<br />
nen Glas- und Bemsiteinx)erle(n, ferner Hals-<br />
und Armschmuck aus Bronze und Easen. Al-<br />
lein aus der merkwurdigeni, ratselvolien<br />
LeidienhOhle bei Binolen konnte der Verfas-<br />
ser imi Jalhrel938 sechzig guterlhaitene Bronze-<br />
Ohrringe und iiiber 460 unbeschiadigte gesunde<br />
Menschenzahne sowie Schadelfragmente ber-<br />
gen. Alie Hohlen enthielten viele Tonscherben<br />
von grofien und kleinen tG-efafien. Samtliche<br />
Fundstiicke dieser Art stammen aus der Zeit<br />
um 600 bis 500 v. Ohr. Aus der Kanhofhohle<br />
konnte sogar eine unzerstorte Heixlstelle aus<br />
dieser Zeit igeborgen und unversehrt ins<br />
Mendener Heimatmuseum geschafft und dort<br />
aufgestellt werden. Die neuen Funde aus der<br />
Balver BoMe ibetinden sich in den Museen<br />
zu Arnsiberg und Balve, viele der vor 1939<br />
gehobenen leider zerstreut in imehr als einem<br />
Dutzend andrer Museen.<br />
48<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Aus vielen Hohlen des Sauerlandss sind<br />
Funde aus der Eisenzeit ans Taigeslicht ge-<br />
kommen. Die Hohlen des Lennetaies ihat der<br />
Leiter des Ruhrtai-Museums, iSpiegel, griind-<br />
lich durchiforscht; vor allem im der Martins-<br />
und Oegerhdhle wie auch aus der Sporker<br />
Miiide bei Greventoriick hat er wertvoMe Kul-<br />
turreste bergen konnen. Den beriihmt gewor-<br />
denen „Hohlen Stein" Ibei Kallenhardt, sowie<br />
die BilsteinihaMen und die Rosenbecker Hohle<br />
bei Brilon erforschten Andree und Hennebole.<br />
die eindrucksvolle Kulturhinterlassenschaften<br />
zutage forderteni, aus der Stein- und Eisenzeit.<br />
Selbst das „Holilenloch" bei Oberalme und die<br />
saigenumwobene „Veledah6ihile" bei Velmede<br />
im Kreise Meschede lieferten Funde aus der<br />
mittleren Eisenzeit.<br />
Eisenhiittenleute waren die letzten Siedler<br />
Weil gleichartige und gieichaltrige Topfer-<br />
ware auch in den altesten Wall burg en<br />
des Sauerlandes gefunden worden ist, kann<br />
mit Recht der SchluB gezogen werden, daC<br />
das Sauerland um die Mdtte des letzten vor-<br />
christlichen Jahrtausends starker als je vor-<br />
her besiedelt gewesen ist. Der Grund scheint<br />
darin zu liegen, daU unter der iEinwdrkung<br />
des starken Klimasturzes um 800 v. C3h. nord-<br />
germanische Volikergruppen sich in Bewe-<br />
gunig gesetzt und sich nach Siiden verschoben<br />
haben. Als weiterer Grund, wenn nidit als<br />
Hauptursache, kann der Umstand angesehen<br />
werden, doB mit Beginn der um diese Zeit<br />
einsetzenden Biseniverhiuttung auch die Eisen-<br />
erzgebiete des Sieger- und :Sauerlandes be-<br />
gehrenswert geworden waren. Wir wissen,<br />
daB um jene Zeit auch im Sauerland Eisen-<br />
erze verhiittet worden sind; denn nicht nur<br />
im Siegerlande sind Eisenschimelzofen aus je-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
ner Zeit entdeckt, sondern auch dm Lormecke-<br />
tal bei Kallenhardt und zwar durch Andree<br />
und Hennebale. Beck Arnsberg, fand audi bei<br />
Balve Reste eines Eisenschmelzofens; diese<br />
und andere Funde sind eindmcksivolle Zeug-<br />
nisse einer auch dort vor zweieinhalb Jahr-<br />
tausenden vorgenommenen Verhuttung.<br />
Es ist daher anzunehmen, 'daB es vornehm-<br />
lich Eisenhuttenleute gewesen sedn werden,<br />
die um jene Zeit in deni HoMen des Sauer-<br />
landes als Daiuersiedier gewohnt haben. Das<br />
erscheint recht natiirlich, wenn man erwagt,<br />
daB sie ja in der Nalhe ihrer Arbeitsplatze<br />
wohnen muBten. Dazu boten die H6hlen ihnen,<br />
die als kunstgeubte Schmdede mit Kampf und<br />
Verifolgung rechnen muBten, den sachersten<br />
Schiutz.<br />
Ist's verwunderlich, wenn in den nacMol-<br />
genden Zeiten man sich dun'kel dieser „Ur-<br />
Gebuaren ame . . . ?<br />
Rolten alle Mitrine was in der Kiiecke am<br />
Smengen, do kam Katmes Karl met der<br />
Aktenmappe ungerm Arem dorin. lat toug fix<br />
dat geblaumere Nachtsmusteelkein vam Koppe<br />
un wiskere siek en Smand van en Slawwen.<br />
„Guatt helpe, Rolten Mutter!"<br />
„Guatt lauhne, Karl!"<br />
„Iieck woU dian Buagen van Amte wier-<br />
huallen. Harr le ne iufullt?"<br />
„Och ne, Karl, dat heffe jounit. Unse Vatter<br />
hiat et gans verswett."<br />
„Is nit sliemm. leck .make ne Au iawen<br />
ferreg. Siat mie men, wannher dar le ge-<br />
buaren sind."<br />
„ Jo, Karl — nei, Karl " Mitrine snuitere<br />
sieck in en Fiardauskstipp. „Ne, wat bis diu<br />
ne storegen Jungen woren. Diu gliekes doch<br />
gans dienem sailen Peiter-Oihmen. Wiu alt<br />
biste eigelek?"<br />
„Sessteuie sin ieck te Kriutwigge woren. Un<br />
le, Rolten Mutter, wiu alt sin le?"<br />
Karl stippere de Fiar in en Inketpott<br />
„0 Har, Junge, ieck sin alt en alt Menske.<br />
Ieck hewwe diene salie Groutemomme nou<br />
kannt. Ieck hewwe manech Punneken Buetter<br />
van der krieen, ase ieck nou Marketanderke<br />
was. Un manech echt Koppken Kaffei heffe<br />
tehoupe drunken."<br />
„Jo, soun guet Koppken Kaffei is nit te ver-<br />
achten. Awer niu marek viaran maken, siiss<br />
kritt se mieck op em Amte bien Ohren."<br />
.,Och jo, Karl, sass gnaug tedaune hewwen<br />
"let diar unwiesen Schriewerie. Ieck florre ne<br />
Wat; is jo doch aides fiar de Katte."<br />
.,Wat sail me maken, wann et van houge<br />
raff kuemmet? Well ie et mie daim iawen<br />
slen, wannher dar le un Aue Mann gebuaren<br />
sind?"<br />
„Marjouh, Junge, dat is alt lange hiar. Ieck<br />
Was alt en alt Menske, do dachte an dieck nou<br />
koine Kragge. Me feult, dat me et meiste<br />
Liawen dohn hiat."<br />
Et Mitrine leup verbiestert in en Molken-<br />
keller un kam met Brout un Molkenkase wier.<br />
"Weste en kitzken met frohstiicken, Karl?"<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
bewohner" und iihres Schaffens erinnerte, Frau<br />
Sage ihre phantasdevoilen Faden an die Hoh-<br />
len knii'pfte? So wird z. B. vom HoHenloch<br />
bei Oberalme erzahlt, daB die HoUen, d. h.<br />
die Holden>, den Doribewolhnern beredtwillig<br />
geholfen und den Wirten bei Festlichlkeiten<br />
den Braukessel geliehen hafoen, eine Sage,<br />
die iibrigens auch anderwarts vorkommt. Doch<br />
auch unangenetame Leute wohnten manchmal<br />
in den Hohlen, wie z. B. die „rwilden Eppen"<br />
im Eppenloch bei Bilstedn. Die Veledahohle<br />
bringt man in Verbindung mit der iberiihmten<br />
germanischen Seherdn. Und in der Baiver<br />
Hohle hat kein Geringerer als der beriihmte<br />
Wieland das Schmdedehandwerk erleimt und<br />
ausgeiibt, eine Sage mdt starkem, geschdcht-<br />
lichen Gehalt, wie Prein in seinemi iiberzeu-<br />
gendiwdrkendeniAufsatz,, WSeiandder Schmied<br />
in Balve" dm iBalver Heimatbuch nachzuwed-<br />
sen versucht hat.<br />
„Is dankenswert, Rolten Mutter, awer ieck<br />
mat gohn. Ieck mat nou diart ganse Duarp.<br />
Alsou, gebuaren ame . . ."<br />
„J6mmeg, wat hiat dat Kalv niu wier te<br />
bolken? Et well wat te siupen hewwen. Et is<br />
van der „Sterenblaume", en wunnerschoin<br />
Dierken. Kumm, diu mass et mol seuhn. Et<br />
schnuckelt alt, wann ieck me en Finger int<br />
Siupen halle."<br />
Et barre nit, de Karl mochte met in tem<br />
Staile. Heu striepere diam Ossken et Ruggel-<br />
ken: „En wialleg Dienken!"<br />
„ Jo, de Brachtesbiuer wellt us viar en Fasel-<br />
kalf iimmetiusken."<br />
Se woren wier in der Kiiecke, und Karl<br />
drante: „Niu marrek et awer wieten, Rolten<br />
Mutter . . ."<br />
Mitrine geraut int Krochen: „WeiBte wat,<br />
Junge, smiet dat Schriewens ungern Kauh-<br />
pott. Wat geiht dat deu Harens op em Amte<br />
an, wannher dat vie hie gebuaren sind? Ieck<br />
wellt van lane jo ouknitt wietten. Men, dat<br />
se et Inket verklickstert."<br />
Karl de dat alle Menske leie, awer heu<br />
mochte siene Listen ferreg hewwen. „Niu<br />
siaret mie doch, Rolten Mutter. Ieck siet ock<br />
gewisse keumes wier."<br />
Mitrine soditere un fruemmelere an en<br />
Viardaiukesbangen — un fcrochere -^ un wis-<br />
kere sie en Sweit van der Steren: „Unse Vatter<br />
is innen siewenzeger Jdhren junk woren.<br />
Heu woil gistern nom Amte, awer deu alle<br />
Slieppstert hiaret wier vergiatten. Heu is<br />
amme Louhsplieten. De Louhgiarwer giet<br />
men nicks derviar."<br />
„Gans wiet van Achtzeg sind le sleeker nit,<br />
Rolten Mutter, nit? In wat fiar em Johr isset<br />
wuall wiast?"<br />
Et Mitrine streik sie de Hoorstrueppels iut<br />
der Steren un reit et Nachtmuskelken vamme<br />
Kauhpotte:<br />
„Wann se et dann partiu wietten meutet —<br />
terheime in der Apolmke was in unser No-<br />
werskopp ne Mann, deu was grad sou<br />
alt ase ieck", smeiret niawen sieck un<br />
snauf der Uewerdiar riut.<br />
Karl pack sine Priietteln binein un schouf<br />
af. Niu wuBte et.<br />
Anna Kayser-Hespecke.<br />
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49
50<br />
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Nordenau<br />
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Bleischnitt von Hubert Tonne
\<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
\QitS K:zrrSt(lHa^(lbl(lt erwandert und erlausdit<br />
tJberbleibsel der Tundrazeit uberdauerten tausende Jahre<br />
Digitalis auf der Hochheide Neuenhagen<br />
'•"^ereitsEndeOktober oderAnfang Novem-<br />
ber fegt der Nordwind eisig um die Berge des<br />
Kahlen Asten und uberschiittet sie nicht selten<br />
^it einer Schneedecke, die den ganzen Winter<br />
uber mehr als metertief liegt. Diese Marchen-<br />
landschaft ist dann das Paradies der Winter-<br />
sportier. Noch iange bis tief in den Friihling<br />
hinein liegt der Schnee an Nordhangen in den<br />
Waldem, bis er auch hier der warmenden<br />
Sonne weichen muC. Mit Humor betrachtet<br />
der Volksmund den langen Winter, wenn er<br />
sagt: „Die Winterberger machen den Schnee<br />
^in, dann haben sie langer was davon." Das<br />
Klima beeinflufit naturlich die ganze Vege-<br />
tation. Wegen des friihen und langen Winters<br />
1st die Vegetationszeit kurz. Der Fruhling halt<br />
verhaltnismaBig spat seinen Einzug, und der<br />
erste Schnee fallt nicht selten auf die letzten<br />
Roggen- und Hafergariben. Aber die intensive<br />
Und uitraviolette Einstrahlung lockt den Friih-<br />
ling fast oiber Nacht hervor, besonders an den<br />
Sudhangen. Auch die andern klimatischen<br />
Paktoren beeinflussen wesentlich die Pflanzen-<br />
welt in einer Hohenlage bis zu 841 m. Nieder-<br />
schlag — ira Jahresdurchschinitt rund 1400 mm<br />
~- fallt auch in den Sommermonaten reichlich.<br />
Nebel kennt die Hohe an 200 Tagen. Bei iiber<br />
230 eingetriibten Tagen kann das Mittel der<br />
Julitemperatur natiirlich nicht hoch sein mit<br />
Von Sepp Geilen<br />
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13" (Koln 18"). Vergleichen wir diese Werte mit<br />
Brilon (Entfernung 25 km, Hohenlage 450 m),<br />
dann haben wir als Julimittel etwa 15", Nebel-<br />
tage noch nicht 30, Niederschlag etwa 1000 mm,<br />
eingetriibte Tage 150; die Anzahl der Frost-<br />
und Schneetage bleibt weit hinter denen des<br />
Astengebietes zuriick. Bei ddesem Vergieich<br />
wird es uns klar, daB das Astengebiet vor der<br />
Verfichtung hinsichtlich seines urspriinglichen<br />
Bewuchses in manchem eine Sonderstellung<br />
hier Reste der suibalpinen-subariktischen Flora,<br />
die als letzteUbepbleibsel der einstigen Tundra-<br />
zeit viele Jahrtausende iiberdauerten. Wie auf<br />
einer Insel konnten sie sich hier auf dem<br />
nordlichsten Standort des deutschen Mittel-<br />
gebirges halten. Wahrscheinlich waren sie vor<br />
der Verfichtung im Gebiet noch welter ver-<br />
breitet als heute. Um die Erhaltung dieser<br />
letzten Reste bangt heute nicht nur der<br />
Wissenschaftler, sondern auch der Natur- und<br />
Heimatfreund.<br />
Beginnen wir unsere pflanzenkundliche<br />
Wanderung von Wdnterberg aus hinter der<br />
Kappe. In ausgiebigem Polster flnden wir da<br />
gleich zwei groBe Seltenheiten beieinander:<br />
Alpenbarlapp (Lycopod. alpinum) und<br />
geastelter Barlapp (Lycopod. comixl.<br />
anceps). Letzterer war fiir das Astengebiet<br />
bisher noch nicht verzeichnet und wurde erst<br />
kiirzlich gefunden. Das angrenzende Sonne-<br />
borntal steht pflanzengeographisch einzig im<br />
Sauerland da. Die feuchtere NO-Seite dieses<br />
schmalen Hochtales, also der Astenhang, birgt<br />
subalpine, hochmontane Pflanzen, wogegen<br />
der Trockenhang auf der Gegenseite kontinen-<br />
tale Einwanderer aus Waldeck und Hessen<br />
durch das Nuhnetal zeigt Hier ledchten die<br />
blauen Blutensterne des Alpenmilch-<br />
1 a 11 i c h s , den wir sonst im Mittelgebirge<br />
vergebens suchen. Erst im hohen Schwarzwald<br />
wiirden wir ihn wiederflnden. Bereits im zei-<br />
tigen Friihjahr, wenn die Ufer des Sonneborns<br />
eben schneefrei sind, bluht am Wiesenbadi die<br />
weifie P e s t w u r z. Als Pflanze, die trockenen<br />
Standort liebt (submediterren-kontinentai) be-<br />
hauptet sich die duftende Primed am<br />
Hang. Ebenfalls ist das Sonnenroschen<br />
hier weit verbreitet. Verschiedene O r c h i -<br />
d e e n finden sich: groBer Handelwurz (Gymn.<br />
conop.), weiBe Kuckucksblume (Gymn. alba),<br />
geflecktes, breitblattriges und mannliches<br />
Knabenkraut (Orch. maculata, latifol. und mas-<br />
cula), zweiblattrige Kuckucksblume (Plat, bi-<br />
fol.), dm angrenzenden Walde Zweiblatt und<br />
Nestorchis. Im niederen Grase verstecken<br />
sich Ge b i r g s 1 a b k r a u t, G o 1 d s t e r n ,<br />
Mondraute, Wiesenlein, Vernein-<br />
kraut, an Trockenstellen Katzenpfot-<br />
chen.<br />
Voller Farbe sind dagegen die Hange im<br />
Friihjahr, wenn Trollblumen und Ge-<br />
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51
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
birgsstorchschnabel golden und blauviolett<br />
in dichten Polstern den Grund bedecken.<br />
Dazu gesellen sich dann die dunkelviolette<br />
Rapunzel oder Teufelskraile, die<br />
duftende Arnika, Bergflockenblume<br />
Gebirgsplatterbse, Goidrute und<br />
Wiesenknopf, stengellose Distel und die<br />
hohen Biischel der Periickenflockeniblume als<br />
nordisch-montane Pflanze. Den bunten Reigen<br />
beschlieBt die Herb stzei 11 os e , bis die<br />
starken Nachtfroste ihre Pracht toeenden.<br />
Bescheiden nur ist diese Auslese, doch viel-<br />
gestaltig auf Henkunft, Klima- und Boden-<br />
anpassung. Diese Gebirgshochwiese steht in<br />
ihrer floristischen Artenfuile audi seltenster<br />
Pflanzen im deutschen Mdttelgebirge einzig da<br />
Es ist daher tief bedauerlich, daB dies leuch-<br />
tende Kleinod inmitten dunkler FichtenwaWer<br />
durch jiingst vorgenommene Aufforstung den<br />
Natur- und Heimatfreunden und auch der<br />
Wissenschaft iiber kurz oder lang verloren<br />
geht.<br />
Am steilen Rauchloh oberhalb des Sonne-<br />
born Jallt uns die uppige Vegetation des Berg-<br />
hanges in der Kraut flora auf. In dem<br />
feuchten Mikroklima des Farnbuchenwaddes<br />
am NO-Hang flnden hier ihr Element Frtih-<br />
lingsknotenblume oder groBes Schneeglock-<br />
chen, filziger Alpenziest neben dem Waldziest<br />
spitzblattrige Mondviole, Gebirgshahnenfufi'<br />
in Nordwestdeutschland einnahm. Wir flnden<br />
vereinzelt breitblattrige Glockenblume und<br />
Eisenhut, Seidelbast und zwiebeltragende<br />
Zahnwurz. Aronstaib und Lerchenspom sind<br />
dicht umgeben von Waldmeister. Sdion von<br />
weitem nehmen wir den Zwiebelgeruch des<br />
Barlauchs wahr, dessen .grune Flachen dicht<br />
mit seinen weiBen Bluten toesetet sind. Am<br />
Wegrand stehen die kleinen Glocken des<br />
Wintergruns und die groBen Dolden von Hain-<br />
und Fuchsenskreuzkraut. Sie fiillen die engen<br />
tiefen Talungen, in denen die letzten Reste des<br />
ehemaligen dichten Schlucbtwaldes, Berg-<br />
ahorn, Esche und Eberesche, Schatten geiben.<br />
AuBerhalb dieser artenreichen Schluchten<br />
bis fast auf die Hohe des Asten haben wir<br />
dann den waldschwingel- und barlappreichen<br />
Rotbuciienwald mit seiner entsprechenden<br />
Pflanzengeselischaft. Waldsdiwingelgras und<br />
sprossender Barlapp geben dieser Waldart den<br />
Namen.<br />
Wegen der hohen Niederschlage ist der Bo-<br />
den stark versauert. Er hat dementsprediend<br />
eine dicke Robhumusschicht. Die Krautflora<br />
umfaBt nur wenige saureliebende Arten wie<br />
sprossenden und Tannenbarlapp, Schatten-<br />
blume, quirlige Maiblume, Siebenstem, Hei-<br />
del- und Blaubeere, verschiedene Earne, wie<br />
Schild-, Rippen-, Buchen- und Eichenfarn und •<br />
die Hainsimse. Sie iiberziehen in dichter, ge-<br />
schlossener Decke den Boden unter den ver-<br />
krijppelten Buchen. Diese Kruppelbaume sind<br />
Zwerge im Verglelch zu den Buchen tief drun-<br />
ten im Tale. Kaum 10 bis 20 m werden sie hoch.<br />
Die Aste setzen schon sehr niedrig an. Die<br />
verdrehten, gedrungenen, in jeder Hinsicht<br />
verwachsenen Starame zeigen uns offensicht-<br />
lich, welchen Kampf der Duchenwald hier auf<br />
52<br />
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zeit ^^fi^^/^l^ den Eiementen in jeder Jahres-<br />
fShPnHn**• ^^*- Si^ '^t an sich ein Warme<br />
da. mn^ ^^""•- ®^^* «ie ^""^ • Hai^, wo<br />
verl,>^ !f-\f """^u•^ ^"""^ «» EinfluB schon<br />
und
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
WeiBe Pestwurz Arnika Alpenbarlapp<br />
Birke, Espe und Vogelbeere, Kriech- und<br />
Ohrchenweide bewachsen vereinzelt oder in<br />
dichten Hagen die kahle Hohe Oder den Hang.<br />
Vergeseilschaftet mit dem Heidekraut sind<br />
Preisel- und Heidelbeere, Renntier- und<br />
Islandflechte, Becher- und iSaulchenflechte, Sie-<br />
benstern, behaarter und Farbeginster. Kolben-<br />
barlapp und als Hauptglazialreiikt der Alpen-<br />
barlapp sind noch in dichten Bestanden<br />
vorhanden.<br />
Die Artenarmut der kahlen Hohe f allt gleich<br />
dem Wanderer auf, der den reichen Bliiten-<br />
schmuck der Hochwiese im Sonneborn sah. An<br />
Bliitenpflanzen sind es ein gutes I>utzend.<br />
Zwischen der dunklen Heide leuchten die<br />
gelben Sterne des Fingerkrauts und die wedI3en<br />
des Siebensterns. Katzenpfotchen, Laibkraut<br />
Und vereinzelte Glockeniblumen geben eine<br />
Weitere Bereichenmg. Weit leuchtet der Gin-<br />
ster, besonders der Farbeginster, der in dichten<br />
Rasen die Heide durchsetzt. Und dariiber<br />
schaukeln die Blutenkorbchen der duftenden<br />
Arnika.<br />
Ein Blick vom Turm liber die gebuckelte<br />
Welt des Sauerlandes zeigt uns, daB die Hohen<br />
fast alle mit Fiditen iiberzogen sind. Vor noch<br />
nicht hundert Jahren war auch hier wie auf<br />
dem Asten Heide, aus der zur Sommerzeit die<br />
G-locken der Kuhherden den Wanderer gruiJ-<br />
ten. Diese Hochheiden, deren Reste auf dem<br />
Kahlen Asten und dem Neuen Hagen bei<br />
Niedersfeld heute gesdiiitzt sind, sind wohl<br />
zum groBten Teil aus dem mittelalterlichen<br />
Raubbau am Walde durch die Holzkohle-<br />
gewinnung und die Hudewirtschaft entstanden.<br />
^^urch die Beweidunig verarmte der Wald noch<br />
inehr, und der VerbiB der Weddetiere lieB den<br />
Wald nicht mehr hochkommen. Die letztere<br />
Entwicklung laBt sich auf dem Neuen Hagen<br />
in der jungsten Zeit genau verfolgen. Auf den<br />
hochsten Erhebungen des Sauerlandes konnten<br />
sich wie Inseln vereinzelt kleinere Lichtungen<br />
halten, die zum groBen Teil klimatisch bedingt<br />
Waren. Solche Stelien, die mit Gebiisch wie<br />
Birke, Espe, Weide und Vogelbeere durchsetzt<br />
sind und als Zwergstraucher und sonstige<br />
Pflanzen solche aufweisen, wie wir sie auf dem<br />
Kahlen Asten vorflnden, linden wir noch viel-<br />
fach im Hochsauerland. Diese Uberbleibsel der<br />
Tundrazeit im Sauerland, als das Ren auch in<br />
Unsern Bergen heimisch war, bargen die gla-<br />
zialen Pflanzenrelikte und retteten sie in un-<br />
sere Zeit.<br />
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Dem Asten ist zwar nicht das Schicksal des<br />
Sonneborntales beschieden; denn er genieBt<br />
gesetzlichen iSchutz. Und den Alpenbarlapp<br />
konnten bisher weder Hude noch Plaggenhieb<br />
ausrotten. Aber eine groBe Gef ahr hat er trotz-<br />
dem. Das ist der Wanderer als „Andenken-<br />
sammler". Wenn wir bedenken, daB die Ent-<br />
wicklung uiber eine Zwischenpflanze beim Bar-<br />
lapp mehr als 10 (zehn!) Jahre dauert, so sehen<br />
wir hier die groBe Gefahr. In der Hochheide<br />
des Neuen Hagen bildete er noch vor 20 Jahren<br />
weite, ausgedehnte Polster. Heute muB man<br />
von Qliick sagen, wenn man ihn flindet. Und<br />
es ist bedauerlich, daB der Mensch mit oder<br />
ohne tJberlegunig die Kostbarkeiten in der<br />
Natur ausrottet, die die Allmiutter Natur uns<br />
iiber die Jahrtausende wohl aufgehoben hatte.<br />
Die Tierwelt des Asten<br />
Ahnlich wie die Pflanzenwelt ist auch die<br />
Tierwelt des Asten nicht sehr- reich. Rot-<br />
wild, Rehe und Sauen halten sich iiber Tag in<br />
den angrenzenden Waldern und Dickungen<br />
verborgen. Reinekes Spurnase stobert den<br />
Hasen im Heideversteck auf, und der Dachs<br />
sucht die Eier der Bodenbruter. Die langen,<br />
strengen Winter zwingen das Wild jedoch, in<br />
die giinstigeren Taler htnabzusteigen. Nur<br />
selten kommen hier die jungen Marzhasen<br />
hoch. Das Muffelwild, das sich im Sauerland<br />
sehr gut akklimatisiert hat, kommt auf seinen<br />
Streifen auch in den Bereidi des Asten.<br />
Wer eine Nacht- oder iFriihwanderunig bei<br />
giinstiger Witterung zuim Kahlen Asten imter-<br />
nimmt, wird von dem vielstimmigen Vogel-<br />
konzert uberrascht sein, das ihn hder auf<br />
luftiger Hohe umgibt. Die (Nachtigall suchen<br />
wir hier vergebens. Aber das Lied der andem<br />
Sanger ist voller Ersatz. Schon vor Tau und<br />
Tag, wenn im Osten hinter dem Hillekopf und<br />
SchloBberg fahle Helle die Sterne erblassen<br />
macht, laBt die Heidelerche ihr silberhelles,<br />
klangifrohes Lied aus der Hohe oder vom<br />
Kiefernstumpf erklingen. „Dadidl, dadidl, lilili,<br />
lululu" jubelt und schluchzt es wie Nachti-<br />
gallengesang. Dem Fruhaufsteher ist es ein<br />
Erlebnis, ihrem Lied zu lauschen, wenn tief<br />
drunten in den Talern das Larmen und Hasten<br />
des AUtags nodi unter blauviolettem Mantel<br />
der verklingenden Nacht schlaft, wenn der<br />
frische Bergwind den Tau sanft auf dip Graser<br />
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53
Eichelhaher<br />
legt. Ihr Gesang gab ihr den klangvoUen la-<br />
teinischen Namen Lulula. Die Heidelerche ist<br />
im Sauerland weiter verbreitet, als man ge-<br />
wohnlich annimmt. Auf Kahlschlagen und<br />
Weiden mit Wildlandcharakter, in deren Nahe<br />
Buschgeholze wie Binken, Vogelbeeren und<br />
Weiden wachsen, konnte ich sie Uberall horen<br />
und beobachten. — Auch die Feldlerche lobt<br />
fruh den beginnenden Tag. Alauda nennt sie<br />
d-aher der Zoologe. — Auf ednem diirren Ast<br />
der Kruppelkiefer iiber der weiten Heide sitzt<br />
der Baumpieper. Lerchenartig flattemd eriiebt<br />
er sich zum Balzflug, wobei er seiner Liebsten<br />
ein Standchen singt, die in der Nahe der Brut<br />
obliegt. Moorlerche nennt sie der Norddeutsche<br />
wegen ihres Gebarens. — Da meldet sicli auch<br />
der Birkhahn auf seinem angestamimten Balz-<br />
platz iiber dem Altastenberger Nordhang.<br />
Kullernd klingt sein Minnelied in die morgend-<br />
liche Stille. Ein Rivale streicht vom Hohen<br />
Knochen heran. Es sind wohl die toeiden letzten<br />
Hahne, die heute noch im Bereich des Asten<br />
balzen.<br />
Im vergangenen Jahre wurde in der Heide<br />
ein Birkhuhngelege gefunden, das auch ge-<br />
schliipft ist. Doch leider wurde auch ein Hahn '<br />
von den Funkern, die in der Heide ihre Gerate<br />
bedienen, abgeknallt.<br />
Ebenfalls ist der Urhahn noch vereinzelt im<br />
Astengebiet dort anzutreffen, wo er Asung<br />
und Lebensbedingungen vorflndet. Diese bei-<br />
den RauhfuBhiihner waren vor noch nicht<br />
50 Jahren sehr zahlreich hier auf den Hohen<br />
vertreten. Doch die zunehmende Verfichtung<br />
nahim ihnen ihre Asungsplatze.<br />
Am Hang im Fichten- und Buchenwald<br />
singt's und jubelt's um die Wette. Amsel- und<br />
54<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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Drossellied schallt voller Freude und Sehn-<br />
sucht von Berg zu Berg. — Kichernd lockt die<br />
Kuckuckin die sonst storrischen Liebhaber.<br />
Sie sind weit in der Uberzahl, etwa sechs zu<br />
eins, wie ich wiederholt beobachten konnte.<br />
Es ist ein erhebendes Bild, von der Hohe tief<br />
unter sich die Flugkunste des Turmfalken zu<br />
beobachten, wie er riittelnd in der Luft steht<br />
Oder im eleganten Schwebflug sich empor-<br />
tragen laBt.<br />
Im Gezweig der Buchen und Fichten und im<br />
Gebiisch singt und larmt und lockt das Heer<br />
der kleinen Sanger: Meisen, Finken und Hanf-<br />
linge, Rotkehlchen, Dompfaff und Goldhahn-<br />
chen und wie sie alle heifien, geben sich hier<br />
ein Stelldichein. Im Wurzelgeflecht einer vom<br />
Sturm entwurzelten Buche atzt der Zaun-<br />
konig seine Jungen. Weit oiber die Taler halli<br />
zur Paarungsizeit das Trommeln des groBen<br />
Schwarzspechtes oder sein langgezogenes<br />
„Khahhh".<br />
Wenn sich abends die Sonne blutrot hinter<br />
die Lenneberge und das Ebbegebirge in der<br />
Feme senkt, dann wird ein Flugkunstler wach,<br />
den man nur selten zu Gesicht bekomimt: die<br />
Nachtschwalbe. Weil man den kuckuckgroBen<br />
Vogel bei Tage nie sieht, wie er seine Nahrung<br />
sucht, glaubte man friiher, nachts wiirde er<br />
die Ziegen auf der Weide melken und so seinen<br />
Hunger stillen. Deswegen wurde er Ziegen-<br />
melker genannt. Wie ein Wecker spinnt sein<br />
monotones „Errrrrr6rrerrrrrr6rr" ohne Unter-<br />
brechung durch die nachtliche Stille. In mond-,<br />
heller Nacht kann man den wenig scheuen<br />
Vogel aus der Nahe gut beobachten.<br />
Es ist noch nicht sehr lange her, daB das<br />
Astengebiet zum Jagdrevier des Uhu vom<br />
Iberg gehorte. Die Alteren von uns kennen<br />
noch recht gut sein gezogenes „Bubuu". Uber<br />
Biire, Renau, Sonneborn und Asten ging sein<br />
Flug.<br />
Seit einigen Jahren nun kann der Nacht-<br />
wanderer, wenn er Gluck hat, das zum SchluB<br />
hin ansteigende „Dudududu" des RauhfuB-<br />
kauzchens horen, das sich im Sauerland mehr<br />
und mehr auszubreiten scheint.<br />
Reifen im Herbst an den StraBen die Vogel-<br />
beeren und brauen Nebel um den Asten, dann<br />
kommt das groBe Heer der Drosseln auf dem<br />
Strich: Wacholderdrossel, Misteldrossel — hier<br />
bekannt als Russe —, Weindrossel oder Wein-<br />
vogel, Ringamsel oder Kranz, Singdrossel oder<br />
Gelbdrossel. In samenreichen Jahren findet<br />
sich auch der Kreuzschnabel ein und baut<br />
unter schiitzendem Schneedach oben im Wipfel<br />
der Fichte das Nest fur die Jungen. — Kreuz-<br />
ottern, die sonst gern Heidegebiete bewohnen,<br />
gibt es am Asten nicht.<br />
Den vielen Besuchern des Asten, den Wan-<br />
derern und Naturfreunden mogen diese Hin-<br />
weise Anregung zur eigenen Beobachtung sein,<br />
um in der Bergeseinsamkeit und Stille in die<br />
Natur hineinzulauschen und sie so besser zu<br />
verstehen.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Die letzfen Jahre der Scheunensfaffen<br />
^Xie Wiedersehensfreude war langst ver-<br />
^'^tlungen. Fast alle Manner, die im Kriege<br />
von 1870/71 gestanden hatten, gingen der ver-<br />
trauten Arbeit nach.<br />
Der SchmieBbauer stand am Hange des Bra-<br />
berges und wehrte den Kiihen die Fliegen.<br />
Grau glitt der Schatten der Oktobersonne iiber<br />
die Felder am gegeniiberliegenden Hang dem<br />
Tale zu und stieg mit der untergehenden<br />
Sonne zu ihm empor. „Wachte! Bunte, et wiiirt<br />
jetzt Owend", trostete er seine Heifer und war<br />
doch nlcht froh, daB das Dunkel ihm Ruhe<br />
'brachte. Solange sein Wilm von der blutigen<br />
Narbe, die der Krieg ihm schlug, nicht geheilt<br />
war und aus der femen Stadt am Rhein, in<br />
der er gesund gepflegt wurde, nicht mit ihm<br />
auf seinen Ackem stand, war ihm die Ruhe<br />
nur Qual. „Wilm kummet balle. Dann gait et<br />
Water. Dat Friaten fdrn Winter wart auk<br />
meahr. Ick war old un kann dian Huaf nit<br />
hauge hallen!" So klaigte er seinen Kiiihen.<br />
Dann trieb ihn die Zeit wieder an die Arbeit.<br />
Herbst war ja, und die sparliche Ernte muBte<br />
unters Dach.<br />
*<br />
Wahrend dieser Erntetage lag Wilm auf<br />
seinem Lager und wartete auf die Zeit, die ihn<br />
wieder Bauer sein liefi! Als die Herbstsonne<br />
sich weiter zum Siiden neigte, brachte sie end-<br />
Hch fur Wilm den Abschied aus der Feme und<br />
die Heimreise mit.<br />
Wilms Weg war lang. Als die Berge am Rhein<br />
weit zu den Seiten flohen, lag hinter der<br />
groBen Stadt Koln eine tiefe weite Ebene.<br />
Recht wehmlitig war sein Herz, wenn er in die<br />
dunstige Feme sah und nicht einmal einen<br />
Horizont erblickte.<br />
Eine alte Scheuneastatte<br />
Aufnahme des Verfassers<br />
Von Hermann Hinse<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Er saB oft an den Tischen fremder Bauern<br />
und horte von der Arbeit in den Talern und<br />
Ebenen wie auch bald wieder vom FleiB an den<br />
hohen Bergen des Sieger- und Sauerlandes,<br />
wo der Bauer auf seinen Feldern mit den<br />
Handen in den Himmel greifen kann und sel-<br />
ber am Horizont steht.<br />
Als dann aber der GruB der Menschen in<br />
seinem heimatlichen Platt in seine Sinne kam,<br />
war er zu Hause. „Dag!" „Bis awer lange<br />
bliewen!" „Wo wellste hien?" — So muBten<br />
ihn die Sauerlander begriiBen. So kurz war es<br />
richtig gegruBt und gefragt. Eine langere Rede<br />
fand er auch nie als Antwort. „Ik sin ter<br />
Heime!"<br />
Es war Nacht, als er den letzten Berg iitoer-<br />
steigen muBte und vor sich das enge Tal mit<br />
dem lieben Erlenbach liegen sah. „Ik sin do!"<br />
Uind so wollte er mit klopfendem Herzen grad<br />
an der alten Miihle vorbei ins Dorf laufen.<br />
Das breite Mondlicht ,wiegte tausend Sterne<br />
iiber der engen DorfstraBe. Ihre rechte Seite<br />
trug an einem Abhang die ersten Hauser und<br />
ihrien gegeniiber lehnte sich die hohe „Knall-<br />
erbsenhecke" mit ihrer Unzahl weiBer Kiigel-<br />
chen. „Sall ick eine dxucken? Froier hewwe ik<br />
hey spielt!" — Dann sah er schon die ersten<br />
Rinder am Sehlink stehen und wollte eben<br />
einen GruB zu ihnen hinwerfen.<br />
„Wilm!" Sein eigener Name kam ihm als<br />
GruB zuvor. Und ibreit und lachend und voller<br />
Staunen, als sei etwas Wunderbares in sein<br />
Leben getreten, stand Burmanns Onkel vor<br />
ihm. „Wilm, ik harr dik gleik seyn! Wilm, ik<br />
bin de eyste, dey di de Hanne driicket! Junge,<br />
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55
et harr stockdunkle Nacht seyn konnt, ik harr<br />
dik doch kannt!"<br />
So stand in ehrlicher Freude der Nacht-<br />
wachter vor ihm. Wilm konnte des Nacht-<br />
wachters Freude nicht so laut teiien. Ihm lag<br />
eine Frage angstlich auf der Seele. — Er sah<br />
an der Seite des Mannes das ellenlange Horn<br />
hangen, das nach einer ganz sanften Kriim-<br />
mung faustgroC mit dem Schalioch endete.<br />
„Wie geyt et Vater und Mutter?" — „Mak dey<br />
keine Suargen, Wilm. Gut!" „Wie geyet dem<br />
Hof?" „Alles, alles gut, Wilm!"<br />
Nun war die erste Frage getan — und mit<br />
der Antwort war die Heimat wieder sein<br />
Eigentum.<br />
Da sah er die Scheune am Erlenteich und<br />
wies auf das Strohdach. „Use Huaf is de ein-<br />
zige bliewen met dem Schindeldak." „Ja,<br />
Wilm, wenn diu do bist, sollt wohl balle anders<br />
warn." Und urn Wilm ganz deutlich zu sagen,<br />
daC mit dem Schieferdach auf dem SchmieB-<br />
hof auch sein Horn zur Ruhe geihen konne,<br />
nahm er es fest in die Hand und sagte: „Wilm,<br />
geyt dat leste Straudak Im Dorpe un de Fiiers-<br />
gefohr nit mehr sau graut is, dann goyert Horn<br />
un ik auk. Met diarm Dage giert keynen<br />
Nachtwachter mehr in Heidhausen."<br />
Jetzt standen sie vor dem SchmieBhof. Bur-<br />
manns Onkel ging leise zuriick ins Dorf und<br />
danikte Gott fiir soviel Freude, die er erleben<br />
durfte — und mit weinendem Herzen trat<br />
Wilm in die Kammer von Vater und Mutter:<br />
„Mutter, ik sin do!"<br />
Die Ertrage des Herbstes lagen unter den<br />
Dachern der Bauernhauser und ein Rest unter<br />
den mit Moos bewachsenen Docken der<br />
Scheune am Dorf rand. Fiir Wilm war das viele<br />
Alte neu, bis er mat seinen Handen jedes der<br />
Dinge beriihrt und geriickt hatte.<br />
Im Geschirraum — es war ein Abschlag auf<br />
der groBen Kornbuhne — sah er den groBen<br />
Webstuhl stehen, als er fur die Mutter das<br />
schon alte Spinnrad holen sollte. Bevor wieder<br />
Leinenstreifen iiber die Rollen am Stuhl<br />
glitten, muBte erst eine junge Bauerin auf den<br />
Hof. Mutter wurde die Arbeit zu schwer.<br />
Wilm fiihlte, daB die Mutter ihn drangte,<br />
juruge, frischeHande am Herd wirken zu lassen.<br />
Der Stapel gesponnener Schafwolle und der<br />
zum Brechen fertige Flachs zeigten ihm den<br />
Wunsch der Eltern. Aber die Arbeit auf dem<br />
Hof fiir das kommende Jahr trieb ihn, nur an<br />
diesen und sein Fortkommen zu deniken.<br />
Der Dunger lag sparlich vor den Stallungen<br />
und konnte nicht recht helfen, das kleine Ge-<br />
viert der Strohscheune zu fiillen. Auch gab es<br />
wenig Geld, das so dringend fiir den Neubau<br />
des Hauses erarbeitet werden muBte. Dazu lag<br />
es eingeengt und 'bot keine Moglichkeit, zu den<br />
Seiten hin den Hof erweitern zu konnen.<br />
Es muBte erst Friihling werden. Dann konnte<br />
Wihn mit junger Arbeitskraft dem Boden Saat<br />
und dem Herrgott das Wachstum anvertrauen.<br />
56<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Die Sommersonne brannte iiber den Feldern.<br />
Schwer wiegten sich die Ahren.im Winde, als<br />
wollten sie den unglaubigen Menschen in<br />
ihrem Staunen iiber solchen Reichtum die<br />
Freude bestatigen. Mit Regen war der Friih-<br />
ling ins Land gezogen und hatte in den Mo-<br />
naten des Sommers der Sonne und einem<br />
Wachstum Platz gemacht, das wenige der Men-<br />
schen im Dorfe kennengelernt hatten.<br />
Den zehnten August zeigte der Kalender.<br />
Laurentiussonntag war im Sauerlande. Wilm<br />
stand mit dem Vater am Braberg und lobte<br />
Sonne und Regen. Aus dem Dorfe stieg Quakn,<br />
als wenn Zeit zum Tuorwen gewesen ware.<br />
„Wilm, dat is Ungliick!" rief der Vater ent-<br />
setzt — und schon waren beide am Rande des<br />
Feldes entlang dem Dorfe entgegengelaufen.<br />
Als sie am Steinbruch waren, 'iiber den der<br />
Weg ins Erlental fiihrte, horten sie die schreck-<br />
liche Stimme des Brandhornes. Burmanns<br />
Onkel muBte mit seinem Horn schon durch das<br />
ganze Dorf gelaufen sein, denn sie horten den<br />
Hilferuf bei den letzten Hausern gelkn.<br />
In igroCen Satzen lief Wilm iiber die Wiesen<br />
und stand bald vor dem Nachtwachter. „Wilm!"<br />
war sein einziger Ruf, und dem jungen Bauern<br />
lief es kalt iiber den Riicken. „Use Huaf?"<br />
fragte er noch im Weiterrennen und sah nicht<br />
mehr, wie der alte Burmann kopfschtittelnd<br />
sich seines Dienstes bewuBt wurde. Das letzte<br />
Strohdach im Dorfe hatte der Wind in Flammen<br />
den Bergen zugetrieben.<br />
Mit angstvollen Augen stand Wilm vor dem<br />
ibrennenden Schmiefihofe. Sie suchten nicht die<br />
stiirzenden Wande, sahen nicht die wasser-<br />
gefiillten Eimer, wie sie Luftblasen gleich zu<br />
den Dachern der Nadibarhauser stiegen und<br />
ihren Inhalt iiber die glatten Schieferdacher<br />
ergossen. — „Wo is Mutter?" war seine tonlose<br />
Frage.<br />
Sie stand, mit der Schiirze vor den Augen,<br />
bei der Frau des VoBhofes. „Mutter, kum, et<br />
wart alles gud!" So begriiBte sie Wilm und<br />
nahm sie fest an den Arm und fiihrte sie zum<br />
Vater. Der stand gebannt vor den Flammen<br />
und sprach nicht ein einziges Wort.<br />
„Alles is verluoren", klagte sie. „Alle Arbeit<br />
is verriichtet. — Un usse Wabstaul, dat Spinn-<br />
rad fey mottet betteln gohn!"<br />
„Ja, Mutter, dat alles is verluoren, fey mottet<br />
nigge anfangen. Ohne Spinnrad un Wabstaul.<br />
wenn fey dran gloiwet, wart de Anfang all<br />
end."<br />
„Wenn fey unnerm eigenen Dake wuhnt,<br />
mottet fey in de Schiire tain, Wilm!" sagte der<br />
Bauer, und Wilm war einverstanden. „Beater<br />
en oigen Dak, as en friimet Kiinigreich!"<br />
Mit der Emtezeit, die die Winterhaufen auf<br />
des SchmieBbauem Felder wachsen lieB, wurde<br />
die Bretterscheune an den lauen Herbst-<br />
abenden zur sicheren Winterwohnung ein-<br />
gerichtet. Wikn wurde es klar, daB dort, wo<br />
bisher die Scheunenstatte des Dorfes war,<br />
reichlich Platz fiir eine gute Hofstelle war.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
^. Schon hatte sich der zweite Sohn des Sell-<br />
[s mannbauern in der Scheune des Hofes ein<br />
n eigenes Nest gebaut, und das Dorf hatte der<br />
e neuen Hausstelle einen eigenen Hausnamen<br />
- gegeben. „Schuren" naiunten sie die Leute. So<br />
',. muBte der SchmieBbauer neue und gute Nach-<br />
^ic ^cucrnte f)at bcgonncn<br />
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barscliaft schlieCen. — Wilm wuBte, daB er ein<br />
neues Leben beginnen muBte; denn die Zeiten<br />
batten sich geandert und die Menschen einen<br />
neuen Rhythmius aufgenommen, der nach dem<br />
Takt der Maschinen und der Jagd nach Er-<br />
tragen klang.<br />
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57
Sauerlandische Sagen von Gespensferhunden<br />
x^.i friiherer Zeit, bis um die Jahrhundert-<br />
—^.vende und auch noch dariiber hinaus, boten<br />
Dorfkirmeasen, Tauffeiern und andere Zu-<br />
sammenkvinfte in nachmittagiidier oder abend-<br />
licher Stunde passende G«legenheiten, aller-<br />
hand Geistersatgen und Spufegeschichten zu er-<br />
zahlen, denen man gern, wenn auch mit einem<br />
gewissen Grausen zuhorte. Das bat heute<br />
ziemlich aufgehort, weil die geistige Ein-<br />
stellung zu diesen okkulten Vorgangen sich<br />
gewandelt hat; denn zum Wesen der Sage ge-<br />
hort, daB sie geglautot wird, vom Erzahler<br />
und von den Zuhorern. Dieser Glaube ist<br />
heute groBtenteils nicht mehr vorhanden, und<br />
damit ist auch die Sage seLbst gestorben, sie<br />
lebt allenfaills noch weiter in Sagensamm-<br />
lungen, Lesebiichern, auch in Heimatblattern<br />
und Volkskalendern. Aber von dem Glauben<br />
an den tatsachlichen Hergang der Sage, der<br />
heute auch bei primitiven Menschen haufig<br />
fehlt, ist zu unterscheiden der Glaube an den<br />
Sinn der Sage, der geblietaen und um so un-<br />
bedingter ist. Gewahnlich enthalt der Sinn der<br />
Sage ©in sittliches Motiv, etwa das von Schuld<br />
und Siihne, und deshalb wird die Sage noch<br />
erzahlt, niedergeschrieben und moralisch und<br />
erzieherisch ausgewertet.<br />
Zu den haufigsten dieser Erzahlungen ge-<br />
horen auch im Sauerlande die Sagen von<br />
einem gespenstigen, unheimlichen, gewaltig<br />
groBen Hunde mit gluhenden, oft tellergroBen<br />
Augen, der in der Nacht den einsamen Wan-<br />
derer angstigt, sich vor ihm aul den Weg legt<br />
und dergleichen mehr. Gewohnlich ist es ein<br />
schwarzer, vereinzelt auch ©in weiBer Hund,<br />
mancherorts durch die rasselnde Kette als<br />
Geisterhund auisdriicklich gekennzeichnet. Nach<br />
dem Volksglauben ist dieser Hund entweder<br />
der Teufel bzw. eine Teufelserscheinung oder<br />
ein Wiederkehrer, der fur einen im Leben be-<br />
gangenen Frevel nach seinem Tode buBen und<br />
dann als Gespensterhund umgehen muB. In<br />
manchen Gegenden und Orten des Sauerlandes<br />
weiB man von einem solchen Geisterhunde zu<br />
erzahlen.<br />
Bei einem Waldchen an der LandstraBe<br />
unterhalb Nordenau (Kreis Meschede), unter<br />
dem sog. „Heidfeldchen", wollten Wanderer,<br />
die abends dort vorbei muBten, einen weiBen<br />
Hund gesehen haben, der sich iiber den Weg<br />
legte. Vielleicht hat eine iiber die StraBe<br />
fa-llende Lichterscheinung den AnlaB fur die<br />
Sage gegeben. — An der sog. „Schafbrucke"<br />
bei Siedlinghausen soil sich ein schwarzer<br />
Hund zeigen.<br />
Am „Roten Hagen" bei Gleidorf, gegeniiber<br />
dem Wilzenberge, geht nach der Volkssage des<br />
Nachts ein schwarzer Hund mit f eurigen Augen<br />
um.um. Edn Schafer Spieckermann aus dem<br />
nahen Winkhausen, hat um die Mitte des<br />
vorigen Jahrhunderts erzahlt, der schwarze<br />
Hund sei oft des Nachts zu seinen Schafen ge-<br />
kommen. Ein Geistlicher habe ihn schlieBlich<br />
58<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Von Heinrich Schauerte<br />
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besprochen und gebannt. Diese Geschichte er-'<br />
zahlten sich Frauen bei Kirmessen und Fa-,<br />
milienfeiern noch vor fiinfzLg Jahren. Auch ein<br />
Pater aus dem nahen ehemaligen Kloster Graf-i<br />
schaft sollte hier spuken, sollte schweigend mitt<br />
gesenktem Haupte vom Roten Hagen bis zum!<br />
Wege nach Holthausen und w^ieder zuriick:-<br />
wandeln; auch bei der „Dicken Dinde" auf der<br />
Hohe des Holthauser Feldes will man ihm be--<br />
gegnet sein. Es scheint also hier das Sagen-;<br />
motiv des Wiederkehrers neben dem Sagen4<br />
motiv des schwarzen Hundes als Teufelsgestalt<br />
herzugehen. Wer dort um diese Sage weiB und<br />
in der Nacht am Roten Hagen vorbei muB, den<br />
angstigt immer noch der Gedanke an den'<br />
schwarzen Hund, der mit den feurig-igliihenden<br />
Augen in der Nacht die Vorubergehenden un-<br />
heimlich anblickt oder fauchend hin und heri<br />
lauft. So ist einmal ein Bauerlein aus Wink-'<br />
hausen spat abends aus einer Wirtschaft in,<br />
Gleidorf heimgekehrt. Da sieht er, als der,<br />
Mond gespenstisch aus den Wolken leuchtet.i<br />
links am Wege den schwarzen Hund stehen.i<br />
Die rote Zxuiige hangt ihm weit aus dem Maule,<br />
in dem die weiBen, scharfen Zahne blitzen.*<br />
Der Bauer wird von einer fiirchterlichen Angstf<br />
befallen und lauft so schnell er kann nach!'<br />
Hause. Wie er sich umschaut, sieht er noch,;<br />
wie der Hund fauchend hinter ihm hersetzt.<br />
Da rennt er mit letzter Kraft und erreicht<br />
schweiBgebadet sein Haus, und niemals ist erl<br />
wieder in der Nacht iiber den Roten Hagen'<br />
gegangen. i<br />
Auf dem Oberhofe bei Gerlingsen, nahe bei!;<br />
Iserlohn, liegt auf einem Stege Nacht fur Nachtf<br />
ein groBer schwarzer Hund. Kommt nun ein<br />
Wanderer zu nachtlicber Stunde den Pfad-<br />
durch die Wiesen gegangen, so kann er, wenn<br />
er den Steg iiberschreiten will, plotzlich nicht<br />
weiter, da der Hund Urn daran hindert, und<br />
er muB warten bis zum Morgen. Bei ersten<br />
Schein des Friihlichts verschwindet namlich<br />
der schwarze Hund, und niemand weifi seine<br />
Spur. — Desgleichen soU bei Evingsen (Kreis:<br />
Iserlohn) des Nachts um die Geisterstunde ein-<br />
schwarzer Hund umgehen.<br />
Ein seltenes Erlebnis wollten um die Mitte ^<br />
des vorigen Jahrhunderts zwei Manner aus"<br />
Brunskappel, darunter der Muller des Dorfes, \<br />
gehabt haben, als sie in Siedlinghausen zum<br />
Kartenspielen gewesen waren. Als sie spat<br />
abends heimgingen, lag vor der Siedling-.<br />
hauser Briicke ein schwarzer Hund und ver-,<br />
sperrte ihnen den Weg. Der eine der Manner^<br />
sagte zu dem Hunde: „Wenn du von Gott<br />
kommst, kannst du mitgehen." Der Muller da-<br />
gegen sagte: „Und wenn du vom Teufel<br />
kommst, kannst du auch mitgehen." Darauf-<br />
hin stand der Hund auf und folgte ihm.. Als sie<br />
nun nach Brunskappel kamen, fragte der<br />
Miiller seinen Begleiter: „Wie werde ich nun.<br />
wohl den Hund los?" Der Mann riet ihm, die;<br />
Haustiir nur ein wenig aufzumachen, dann-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
schnell ins Haus hineinzuschliipfen und die<br />
Tur sofort wieder zuzuschlagen. Der Miiller<br />
tat so, aber der Hund war schon vor ihm<br />
hineingesprungen und legte sich vor sein Bett.<br />
Dann hat der Muller den Geistlichen von<br />
Assinghausen geholt, der den Gespensterhund<br />
bannen mufSte — der eigene Pfarrer habe es<br />
nicht geliommt. Der Geistliche hat dem Muller<br />
dann nachher gesagt: „Wann diu nau mol wuat<br />
suihst, dann hiilleset Miul" (= Wann du noch<br />
mal was siiehst, dann halst du den Mund!).<br />
Mehr Gllick hatte ein Schafer aus Remtoling-<br />
hausen, der, wie damals die Schafer gewohn-<br />
lich, auch als Haussc±ilachter tatig war. Dieser<br />
hat um 1890 folgendes erzahlt: Als er eines<br />
Abends vom Schlachten von Lottmaringhausen<br />
kam, da stand auf der einen Seite der Strafie<br />
ein unheimlicher scbwarzer Hund mit gliihen-<br />
den Augen. Sein edgener Hund, auf den, wie<br />
er sagte, er sich immer verlassen konnte,<br />
wurde angstlich und zog den Schwanz ein. Als<br />
der Schafer nach Hause kam, lag der sdiwarze<br />
Hkind liber der Tur. Der Schafer husdite<br />
schnell ins Haus und scbloB die Tur, so daI3<br />
der schwarze Hund nicht hinein konnte.<br />
Anderwarts heifit der Gespensterhund<br />
K n u p p e 1 h u n d , auch Bummel- oder<br />
Welthund. Ein solcher kam aus einer von<br />
den alten Linden auf dem Kirchhof zu Iser-<br />
lohn hervor, ging die Kirchentrep-pe hinauf<br />
und wieder hinunter und kehrte dann auf<br />
deroselben Wege zur Linde zuruck, wo er ver-<br />
schwand. Dieser Hund — so wird gesagt — ist<br />
iiberall, kann gleichzeitig an jedem Orte der<br />
Welt erscheinen, aber nur Sonntagskinder<br />
sehen ihn. Von der Volmegegend an nach dem<br />
Bergischen zu heifit er PaBganger. Wo man<br />
vop Kniippel- oder Bummelruien spricht,<br />
tragt er einen groBen Kniippel am Halse oder<br />
auch zwischen den Vorderpfoten. Der Hund<br />
tut aber niemandem etwas zuleide, solange<br />
man ihn in Ruhe laBt. Auch in Schwerte lauft<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
er von abends 10 Uhr bis zur Morgendamme-<br />
rung durch alle StraBen. Einst waren mehrere<br />
Leute in einem Hause des Nachts am Dreschen;<br />
da horten sie draiuBen vor der Tiir etwas<br />
rascheln, als wenn der Kniippelhund langsam<br />
vorbeikame. Einer von den Dreschern rief<br />
durch das Schliisselloch: „Knuppelhund, wo<br />
willst du hin?" Da wurde der Hund wiitend<br />
und straubte seine Haare empor, machte sich<br />
groBer und wuchs so schnell in die Hohe, daB<br />
er beinahe im selben Augenblicke seine Vorder-<br />
fuBe oben auf das Scbeunentor legte. Als nun<br />
alle voU Angst davonliefen und auf eine<br />
Kammer oben im Hause fliichteten, da wurde<br />
das Tier noch groBer, legte seine FiiBe in das<br />
Kammerfenster hinein und schaute mit<br />
gliihenden Augen durch die Scheiben. Als aber<br />
der Hund die Angst der Leute sah, tat er nie-<br />
mandem etwas zuleide, sondern ging nach<br />
einer Weile ruhig weiter. (P. Zaunert, West-<br />
falische Sagen, S. 335 f.)<br />
Bis um die Jahrhundertwende soil sich toei<br />
einem jetzt nicht mehr stehenden „Backes"<br />
(Backhause) in Wickede-Ruhr an den Abenden<br />
und in den Nachten der Herbst- und Winter-<br />
zeit sowie zu anderen Jahreszeiten, wenn kein<br />
Vollmond war, ein weiCer Hund gezeigt haben,<br />
der besonders Kdnder bedrohte. Als Grund fiir<br />
das Erscheinen dieses Geisterhundes wird an-<br />
gegeben, es sei vor Zeiten an dieser Stella ein<br />
Mord geschehen. Hier ware der Hund also ein<br />
Wiederkehrer. — Auch an einer heute wiisten<br />
HaussteHe in der Gemankung Osbern bei<br />
Menden sollen sich friiher ein oder zwei weiBe<br />
Hunde gezeigt haben. Die Volkssage hat eine<br />
ganz seltsame Spukgeschichte um dieses kleine<br />
im Walde gelegene Gehoft gewoben: An dunk-<br />
len Abenden und in Nachten, besonders der<br />
Herbstzeit, erschienen ofter in Kuche und<br />
Stube, wenn die Frauen allein waren, schwarze<br />
Mannergestalten, setzten sich den Frauen auf<br />
den SchoB und laditen mit graBlich gellenden<br />
Alter Hot Fedeizeichniing von Roland Tiinne<br />
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59
Lauten. Sie wurden fiir Teu&l geha-lten. Bis-<br />
weilen waren sie begleitet von einem, manch-<br />
mal zwei iibergroBen schwarzen, seltener<br />
weifien Hunden, die sich lautlos im Hause<br />
herumtrieben Oder es umkreisten. Nach einiger<br />
Zeit waren die Gestalten luid Hunde pWtzlich<br />
wieder verschwunden, blieben bisweilen aber<br />
auch bis Mittemacht. Dieser Spuk soil sdch<br />
schlieBlich so oft gezeigt haben, dafi die Be-<br />
v/ohner um die Mitte des vorigen Jahrhunderts<br />
das Haus verlieBen und verzogen, und da sich<br />
kein Kaufer gefunden hate, sei das Haus ver-<br />
fallen. Diese Sage lebt heute noch vereinzelt<br />
im Volke, und die Stelle, wo das Haus ge-<br />
standen, wird noch von einzelrien gemieden.<br />
Es scheint sich um eine atiologische (= er-<br />
klarende) Sage zu handeln, die das Entstehen<br />
der Wiistung erklaren will.<br />
Das Erscheinen eines Geisterhundes in einem<br />
Dorfe an der Ruhr (Warmen) im Jahre 1910<br />
gehort zum Phanomen des zweiten Gesichtes.<br />
Zwei Schwestem und ihre Mutter werden des<br />
Nachts durch das anhaltende Bellen eines<br />
Hundes geweckt. Als sie dann durchs Fenster<br />
schauen, sehen sie ,beim Mondenscheine auf<br />
der nahen Weide einen weiBen, zottigen Hund<br />
von iibergroBer Gestalt, der einen Menschen<br />
am nahen Zaun entlang hetzt. An den Ge-<br />
sichtsziigen erkennt die Mutter ihren Sohn und<br />
ruft angsterfullt aus: „0, unser N., ihm ist<br />
etwas zugestoBen!" Dann ist die Erscheinung<br />
verschwunden. Am Morgen fahren sie zur<br />
nahen Stadt, wo der Sohn wohnte, und flnden<br />
ihn tot im Bett. Er war am Vortage von der<br />
Leiter eines Neubaues gesturzt und in der<br />
Nacht inneren Blutungen erlegen.<br />
In Wickede-Ruhr, das um 1870 noch dunn<br />
besiedelt war, ging nach damaligem Volks-<br />
glauiben der Weltbund (Weltruie) um. Zwei<br />
Kinder, die eines Abends (um 1870) in dieser<br />
einsamen Ortlicbkeit ihrem Vater das Essen<br />
zur Nachtschicht bringen wollten, glaubten zu<br />
sehen, wie ein riesiger Hund auif sie zukam,<br />
lieBen unter dem Rufe „de Weltruie!" dliren<br />
Henkelmann im Stidi und liefen auf einem<br />
Urowege nach Hause. — Kiihe, die nachts auf<br />
der groBen Weide blieben, mogen den Grund<br />
fiir das Erlebnis atogegeben haben.<br />
Eine surapfige, von Baumen umstandene<br />
Ortlichkeit in der Nahe des Outes Ordrighausen<br />
bei Waltringen (Kreis Soest) helBt im Volks-<br />
munde „versunkenes SchloB". Hier wohnte im<br />
16. Jahrhundert Ritter Dietrich, der nach der<br />
Volksiiberlieferung die Bauern auf dem Wege<br />
zur Oringhauser Miihle uberflel und dhnen das<br />
Korn abnahm; dafur muBte er naturlich nach<br />
dem Volksglauben nach seinem Tode spuken:<br />
.Ein Hund mit tellergroBen, gliihenden Augen<br />
uberflel auf dem Wege durch den Werler Wald<br />
den einsamen Wanderer, zerriB entweder sein<br />
Opfer Oder hielt es bis zum Morgen fest, oft<br />
gin? er dort auch neben den Menschen her.<br />
Der Hund soil an einer Kette befestigt gewesen<br />
sein, die vom versunikenen SchloB bis zum<br />
Werlner Forsthaus reichte. Nach einer anderen<br />
Form der Sage liegt er an sdiweren, gliihenden<br />
Ketten.die man abends rasseln horen wollte.—<br />
Der genannte Weg fuhrt durch ein Gelande<br />
60<br />
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auf der Haar, wo 33 Hugelgraber Hegen. —<br />
Drei Wochen vor Weihnachten darf man nach<br />
dem Volksglauben dieser Gegend keine Tiir<br />
offen lassen, da sonst der Welthund ins Haus<br />
eindringt — also ein Anklang an die Sage vom<br />
wilden Jager.<br />
Auch der Humor fehit bei diesen Geschichten<br />
nicht: Um 1880 ging ein Bauer aus einer Wirt-<br />
schaft, wo ihn die Gaste wegen des Heimweges<br />
geangstigt hatten, in dunkler Nacht nach<br />
Hause. Als er an einer Hecke entlangging,<br />
stieB er mit etwas zusammen, das ihm lebendig<br />
schien. „Der Welthund!" ging es ihm durch den<br />
Sinn. Er wollte aber Mut zeigen, ging darauf<br />
zu und faBte die Sache ins Auge, und der ver-<br />
meintliche Welthund entpuppte sich als —<br />
Ziegenbock!<br />
,Nach Ostland wollen wir fahren'<br />
Einige Erinnerungen<br />
fiir unsere ostvertriebenen Landsleute<br />
1924. 14 Tage Ferien. Zum erstenmal „gro6e<br />
Fahrt": Wennemen — Schwerte — Hannover —<br />
Berlin — Gorlitz — Hirschiberg — Glatz — Ha-<br />
belschwerdt. Herzlicher WiUkommiensgrufi von<br />
Schlesiern, auch von einigen westfalischen<br />
Freunden, die so weit „getippelt" waren.<br />
Wanderung nachi Maria Schnee, zuruck durch<br />
den Wolfelsgrund. Dann Juogbom-iBundestag<br />
in Habelschwerdt. Gebet, Arbeit, Singen, Spie-<br />
len imStadtchen, auf dem Ring, an der Florian-<br />
fcapelle. Heimfahrt. Von Hirschberg aus Ab-<br />
stecher ins Riesengebirge: Melzengrund, Koppe<br />
(Sturm und Regen), Zackelfail, Kirche Wang.<br />
1928 iiber Dortmund — Berlin nach Glogau.<br />
Wieder Arbeit und Freude uod Erleben schfle-<br />
sischer Art und Landschaft: Breslau, Hftirsch-<br />
'berg, Riesengebirge: Hampelbaude, Tedch-<br />
baude, Koppe, Spindelmiiihle, WeiiBwasser- •<br />
grund, Elbwiesen, Schreibeihau. 1931. BuTides-<br />
tag in Allenstein in OstpreuBen. tJber Berlin,<br />
Swinemiinde-Ositsee, Pillau, KoniigS'berg, Allen-<br />
stein, Masuren, Romintner Heide, SteUifcuste<br />
an der Ostsee, Bernstein.<br />
Nur Worte und Namen. Aber welcher Ost-<br />
vertriebene denkt nicht bei diesem oder jenem<br />
Ort an seine Heimat!<br />
Ja, es waren erlebnisreiche Fahrten in euer<br />
„Vaterlanid", und gern schauten wir uns um in<br />
Stadten, Dorfem, auf dem Kamm und in den<br />
Talem des Gebirges, an den Seen und Fliissen.<br />
Wohin mag das Schicksal all jene ostdeutsche<br />
Jugend und ihre Eltem und Verwandte und<br />
Bekanaite verschlagen haben? Nur wenige sah<br />
ich bisher wieder.<br />
Was solen wir tun? Eine Fahrt zum SchluB:<br />
Elbsandstedngebirge, Sachsische Schwedz, Dres-<br />
den. Gemaldegalerie. Stilles Verweilen vor der<br />
Sixtinischen Madonna. Steigt ein heiBes Gebet<br />
empor: Maria: Friedenskonigin, bitte fur uns!<br />
F.J.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Die Haferkisfe / Kulturkundliche Plauderei von Franz Josef Koch<br />
^^och auf dean Hahnebalken meines elter-<br />
lichen Hauses, gleich unter dem Eulen-<br />
joch, stand ehemals die Saimmlung altsauer-<br />
landischen Hausrates. Doch nur die groBeren<br />
W w ^^"^^^ ^^*^^ ^' ^^^ ^^^ Spulrad und der<br />
Webstuhl. All die klelneren Dinge wurden von<br />
mir in einer machtigen, schwerbeschlaigenen<br />
^ichentruhe, die seit Menschengedenken ais<br />
H-aterkiste gedient hatte, verstaut und mit auf<br />
Gie Wanderschaft genommen. So stand sie nun<br />
aroben auf dem Schulboden und hieB bei<br />
meinen Schulern und mir imimer noch, die<br />
Waferkiste. Jedes Halbjahr durfte die kleine<br />
^^^^llschaft einmal mit hinaufsteigen, um<br />
aroben beim dammerigen Licht der Dach-<br />
ienster den Inhalt der alten Truhe zu toe-<br />
^unen. Das war jedesmal ein Fest fur die<br />
i:i.mder, fur mich ein Erinnerungsstundchen an<br />
stmtrohe Jugendtaige. Doppelt frohlich ver-<br />
^leien nun diese Besichtigungen immer, well<br />
oer sauerlandische Volksmund fur jedes Stuck<br />
a«en Hausrates einen lustigen Ratselreim<br />
oaer Ripprapp hat. Diese Ratsel wurden<br />
n S K ^^' ^^ zugehorigen Dinge vorgezeigt<br />
und besprochen. So wurde von uns alle halbe<br />
Jaibre mit Lust und Lachen ein Stundchen<br />
neimatlicher Kulturgeschichte betrieben.<br />
*<br />
Mit Halloh ging es wieder einmal die Boden-<br />
lan^^vf hdnauf zur Haferkiste. Gespannt<br />
uschte man meiner ersten Frage:<br />
.,Ne Hocke merme Blocke<br />
Met vaiarkanteg Holt.<br />
Knipp-knapp, wann met uapenslatt,<br />
Der kleine WilU wuBte das noch. „Das ist<br />
m , f^^rkiste. Sie sieht aus wie eine Hocke<br />
]^ n ^^^ ^^t e-inen vierkantigen Holzblock<br />
^s Deckel. ,Knipp-knapp' sagt der Schlussel,<br />
wenn man aufschliefit."<br />
^Je Truhe wurde nun aufgeschlossen.<br />
|i^nipp.knapp" madite pfliditmaBig der groBe<br />
^reuzschliissel in dem schweren Schlosse. —<br />
f;•^*st kamen die zahlreichen Kuchengerate<br />
SDr if ^^"'^g- War kamen auf das Herdfeuer zu<br />
prechen, von dem ein Ripprapp sagt:<br />
»Dages ase ne giillenen Knaup,<br />
Nachtes ase ne Mollhaup."<br />
I^ie gliihenden KoMen des Herdes, hier<br />
wnem goldenen Knopf verglichen, werden fur<br />
^le Nacht mit Asche bedeckt und gleichen<br />
^nn einem Maulwurfshaufen (Mollhaup).<br />
TI 51 ^"^ mussen die Kohlen wieder angeschoirt<br />
werden. Das geschieht mit einem ikieinen<br />
Handblasebalg.<br />
Ich fragte:<br />
!,Rot hian un rot hiar!<br />
Mien Biuk is van Liar.<br />
Un is dai nau sau vuller Wind,<br />
Biukweih hewwek nie, mien Kind."<br />
(Rat hin und rat her!<br />
Mein Bauch ist von Leder.<br />
Und ist der noch so vol'ler Wind,<br />
Bauchweh hab ich nie, mein Kind.)<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Else, der hochaufgeschossene, goldblonde<br />
WiOdfang, hatte die Sachlage richtig erfafit und<br />
durfte den Blasebalg zum Lohn aus der Kiste<br />
herausholen und probieren. Sie konnte somit<br />
gleich die Wahrheit eines zweiten Blasebalg-<br />
rippraijps bestatigen:<br />
„Liag, sau swor ase vuU,<br />
Vull, sau swor ase Hag."<br />
(Leer, so sdiwer wie voll,<br />
VoU, so schwer wie leer.)<br />
Vom dreibeinigen Herdtopf, der gleich iiber<br />
das Kohlenfeuer gestellt wird, sagt ein Volks-<br />
ratsel:<br />
„Uawen swuat un ungen swuat,<br />
Innen swuat und iuten swuat,<br />
Un steiht liuter op half sesse."<br />
(Oben schwarz und unten schwarz,<br />
Irmen schwarz und auBen schwarz,<br />
Und steht immer auf halb sechs!)<br />
(Drei FuBen.)<br />
Vom Kesselhaken (sauerlandisch Lenhol)<br />
horten wir die beiden Scherzreime:<br />
„Hartmann, Swuatmann,<br />
Hiat Tiane (Zahne) in der Siet."<br />
Mehrere zeigten auf den Kesselhaken, wuB-<br />
ten Urn aber nicht zu benennen. Von einem<br />
Lampenhaken, der ahnlich gestaltet ist wie<br />
der gezahnte Kesselhaken, nur entsprechend<br />
kleiner, lernten wir den Scherz:<br />
„Ik kenne ne Frau Base,<br />
Hiat fiefuntwintig Nasen."<br />
Auch das Ratsel von der Kartoffelreibe<br />
wurde leicht erraten:<br />
„Wat hanget an diar Wand<br />
Un blenket as en Peerlenband?"<br />
Vom kupf ernen Wasserkessel horten wir das<br />
poetische Ratsel:<br />
„Wat gedt lachend int Water<br />
Un ikiimmet met Tronen wier riut?"<br />
Neben dem blanken Kupferkessel stach den<br />
Kindern auch ein kupferner Schaiumldffel ins<br />
Auge, nach dem gefragt wird: „Met wilkem<br />
Liapel wert nit giaten?" Von der Eieruhr, in<br />
welcher der Sand auf- und ablauft, horten wir<br />
den Ratselreim:<br />
„Binnen blank un biuten blank<br />
Un liuter Sand dermank."<br />
Ein altes Ollampchen, ahnlich einer Berg-<br />
mannslampe, wurde von mdr vongezeigt mit<br />
dem Spruch:<br />
„Isern Pulle, (eiserne Flasche)<br />
Fette Pulle, (ifette Flasche)<br />
Wullen Darm, (wollen Darm = Docht)<br />
Wat is dat?"<br />
Von einem alten kupfernen Kerzenleuchter<br />
mit Wachsstiimpfchen horten wir den Spruch:<br />
„Peiter Machelken (Kerze)<br />
Sittet op sienem Kastelken (Leuchter).<br />
Je langer datt hai sittet,<br />
Je stumper (kiirzer) dat hai werd."<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
fil
VoUstandig fremd war meinen Schiilern die<br />
Lichtputzschere, von der es im Volksmunde<br />
heiBt:<br />
Twei Rinigelkes (Ringelchen),<br />
Twei Stangelkes (Stangelchen),<br />
En Kastken (Kastchen zum Aufnehmen<br />
Un en Splet (SpieB). [der Lichtschnuppen)<br />
Audi einen kleinen Wetterhahn von einem<br />
Gutskirchledn wies meine Sammlung auf. Nach<br />
ihm wurde gefragt:<br />
„Wilke Hahn maket kain Spitakel?"<br />
(Welcher Hahn macht keinen Spektakel?)<br />
Hier wurde dann auch die Scherzfrage ge-<br />
stellt, warum denn ein Hahn und kein Huhn<br />
auf dam Kirchturm sitzt. Antwort: „Wenn ein<br />
Huhn oben safie, miifite jeden Morgen einer<br />
hinaufsteigen und das Ei herunterholen."<br />
Als Kliigsten im H'ause lernten wir das Sieb<br />
kennen: Es laBt den Staub fallen und behalt<br />
das Korn. Als Diimmsten im Hause lernten die<br />
Kinder die Milchseihe kennen: Sie laJ3t die<br />
Milch durchlaufen und hehalt den Schmutz.<br />
Zwei der kleinsten Madel (Hilde und Mia)<br />
maditen sich mit ein paar Glocken zu schaffen,<br />
wie man nsie friiher im Sauerlande den Kiihen<br />
und Schafen umhing, wenn man sie zum<br />
Weiden in die Walder trieb. Von der Glocke,<br />
mit der eine Kuh durchsWasser watet, heiBt es:<br />
„Et geit wat diart Water<br />
Un raipet liuter: ,Drink, drink!'<br />
Un drinkt doch nit."<br />
62<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
JlTul^eim a. 6. JHo^ne<br />
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Ahnlich heiBt es von einer Glocke, die von<br />
Schaf Oder Kuh getragen wird:<br />
„Et geiht opet Feld<br />
Un frietet nit<br />
Un suipet nit,<br />
Un kiimmet doch lustig heime.<br />
(Es geht aufs Feld<br />
Und friBt nicht,<br />
Und sauft nicht,<br />
Und kommt doch lustig heim.)<br />
Von einem Federkiel, wie man ihn friiher<br />
zum Schreiben benutzte, handelt das Ratsel:<br />
„Van Lebandegen kiimmeret,<br />
Un daut iset,<br />
Un doch giret jedem Antwort."<br />
(Vom Lebendigen [der Gans] kommt es,<br />
Und tot ist es,<br />
Und doch gibt es jedem Antwort.)<br />
(Als Feder zum Schreiben.)<br />
Natiirlich wurde jeder Gegenstand nach<br />
seiner Beschaffenheit und Verwendung hin<br />
betrachtet und besprochen. Das Leben und<br />
Treiben, wie das friiher am hauslichen Herde<br />
sich abwickelte, wurde den Puten von mdr ge-<br />
scbildert so gut es eben ging. Beim Ednpacken<br />
wurden dann die Gegenstande noch einmal<br />
vorgezeigt, der zugehorige Ripp-rapp wurde<br />
wiederholt. Und dann ging es „Knipp-knapp".<br />
Fiir ein halbes Jahr hatte die Ratselkiste<br />
wieder Ruhe, kormten sich Kesselhaken und<br />
Lichtputzschere, Wetterhahn und Ollampchen<br />
ungestort von der guten alten Zeit erzahlen.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
^^^t dLmivdh<br />
Lieber Freund,<br />
Dein Brief hat an. Saiten igeriihrt, denen ich<br />
'^^ seit mehr als vier Jahrzehnten Schweigen<br />
f®°'^t6, aber sie haben nie eine Stunde ge-<br />
schlafen. 1st es wahr, was die Dichter und<br />
iJenker sagen, daB das Heimweh der beste Teil<br />
unserer Seele dst?<br />
Du hast es nie begriffen, wie ich ebenfalls<br />
^"j^der Heimat gehen konnte. Begriff ich es<br />
selber? Du weiBt um das Auswanderfieber in<br />
aen achtziger Jahren. Die Heimat hatte nach<br />
oem siegreichen Krieige nur karges Brot fur<br />
inre Sohne. Unser Bruder Josef iwar bei Grave-<br />
lotte gefallen. Jeder furchtete einen Ver-<br />
geltungskrieg. Da rieten uns die Eltern zur<br />
sicheren Fremde.<br />
Jeder Zug, der damals durchs Lennetal<br />
^?^^^^' ^"^^S Sauerlandjungen zum fernen<br />
„March€niand". Die Wachter des Gesetzes<br />
waren Tag und Nacht auf Posten, daC keiner<br />
entschlupfe, auf den das Vaterland seine Hand<br />
=eiegt hatte. Aber die Auswanderer narrten<br />
sie auf manchmal ergotzliche Weise. Sie fuhren<br />
nachts von einer fremden Station ab. An-<br />
gehorige versahen sie dort mit der Ausrustung.<br />
Ich bekam gleichzeitig die Anistellung als_<br />
^rganist in einer Ruhrstadt und den miiitari-<br />
^chen Gestellungsbefehl. Mein Bruder Jo-<br />
hannes hatte bereits die iSchiffskarte nach<br />
Uhersee und drangte auch mich kopfuber in<br />
«as groCe Wagnis. Ich habe einen harten<br />
i^ampf gekampft; ich wurzelte mit jeder Faser<br />
m der Heimaterde. Schon die Ruhr lag mir zu<br />
M"'i ?fon der Lenne. Und ich liebte ein edles<br />
madchen. Sie wurde mir nicht folgen konnen.<br />
*ie konnte ihren Vater nicht alledn lassen.<br />
J-n einer dunklen Nacht gingen wir auf Um-<br />
r'^^®^ zu unserer Schwester und fuhren am<br />
h h^^i" ^oi"gen von der fremden Station un-<br />
oehelligt ab. Ich war vom Abenteuerlichen<br />
meiner Flucht wie in einen unwirklichen Bann<br />
geschlagen. Als aber das heimatliche Land<br />
immer weiter hinter uns blieb, kam mir lang-<br />
am die Besinnung, mir wurde grausam inne,<br />
aau ich diesen Weg vielieicht nie wieder-<br />
i^ommen wiirde. Auf jeder Station war ich<br />
versucht, aus dem Zuge zu springen, heim, ob<br />
zu Leben oder Tod.<br />
CTp^"^^ dann laig der Ozean vor uns, wie ein<br />
=6clucktes Untier, das mich zu ewigem Heim-<br />
r^^f^ verschUngen wollte. Hatte Johannes mich<br />
nicht fest in die Zaume genommen, vielieicht<br />
^^re es mir ergangen wie Zweien aus unserm<br />
^irchspiel, die im Anblick des unermefilichen<br />
^eres die Hande zusammengeschiagen haben:<br />
»u August, wat en Water!" — „0 Threise, wat<br />
ne Bieke!" Sie haben ihr Biindel wieder auf-<br />
gepackt und sind heimgezogen.<br />
Johannes sah mich grimmig an, -obschon ihm<br />
-eibst der Schmerz des Abschieds im Gesicht<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
zuckte: „Meinetwegen geh und laB dich tot-<br />
schieBen. Ich fahre!"<br />
Auch ich bin gefahren. Ich habe die Zahne<br />
zusammengebissen und mich hart gemacht, als<br />
ich iiber die Schiffsbriicke ging. Als aber das<br />
Scbiff vom Strande in die hohe See stieB, als<br />
die letzten Mowen uns verlieBen und zuriick-<br />
flogen, als der letzte Streifen des Heimatlandes<br />
wie eine bleiche Nebelzelle am Horizont ver-<br />
sank, da bin ich wie ein von alien Geistern<br />
Verbannter hingesackt und habe fassungslos<br />
geweint. Ich fiihlte mich blutend gespalten<br />
zwischen zwei Welten, von der einen hoff-<br />
nungslos losgerissen, die andere starrte mir<br />
fern und freimd entgegen. Hatte ich da noch<br />
einmal auf der Stubenschwelle daheim ge-<br />
standen, die Hand der Mutter auf meinem<br />
Scheitel, hatten mir die Schwalben auf der<br />
Tenne und der Bach und die Eichen im Heimat-<br />
tal noch einmal von Scheiden und Nimmer-<br />
wiederkehr gesungen, nicht Krieg und Not und<br />
Tod hatten mich von der Brust der Heimat ge-<br />
rissen.<br />
Die Seekrankheit riB uns fiirs erste in einen<br />
schlaffen Dammerzustand. Taumelnd verlieBen<br />
wir nach vierwochiger Fahrt das Schiff.<br />
Freunde, die vor uns hiniitoergegangen waren,<br />
erwarteten uns und scbafften uns die ersten<br />
Dielen unter die FuBe. Aber es war damals wie<br />
heute, wer hier Brot essen will, muB es mit<br />
eisernem FleiB erraffen, wenn er nicht das<br />
seltene Gluck hat, durch wohlgestellte Ver-<br />
wandte in ein fertiges Nest zu kommen.<br />
Das Ringen um die Existenz, da;s Erlernen<br />
der Landessprache iiefien die erste Zeit kaum<br />
ein Zuriicksinnen aufkommen. Manche liefien<br />
sich von daheim ihre Braute kommen und ver-<br />
wanden an einem warmen Herde das Heim-<br />
weh. Ich blieb allein. Jede freie Stunde fuhr<br />
ich hinaus aus dem Gebrause der Weltstadt an<br />
den Michiigansee. Stundenlang saB ich auf einer<br />
einsamen Bank und sann den Wolken und<br />
Vogeln nach, die heimatwarts zogen. Spazier-<br />
ganger sahen mich verwundert an, dann<br />
merkte ich, daB Tranen iiher meine Weste<br />
rannen.<br />
Meine Mutter drangte mich in jedem Brief e,<br />
einen eigenen Herd zu griinden. Ich habe mir<br />
dann eine meiner Musikschiilerinnen zur Ge-<br />
fahrtin gewahlt. Sie ist mir eine ;gute Hausfrau<br />
gewesen, meinen Kindern eine sorgende Mut-<br />
ter. Aber Settchen, meine erste Liebe, trug ich<br />
wie ein Mirakel in meinem Herzen. Sie ist<br />
meinetwegen einsam geblieben.<br />
Mein Bruder Johannes war immer der Be-<br />
herzte, er miihte sich, mit Wirklichkeiten zu<br />
rechnen. Aber auch er, wie alle in unserm<br />
„Sauerlandkreis", haben wie mit einem zweiten<br />
Sein immer in der Heimat gelebt. Kein Para-<br />
dies der Welt kann dem Mensdien je die<br />
Statten ersetzen, wo er zuerst zum BewuBtsein<br />
des Lebens erwacht ist. Wir hatten unsere<br />
eigenen Schulen, unsere Geschafte, wir dul-<br />
deten im hauslichen Raum keinen fremden<br />
Laut, wir feierten weiter die Feste der Heimat,<br />
wir sangen ihre Lieder. Unsere Kinder waren<br />
mit allem HeimatUchen vertraut wie wir sel-<br />
ber, vom Fronleichnamssegen unter den alten<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>
Berglinden bis zum KonigsschieBen am<br />
Sciiutzenfest. Es war ergotzlich, wie sie Hoch-<br />
deutsch, Plattdeutsch und die Sprache des<br />
Landes mischten und mit „Good toy" Bruder<br />
Johannes neckisch ergrimmten.<br />
Ja, wir haben Wurzel geschlagen in diesem<br />
gastiichen Lande, atoer Dir darf ich es still<br />
verraten, nicht einen Tag, nicht eine Stunde<br />
waren wir ohne Heimweh. „Sch"ied auch die<br />
Muschel lange schon vom Meer, das ihre Hei-<br />
mat war — in ihrem Innern rauscht es fort<br />
wie Meeressehnsucht immerdar."<br />
Dann — als nach dem ersten Weltkriege fiir<br />
den Fahnenfliichtigen die Barrikade gefallen<br />
war, habe ich die Heimat wiedergesehen. Als<br />
junger Bursch von einundzwanzig toin ich ge-<br />
gangen, als alter Mann im grauen Haar kam<br />
ich wieder hinauf durchs Faiketal. Bruder<br />
Franz kam mir entgegen. Wir sahen einander—<br />
und schiittelten die Kopfe iiber uns — und<br />
flelen uns in die Arme — und weinten ...<br />
Die Weiden und Marken lagen unter der-<br />
selben Lenzsonne wie ehmals, als wir hier un-<br />
sere Herden huteten und zwischen Wacholder<br />
und Felskllppen Inddanerkampfe ausfochten.<br />
Jetzt nirgend mehr ein Hiitejunge, kein Scha-<br />
fer, kein Lammlein, nur Zaune ...<br />
Unser Dorf war noch so, als hatten wir es<br />
beina letzten Avelauten verlassen, die Hauser<br />
ein wenig alter und milder, hie und da ein<br />
neues. Am Briickensteg mein Eitemhaus, in<br />
dem fremdeLeute wohnten. Schwalben strichen<br />
aus der offenen Tiir; sie hatten wohl noch ihre<br />
Nester unter den Tennebalken.<br />
Nun miiBte doch die Mutter ins niedere<br />
Stubenfenster kommen, wie ehmals, wenn ich<br />
aus der Fremde heimikam. Da stand eine Frau,<br />
sie sah mich fremd an und zog sich beiseite.<br />
Erinnerung zog mdch in ihren Bann, das Weh<br />
„nach Hause" machte mir die Augen heifi und<br />
den Atem schwer ...<br />
Aber dann hat die Heimat mich doch warm<br />
umlangen in Menschen des gleichen Blutes, in<br />
Freunden, die noch meine Mutter gekannt und<br />
Vaters Kameraden waren.<br />
Es ging auf Ostern zu. Ich habe mir eine<br />
geschalte Eiche auis dem Walde geholt und das<br />
eine Ende zu einem faserigen Strang geklopft<br />
und mit Harz getrankt. Die Dorfjungen sahen<br />
mir verwundert zu. Schon ihre Vater hatten<br />
verlernt, eine Osterfackel zu klopfen.<br />
Am Osterabend zogen zum ersten Male wie-<br />
der zwolf Buben mit lohenden (Fackeln zum<br />
Osterberge. Ich durfte das Poskefeuer an-<br />
ziinden; das ganze Dorf war nnit dabei und<br />
sang die iieben alten Lieder zuim Triumph des<br />
Osterkonigs.<br />
Ich habe die Feuer auf den Bergen bis zum<br />
fernen Horizont gezahlt. Vierzigmal hatten sie<br />
osterlich geflammt, und ich war nicht mit<br />
daibeigewese.n — vierzig- und hundertmial<br />
wurden sie lohen, und nie wieder wiirde ich<br />
mit dabei sein. Da bin ich heimlich ganz allein<br />
den Berg hinabgegangen, ehe mir aile Feuer<br />
ausbrannten, zu meiner Eltern Haus, in dem<br />
fremde Leute wohnten. Am Pfosten neben den<br />
Stubenfenstern hatoe ich gestanden und habe<br />
64<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
hartes Weh gelitten. Ich habe gelauscht, ob ich<br />
nicht Mutter ihre innigen Weisen singen hore,<br />
wahrend sie die goldgelben Osterkuchen fiir<br />
uns backte.<br />
Die Stube war leer. Da stand noch der alte<br />
Polsterstuhl, in dem Vater die langen Gicht-<br />
jahre geduldig safl und lift. Und der lange<br />
Eichentisch, an dem wir winterabends M'iihl-<br />
chen spielten um Niisse aus dem „Haselhahn".<br />
Die Tiir ging auf. Die Mutter mit den duf-<br />
tenden Osterkuchen? Die fremde Frau kam<br />
herein, in der Hand eine Schiissel mit bunten<br />
Ostereiern.<br />
Ich bin still gegangen. Es war voller helier<br />
Mond. Es schien, als ob in alien Fenstern Feuer<br />
brennten. Zu Settchen bin ich gegangen. Im<br />
Abendgold haben wir auf der Bank unter ihrer<br />
Linde gesessen und uns erzahlt von unserm<br />
einsamen Wanderwege ...<br />
Vielleicht gibt es driiben im schonern Leben<br />
auch solch traute Platzchen unter Linden,<br />
wenn es doch Palmen gibt...<br />
Und dann kam der Tag, da muBte ich wieder<br />
die Strafie hinabwandern durchs Heknattal,<br />
wie einst vor vierzig Jahren. Es herbstete<br />
schon, um mich und in mir. Im Herbst scheddet<br />
sichs schwerer als im Lenz. In mir brannte es:<br />
Diesmal kommst diu nicht wieder. „Dir, mein<br />
stilles Tal, GrujQ zum letztenmal..."<br />
Behalte Du die Heimat lieb. Erhalte sie dir \<br />
und griifie sie mir!<br />
Dein<br />
Ferdinand. |<br />
(Anna Kayser-Hespecke) I
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
1000 Naturdenkmale im kurkolnischen Sauerland<br />
Natur, Nofurschufz und Landschaffspflege<br />
J^ u den notwendigen Aufgaben der Heimat-<br />
"^ bewegung gehort auch' dig iSorge um un-<br />
sere heimatliche Natur. Die Satzungen des<br />
Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>es nannten schon<br />
1921: Belehrung iiber die heimatliche Natur,<br />
landschaftliche Schonheiten des Sauerlandes,<br />
Sciiutz der heimischen Landschaft, Pflanzen-<br />
und Tierweit, der Natur- und Kunstdenk-<br />
Waler. Der 1950 nach dem Zusammenbruch<br />
von 1945 wieder neubegriindete Sauerlander<br />
<strong>Heimatbund</strong> steht ajuch' fur diese Ziele ein.<br />
I^a der Heianatkalender zuim drittenmal ins<br />
Volk gehen soil, darf er einem Beitrag ii-ber<br />
Natur und Naturschutz im kurkolnischen<br />
Sauerland iwohl Baum gebein und Leser und<br />
Heimatfreunde auf diese keineswegs neben-<br />
sachlichen Dinge hinw«isen, aur iBesinnung<br />
Und zur Tat bewegen, nicht zuletzt im Hin-<br />
blick auf die Bedeutung des Sauerlandes als<br />
Erholungsgebiet.<br />
Unser Sauerland ist ein schones Land. Dazu<br />
'°*darf es keiner langen Beweise und vieler<br />
Worte. 1st es nicht ein frohes, begluckendes<br />
Erleben, wenn im Fruihjahr Berge und Taler,<br />
wiesen und Felder, Garten und Hofe sidi neu<br />
kieiden! Wenn dazu das Lied der Vogel er-<br />
sdiallt und iiberall die Bache schiwatzein<br />
"hastig im Bergunterrennen"! Friihling dm<br />
Sauerland im Reigen der Hohen und Walder<br />
^nd Dorfer und Fluren! Dann steigt die Sonne<br />
hoher und fflutet golden.ins und iibers Land,<br />
Und golden farbt sich das Korn an den Han-<br />
Sen der Berge. Es folgt der Herbst und laBt<br />
die Walder leuchten in ibunter Pracht. Noch<br />
ist ja auch Laubwald vorhanden. Bleibt er? —<br />
pann liegen oft manche Tage diistere Nebel<br />
in den Talern, auf den Hohen, his der Winter<br />
fchwarz-weiC malt und wieder fremde Gaste<br />
bringt, die in unserem Bergland Schnee und<br />
Eis erleben wollen und sich mit sauerlan-<br />
Qischer Jugend des gesunden Wintersports<br />
erfreuen.<br />
So voUzieht sich Jahr um Jahr auch im<br />
sauerland das groBe Wunder des allmach-<br />
yi'Sen Gottes, der in den Gezeiten des Jahres<br />
^mer wieder Bdlder der Schonheit, Kraft,<br />
Weisheit und Liebe entwirft, Bilder, die wir<br />
staunend betrachten nmissen: „Mein Gott, wie<br />
schon ist deine Welt!"<br />
Freilich wollen wir damit nicht engstirnig<br />
^^aupten, als sei nur das Sauerland sch6n.<br />
Aher wir diirfen dainkibar und auch mit etwas<br />
^tolz auf dieses Land zeigen, es H e i m a t<br />
nennen und uns freuen ob des Lobes der<br />
"emden Caste. .<br />
ipoch rniit diesem Lab ist es nicht getan. Der<br />
^chopfer gab uns dieses Land, es au bebauen,<br />
^- h. es sinnvoll und planvoll zu gestalten,<br />
Von Fritz Jurgens<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
es zu hegenund zu p fie gen ! Zu dieser<br />
sinnvollen Arbeit, zu dieser Pflege und damit<br />
auch zum Schutz sind alle gerufen, denen die<br />
Natur noch etwas bedeutet. Was schwach ist,<br />
was bedroht ist, was edel und rein ist, muB<br />
geschiitzt werden vor rauhen Handen. Auch<br />
unsere heimische Natur ist vielfach bedroiht<br />
und bedarf des Schutzes, der sogar gesetzlich<br />
verankert ist.<br />
Was ist z u tun? Es giibt uiberall viel<br />
Arbeit in unserem Berglande. Bei gutem Wil-<br />
len ist diese Mithilfe sicher nicht schiwer und<br />
ohne Streit moglich. Audi wir Bewohner des<br />
Sauerlandes sind gerufen, am Kleide der Na-<br />
tur mitzuwirken und mitzuweben, zu pflan-<br />
zen, zu hegen und zu schiitzen.<br />
Was ware das .Sauerland ohne Berge ! Wie<br />
kahi ohne Walder! Und ohne Berge und<br />
Walder (keine Quellen und Wasser und Bache<br />
und Taler in ihrer Vielfalt und Schonheit!<br />
Wir wollen seine ^Schonheit erkennen, er-<br />
wandern, wollen nicht nur an die Stille der<br />
Walder und ihren Reichtum an Holz denken.<br />
Mehr und mehr wird erkannt — schon seit<br />
1900 — daB das Sauerland ein Quellenige-<br />
to i e t und Wasser speic her ist ffiir das<br />
Ruhrgebiet und das Weserland. Quellen und<br />
Wasser aber sind auBer von Niederschlagen<br />
auch von Bergen und Waldern abhangig.<br />
Die planvoUe forstliche Bewirtschaftung der<br />
Walder hat nicht nur zum Ziel, den Rohstolf<br />
Holz zu erzeuigen, es geht heute sehr emst<br />
darum, auch Wasserwirtschaft zu treiben. Um<br />
es ganz kraB zu sagen: eine plotzliche, ailge-<br />
meine und sinnlose Abholzung alter sauer-<br />
iandischen Walder wtiirde sich im Sauerland,<br />
im ilndustriegebiet und Weserland unheilvoU<br />
auswirken. Seat Jahren wird darum der Er-<br />
haltung des Waldes groBte Bedeutung taeige-<br />
mes'sen, damit nicht der Grundwasserspiegel<br />
noch weiter sinkt und Ruhr und Weser gleich-<br />
toleibende Wasserhdhe haiben. Die Sperren<br />
an Mofane und Sorpe sind unumganglich. not-<br />
wendige Spedcher fiir das Ruhrgebiet, die<br />
Sperren an Diemel und lEder sind wichtig fiir<br />
die Weser. Die toegonnene VergrdBerung der<br />
Hennetalsperre mit bereits vorbildlicher An-<br />
pflanaungen und die geplante Biggetalspeire<br />
dm Kreise Olpe bedeuten zwar fiir manchen<br />
Bewohner Aufgabe der Heimat oder Neusied-<br />
lung, ist aber unvermeidlich.<br />
Es ist ndcht einerlei, wie in Zukunft der<br />
sauerlandische (und der deutsche) Wald aus-<br />
sieht. Eine weitere Abholzung der noch vor-<br />
handenen Lautawalder und Aufforstung der<br />
Kahlschiage mat reinen Fichtenkulturen wird<br />
sich' wasserwirtschaftlich sdiadlich auswirken.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
65
Es muB wieder mehr Misdi- und Lautowald<br />
angepflanzt werden, woMr Landes- und Bun-<br />
desregierung Beiihiilfen gewahren. Diese Ar-<br />
beit am Walde ist zunachst Aufgaibe der Bei-<br />
sitzer und Forstleute, aber alien Landsleuten<br />
gilt die iBitte: schiitz den Wald vor Feuer, vor<br />
Beschadigung der jungen Pflanzungen, hadtet<br />
Rastplatze am Waldrande oder dm Walde<br />
sauber, freut euch mit den abgehetzten Men-<br />
schen aus der GroCstadt an den weiten stillen<br />
Waldern und einsaimen Talern, an dem Fern-<br />
und Rundblick von hervorragenden Kuppen<br />
Oder Felsen!<br />
Wie der Wiald, so haben auch die H a i n e<br />
und Hecken ihre Aiufgabe und Bedeutung.<br />
iSie sind Windschutz fiir Acker und Garten,<br />
bieten Nistgelegenheit und Schutz fiir unsere<br />
Singvogel und sind, gut gepflegt, eine Zierde<br />
der Landschaft. Es ist darum bedauerlich,<br />
wenn da und dort Hecken geschlagen, gerodet<br />
und durdi Draht ersetzt "werden. Etwas Ehr-<br />
furcht vor dem, was die Eltern oder Ahnen<br />
pflanzten! Was es toedeutet, Avenn Ackerraine<br />
oder Hecken an Hangen eingeebnet werden,<br />
zeigt sich mitunter mancherorts bei schweren<br />
Unwettern.<br />
Belebt wird das Bild der Heimat iiberall<br />
durdi E i n z e 1 b a u mi e und B a u m g r u p -<br />
pen bei Hausern und Hofen, ibei iKirchen<br />
und Kapedlen, an Feld- und Wegkreuzen, an<br />
Grenzen, an geschichtlich denkwiiirdigen oder<br />
landschaftlich reizvollen Stellen. Von unseren<br />
Vorfahren gepfflanzt, verdienen die linden<br />
und Eichen oder andere Baume audi unsere<br />
Beachtunig und unseren Schutz. In alien vier<br />
Kreisen des kurkolnischen Sauerlandes sind<br />
solche Einzelbaume oder Baumgruppen auf-<br />
gezeichnet und unter iSchutz gestellt. Konnten<br />
sie isprechen, sie wiirden sicher viel iberichten<br />
aus vergangenen Tagen der Heimat, sie wiir-<br />
den aber auch mahnen: denkt nidit nur an<br />
Omnibus und Trecker, an (Kino und Sport,<br />
denkt auch an geruhsamen iFeieratoend und<br />
pflanzt wie einst eure Ahnen, Schattenbaojime<br />
und Obstbaume und Hecken!<br />
Es muB ihier ferner an den Wacholder er-<br />
innert werden, dem wir an manchen Stellen<br />
ibegegnen. iGroBere und kleinere Vorkommien<br />
zwischen Rulhr und Lenne sind vorhanden<br />
und zium Teil toereits geschiitzt oder aufge-<br />
zeichnet. Es ware bedauerlich, wenn soiche<br />
Gelande als „unwirtschaftlich" nach und nadi<br />
auf'geforstet wiirden. Erfreulich ist, daB<br />
manche Besitzer mit dem amtlichen Schutz<br />
ihrer Wacholderbestande einverstanden sind.<br />
Jenen gewissenlosen Menschen aber, die heim-<br />
lich bei Nacht und Nebel Wacholder schneiden<br />
um damit ein Geschaft zu machen, miiBte ge-<br />
horig auf die Finger geklopft werden.<br />
AuBer Wacholder gibt es noch viel, was be-<br />
reits nach vieler Miihe und Arbeit unter amt-<br />
lichen Schutz gestellt ist und damit der<br />
liebenden Achtung, Schonung und Ehrfurcht<br />
aller Heimatfreunde wert ist: Vorkommen an<br />
Marzbachern, Hiilsen und Seidelbast, ferner<br />
Quelle, Felsen, Hohlen und Vogel-<br />
63<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
Wacholder ist geschiitzt<br />
schutzgelande! Schonung und Schutz<br />
erwarten in jedem Friihjahr die Weiden-<br />
katzchen!<br />
wurde die „Plasterlegge" in dem einzig-<br />
wurde die „Plasterlegge" mit dem einzig-<br />
artigen Schluchtwald bei RamSbeckAVasser-<br />
fall behordiich geschiitzt.<br />
Als groBte und hochste 'H o c h h e i d e<br />
Westdeutschlands ist der „Neuenhagen" bei<br />
Niedersfeld als Naturschutzjgebiet erklart.<br />
Nicht weit vom Kreuzberg bei Bodefeld wur-<br />
den mdt anerkennenswerter Zustimimung der^<br />
Gemeinde und Freiheit Bodefeld rund 50 Mor-<br />
gan Hochmoor „Nasse Wiese, Rauhes Bruch,<br />
Erlenbruch" geschiitzt.<br />
Ein Kleinod besonderer Art ist eine Wiese<br />
im S o n Ti e b o r n t a 1 an der alten Raudi-<br />
I'Ochschanze, nicht weit vom Asten. Wissen-<br />
schaftler und Pflanzenfreunde finden hier<br />
Pflanzen vor in sub-alplner hochmontaner<br />
Gemeinschaft. Prof. H. Budde, Dozent fur<br />
Vegetationskunde an der Universitat Miinster,<br />
kampft fiir die „Erhaltung dieses wertvcllsten;<br />
und einzigartigen Landschaftsteiles ganz<br />
Nordwestdeutschlands im Hinblick auf seine i<br />
pflanzengeographische und botanische Bedeu-<br />
tung". Leider ist bereits 1952 damit begonnen,<br />
Fichten auf diese Wiese zu pflanzen. Es wurde I<br />
auBerordentlich zu bedauern sein, wenn sich<br />
die zustanddge Forstbehorde in Winterber^g<br />
dem Mahnruf der Wissenschaftler, Pflanzen-<br />
freunde und Naturschiiitzer unweigerlich ver-<br />
schiieBen wiirde. Sommer- und Wintergaste,<br />
heimat- und naturverbundene Bevolkerung
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
bewundern das Tal und erwarten ebenfails<br />
Btosidit tind Binlhalt und dauernden Schutz.<br />
..Die Wiese im Sonnebomtai darf unter keinen<br />
Umstanden der Verfichtung zum Opfer fallen."<br />
Fruher gab es audi Uhiis to unserer Heimat.<br />
Der Uhufelsen im Honnetal erinnert daran.<br />
Audi in der „Caller Schweiz" soil er fruher<br />
g^orstet haben. Fiur diesen im Sauerland<br />
ieider ausgestorbenen oder vemichteten Vogel<br />
kam das Reidisnaturschutzgesetz 1935 zu spat.<br />
Was heute da und dort noch horstet und unter<br />
Schutz steht, ist der Bussard. Uberall aber<br />
Silt es, gegen streuende (wildernde) Hunde<br />
''liid Katzen vorzugehen. Im Kreise Brilon<br />
•wiurden z. B. im Jagdjahr 1952/53 188 wil-<br />
dernde Hunde und 303 wildernde Katzen zur<br />
Strecke gebracht.<br />
Es diirfte verstandlich sein, hier auch ein<br />
Wort fiir unsere Singvogel zu sprechen<br />
Und ihnen jene Hilfe und jenen Schutz zu<br />
gonnen, die sie ob ihrer nutzlichen und er-<br />
ireuenden Tatigkeit verdienen. Wo simgt heute<br />
noch in unserer Heimat die Nachtigall? Warum<br />
"St sie seltener geworden? Wie helfen wir<br />
*!^6isen und Finken im Winter? Wie sorgen wir<br />
Wr Nistgelegenheiten? Wie konnen Bauer und<br />
Kileinlandwirt Jbei Umibauten der Stalle und<br />
Tennen die Rauchschwalbe halten? Die Schul-<br />
JUgend kann sich nutzlich betatigen, indem sie<br />
Nistkasten baut und aufhangt. (Beispied Stadt-<br />
Wald Menden.) Wer die Singvogel liebt, schiefit<br />
nicht mit dem Luftgewehr. tJber diese und<br />
ahnliche Fragen des Vogelschutzes erfahrt man<br />
mancherlei in der Vogelschutzwarte Alten-<br />
nundem. Sie ist die einzige in^ Westfalen und<br />
Wir durfen uns freuen, dafi sie im kurkolni-<br />
^chen Land mit FleiB vmd Miiihe aufgebaut ist<br />
und gem wertvoUe Anregungen gibt.<br />
Schutz und Pflege der heimatlichen Natur<br />
^Kien 1935 durch ein Reichsgesetz verkundet.<br />
"Pfflanzen und nicht jagdbare Tiere, Natur-<br />
denkmale und ihre Umigebung, Naturschutz-<br />
gebiete und sonstige Landsdiaftsteile in der<br />
freien Natur" wurden darin erfafit zur Erhal-<br />
*"ng wegen ihrer Selteniheit, Schonheit, iEigen-<br />
^rt, wlssenschaftlichen, heimatlichen, forst-<br />
nchen oder jagdlichen AUgemeinbedeutung.<br />
Naturschutzgebiet Schweinshrueh bei Meschede<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Felsen, Quellen, erdgeschichtliche Aufschiiisse<br />
(Hohlen, Dolinen) Wasserlaufe, alte oder sel-<br />
tene Baume, erdigeschichtlich bedeutsame For-<br />
men der Landschaft (z. B. Bruchhauser Steine)<br />
naturliche Pflanzenvereine (siehe Wiese im<br />
Sonnebomtai) Vogelschutzgeholze, Baumgrup-<br />
pen, Hecken, Friedhofe, Waldgebiete usw.,<br />
konnen somit geschiitzt werden aus wissen-<br />
scbaftlichen, heimatlichen', geschiditlichen oder<br />
volkskundlichen Griinden. Zur Pflege des<br />
Landschaftsbildes kCnnen auch Anordnungen<br />
getroffen werden, um die heimatliche Natur<br />
und Landschaft, auch groISere Gebiete, nicht<br />
zu verunstalten oder zu schadigen."<br />
Anordnungen zum Schutz der Landschaft<br />
gegen Verunstaitung oder Schadigung sind<br />
erforderlich, um wildes Bauen, erst recht<br />
in freier Landschaft, zu unterbinden. iSie er-<br />
inoglichen den Kampfgegen storende,<br />
schreiende Reklame. „Kultupwidrige<br />
Reklame im offentlichen Raum, im Antditz der<br />
deutschen Heimat, ist ein ibesonders sdnnfal-<br />
liges Zeu'gnis unserer absinkenden Kultur."<br />
Im westfalischen Ratim steht Wilhelm Miinker<br />
in diesem Kampf gegen Verkramerung des<br />
offentlichen Raumes an erster Stelle, unter-<br />
stiitzt vom Westf. <strong>Heimatbund</strong>. Auch im<br />
kurkeinischen heifit es wachsam sein. Miinker,<br />
Westfalischer <strong>Heimatbund</strong>, Kreisverwaltunigen<br />
und Polizei miissen bei der Bevolkerung und<br />
besonders bei alien Heimat- und Natunfreun-<br />
den Hilfe und Verstandnis finden. Reklame<br />
im Walde ist verboten, und auBerhalb der ge-<br />
schlossenen Ortschaft hat jegliche Reklame<br />
aufzuhoren. Wir wiinsdien und hof-<br />
fen, daB neue, notwendige Frei- und tlber-<br />
landleitunigen (Hochspannunigen) nur nadi<br />
reiflicher Uiberlegung der ausfiihrenden und<br />
beratenden Stellen verlegt werden unter mog-<br />
iichister iSchonung landschaftlich schoner, un-<br />
beriihrter und gem beschter Gebiete des<br />
iSauerlandes.<br />
Der obersten Naturschutzbehorde ibeim Kail-<br />
tusmdnisterdum des Landes untersteiit die<br />
obere Naturschutzbehorde bei der Regierung<br />
in Arnstoerg, beraten und unterstiitzt vom<br />
Bezirksbeauftragten fiir Naturschutz und<br />
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67
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
ganglich notiwendigen Hygiene. (Diese iDinige<br />
sind besonders an Sorpe-, Mohne-, Diemel-<br />
und demnachst am Henneeee erfordeplich. In<br />
diiesem Ziusammenhang bleibt in Zukunft<br />
'kelner sauerlandisdien Stadt und keinem<br />
sauerlandischen Dorf die Aufigabe und<br />
P f 1 i c h t erspart, iiber die Ableitung der<br />
Abwasser nachzudenken und mit behordlicher<br />
Planung und Unterstiitzung notwendiige Ar-<br />
beit zu leisten. Mit der nijchternen, sachlichen<br />
Frage nach dem Verbleib der Abwasser steht<br />
eine andere Frage in Zusainimenihang: die<br />
Frage nach Land be schaif ung Mr neue<br />
Strafien, Werkstatten, Fabriken, KirAen,<br />
Schulen und H e i m e. „Zur rechten Heim-<br />
statte gehort der • Garten" isagt iSiedlervater<br />
Dr. Nikolaus Ehlen in seiner ausgezeichneten<br />
Schrift „Das familiengerechte Heim". Heim<br />
und Heimat, 'beide gehoren zusammen. Der<br />
Mensch hat ein Anrecht auf ein iStuckchen<br />
Erde. Von unseren Architekten und Bauleuten<br />
durfen wir hoffen, daB sie nur solche Hauser<br />
usw. planen und bauen, die unserem Sauer-<br />
iand angepaBt sind.<br />
„Nur ein wahrhaft rellgloser Mensch sieht auch<br />
die Dinge dieser Welt In der rechten Ordnung. Bel<br />
aller Anerkennung wahrhafter Werte der natur-<br />
lichen Ordnung geht die Erlosung und Verklarung<br />
•Jes Menschen und durch Ihn die der gesamten<br />
Natur vom Innersten des Herzens aus, von da, wo<br />
Nachte und oftmals sogar langer dauert das<br />
Durchsagen, das Durchreiben eines einzigen<br />
Marmoriblocks. 1st er endlich durchgesagt,<br />
werden die grauen noch farblosen Rohplatten<br />
auf das gewiinsdite MaB zugeschnitten. Mit<br />
taUiSenden von Umdrehungen in der Minute<br />
durcheilt die diamantharte Schneidescheibe die<br />
Marmorplatte.<br />
Aber ScMifl und Politur fehlen noch. Die<br />
zugeschnittenen Rohplatten ikommen unter die<br />
Schleiteiaschinen. Zuerst mit Schmlngel, unter<br />
standigem Zusatz von Wasser, werden die<br />
groBeren Unebenheiten besedtigt, herunter-<br />
gescheuert. Dann folgen immer Icleinere<br />
Schleifmlttel, Bimsstein versdiiedener Kor-<br />
nung, spater Zinnasche und andere Polier-<br />
mittel, die mit Filzicorpern auf der Platte<br />
verrieben werden, bis immer leuchtender, leb-<br />
hafter die herrlichen Farbumgen des Marmors<br />
lervortreten und seine Oberfladie immer glan-<br />
zender wird. Eine fertige Arbeit liegt vor Uns.<br />
Anders dogegen ist die Verarbeitung des Mar-<br />
mors in den BUdhauereien und Steinmetz-<br />
werkstatten. Zwar stehen auch dort einige<br />
technische Hilfswerkzeuge zur Verfiigung. Im<br />
wesentlichen aber entscheidet hier das geistige<br />
und handwerkliche Konnen des Steinmetzen<br />
und besonders des Biidhauers. Ein weiter<br />
Weg ist es vom rohen Marmorstein dm SchoB<br />
der Erde bis zur geschliffenen oder po-<br />
lierten Platte oder zum fertigen Bildwerk des<br />
Kiinstlers. H. S.<br />
Biuviel Eere briuket de Menske?<br />
In RuBland liawere ne Meinen Biuern, diam<br />
de Nowers nit guet woren. Hal verkoffte eey-<br />
nen HuaJ un genk te Faute int Basdhlkarein-<br />
land. Hey wdl hai siedeln. De friimere Ge-<br />
mednderoot un Sdhulze woren met diam<br />
niggen Mensken einig un wiesen iaihme en<br />
Stiicke Land tau: viar diusend Rubel einen<br />
Dag Land (dat ds sauviel, ase me in einem<br />
Dage afmiatten kann, amerlai of im Gohn<br />
odder Laupen).<br />
De Bluer 'genk muargens im Duaipe los,<br />
genk un ladp bit Middag, laip un ladp bit taum<br />
Owend, satt hey un do ne Grenzstain un kam<br />
int Duarp teriigge, ase de Soinne unnergenk.<br />
De Baschkiren barren dian iganzen Dag van<br />
feren ddam Vermiatten tausaihn. Un de Bluer<br />
machte dian leBten Schriet, ganz in Schweit<br />
gebadet, un biuB, do falite dial, saggte nix<br />
und was daut. Dat Hasten und Jagen un Lau-<br />
pen har seyn Hiate te viel anpacket. De Basch-<br />
kiren stonnen stille i)n nohdenkiich do. De<br />
eiigene Knedht awwer naJhm de Hacke, machte<br />
ne Kiule, drai Jallen lank, un begrawere<br />
seynen Haren in friimer Eere. Mehr Eere<br />
briuket de Menske nit.<br />
(Joh, bat jaget de Luie no Glucke un Ge-<br />
winn un Vergnaigen, vm. bat niahmet se met<br />
int Graw?)<br />
Twai Vertellekes van Pastauer Campens<br />
Pastauer Campens is lange, lange daut. Hai<br />
kannte seyne Luie, kleine un graute, G«rechte<br />
un Siinner. Do liawere in iseynem Kiaapel ne<br />
Muiermiann Hannes, dad sik geren en Schnaps-<br />
ken drank. Einmool kam Hannes sterenhagei-<br />
vuU iiwer de Duarpstroote un en paar<br />
SchnurreburBen trocken iahme de Biiksen<br />
iut un laiten ne' gohn. Hannes drank im<br />
nogesten Waiertshiuse fodder un konn kium<br />
hadme. Had w^oor iS'wen terhaime, do stond ok<br />
aU Pastauer Campens in der Diar, genk<br />
strackiut in de Kueke un igaffte Hannes - ibat<br />
glste, bat hiaste, en i>aar daftege dimmet Ge-<br />
sidhte. Frugge un siewen Blagen sdhen stille<br />
70<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Frooge un Antwoort van Tplstoi<br />
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tau un saggten nix. Hannes awwer was flott j<br />
nochtern asen Kalw un soh de Steren viar ;<br />
seynen Augen danzen. De Pastauer genk un ;<br />
saggte: „Hanne8, ferrig biste nau nit, ndu I<br />
kiimmeste balle un ibichtest, sau ne Siuperey i<br />
kostet nit Waut Geld. Verstohn?" Hannes ,<br />
schannte nit, dachte awwer im stiUen: „De ;<br />
Pastauer hiat recht. Et sodl mik aww^er ne<br />
andem Kerel anpacken."<br />
*<br />
Flaskopp, saun Jiiingestken van acht Johren,<br />
plogere siek in der Schaule metem Einmool-<br />
aine. Et woll nit in seynen Kopp, un hai saat<br />
terhaime jeden Dag un schraiw und lohr 1X2.. :<br />
Niu kam de iboise Siewen an de Reyge.<br />
Flaskopp ibegraip nit, mochte nohsitten' un<br />
taum Lahren hundertroool terhaime opschrey-<br />
wen 1X7. Verdraitlek genk hai haime met ;<br />
seynem Riaikenbauk ungerm' Aarmen. j<br />
Flaskopp dachte: ,,'Wann ik dad LakBe ver- '<br />
lad'se, briuk ik nix te maken und segge moren \<br />
ixt der iSchavde: meyn Riakenbauk is cEutt. De •<br />
Lahr legget mi dann sieker uwert Knai un<br />
giet mey en paar viam Hingesten. Awwer dat ;<br />
ist in feyf Minuten vergiaten. . . ."<br />
Lanksam lidhtere sik de Aarme, un biuB, \<br />
laggten de LakBe op ter Stroote. O waih! — \<br />
Do raip ne bekannte Stemme: Hallo, Flas- i<br />
kopp, ddu laB deyn 'Bauk fellen!" De guere •<br />
Pastauer was auk ungerwdagens, nahm de j<br />
iausen Blaar op un gaffte se met frondlekem<br />
Gesicht diam verschiameten Jiingestken in<br />
de Hand. Flaskopp saggte ganz ehrdaineg:<br />
„Danke, Har Pastauer! Un dai alle Mann<br />
mente: Diu hiast wuahl nit spuart, bo deyn<br />
Bauk terddal ifail?" „Nal, Har Pastauer!" Dai<br />
har awwer In dian klainen Augelkes luassen,<br />
wat los was, genk met ibit an de Hiusdiar, un<br />
kuiere van Schaule und Schaulsaaken und i<br />
guren Kinnem. Flaskopp hiat nie wier en i<br />
Bauk verluaren. '<br />
(Aus Claes, Der Pfarrer aus dem Kempen- i<br />
land, Kosel Miinchen.) Ins Platt iibersetzt von<br />
F. Jurgens.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Krautweih / [Von Hugo Cramer<br />
Zweimal im Jahre laBt die Kirche uns<br />
ahnen, welchen kostbaren Sdiatz sie in der<br />
Verehrung der Gottesmutter besitzt, im Mai,<br />
wenn sie die Marienaitare mit den ersten<br />
Blumen schmuckt, und im August, wenn sie<br />
die Heilkrauter und die Gaben des Feldes<br />
segnet. Einen vollen Monat dauert jedesmal<br />
( die grofie Freude. Den FrauendreiBiger nannte<br />
nian friiher die Zeit, die mit dem. hochzeitlichen<br />
Feste Maria Himmelfahrt beginnt (15. August)<br />
Und mit Maria Geburt am 8. September endet.<br />
Sind es im Mai die Frijihlingisblumen, die<br />
mit ihren Farben das Gotteshaus zieren, so ist<br />
es am Krautweiihtaige der wflrzige Dutt der<br />
Heilkrauter, der wie ein Dankgebet zum<br />
Himmel steigt. Im feierlichen Zuge tragen die<br />
Kinder die Diischel der Heilkrauter zum Altare<br />
Und der Priester dankt dem Schopfer fiir die<br />
Gaiben, die er den Menschen wieder einmal<br />
schenikte, und bittet, daB sie alien zum Wohle<br />
des Leibes und der Seele gereichen mogen.<br />
Das Krautweihfest ist wohl ein echtes Ernte-<br />
fest, das vielleicht alter ist, als das mit Ernte-<br />
kranz und Erntehahn, ein Fest aus jenen<br />
grauen Vorzeiten, als die Menschen noch nicht<br />
Ackerbauern, sondern nur Sammler waren.<br />
Darauf deuten die Gebete des Priesters hin<br />
Wie auch der Umstand, daB in mandien Gegen-<br />
den zugleich mit den Krautern die ersten<br />
Gte-ben des Feldes auf den Altar gelegt werden.<br />
Das Fest Maria Himmelfahrt ist das alteste<br />
Marienfest. DerKirchenvater Euseibius(4. Jaihr-<br />
hundert) erwahnt es. Im 7. Jahrhundert fand<br />
es die staatliche Anerkennung durch die ro-<br />
niischen Kaiser. Und die Synode von Mainz<br />
im Anfang des 9. Jatinhunderts nennt es eben-<br />
falls. Karl der GroBe forderte den Anbau der<br />
Heilkrauter und die Geschichtsschreiber des.<br />
Mittelalters erzahlen uns von dem schonen<br />
Brauch, Heilkrauter und Obstbiischel zur<br />
Weihe in die Kirche zu tragen.<br />
DieSitte der Krautweihe ist in ganz Deutsch-<br />
l^nd verbreitet, vomehmlich jedoch im Westen<br />
Und Siiden. Aber man kennt den Brauch eben-<br />
so in OstpreuBen und im Riesengebirge. Auch<br />
in Osterreich ist der Brauch bekannt. Die Zu-<br />
sammensetzung des Krautbundes ist in den<br />
einzelnen Gegenden verschieden. Die ZaM der<br />
gesammelten Krauter schwankt. Im Getoirge<br />
ist das Krautbund reichhaltiger. In der Eifel<br />
ist die Zahl der Krauter ibesonders hoch. Im<br />
Munsteriande besteht das Krautbund fast nur<br />
aus Wermut. Fast iiberall aber fiigt man dem<br />
Bunde Roggen-, Hafer- und Weizenahren hin-<br />
zu. In einigen Gegenden schmuckt man es auch<br />
niit einem Sommerapfei. Hier und dort ist<br />
aber der echte Sinn der Krauterweihe ver-<br />
loren gegangen. So werden in der Freiburger<br />
Gegend nur Gartentolumen zur Weihe in die<br />
Kirche getragen.<br />
Das Krautweihbund enthalt fast aile Krau-<br />
ter, die zixm. Hausgebrauch stets zur Hand sein<br />
soliten. Es ist darum nicht damit getan, daB<br />
wian nur die auBere Sitte der Krautweihe<br />
aufrechterhalt, man muB auch die Heilkrafte<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
kennen, damit mit dankbarem Herzen und<br />
wdssend die Weihe vollzogen wird. Dann erst<br />
wird der Brauch von einer universalen<br />
Frommigkeit getraigen, mit echtem Leben er-<br />
fiillt und so erhalten. Es ist darum notwendig,<br />
daB das Wissen um die Heilkrafte der Krauter<br />
und ihre Anwendung weitergegeben wird.<br />
Wie stark die Verbundenheit des Volkes<br />
mit den Heilkrautern war, das zeigen die<br />
Spruchweisheiten, die Marchen und ganz be-<br />
sonders die Legenden, die um die Blumen des<br />
Krautbundes gedichtet wurden. Da wird der<br />
Thymian zur Blume fiir Mariens Brautkranz.<br />
Das Labkraut ist das Bettstrc^ der Krippe des<br />
Jesuskindes. Odermennig Mhrt den Blumen-<br />
reigen zur weihnachtlichen Krippe an. Die drei<br />
Weisen aus dem Morgenlande hadten neben<br />
^ren Schatzen Gold, Weihrauch und Myrrhe,<br />
Alant, Wermut und Baldrian in den Handen.<br />
Pfefferminz und Salbei dienen der HI. Familie<br />
als Versteck vor den Haschern des Herodes.<br />
Alant lindert das Heimweh Mariens in Agyp-<br />
ten. Johanniskraut, Baldrian und Jakobskraut<br />
begleiten den Lebensweg der Apostel. Augen-<br />
trost und Kamille erzahlen uns von den Lei-<br />
den und Freuden der hohen Frauengestalten<br />
St. Monika und St. ElisaJbeth. Amika ist die<br />
Bliime des wildenJagers St. Huibertus. Konigs-<br />
kerze rettet einem irommen Koniig das Leben.<br />
Wegerich wird einem habgierigen Arzt zum<br />
Verhangnis, und Taoisendgiildenkraut laBt<br />
einen anderen frommen Konig an Leib und<br />
Seele gesunden.<br />
Gerade die Legenden zeigen uns, wie tief<br />
die Frommigkeit des dichtenden Volkes ge-<br />
wesen sein muB. Nur das Wissen um die groBen<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
71
Heilkrafte, ihre Anwendung und die daraus<br />
erwadisende Dankesfreude schufen die see-<br />
lisdie Grundstimmung, aus der als schonste<br />
BlUte die Kostlichkeit der Legende erwudis.<br />
Uind das gab auch mir die innere Kraft und<br />
Freude, „Die Bkuneniegenden Unserer Lieben<br />
Frau" zu schreiben, die der Meinwenk-Verlag<br />
in Salzkotten herausbradite.<br />
Bauer Friedrich und seine Scholle<br />
Der Sommertaig sank; diie Erntedeute in den<br />
Feldem atmeten aut nach der sengenden Glut<br />
der Julisonne.<br />
Friedrich brachte die letzte Fuhre Roggen<br />
unter das Scheuerdach und rief Vater und<br />
Schwester zum Abladen.<br />
„Morgen!" knurrte der Vater vom Bnunnen-<br />
trog her. „Fiir heute habe ich genug mit Ab-<br />
rackern!"<br />
„Ic±i auch!" rief Grete aus ihrem Kammer-<br />
fenster; sie war schion am Umizieihen cfiir den<br />
Feierabend. „Wir kriegen doch Besuch."<br />
Friedrich riB den Spannbaum von dem hoch-<br />
beladenen Wagen: „Soll ich wirklich allein ab-<br />
laden?"<br />
j.Meinetwegen, wenn's dir SpaB miacht",<br />
lachte Grete und schlug das Fenster zu.<br />
Die Bauerin kam mat bekummertem Gesicht<br />
in die Hoftiir. „LaJ3 sHe. Sie ziehen nun mal an<br />
einer Deichsel. Komm, wir wollen essen."<br />
Friedrich kniurrte ingommlg und gab der<br />
Mutter nach. Er safl mil diusterem Gesiicht mit<br />
am langen Tisch in dfer grol3en Stube. Pfannen-<br />
fcartoffeln undDickemdich, die ihm ®onst limmer<br />
so kostlich mundeten, schmeckten ihm heute<br />
72<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Von Anna Kayser<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
ndcht. Er erspiirte mit einem sechsten Sinn das<br />
Unheimiliche, das zwischen ihm und den Nach-<br />
sten umging, das wie ein Schemen des Unheils<br />
iiber Haus und Hof und Scholle geisterte.<br />
„Ddeses Schuften in der Brijillhitze von friih<br />
bis spat frifit einem das Mark aus den<br />
Knochen", sagte der Bauer und hustete rauh.<br />
„Eben ist man iiber Fiinfeig, lund man ist ver-<br />
braucht und mochte Feierabend madien."<br />
„Deinem Vater war's mit Siebzig noch zu<br />
friih", wandte seine Frau verihalten ein.<br />
„Der war nun mal so ein WuUacker — wiie<br />
jetet wieder der Junige da."<br />
„Aber nicht ich", protestierte Grete und lieB<br />
die braunen Augen xmter dem krausdunfclen<br />
Haar blitzen. „Ich bin die Plaigerei ilangst satt.<br />
Die sechzehnjahTigen Madels auf den Werken<br />
lachen einen aus. Sie verdienen in acht Stun-<br />
den mehr ais unsereiner in drei Tageni. Wenn<br />
' aus unserm schonen Plan nichts werden solite,<br />
weiB ich, w^as ich tue. Dann kannst du dir deine<br />
Kuhe selber melken, junger Bauer Friedrich."<br />
„Ich konnte es dir nicht verdenken", stimmte<br />
ihr der Vater zu. „Fiir die Aussteuer dier beiden<br />
andern habe ich schon die letzte Kief er schlagen<br />
miissen. Aber ich hoffe, daS es mir mit dedner<br />
leichter wird. Wenn die Sadie mit der Farm<br />
gerat, kannst du die Dame spdelen und die<br />
Mutter auch. Und du und ich, Friedrich,<br />
torauchien nur mehr zu organisderen und im<br />
Auto die Plantagen zu inspizieren. Du soJitest<br />
dir den Plan mal von Onkel Egon schildern<br />
lassen und nicht so starr deinen Kopf auf-<br />
setzen. Noch bin d c h ja der Herr im. Haus."<br />
Friedrich war fahl im Gesicht geworden,<br />
seine blauen Augen dunkel. Er starrte den<br />
Vater an, ais habe er sein Todesurteil ver-<br />
nommen. SQweit war es also schon. Ihm wurde<br />
so wirr im Sinn, dafi ihm jah die Dielen lUnter<br />
den FiiBen zu schwdngen ibegannen.<br />
„Es dst also wirklich wahr, du willst unsere<br />
Vatersdiolle verschachiem, seit vierhundert<br />
Jahren die der Holters?" stiefi er nach einer<br />
Weile heiser heraus.<br />
„Wer spricht von Verschachem?" fuhr der<br />
Bauer auf. „I>u weifit selbst, ein Kledngut wie<br />
unseres kann heute ndicht mehr mit. Woher<br />
wolltest du wohl die Motore nehmen, die die<br />
andern langst haben? Nicht mal einen Trecker<br />
wirst du aufbrinigen."<br />
„Mir slnd unsere Braunen immer noch die<br />
Idebsten Trecker. Soviele vor uns sind ibei<br />
ihrem guten Gespann froh und zufrdeden ige-<br />
wesen, warum dch nicht?"<br />
„Wir bekommen den zehnfachen Wert fur<br />
den unsem wiedier", Melt ihm der Vater da-<br />
gegen. „Edne groBe KaffeepOantage — Neger<br />
mit ihren Familden tun die Arbeit — dde Be-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
sitzer haben ein Leben wie im Paradiies. LaB<br />
es diir von Onkel Egon erzaihlen, wie seme Frau<br />
und Tochter es haben, phaintastiisch!"<br />
„Und mir soil der Saft in dien Adem ver-<br />
dorren? Und hier aul unsem Marken, in un-<br />
sern Wdesen und Hofen sollen Fremde saen<br />
und mlahen?"<br />
„Redensarten! Dann miiBte diehalbeMensch-<br />
heit verdorren. Du sdilagst ganz deinem GroC-<br />
vater nadi, der sang ihintemn Pfl'uig Psalmen<br />
auf Wiese und Acker. Onkel Egon ladit samt-<br />
liche Bauern hier aus. Er kommt gleich, besieh<br />
ihn dir, wie ein Graf sdeiht er aus."<br />
„Du nach Stall und Lehm", riknpfte Grete<br />
die Nase. „Wenn du mcht mat wiilst, heirate<br />
doch toei Holtkamps ein, dann kannst du welter<br />
Ackerklumpen trampeln. Hier lauif unser Giit-<br />
chen zieht dir doch kein Bauemimadeil. Die<br />
hausen lieber mit dem kleinistan Beaimten auf<br />
zwei Kammern, als in so einem Betrdeb Frau<br />
und Magd in einem zu spielen, vierzehn Stun-<br />
den am Tage."<br />
„Ich hab's mein Lebtag nicht nachgerechnet",<br />
sagte still die Bauerin.<br />
Im Hofe fuhr ein Auto ein. „Da ist er!" rief<br />
Grete, und siie und der Vater lieten hinaus.<br />
Friedrdch wandte sich sichrbff und iging durch<br />
die ObertUr hinaus. Die Mutter ging ihm nach.<br />
»Du wirst didi drin ge^ben miissen, Junge",<br />
^gte sie schwer. „E,s ist nichts mehr dran zu<br />
andern. Er hat ihm ibereits Handschlag getan."<br />
Die Stimme der Frau zerriifi van Schmerz.<br />
Sie war ein Dorfeskind und in ihrean Leben<br />
nicht viel weiter hinaus gewesen als der Kirch-<br />
turm reichte. Sie horte Friedrich mat den<br />
Zahnen kndrschen und in si^ch schnaufen, als<br />
Wolle ihm inwendig etwas toersten.<br />
„Da soil ich mich dirin geben, dasB ich aus die-<br />
sem Grund gerissen werden scji wie man ednen<br />
Baum ausreifit?" Er macht eine weitaushdlende<br />
Gebarde uber die Iruchtschweren Garten und<br />
Hofe hin: „Das soil ndcht mehr uniser sein, und<br />
in einem wildfremden Lanide soil einen der<br />
Jammer umibringen?"<br />
„Ich weiB das alles, mein armer Junge. Ich<br />
habe nachtelanig drum geweint. Die ibeiden<br />
sagen, ich hatte es dm Gemut. Heute abend<br />
•wird wohl der Verkauf besiegelt werden. Der<br />
Egon hat den Notar igleich miitgebracht."<br />
„Himimel — Herrgott — ist denn nirgends<br />
ein Keil —?"<br />
Friedrich tappte in die Stutoe zuruck und Kefi<br />
sich auf den Stuhl in der Ofennisdie fallen.<br />
Grete trug Wein in die Fremdenstube. Fried-<br />
rich konnte mit einem. BUck hineinsehen. Egon<br />
Hilkin — in der Heimiat hieB er Hdldeke — saB<br />
ina Sofa, nobel und gepflegt wie edn Stadtherr.<br />
Er und Holter waren zusaimmen aufgewachsen.<br />
Egon war nach dem ersten Weltkrieg zu Ver-<br />
•Wandten iiach Mittelamerika gegangen, die<br />
dort groBe Kaffeeplantagen hatten. Ferdiinand<br />
Holter hatte mitgewollt — dias Bauernwesen<br />
hatte ihm nde sonderlich gelegen —, aber sein<br />
Vater hatte ihn eisem' an die Scholle gebumden.<br />
Nun war ihm das Gliick noch spat hold. Grete<br />
*>Ute den Sohn eines GroBhandlers driiben<br />
heiraten. Aber nun bockte unbegredf licherweise<br />
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der Junge — und seine Frau gebardete sich, als<br />
solde sie in die Sklaverei verschleppt werden.<br />
„Prosit! Auf unsere gemeinsame Zukunft in<br />
der neuenHeimat!" Sie stieBen lan uod tranken.<br />
„Wo ist denn der Friedrich?" fragte Hilleke.<br />
„Ich habe ihn in den drei Wochen noch nicht<br />
unter die Augen bekoromen. Er weicht mir aus<br />
wie einem Feind."<br />
„Er wird noch zu schaffen haben", knurrte<br />
Holter. „rhm ist der Tag limimer noch zu knapp<br />
mat aller Plage."<br />
„WeiB er jetzt, daB Rentwig a>b heute hier<br />
der Bauer ist?"<br />
„Ich hab's ihm noch verschwiegen. Er ware<br />
Imstanide tinid wiirfe ihm in letzter Sttmde<br />
einen Stein ins Rad. Ob Rentwig sich heute<br />
abend herwagt? Friedrich sollte ihm denKotten<br />
gonnen. Der Mann hat mehr verloren als alle<br />
andern Vertriebenen hier zusammen."<br />
Holter zuckte zai^sammen von einem selt-<br />
samen Laut von nebenan, wie geschilagenes<br />
Wild stohnen mag. Gleichzedtig kam Rentwig<br />
von der Tenne her herein und setzte sich<br />
schweigsam zu den andem.<br />
„Mir ware doch ilieber, Friedrich w^are mit<br />
daibei", sagte Hilleke. „Ich habe das Empfinden,<br />
daB wir ihm irgendwie Gewalt antun. Ahnte<br />
er, was es viim so einen Start ins Gliick ist, er<br />
sahe sich nicht mehr um nach seinen paar<br />
Lappen Dand."<br />
„Nach einer Handforeit sahe er sich um, und<br />
verhieBest du ihm edni goldenes SchloB in der<br />
Fremde", wiari Grete spottend ein.<br />
Eine peinlidie Stille. Dann sagte sachlich der<br />
Notar; „So wollen wir denn zunn AbschluC<br />
kommen." Er las noch einmal laut den Kauf-<br />
vertrag zwisdien Ferdinand Halter und Alfred<br />
Rentwig vor.<br />
„Bitte, Herr Holter, Ihren Namen hderher."<br />
Im selben AugenbMck wurde die Tiir von der<br />
Wdhnstube her aufgestoBen, mit so unibanddger<br />
Wucht, daB sie fast aus den Angeln flog. Fried-<br />
rich, mit einem Gesichrt lohend von Zom und<br />
Jammer, sturzte auif den Tisch zu, entriB sei-<br />
nem Vater Feder und Vertrag, zerbrach und<br />
zerriB ibeides und schiteuderte es aul die Dielen.<br />
„So, nun schlag mlidi tot! Wozu soil ich noch<br />
leben?"<br />
Die vier Manner saBen da wie starre Masken.<br />
Dann sprang Holter wiitend auf und packte<br />
seinen Sohn vor der Brust: „Du — Stier, was<br />
fallt dir ein? Wer list Herr im Haus, du oder<br />
ich?"<br />
Ein paar Atemzriige lang rang Friedrich mit<br />
dem Vater, aber dann lieB er von lihm ab und<br />
tauimelte wiie ein Trunkener aus der Stutoe.<br />
Der Bauer sackte auf seinen Platz wie ein<br />
G'eschlagener. Es war still in der Stube wie<br />
nach einem Wetterschlag. SchlieBlich sagte der<br />
Notar kalt: ,,Sie hatten besiser getan, Bauer<br />
Holter, mich von der Lage der Dinge zu unter-<br />
richten. "Wir hatten die Sachie dann in mednem<br />
Biiro gemacht. Wenn Sie auf dem Abkommen<br />
bestehen, kcmmen Sie mit Herm iRentwig<br />
morgen zu mir."<br />
Holter donnerte die Faust auf den Tisch:<br />
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73
„Ja, <strong>Sauerländer</strong> jetzt erst <strong>Heimatbund</strong> recht!"<br />
De Suerländer<br />
Dann iSingen sde still auseinander.<br />
Friedrich sah seit diesem Tage keiner mehr.<br />
Rentwig, der junge Bauer von der Oder, begann<br />
am nachsten Tage auf Holters Marken zu<br />
wenken. Die Sommerfruchte stianden totreil.<br />
Er hatte Holter angeboten, von dem Ka'jf<br />
zuriickzutireten, er wolie seinen Solhn nicht von<br />
der Schodle verscheuchen, aber Holter bestand<br />
verbissen auf dem Vertrag. Rentwig wurde<br />
Herr des Holtergutes mit allem lebenden und<br />
toten Inventar.<br />
Holters Zorn wich bald einer qualenden<br />
Sorge um seinen Jungen. Seine Frau ging umher<br />
wie ein Schmerzenis/bdld. Es waj-en raur noch<br />
adit Tage bis zur lUiberfahrt an die neue Heimat.<br />
Er muBte den Junigen aiifsipuren. Er war<br />
ja nur hedllos in einen ungesunden Schwarm<br />
verrannt, von neidischen Bekannten und Versippten<br />
aulgestadielt. Er fatadete hedmlich<br />
nach i!hm, aber es war, als habe die Erde ihn<br />
versdilungen.<br />
Rentwig eraahlte eines Abeods Am Geheimen<br />
Frau Holter, er sei nach Feienabend<br />
noch eirnnal zum Astenfeld zuriickgekehrt, da<br />
sei ein jimger Mensch zwischen den Weizen-<br />
hockern umgegangen, haoe Garben umgestellt<br />
und gewogen, Ahren zerrieben und gekaut. Er<br />
seii in den Waid gefluchtet, als er ihn gewahrt<br />
haibe. Ob es nicht etwa der Friedriich gewesen<br />
sei?<br />
Zwei Abende ;ging die Frau auf Umwegen<br />
zum Weizenfeld am Walde, sie rief, weinte,<br />
stohnte seinen Namen in die hohen Eichen-<br />
schlage: „Friedrich! Friedrich!" Nur das fcalte<br />
Echo kam von den Bruchfelsen zuriick.<br />
Am dritten Abend drang sie, halb irre, tois<br />
zur „Jagerschiucht" vor: „Friedirach! Friedrich!"<br />
Ihre Stimme wurde heiser, ihr Herz pochte<br />
in zerspringender Not. Die hohen Duchen<br />
gingen mit Ihr rund, der Gnuind toegann unter<br />
ihr zu gledten. Sie schleppte sich ibis zur Wald-<br />
74<br />
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hutte an einem unsichtbar murmelnden Was-<br />
ser. Es war stockdunkel drinnen; sde tastete<br />
sich zum Feidlager im Hintengrund. Da jagte<br />
em rauher Menschenlaut sie in Todesangst:<br />
„Wer ist da?"<br />
Die Stimme ging der Frau durch Herz und<br />
Mark, sie taumelte und lallte unter sturzenden<br />
Tranen: „Friedrich — Junge!"<br />
Er war mit einem Sprung bei ihr und hielt<br />
sie im Arm. Der Mond ischien 'bleich heiredn imd<br />
zeagte ihm ihr todbOasses Gesicht mit den tiefen<br />
Furchen des Schmerzes.<br />
„Warum bist du gekommen. Mutter? Es ist<br />
je doch alles vorbei. Sollen wir es uns noch<br />
harter machen?"<br />
„Junge, warum tust du deiner Mutter das<br />
an — du, der eiinzige der alten Art?"<br />
„Ich durfte dich ndcht wiedersehen, Mutter.<br />
Nichts durfte ich wiedersehen, es hatte miich<br />
umgebrachit. Geh, laB mich. ;Ulns kann kein<br />
Gott helfen, wiir haiben uns selbst vertrieben<br />
Und die Fremde ist Tod." •<br />
„Ja, Tod." Sie preBte die Hand auf die Brust:<br />
„Hier sdtzt er mix. Gott, gib du mdr Heimat!<br />
Hier ist sde mir Fremde geworden."<br />
„Bleib hier. Mutter", saigte Friedrich mit<br />
zerrissener Stimme. „Wir bauen iiuns eine Hiitte,<br />
vier Pfosten, ein Dach — und spielen Knecht<br />
und Magd auf Holters Hof."<br />
„Ein Stuck Himmei war's mir", weinte sie<br />
ohne Laut." Aber es geht ndcht. Ich geiiore zu<br />
ihm imd schleppte er mich nach Afrika. Ich<br />
hab's iihm gelobt. Aber ddch wlrd's aufreiben,<br />
Knecht auf der Vaterscholle!"<br />
„Nein. Hab ich friiher ii'ber sie herrschen<br />
woUen, will ich ihr nun dienen. Sie wild mir<br />
dafiir die letzte Gnade geben, letzten Schlaf in<br />
ihrem SchoBe."<br />
Die Hoiterfrau wurde auf einmal gianz still.<br />
Die hohen Ba^ml'wipf el raunten uber ihnen wie<br />
schwere Schdcksale, das Wasser sang traum-<br />
haft, aus der Schiucht kam Glurren junger<br />
Vogelbrut dn warmumhegten Nestem.<br />
„Ich gehe, Friedrich, tmd lasse dich hier<br />
Atoer einmal werden unsere WIege wieder zu-<br />
sammenkommen, da, wo immerwahrende Hei-<br />
mat ist."<br />
Sie gingen ischwedigsam tois zum WaOdrand<br />
Im wedfien Mondldcht, im Angesichit der ster-<br />
benden Heimat niahmen sie Abschied ohne<br />
Trane und Klage.<br />
Friedirich sah der Mutter nach, bis sie hinter<br />
den Hecken, die den Holterhof umfriedeten<br />
verschwand. Da teach ihm edn todwundes<br />
Weinen aus der Bruist, er warf sdch an die<br />
Grenzfurche und wiiihlte das Gesicht dns tau-<br />
nasse Riedgras. —<br />
Stunde um Stunde halite vom Dorfkirchturm<br />
zu ihm herautf, er ibOdeb liegen, wo er lag Ein<br />
halbwacher Schlaif riB dihn in drre Phantasien<br />
Er muBte zentnei^chwere Gariben uber sedii<br />
Land schleppen, aber die Aihren hdelten braune<br />
Bohnen — schwarze Gestalten umschwirrten<br />
iJui — fremde Laute narrten ihn — sengende<br />
Sonne brannte ihm das Him aus. — Er rang
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
nach Atem — tind miurmelte wirr — und er-<br />
wachte.<br />
Die helle Morgemsanne schien ihm ins Ge-<br />
sicht. In den Mariken knarrten echion Rader.<br />
Manner kamen die Triiift vom Dorf heraul.<br />
Sdiulten-Schafer und ein Knecht.<br />
Vom Kirchtiurm fielen ednisame Kiamge. Die<br />
Kleppglocke. Friedrich iauischte mit an-<br />
gehaltenem Atem. Wer mochte es sein? Rent-<br />
wiigs Mutter, die am Heimweh nach der ver-<br />
lorenen Heimat hmsdechte? Oder Holtkamps<br />
Ohm, von der Last der Neunzig erlost?<br />
Diie beiden Manner fcamien niaiher. Friedrich<br />
Warf sich ins Raindholz und hdelt sich still. Sie<br />
lieBen sich an der Randfurche nieder.<br />
„Herre, dies ist ednem in die Kjnochen ge-<br />
fahren!" sagte der Sdialer iraulh. „So kopfiiber<br />
in die Ewigkeit! Aber der Herrgott hat ihr<br />
Wohigetan. In dem fremdien Lande hatte der<br />
Heimweihjiaminer sde ausgezehrt. Und der Hol-<br />
ter und sein Madichen schalten sie noch darum.<br />
Die sind kalt im Gemiiit."<br />
„Der Friedrich ist wie seine Mutter, der ist<br />
ohne sein Land wie ein Fisch Ohne Wasser. Wo<br />
©r nain ist? Er ward sich woihl nichts anigetan<br />
haben!"<br />
„Die Frau soil nachtelanig im Walde um-<br />
Segangen sein, sie fling an zu ,'sipinnen'. Den<br />
Holter soU's nun reuen, dafi er den beiiden so<br />
geschafft hat. Er hat dem Rentwig tausend<br />
Mark fiir den Abstand geboten. Er sola statt<br />
seiner mit Hill eke und Grete nach Ubersee<br />
Wintertag<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Gemalde von H. Springborn<br />
fahren. Dem kann es ©gal sein. Fremde hier,<br />
Fremde da."<br />
„Der Holter ist rein daneben um seinen<br />
Jungen. Er sagt, er hatte dim in den Tod ge-<br />
trieben. Keine zehn Pfeide brachten ihn jetzt<br />
noch von Hof und Haus. Er hatt's ©her be-<br />
denken sollen."<br />
Die beiden etanden auf. Der Schafer sdiilug<br />
die Hiirdenpfahle und lieB die talokende Herde<br />
aus dem Nachtpferch.<br />
Friedrich hob sich taumielnd aus dem Ge-<br />
biisch. Schmerz mn die tote Mutter — und eine<br />
aUmachtige Freude schiittelten ihn gledcher-<br />
weise. Auf weitem Umweg erreichte er den<br />
Heimathof.<br />
Grete kam ilim mit verweintem Gesicht ent-<br />
giegen. Er stiirmte an ihr vorbei, die Treppe<br />
hinauf und hatte fast den Vater umgerannt,<br />
der auf dem Kamimerganig hin und her gang<br />
und mit sich selber redete ...<br />
Holter stiirzte sich auf iseinen Sohn wie auf<br />
eine B©ute: „Bist du's wirklich, Junige? —<br />
WeiBt du's, si e ist tot! Ich hab sie umgebnacht!"<br />
Friedrich stiirzte to der Kammer vor dem<br />
weiCen Bette aiuf die Dielen: „Mutt6r! — Nun<br />
bist du doch hiergeiblieben. Mutter!"<br />
„Wiiflte sie es nur, daC die Heimat wieder<br />
unser ist!" stohnte der Bauer gebrochen.<br />
„Sde wird es wissen. Siehst du's ihr nidit an?"<br />
Ja, sie wuBte es, die stille Frau. Erschopft<br />
und erfullt lag sde da, im Gesicht den Frieden<br />
einer unendlichen Heimat.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
75
JTrilon hat unter den sauerlandisdien<br />
'-^Stadten seine ausgepragte Eigenart. Es<br />
liegt an der Nordgrenze des Landes, jedoch<br />
nicht geschieden vom nordiichen Nacbbarn<br />
durch einen Gebirgswall, der Land und Leute<br />
tr^t. Was so ein LandschaftswaiU toedeutet,<br />
sieht man am Arnsberger Walde zwischen<br />
Meschede und Warstein: nordlich die Art der<br />
Haartoewohner, siidlich die der Strunzertaler<br />
so daB auch heute nur selten die einen zu den<br />
anderen hiniiberfehren hoch iiber den Stimm-<br />
Stamm. In Brilon ist das nicht so, die Stadt<br />
hegt selbst 450 m hoch und hat Ireien Zugang<br />
zu dem Tor nach Norden, dem Tor der Alme<br />
Brilon ist auch nicht etwa kunstlich gegeri<br />
Norden abgeschlossen worden, wie das mit<br />
Ruthen geschehen ist, das vom Erzbischof<br />
Adolf von Koln zu einer Grenzfeste gegen<br />
Padertborn gemacht und so im Verkehr dort-<br />
hm mannigfach behindeft ^*urde. W(M hat<br />
der groBe Erzbischof und Reichsverweser<br />
Engelbert von Koln Brilon ibefestigt und so die<br />
Anspruche Paderborns zunichte gemacht, aber<br />
der Verkehr mit Paderborn bestand lebhaft<br />
witer. Noch heute lehrt das innere Stadtbild<br />
Brilons, daB in alter Zeit der Verkehr in der<br />
Stadt hin und her gegangen ist: rechtwinklig<br />
schneiden sich mitten im Ort die alten hin-<br />
durchlaufenden VerkehrsstraBen auf dem<br />
weitraumigen Markt mit seinem „Kump" Zu<br />
diesem fuhrte eine Wasserleitwig, die unter-<br />
irdisch durch ausgehohlte Erlenstamme lief<br />
und auch in den anderen Stadtvierteln — in<br />
Bnion schon bildhaft „Stranige" genannt —<br />
dem Burger zuganglich war. Noch heute ge-<br />
wmnt die Stadt durch den alten Bauplan ein<br />
achtunggebietendes Ansehen, verstarkt durch<br />
das sehr stattliche Kathaus und die domhafte<br />
Stadtkirche. Man sieht ordentlich die Fremden<br />
aus dem Nachbarlande sich vor dieser Kulisse<br />
bewegen in alter Zeit. iBrilon war eine aus-<br />
gesprochene Grenzstadt.<br />
In der Stadt ging es denn auch lebhaft ge-<br />
nug zu, ibesonders in der grofien Burgerzeit<br />
des Spatmittelalters. Denn Brilon war eine<br />
^eistadt" der Hamsa und pflegte lebhaften<br />
Handel; so hatten seine „Wandischineider", die<br />
„KopIiide van der Scheeren", die das Tuch be-<br />
zogen und ausschnitten, aile Hande voll zu<br />
tun. Namentlich aber bluhten schon fruh der<br />
Bergbau und die Metallgewerbe.<br />
Zum Gogericht Brilon gehorten 16 Berg-<br />
werke, in denen Eisen, Blei und Galmei (ein<br />
Zinkerz) gewonnen wurde. Dem entsprach die<br />
Zahl der Schmelzhiitten. In den Talern der<br />
Hoppecke und Atoie klopften die Eisen-<br />
hammer, und MetaligieBereien gato es in der<br />
Briloner Gegend mehrere. Die Belagerer<br />
Munsters in der Wiedertauferzeit toezogen<br />
Bleikugeln aus Messinghausen und dem eben-<br />
faJls nicht weit entfernten Warstein; Glocken<br />
giefit man in Brilon noch heute. Als im Herzog-<br />
tum Westfalen um die Halfte des 16. Jahr-<br />
76<br />
Brilon und die Ulrichs<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Von Dr. Fritz Ernst<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
hunderts eine Bergverwaltung entstand, war<br />
ein Bergamt in Brilon die Folge. Im Tages-<br />
bergbau betrieb man den Schieferbruch; fiir<br />
das neue Rathaus in Osnabriick kam' der<br />
Schiefer aus Brilon.<br />
Diese Betriebe hielten sich noch lange, die<br />
Eisenindustrie entwickelte sich sogar im 17.<br />
und 18. Jahrhundert zu neuer filute, wovon<br />
im weiteren die Rede sein wird. Nicht so der<br />
Handel: mit dem allgemeinen Niedergang der<br />
Stadte am Ende des Mittelalters welkte zu-<br />
nachst auch die Handelsbliite Brilons. Die<br />
Stadt half sich nun mit Landbau und Wald-<br />
wirtschaft. Daher ruhrt die stattliche GroBe<br />
des Briloner Stadtgebletes, sie betragt 55 000<br />
Morgen, davon sind 25 000 Morgen Wald. An<br />
der solchermaBen recht ausgedehnten Besitz-<br />
grenze entlang bewegt sich der bekannteste<br />
unter den Sauerlander „SGhnadezugen"; wer<br />
den langen Weg nicht aushalten konnte, setzte<br />
sich friiher auf seine Kuh. Eur einen neuen<br />
Burgermeister ist dieser Zug ein Schmerzens-<br />
gang, denn man „stuckt" ihn auf jeden der<br />
entsprechend vielen Grenzsteine. Noch lange<br />
wird er daran fuhlibar erinnert, sobald er sich<br />
auf seinen Amtssessel niederlaBt.<br />
In diese Stadt hielt im 17. Jahrhundert durch<br />
die Gebirgspforte, die sich die Alme gegratoen<br />
hat, eine Familie ihren Einzug, die nicht ohne<br />
Bedeutung fur das gewerbliche Wiederauf-<br />
bliihen der Stadt werden sollte, die Ulrichs<br />
Sie waren urspriinglich keine Sauerlander<br />
sondern kamen aus Niedersachsen, aber im<br />
Laufe der folgenden Jahrhunderte nahmen<br />
sie ganz das sauerlandische Wesen an, wozu<br />
auch ihre Heiraten mitgewirkt haben mogen<br />
Drei sauerlandische Wesensziige treten an der<br />
Familie besonders hervor: der GewerbefleiB<br />
der Zug in die Feme und die Neigung zum<br />
Recht.<br />
Der GewerbefleiB zeigt sich schon bei dem<br />
ersten, nach dem DreiBigjahrigen Krieg aus<br />
Niedersachsen eingewanderten Oelrichs (so<br />
nannte sich urspriinglich die FamUie). Zu-<br />
nachst Landwirt in der Almegegend, erwarb<br />
er daneben von den Jesuiten in Buren Berg-<br />
berechtigungen und pachtete von ihnen den<br />
Multhaupter Hammer dm oberen Almetal<br />
Sein Sohn und dann sein Enkel gelangten zu<br />
Grundbesitz und erwarben Eisenhiitten und<br />
Hammerwerke; den Namen Oelrichs anderte<br />
der Enkel in Ulrich um, womit er einer den<br />
Jesuiten gelauflgeren Schreibweise folgte Die-<br />
ser Ulrich, mit Vomamen Cordt Hermann be-<br />
festigte in der Briloner Gegend seinen Wohl-<br />
stand und hinterliefi seinem Sohne Adam<br />
Eberhard ein landwirtschaftliches und ge-<br />
werbliches Vermogen, das bedeutend groBer<br />
war, als er es erhalten hatte. Adam Eberhard<br />
siedelte nun endgultig nach Brilon liiber, er-<br />
warb Berggerechtsame und- Eisenhammer hin-<br />
zu und besaB auBerdem mehrere Eiser*,utten<br />
AUes das hinterliefi er groBenteils seinem
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
altesten Sohne Conrad Hermann, der den Be-<br />
sitz, besonders den gewertalichen, noch be-<br />
traditlich erweiterte imd verbesserte, sowie<br />
auch ein OMnfangreiches Handelsgeschaft be-<br />
trieb. Daneben entsanden Ulridische Seiten-<br />
linien mit derselben Regsamkeit imd mit<br />
groBem Wohlstand gesegnet.<br />
Wir sehen hier den fiir das Sauerland so<br />
bezeichnenden GewerbeflelB an einer dafiir<br />
anscheinend besonders begabten, lanter-<br />
nehmungslustigen Familie. Und nun tritt der<br />
Drang in die Feme auf: Conrad Hennann3<br />
altester Sohn Adam Caudenz geht sdion in<br />
jungen Jahren nach. Indien, besonders Ceylon,<br />
Wo er mandierlei Abenteuer besteht und sidi<br />
erst nach geraumer Zeit zur Riickikehr in die<br />
Heimat entscblieBt. Daheim tritt er, zum<br />
Manne gereift, den vaterliclien Besitz an,<br />
s.tirbt aiber friih. Und jetzt komxnt der Um-<br />
schwung zum Recht: sedn Sohn Kaspar Ignaz<br />
folgt seiner Mutter, die aus der Arnsberger<br />
Juristenfamilie Amdts stamimt, nach Arns-<br />
berg, wird Jurist und steigt, wiederiim auBer-<br />
halb der Heimat, zum Obertribunalsrat in<br />
Berlin und Mitglied des Preufiischen Staats-<br />
rats auf. Sein Sohn WiUielim wird in das<br />
Justizministerium iberufen und ist dann lange<br />
Jahre Vortragender Rat im Kultusministerium<br />
Sowie Abgeordneter. Als Reichstagsabgeord-<br />
Der Briloner Marktplatz mit Rathaus und Kirche<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
neter gehort er der Kommission an, die Wil-<br />
helm I. in Versailles die Kaiserkrone anbietet.<br />
Diese beiden Uiridis sind ein ausgepragtes<br />
Beispiel fiir den sooft beobachteten Aufstieg<br />
von Sauerlandern aufierhalb der Heimat und<br />
zugleich fiir die sauerlandisdie Redits-<br />
begabimg. .<br />
In Brilon aber blieb eine Erinnerung an die<br />
Ulrichs zuriick, es ist das schione alte Ulrich-<br />
sche Haus am Steinweg, eine Zierde der<br />
Innenstadt, von Ulrichschen Nachkommen,<br />
den Sauvignys, sorgfaitig gepflegt und in<br />
Ehren gehalten. In seinem woMerhaltenen<br />
Saal findet sich eine Erinnerung an den Ge-<br />
werbeflelB jener Ulrichs, die den Grund zum<br />
Aufstieg der Eamilie gelegt und so auch am<br />
Wiederaufbliihen der Stadt mitgeholfen ha-<br />
ben: ein eingelassenes Gemalde iiber dem<br />
Kamin, das die Eisenindustrie symlbolisiert;<br />
Hephaistos steht am Amibos, Rokokoputten<br />
helfen ilhm, drauBen sieht man zwei Ulrichs<br />
herannahen. —<br />
Die Stadt hat im 19. Jahrhundert, wie so<br />
viele Gegenden des Sauerlandes, die alte in-<br />
dustrielle Art wieder verloren, Erzibergbau<br />
und Eisenindustrie sind abgewandert. Die<br />
Stattlichkeit Brilons aber ist gelblieben, auch<br />
ist es heute nicht mehr die Kleinstadt, die es<br />
zunachst im 19. Jahrhundert geworden war.<br />
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77
In jener Zeit vor hundert Jahren war die<br />
Stadt fast nur noch bekannt, freilidi weit be-<br />
kannt durch die trefflichen Briioner Pfeifen.<br />
Audi hob sie sich aus dem Ostsauerland<br />
heraus durch ihr angesehenes Gymnasiiim<br />
und als Kreisstadt. Doch sie war ein wenig<br />
Domroschen geworden, mindestens etwas<br />
weltatogeschieden, wotoei auch ihre Lage ab-<br />
seits von der groCen Bahnlinie mitsprach. So<br />
begrenzte sich denn ihr Lebensgefiihl stellen-<br />
weise auf das Interesse am lieben Nachsten.<br />
Als einmal der Mannergesangverein ein Lied<br />
zum Besten gab mit dem Kehrreim „In vino<br />
veritas" (Im Wein ist Wahrheit), meinte hinter-<br />
her eine alte Dame im Kranzchen: „Un denn<br />
Bangen se auch noch Bo'n B-chones Lied, in<br />
dem es immer hieB: In Brilon hor ich was." —<br />
In Brilon hort man auch jetzt noch „was", aber<br />
anderes, Weitblickendes, und es sieht ganz<br />
danach aus, daB die ^ten regsamen Zeiten<br />
wiederkehren. Nicht nur die alten Glocken-<br />
gieBerei bluht, sondern man weiB auch etwas<br />
anzufangen mit dem vielen Briioner Holz,<br />
dazu lebt der Bergbau auf in Marmorbruchen<br />
sowie Dolomitwerken. Und rege Geistigkeit<br />
geht mit dem gewerblichen Wiederaufbau<br />
Hand in Hand, wie das dem groBziigigen<br />
Stadtbild entspricht.<br />
MEJNDEJN Kurkolns alte Feste<br />
^>kas Wappen des Landkreises Iserlohn ver-<br />
-^^anschaulicht uns deutlSch, daB der Kreis<br />
aus drei verschiedemen Teilen zusammen-<br />
gestellt wurde, als 1815 in dem Wiener Kon-<br />
greB alle groBeren und kleineren Gebiete der<br />
heutigen Provinz Westfalen dem damaligen<br />
Konigreich PreuBen zugesprochen wurden. Im<br />
oberen Teile zeigt das Wappen das steigende,<br />
weiBe WestfalenroC, ein Zeichen, daB der Kreis<br />
Iserlohn ein Teil der Provinz Westfalen ist,<br />
und darunter ist eine Dreiteilimg erfolgt: in<br />
der Mitte ist der Schachbalken der Grafschaft<br />
Mark, rechts davon der aufrechtstehende,<br />
rote, gekronte L&we der Grafschaft Limburg<br />
(= Hohenlimburg), und links ist in silbernem<br />
Felde das schwarze Kreuz des Kurfiirstentums<br />
Koln, zu dem Menden — Stadt und Amt —<br />
von 1180 bis 1802 gehort hat, da es ein Bestand-<br />
teil des „Herzogtums Westfalen" war, das<br />
nach dem Sturze Heinricbs des Lowen an Kur-<br />
koln kam.<br />
Da auch der groBte Teil des Kreises Unna<br />
zur Grafschaft Mark igehort hat, war Jahr-<br />
hiunderte bindurch Menden das westlichste<br />
Gebiet des kurkolnischen Landes, das wie ein<br />
stumpfer Keil in das markische und iim-<br />
burgische Gebiet hineinstieS, wahrend es im<br />
Osten mdt der Masse des Herzcgtumis West-<br />
falen zusammenhing, mit den Kreisen Arns-<br />
berg, Meschede usw., die 1369 an Kurkoki<br />
fielen. Im Norden und Siiden grenzte Menden<br />
an die Grafschaft Mark, im Westen — un-<br />
gefahr von Kalthof bis DahLhausen — an Lim-<br />
burg.<br />
Wir konnen es uns heute kaum vorstellen,<br />
daB Hemer, Iserlohn, Hohenlimburg, Schwerte,<br />
Frondenberg, Unna usw. fur Menden friiher<br />
im „Auslande" lagen. Diesem Umstande hat<br />
Menden es aiber gewlB zuzuschreiben, daB es<br />
friih eine Festung war, die 12 7 6 mit alien<br />
iiblichen Stadtrechten „begabt" wurde.<br />
Menden, die wichtige Grenzfeste, ist zwi-<br />
schen dem 12. und 14. Jahrhundert durdi die<br />
Grafen von der Mark bei ihren Kampfen<br />
gegen Kurkoln wiederholt zerstort worden,<br />
78<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Von H. Somnner<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
aber immer wurde sie von den tatkraftigen<br />
Einwohnem schnell wieder aufgebaut.<br />
In den folgenden Jahrhunderten scheint das<br />
Verhaltnis zwischen Menden und diesem „Aus-<br />
land" recht gut gewesen zu sein. Daran anderte<br />
sich auch nicht viel in Kriegszeiten, wenn Kur-<br />
koln und Mark nach dem Willen ihrer Landes-<br />
herren sich feindiich gegenii'berstanden, wie<br />
es z. B. im Siebenjahrigen Kriege der Fall war.<br />
Die Kriege waren damals meist eine An-<br />
gelegenheit der Fursten imd ihrer angewor-<br />
benen Truppen; die Bairger hatten allerdings<br />
oft Furchtbares zu erleiden durch Einquartie-<br />
rung, Raub und Brand, dabei machte es viel-<br />
fach keinen Unterschied, ob es sich um eigene<br />
Oder fremde Truppen, um Freund oder Feind<br />
handelte.<br />
In Friedenszeiten ibestand ein verhaltnis-<br />
maBig reger Handelsverkehr mit diesem „Aus-<br />
lande"; die benachbarten Gerichte unter-<br />
stiitz^ten einander, und haufig kam es vor, daB<br />
„Auslander" das Mendener Biirgerredit er-<br />
warben und hier ansassig wurden, umgekehrt<br />
haben wir aber auch Beweise dafiir, daB<br />
Mendener ins „Auslamd" zogen.<br />
Selten horen wir in den Jahren nach 1400<br />
von Zwistigkeiten mit dem Auslande, nur mit<br />
dem Stifte Frondenberg und dem Kloster<br />
Scheda entstanden hie und da Streitigkeiten<br />
wegen der Fischerei auf der Ruhr.<br />
Doch ist ein Schriftstiidi im Mendener Stadt-<br />
archiv vorhanden, welches darauf schlieBen<br />
laBt, daB einmal zwischen Kurkoln und der<br />
Mark eine etwas gereizte Stimmung herrsdite,<br />
die sich auch in hiesiger Gegend bemerkbar<br />
machte. Den Anfang dieses interessanten und<br />
aufschiuBreidien Schriftstuckes geben wir hier<br />
im Wortlaut wieder, wobei nur die Recht-<br />
schreibung der heutigen angepaBt wurde.<br />
„Anno 1726, den 8. Juli, prasentierte Regie-<br />
render Herr Burgermeister Biege-<br />
1 e b e n einen von ihrer Kurfurstlichen<br />
Durchlaucht zu Koln, unserm gnadigsten<br />
Herrn, sub dato Arnsberg, den 28. Juni d J<br />
ausgegebenen gnadigsten Befehl, vermSge<br />
dessen hiesige Beamte, wie auch Biirger-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
meister und Rat in den Stadten und Frei-<br />
heiten gnadigst anbefohlen worden, wegen<br />
der eine Zeithero zwischen hiesigen und<br />
benachbarten MarkischenBeamten undUnter-<br />
tanen sich hervorgetanen MiBverstandnisse,<br />
besonders im Stuck (= Fall) der Grenzen,<br />
Huden, neuerlich angelegten ZoUen, Weg-<br />
und Briickengeldes, Grundzinsen, Werbungen,<br />
wie auch das commerciy (Handels) halber<br />
ihren ungesaumten Bericht abzustatten; dem<br />
zur ungesaumten Einfolge (= sofortigen Be-<br />
folgung) haben Biirgermeister und Rat hie-<br />
sige Handels- und Handwerksleute, als welche<br />
den Markischen Markttagen pflegen beizu-<br />
wohnen und des commerciy halber die beste<br />
Wissenschaft haben, zitieren lassen, welche<br />
dann darauf antworteten wie folget: . . . . ."<br />
Und dann wird uns .berichtet, was die Men-<br />
dener Kaufleute und Handwerker im Aus-<br />
lande erlebt haben.<br />
Die Kramer oder Kaufleute beriditen, daB<br />
sie gezwungen wurden, von jedem Taler, den<br />
sie auf einem Markte im Markischen Lande<br />
einnahmen, 3 Stiiber „Lizent"
80<br />
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Talsperre irri Valmetal bei Bestwig<br />
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Bleisdinitt von Hub. Tonne
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
V^ yteuFLe i4.i^cL v ytt;aFi<br />
CN^r Korbmacher Midiel hatte es immer<br />
-^^sdion mit den Sternen gehabt. Seit seineii<br />
Jugendtagen hatte es ihn in sternklaren Nach-<br />
ten nach drauBen getrieben, als stiinde ein<br />
groBes Ereignis bevor : der ZusammenstoB<br />
zweier Welten oder ein Regen goldener Ster-<br />
nentaler.<br />
, Mit den Jahren jedodi fand die Sternguk-<br />
kerei ein bestimmtes Ziel. Wie oft hatte Michel<br />
doch in der Zeitung gelesen, das Schicksal der<br />
Mensdien stiinde dort oben vorausbestimmt,<br />
und wer in den Sternen zu lesen verstiinde, der<br />
hatte es leidit, sein eigenes und das Schicksal<br />
der anderen Menschen vorauszusehen.<br />
Da kaufte Michel sidi eine groBe Karte des<br />
Sternenhimmels, dazu nodi ein Budi mit dem<br />
lodcenden Titel: „Die Kunst, aus den Sternen<br />
jeglidies Schicksal vorauszusehen", und dann<br />
•War er bald davon iiberzeugt, daB er Einsicht<br />
sowohl in die Ordnung wie in die Unordnung<br />
auf der Erde habe. Abend fiir Abend saB er<br />
vor seiner Sternenkarte und rechnete in der<br />
Zukunft herum. Da sah er Kriege und Siege<br />
voraus, da qualten ihn Katastrophen, die an-<br />
dere Menschen noch gar nicht ahnten, da war<br />
er begliickt von gesegneten Tagen, die nur in<br />
den Sternen zu finden waren.<br />
Und immer enger zogen sich diese Kreise,<br />
immer greifbarer wurden die Vorgeschichte,<br />
wurde das Wissen. Michel sah durch die dick-<br />
sten Wande, er wuBte Verlorenes aufzufinden,<br />
er sagte das Gliidc und das Ungliick voraus.<br />
Das spracii sich zunachst im Dorf herum; aber<br />
bald war es weit und weiter bekannt, daB der<br />
Korbmacher Michel ein Wahrsager sei, daB<br />
nichts ihm verborgen bleibe.<br />
Und mancher ist zu ihm gekommen bei dunk-<br />
ler Nacht und hat ihn um Rat und Hilfe ge-<br />
beten. Da war nichts notig, als daB man ein<br />
Talerstiick in den Fingern wiegte, dann holte<br />
Michel die Sternkarte' her, sah starren Auges<br />
aufs Durcheinander der hellen Punkte und<br />
sagte, was man fur einen Taler zu wissen<br />
wiinschte. Brachte der Zufall ihm einmal das<br />
Gliick, daB er richtig geraten hatte, so sprach<br />
es sich schnell und gewichtig herum, sah einer<br />
sidi aber enttausciit und betrogen, so schwieg<br />
er darviber wie ein Grab, um seine Blamage<br />
nicht breitzutreten. Und das war Michel gerade<br />
recht. Ja, er erfuhr von den MiBerfolgen selbst<br />
nur recht selten, so daB er sich immer tiefer in<br />
seinen Unfug verstrickte und schlieBlich selbst<br />
daran glaubte. Aber soviel Klugheit bewahrte<br />
er doch, daB er immer ein wenig geheimnisvoll<br />
sprach und die Hintertiiren geoffnet hielt. Das,<br />
sprach er sich selbst manchmal zu, das bin ich<br />
den Sternen schuldig, ich darf ihr ewiges Wis-<br />
sen nicht 2u alltaglich machen.<br />
Von Ferdinand Tonne<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Bei dieser Taktik stand Michel sich gut. Sein<br />
Ruf wurde breiter und fester, so daB ihm selbst<br />
Manner wie Jiirenkamper erlagen.<br />
Da war dem Bauern zur Roggenzeit doch ein<br />
Rad vom Erntewagen verschwunden. Er hatte<br />
es selbst am Abend vom Schmied geholt und<br />
mit eigenen Handen vorm Dunkelwerden noch<br />
auf die Achse geschoben. Und nun, beim Hah-<br />
nenschrei, war es verschwunden, gestohlen na-<br />
tiirlich.<br />
Satan und Donnerwetter! Da soil ein Bauer<br />
die Ruhe bewahren. Einfahren, und ein Rad ist<br />
gestohlen! Und er hatte es eigens noch neu<br />
bereifen lassen.<br />
Der Jiirenkamper machte den ganzen Hof<br />
rebellisch. Es wurde gesucht und geflucht und<br />
verdachtigt. Einer meinte sogar, er hatte Schritte<br />
und Raderrollen gehort. Das Rad aber schaffte<br />
keiner herbei.<br />
Da holte der Bauer das Fahrrad hervor und<br />
jagte zu Schwiesel, dem Polizisten. Der soUte<br />
kommen, alles in polizeilichen Augenschein<br />
nehmen und schleunigst den Dieb, den lum-<br />
pigen, packen. Wofur ist die Polizei denn da!<br />
Doch Schwiesel war noch nicht aufgestanden.<br />
Der Bauer trommelte gegen die Tiir, als ware<br />
ein Morder auf seiner Spur und es ginge hier<br />
um Sekunden.<br />
Und als Schwiesels Kopf dann im Fenster er-<br />
schien, fuhr der Bauer ihn an: „Schlafst wieder<br />
in den hellen Tag, wofur bist du da?"<br />
Das war dem Schwiesel bei all seiner Ruhe<br />
zu viel. So hat er denn seinerseits auch ge-<br />
schimpft: „Ihr Bauern bekommt den Hals nicht<br />
voll. SchlieBlich fahrt ihr noch beim Laternen-<br />
licht ein."<br />
Laterne, das war hier das richtige Wort. „Ja,<br />
mit den Laternen, da habt ihr's, ihr Polizisten.<br />
Aber wenn uns die Diebe das Dorf ausraumen,<br />
dann scfalaft ihr bis in den Morgen hinein.<br />
Mensch, zieh dich an und komm!"<br />
Der Polizist aber schuttelte nur den Kopf. „So<br />
hoist du mich nie aus dem Bau. Wenn du es<br />
nicht warest, Jurenkamper, solltest du mich<br />
jetzt kennen lernen. Was willst du denn iiber-<br />
haupt von mir?"<br />
Der Jurenkamper hatte es schwer, jetzt nicht<br />
loszufluchen und abermals gegen die Tiir zu<br />
trommeln. „Fragt der Kerl noch, was er soil!<br />
Und so etwas ist Beamier!"<br />
Da strich Schwiesel das wirre Haar zuriick<br />
und richtete sich ein wenig auf. „Ich lasse mich<br />
nicht beleidigen, Jurenkamper, auch nicht von<br />
dir. Sag, was du willst, oder scher dich zum<br />
Teufel. Verstanden?"<br />
Nun nahm auch der Bauer Haltung an. „Das<br />
wirst du bereuen, Schwiesel! Du hast zu kom-<br />
men, wenn ich dich rufe, sofort zu kommen, das<br />
werde ich dir schon zeigen."<br />
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81
Schwiesel darauf ganz dienstlidi: „Warum<br />
handelt es sidi?"<br />
Und dann ging es Hieb um Hieb:<br />
„Das wirst du schon sehen."<br />
„Das will ich erst wissen."<br />
..Kommst du nun oder nicht?"<br />
„Ich komme nidit, damlt du es weifit!"<br />
Bums! knallte Sdiwiesel das Fenster zu.<br />
Der Bauer stand eine Weile da, als hatte ihn<br />
einer mit Wasser begossen. Dann aber hatte<br />
nicht viel gefehlt, und er ware wahrhaft mit<br />
Handen und FiiBen gegen die Haustiir losge-<br />
gangen. „Ich werde midi nicht ins Unrecht<br />
setzen," rief er zum Fenster hinauf, „aber warte<br />
nur, Schwiesel, das dicke Ende kommt nadi!"<br />
Und damit nahm er sein Rad wieder her und<br />
fuhr fluchend davon. Wohin?<br />
Ja, wohin? Nach Hause? Da konnte ihm<br />
keiner helfen.<br />
Der Bauer hielt an. Wenn Schwiesel nidit<br />
half. . . Na, dem wurde er's aber zeigen! Ein<br />
neues Rad wird er mir bezahlen und Strafe da-<br />
zu! Gewifi, aber jetzt war wenig damit ge-<br />
wonnen; jetzt hatte er Roggen einzufahren, und<br />
dazu brauchte er seinen Wagen, und der stand<br />
lahm. Das Rad muBte her. Aber wie?<br />
Und dann fiel dem Bauern plotzlich ein, dafi<br />
Michel ihm helfen muCte. Er hatte zwar immer<br />
dariiber gelacht, wenn einer sein Geld zu dem<br />
Korbmacher trug; aber jetzt blieb ihm einfach<br />
keine Wahl, er muBte die Zweifel iibertonen<br />
und Michel um Rat und Hilfe bitten.<br />
Michel war eben aufgestanden und lehnte<br />
am Haustiirpfosten.<br />
Und als sie sich dann gegeniibersaBen, war<br />
Michel so stumm und unbeweglich, als ginge<br />
die Sadie ihn gar nidits an und er wiiflte nicht,<br />
was den Bauer getrieben habe, gerade ihm die<br />
82<br />
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Geschidite von seinem Wagenrad zu erzahlen.<br />
Als der Jiirenkamper aber das Portemonai<br />
aus der Tasche holte und einen Taler zum Vor-<br />
schein brachte, da ging sein Blick auf die<br />
Sternenkarte, und plotzlich war Michel ge-<br />
sprachig geworden. Er bedauerte, daB der Bauer<br />
den Wagen nun nicht gebrauciien konne, er<br />
sciiimpfte den Dieb einen Schwerverbrecher<br />
und stellte dann seine Fragen, geheimnisvoll<br />
tiefe Fragen. Und immer behielt er den Blick<br />
auf der Sternenkarte.<br />
SchlieBlich war es dem Bauern der Fragen<br />
und dummen Reden genug. „Halt's Maul! Wer<br />
mir das Rad gestohlen hat, will ich wissen.<br />
Oder weiBt du es nicht?"<br />
Ja, da muBte Michel nun eine Antworf ge-<br />
ben, die den Bauern zufriedenstellte und doch<br />
einen Ausweg offen liefi. Er begann aufs Ge-<br />
radewohl einen Satz, ohne zu wissen, wie er<br />
ihn glucklich beenden konnte: Ja, das Sternbild<br />
des Raben hat sich der Jungfrau genahert, und<br />
das bedeutet, wie Sie wohl wissen. . ."<br />
„Nichts weiB ich", fuhr ihm der Jiirenkamper<br />
dazwischen, „ Raben und Jungfrauen kummern<br />
mich einen Dreck. Wo mein Wagenrad ist, will<br />
ich wissen."<br />
Michel suchte sein astronomisthes Wissen<br />
trotzdem zu retten. „Wenn ein Rabe sich einer<br />
Jungfrau nahert, so ist das nicht mehr als ein<br />
Scherz. Ja, es hat sich einer nur einen Scherz<br />
erlaubt und das Rad versteckt. Und gar nicht<br />
sehr weit, die Sternbilder sind schon dicht bei-<br />
einander."<br />
„Und wo?" woUte Jurenkamper wissen.<br />
Das war nun die Klippe fiir Michel. Noch<br />
einmal versuchte er auszuweichen. „Rabe und<br />
Jungfrau, beide sind wenig stark — was auf<br />
dem Rad liegt, ist leicht beiseite zu schaffen."<br />
„Du weiBt es nicht!" fuhr der Bauer ihn an,<br />
„Schwindel, alles nur Schwindel, Betrug!"<br />
Aber Michel war nicht so empfindlich wie<br />
Schwiesel, der Polizist. Er wehrte mit beiden<br />
Handen ab und betonte die nachsten Worte,<br />
als hatte der Bauer nicht ihn beleidigt, sondern<br />
die Sterne und damit Gott. „Die Sterne be-<br />
liigen uns nie!" Er sah noch einmal zur Karte<br />
hiniiber, und dann ging sein Blick in die Weite,<br />
ins Leere. „Ich sehe Stroh."<br />
Trotz alien Argers muBte der Bauer ein<br />
wenig lacheln. „Kein Wunder", brummte er<br />
vor sich hin, „du redest ja nichts als Stroh."<br />
„ Jurenkamper!" begehrte Michel nur auf.<br />
Mehr aber wagte er nicht zu sagen. Es ging um<br />
den blanken Taler.<br />
„Stroh, sage ich, taubes Stroh!" wiederholte<br />
der Bauer.<br />
Michel sah sehnsuchsvoll zu dem Taler<br />
hiniiber, den der Bauer noch test in den Fin-<br />
gern hielt. „Ja, Jurenkamper, das Rad Heat im<br />
Stroh."<br />
Der Bauer stand auf. Er klatschte den Taler<br />
fest auf den Tisch. „Aber wenn wir das Stroh<br />
vergeblich umpacken, dann Gnade dir, Michel!"<br />
Er ging und bestieg das Kur*
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Unterwegs kam ihm Schwiesel entgegen. Der<br />
Bauer sah stur an ihm vorbei.<br />
Der Polizist aber stellte sidi ihm entgegen<br />
und hielt ihn an. „Es ist wieder da!"<br />
„Das Rad?"<br />
„Wer denn sonst!"<br />
„Aber erst muBtest du midi argern. Na, vie-<br />
len Dank!"<br />
Schwiesel tat, als hatte er nichts gehort und<br />
ging welter.<br />
Da wollte der Bauer aber doch wissen, wo<br />
er das Rad denn gefunden habe.<br />
„In deinem Bett!" rlef Sdiwiesel ihm zu. Er<br />
sah sich dabei nicht einmal um. „Es schlief in<br />
den hellen Tag hineln, genau wie die Poli-<br />
zisten."<br />
Der Bauer stieU einen Fluch vor slch hin<br />
und madite, daB er nach Hause kam.<br />
Der Knedit sdiirrte schon die Pferde an.<br />
„Wo habt ihr's gefunden", fragte der Bauer,<br />
„im Stroh?"<br />
„Im Stroh? Uberhaupt nidit gefunden. Der<br />
Sdimied hat es eben gebradit."<br />
„Der Sdimied?" Das soUte nun einer ver-<br />
stehen. „Eben gebradit? Gestern abend hat er's<br />
gebradit!"<br />
„Und spater noch einmal zurudcgeholt. Er<br />
hatte die Nabenreifen vergessen."<br />
Einen Augenblidc stand der Bauer noch da,<br />
als ware er stumm und blind geworden. Aber<br />
dann iiberkam ihn der heiBe Zorn. Er nahm<br />
das Fahrrad und jagte davon. Na, warte,<br />
Midiel!<br />
Michel saB eben am Kaffeetisch.<br />
„Das Fenster auf!" sdirie der Bauer ihn an.<br />
Doch Midiel riihrte sidi nicht.<br />
„Das Fenster auf, hast du's nidit gehort?<br />
Oder willst du duchs heile Fenster fliegen?"<br />
Nun wuBte Michel besdieid. Er sprang ans<br />
Fenster und rifi es auf. „Nein, Bauer, bat er<br />
mit klaglicher Stimme, und er duckte sidi wie<br />
ein gepriigelter Hund."<br />
Da mufite der Bauer heimlidi lacheln. „Jetzt<br />
will idi einmal wahrsagen, Midiel. Bei mir ist<br />
es aber ein wenig teurerj denn was ich dir<br />
sage, das trifft auch zu. Zwei Taler her, aber<br />
plotzlich!"<br />
Michel schlich an den Kiidienschrank. „Ich<br />
habe nur deinen, Jiirenkamper."<br />
„Du liigst!"<br />
„Auf Ehre, Bauer."<br />
„Ich pfeife auf deine Ehre. Na, her mit dem<br />
Taler!"<br />
Er steckte ihn ein. „Kannst du wahrsagen,<br />
Midiel?"<br />
„Ich sehe manches voraus."<br />
„Audi das, was ich jetzt mit dir machen<br />
werde?"<br />
„Nein, nidit hinauswerfen, Jiirenkamper."<br />
„Donnerwetter, du siehst also dodi voraus.<br />
Und wo ist mein Wagenrad, Michel?"<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
„Idi weiB es nidit."<br />
Nun ladite der Bauer sdiallend auf. „Du<br />
siehst kein Stroh mehr, du spliniger Sternen-<br />
gudcer?"<br />
„Ich habe das Stroh bestimmt gesehen."<br />
„Ja, das glaube idi gem, du siehst immer<br />
nur Stroh. Na, durdis Fenster will Idi didi<br />
nicht mehr werfen, du Haufchen Elend. Aber<br />
sag mir, was ich stattdessen jetzt tue."<br />
Michel sah jammervoll vor sich hin.<br />
Der Bauer tat einen Sdiritt auf ihn zu. „Idi<br />
will eine Antwort haben."<br />
Michel dudste sich noch ein Stiickchen tiefer.<br />
„Ich weiB es nicht, ganz bestimmt nidit, Bauer."<br />
„Dann paB gut auf! Es wird jetzt ein Un-<br />
gliick geschehen."<br />
Michel ging in die Knie nieder.<br />
„Nein", ladite der Bauer, „ nicht mit dir. Ein<br />
Ungluck mit deiner Sternenkarte." Er nahm sie<br />
und riB sie in viele Stiidce. „Na, habe idi's<br />
nicht vorausgesagt? Ein Ungliidi, ein groBes<br />
Ungliidc! So madit man das, Michel, so sagt<br />
man etwas voraus. Hoffentlidi hast du gut auf-<br />
gepaBt."<br />
Und damit schlug er die Tur ins SdiloB.<br />
Doch drauBen trat er noch einmal ans Fen-<br />
ster und lachelte in die Stube hinein. „Nun<br />
machen wir Kompanie, Michel. Es lebe die<br />
edle Wahrsagerzunft!"<br />
Wer reiisen will<br />
der schweig fein still<br />
geih' steten Sohritt<br />
nehm nicht viel mit<br />
tret' an -am friUien Morgen<br />
und lasse heim die Songen.<br />
Ph. V. Sittewald.<br />
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83
Der Bonbonkonig und der Jesuit<br />
Eine Auswanderergeschichte Von Willibrord Menke<br />
Zwel Freunde wandern aus<br />
^Nie beiden Freunde Heinrich Heide und<br />
-^^iermiann Blumensaat verbraditen ihre<br />
Jugend in dem uralten westfalischen Stadtchen<br />
Obermarsbeng. Auf der verwitterten Stadt-<br />
mauer spielten sie ads Kinder ihre Spiele.<br />
Jeder Obermarsberger ist stolz ob der groBen<br />
GescMchte seiner Vaterstadt. I>as aitheidndsche<br />
Nationalheiligt-um, die Inmenisul, stand in<br />
Obermarsbeng, aiber audh die erste diristliche<br />
Kirche zwischen Rhein und Weser, die Karl<br />
der GroBe fur den Diemelgau erbaut hatte.<br />
Obermarsberg konnte bei weitem nicht<br />
alien seineh Kindeim Lebensraiun und Brot<br />
bieten. Deshalb wanderten viede nach Amerika<br />
aus. Auch unsere beiden Freunde Heinrich<br />
und Hermann muBten den Wanderstaib er-<br />
greifen.<br />
Sieben Sohne und eine Tochter batten der<br />
Burgermeister Johann Heide und seine Gattin<br />
Margarete, geb. Luckey. Heinrich Heide war<br />
ihr zweitjiingstes Kind. Er genoB daheim eine<br />
verhaltnismaBig strenge Erziehung. Schon als<br />
Sdiuljunge lemte er den Kamipf urns tagllche<br />
Brot kermen. Im Hause wie auf dem Felde<br />
muBte er auBer den.Schulstunden tuchtig mit<br />
anpacken. „Kauin war die Schuie aus", so er-<br />
zahlte er spater selbst, „so muBte ich fur 12 bis<br />
14 Arbeiter das Essen aufs FeM tragen. Kam<br />
ich zurudc, dann begann die Vieihfutterung.<br />
Ich nahm in Eile main Mittagbrot ein, und<br />
schneU ging es wieder zur Schule. Wie oft<br />
muBte ich als 13- und 14jahriger Jumge dm<br />
Winter um 3 Uhr morgens aiifstehen zum<br />
Hafer- oder Weizendrusch."<br />
Es ist fur die damalige sorgenvalle Zeit ibe-<br />
zeichnend, daB Heinrich erst mit 14 Jahren,<br />
als er zur ersten heUigen Kommunion ging,<br />
die erste Miitze tragen durfte.<br />
Nur eines von den acht Kindern der Famiiie<br />
Heide konnte das vaterliche Gut iibeimehmen.<br />
Die anderen muBten sonstwo ein Unter-<br />
kommen suchen. Vier Jungen erhielten eine<br />
hohere Schul.bildurug, wahrend bei Heinrich<br />
das Geld ndcht mehr fur das Studdum aus-<br />
reichte. Er kam als Burolehrling in die Aktien-<br />
gesellsdiaft der Stadtberger Hditte, verldeB<br />
diese aber nach vier Jahren wieder, da die<br />
trostlose Lage der Industrie seinem streb-<br />
samen Geiste keine Aufstiegsmoglichkeiten<br />
bot. Sein neuer Plan, die Militarlaufbahn ein-<br />
zuschlagen, scheiterte an seiner schiwachen<br />
Gesundheit.<br />
Hermann Blumensaat, der andere Freimd,<br />
war ebenfalls ein Obermarsberger Kind. Er<br />
genoB eine ahnliche Erziehung wie Heinrich<br />
Heide. Auch sein Leben war, trotz seiner aus-<br />
gezeichneten geistigen Fahigkeiten, ebenfalls<br />
ohne ein rechtes Ziel. Die beiden Schul-<br />
kameraden und Jugendfreunde trafen sich als<br />
Nachbarskinder ofter und besprachen ihre<br />
Zukunft. SchlieBlich entschdossen sie sich, mit<br />
84<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Einwilligung ihrer Eltern die Heimat zu ver-<br />
lassen und in der Neuen Welt sich ihr Leben<br />
aufzubauen. Mit Mlihe torachten die Eltern<br />
das notige Reisegeld fiir die Uberfahrt zu-<br />
sammen, und so verlieBen beide mit 19 Jahren<br />
am 2. Juni 1866 als Zwischendeck-Passagiere<br />
des Dampfers „City of Paris" die alte Heimat<br />
und zogen in die Neue Welt.<br />
Kampf urns Brot<br />
New York, die Einwandererstadt fur die<br />
meisten Europaer in jener Zeit, nahm die<br />
beiden arbeitsfreudigen jungen Deutschen auf.<br />
Hermann Blumensaat fand schon nach wenigen<br />
Tagen adsHandlungsgehidfe in einem Kolonial-<br />
warenladen Anstellung. Sein Freund Heinrich<br />
horte von einem deutschen Kaufmann in Pitts-<br />
burg, der einen juiigen Mann als Laufboten,<br />
Fuhrknedit und Gehilfen suchte. Heinrich<br />
Heide griff sofort zu und leistete ein Jahr in<br />
diesem Geschafte harten Dienst. Um vier Uhr<br />
morgens begann jeden Tag seine Arbeit. Er<br />
mufite Pferd und Wagen fiir die Fahrt zum<br />
Markt bereitmachen, wohin sein Herr zum<br />
Gemusehandel fuhr. Dann gait es den Stall zu<br />
• reinigen, den Laden zu fegen, und erst wenn<br />
alle Morgenarbeit vollendet war, wurde ge-<br />
friihstiickt. Der Dienst dauerte bis neim Uhr<br />
abends und an Samstagen his gegen Mitter-<br />
nacht. Als Ldhn erhielt Heide im Monat sechs<br />
Dollar.<br />
Nach einem Jahr verlieB Heinrich diese<br />
Stellung und folgte der Einladung seines<br />
Freundes nach New York. „Komm, ich habe<br />
ein glanzendes SiiiJwarengeschaft aufgemacht.<br />
Du kannst bei mir eintreten."<br />
Als Heinrich seinen Freund Hermann in<br />
seiner SchlafsteUe, einem kleinen Manisarden-<br />
zimmer, aufsuchte, war er sehr gespannt auf<br />
das SiiBwarengeschaft. „Nun komm, Hermann,<br />
und zeige mir erst dedn Gesehaft!" Da biickte<br />
sich Hermann wad zog unter der Bettstelle<br />
einen kleinen Kasten hervor, der die SuBig-<br />
keiten enthielt. „Mein Bauchl£iden, mit iem<br />
ich hausieren gehe! Du gehst mit! Du wirst<br />
sehen, wir werden Erfoig haben."<br />
Die beiden Freunde versuchten nun gemein-<br />
sam ihr Gliiick. Sparsamkeit und FleiB, Ehr-<br />
lichkeit und Treue waren das Stammkapital<br />
Uires Unternehmens.<br />
Es gab oft harte Zeiten, aber mdt zahem<br />
WiUen arbeiteten sie sich voran. Im ersten<br />
Winter ihres Hausierhandels suchte ein Kurz-<br />
warenhandler von Albany N. 1f., die beiden<br />
jungen Leute fiir seine Waren zu interessieren.<br />
Er riet Uinen, in den Farmdistrikten -.nit<br />
seinen Kurzwaren hausieren zu gehen. Sie<br />
kauften ihm ein ansehnliches Quantum ab und<br />
machten sich mit schwerbepackten Rucksadcen<br />
auf den Weg. Natiirlich hatten sie noch keine<br />
Ahnung von den meilenweiten Entfernungen<br />
der einzelnen Farmen. Dabei lag tiefer Schnee<br />
auf alien Wegen. Sie waren schon viele Meilen
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
gewandert, hatten ofter mit der schweren<br />
Biirde am StraBenrand kn Schnee geruht und<br />
hofften endlich, im. nadisten Farmerhaus Ob-<br />
dadi und Essen zu flnden. Es war schon spat<br />
am Abend, als sie mude und hungrig dort ein-<br />
trafen. Ihre Bitte um Brot und Obdach gegen<br />
BezaMting wurde rundweg abgeschlagen.<br />
Heinridi Heine verlegte sich aufs Bitten- und<br />
erreichte so viel, daB man ihnen ein Abend-<br />
brot, aber kein Obdach verspradi. Sie traten<br />
in die Bauemstu'be. Als die Bauerin das Essen<br />
auftrug, falteten beide die Hande, maditen<br />
das Kreuzzeichen und beteten ihr gewohntes<br />
Tischgebet. Sofort anderte sich das Wesen der<br />
Bauerin. Sie war wie umigewandelt und ge-<br />
wahrte ihnen mm auch ein Obdach.<br />
Dann erzahlten die beiden Freunde ihre<br />
Geschichte. Sie erfuhren auch den Grund des<br />
MiCtrauens der Farmerleute. Diese hatten die<br />
beiden Hausderer fiir verdachtige Wander-<br />
gesellen gehalten, da es nicht Sitte war, doB<br />
Handelsleute im Winter in den Farmer-<br />
distrikten hausierten. Die guten Leute rieten<br />
ihnen daher, wieder limzukehren und ihre<br />
Waren dem Handler zuriickzugeben; einen<br />
Rat, den sie auch ibefolgten, ailerdings mit<br />
Einbufie eines erheblichen Geldbetrages.<br />
Oft erzahlte Heide diese Episode im spateren<br />
Leben und saigte immer daibei: „Das heilige<br />
Kreuzzeichen hat uns damals das Leben ge-<br />
rettet; denn ohne Obdach waren wir in jener<br />
Winternacht umigekommen."<br />
Der Apostel der Traneninseln<br />
Heide erkannte mat klarenn Blick, daB die<br />
Herstellung von Zuckerwaren einen bedeutend<br />
groBeren Gewinn versprach als der bloBe Ver-<br />
kaxif im Zwischenhandel. So besdiiossen die<br />
beiden Freunde die Griindung einer elgenen<br />
Zuckerbackerei, wenn auch unter den ein-<br />
fachsten, beschieidensten Verhaltnlssen. Im<br />
Jahre 1869, im dritten Jahre nach ihrer Aus-<br />
wanderung, trat in der Spring-Street 175 das<br />
kleine Geschaft ins Leben. FleiB und Organi-<br />
satdonstalent, absolute Ehrlichkeit im Verkehr<br />
mit den Kunden torachte die Zuckerbackerei<br />
bald zu groBer Bliite.<br />
Nim trat in Hermann Blumensaats Leben<br />
eine entscheidende Wendung ein. Trotz der<br />
guten Aussichten auf Reichtum und auf eine<br />
gesicherte Existenz ubergab er seinem Freunde<br />
die selbstandige Leitung des Geschaftes. Er<br />
trat aus und setzte sich noch einmai auf die<br />
Schulbank, um sich dean Priesterberuf zu<br />
widmen.<br />
Seit den Tagen der Kindheit wa r dieser<br />
Beruf sein innerstes Sehnen gewesen. Von<br />
seiner Zuckerbackerei her besaB er ein kleines<br />
Kapital, und der Weg zum Studium schien<br />
ihm jetzt offen. Er trat in den Jesuitenorden<br />
ein und erreichte nach langen Jahren erfolg-<br />
reichen Studiums gliicklich sein erhabenes<br />
Ziel. Er wurde Priester und entfaltete tois zu<br />
seinem Tode eine segensreiche Tatigkeit.<br />
Hauptsachlich war er in den Gefangnissen<br />
Und Irrenanstalten im New Yorker Hafen-<br />
viertel beschaftigt und als Seelsorger auf den<br />
sogenannten Drei-Tranen-Inseln, wo die Ein-<br />
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Hallenberg in schwarz-weifi<br />
wanderer in damaliger Zeit bis zur Erledigung<br />
ihrer Papiere zuriickgehalten wurden.<br />
Die beiden Jugend- und Schicksalsgenossen<br />
verbahd ihr ganzes Leben hindurch eine<br />
innige Freundschaft. Gloickstrahiend sagte<br />
Pater Hermann Blumensaat bed einem Besudh<br />
zu iseinem Freunde: „Heinrich, jetzt habe ich<br />
gefunden, was idi suchte." Pater Hermanns<br />
Priesterleben war das Leben eines Apostels<br />
im wahrsten Sinne des Wortes. Sonntag fiir<br />
Sonntag verfcundete er in mehreren Sprachen<br />
die trosUichen' Wahrheiten der Religion. In<br />
den Gefangnissen und Irrenanstalten wurde<br />
er.iiberall wie ein Engel und Bote des Himmels<br />
begruBt und angesehen. Bei aliem Eifer fur<br />
das Heil der Seelen bidab Pater Hermann ein<br />
treuer Sohn seines deutschen Vaterlandes. Mit<br />
besonderer Liebe nahm er sich seiner eigenen<br />
Landsleute an. Als er kurz vor dem Weltkriege<br />
starb, da trauerten um ihn nicht nur die<br />
Traneninseln, auf denen er so vdele Tranen<br />
getrocknet und so vielen Mensdien den Weg<br />
ins Leben und zu Gott gewiesen hatte, sondern<br />
auch die Weltstadt New York gedachte in Ehr-<br />
furcht des Toten. Die amerikanische Regie-<br />
rung setzte ihm an der Statte seiner Tatigkeit<br />
ein Denkmal.<br />
'Der Bonbonkonig<br />
Unter Henry Heides unermudlicher Schaf-<br />
fenskraft wuchs die kleine Zuckenbackerei<br />
von Jahr zu Jahr. Schon nach drei Jahren<br />
verlegte Heide diese in ein groBeres Fabrik-<br />
gebaude. Siebenmal muBte er in seinem<br />
Leben den Betrieb vergroBem bis zu jenem ge-<br />
waltlgen vierstockigen Gebaudekomplex, der<br />
einen ganaen StraBerablock in der Hudson-<br />
Street einnimmt.<br />
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85
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Der Name Heide wurde weltbekannt. Sein<br />
Venmogen wiichs in die Millionen. Seine Er-<br />
zeugnisse waren von guter Qualitat. Nachst<br />
Gott verdanikte er dieseErfolge seiner geistigen<br />
Kralt und Klugheit und seiner Gewissen-<br />
haftigkeit.<br />
Heinrich Heide blieb sich dn alien Lebens-<br />
lagen treu. Ein tiefgilaubiger, frommer Sohn<br />
der westfaiischen Heimat.<br />
Schwalbentod auf dem Teerdach<br />
Uiber hundert Schwalben kampfen ver-<br />
zweilelt mit dem Tod, als sie sich auf einem<br />
frisch geteerten Dach einer Halle im Kreis<br />
Olpe niederliefien. Den Augenzeugen ging das<br />
Schreien der Tiere zu Herzen, aber sie konnten<br />
nidit mehr helfen.<br />
Kurz und lakonisdi gab uns die Tagespresse<br />
Nadiricht von einem Gesdiehen, das den Tier-<br />
freund, und wer ware nicht einer, ersdiauern<br />
lieC. Unsere Tage sind nicht arm an Kata-<br />
strophen groBten AusmaBes. Die Gebilde mo-<br />
demster Technik fordern taglich ihre Opfer,<br />
und unsere Gefiiihle stumpfen den an unser<br />
Ohr dringenden Hioibsbotschaften gegenuber<br />
immer mehr und mehr ato.<br />
Als idi das Dach der Halle betrat, krampfte<br />
sich mir das Herz zusammen und ich stelilte<br />
mir die Frage, wie es zu dem Steriben der ge-<br />
fiederten Sanger kommen konnte. Waren die<br />
Schwalben, da sie sich auf ihrem alljahrlichen<br />
Flug gen Siiden befanden, iibermiidet zu dem<br />
EntschluB gelangt, hler zu rasten, oder — und<br />
diese Antwort driingte sich mir direkt auf —<br />
sollten die unglueklichen Opfer das in der<br />
Sonne glitzernde Dach, das einem Gewasser<br />
nicht unahnlich war, irrtiimaich zu einem er-<br />
frischenden Bade angeflogen haben?<br />
Was auch die Ursache immer sei, ware die<br />
tuckische Teerflache mit Sand bestreut wor-<br />
den, lebten die nach; der Nachtigall von un-<br />
seren Dichtern am meisten besungenen Ge-<br />
schopfe der heimischen Vogelwelt wahrschein-<br />
lich noch alle.<br />
Allen denen, die es angeht, diene dieses<br />
traurige Geschehen der Besinnung und Be-<br />
lehrung. H. Ortoana.<br />
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Deutsche Sitte und deutsche Art s.piegelten<br />
sein ganzes Wesen wieder.<br />
Er vemiahlte sidi im Jahre 1873 mit Mary<br />
Jaeger, dem Kinde deutscher Eltem, die, oS-<br />
wohl m Amenka geboren, eine besondere<br />
Vorliebe fur deut«he Spradie !S^ sX ton<br />
• n.^^-• ^1 ^l ^ cho-istlichem Geiste<br />
Smo? v=.+^ "^'^^ "^^ Pflichttreuen und<br />
frmnmen Voters war ^nen richtunasebend<br />
und wegweisend fiirs Leben. ^''"nggeoena<br />
Zu seinen AngesteUten und Arbeitem stand<br />
Heide in einem idealen Verhaltnis. Er wurde<br />
jedem einzelnen ein treuer Freund und HeUer<br />
fsTzlM^'d1^ Geschaftejubilaum im Jahre<br />
1919 zahlte die Firma ailein 141 Anep
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
bingen verlieh ihm 1928 in Anerkennung seiner<br />
groBen Verdienste den Ehrendoktortitel.<br />
Nach dem Weltkriege flossen alle verfiig-<br />
baren Mittel aus Heides Vermogen iiber den<br />
Ozean in seine notleidende deutsche Heimat.<br />
Als wahrer Freund der Jugend kamen die<br />
meisten Gaben den deutschen Kindem zugute.<br />
Viele grofien Kinderheime zaihiten Heide zu<br />
ihrem Woliltater. Henry Heide hat als Einzel-<br />
person unter all den Wohltatern der deutschen<br />
Kinder das medste getan, nicht nur durch<br />
reiche Gaben, die er personiidi spendete, son-<br />
dern auch durch seine Vermittlung bei an-<br />
deren Personlichkeiten. Der deutsche Bot-<br />
schafter von Maltzan uberbrachte ihm am<br />
80. Geburtstag den Dank der deutschen Regie-<br />
rung mit dem Ehrenkreuz des Roten Kreuzes.<br />
Heide iibte seine Caritas nach den Grund-<br />
satzen seines heildgen Glautoens. Geben war<br />
ihm eine selbstverstandliche Christenpflicht.<br />
Er konnte es nicht leiden, wenn man davon<br />
viel Aufhebens machte. Viele notleidenden<br />
Anstalten und Heime haben me erfahren, dafi<br />
die rettende Hilfe von den Bischofen und<br />
Caritasverbanden in Zeiten hochster Not aus<br />
der HeideQueile kam. Bescheidenheit und Ein-<br />
fachheit war ein Charakterzug seines Wesens.<br />
Darum fiihlte er sich unter Kindern recht<br />
wohl. Viele Jahre hindurch besudite er an den<br />
hohen kirchlichen Festtagen die Waisenhauser<br />
und teilte miit eigener Hand seine suBen Gaben<br />
aus. Die Freude des Gebers mit der kindlichen<br />
Seele war dann ebenso groB wie die des<br />
fcleinen Volkes. Heide nahm seine eigenen<br />
Kinder zu diesen Besuchen mit, um ihnen die<br />
Mahnung zur christlichen Nachstenldebe tief in<br />
die Seele zu schreiben.<br />
Wegen seiner groBen Verdienste urn die<br />
notleidende Menschheit verlieh ihm der Hei-<br />
lige Vater neben anderen Ehrungen den<br />
hochsten papstlichen Orden, den Gregorius-<br />
Orden. Auch Reichsprasident von Hindenburg<br />
stattete ihm in einer Privataudienz im Jahre<br />
1928 den Dank des deutschen Volkes ab.<br />
Oft weilte Heide in der alten Heimat. Die<br />
Sehnsucht nach den Statten seiner Kindheit<br />
und Jugend torach besonders in den letzten<br />
Lebensjahren urgewaltig immer wieder bei<br />
ihm durch. Noch viermal nach seinem 80. Ge-<br />
burtstag kam er nach Deutschland. Dabei ver-<br />
sa^lmte er es nie, seine Vaterstadt Obermars-<br />
berg und seine Verwandten und Jugend-<br />
freunde aufzusuchen. Das schone Erholungs-<br />
heim, das Liboriushaus in Obermarsberg, ver-<br />
dankt seine Entstehung hauptsachlich der tat-<br />
kraftigen Mithilfe von Heide. Der alten<br />
Niikolaikirche, in der er sooft als Kind dem<br />
heUigen Opfer beigewohnt, schenkte er eine<br />
jchone Orgel.<br />
Abschied<br />
Seine letzten Lebensjahre verbrachte Henry<br />
Heide wie ein Patriarch in seiner groBen Fa-<br />
milie. Er war von alien geliebt und fast wie<br />
ein Heiliger verehrt und geachtet. Seine Gattin<br />
lebte mit ihm 43 Jahre in gliucklichster Ehe.<br />
Sie ging ihm 1916 nach langer und schwerer<br />
Krankheit im Tode voran. Von seinen elf Kin-<br />
dern nahm Gott drei in der Bliite ihres Lebens<br />
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zu sidi. Bei seinem Tode trauerten um ihn<br />
acht Kinder, 25 Enkelkinder und zwed GroB-<br />
enkelinnen. Der Heilige Vater sandte ihm in<br />
der Sterbestunde den apostolischen Segen. Die<br />
heiligen Sterbesakramente empflnig er mit<br />
tiefem Glauben und groBer Andacht. Dann trat<br />
er am 13. Dezember 1931, Uberreich an guten<br />
Wenken, den Weg in die Ewigkeit an. „Sein<br />
Weg war ein wahrer Gottesdienst. Er war ein<br />
heiligmaBiger Mann." Das war das Urteil aller<br />
derer, die Henry Heide dm Leben begegneten<br />
und ihn kennenlernten.<br />
Die Armen verloren in ihm ihren Vater,<br />
zahlreiche Kinder ihren WOhltater und Freund,<br />
und das deutsche Vaterland, in dessen Ge-<br />
schichte sein Bild und sein igroBes Cardtas-<br />
Hilfswerk weiterlebt, einen seiner treuesten<br />
und edelsten Sohne.<br />
SchloP Melschede am Sorpesee<br />
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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Die Frommigkeif des sauerlandischen Volkes<br />
Von Dr. Th. RUther<br />
-7-/nter Frommigkeit verstehen wir in diesen<br />
^t-Ausfuhrungen christliche Frommigkeit.<br />
Was ist sie? Wir konnen kurz sagen: Leben aus<br />
dem christlichen Glauben. Es ist schwierig, uber<br />
dff Frommigkeit des Einzelnen etwas aus-<br />
z^gen. Wer kann hineinschauen in die Tiefen<br />
d^leele, in denen die Frommigkeit des Men-<br />
schen wiizelt? Wer kann beurteilen, was ^der<br />
Glaube fur das Leben eines Menschen bedeutet?<br />
Noch schwerer ist es, von der Froimnigkeit<br />
eines Volkes Zutreffendes zu sagen. Was ge-<br />
sagt wird, muB sich stutzen auf AuBerimgen der<br />
Frlmmigkeit und muB eine richtige Deutung<br />
dleser AuBerungen erstreben.<br />
AuBerungen der Frommigkeit mUBten wir<br />
nun haben von moglichst vielen Menschen, mcht<br />
WoB von Menschen der Gegenwart sondern<br />
auch der fruheren Zeiten. Mundhche oder<br />
Bchriftliche AuBerungen uber das eigene innere<br />
Leben findet man heute im sauerlandischen<br />
Volke selten. Der Sauerlander ist wortkarg.<br />
Leute die aus der Fremde zu uns kommen,<br />
iSmen uns sogar verschlossen. Fruher werden<br />
mtindliche oder schriftliche Bekundungen uber<br />
das religiose Innenleben nicht haufiger gegeben<br />
worden sein als heute.<br />
Frommigkeit auBert sich auch in Werken, in<br />
Gebrauchen und Sitten, in Vo kswortern Sie<br />
wlren fur ein moglichst zuverla^iges Bild der<br />
Volksfrommigkeit zu sammeln und auszuwerten.<br />
Wichtig sind auch die Bemerkungen die Seel-<br />
sorger in frUheren Zeiten nicht selten in den<br />
Totenregistern machten.<br />
Was hier gesagt wird, ist ein Urteil aus der<br />
eieenen Erfahrung und aus einem germgen<br />
Siohtlichen Material, das sich gelegentlich<br />
darbot Der Sauerlander hat keine groBe Schwie-<br />
riakSt an Gott zu glauben. Seine Verbunden-<br />
tlit mit der Natur hat ihm da immer geholfen<br />
Der das Ohr gepflanzt hat, soil der mcht<br />
hSSn, der das Auge gebildet hat, nicht sehen?"<br />
(Ps. 93, 9). . „ „ .. j<br />
Er glaubt auch bereitwillig, daB Gott, der<br />
Schooler der Wtelt und des. Menschen, sich in<br />
ihristus zu uns herabgelassen hat. Das Bild des<br />
iekreJJzigten ist das religiose Zeichen das nicht<br />
bloB in den Hausem, sondern auch an den<br />
Wegen und auf den Bergen mit Vorliebe er-<br />
richtet wird, wenn wir es auch mcht so oft<br />
fnden wie 'in manchen andern Landesteilen<br />
Westfalens „Te Kruize kroupen', d. h. den Ge-<br />
Sfuzigten mit dem, was er tat und lehren wi 1,<br />
demU fg anerkenneA, das ist eine Haltung, die<br />
manchen im Diesseits befangenen, starren Wil-<br />
?^n schwer wird, die aber doch letzte Weisheit<br />
Itt OieTi^len Bildstocke, die der schmerzhaften<br />
Mutter errichtet sind, zeigen, daB Maria vor<br />
^lem in [hrer Verbundenheit mit dem Gekreu-<br />
zigten gesehen wurde und wird.<br />
Die bewohnten Taler sind in unserer Heimat<br />
von linaXr geschieden durch Bergrucken die<br />
rrendigeren Verkehr oftmals jahrhundertelang<br />
lehindert haben. Das Dorf, das Kirchspiel lebte<br />
f«r sich Das war ein Hindernis fur em leben-<br />
d^sesVerstandnis der weltumspannenden Kirche.<br />
diges verstanams kleinen Bauern<br />
°% ^r aulm Thre nachgeborenen Sohne in<br />
^rtBerZahnandelsleute^urden, er^^^^^^<br />
wi^er den Blick. Aber man sah doch leicht<br />
K^r^he und Dorf, Kirche und Kirchspiel als eine<br />
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fur das Leben ausreichende Einheit an. „Me<br />
mott de Kiarke imme Duarpe loten." Kirche<br />
und Dorf gehoren zusammen, imd diese Einheit<br />
ist fiir sich.<br />
Die Natur der Landschaft und die Kargheit<br />
des Bodens, infolge deren der Einzelne sich<br />
miihen muB, fur sich und die Seinen das Brot<br />
zu haben, haben bei den Menschen die Ichbezogenheit<br />
gefordert. Auch diese erschwert das<br />
tiefere Verstandnis der Kirche und ihrer weltweiten<br />
Aufgaben. Der Sauerlander neigt dazu<br />
!\?f'^!^ "^,^^^ 2" gehen. Unter den fuhrenden<br />
Altkatholiken waren mehrere Sauerlander Priester<br />
und Laien.<br />
Die Einheit der Weltkirche sieht der katho-<br />
lische Mensch dargestellt im Papste. Man findet<br />
— das konnte nach dem vorher Gesagten auf-<br />
falhg erscheinen — bei sauerlandischen Men-<br />
schen eine groBe Verehrung des Papstes Viel-<br />
leicht ist sie besonders geweckt durch die groBen<br />
Papste des letzten Jahrhunderts.<br />
Der T e u f e 1 spielte im Glauben unserer<br />
Vorfahren ein nicht geringe RoUe. Den leichten<br />
Erwerb von Reichtiimem schrieb man gem ihm<br />
zu. Davon zeugt das Sprichwort. Der Hexen-<br />
glaube hat auch in den Dorfem und Stadten<br />
des Sauerlandes seine Opfer gefordert Die Mei-<br />
nung daB Menschen mit den bosen Geistem in<br />
Be^ehung treten zum Schaden der Mitmenschen,<br />
lebte auch noch, als Scheiterhaufen fUr Hexeii<br />
nicht mehr angezundet wurden. In einem<br />
?L"'^^.*.^^^.^^'^*^'^ ^^^ Stadt Winterberg ver-<br />
offenthcht von A. Fiihrer, werden fur das Jahr<br />
1711/12 sieben Falle aufkefuhrt. In drei von<br />
woSen^'" Manner als Zauberer beschimpft<br />
Stark lebte im Volke bis in den Anfang die-<br />
ses Jahrhunderts die Meinung, daB oft eine<br />
Verbindung mit der jenseitigen Welt der Gei-<br />
ster und der Verstorbenen fur gewisse Menschen<br />
hergestellt werde. Man nannte manchrorte<br />
wo Seelen umgingen oder der Bose zuweUer^<br />
sich sehen lieB, wo es nicht geheuer war MaS<br />
fuhrte auch manche Vorkommnisse in Watii<br />
und Stall auf EinfluB 3enseiti•iSlfte zS<br />
und traute einigen Geistlichen eine besondere<br />
Fahigkeit zu, m solchen Lagen zu hllfen Leicht<br />
verbindet sich mit dem Glauben der Aberelaube<br />
Der echte Glaube ist der Entfaltun« zu<br />
reicher Frommigkeit fahig. Uber di^ FS vor<br />
Gott und die Hoffnung auf die ewigS'Giiter<br />
will er emporwachsen zur Liebe die dankbar<br />
• und vertrauend dem WiUen Gottik s ch Mng^bt<br />
urn an seiner Verwirklichung mitzuwirken Me<br />
Frommigkeit der Menschen bleibt wohl meisteni<br />
auf der Stufe der Furcht oder der iSffnune<br />
stehen und hat so leicht etwas RichneriS<br />
Jener Sehaier, der taglich mehrere Rosenl<br />
kranze betete, meinte, wenn er einmal abbe-<br />
rufen werde durch den Tod, dann geb• es einen<br />
Ausfall fur den Herrgott. Man fMet aber TcS<br />
ergreifende Beispiele der glaubigen Liebe Pfar-<br />
rer Montanus von Bodefeld, der heililmSBiee<br />
Seelsorger, schreibt in dem TotenregS dir<br />
Pfarrei von einem Junglins JohanrT o.^^^^<br />
Theune (t 1729) daB er kurz ^vor°se'"em°Todl<br />
einen Lobgesang von der Herrlichkeit de^ Hi°m<br />
mels angestimmt habe (Groteken) line l^jf tT-<br />
kannte Frau bat kurz vor ihrem Tode d^ Um-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
stehenden, „GroBer Gott, wir loben Dich" zu<br />
singen.<br />
Frommigkeit bedarf der Pflege durch eine<br />
geordnete Seelsorge. (Uber die Geschichte der<br />
SeeLsorge im Sauerlande ist mancherlei zu ent-<br />
nehmen aus einer wertvollen Abhandlung, die<br />
A Homberg in der Zeitschrift Westfalen 1951<br />
S. 27 bis 47 schrieb.) Lange Zeit nach der<br />
Missionierung ist die Seelsorge im Sauerland<br />
nur sehr notdurftig gewesen. Es kamen fur das<br />
eigentliche Sauerland in Betracht die Pfarr-<br />
kirchen Medebach, Wormbach, Velmede, Atten-<br />
dorn, Menden, Soest, Erwitte, Marsberg und<br />
einige Eigenkirchen, mit denen aber keine<br />
eigentUchen Pfarrechte verbunden waren. Eine<br />
Pfarrei umfaBte damals wohl 300 bis 900 qkm.<br />
Welche Opfer haben die Leute in der grofien<br />
Pfarrei Wormbach oftmals und lange Zeit brm-<br />
gen mUssen, um in der altehrwurdigen Pfarr-<br />
kirche am Gottesdienst teilzunehmen! Viele<br />
batten stundenweite Wege zu machen. Viele<br />
konnten nur selten im Jahre kommen. Die<br />
christliche Religion konnte imter solchen Ver-<br />
haitnissen nicht tief einwirken auf die Seele<br />
des Volkes.<br />
Um die Jahrtausendwende mochte die Zahl<br />
der Pfarrkirchen sich etwa vervierfacht haben.<br />
Aber auch damals konnte die seelsorgliche Be-<br />
treuung nur erst karglich sein. „Noch heute<br />
erzahlt man sich in den kleinen Dorfem der<br />
Kirchspiele Stockum xmd Hellefeld im Kreise<br />
Amsberg, die Vorfahren seien einst auf eine<br />
Bergkuppe gestiegen, von der die drei Stunden<br />
entfernte Kirehe in Husten sichtbar war, um<br />
wenigstens von dort aus an dem sonntaglichen<br />
Gottesdienst teilzunehmen; tatsachlioh haben<br />
diese Dorfer bis um die Jahrtausendwende, d. h.<br />
zwei voile Jahrhunderte, zum Pfarrbezirk von<br />
Husten gehort." (Homberg S. 41.)<br />
Die Menschen konnten so nur wenig von dem<br />
erzieherischen BinfluB des Kirchenjahres er-<br />
griffen werden. Oftmals mochten sie gar nicht<br />
wissen, ob Sonntag oder Werktag war. Davon<br />
spricht noch ein altes Volkswort: „Giarke<br />
(-Gerhard), st6ich mol op de hauge Biarke iin<br />
miarke, ow dundag is Christdag oder Mistdag!<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Ganseliesel in den Ferien<br />
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts „hatte sich<br />
die Zahl der Pfarrgemeinden erneut vervier-<br />
facht, so daB jede Urpfarre zu diesem Zeitpunkt<br />
im Durchschnitt in 16 Filialgemeinden zerfallen<br />
war". (Homberg S. 43.)<br />
In den „beiden letzten Jahrhunderten vor der<br />
Reformation erfuhr die kirchliche EinfluBnahme<br />
eine auBerordentliche Steigerung und ergriff die<br />
christliche Religiositat zutiefst die breiten Mas-<br />
sen des Volkes, wie die Stiftung elner Unzahl<br />
neuer kirchlicher Pfrunden im Rahmen des<br />
bestehenden Pfarrnetzes zeigt; denn die Stiftung<br />
der zahllosen Vikarien, Kommenden vmd Bene-<br />
fizien, die in dieser Zeit entstanden, war nicht<br />
mehr das Werk der Obrigkeit, welche die Grun-<br />
dung der Pfarreien im Hochmittelalter veran-<br />
laBt hatte, sondern sie entsprang dem religiosen<br />
Enthusiasmus, der sich uberall im Volfee breit<br />
machte." (Homberg S. 44.)<br />
Die Geistlichen der fruheren Jahrhunderte<br />
stammten durchweg aus dem Lande, das war<br />
ein Vorteil. Oftmals waren sie Kinder der Ge-<br />
meinde; das brachte viele Nachteile mit sich.<br />
Der Geistliche wurde so manchmal in die Strei-<br />
tigkeiten der Familien verwickelt. Damit war<br />
er in seinem Wirken sehr gehemmt. Man be-<br />
handelte den Geistlichen mit Hoflichkeit. In der<br />
Gemeinde hieB er „deHar" und in seiner Sippe<br />
de Haroihme". Man hatte aber auch ein schar-<br />
f'es Auge fiir die „Stippekes op dem swuorten<br />
Rock".<br />
Am SchluB moge ein Wort unseres sauer-<br />
landischen Dichters Grimme stehen, das ein<br />
Zeugnis ernster sauerlandischer Frommigkeit<br />
ist:<br />
Herr, mein Gott, Dich loben Deine Werke,<br />
Loben Dich und beten an und sterben,<br />
Treu der StraBe, die Du ihnen maBest.<br />
Armer Mensch will andre StraBen messen,<br />
Armer Wurm im Staube Deiner Erde —<br />
Aber jeden Weges End' ist Sterben.<br />
Hor mich armen Knecht in Deinem Volke!<br />
Herr, mein Gott! laB Deinen Knecht nicht sterben,<br />
ohne daB er angebetet habe!<br />
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89
^le 3tan2uht I Von Theodor Propper<br />
Kling! — Kling! —<br />
Immer noch wle einst in meiner Kindheit<br />
tont der helle Schlag der Standuhr durch die<br />
Raume des Hauses.<br />
Immer noch ist es derselbe Ton wie fruher.<br />
Der helle Klang der Stundenuhr ist wie eine<br />
unsichtbare Briicke, die Vergangenheit und<br />
Zukunft verbindet.<br />
Die Uhr ist schon sehr alt — iiber hundert<br />
Jahre schon.<br />
Oben auf dem weiBen Zifferblatt prangen<br />
die zwolf Stundenzahlen, umgeben von einem<br />
gemalten Kranz leuchtend bunter Blumen.<br />
Das Gehause der Uhr hat eine reich-<br />
geschnitzte Ttir mit einem runden Fensterlein.<br />
Hinter diesem Fenster wandert der blanke<br />
Uhrenpendel geduldig hin und her — immer<br />
hin und her.<br />
Hinter diesem Fenster steigen die Gewichte<br />
der Uhr auf und nieder.<br />
Olt sitze ich da, wenn die Damimerung wie<br />
ein Geheimnis durch das Haus schleicht, und<br />
lausche auf das immer gleiche Tick-tack der<br />
alten Uhr.<br />
Als horte ich erne leise, langst vertraute<br />
Melodie, so ist mir dann.<br />
Und wemi die Hast des Tages oder die Un-<br />
rast desLebens mir meine Ruhe rauben wollen,<br />
dann ist es der bedachtige, immer bestandige<br />
Pendelschlag der Uhr, der mich besanftigt und<br />
zur Geduld und Ruhe mahnt.<br />
Dieser Gleichschritt der Zeit weiB nichts vom<br />
Stillestehn und MuBlgsein, aber auch nichts<br />
von Unruhe und Uberstiirzung.<br />
Er weiC nur vom edlen Mafihalten, von Ord-<br />
nung und von Gesetz.<br />
Wenn alles um mich' her erstorben, scheint,<br />
wenn das Licht ertrank in Dunkelheit imd der<br />
laute Tag sich verstromte, um einzumiinden in<br />
f eierliches Schweigen, dann ist der leise Pendel-<br />
schlag der Uhr immer noch wie das einsame<br />
verhaltene Pochen lebendiger Kraft.<br />
Und wenn ich dann in mich gekehrt auf dies<br />
verhaltene Pochen lausche, so ist es, als flnge<br />
die Uhr zu reden an.<br />
Dann ist es, als hobe sie gar gewichtig den<br />
Finger, blinzelte mich aus ihren treuen Augen<br />
gar freundlich an und fragte dann ganz ver-<br />
traulich: „Du! — WeiBt du noch ?"<br />
Und dann steigt aus der Tief e herauf die Er-<br />
innerung wie eine alte Frau, die kostbare<br />
Schatze in ihren Handen birgt.<br />
Ja, damals -•<br />
Als ich noch ganz klein war, erschrak ich<br />
manchmal, wenn der Hammer mit raarkigem<br />
Schlag gegeni die helle Glocke der Uhr schlug.<br />
Ich weiB nicht wie das kam; denn noch war<br />
es ja meiner kindlichen Einsicht verborgen,<br />
daB der Schlag der Uhr laut verkundete, daB<br />
90<br />
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audi mein junges Leben schon dem Gesetz der<br />
Zeit und Verganglichkeit verfallen war.<br />
Aber bald waren wlr gute Freunde, die Uhr<br />
und ich. '<br />
Ganz anders weckte ,sie mit ihrem hellen<br />
Klang und ihrem tebendigen Getriebe meine<br />
Anteilnahme, wie es sonst die toten Dtoge im<br />
In jeder Woche einmal, wenn die Glocken<br />
vom Turme den Sonntag einlauteten, sah ich,<br />
wie der Vater das Gehause der Uhr offnete<br />
und die tiefhangenden Gewichte, die an<br />
bhtzenden Ketten hingen, wieder hinaufzog.<br />
Immer wenn der Vater die Ture der Uhr<br />
offnete, misdite sich in mir ein Gefiihl der<br />
Neugierde, Ehrfurcht und Besorgnis<br />
V^^AJI^^A^^^^^""^ ^^'^S namlich auCer<br />
Pendel und Gewichten noch etwas Besonderes<br />
dJ'^^^i^t'^-^l die lange Rute aufbewahrt,<br />
die Sankt Nikolaus toei selnem alljahrlichen<br />
Nidit zuletet aus diesem Grunde stand die<br />
Uhr bei mir m emem besonderen Ansehen<br />
M.r^^ f enugten ein verdachtiger Gang oder<br />
^edl'ohl^h<br />
bedrohhche<br />
Jmf"<br />
Offnen<br />
"^^<br />
der<br />
^tS"<br />
Tur<br />
^^^^'^^<br />
des Gehauses<br />
od^r das<br />
um<br />
mich vor Ubeltaten zuruckschrecken zu lasselrli!<br />
Aber die Uhr und ich, wir sind uns darum<br />
doch nie bose geworden.<br />
Dafiir war die treue Alte viel zur «!fthT- mit<br />
dem Leben des Hauses vertraut.<br />
Zu alien Geschehnissen hat die Uhr die<br />
Stunde geschlagen.<br />
A-^1 Zeiten hat sie verkiindet wie ein Herold<br />
die Stunden der Arbeit, die Stunden
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lichten Bagen iiber die Felder spannte, hat die<br />
alte Standuhr ihren Dienst getan.<br />
Und wie hat sie ihn getan!<br />
Nicht launenhaft und miiirrisch, nicht wetter-<br />
wendisch und unberechenbar.<br />
Von einem Sonnenaufigang ibis zum andern<br />
hat der Stundenzeiger der Uhr immer zweimal<br />
die weite Wanderung iiber das grofie Ziffer-<br />
blatt gemacht, als woUte er die Menschen<br />
daran gemahnen, dafi die Zeit nie stille stande.<br />
Und jede Zahl auf dem Zifferblatt war eine<br />
Station auf der taglichen Reise, bei der die<br />
Uhr mit glockenklarer Stimme jedesmal ein<br />
Lebenszeichen von s.ich gab.<br />
Wie eine treue Magd hat die Uhr dem Hause<br />
und seinen Menschen gedient.<br />
Ob am Himmel graues Gewolk hing, oder<br />
ob die tanzenden Sonnenstrahlen auf dem<br />
Zifferblatt spieltetn, immer toehielt die Uhr<br />
auBerlich ihren Gleidimut.<br />
Das konnte die treue Alte in den Verdacht<br />
bringen, als ob sie kein Herz hatte, als ob sie<br />
nichts anderes sei als ordnendes Gesetz, als ob<br />
sie nicht Anteil nahme am Leid und an der<br />
Freude der Menschen.<br />
Aber das scheint nur so.<br />
Wer die Alte richtig versteht, wer die Ge-<br />
heimnisse der Stunden zu belauschen weiB,<br />
wer es vermag, die Hohen und Tiefen mensch-<br />
lichen Leides und menschlicher Freude zu er-<br />
messen, der merkt auch ganz deutlich die<br />
feinen Unterscliiede im Klange der Uhr.<br />
Der merkt sofort, ob die Freude darin<br />
schwingt, Oder die Trauer leise darin weint.<br />
Wenn die alte Standuhr kein Herz besafie,<br />
wie hatte sie dann so Seltsam klingen konnen,<br />
damals — als Mutter starb?<br />
Da, in jener Stunde, w^ar es nicht, als schliige<br />
der metallene Hammer an die Glocke der Uhr,<br />
sondern eine knocheme Hand, so dumpf war<br />
ihr Klang.<br />
Und dann ja, und dann bUeb der Pendel<br />
von seiber stehen, als woUte die Uhr er-<br />
schrocken trauern dariiber, daJJ das Haus mit<br />
der Mutter sein Herz verloren hatte. —<br />
Nun war es totenstill im Hause und in der<br />
Stube, wo schweigend die alte Uhr stand.<br />
Lange hat das Uhrwerk Ruhe gehabt.<br />
Der Vater hat an der Stelle, wo der Zeiger<br />
der Uhr stehengeblieben war, ein Zeichen auf<br />
das Zifferblatt gemacht.<br />
Dann ist Uhrmacher Gottlieb gekommen<br />
und hat die Uhr wleder in Gang gebracht.<br />
Nun schlug sie wieder alle Stunden der Nacht<br />
und des Tages wie zuvor.<br />
Aber of tmals, wenn der nimmermiide Zeiger<br />
der Uhr iiber das Zeichen der Todesstunde<br />
wanderte, dami stieg ein Gedenken an die<br />
tote Mutter auf und ein Hauch von Wehmut<br />
zitterte durch die Stube. —<br />
Und noch ein zweitesmal hab ich den dump-<br />
fen Klang der Uhr gehort, als sie die Todes-<br />
stunde fiir meinen Vater schiug.<br />
MuB es nicht schwer sein fiir eine Uhr, zum<br />
letzten Scheidegrufi fiir einen Menschen an<br />
die Glocke zu schlagen?<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Auf we/jBer Fdfirfe<br />
Noch schlafen alle Menschen,<br />
Ks starrt die Nacht in Eis,<br />
Und steigt der Mond vom Throne<br />
Leis iiber Hiigel weiB.<br />
Wie hallt der Tritt so feierlich,<br />
Des Stockes Spitze blinkt;<br />
Und mit dem weiBen Knirschen<br />
Die Welt voU Wunder winkt.<br />
Ich fahre in die weite Welt,<br />
Solang noch Flocken fallen;<br />
Und wenn die letzte Flocke fallt,<br />
Ist nah der Lenz uns alien.<br />
Noch schlafen alle Menschen,<br />
Es starrt die Nacht in Eis.<br />
Bald steigt der Mond vom Throne<br />
Leis oiber Bliiten weiB.<br />
Franz P r e d e e k.<br />
Damals hab ich den Pendel der Uhr ge-<br />
nommen und zur Ruhe gebracht.<br />
Auch diesmal soUte die Uhr wie in Ehrfurcht<br />
.schweigen vor der GroBe des Augeniblickes<br />
und vor der Majestat des Todes.<br />
War es denn iiberhaupt moglich, daB die<br />
Zeit nicht stiUe stand und das Leben der Erde<br />
nicht den Atem anhielt, als mein Vater starb<br />
und ich, gelost von sorgenden Handen, plotz-<br />
lich eine groBe Last auf meinen Schultern<br />
fiihlte!?<br />
Aber die Zeit ist ruhig weitergegangen.<br />
Und nur wenige Menschen haben danach<br />
gefragt, was im Hause geschehen war.<br />
Das alles ist schon lange her.<br />
LSngst wieder pocht die alte Standuhr ihr<br />
Tick-tack, so wie sie es seit hundert Jahren<br />
getan.<br />
Und oftmals sitze ich da wie im Traum und<br />
sinne den Augenblicken nach, die mit dem<br />
immer gleichen Tick-tack wie klingende Trop-<br />
fen der Zeit hinabrieseln in das groBe Meer. —<br />
Tick-tack! Tick-tack!<br />
Und ich tra^ime<br />
Kling! — KUng!<br />
Da weckt mich wieder die helle Glocke der<br />
Uhr.<br />
Ja, du Alte, schiag immerzu, daB dein Klang<br />
ist wie eine ordnende Hand! —<br />
Schiag immerzu, daB ich nicht ermiide, die<br />
Zeit zu niitzen, da du verkiindest die Ver-<br />
ganglichkeit! —<br />
Du treue Alte! —<br />
Wirst auch mir wohl zum Scheiden noch<br />
lauten.<br />
Brauchst aber nicht stille zu stehn, dann,<br />
wenn ich gehe. —• —<br />
Die Zeit flieBt weiter — immer weiter. —<br />
Und den Spaten, der sinkenden Handen ent-<br />
fallt, greifen andere Hande auf.<br />
Du treue Alte, schreite auch du nihig weiter<br />
deinen Predigerweg, wie es dein Gesetz ist —<br />
wenn ich gehe.<br />
Nur eines wiinsche ich noch: daB es eine gute<br />
Stunde ist, wenn du mir lautest.<br />
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91
Die Negerkirche /<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer Eine Sage von Willibrord Menke<br />
y/us dem fernen Afrika, wo die Neger<br />
^i'T wohnen, war derSohn eines Hauptlings<br />
nadi Europa gekommen. Er woldte das Grab<br />
seines beruhmten Landsmannes auifsuchen,<br />
der einst als Mofhrenkonig Kaspar zum Christ-<br />
kind nadi Bethlehem gereist war, aim es anzu-<br />
beten. In Rom hatte man den Neger nach Mai-<br />
land verwiesen und ihm gesajgt: „Der Sarg mit<br />
den Gebeinen der Heiligen Drei Konige ist<br />
nach MaUand gekommen lund Avurde dort im<br />
Dom aufbewahrt. Der Bischof von MaUand<br />
wird dir sagen, wdhin der Sarg gekommen ist."<br />
iDann war der Neger nach MaUand gegangen<br />
und dort hatte man ihm gesagt: „Gehe in das<br />
Land der Germanen! An dem groBen Flusse,<br />
an dem die vielen Weinberge sind, steht eine<br />
Stadt mit dem groBten Dom des Landes. In<br />
diesem Dom wird der Sarg, der einst iiber den<br />
Rhein dorthin geschwommen ist, aufbewahrt.<br />
Darum heiBt der Dom ,Dreiik6nigsdom'."<br />
Der Neger reiste weiter und kam in die hei-<br />
lige Stadt Koln. Dort fand er, was er suchte.<br />
Er ging in den Dom hinein. Der Bischof kam<br />
gerade vom Altare, und ais er den Neger sah,<br />
wunderte er sich sehr. Er fragte ihn: „Wo<br />
kommst du her?"<br />
Der N.eger antwortete: „Aus dem Mohren-<br />
lande. Ich wUl das Grab meines Landsmannes<br />
besuchen. Er heiBt Kaspar und ist hier mit den<br />
beiden anderen, Melchior und Baithasar, im<br />
Dom beigesetzt."<br />
Da sagte der Bischof: „Die Leiber der Hei-<br />
ligen Drei Konige liegen in einem schonen<br />
Sarg in der Schatzkammer. Ich will dem Kiister<br />
sagen, daB er die Schatzkammer aufschlieBt<br />
und dir den Sarg zeigt."<br />
„Ich mochte aber nicht nur den Sarg, son-<br />
dern auch den Leib des Kaspar sehen!"<br />
„GewiB, auch dieser Wunsch soil dir gewaihrt<br />
werden."<br />
Dann ging der Bischof in die Sakristei und<br />
sagte zum Kuster: „Ich lege die MeBgewander<br />
aliein ab und werde sie auch in den Sdhrank<br />
hangen. Geh' und zeige dem Mohr, der drauBen<br />
wartet, die HeUigen Drei Konige! Er ist em<br />
Landsmann des Mohrenkonigs."<br />
Der Kuster ging hin und tat, wie ihm der<br />
Bischof befohlen hatte. Er schloB die Schatz-<br />
kammer auf, offnete den HeUigenschrein, und<br />
der Neger staunte sehr, als er das schwarze<br />
Gesicht des hi. Kaspar sah. Er kniete nieder<br />
und weinte Tranen der Freude. Dann gmg er<br />
aus der Schatzkammer hinaus, bUeb noch eine<br />
Zeitlang im Dom und lief damn an das Rhein-<br />
oifer Er setzte sich auf die Mauer und lieB<br />
beide Beine herunterbaumeln, dicht uber dem<br />
Wasser.<br />
Dann kam ein Mann auf ihn zu und setzte<br />
sich neben ihn. Das war ein Kolner H^d-<br />
werksbursche, der viel bettelte und a^ dan<br />
Markte den Frauen die Apfel aus den Korben<br />
stahl. Er stieB den Neger an, denn dieser war<br />
92<br />
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ganz in Gedanken versunken und dachte nur<br />
an seinen heUigen Landsmann.<br />
„Was machst du hier mit deinem schwarzen<br />
Gesicht?"<br />
„Ich komme aus dem Mohreniand."<br />
„Das ist spaBig! Du kannst mit mir gehen<br />
und ich sage den Leuten, du warst ein Enkel<br />
vom hi. Kaspar, der im Dom in dem goldenen<br />
Sarge hegt.<br />
„Das bin ich auch", gab der Neger zur Ant-<br />
wort. „Ich habe ihn soeben im HeUigenschrein<br />
gesehen."<br />
,,0, wie fein!;' sagte der Handwerksbursche.<br />
„Komm mit imr, ich zeige ddch den Kolnern,<br />
und dann bekommen wir viel Pinke-Pinke "<br />
Der Neger stand auf und ging mit. Sie zogen<br />
von Haus zu Haus. Der Handwerksbur^e<br />
war ein schiauer Kobier Junge Er erzahlte<br />
den Leuten die Geschichte des Negers. Dann<br />
bekamen sie sehr viel Geld. Sie kauften sich<br />
zwei Pferde und zwei Trompeten. So ritten<br />
sie aus der Stadt hinaus in die Donfer und<br />
iiberaU bewunderte man den Enkel des' hei-<br />
ligen Mohrenkonigs Kaspar. Dieser muBte den<br />
Leuten viel aus dem Morgenland erzShlen,<br />
und alle horten ihm gerne zu. Auch in die<br />
Schulen gingen sie, damit die Kinder den<br />
Neger sehen und hbren soUten.<br />
Nun farbte sich der Handwerksbursche auch<br />
seine Haare und sein Gesicht und sagte- Wir<br />
sind zwei Briider." Die Leute gaben ihnen'nur<br />
noch mehr Geld. Das gefiel dem schlauen<br />
Kolner Jungen.<br />
Eines Tages sagte er zu dem Neger- Wir<br />
reiten nach Koln lassen uns einen ScMtissel<br />
machen zum HeUigenschrein und versteckm<br />
uns bei Tage im Dom. Wenn abends ^eS^<br />
den Dom yerlassen haben, holen wir den<br />
Mohrenkomg Kaspar aus der Schatzkamme?<br />
legen Um in einen schonen, weiBen Sa^^'<br />
reiten dann nut ihm auf den PferdeTi^^r<br />
Land. Dann zeigen wir ihn den Leuten imd<br />
wir werden steinreich werden."<br />
Der Neger war einverstanden. Sie lieBen<br />
sich emen SdUussel machen, der zur sS-<br />
kammer paBte, brachen dort ein und Mten<br />
den M. Kaspar aus dem Sarg. Ais sie aber dlS<br />
Mohrenkomg im Sack aus der Kirche traff«i<br />
women, flngen aUe Glocken im Dc^Lid |^<br />
anderen Kirchen an zu lauten. UndTe ^ut^en<br />
so gewaltig^ als sei eine Feuersbmnst^s-<br />
gebro Aen. Da lief en die Kolner zumXm i^d<br />
audi der Bischof kam herbei. Die teid^n<br />
M^ev^lS<br />
und konnten sich nidit von der StXT;<br />
r^^- ^"^ ^T ^* strecSe sSi ^l<br />
knocherne Hand des hi. Kaspar und hi^t T^
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
horten amd sahen, was geschdhen war. Da lieB<br />
der Bischof ihnen den Sack abnehmen und den<br />
Mohrenkonig wieder in den Hedligensdireiin<br />
bringen. Die beiden Neger aber wurden ge-<br />
feingen genommen.<br />
Der iBischof, der zugleich oberster Richter<br />
von Koln war, lieB den Handwenksburschen<br />
zur Strafe vor dem Dom an einem Galgen aiul-<br />
hangen. Den richtigen Neger aber wollte er<br />
am Leben lassen, doch sollte er in einem sehr<br />
kaiten Keller versteckt im Walde gefangen<br />
gehalten werden und zwar so lange, bis sein<br />
Gesicht welB wiirde. So suchte man nadi einem<br />
kaiten Waid. Man fand ihn am FuBe des<br />
Kahlen-Asten-Berges. Dort liefi der Bischof<br />
einen Keller 'bauen und setzte den Neger<br />
hinein. Schon nach wenigen Wochen starb er.<br />
Da reute es den Bischof, daB er den Lands-<br />
mann des Mohrenkonigs so streng bestraft<br />
hatte. Er lieB iiber dem Keller eine Kirdie<br />
bauen und nannte sie die Negerkirche. Hirten<br />
Unsere Heil- und Teepflanzen sind ein Jung-<br />
born fur die Volksgesundheit. Das Wissen von<br />
den Heilkraften der Pflanzen hat sich aus<br />
grauer Vorzeit von Geschiecht zu Geschlecht<br />
bis in die igegenwartige Zeit fortgepflanzt. Die<br />
Heilkraft unserer Heilkrauter besteht darin,<br />
daB ihr GenuB in Gestalt von Tee, Saft, Pulver<br />
usw. das Blut reinigt und verbessert, die Ver-<br />
dauung und denStoffwechsel regedt, die Nerven<br />
starkt und so autfbauend und schiitzend auf<br />
den ganzen menschlichen Korper einwirkt.<br />
Gegen .jedes Leid und Weh sei ein Kraut ge-<br />
wachsen, so glaubte man friiher. Wenn dies<br />
auch nur im bedingten MaBe zutrifft, so gibt<br />
es doch Pflanzen, die seit altester Zeit als fast<br />
unersetzliches Allheilmittel bis heute Geltung<br />
haben, z. B. die EchteKamille. Besonders<br />
wegen ihrer Anwendung bei Frauenkrank-<br />
heiten stand sie als „Mutterikraut" fruher in<br />
hochstem Ansehen. Auch ihre heutige Verwen-<br />
dung in der Volksheilkunde ist mannig-<br />
faltig, wie kaum bei einer anderen Heil-<br />
pflanze. Die Abkochung des Kamillentees wird<br />
nicht nur innerlich als Mittel gegen Magen-<br />
und Darmverstimmungen (Leibkrampfe) oder<br />
bei Entziindungen der Mund- und Rachenhohle<br />
angewandt, sondern auch auBerlich als Um-<br />
schlage (Kamillensackchen) auf offene Wunden,<br />
Geschwiire, Entziindungen usw. In groBen<br />
Mengen konnte vor allem auch der R a i n -<br />
far'n oder das Wurmkraut gesammelt<br />
werden, dessen ersterer Name sich unschwer<br />
aus seinem haufigen Standort (am „Rain") und<br />
seinen, den Farnwedeln ahnlidien Blattem<br />
erklaren laBt, wahrend die Bezeichnung<br />
„Wurmkraut" auf den Gebrauch der Pflanze<br />
als wirksamstes Heilmittel gegen W u r m -<br />
krankheiten (Spulwiirmer) hinweist. Doch<br />
gilt es, ihn mit Vorsicht zu verwenden, da der<br />
Genufi groBerer Mengen schadigend wirkt.<br />
Eine recht vielseitige Verwendung von<br />
alters her flndet auch die Schafgartoe.<br />
Schaigarbentee dient als Mittel gegen Er-<br />
kaltungen, Leibschmerzen und Durchfall so-<br />
Unsere Sauerlander Heilpflanzen<br />
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und Bauern siedelte er dort an, aiber jede<br />
Nacht horte man an der Kirchenmauer die<br />
Stimme des Mohren. Die Leute fiirchteten<br />
sdch sehr. Als dann der Moihr sogar des Nachts<br />
in den Hiitten der Leute erschien, verlieBen<br />
sie alles, nahmen ihr Hab und Gut und zogen<br />
fort; die Kirche aiber iblieb leer und verfiel.<br />
Noch heute hort man in der Nacht oft die<br />
Stimme des Negers, und niemaod geht dort im<br />
Dunkeln gem vorbei, weil er sich fiirchtet.<br />
Anmerkung. Die um 1500 eingegangene Pfarrei<br />
Neger (Negerkirche) gehorte ziim Dekanat Worm-<br />
bach. Sie lag im Negertal oberhalb Siedling-<br />
hausen. Zu ihr gehorten die eingegangenen<br />
Dorfer Rennighausen, Negerkirchen, Rolling-<br />
hausen, Remlinghausen und Frielinghausen. 1854<br />
wurde durch Nachgrabung der GrundriB der<br />
Kirche freigelegt. Sie war 12,60 m lang und<br />
7 80 m breit. Das abgerundete Chor im Osten<br />
hatte eine Lange von 7,50 m. Der Turm war<br />
3,80 m lang und breit.<br />
wie g^en Hamorrhoiden, iimere Bdutungen,<br />
Leberkrankheit, Verschleimung der Atmungs-<br />
organe usw. Der Ackerschachtelhalm<br />
dient wegen seines Kieselsauregehaltes als<br />
Scheuerkraut zum Polieren von ZinngefaBen,<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
93
worauif der volkstiimliche Name „Z i n n -<br />
kraut" Oder „K a n n e n k r a u t" beruht.<br />
Audi diese Heiipflanze, die dem Bauer nur als<br />
lastiges Unkraut igiit, war in der Volksheil-<br />
kunde sdion in alten Zeiten wegen ihrer iblut-<br />
stUlenden Kraft hochgeschatzt. Aus Mangel an<br />
volkstumlichen tJtoerlieferungen war aber dann<br />
die Heilkraft des Schachtelhalmes in Ver-<br />
gessenheit geraten, bis ihr Pfarrer Kneipp<br />
wieder zu groBer Bedeutung verhalf. So findet<br />
denn der Schachtelhalm heute wieder Anwen-<br />
dung als blutstillendes Mittel und dient femer<br />
bei Blasen- und Nierenleiden; ganz besonders<br />
aber wird seine heUsame Wirkung bei Wasser-<br />
sucht hervorgehaben.<br />
Bei Atmungsbeschwerden, Husten- und<br />
Heiserkeit tut ein Trank aus S p i t z w e g e -<br />
rich gute Dienste, wahrend die heilkraftigen<br />
Blatter und Bluten des Huflattich das<br />
bekannteste Linderungsmittel bei Leiden (Ka-<br />
tarrh) der Duftwege abgeben und den Haupt-<br />
bestandteil aller „Brusttees" bliden.<br />
Abschliefiend sei noch des Wermuts,<br />
eines unserem Gemeinen BeifuB verwandten<br />
Korbchenbluters, gedadit, von dem es in einem<br />
Verslein heiBt: „Gegen Leito- und Magenweh<br />
hilft sofort der Wermuttee!" Seit Urzeiten<br />
dient der Wermut Oder Absinth, der auBer<br />
einem atherischen Ol noch einen Bitterstoff<br />
(Absdnthin) enthalt, als appetitanregendes,<br />
starkendes Magemnittel.<br />
94<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Text und Zeichnung: Lunschermann.<br />
De Winterbiarger Schaize<br />
Von WiUibrord Menke<br />
Didn Handelsmann van Winterbidrg,<br />
Bai kennt didn nit op Eeren?<br />
Hai laipet diidr de game Welt<br />
Sik ehrlik te erndhren.<br />
Heer Kain, de aiste Bur im Lan,<br />
Dai har'ne Saize naidig. —<br />
En Schaize kam van Winterbidrg<br />
Un brachte se idhm taidig.<br />
Un dann betalte dai Filou<br />
Van knikkerigen Buer<br />
Se bliauj} mit twai Kanaiwesen V<br />
Fiidr ungerwidgs op Tuer.<br />
Diu Geyhals, wachte „dey sail Guatt<br />
Wuahl kumen im Gerichte!" — —<br />
Het andre Johr, sui do horte dann<br />
Dai Schaize Kains Geschichte. —<br />
Dann draim're mol im Muargenlan<br />
Jausaip vam Garwenbingen,<br />
Do klopperet an seyne Diir<br />
Im Goriken van hingen.<br />
,Bai stait siau jrau do fiidr der Diidr'!<br />
Hiat siek bai wual verlaupen?"<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Nach dem Halali<br />
En Schaize wort van Winterbidrg<br />
urn Hdmme ^) te verkaupen.<br />
Sui kum mol wier ddt ndchste Johr<br />
Dann sey ik gut bei Kasse<br />
Bey Pharao un briuke do<br />
Ne ganze griaute Masse. —<br />
En andermol, bo Hidrmen schluag<br />
Dai Waruslegiaunen,<br />
Do kam en Schaiz'van Winterbidrg<br />
Dai at siau geren Baunen.<br />
Vn Hidrmen sagte: „Hdmme her'<br />
Vey magget Ldgiaunen<br />
Dann giert demo en Schutelpott<br />
Mit Speck und Dickebaunen."<br />
Vn bo Kolurnbus mit dem Schiep -<br />
Bai kann dai Fraid begreypen' —<br />
Endeckere de nigge Welt<br />
Bai stieg do iut didm Seypen'<br />
Un draf as aisten, sui mol do'<br />
En Wmterbidrger Schaizen<br />
Dai buat Kolurnbus Waren an<br />
Uit syner hiitren Kaize.<br />
Hai drdggere idhm saehte an<br />
Ganz billige Hoasendrdger<br />
Un op dain Kaup do dranken se<br />
En richtigen Steinhdger.<br />
Kartoffeln. 2) Sensen.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
©er 6c|)nittcr<br />
^(inge, f)cller 6enfenflang!<br />
Q3on 6cn Q5crgen ftcigt 6er QHorgcn.<br />
Qleifc 9^ru(f)t foil tDof>Igeborgen<br />
balb in ftd)rcn 6d)cuncn ruf)'n,<br />
6inge, 6cnfe! * 6ingcnun!<br />
Qllle trifft 5a8 gleic^e Gei6.<br />
^rum, if)r ^alme, lQJ?t 6a§ ^cinen,<br />
ftill, if)v ®ropen un6 i^r Kleincn!<br />
6d>nittergmann muj) f)er3loS fein.<br />
6inge, 6cnfe, f)cn unb rein!<br />
^in ift alle 6ommcrprad)t.<br />
Smmer fin6'g 6iefelben Gte5er,<br />
Sllle ^()rcn fallen nie6er,<br />
toenn fie if)ren ^ag gefef)n.<br />
6enfe, 6arfft nid)t ftille ftef)n!<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
6inge nur 6ein blutig 9te6!<br />
^arfft nid)t 3au5crn un6 ntd)t3agen!<br />
QBQS 6a reifte, muj) ertragen<br />
einmal aud) 5e8 *J;obeg '^zxn.<br />
6cnfe, 6arfft nid)t mu6e fein!<br />
^oxd), e8 ruft 6ic (Srntejeit!<br />
^ling, tnie l^elle ®lorfen flingen!<br />
6ing, 6aj5 taufcn6 $er3en fprtngen!<br />
^rage nid^t nad) 2Ingft un6
Pastdoer Schwickardi vam langen Hahn<br />
Soh de Welt met derben Aogen an;<br />
Wuahl was hai jromm, doch Quieselerej,<br />
Apatt dai suite Frommlerej,<br />
Dai was iehm gar nit noh der Musken,<br />
Do funkre hai all mangs dertiisken.<br />
Ock bo en Midken bar te fejn<br />
Un all te pimperlich woll sejn<br />
Un kuire geern franzoi^-latejn<br />
Un woll partiu gebildet sejn<br />
Un makre geeren in „Menii"<br />
Un iut dem Schirm en „Paraplii"<br />
Un iut dem Klawdier — van Vidrnehmheit!<br />
En „Pi-a-ni-no" . . ., — du Hebe Zeit! —<br />
Dann konn hai hellsken bitter weeren,<br />
Un biui! — Pafit op! Ej sollt et horen:<br />
Vidr'Johren was't. — En boisen Tahn<br />
Harr iehme all sejt vdiertaihn Dahn<br />
Be) Dag uri Nacht te dauhne maket;<br />
Twdi N&chte harr hai niu all waket.<br />
Met Hitze, Kiille un Kamillen,<br />
Met Schhaps, Likor un ock met Pillen<br />
Dien Tahn bekrispelt, — owwer ndi!<br />
Me .wait jH wuahl, sao Tiehnewdih<br />
Fdllt griiggelig an, bien't tiisker kritt,<br />
Schdont ock den Herrn Pastdoer nit.<br />
Dat Enne ies dann: „Na, wenn. diu't<br />
Nit anders west, dann mast diu riut!"<br />
In Hilsten hidt hai'n guerren Frond,<br />
Dien hai van Kinnesbdinen kennt;<br />
Dai sail iehm wuahl — drr liuter ndo —<br />
Dien Tahn kurdiern — sdo oder sdo.<br />
Am andern Dag mdk. hai siek op<br />
Un geng te Faute noch Ollentrop<br />
Un kam bejm Oberdicke an —<br />
In Sundern was noch keine Bahn —<br />
Stdig in de Post — un Guatt sej Dank! —<br />
Hai was alldine. — Wenn bai krank,<br />
Besonders hidt bai Tahnepejn,<br />
Dann well hai geern alldine sejn.<br />
In Stockmen stdig de Zollner in<br />
Un satt siek still int Ecksken rin;<br />
De Heer- was guet domet tefrien,<br />
Niu konn hai sejn Brewdier bien.<br />
Bejm Lobbeken in SdidfeW kam<br />
Dai Schmejes Mutter rin un nahm<br />
Gam sachte tiegerm Zollner Platz,<br />
Harr dok kein Lust tau Prohl un Schwatz.<br />
In Sundern stont bejm Auwermann<br />
'ne fejne Dame, — Du lieber Mann! —<br />
Sdo fris drr'n Frdsken iut der Bieken,<br />
Bemolt, bepinselt un bestrieken,<br />
De Fingernidgel raot poliert, ,<br />
Buar'n Aogen de Hoor drr'n Striek rasiert,<br />
Gesichtken drr van Mielk un Blaut,<br />
Im grdoten, grainen Schiippenhaut<br />
Met'm Blaumengoren, Uo, rdot, wttt,<br />
Sdo bunt drr op dem Kidrkhuaff nit.<br />
En fejnen rdoen Schleier vidr, —<br />
Un schwenket sejn Schirmken hien un hiar.<br />
Na, kuatt un guet, idt was sdo fejn,<br />
Idt hdrr wuahl konnt van Arnsperg sejn.<br />
Un bo dat in den Wagen kam,<br />
Marjdoken! van Parfum en Schwahm,<br />
Didr Schmejes Mutter wor ganz flau,<br />
De Zollner hdlt siek de Nase tau;<br />
De Posteljoiner woll siek wundern:<br />
96<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
De gebrohene Gdos<br />
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„Potz Sackerblitz! Un dat in Sundern!"<br />
Niu vidrwes! Mol im Zuckeltrab, —<br />
Un matt hai idwern kleinen Knapp,<br />
Dann gdohnt dat ock all mol im Gange.<br />
Op dinmol legget do am Hange<br />
En Kidrkhuaff, schoin in Blaumenpracht<br />
De Posteljoiner foihert sacht; '<br />
Den Zollner packt dat Bild sdo wahn,<br />
Hai stott dai Schmejes Mutter an-<br />
„mu sdiht doch mol! Biu schoin ies dat'<br />
Arr'n Wunder in de Wiese satt!<br />
Do schlopet dai, dai vidr ues woren-<br />
Am Sunndag Numm'dag goh iek geeren<br />
Sdo tUskern Gridwern hien un hi&r<br />
Un stell'se AW mi wejer vidr."<br />
„Ach jo," fdllt Schmejes Mutter in<br />
„Sdo Blaumen het en daipen Sinn, '<br />
Sirid schonner drr de fejnste Briut-<br />
Sai wasset iut der Eere riut '<br />
Grad drr de Menske, lachet, blSgget<br />
Sdo drre siek de Jugend frogget<br />
Un miiett' doch alle triiggekehren<br />
Tau ueser laiwen Mutter Eeren ."<br />
Dat Fraulein hor sdowat nit geeren<br />
Woll vam Begraben nixen horen- '<br />
„Ach,Leute, was seid Ihr beschrdnkV<br />
Da ist doch, wenn man tiefer denkt<br />
Von wahrer Schonheit kaum die Spur<br />
Sind UbertUnchte Grdber nur<br />
Und sowas nennt sich dann poetisch'<br />
O nein, das ist sehr undsthetisch-<br />
Wer hort von Grab und Moder gem'<br />
Ich wenigstens, ich bin modern-<br />
Ich bin fur Fortschritt und Kultw<br />
Die alten Zopfe sind doch nur<br />
Noch gut genug den bidden Massen-<br />
Ich werde mich verbrennen lassen!"<br />
De Herr Pastdor hort siek stille<br />
Gediillig dat Geschnatter an '<br />
Suiht ruhig idwer sejne Brilie<br />
Den Zollner un de Mutter an<br />
Un segget: „Ja, da Frdulein mag<br />
Op sejne Art im Rechte sejn;<br />
Viellichte gelt am JUngsten Dag<br />
'ne gebrohene Gdos fidr extra feyn."<br />
Josef Nolte.<br />
t)e alle 9uer<br />
Et staiiht in user Stuawen<br />
Ne Juer, ibriun im ait<br />
In der Eecke beym idcheluawen<br />
Do hett se se hiene stallt<br />
Et hiat ndt Vatter, nit Mutter<br />
Nit Vatters Vatter dohn<br />
Se liiat all hundert Johre<br />
Un nau viel ISnger do stohn<br />
Se weyset iblaut aine Sttmne<br />
Se weyset de Middemadit, '<br />
Un hiat met stummein Munne<br />
En erensthaft Woreken saigef<br />
,^rdnd diiese stunne WLeyne<br />
Hey deh ik dlan leBten Slag<br />
Un adne van dtiien is de d'eyne<br />
Bedenk et doch jeden r>ag!"<br />
Christine Kodi.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Die „goftlose' Kuh / Von H. Rosemann<br />
Es soil hier das Erlebnis niit einer Kuh er-<br />
zahlt fwerden, einem ansonst toraven Haustier,<br />
in dem jedoch einmal das iBose Macht gewann<br />
und unversehens und erschreckend zum Aius-<br />
bruch kam.<br />
Vor rund fiinfzig Jahren entsandte eine aller<br />
Uberlegung bare Regierung einen noch nicht<br />
zwanzigjahrigen Anfanger als Lehrer in ein<br />
westfalisches Dorf. Der junge Mensch ent-<br />
stammte einer Industriestadt im Kohlenpott<br />
und rang nun mit bisher unbekannten Be-<br />
griffen von dorflichem Leben und mit der Un-<br />
moglicbkeit, hundertsiebenundzwanzig Jungen<br />
und Madchen dasjenige MaB von Kenntnissen<br />
und Fertigkeiten einzutrichtern, das der Lehr-<br />
plan grimmig vorschrieb. (iDenjenigen unter<br />
den geneigten Lesern, die angesichts der hohen<br />
Kinderzahl zweifelnd die Brauen heben, sei<br />
gesagt, daI3 sich der Schwarm der SproBlinge<br />
nach drei Jahren auf einhunderteinundvierzig<br />
erhohte und der bedauernswerte Schulmeister<br />
noch immer keine Hilfe hatte. Aber dies ist ja<br />
auch eine Geschichte aus der guten alten Zeit.)<br />
Dieweil es in dem besagten Dorfe, wie man<br />
jetzt ahnt, in manchen Dingen noch recht ur-<br />
vaterisch oder, um es freundlicher zu sagen,<br />
recht idyllisdi zuging, so hatte sich der Lehrer<br />
auch daran gewohnen mussen, dafi in der guten<br />
Jahreszeit die Kuh des Nachibam jeden Morgen,<br />
wenn sie aus dem Stalle gelassen •wurde und<br />
iiber das Pattken zwischen Gartenzaun und<br />
Schule schaukelte, um den wohltoekannten Weg<br />
zur Gemeindehude anzutreten, ihr machtiges<br />
Haupt zum offenstehenden iFenster herein-<br />
streckte und den buchstabierenden oder abtei-<br />
lungsweise fur sich lesenden oder rechnenden<br />
Nachwuchs mit einem gewaltigen Scbnaufer<br />
und nachfolgendem drohnenden ..Muuuh!" be-<br />
griiBte. Davon wurde' ohne groBes Aufsehen<br />
Kenntnis genommen, die Kuh zog mit ^u-<br />
friedenem Brummton den Kopf zuriick, und<br />
die Unterweisung nahm ihren Fortgang.<br />
Eines Morgens jedoch geschah folgendes:<br />
Nach dem falligen Schnaufer, gefolgt voni<br />
Posaunenton des „'Muuuh!" und dem kontra-<br />
baBtief abklingenden Gebrumm 'wurde kurz<br />
darauf die wackelige Tiir des hundert Jahre<br />
alten Gebaudes auigestoCen, und es erschien<br />
die 'brave BleB im Tempel der Weisheit. Eine<br />
Sekunde allgemeiner Uberraschung. Dann<br />
losten sich alle Bande frommer Scheu; und e&<br />
gab ein schallendes Gelachter und ein Gequiek<br />
in hOchsten Tonen. Doch unbeirrt davon schritt<br />
BleB wiirdevoUen Ganges und mit wabberndem<br />
Bauch zwischen den BankreUien dahin, warf<br />
einen visitatorischen Blick aul die Jauste<br />
rechts, einen zweiten auf die Wichter links,<br />
und verhielt vor dem Tisch des Lehrers, der<br />
in seiner Verdatterung nichts Besseres wuBte,<br />
als nach dem Zelgestock zu tasten. Die<br />
kleineren Kinder verlieBen in wilder Flucht<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
ihre FuBbanke, taglich mitzuschleppende Schul-<br />
utensilien, da die Sitze fur neunzig Kinder<br />
nicht ausreichten, und retteten sich zu den<br />
groBeren.<br />
Nun war auf der altersrissigen Scbultafel<br />
gerade eine Gegenuberstellung des.iguten und<br />
des bosen Prinzips in der Welt zu sehen, sauber-<br />
lich voneinander abgetrennt durch einen ener-<br />
gischen senkrechten Strich. Links waltete Gott<br />
mit einer Zusam^menstellung alles' Guten,<br />
dessen Urheber er ist; rechts ragierte der<br />
Teufel mit einer Aufzahlung der Schlechtig-<br />
keiten, die von ihm ihren Ausgang nehmen.<br />
Diese Gegenuberstellung muBte BleB wohl<br />
interessieren* sie stierte jetzt gedankenvoU auf<br />
die Tafel und leckte plotzlich mit zwei, drei<br />
schlappenden Zungenschlagen den groBten Teil<br />
jener Seite ab, die dem lieben Gott gewidmet<br />
war. Also triumphierte der Teufel samt seinen<br />
bosen Werken unausgeloscht ii'ber das Gute,<br />
und das trotz des entsetzten neunzigstimmigen<br />
„Ooooh!"<br />
War es Verachtung aller Schulweisheit,<br />
welche die Kuh zu dieser ruchlosen Tat ver-<br />
anlafite? War es Zufall, dafi sie just an die ge-<br />
rechte Seite geriet? Oder aber wurde ein tooses<br />
Begehren in ihr, daB'.sie, ein Werkzeug Belzu-<br />
bubs — man denkt vergleichsweise an die<br />
Schlange im Paradiese —, die Gelegenheit be-<br />
nutzte, im Dienst und Auftrag des Bosnickels<br />
von Anbeginn an' dieser Statte den Kampf<br />
gegen seinen ihimmlischen Widersacher zu<br />
fuhren? Wenn aber noch ein Zweifel uiber das<br />
Teuflische ihres Tuns und iiber die Verderbt-<br />
heit dieser Kreatur bestand, so wurde er gleich<br />
darauf dadurch toehoben, daB das Vieh in nicht<br />
mifizuverstehender Absicht den Schwanz<br />
lupfte. Die wissenden Kinder schrien in komi-<br />
schem Entsetzen auf und duckten sich unter die<br />
Banke, aber ein paar Spritzer kriegten die<br />
nachsten doch mit ab.<br />
Dann sprangen ein paar stammige Jungen<br />
hinzu. Sie bemachtigten sich des gottlosen Un-<br />
getiims, der Lehrer prockelte mit deim Zelge-<br />
stock nach, und es gelang, BleB mit Zerren und<br />
Puffen hinaus und auf den rechten Pfad zu<br />
bringen.<br />
In einer weniger aufgeklarten Zeit wurde<br />
BleB als Hexenvieh peinlich befragt, verurteilt<br />
und vom Leben zum Tode getoradit worden<br />
sein. Als das Gelachter iiber ihren Streich imi<br />
Dorf verstummt\v;ar, drang die GroBmutter im<br />
Nachbarhause mit ihrer von Stund an er-<br />
hobenen Forderunig durch: Heimann L'evy<br />
muBte „dat aolle unwuise Duier" umtauschen.<br />
Er tat es und fiihrte als Ersatz eine Liese in<br />
den Stall, die weder den MorgengruB fortsetzte<br />
noch Interesse fur den Lemeifer der Jugend<br />
zeigte. Sie war eine tuchtige, brave urtd f romme<br />
Kuh. Wie sich das gehort. hr.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
97
Anna Kayser - die sauerlandische Volksschrlftstellerin<br />
Wer von der breiten Verkehrsstrafie bei<br />
Grevenbriick den Weg zu den Dorfem<br />
Sporke und Hespecke aufsteigt, den umfangt<br />
bald landlicher Friede. Es ist keime iheroische<br />
Landschaft, es sind gebuckelte Wiesenhange, in<br />
deren Falten sich, zusanMnengewurfelt, Hauser<br />
und kleine Hofe drangen. Diese ansprucbslose<br />
Klarheit von griinen Feldern, braunen Ackem<br />
und dunklen Tannenstrichen oifenbart jene<br />
sauerlandischen Landschaftszuge, die zugleidi<br />
die Wesensmerkmale der Bewohner formen.<br />
Hier, in Hespecke, wohnt Anna Kayser<br />
auf elterlichem Grund, hier ist sie aufgewach-<br />
sen in der ruhigen Ordmung der dorflichen<br />
Stille, einer Ordmung, die nach eWigen Ge-<br />
setzen geht, wie die Jaihreszeiten. Aber nun<br />
aucb iberiihrt wird vom erregenden Atem der<br />
Gegenwart, die mit der Entwiddung der Tech-<br />
nik vor dem geringsten Bauemhaus nicht Halt<br />
macht. Anna Kayser — mit ausdrucksvollem<br />
Mienenspiel unter dem weifien Haar — ist im<br />
Beharren an ein langsames Ausreifen zur<br />
Volksschriftstellerin geworden. Sie hat ihre<br />
Aufgabe bewuBt abgegrenzt, nicht literarischer<br />
Ehrgeiz fuhrt ihre Feder. Sie steht fest auf dem<br />
Boden der katholischen Weltanschauung, mit<br />
der strengen Forderung ihrer unverriickbaren<br />
Grundsatze. Ohne Sentimentalitaten, mit<br />
liebesstarkem Herzen, laBt sie aber auch die<br />
wunderbare SegensfuUe void beruhigende<br />
Klarheit einer so glaubensgebundenen Lebens-<br />
haitung spuren. Ihre Werke sind alien ein<br />
Spiegel. Da Anna Kayser ein unverbildetes<br />
Dorfkind getolieben ist und auch nichts welter<br />
sei« will, als dieser miitterlichen Erde ent-<br />
sprossen, sieht sie ihre heimatbetonte<br />
Mission nicht darin, den sogenannten In-<br />
tellektuellen Unterhaltungsstoff zu bieten, son-<br />
dern zu gestalten, was in und um die Dorfer,<br />
in und um die Kirchspiele geschieht. Die Auf-<br />
trage, die der Schriftstellerin auf den Schreib-<br />
tisch flattern in Forderungen nach guter katho-<br />
98<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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lisdier Volkslekture, sieht Anna Kayser als<br />
Lebens a u f g a b e n an.<br />
Der „Suerlanner" hat oft Proben ihrer<br />
humorvollen, treffsicheren Erzahlerkunst gebradit.<br />
Einfach und volksnah zu schreiben ist<br />
nicht jedermanns Sache. Ihr gelingt es. Sie ist<br />
kern lyrisches Talent. Sie ist von nuchterner<br />
SacWichkeit m der GegenwartsschiUderuns Sie<br />
muB in der Darstellung die Wahrheit saeen<br />
mag sie nun damit gefallen oder nicht. Hoheren<br />
Auftrages sieht sie sich imterstellt: zu fuhren<br />
zu warnen. Dabei miuB sie ihr frauliches Herz<br />
fest in ibeide Hande nehmen, ihre frauliche<br />
Scheu uberwmden, wenn Lebenserfahrungen<br />
T i^^f ^• ^f ""^^ "^^"«" ISCt, die sie um<br />
der Bettung und Warnung vieler ofifenbart,<br />
F^r-M. n '? r 7°"^sr°•ane Wegweiser zun^<br />
Echten und Guten sein wollen.<br />
Anna Kayser hat ein uberaus scharfes Empfinden<br />
fur die Unterscheidung der Werte Ihr<br />
sind mit dem Begriff „Heimat" nicht die biologischen<br />
und volkhaften Werte wichtig, sondern<br />
das unendlich viel Tiefgrundigere die<br />
ewigkeitsgebundenen Krafte des<br />
Heimatlichen formen an erster Stpllp<br />
den Begriff Heimat mdt. Au. dSir Su<br />
heraus fafit sie auch die heikelsten Probleme<br />
an. Die I^sung der Lebenswurzeln aus dem<br />
der Sunde, die wie ein Krebsschaden auch dm<br />
Landvolke um sich gegriffen hat - das St M<br />
worm Anna Kayser vor allem die Gefahrxiung<br />
der heranwachsenden Generation sieht.<br />
So legen die beiden Romane ..Ute verrat da-;<br />
Sakrament" und „Flammendes ,Blut" die Fin!<br />
ger m die Zeitenwunde. Der Verlag Bach em<br />
Koln, bring^ diese beiden Bucher als bm£^<br />
Volksreihe heraus. AuBerdem laulen Uire Romane<br />
in den Kirchenzeitungen der DioL^n<br />
Anna Kayser schreibt fur die kathnWhP<br />
Sonntags- u,^ Kirchenpresse, ^ch Sr d^l^<br />
defvSkls""^^' aes voi'Kes , so hat ^^ff der "''' verstorbpno ^«g zum rir- Herfel T^V,<br />
Hatzfeld das fruchtbare Schaffen dfese? sauJ:<br />
andischen katholischen VolksscSstlllerin<br />
treffend gezeichnet. vmiiisieiierin<br />
Unschatzbare Bildungswerte gibt Anna Kayser<br />
der Laienbiihne in ihren l^^,^ ^^<br />
„Bethlehem" und dem iuL^f^ t"'^^^^"<br />
Affatha-tinmi n;^ «75- J""est erschienenen<br />
A,gama-i5.piel „Die Heldin von Sizilien".<br />
Das Leben tritt dem Menschen entsesen<br />
ohne Maske. Warum sollte Anna Kaysef le<br />
nur aus dem Leben schopft .und jed4 ilh^-<br />
schreiben? Sie toleibt dabei keusch und klar<br />
verantjvortungsbtwuBt und waSierzJ ml<br />
kostlichen humorigen Lichtern _ eine' ed^t<br />
sauerlandische Pragung. Mit Liebe und mhSr<br />
SiAerheit voUzieht sie ihre volkstoildnerS<br />
^Se-G^s^tiS^^ ^^^^^' ''^ ^^^<br />
T. Popper ling.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Dos Wetter im Sauerlond<br />
/liach seiner Gesamtbeurtedlunig hat uns das<br />
^y ^ verflossene iSchaitjahr 1952 fiir Emte und<br />
Aussaat das ungunstigste und unibestandiigste<br />
aller Nachkriegsjahre beschert. Im Sommer<br />
und Herbst war es ohne anhaltende Schon-<br />
wetterperioden und IdeB dem verregneten Ok-<br />
tober bereits in der ersten Novemberhalfte<br />
einen ungewohnlich friihen Winter folgen, der<br />
alle Arbeiten auf den Feldern jah zum Still-<br />
stand brachte. An 240 Tagen (= 65 "/o!) des<br />
Jahres fielen im mittleren Sauerland Nieder-<br />
schlage, insgesamt 1060 mm, eine Menge, die<br />
das langfristige NormalmaB um mehr als<br />
100 mm ijberschritt. Insgesamt sind im Ruhr-<br />
tal Velmede-Oisberg 1,65 m Schnee gefallen,<br />
davon allein in den beiden ersten Monaten des<br />
Jahres 1,07 m. Die Jahresdurchschnittstempera-<br />
tur erreichte nicht dasNormataiaC von 8,5Grad.<br />
Das ist auch nicht verwunderlich, da die Zahl<br />
derRegentage ©ine ungewohnteHohe erklomm,<br />
wahrend umigekehrt die Zahl der Sonnen-<br />
stunden des Jahres kaum 1600 betrug und da-<br />
mit erheblich hinter den Erwartungen zuriick-<br />
blieb. Jedenfalls hat das verflossene Jahr als<br />
Schaltjahr seinem Namen alle Ehre gemacht:<br />
„S c h a 11 j a h r — T w i a s b r a k e n !"<br />
„Januar — Schnee zu Hauf..."<br />
„Werden die Tage langer, wird der Winter<br />
strenger." — Die Voraussage des „Hundert-<br />
jahrigen", der uns „unerhi6rte und iiber-<br />
grimimige Kalte" prophezeite, ist zwar nicht<br />
eingetrof&n; aber der Eismond brachte immer-<br />
hin rechtes Winterwetter. Die Durchschnitts-<br />
temperatur des Monats lag bei —0,5 Grad. Der<br />
niedrigste Tagesdtirchschnitt ibetrug —6 Grad,<br />
der hochste Durdischnittsstand des Thermo-<br />
meters +5 Grad. Der Januar war auBerordent-<br />
lich schneereich und schickte im oberen Ruhr-<br />
tal bei elner Hohenlage von 300 m an 14 Tagen<br />
insgesamt 47,5 cm Schnee zurErde. Der hochste<br />
SchneefaOl eines Tages betruig (am 18. 1.) 11 bis<br />
12 cm, wahrend der starkste RegenfaU 30 mm<br />
betrug. Die Gesamtniederschlage des Januar<br />
betrugen 124,2 mm, das sind 25 Prozent mehr<br />
als normal. Di* Zahl der Sonnenstunden<br />
schmmipfte auf 20 zusammen. Der reichliche<br />
Schneefall hat die vorziigliche Wirkung, daB<br />
die Temperaturschwankunigen zwischen Tag<br />
und Nacht weitgehend gemlldert werden und<br />
dadurch die junge Saat besonders geschutzt<br />
wird. Ein altes Bauemsprichwort laBt uns<br />
hoffen: „Januar, Schnee zu Hauf, Landmann,<br />
halt die Sacke auf!"<br />
Schnee in Hulle und Fiille<br />
Der kurzeste Monat ist in toezug auf die<br />
Witterung der groBten Uberraschungen fahig,<br />
und edne alte Bauernweisheit meint, daB das<br />
Februarwetter fiir die ganze Jahreswitterung<br />
von Bedeutung sei. „Der schiimmste Monat im<br />
ganzen Jahr meist noch der kleine Hornung<br />
war." In diesem Jahr -bradite er uns bei ver-<br />
haltnismafiig milder Temi)eratur — das monat-<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Vdn Tfaeodor Todbtrop<br />
liche Temperaturmittel lag bei 0 Grad — gleich<br />
seinem Vorganger Schnee in HiiUe und FuHe.<br />
Der gesamte Schneefall im oberen Ruhrtal be-<br />
trug etwa 60 cm. Die Landschaft war an<br />
keinem Tage des Monats vOllig schneefrei. Um<br />
die Mitte des Monats lag eine Schneededte<br />
von 40 cm. Die NiederscMagsmenge betrug<br />
60 mm. Edn starfcerer Kalteeinbruch von kurzer<br />
Dauer erfolgte am 16. 2. Er brachte die tiefste<br />
nachtliche Tepiperatur von —15 Grad. Die Zahl<br />
der Sonnenstunden betrug mehr als 40. Der<br />
Februar zahlte sechs Tage mit starker Nebel-<br />
bildung.<br />
Frostiger Abschied des Marz<br />
Sonnig und mit angemessener Temperatur<br />
stellte sich der Lenzing auch bei uns ein, und<br />
die Bauem fuhrten auch im oiberen Sauerland<br />
schon den Pflug. Aber der Marz „kam wie ein<br />
Lamm und ging wie ein Wolf". Mit empflnd-<br />
licher Kalte und Schneewirbel nahm er von<br />
uns Abschied. Infolge eines zweimaligen Kalte-<br />
embruchs gegen Mitte und Ende des Monats<br />
sank die Durchschnittstemperatur am 14. 3.<br />
und 29. 3. unter —4 Grad, so dafi der monat-<br />
liche Durchschnitt auf +2 Grad herabgedruckt<br />
wurde. Das ist immerhin eine spurbare Unter-<br />
schreitung der im oberen Sauerland gewohnten<br />
Marztemperatur. Die Niederschiage erreiditen<br />
72 mm. An vier Tagen bildete sich eine Schnee-<br />
decke. Insgesamt war in der Hohenlage von<br />
300 m Neuschnee von 12 cm zu verzeichnen.<br />
Die Zahl der Sonnenstunden erreichte etwa 90.<br />
Zwodf Marztage waren ohne jeglichen Sonnen-<br />
schein.<br />
April mit Warme und Sonne<br />
„April Oder Maien / Einer von diesen muB<br />
schreien!" Der April hat nidit geschrien. Im<br />
Gegenteil! Nach zwei Tagen liquidierte er das<br />
'Dag altc 6})innra5<br />
Ein Spinnrad, mit verstaubtem Kleid . . . —<br />
Daran noch bunte Trdume schwingen . . .<br />
XJnd Lieder aus der alten Zeit,<br />
Die wunderhold ins Herz mir klingen.<br />
Wenn so des Spinnrads Seele lebt,<br />
dann mocht' ich zu den Ahnen eilen,<br />
Um dart, von ihrem Geist umschwebt<br />
In stiller Andacht zu verweilen.<br />
Ich m,UI3t', zu ihren Fiij3en, sein<br />
Ein Kind, das sich in Dank verneiget<br />
Und vor des Alters Heil'genschein<br />
In Ehrfurcht schweiget.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
Franz Neuhaus
Erbe des Marz — den letzten Schnee und die<br />
Nachtfroste — und wartete dann mit fruhlings-<br />
maBigen Temperaturen auf, die am 13. April<br />
bereits ein Tagesmittel von 13 Grad erreichten<br />
und die Schneereste in den letzten Waldwin-<br />
keln schmelzen liefien. An 24 Tagen lieB er hell<br />
die Sonne strahien und weckte dadurch in Feld<br />
und Wald das Leben des Friihlings. Die Durch-<br />
schnittstemperatur des Monats lag mit 10 Grad<br />
erheblich uber dem Normalwert. Die Zahl der<br />
Sonnenstunden betrug 240. Die Niederschlags-<br />
niefistelle in Nuttlar verzeichnete eine monat-<br />
liche Regenmenge von nur 35 mm, wovon die<br />
Halfte an einem einzigen Tage flel. Alles in<br />
allem .genommen hat der April diesesmal aus-<br />
nahmsweise die Rolle des Maien gespielt.<br />
Maikiihle unter dem Gefrierpunkt<br />
Den regelmaBigen Regenfallen in der ersten<br />
Dekade und einer AnzaM leichter Gewitter-<br />
erscheinungen iitoer dem Ruhrtal folgte eine<br />
fast dreiwochige Trockenheit, die das Wachs-<br />
tum iiberaus ungiinstig beeinfluBte. Die Tages-<br />
durchschnittstemperatur hielt sich w&hrend<br />
dieser Zeit zwischen 12 bis 18 Grad, sank dann<br />
aber in der Nacht zum 20. Mai bis unter den<br />
Gefrierpunkt.* Die Eisheiligen kamen zwar<br />
verspatet, hinterlieBen dafiir aber um so deut-<br />
lidiere Spuren in Feld und Wald. „Die drei<br />
Herren Azius tun Knospen und Saaten viel<br />
VerdruB." Diesmal hielt ihre Herrschaft langer<br />
als drei Tage an. Sie hauchten in der Morgen-<br />
friihe ihren todlichen Reif auf die junge,<br />
sprossende Saat und das zarte Griin des jungen<br />
Waldes und gaben ihm stellenweise ein herbst-<br />
liches Farbenspiel. Erst gegen Ende des Monats<br />
stiegen die Temperaturen wieder an. An sieben<br />
Tagen fielen Ende Mai noch inEgesamt 20 mm<br />
Niederschlage, so daB im Ruhrtal eine Gesamit-<br />
menge von 41 mm verzeichnet werden konnte.<br />
Die Temperatur des Monats war recht unaus-<br />
geglichen. Sie zeigte Tageshochsttemperaturen<br />
bis 23 Grad und Nachttemperaturen, die bis<br />
unter den Nullpunkt reichten. Die monatliche<br />
Durchschnittstemperatur betrug 12 Grad. Die<br />
Zahl der Sonnenstunderi erreichte 240.<br />
Juni mit hohen NiederscMagen<br />
An 16 Tagen — genau wie im Vorjahre —<br />
regnete es imi oberen Ruhrtale. Die Nieder-<br />
schlagsmeBstelle in iNuttlar verzeichnete ins-<br />
gesamt 95 mm Niederschlage, wahrend das<br />
langfristige Monatssoll etwa 20 mm niedriger<br />
liegt. Der Bauer glaubte seine Heuernte in<br />
ernster Gefahr, als sich ein Regentag an den<br />
andern reihte. Aber der trockene Juni ist im<br />
Sauerland meistens eine groBere Gefahr fiir<br />
das Gedeihen der Friichte und des Futters. Da<br />
der Regen gerade im ,,'K u ck u ck s v i e r t e 1 -<br />
j a h r" — April bis Juni — schon in manchem<br />
Jahr auf sich warten lieB, hat man das Wort<br />
gepragt: „Im Juni bleibt man gerne stehn, /<br />
Um nach dem Regen auszusehn." Jedenfalls<br />
haben die uberaus reichlichen Niederschlage<br />
auch ihre gunstige Wirkung auf das Pflanzen-<br />
wachstum ausgeubt. Die durchschnittliche<br />
Monatstemperatur lag trotz einer kurzen<br />
„Schafskalte" recht hoch bei etwa 16 Grad. Die<br />
Zahl der Sonnenstunden: 250. Nur an zwei<br />
Tagen herrschte zeitweise dichter Nebel.<br />
100<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Juli mit wediselvoller Temperatur<br />
Der Juli war von recht zwiespaltiger Art.<br />
Bis zum 8. des Monats herrschte driickende<br />
Schwule. Am Abend dieses Tages entlud sich<br />
iiber dem Ruhrtal das in diesem Jahre bislang<br />
einzige heftige und langanhailtende Gewitter.<br />
Es brachte 17,4 mm Niederschlage und die er-<br />
wijnschte Abkiihlung. In den darauffolgenden<br />
Wochen -war die Temperatur — oft sogar<br />
innerhalb eines Tages — auBerst wechselvoll<br />
und schwankte am Tage zwischen 10 und<br />
20' Grad. Die Folge dieser unbestandigen<br />
Temperaturverhaltnisse waren mancherlei<br />
Erikaltungskrankheiten, namentlich Mandel-<br />
entziindung. Die monatliche Durchschnitts-<br />
temperatur lag bei 17 Grad. An 17 Tagen mit<br />
Regen verzeichnete man insgesamt 60 mm<br />
Niederschlage. An vier Tagen herrschte zeit-<br />
weise dichtester Nebel. Nur acht Tage zu Be-<br />
ginn des Juli waren ausgesprochene Sonnen-<br />
tage, wahrend an mehreren T'agen die Sonne<br />
iiberhaupt nicht hervortreten konnte. Die Ge-<br />
Erntemond mit viel Regen<br />
Im Erntemond soil nach dem Wunsche des<br />
Bauern Sonnenschein vorherrschen. Das gilt<br />
nicht minder fiir Obst und Wein, well das vom<br />
August einmal Versaumte auch von einem<br />
sonnigen Herbst nur schiwer nachzuholen ist.<br />
„Was der August nicht kocht, / kann der Sep-<br />
tember nicht braten." Im Sauerland jedoch<br />
steht das Augustwetter als Erntewetter nicht<br />
hoch im Kurse, denn der August gehort hier<br />
zu den regenreichen Monaten de s Jahres.<br />
Gleich dem Vorjahre verzeichnete er an 19 Ta-<br />
gen 80 mm Regen, darunter ausgerechnet an<br />
den letzten Hundstagen einen zweitagigen<br />
DauerguB von 38 mm. Alle Tage vom 14. bis<br />
22. 8. torachten Niederschlage, so daB die Ernte-<br />
arbeiten dadurch empflndUch beeintrachtigt<br />
wurden. Wir registrierten nur zwei leichte<br />
Gewittererscheinungen und vier Tage mit zeit-<br />
weise dichtem Nebel. Die Durchschnitts-<br />
temperatur des Monats betrug etwa 17 Grad<br />
und erreichte am 6. 8. mit einer Tagesdurch-<br />
schnittstemperatur von 22 Grad einen Hohe-<br />
punkt, wahrend das Ende der Hundstage ganz-<br />
lich verregnete. Die Zahl der Sonnenstunden<br />
(23. 7. bis 23. 8.) ist bereits merklich auf 150<br />
zuriickgegangen.<br />
September ohne Soflnenschein<br />
So regenschwer und griesgramig war nur<br />
selten ein Septembermonat, den man sonst<br />
wchl gar den „M ai des Herbstes" nennt.<br />
Nur f ii n f Tage des Monats toiieben ohne<br />
Regenfalle. An zehn Tagen herrschte stunden-<br />
lang dichtester Netoel, und kein Sonnenstrahl<br />
bahnte sich an acht diisteren Tagen den Weg<br />
durch das schwere Gewolk. Die Niederschlags-<br />
meBstelle in Nuttlar verzeichnete 125 mm<br />
Niederschlage, die an einzelnen Tagen mit<br />
wolkenbruchartiger Heftigkeit niedergingen<br />
und in den Hohenlagen des oberen Ruhrtales<br />
mehrfach mit Hagel gemischt waren. Die An-<br />
fange eines Altweibersomimers um die Mitte<br />
des Monats, der kalendermaBig vom 16. 9. bis<br />
2. 10. wahrt, wurden nach drei Tagen von einer<br />
Schlechtwetterlage verdrangt, die die Tem-
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peraturen stark absinken lieB. Die durdi-<br />
schnittliche Tagestemperatur des September<br />
laig unter 11 Grad, obgleich der langfristige<br />
Durchschnitt des Monats 14 Grad toetragt.<br />
Mehrfach sank das Thermometer in den Nacht-<br />
stunden auf den Nullpunkt, in der Nacht zum<br />
11. 9. sogar teicht unter den Gefrierpunkt. Die<br />
Zahl der Sonnenstunden hat 100 kaum iiber-<br />
schritten.<br />
Der Oktober tat es dem September gleich<br />
Mit 28 regnerischen Tagen voUendete der<br />
Oktober das unerfreuliche Bild eines triib-<br />
nassen Herbstwetters, wie wir es seit Jahr-<br />
zehnten kaum erlebt haben. September und<br />
Oktober zusammen zahlten allein 55 Tage mit<br />
Niederschlagen. Die NiederschiagsmeBBtelle<br />
Nuttlar registrierte 118 mm, eine Menge, die<br />
hinter der des verregneten September kaum<br />
zuriickblieb. Die Gesamtsurame der Jahres-<br />
niederschlage 1952 hat jetzt 800 mm iiber-<br />
schritten und laBt erwarten, daB in diesem<br />
(Sin Gic6 {)intcrm Ofcn 3U fingen<br />
Der Winter ist ein rechter Mann,<br />
kernfest und auf die Dauer;<br />
sein Fleisch fiihlt sich wie Eisen an<br />
und scheut nicht Siifi noch Sauer.<br />
Aus Blumen und aus Vogelsang<br />
weip er sich nichts zu machen,<br />
hajit warmen Drang und warmen Klang<br />
und alle warmen Sachen.<br />
Doch wenn die Fiichse bellen sehr,<br />
wenn's Holz im Ofen knittert<br />
und um den Ofen Knecht und Herr<br />
die Hande reibt und zittert;<br />
wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht<br />
und Teich und Seen krachen,<br />
das klingt ihm gut, das hafit er nicht,<br />
dann will er tot sich lachen. —<br />
Sein Schlofi von Eis liegt ganz hinaus<br />
beim Nordpol an dem Strande;<br />
doch hat er auch ein Sommerhaus<br />
im lieben Schweizerlande.<br />
Da ist er denn bald dort, bald hier,<br />
gut Regiment zu fiihren.<br />
Und wenn er durchzieht, stehen wir<br />
und sehn ihn an und frieren.<br />
Matthias Claudius<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Jahre mit 1000 mm insgesamt zu rechnen ist,<br />
da November und Dezemiber zu den regen-<br />
reicbsten IMonaten gehoren. Trotz der an-<br />
haltenden Regenlalle ist zu beotoachten, daB<br />
die Quellen nicht in der gewohnten Weise<br />
fliefien. Die geringe Zahl der Sonnenstunden,<br />
die unter 100 blieb, entspricht dem garstigen<br />
Herbstwetter, das Ernte und Saat in arge Be-<br />
drangnis brachte. Die durchschnittlicheMonats-<br />
temperatur des Oktober erreichte kaum 8 Grad<br />
und blieb unter dem langfristigen Durch-<br />
schnitt. Der erste Kalteeinbruch erf olgte in der<br />
Nacht zum 13. 10. Er fuhrte zu einer nachtlichen<br />
Tieftemperatur von —5 Grad und bewirkte<br />
den ersten starken Laubfall, namentlich den<br />
der Kastanie, der Linde und des Ahprns.<br />
Der November hielt den Rekord!<br />
Der Novemher — von jeher der nieder-<br />
schlagreichste Monat des Sauerlandes — -setzte<br />
die ununterbrochene Reihe der Wetteriiber-<br />
raschungen des Jahres 1952 fort. Ohne Um-<br />
schweife lieB er den regenschweren Herbst-<br />
tagen Schneegestober und erhebliche Tief-<br />
temperaturen folgen, ohne daB die Herbst-<br />
bestellung in unsern Hohenlagen zu Ende ge-<br />
fuhrt werden konnte. An nicht weniger als<br />
25 Tagen verzeichneten wir im oberen Sauer-<br />
land Regen- und Schneefalle, darunter sieben<br />
Tage mit mehr als 10 mm. Am 7. 11 stellte die<br />
NiederschlagsmeiSstelle Nuttlar gar die un-<br />
gewohnliche •Tagesroenge von 40 mm fest, so<br />
dafi vielerorts Hochiwassergefahr bestand. Der<br />
Gesamtniederschlag des Novemtoer erreichte<br />
175 man, ein Rekord, mit dem er vor alien<br />
iihrigen Monaten bei weitem an der Spitze<br />
liegt. In diesfem Monatsergebnis sind die<br />
Wassermengen von 16 cm Schneefail ein-<br />
begriffen. Die drei Herbstmonate Septemiber,<br />
Oktober und November verzeichneten zu-<br />
sammen an 77 Tagen (das sind 86 "/o aller Tage)<br />
Niederschlage, die zusammen 420 mm aus-<br />
machten. Unter den Herbstzeiten der letzten<br />
Jahrzehnte ist ein solcher Regenrekord noch<br />
niemals festgestellt worden. Die Monats-<br />
durchschnittstemperatur bewegte sich um<br />
3 Grad.<br />
Dezember — unbestandig wie das ganze Jahr<br />
Die Witterung des Monats Dezember war<br />
von jener Unbestandigkeit, die wir 1952 wah-<br />
rend aller Jahreszeiten erlebten und die in den<br />
Herbstmonaten sogar bedrohliche AusmaBe<br />
annahm. Der Frostperiode mit Schneefallen<br />
folgte vor den Weibnachtstagen eine milde<br />
Witterung mit starkeren iRegenfallen. Die<br />
Temperatur bewegte sich vielfach um den<br />
Nulilpunkt, so daB Glatteis den Verkeihr ge-<br />
fahrdete und Unfalle verursachte. Die Zahl der<br />
Tage mit Schneefallen — insgesamt 24 cm —<br />
betrug im Dezem'ber zehn, die Summe der<br />
Monatsniedersdiiage 72 cm. Wahrend der kal-<br />
testen Nacht, die sogar der „Hundertjahrige"<br />
genau vorausigesagt batte, sank das Thermo-<br />
meter 14 Grad unter Null (9. 12.). An einigen<br />
Tagen der zweiten Monatshalfte herrs(5ite<br />
dichter Nebel. Die durchschnittliche Tages-<br />
temperatur des letzten Mcnats des Jahres lag<br />
bei 0 Grad. Die Zahl der Sonnenstunden be-<br />
trug 60.<br />
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101
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer zahlte, trug so voile SpieCe heim, daB die<br />
Mutter wahrend der samtlichen Fastnachtstage<br />
ihm und der ganzen Sippe reichlich auf •<br />
schiisseln konnte.<br />
Luttke Fasfnacht<br />
Von Friedrich Wilhelm Grimme<br />
Masken, Nasen. und Schellenkappen, Fratzen<br />
und Bockspriinge! Auf dem Kopfe getanzt und<br />
die Beine aur Wand 'rauf gestreckt! Striimpfe<br />
iiber Stiefel, Jacken uber Rocke und das Maul<br />
uber die Ohren! — So iging es auch in unserm<br />
Dorfe, wenn Fastnacht war, aber nur in den<br />
Reihen der groBen Leute; wir KLednen. muCten<br />
die Verniinftigen sein — so wollten es der<br />
Schulmedster und der Pfarrer —, und wir<br />
waren^s auch. Aber der ndtige Ersatz dafiir<br />
fehlte uns nicht. Den eigentiichen Fastnachts-<br />
tagen ging und geht die „luttke Fastnacht"<br />
voraus, das ist der Donnerstag vor dem Fast-<br />
nachtissonntag, und diese kleine Fastnacht ge-<br />
horte ganz den Kleinen. Unser „WurstspieB"<br />
war schon wochenlang geschnitzelt und der<br />
„Wurstreim" einstudiert. Mit einer Papierttite<br />
auf dem Kopf und dem SpieB in der Hand<br />
zogen meine KoUegen das ganze Dorf entlang<br />
von Haus zu Haus, unx „den SpieB zu singen";<br />
ich hatte vom Vater leider nur die Erlaiibnis,<br />
den Pfarrer, den Nachbar Schenkwirt und<br />
meinen Paten heimzusuchen und da mein<br />
Liedlein erschallen zu lassen:<br />
„Luttke, luttke Fastnacht —<br />
Hier ist der SpieB — wo ist der Hast?<br />
Dort oben an der Weime,<br />
da hangen die fetten Schweine.<br />
Nun laBt das Messer gleiten<br />
bis mitten in die Seiten;<br />
nun laBt das Messer sinken<br />
bis mitten in den Schinken<br />
und laBt mich nicht zu lange stehn,<br />
muB noch ein Hauschen weiter gehn."<br />
Nun wuBten die Hausbewohner, wieviel Uhr<br />
^s war; sie holten ein Wiir-stlein und hangten<br />
es an unsern SpieB, oder waren die Wiirste<br />
schon den Weg alien Fleisches gegangen, so<br />
durchbohrten sie ein Rippenstiickchen; und<br />
steckten es uns auf. Zum Danke hatten wir zu<br />
singen:<br />
„Unterm Eichenboome<br />
soil's Gott der Herr belohnen.<br />
Kleine Maus, groBe Maus,<br />
Ungliick weich aus dlesem Haus."<br />
TrirUimphierend zog ich mit meiner Beute ab,<br />
und die Mutter warf mit der groBen Mittags-<br />
wurst auch mein erobertes Wurstchen in den<br />
Topf, und dies schmeckte mir zehnmal besser<br />
als ein regulares Stiick. Mancher arme Bube<br />
102<br />
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Klaine Musikanten<br />
In dr Slerre, in dr Slerxe<br />
flott de Drossel timme de Werre<br />
van diam Musekantensitze<br />
uawen op diar Dannenspitze.<br />
Hie dai swuate, do dai giale<br />
smettert iuter vuUen Kiale<br />
ohne Pause, iimme de Werre,<br />
bit de Sunne gaiht te Berre.<br />
Op diar swanken Dannenspruate<br />
waiget siak im Takt dai swuate:<br />
ik singe sau heU, ik singe sau klor,<br />
un warr ik well, dat wierek ferwohr;<br />
ik bugge mien Hius, dat heimlek et steiht<br />
in Doren, ganz krius, bo kainer et weit.<br />
Dai giale suiht in dian Owentschien<br />
un flott iahr sau weik un flen:<br />
Mien Nest, mien Nest, mien Nest<br />
iB mien Kiinninkriek, Kiinninkriek,<br />
Kunninkriek.<br />
O roihert nit dran, roihert nit dran, roihert<br />
nit dran,<br />
ik lauhnt ugg met Musik, Musik, Musik!<br />
Mien Liesebiat, Liesebiat, Liesebiat<br />
ies miene Kunigin, Kiinigin, Kiinigin,<br />
un ik iahr Kiinink, Kiinink, Kiinink, —<br />
un nix kann schoiner sin, schodner sin,<br />
schoiner sin.<br />
Gialdrossel, dai switt stille, dad swaute maker<br />
ne Knix:<br />
Niu is et Tiet te Berre, kumm fix, kumm fix,<br />
fix, fix!<br />
Franz Joseph Koch.<br />
Scblafe, schlafe!<br />
Schlafe, schlafe, liebes Kind,<br />
leise weht und singt der Wind.<br />
Er erzahlt dir was vom Mond,<br />
wo der „Mann im Monde" wohnt.<br />
Susa, Susa, schlafe ein,<br />
hor, der Wind erzahlt so fein:<br />
Einmal ging ein boser Mann,<br />
— so fangt die Geschichte an —<br />
wollte Holz am. Sonntag holen,<br />
und das Holz war auch gestohlen.<br />
Plotzlich weht ein Sturm daher,<br />
und den Mann sieht keiner mehr.<br />
Sitzt im Mond, kann nicht nach Haus.<br />
— So ist die Geschichte aus.<br />
Schlafe, schlafe, liebes Kind,<br />
leise weht imd sinigt der Wind.<br />
Er erzahlt dir was vom Mond,<br />
wo der „Mann im Monde" wohnt.<br />
Ferdinand Tonne.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Kinderlied vom Brot<br />
Das Korn in den Sacken<br />
soil niemand verstecken.<br />
Das Korn mxiB man mahlen,<br />
den Miiller bezaihlen;<br />
der Kornsack ist leer,<br />
der Mehlsack ist schwer.<br />
Das Mehl in den Sacken<br />
soil niernand verstecken.<br />
Das Mehl muC man backen,<br />
die Brote verpacken;<br />
der Mehlsack ist leer,<br />
der Brotkorb ist schwer.<br />
Das Brot in den Ecken<br />
soU niemand verstecken.<br />
Das Brot moiB man essen,<br />
den Hunger vergessen;<br />
der Brotkorb ist leer,<br />
der Magen ist schwer.<br />
Wir danken, Herr Backer,<br />
dein Brot war sehr lecker.<br />
Der Miiller mufi mahlen,<br />
der Vater toezahlen;<br />
wir danken auch sehr,<br />
gibt's bald wieder mehr?<br />
Ferdinand Tonne.<br />
Laickes taum lutkloppen van Fleytepiypen<br />
Mutter gif my'n Pennink.<br />
Bat weste met diam Penmnk?<br />
Steinkes kaupen, Steinkes kaupen.<br />
Bat weste mett dian Steinkes?<br />
Fiiggelkes schmeyten, Fiiggelkes schmeyten.<br />
Bat weste mett dian Fiiggelkes?<br />
Brohn, brohn, datt Peypken sail mey gerohn.<br />
Sippe sappe sunne,<br />
de Mauer is ne Nunne.<br />
De Vaar dai is en Pape,<br />
kann dai Peypkes maken.<br />
Schmitt se op et Water,<br />
latt se flaiten,<br />
bitt no Siinte Graiten.<br />
Sunnte Graite backet Pannkauken.<br />
Kam dai graute Hesse<br />
mett diam lanigen Messe,<br />
schneit diam Katken et Buikelken iut<br />
Hai driut. Sap driut,<br />
schmecket sau gut arre Piaperkriut.<br />
Wilhelm Schlinkmann.<br />
Gansesprache<br />
Wenn eine Gans mal Hunger hat,<br />
Dann schreit sie bettelnd: schnatt — schnatt —<br />
Und ist sie rundufnVoU und satt, [schnatt!<br />
so ruft sie wieder: schnatt — schnatt — schnatt!<br />
Ist sie vom vielen Schnattern matt,<br />
dann klagt sie miide: schnatt — schnatt —<br />
Und f ahrt ein Auto sie ganz platt, [schnatt.<br />
so stohnt sie selbst im Sterben: schnatt.<br />
Ferdinand Tonne.<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Tanz um den Maibaum<br />
Ratsel-Reime<br />
Wo heut die Sauerlander wachsen,<br />
war einst der Stamm der alien . .<br />
Auf hohen Bergen woll'n wir rasten.<br />
Du kennst gewifi den<br />
Die Porphyrfelsen, die ich meine,<br />
sie heiBen die<br />
Nach Altena reis' auch einmal,<br />
es iiegt im schonen<br />
Im Walde ieben Hirsch und Reh.<br />
Dorl Langscheid Iiegt am<br />
Ein munter Wasserlein ich kenne,<br />
es flieBt zur Ruhr und helBt die . . .<br />
Es sitzt der Hase gem im Kohl.<br />
Im Ruhrtal Iiegt Dorf<br />
Ein Bltck ins Wennetal hinein.<br />
Wir stehen auf dem<br />
Die Kinder spielen mit dem Ball.<br />
Bei Elpe ist ein<br />
Sing hell mit deiner Kinderstimme.<br />
In Assinghausen wohnte<br />
Das hohe Sauerland beschau,<br />
gar herrlich ist's bei<br />
Wo soviel Schones ist zu schauen,<br />
dank Gott fiir deiner Heimat<br />
AuHosung:<br />
•uanv<br />
— nEu^pJO•I^| •— ara^uuo — I'fPj'jassE'^ — raajsmsi<br />
-lE'M — tqouaraaj — amiaT — oessdios — IB}3UU31<br />
— smajs •lasniEinpnjai — ust^sv uaiq^jj — uasxpeg<br />
Inserat<br />
Die verehrlichen Jungen, welche heuter<br />
meine Apfel und Birnen zu stehlen gedenken,<br />
ersuche ich hoflichst, bei diesem Vergniigen,<br />
womoglich insoweit sich zu beschranken,<br />
daB sie daneben auf den Beeten<br />
mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.<br />
Theodor Storm.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
103
PL^TTDWIT<br />
Das Fremdworf im sauerlandischen Platf<br />
Wie in alien Sprachen der Welt gibt es auch<br />
im sauerlandischen Platt eine Menge Worter,<br />
die als Fremdworter empfunden werden. Es ist<br />
natiirlidi sehr schwierig, iiber die Herkunft<br />
vieler Fremdlinge etwas Sicheres zu sagen,<br />
nodi schwerer iitoer die Zeit ihres Eintrltts in<br />
das Plattdeutsche. (Wer von den Philologen<br />
und Gernjanisten hierzu etwas beisteuern<br />
kann, moge es unserm Plattdeutsch zuliebe<br />
tun.)<br />
Eine iiber Jahrzehnte sich erstreckende Be-<br />
obachtung und Sammilung fuhrte zu folgendem<br />
Ergebnis:<br />
Die meisten der als Fremdlinge empfundenen<br />
Ausdriicke im Plattdeutschen sind sicher ii'ber<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
weniger Kraft, derartige Worter in edit platt- •<br />
deutsche Form zu iibertragen, uni es iiber-<br />
nimmt sie deshalb eben in der lateinischen<br />
Oder griechisclien cder hochdeutschen Form,<br />
wie sie an das Plattdeutsche herankommen.<br />
Hier und da gelingt es dem Plattdeutschen<br />
noch, ein nsues Wort in eine echt plattdeutsche<br />
Form zu bringen. Ein feines Beispiel dafiir ist<br />
der „Staubsauger". Ais er vor vierzig bis ifiinf-<br />
zig Jahren zu uns kaim, iibernahm das Platt-<br />
deutsch das Wort etofen hochdeutsch, und man<br />
sagte im Sauerland: „Konn Ej mez wuahl mol<br />
Uggen Staubsauger laihnen?" — Irgendwo hat<br />
ein eclit plattdeutsch empfindender IVIensch<br />
dann das Wort „Huilebesmen" erfunden, ein<br />
herrliches Beispiel fiir die Anschaulichkeit des<br />
Plattdeutschen.<br />
In andern Fallen hat sich das plattdeutsche<br />
„Volk" fremde Worter, die ihm nichts sagten,<br />
sinnig zurechtgesprochen. Einige Beispiele:<br />
1. „Akeldrucht". Aius „Aquadukt", das man<br />
dem Architekten abgelauscht haben mochte,<br />
machte man „Akeldrucht". Dabei erinnert Akel<br />
an Ahl — Jauche; dai weerd diar dian Kanol<br />
diardrucht.<br />
2. „beschoten (cder noch besser: beschuatten)<br />
Nuett". Das mexikanische Wort „Muskat" sagte<br />
dem.Sauerlander nichts, und aus der „Muskat-<br />
nuB" wurde „beschoten Nuett", nach Dr. Nor-<br />
renberg die altere Form, und spater noch an-<br />
schaulicher „beschuatten Nuett".<br />
3. „Thiesek". Aus einem Gespracli zwischen<br />
Arzt und Geistlichem horte man das .griechi-<br />
sche „Phthisis" = Schwindsucht. Was lag naher,<br />
als aus dem „Phthisis" einen „Thiesek" zu<br />
machen; das klingt nach einem wilden Tiere.<br />
4. „van ollinges hiar" stammt nicht, wie Ver-<br />
fasser annahm, von lat. olim, sondern nach<br />
Dr. Norrenberg von mittelniederdeutsch „van<br />
oldinges".<br />
5. „Kunkelfluserej". Hierzu sa,gt Woeste:<br />
Ausreden, Winkelziige, Wirrwarr, Tauschung,<br />
bei Richey = Verwirrung; er meint, es sei aus<br />
(lat.) confusio abgeleitet.<br />
6. „Schelletahn". Bei Woeste heiBt es: 1. ein<br />
aus dem Munde hervorstehenider Zahn, Eber-<br />
zahn, 2. Mensch mit vorstehenden Zahnen. —<br />
Im sauerlandischen Platt ist der „Schelletahn"<br />
ein Mensch, der andere foppt und sie dann<br />
auslacht, ihnen die Zahne zeigt = Schelletahn.<br />
Das Wort hat wohl nichts mit frz. charlatan zu<br />
tun, wie Verfasser meinte, sondern es bezeich-<br />
. net nach Dr. Norrenberg einen, der die Zahne<br />
schalt.<br />
IV. AtoschluB.<br />
Das Vorstehende ist im kurkolnischen Sauer-<br />
lande gesammelt (und in Arnsberger Aus-<br />
sprache notiert), durfte aber stofflich auch<br />
mehr oder weniger Mr das marklsche iSauer-<br />
land zutreffend sein. Fiir die Erlauterung der<br />
nachstehenden „problemati;schen Falle" ist<br />
Verfasser Herrn Dr. Norreniberg-Miinster zu<br />
besonderem Danke verpflichtet!<br />
1. Alfanzerej (AManzerigge): Aoh, lot dai<br />
Alfanzerej! Woeste: Aberwitz, dummes Zeug.<br />
Norrenberg: schon mittelniederd. alefantzerie.<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
*!piatt5cutfd)e Q!le
6. foilen, <strong>Sauerländer</strong> Foilerej: <strong>Heimatbund</strong> Dat ies bare Foilerej. De Suerländer — 11. ostoiarig: Niu kejk di mol saon dullen,<br />
Woeste: albernes Geschwatz; Norrenberg: ostiiarigen Keerel an! — Woeste und Norrensicher<br />
nicht v. frz. feuiileton. Eher verwandt berg: o ist Vemeinunig. Urspr. Sinn: wer sich<br />
mit f aul also urspr. etwa „ein trages, lang- nicht steuern laBt.<br />
weiliges oder nicht ernst zu nehmendes Ge- 12. te profote: Dat daiht mej dai Keerel extro<br />
schwatz fiihren".<br />
te profote. — Norrenberg: v. frz. toravade<br />
7. fuetteln: Hai kann dat Fuetteln nit loten = Hohn, trotziges Wesen, faire br. = sich<br />
(argern, stankern). Frage: Konnte es v. frz. herausfordernd benehmen.<br />
fouetter = geiBeln, aiichtigen kommen? Oder 13. schammeraiern: Bat dai Ollen het bejhangt<br />
es mat „Fuett" zusammen? — Norren- nainschammeraiert, Dat hiat dai Junge all<br />
berg: doch wohl eher zu Fuett. Vigl. Woeste: vertestewaiert. — Norrenberg: kaum v. frz.<br />
fueten; schwed, stuta = auf den SteiS schlagen. champarter (wegen der ratselhaft verschwun-<br />
8. futtersaiern: Kai Keerl futtersaiert den denen p und t). Das Wort bedeutet in Altena<br />
ganzen Dag un iawer jaide Klainigkeit. — „Geld zusammenscharren, hamstern", in Nassau<br />
Woeste: wohl aus dem frz. foudre, Donnerkeil, und im Saarbriicker Lande „verderben". Vielwettern,<br />
poltern. — Norrenberg: nicht zu frz. leicht V. frz. chambrer = jemand in einem<br />
foudxe (weigen des tt und des kurzen u), son- Zimmer festhalten, um ihn beim Spiel ausdem<br />
zu frz. foutre! = Zum Henker!, zu frz. zuplundern.<br />
foutre = beschlafen, v. lat. futuere = dasselbe.<br />
9. indurmeki: Suih, suih, hai kann nit mehr<br />
met; hai durmelt in. — Woeste: vgl. s'endormir. Wie schon gesagt wurde, macht diese Samm-<br />
Norrenberg: wohl germ., zu norweg. dorma lung durchaus nicht den Anspruch, voUstandig<br />
= schlummern, verwandt mit hochdeutsch zu sein. Man muB — wie immer und gerade<br />
Dusel, der Tor.<br />
bei sprachlichen Sachen — nach Goethes Wor-<br />
10. Muke: lek hewwe Appele in de Muke ten einmal SchluB machen und der Zukunft<br />
(ins Bettstroh) dohen. Kann das mit frz. mou auch noch etwas iiberlassen. Es gibt gewiB im<br />
= weich zusammenhangen? — Norrenberg: Plattdeutschen noch zahlreiche Ausdriicke der<br />
Muke = Obstversteck = hess. Muttich (weit behandelten Art. Sie zu sammeln ist eine<br />
verbreitet in den deutschen Mundarten). dankbare Aufgabe.<br />
106<br />
EN SCHLAUKOPP<br />
Dai Holthuaffs kleine Hiarmen was<br />
En slidcerwitz'gen Jungen,<br />
Dai liuter sik te helpen wuBt'<br />
Ganz frey un ungetwungen.<br />
Te Pinkesen do harre hai<br />
En niggen Anzug kiegem.<br />
Sau teyn, arr wor im Kauphius hai<br />
Stracks iut dem Finster stiegen.<br />
Niu woll in seynem niggen Stoot<br />
Den Bestvaarn hai besaiken,<br />
Dai in diam Nowerduarpe sat,<br />
Im Huawe unnern Aiken.<br />
De Momme priak're: Tiarge nit,<br />
De Kuiens allerwiagen,<br />
Wisk' keine Snowwers an de Mogg'<br />
Niahm di in acht viiarm Riagen.<br />
Sau lalp dai Kleine wiahlig fix.<br />
Op tlinken Jungestaiten<br />
Diirt Feld dem Biuernhuawe tau,<br />
Met Slngen un met Flaiten.<br />
Do unnerwiages, — unverhotft, —<br />
— Op freyem Felde iawen, —<br />
Do trock en swor Gewitter op, —<br />
Ganz duister wor de Hiawen.<br />
Kein Baum, kein Hucht stond noge bey<br />
Bo henn soil hai sik retten?<br />
Bo sik im niggen Anzug gau<br />
Im Unwiahr unnersetten? .<br />
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Bat deh dai Knirps? Hai trock sik iut,<br />
Samt seynem Hiamd, dem witten,<br />
Lagt feyn tehaup dat ganze Tuig,<br />
Un genk d'rer brait op sitten.<br />
Sau wach'tre hai't Gewitter af,<br />
Bit dat et weyer helle, •—<br />
Fix droigere de Sunnenwind<br />
Seyn riagennatte Felle.<br />
Dann trock hai flink sik weyer an<br />
Un kam met sdielmsken Hiaten<br />
Bey seynem Bestevaaren an<br />
Grad' radit taum Middagiatten.<br />
.Josef P ii 11 e r.<br />
Kiarkenpafraunsfast in Hiallefelle<br />
De Laigensmied harre m.inistraiern hulpen<br />
un was ok taum laten beym Pastauer von<br />
Hiallefelle inladt. Diam seyne Hiushallerske,<br />
dai van Laigensmied all mehrmol optrocken<br />
was, harre fiVar sieker verkiinnet: „Dutmol<br />
smiart hai mik nit an." De DiB was decket un<br />
de Soppe opgaft. De Hiushallerske latte de<br />
Heerens in, sik te setten. In diam Augenblicke,<br />
bo dat geschoh, harre Laigensmied seynen<br />
Liepel im Rocke versw^innen loten und frogere<br />
ganz droige: „Bomet sail ik dai Soppe dann<br />
iaten?" Ganz vergoiset sprank de Hiushallerske<br />
riut un woll nau ne Ldepel halen. In diar Teyt<br />
schurre iar Laigensmied dat Fiatken met Solt<br />
in de Soppe. Bo sai den Liepel brachte, be-
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
dankere sik Laigensmied un vertallte flx nau<br />
ne liulensjjaigelstradch. Niu soli dat Solt wual<br />
smulten seyn. De Pastauer van Hiallefelle<br />
gafte dat Taiken taum Biaen. Dann wunskeren<br />
siark dai Gaste un de Pastauer gurren Awweteyt<br />
un fengen an, de Sappe te iaten. Als<br />
Laigensmied en aisten Laepel vull nahm, saggte<br />
hai: „Dunnerwlar, wat is dai Soppe solterig!"<br />
„Wais? Die Suppe ist nicht salzig, die kann ein<br />
Kranker essen", briusere de Hiushalierske op.<br />
„Nichts fiir ungut", ampfere Laigensmied, „ich<br />
will sie Euch zuliebe essen." Dai Heerens<br />
laiten siark dai fette Soppe smeckem. Au'k de<br />
Hiushalierske aat. Et diuere owwer nit lange,<br />
do kamen iar de Driippeln iuten Augen. Awwer<br />
sai harre saggt, de Soppe "wor nit solterig, un<br />
diashalf mochte se runner. Bolle genk et nit<br />
mahr. Sai mochte taugiewen, dat de Soppe nit<br />
te iaten was. Wann sai .Laigensmied mehr<br />
gloft harre!<br />
Ik harre geren iar Gesichte saihn, as sai<br />
miarkere, dat Laigensmied se doch weyer<br />
drane hat harre! Dann dian Herrens smeckere<br />
dad Soppe sau gutt, dat se nau mehr dervan<br />
hewwen wollen. F. B.<br />
De Schulte mett em Klingelbuil<br />
In ainem Meinen Diiarpken im Siuerlanne<br />
was ne nlgge Kiarke buigget woren. Niu briu-<br />
kern de Luie et Sunndagsmuarens nitt mahr<br />
nom Nowerduarpe, sondern se konnen in iahre<br />
eigene Kiarke gohn. Auk en diichtigen Vikar<br />
was van Poderbuarn schicket woren. 'Niu<br />
fehlere blaus nau dai Kiarkenvorstand. De<br />
Vikar nahm de Sake in de Hand un lait Liysten<br />
opsetten. Niu igenget ainen Sunndag tau diar<br />
Wahl. Biy diyser Wahl was auk de olle<br />
Schultenbiuer in dian Kiarkenvorstand wahlt.<br />
Hai was sick dieser Ahre auk bewuBt.<br />
De Kiarkenvorstand harre de aiste Sitzunge<br />
hat un et was beschluaten woren, dat sei et<br />
Sunndags auk met em Klingelbuil riimmegohn<br />
mochten. Et soil diarReyge no gohn. De Schulte<br />
soil dian Anfank maken. Niu harre dat auk<br />
nau nitt maket und hai nahm sick fiiar, aismol<br />
te utoen.<br />
Aines Dages genk de Schulte nohm Balken.<br />
Hai nahm sick einige Biuschken Strauh un satt<br />
se diar Reyge noh do henn, grad arre wann<br />
se an diar Kiarkenbank stohn harren. Dann<br />
nahm hai ne Haifuarke als Klingelbuil. Niu<br />
genk de Schulte an de Siyt stohn un raikere<br />
de Haifuarke van ainem Biuschken Strauh<br />
taum andem iimme, sick sau fiiar dian Sunn-<br />
dag te iiben. Owwer hai harre aint vergiaten.<br />
Dai Balken harre auk ne Klappe nohm Kauh-<br />
stall, diese stont uap. Arre niu de nachste<br />
Reyge niahmen wall, do hai ainen Fehltritt un<br />
hai landere bey dian Koggen. Do meke bey<br />
dian Diyers foot widder.<br />
De Schiiltzke harre en Bluer nohm Balken<br />
gohn sein. Weil se ne do owwer nitt finnen<br />
konn, raip se noh iahme, un se was erstaunt,<br />
van ainer ganz anderen Ecke Aintwort te<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Der Korbflechter<br />
Wilhelm Sommer<br />
kriygen. De Frugge wufite owwer nau nitt, bo<br />
se iahren Karl harre un raip: „Bo bist diu<br />
dann?" Do kam de Antwort iut me Kauhstall:<br />
„Ik bin in diar Unnerkiarke."<br />
Bat was de Schultzke erstaunt un bat lachere<br />
se, arre se iahren Karl im Kauhstall so, biu<br />
hai an diar Kriiwwe stohnt, un helt diah<br />
Koggen de Haifuarke fiiar, arre wuart de<br />
Klingelbuil.<br />
De Schulte harre owwer guat lort un hai<br />
stallte sik dian aisten Sunndag all recht nette<br />
do tau.<br />
Wilhelm Schlinkmann, Balve.<br />
Alkohol<br />
De Holteluie hadden imme lesten Winter<br />
enne Snapsflaske liegen loten, bo de Proffen<br />
innefallen un nau en Rasteken Snaps inne<br />
bliewen was. Imme Hiarwest funnen vy de<br />
Flaske, se kuckede nau sau iawen iut dem<br />
Kriute. Half was se vull van Fitteken un<br />
Beinen un Koppen van Kawels in dicken<br />
Klumpen. Bat was dann passiert?<br />
Ase det Froihiohr kam un de Kawels iahre<br />
Faste flerten, miarkeden se den .Geruk in der<br />
Luft un flaugen derop tau. Det gahze Froih-<br />
johr un den Stumer druchten sik diiiss un dai<br />
van den Kawels furt un kraupen der Flaske<br />
in den Hals. Aber triigge kam kainer. Dat is<br />
ge einmol sau bym Alkohol un all dian Dingen,<br />
dai met me verwandt syt: Der an kann me<br />
kummen, awer nit wier dervan aw^e.<br />
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107
Hius ungerm Auwer I josefK<br />
iHannes Schroer harre in d'r Feoermannstyd<br />
(Fuhrmannszeit) en igre'ot Hius bugget. Hal '<br />
harre 4 Piarre leopen. Dobi harre hai Stallun-<br />
gen un SlSpunge flar 6 Gespanne.<br />
Met syner Biurrie was dat nit ser wiet hiar.<br />
Domet konn hai eigentlek keuinen Stoot ma-<br />
ken. Syne Feller woren schroe Klippen un<br />
brachten nit viel in. latwas blatter was et met<br />
synen Wiesen.<br />
Niu mat me jo syen, dat et Hiusbuggen in<br />
dian Johren nit sehr viel kosteVe as'se huitegen<br />
Dages un de Hannes et holt taum^ me Buggen<br />
selber imme eigenen Biarege harre. Trotz-<br />
diamme harre de Hannes cxwwer neo maneges<br />
nit betalt. Sec mochte hai sdek no ner Swieger-<br />
doditer immeseuin, dai blanke Dahlers un en<br />
guerren Lappen Land metbranigen konn.<br />
Wilm, wat syh alleste Junge was, wor de<br />
meiste Tyd op d'r Asse. Hai feor met twai<br />
Appelschimmels in et Land. Meistens feoer hai<br />
Liar (Leder) van Hilchenbach un Wolken-<br />
Ennest un Laken un iblo Linnen van Atten-<br />
doren in et Ostland. Of hai bit no Konigsbiareg<br />
kummen is, iak wait et nit. Bit in de Giegend<br />
do uaben is hai awwer kummen. Bit do hienne<br />
sind namelek dai Lippstadter un dai Atten-<br />
dorner met dian iut 'ean Blister hinger dian<br />
Monchstoreiers hiar tuan. Diese Landsluie han<br />
et wall recht guet do uaben andruapen. Dohiar<br />
kam et dann eok, dat dai Leoihgiarebers un de<br />
Linnewiabers imme Attendorner un imme<br />
Blister seo guet te daune barren. De Feoerluie<br />
barren van me freoen Froihjchr bit in en<br />
Winter te foieren. Un seo kam et denn eck, dat<br />
de Wilm Schroer, de alleste Junge van me<br />
Hannes, nit recht de Tyd harre, siek no nem<br />
passenden Miaken iimimeteseuin. Dat woll,<br />
as'se gesaggt, syn Vatter, de alle Hannes daun.<br />
Wann de Wilm in diem Hiarebest heime<br />
kam un syn, Gespann un hai seleber gesund<br />
un heile waren, dann soil de Hochtyd syn. Seo<br />
harre dat de alle Hannes met synem Sefken<br />
iiiberleggt.<br />
Se barren et op diam Tiele^mes Vialten syn<br />
Settchen afseuin. Dat ware de richtege iFrau<br />
fiar dian Jungen. De Vialten harre harte Dah-<br />
lers neo van synem Vatter hiar. Hal harre op<br />
d'r Ennest groote Placken terechte maket, wo<br />
syek jetz neo dai jungen Piarre un Fiillen<br />
drope balegeren. Wann dat Settchen dian Wilm<br />
krayg, dann was et guet versuarret un em<br />
Schroer wor dann eck holepen. Seo harren de<br />
alle Hannes un et Sefken iiiberleggt.<br />
Niu harret awwer in dyem Johre in dian<br />
Oilper un Blister Biaregen seo viel riant, dat<br />
imme September un Oktober de Haber un et<br />
Kooren neo imme Felle stomgen. De Frucht<br />
was swuart \
11^ I<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Wiake wiast war. Wann unse Mutter et Sun-<br />
obends nummediges in de Kiarke woU, dann<br />
wuBte iek Bescheid, dann do se ahnstrieken,<br />
myne guerre Mutter. Niu was iek tefriaen.<br />
Tja, niu hawwek do wat schryewen, wo iek<br />
jetz selewer diyever lachen miat un diashalef<br />
wel ek ais mol ophoren un en Eogenblick an<br />
myne guerre Mutter denken.<br />
Anfang Marz, da Wilm was alt met twei Ge-<br />
spannen affeoert, do kamen alt de aremen Luie<br />
iut dem Wensken un iut em Oilper bit no<br />
Maumke un Schraenbrigge. Se soigigten Klei-<br />
koppeln op en Fellern. Dai doen se mahlen un<br />
in et Breot backen.<br />
Myne GroEmutter, dai 1816 op em Heuiins-<br />
berge (Heinsberg i. W.) gebuaren was, hiat et<br />
mynen allesten System neo vertalt, dat et<br />
ganze Oilper un Bilster op deui Benoilper un<br />
op deui Heunstoer iFeuerluie wachtet hlat. As'se<br />
imme Marz namelek de Haber issagget woren<br />
un dat iutgewinterte Kooren is nosagget<br />
woren, do is taum/ Jaten nicks mehr do wiast.<br />
De aremen Luie hat Wuerteln un Binne droiget<br />
un mahlen un diet Tuig (Zeug) met in et Breot<br />
Dacken.<br />
Hous - Hof - Garten<br />
Scbadlingsbekampfung<br />
Die Schadlingsbekampfung im Obstbau muB<br />
durch die Winte.spritzung vorbeugend vorge-<br />
nommen warden und durch die Sommerspritzung<br />
zum Tail vorbeugend, zum Teil miissen die<br />
Schadlinge direkt bekampft werden. Eine ge-<br />
naue Beobachtung der Obstbestande und Ge-<br />
miisebestande ist notwendig.<br />
Grundsatzlich ist festzustellen, da6 gut er-<br />
nahrte Pflanzen gegen tierische Schadlinge und<br />
pilzliche Krankheiten widerstandsfahiger sind<br />
als hungsrnde Pflanzen.<br />
Von den Pilzkrankheiten ist im Obstbau der<br />
gefahrlichste Feind das Fusikladium (Schorf).<br />
Der Schorf verunstaltet die Friichte und min-<br />
dert sie im Wert sehr stark.<br />
Von den tierischen Schadlingen ist die Obst-<br />
made am gefahrlichsten, well sie Gange bei den<br />
Friichten bis ins Kernhaus friCt. Die Obstmade<br />
verursacht die Hauptmasse des Fallobstes. Das<br />
wurmstichige Obst muB sofort vernichtet wer-<br />
den, das Fallobst aufgesammelt. Gegen den<br />
Apfelwickler, der die Obstmade erzeugt, sind<br />
zwei Sommerspritzungen mit InsektenfraBgiften<br />
am wirksamsten. Die erste Spritzung erfolgt<br />
kurz nach Abfallen der Bliitenblatter, die zweite,<br />
wenn die Friichte haselnuBgroB sind.<br />
Die gefahrlichsten tierischen Schadlinge im<br />
Obstbau miissen radikal" bekampft werden, wenn<br />
sie nicht ungeheuren Schaden anrichten sollen.<br />
Hierzu gehort die Rote Spinne. Es sind kleine<br />
lauseahnliche rote bis gelbliche Tiere. die an<br />
der Blattunterseite sitzen und feine Gespinste<br />
erzeugen. Gelbspritzmittel im Winter und Schwe-<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
As'se niu de Neot op et hogeste styegen is,<br />
seo imme Enge April un MaJidag rymme, do<br />
sind se dann ankummen, de Feoerluie iut<br />
Benoilpe un vamme Heunsberge un "wat barren<br />
se metbrachi;? „Kooren van Tooren", jowall<br />
„Korn von Torn". Met dyim Ryeme was dat<br />
Vertaleken amime Enge. Me konn dat jo eok<br />
guet behallen „Korn von Torn".<br />
Wyl dat niu eok et Sootkooren imirne Hiare-<br />
best un de Soothaber imme Froijohr wor un<br />
slecht wiast sind, konn dat jo imme nachsten<br />
Joihre nit viel biatter waren. In dien hungerigen<br />
Johren soil en slecht Breot twei Dahler kostet<br />
hawwen.<br />
Fiar de Feoerluie hiat dyese smachteriige Tyd<br />
viel Geld bracht. Un seo krayg dai alle Hannes<br />
Schroer syn nigge Hius unger em Auwer eok<br />
ohne Swiegerdoditer met viel iGeld toetalt.<br />
De Wilm hiat syek dann iimime nachsten<br />
Winter seleber no em dichtegen Miaken iiimrne-<br />
seuin. Dat Friggen woll hai doch seleber daun.<br />
Seo is et jo wall huitegen Dages eok neo.<br />
felspritzungen im Sommer sind wirksame Spritz-<br />
mittel zur Bekampfung. Die Rote Spinne tritt<br />
in den letzten Jahren sowohi im Obstbau wie<br />
auch im Wein- und Hopfenbau sehr stark auf.<br />
Die Obstmade wird vom Apfelwickler erzeugt,<br />
indem ein kleiner Nachtfalter, graubraun mit<br />
metallglanzenden Streifen und dunklen Flecken,<br />
seine Eier auf die Friichte ablegt. iMan beobach-<br />
tet zwei Generationen, die erste kurz nach der<br />
Bliite, die zweite im Juli bis August. Aus den<br />
Eiern entwickeln sich rosarote Raupchen. Die<br />
Obstmade ist ein gefahrlicher Apfelschadling.<br />
Man verwendet gegen die Obslmade und gleichf-<br />
zeitig gegen den Ringelspinner, Schwammspin-<br />
ner und gegen die Gespinnstmotten arsenhaltige<br />
FraBgifte.<br />
Zuweilen tritt auch der Frostspanner sehr<br />
stark auf. Gegen ihn werden Leimringe an alle<br />
Arten von Obstbaumen und Baumpfahle bis<br />
spatesteris 10. Oktober angelegt.<br />
Wichtig ist es, daB man seine Pflanzen stets<br />
beobachtet, um beim Auftreten von Krankheiten<br />
und Schadlingen sofort mit der Bekampfung<br />
einsetzen zu konnen.<br />
Wahrend sich der Landwirt angewohnt hat,<br />
nur gebeiztes Saatgut der Mutter Erde anzuver-<br />
trauen, wird dies bei Gemiise-Samereien nur<br />
sehr selten getan, obwohl bekannt ist, daB viele<br />
Krankheiten durch Samen iibertragen und ver-<br />
breitet werden. Grundsatz muB daher sein, alles<br />
Saatgut zu beizen. Der Einfachheit halber ver-<br />
wendet man am besten Trockenbeizmittel, z. B.<br />
Ceresan. Davon nimmt man ungefahr 3 g auf<br />
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109
1 kg Samen. Die zu beizende Samenmenge wird<br />
zusammen mit dem Beizmittel in eine saubere,<br />
trockene Blechbuchse oder Flasche gegeben und<br />
gut durcheinandergeschiittelt.<br />
Schnecken werden durch Streuen von Atz-<br />
kalk zwischen die Pflanzen bekampft. Auch<br />
Tannennadeln in Streifen um die Beete gestreut,<br />
halten die Schnecken vom Beet ab, da sich die<br />
Tannennadeln am Schleim der Schnecken fest-<br />
hangen und diese vernichten. Das Absilchen in<br />
den friihen Morgenstunden ist sehr ratsam.<br />
Biologische Bekampfung der Obstbaum-<br />
schadlinge<br />
DaB die Schadlinge in unsern Garten, Fel-<br />
dern, Fluren und Waldern elnes Tages unsere<br />
ganze Ernahrungswirtschaft in Frage stellen<br />
werden, braucht dem Naturkenner nicht mehr<br />
bewiesen zu werden. Die Biologen sehen den<br />
Zeitpunkt des Eintretens dieser Tatsache schon<br />
nach fiinfzig Jahren gekommen. Sie legen da-<br />
bei fiir ihre Kalkulation nur den bisher all-<br />
jahrlich erfolgenden Schwund der Vogelwelt<br />
zugrunde. In Wirklichkeit ist dieser viel hoher<br />
und kann jeden Tag zur Katastrophe werden,<br />
weil die Anwendung von Giften die natiir-<br />
lichen Feinde des Ungezief ers in weit hoherem<br />
MaBe trifft als das Ungeziefer selbst. Jeder<br />
Staatsmann miiBte erschrecken, wenn er da in<br />
der Zeitung unter der Uberschrift: ,,92 000<br />
Spatzen durch griingefarbten Strichnin ver-<br />
giftet" von derVertilgung der Spatzen liest, wo<br />
der naturgesetzllchen Wahrheit entsprechend<br />
hatte stehen miissen: „46 000 Zentner Raupen<br />
mit einem Schlage kiinstlich geziiichtet", denn<br />
der Spatz ist ein Allesfresser, der mit seinem<br />
Weibchen und mit seinen Jimgen wahrend der<br />
Sommerzeit wenigstens einen Zentner Raupen<br />
und Schmetterlinge vertilgt und zwar gerade<br />
die stark behaarten, die, abgesehen vom<br />
Kuckuck, kein anderer Vogel anriihrt.<br />
Als 1850 in Amerika das Raupenungeziefer<br />
die ganzen Ernten vemichtete, fuhrte man<br />
Spatzen ein, die bald Abhilfe schafften. Das-<br />
selbe war in Australlen der Fall.<br />
Im Universum gibt es kein Massenauftreten<br />
von Schadlingen, wenn der Mensch die Be-<br />
dingungen dafiir nicht schafft. Da mochte idi<br />
hier auf ein Bekampfungsmittel hinweisen,<br />
das unsere Vater zur absolut wirksamen Ver-<br />
tilgung der Wespen anwandten.<br />
Eine Glaskugel von ca. 20 cm Durchmesser<br />
und einer Halsweite von 2V2 cm wird zu einem<br />
Drittel mit verschaltem Bier, Driippelbier,<br />
SiiBmost, Traubensaft oder einer anderen siiB-<br />
sauerlichen Flussigkeit gefiillt und in ein bis<br />
zwei Meter Hohe iiber dem Erdboden auf-<br />
gehangen oder so aufgestellt, daB ffiir den ge-<br />
fangenenSchadling dieSicht gegen denHimmel<br />
durch die Offnung des Glases verdeckt ist.<br />
Man kann die Kugel auch so aufhangen, daC<br />
der eine Rand den Ast beruhrt, an dem die<br />
Kugel hangt, dann f angen sich auch die fliigel-<br />
losen Schadlinge. Samtliche Arten von Wes-<br />
pen, Fliegen, Brummern, Hornissen, Kafern,<br />
Schmetterlingen usw. konnen so auf harmlose<br />
Weise vernichtet werden, wenn wahrend der<br />
Friihjahrs- und Sommerzeit hinreichend Ku-<br />
110<br />
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geln aufgehangen und die geeigneten Fliissig-<br />
keiten ausgewahlt werden.<br />
Wer die oben angegebene Fangmethode an-<br />
wenden will, muB sich allerdings iiber eins<br />
klar sein, daB sich die schadlichen Insekten<br />
von den niitzlichen dadurch unterscheiden,<br />
daB sie auch Alkohol und sauernde Fliissig-<br />
keiten mogen, was bei den niitzlichen nicht der<br />
Fall ist. Es diirfen also in keinem Falle rein<br />
siiBe Fliissigkeiten wie Honig- oder Zucker-<br />
wasser zur Fiillung der Kugeln verwandt<br />
werden, da sich sonst auch niitzliche Insekten<br />
wie die Bienen und Hummeln fangen. Wo man<br />
toei einer Fliissigkeit nicht sicher ist, ob sie<br />
auch sauernd wirkt, schiittet man fiir alle<br />
Falle 20 bis 30 Tropfen Essig hinein, dann kann<br />
ein Schaden nie entstehen.<br />
Dr. F. B.<br />
Vorsidit, die Eisheiligen!<br />
Man kann bekanntlich nicht alle Gemuse-<br />
sorten so fruh pflanzen, wie es die Vegetation<br />
zulassen wiirde, wenn wir nicht im Mai meistens<br />
den Kalteeinbruch durch die Eisheiligen erwar-<br />
ten miiCten. Wenn diese uberstanden sind, kann<br />
man olme Gefahr die Bohnen und Tomaten ins<br />
Freiland bringen. Die Tomate wird mit Recht<br />
der Liebesapfel genannt und bringt bei richtiger<br />
Sortenwahl groBe Ertrage vitaminreicher Friichte.<br />
Die Tomate will aber einen warmen Standort<br />
haben und braucht eine gute Diingung. Zweck-<br />
maBigerweise pflanzt man die Tomaten mit<br />
Topfballen in das Freiland imd entfernt Papp-<br />
oder Torfmulltopfe beim Auspflanzen nicht. Bei<br />
der Entwicklung der Tomate muC man darauf<br />
achten, daB die Seitentriebe sofort entfernt war-<br />
den, damit die Tomatenpflanze keinen unfor-<br />
migen Busch entwickelt. Der Ertrag einer To-<br />
matenpflanze ohne Seitentriebe ist meistens<br />
voller und die Fruchte sind groBer. Die Tomate<br />
wird, weim sie ca. 30 cm hoch ist, am Stock<br />
festgebunden imd muB beim Nachwachsen in<br />
gewissen Abstanden immer wieder aufgebunden<br />
werden. Ein groBer Fehler ware es, der Tomate<br />
bei der Reifung die Blatter zu nehmen, weil<br />
diese die Reifung der Frucht fordern. Als<br />
lastige Krankheit finden wir bei den Tomaten<br />
die Blattfleckenkrankheit. Sie wird bekampft<br />
durch rechtzeitiges Bestauben mit organischen<br />
Fungiziden.<br />
Riditige HiUinerfiitteruiis<br />
Ein deutliches Urteil uber die Futterung kann<br />
man von den Ausscheidungen der Hiihner ab-<br />
lesen, wie man sie morgens im Stall vorflndet.<br />
Sind sie trocken und zusammenhSngend, so daB<br />
sie sich leicht wegkehren lassen, so darf man<br />
beruhigt sein, denn dann hat man gutes, kraf-<br />
tiges Futter gereicht, und die Eier werden nicht<br />
auf sichwarten lassen. Dagegen meldet breiige<br />
Oder gar flUssige Beschaffenbeit ein Zuviel an<br />
abfUhrenden Futterstoffen. Derartige Entlee-<br />
rungen enthalten viel imgeniitzte Nahrungssafte<br />
und Abmagerung der Tiere ist die Folge. So-<br />
lange sie dauert, steht auch die Entwicklung<br />
des Eierstockes still. Auf Eier ist also nicht zu<br />
rechnen, denn nicht eher fangt das Huhn an zu<br />
legen, als bis es ein bestimmtes Korpergewicht<br />
erreicht und Fett xmd Muskelfasern genug an-<br />
gesetzt hat. Ist man genotigt, viel Griinfutter<br />
und Wurzelfruchte, die stark abfiihrend wirken,<br />
zu reichen, sollte man doch eine Kornermahlzeit
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am Tage als Gegenmittel anwenden oder dem<br />
abfiihrenden Futter Kleeschrot oder Brennessel-<br />
schrot beimischen, bis ein gutes Kriimelfutter<br />
entsteht, das die abfUhrende Wirkung aufhebt.<br />
Kanindienmast im Winter<br />
In den Sommermonaten xind bei herrschender<br />
GriinfUtterung nehmen die Kaninchen nicht so<br />
schnell an Gewlcht zu wie in der kalten Jahres-<br />
zeit mit in der Hauptsache mehlhaltiger Nah-<br />
rung. Deshalb wahlt man zur Mast gem die<br />
Wintermonate. Das beste Mastalter liegt je nach<br />
der Rasse zwischen dem fiinften und sechsten<br />
Monat. Zur MastfUtterung darf jnan nicht plotz-<br />
lich iibergetien; dies wiirde zu Darmerkrankungen<br />
fuhren und die Mast verzogern oder sonst be-<br />
eintrachtigen. Wenn im allgemeinen fiir die<br />
Fiitterung des Kaninchens der Grundsatz gilt,<br />
dalj neben dem Griinlutter stets zu freier Wahl<br />
die Raufe voll Heu stecken soil, so ist das auch<br />
fiir die Zeit der Mast Vorschrift. Nach Moglich-<br />
keit soil die wassrige GrunfUtterung beschrankt<br />
werden, ohne sie jedoch der Appetitanregung<br />
wegen ganz einzustellen. Fiir die Mast muB<br />
kraftiges Futter gereicht werden, wozu wir den<br />
Hafer und die Gerste sowie Schrot aus diesen<br />
Getreidearten rechnen.<br />
Da das Kaninchen nachts nicht dauernd ruht,<br />
reicht man mit Vorteil dieses Kraftfutter am<br />
Abend. Zu den anderen Mahlzeiten gibt man<br />
vor allem Weichfutter aus gekochten Kartoffeln,<br />
Kohlriiben, Runkelriiben, Mohrriiben, denen<br />
man durch Getreideschrot eine trocken, kriime-<br />
lige Beschaffenheit gibt. Recht nahrhaft sind<br />
auch feingeriebene, getrocknete Nesselblatter<br />
und Kleemehl. Kleeheu kann an Stelle von<br />
gewohnlichem Heu gereicht werden. Sind die<br />
Tiere an Tranke gewohnt, kann man ihnen auch<br />
Milch, mehr oder weniger abgerahmt, vor-<br />
setzen. Auch Brot wird gut verwertet,<br />
Durch Abwechslung in der Fiitterung, be-<br />
sonders auch in der Bemischung von Krautern,<br />
wird das Kaninchen nicht nur bei guter Frefi-<br />
lust erhalten, sondern auch das Fleisch wird<br />
dadurch gunstig im Geschmack bee:nflul3t.<br />
Das Feuchtwerden des Salzes verhindert man,<br />
wenn man beim Einfiillen in den Salzstreuer<br />
einzelne Korner Reis beifiigt, die die Eigen-<br />
schaft haben, jede Feuchtigkeit anzuziehen.<br />
Beim Gemiise-Eintopf muB stets das Fleisch<br />
eine Stunde vorgekocht werden. Auf diese<br />
Weise erreicht man, daB Gemiise und Fleisch<br />
gleichzeitig gar werden, ohne daB das Gemiise<br />
allzusehr verkocht.<br />
Ranzig gewordenes Fett kocht man mit<br />
Magermilch durch, laBt es wieder fest werden,<br />
so dafi man es von'der Milch abheben kann,<br />
und kann es dann ohne Bedenken verwenden.<br />
Wollen Sie vermeiden, dafi die BratwUrste<br />
beim Braten platzen, so miissen Sie sie vor dem<br />
Braten in kochendes Wasser tauchen.<br />
Sie wissen doch schon, dafi eine kleine Prise<br />
Salz, zum Bohnenkaffee hinzugefugt, den Ge-<br />
schmack des Kaffees sehr stark verbessert?<br />
Um Haken oder Ndgel, die sich lockerten,<br />
. wieder zu befestigen, riihre man gepulverten<br />
Gips mit Wasser zu einem ziemlich dicken Brei,<br />
tauche Watte in die Mischung, wickle diese um<br />
den Haken oder Nagel imd presse ihn nun in<br />
das Loch, das dadurch wieder geniigend gefiillt<br />
Ratschlage - kurz und gut<br />
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„PTohlken" am Gartenzaun<br />
Die allgemeine Vorschrift, die FuttergefaBe<br />
sauber zu halten, muB fiir Mastkaninchen be-<br />
sonders peinlich beachtet werden, da die Ver-<br />
dauungsorgane schon durch die Mast sehr an-<br />
gestrengt werden. Soil das Mastkaninchen gesund<br />
bleiben, muB es immer noch einige Spriinge<br />
machen konnen. Sonst artet die Mast in Tier-<br />
qualerei aus.<br />
wird imd durch den erharteten Gips den Nagel<br />
ganz fest halt.<br />
Kacheln werden auch schon blank, wenn<br />
man sie mit einem in Magermilch getauchten<br />
Tuch abreibt und gut nachpoliert.<br />
Hat ein Milchtopfchen einen kleinen Sprung,<br />
so setzt man es in einem groBeren Topf mit<br />
Magermilch kalt aufs Feuer und laBt es zehn<br />
Minuten lang darin kochen. Das GefaB ist da-<br />
nach wieder dicht.<br />
Das Ankleben von gestdrkter Wasche beim<br />
Biigeln vermeidet man, wenn man der Starke<br />
beim Kochen etwas Salz zusetzt.<br />
Sehr empfindliche Stoffe starkt man, indem<br />
man sie vor dem Biigeln mit roher Milch an-<br />
feuchtet.<br />
Aus Waschstoffen lassen sich Tintenflecke,<br />
so lange sie noch frisch sind, durch sledenden<br />
Rindertalg entfernen. Die fleckigen Stellen<br />
werden hineingetaucht und so ausgebreitet, daB<br />
der Talg erstarren kann. Nach ungefahr zwei<br />
Stunden wascht man den Talg mit heiBem Was-<br />
ser und Seife aus, mit ihm sind die Flecken<br />
verschwunden. — Die befleckten Stellen kann<br />
man auch in ungekochte Milch legen und die<br />
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111
sich dunkel farbende Milch so lange erneuern,<br />
bis sie weiC bleibt; dann wird' mit warmem<br />
Wasser urid Seife nachgerieben und mit einem<br />
weiCen Tuch getrocknet. — Ungefarbte Stoffe<br />
kann man mit Wasserstoffsuperoxyd behandeln;<br />
man befeuchte die Flecken griindlich damit und<br />
lasse sie in der Sonne trocknen; spater spUlt<br />
man mit klarem Wasser nach.<br />
Frische Obstfleck^ aus kochbaren Stoffen<br />
entfernt man leicht, wenn man die fleckige<br />
Stelle Uber eine Schiissel spannt und so lange<br />
sprudelnd kochendes Wasser dariiber schuttet,<br />
bis der Fleck verschwunden ist.<br />
Bei alien anderen Stoffen miissen die Flek-<br />
ken durch Schwefeln entfernt werden. Zu die-<br />
sem Zweck legt man Schwefelfaden in einen<br />
Dosendeckel, ztindet sie an, stellt den Deckel<br />
mit dem brennenden Schwefel in einen Eimer<br />
und spannt den befleckten Stoff dariiber. Am<br />
besten bindet man den Stoff mit einem Bind-<br />
faden am Eimerrand fest, damit der Schwefel-<br />
dampf nicht seitlich entweichen kann. Die Fleck-<br />
stelle muC immer naB gehalten werden.<br />
In den heifien Sommerwochen seufzt manche<br />
Hausfrau iiber das Fehlen eines Kuhlschrankes.<br />
Wer auch kein Eis zur Verfiigung hat, kann<br />
sich leicht einen Eisersatz herstellen, der tage-<br />
lang seine Kiihlkraft behalt. Man gebe in eine<br />
kleine Wanne etwa acht Liter Wasser, in wel-<br />
chem man ein Packchen Waschblau und eine<br />
HandvoU Kochsalz auflost. Die Wanne mit die-<br />
ser Kiihlmischung stellt man in den Keller auf<br />
den FuCboden oder an einen sonstigen recht<br />
kuhlen Platz. In dieses Blauwasser stellt man<br />
die GefaCe mit den zu kiihlenden Speisen und<br />
Getranken.<br />
Um Ameisen aus Kiichenschrdnken zu ver-<br />
treiben, streue man ungeloschten, zu Staub<br />
zerfallenen Kalk aus. Diesem weichen die<br />
Ameisen sorgfaltig aus, ja, sie kommen nicht<br />
einmal in seine Nahe.<br />
Bei Bienen- und Wespenstichen kann man die<br />
Stichstelle mit frischen Zwiebelscheiben ein-<br />
WeiB der Kuckuck! Heute nacht ist mir flauer<br />
zumute als sonstnach dem sechsten Glas. Jetzt<br />
ein Glas kiihle Milch oder einen Joghurt. Soil<br />
ein alterprobtes Rezept sein. Und so stehe ich<br />
auf und schleiche zur Kiiche. Heimlich, versteht<br />
sich! — hier der Waschekorb — so — bautz!!!<br />
(das war der Minimax). Blode — jetzt leise, ja<br />
hier — die Speisekammer — aber was ist das?<br />
Das Kammerchen ist in geheimnisvolles blaues<br />
Licht getaiicht — wohl, well ich selbst blau<br />
bin — aber: das bewegt sich ja! Da kribbelt<br />
und krabbelt es, die Schranke sind offen — um<br />
den Sahnetopf tanzen zwolf Reiskorner Reigen,<br />
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Spok in der Speisekammer<br />
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reiben oder' mit Meerrettichblattersaft betrau-<br />
feln; wohltuend wirken auch Umschlage mit<br />
Salzwasser oder mit Heilerde, die man mit<br />
Essig angeruhrt hat. Hat einen eine Biene oder<br />
Wespe in den Hals oder Schlund gestochen, so<br />
nehme man einen Teeloffel Kochsalz, mit etwas<br />
Wasser versetzt, und schlucke es langsam.<br />
Zum Reinigen von mit Olfarbe gestrichenen<br />
Tiiren und Fenstern darf man nie Soda- oder<br />
Seifenwasser benutzen, da dadurch der Anstrich<br />
zerstort wird. Man benutze dazu reines Wasser<br />
und Clorkalk. Auf 1 Liter Wasser nimmt man<br />
drei EBloffel Chlorkalk. Mit einem Schwamme<br />
Oder weichen Lappen wascht man ohne starkes<br />
Reiben die Gegenstande ab und spiilt mit<br />
klarem Wasser nach.<br />
Fensterscheiben werden besonders schiin blank.<br />
wenn man dem leicht angewarmten Putzwasser<br />
einen SchuB Spiritus zusetzt.<br />
Die Thermosflasche reinigt man mit etwas<br />
Salz und Essig. Tiichtig schiitteln und gut aus-<br />
spiilen! Bei Nichtgebrauch offen aufbewahren,<br />
um muffigen Geruch zu vermeiden!<br />
Bei Ervaiidung und Hitze sind kalte Waden-<br />
wickel ein einfaches und dabei herrlich er-<br />
frischendes Mittel. Man taucht ein Frottiertuch<br />
in kaltes Wasser, wringt es leicht aus und<br />
schlagt es um die Waden. Wird dieser Umschlag<br />
ein paarmal erneuert, so geht die Hausfrau<br />
wohlig erfrischt wieder an die Arbeit.<br />
Eine gute Methode, um Wachstuch am Brechen<br />
zu hindern, ist folgende: Bevor das Wachstuch<br />
auf dem Tisch festgemacht wird, schneide man<br />
ein Stuck Papier in derselben GroBe, das mit<br />
Oel getrankt und auf dem Tisch aufgespannt<br />
wird. Dazu kann ein gewohnliches Maschinenol<br />
verwendet werden. Auf das olgetrankte Papier<br />
wird nun das Wachstuch stramm aufgespannt.<br />
Wenn weifie Wdsche stockig geworden ist,<br />
weicht man sie iiber Nacht in Buttermilch ein,<br />
wascht sie am Morgan aus und breitet sie naB<br />
auf dem Rasen in der Sonne aus.<br />
und auf dem Teesieb tanzen zwei Zwiebacke<br />
Samba. Den einen kenne ich wieder, den habe<br />
ich gestern angebissen und wieder hingelegt.<br />
Plotzlich erstarrt alles Leben: Auf der An-<br />
richte stolzieren Se. Excellenz MILCH und Frau<br />
Gemahlin, geborene von El, hoch erhobenen<br />
Hauptes einher. Miissen schwer reich sein, alles<br />
dienert. Am Rande der Tischplatte lungern ein<br />
paar Erbsen und Bohnen herum. Eine zischt:<br />
,.Die haben EiweiC wie Heu!" „Und dazu noch<br />
das beste, was es gibt", fliistert ein Nachbar.<br />
,,In deren EiweiB sind ja gerade alle die wich-<br />
tigsten Aminosauren enthalten, die die Menschen<br />
brauchen, wenn sie daraus ein wertvolles eige-<br />
nes Korper-EiweiC aufbauen sollen."<br />
,,Versteh ich nicht", mault eine Bohne und<br />
wischt sich die Nase mit dem Handriicken.<br />
,,PaB auf: Alle EiweiBarten sind aus sogen.<br />
Aminosauren aufgebaut, etwa 25 verschiedenen.<br />
Die aber sind von recht unterschiedlichem<br />
Wert. Zehn davon sind fur den Korper beson-<br />
ders wichtig. In den meisten Nahrungsmitteln,<br />
die der Mensch zu sich nimmt, sind aber gerade<br />
diese zehn leider nicht in zureichenden Mengen<br />
enthalten. Die Milch aber, die hat sie in sich!<br />
Und obendrein finden wir sie bei ihr noch viel<br />
preiswerter vor. Bei der Verdauung wird nun<br />
das EiweiB im Darm wieder in seine Amino-<br />
sauren aufgespalten. Und nun baut sich der<br />
Korper sein eigenes KorpereiweiB damit auf.
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,,Verstehe", strahlte die Bohne. „Wichtig ist also<br />
die regelmaCige Zufuhr gerade jener zehn be-<br />
sonderen Aminosauren." „So ist es! Und wenn<br />
er die nicht bekommt, na, schaut euch doch<br />
unseren Alten hier im Hause an: Der trinkt<br />
keine Milch. Und wie sieht' er aus? Blutarm,<br />
spindeldiirr und arbeiten kann er auch nicht<br />
mehr richtig . . ." Darum ,,'Excellenz"! — Eben<br />
begegnen die Excellenzen den Biirgern „Fleisch"<br />
und „Fisch", hinter denen ein paar Ahren und<br />
eine Kartoffel wandeln. Auch die machen tiefe<br />
Verbeugungen. Also stehen nach ihrem biolo-<br />
gischen Wert an der Spitze die Nahrungs-Ei-<br />
weiBarten yon Milch und Ei. Darauf folgen<br />
Fleisch und die inneren Organe von Tieren und<br />
Fischen, denen in geringem Abstande die guten<br />
pflanzlichen EiweiBarten, Soja, Getreide und<br />
Kartoffel, folgen. Und den SchluB bilden diese<br />
kleinen Rotznasen da am Tischrand, die Hulsen-<br />
friichte, deren EiweiB den geringsten biolo-<br />
gischen Wert hat . . . Kinder, ich bin ganz<br />
niichtern geworden. Mir ist ein Licht aufge-<br />
gangen. Ich brauche ja die, wie wir gesehen<br />
haben, nicht besonders wertvollen EiweiBstoffe<br />
unserer taglichen Durchschnittskost nur mit<br />
Milch zu erganzen. Und schon habe ich die<br />
beste Mischung. aus der ein erstklassiges Kor-<br />
pereiweiC aufgebaut werden kann.<br />
Das will ich gleich meiner Frau erzahlen,<br />
aber — ich glaube, die weiB das schon lange.<br />
/(e/ne (jnade fiir Olga<br />
Von Natur aus hat der deutsche Mensch<br />
reichlich viel Herz und Gemiit. In diesem Fall<br />
sogar zuviel. Denn immer wieder findet man<br />
bei grofien und kleinen Poeten ein Lob auf die<br />
— Fliege, genauer gesagt, die Stubenfliege, auf<br />
eben jenes Ungeheuer, das mehr Menschenleben<br />
auf dem Gewissen hat als der bengalische Tiger<br />
aus dem indischen Dschungel und die gefurch-<br />
tete Riesenschlange im Urwald.<br />
Da erzahlt ein Dichter von der Traulichkeit,<br />
wenn am Winterabend die Winterfliege um die<br />
•Lamps fliegt. Unsere Fliege hieB Olga, sagt er<br />
und meint weiter von besagter Olga „Dein<br />
summender Flug ist wie der Gedanke an die<br />
Sonne, die jetzt vollig fehlt — —".<br />
Ein anderer anscheinend besonders zart be-<br />
saiteter Lyriker laBt sich wie folgt vernehmen:<br />
.,Ich tote Insekten nur in der Notwehr. Der<br />
Motte gegeniiber ist freilich fiir den auf Klei-<br />
dung angewiesenen Europaer die Notwehr<br />
jederzeit gegeben. Aber ich liebe es, mir mog-<br />
lichst den ganzen Winter hindurch eine Fliege<br />
zu halten. , So ein tJberlebsel des allgemeinen<br />
Fliegenloses bezeichnet man als Brotlliege und<br />
knupft daran einen freundlichen okonomischen<br />
Aberglauben — —".<br />
Dieser Aberglauben besteht darin, dafi das<br />
Brot im Schrank nicht alle werden soil, solange<br />
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das angeblich freundliche Brummen der Flie-<br />
gen ertont!<br />
Und ein so weitkundiger Dichter wie Joachim<br />
Ringelnatz, dem alle Meere und Schnapsflaschen<br />
der Elrde bekannt waren, versteift sich, vermut-<br />
lich alkoholumdunstet, zu einem Hymnus:<br />
Hoch soil sie leben!<br />
Auch tief darf sie leben,<br />
Meine Stubenfliege in der Winterzeit!<br />
Immer noch studiere<br />
Ich am kleinsten Tiere:<br />
Welche himmelhohen Ratsel es gibt ".<br />
Genug der Poesie. Hier die rauhe Wirklich-<br />
keit, mit der wir der gemeinen Stubenfliege<br />
(musca domestica) die Larve vom hamisch<br />
grinsenden Gesicht reifien:<br />
Das Fliegenweibchen stort nicht nur deine<br />
Mittagsruhe durch infernalisches Summen und<br />
durch den Versuch, mit seltener Hartnackigkeit<br />
immer wieder die Spitze deiner Nase Oder deine<br />
glanzende Stirn anzufliegen, sondern sie legt<br />
viermal im Sommer 70 bis 90 Eier. Jede aus-<br />
geschliipfte Fliege ist nach 14 Tagen fortpflan-<br />
zungsfahig, so daB die von weltfremden Schrei-<br />
bern verhatschelte Stubenfliege die Ahnin<br />
ungezahlter anderer Fliegen wird. 2 200 000 Nach-<br />
kommen kann eine Fliege in einem Jahr haben,<br />
wenn die Natur selbst ihr nicht auch Feinde<br />
gegeben hatte und wenn andere Menschen nicht<br />
verniinftiger waren und die Fliege mit Patschen<br />
und Leim und Raucherzeug ausrotteten, wo sie<br />
nur konnen.<br />
Denn, und darum geht es jetzt: die Fliege<br />
ist als Bakterientrager, wie andere Insekten,<br />
unser erbitterster Feind, der es nicht verdient,<br />
aus hochgehenden Wogen der Waschschiissel<br />
mit zarter Hand gerettet zu werden. Von jedem<br />
Misthaufen, aus jeder Kloake, vom stinkenden<br />
Kadaver setzt sich die „Brotfliege" auf unsere<br />
Teller, unsere Speisen und flugs haben wir<br />
Menschen die schonsten Krankheiten am Hals. .<br />
Typhus, Ruhr, Cholera, Tuberkulose, Milzbrand<br />
und Kinderlahmung.<br />
Vor fast 3000 Jahren ist die Fliege bereits im<br />
alten Griechenland richtig durchschaut worden,<br />
denn der verehrungswiirdige blinde Dichter<br />
Homer nennt sie schon „schamlos" und der<br />
grimmige Frankfurter Philosoph Schopenhauer<br />
spricht von ihr als dem „Symbol der Unver-<br />
schamtheit und Dummdreistigkeit." Dieser mo-<br />
ralischen Hinrichtung ware nichts mehr hinzu-<br />
zufiigen.<br />
Zum Gliick sind wir nicht mehr darauf<br />
angewiesen, diese Schadlinge nur mit dem<br />
nassen Handtuch und der Fliegenpatsche zu erle-<br />
gen Oder darauf zu warten, ob sie am Leimring<br />
kleben bleiben, sondern die Wissenschaft gibt<br />
uns erfolgreichere Mittel in die Hand, z. B. das<br />
Jacutin, das in Form von Rauoherstabchen Uber-<br />
all Verwendung finden kann. Das Raucher-<br />
stabchen ziindet man an und laBt es abglimmen.<br />
Der entstehende Jacutindampf schlagt sich in<br />
miskroskopisch feiner Verteilung uberall im<br />
Raum nieder und wirkt dort als Beriihrungsgift<br />
zuverlassig auf alle Insekten. Die Raume bleiben<br />
nach einmaliger Behandlung mehrere Tage frei<br />
von Insekten. Fiir Mensch und Haustier ist<br />
Jacutin unschadlich.<br />
Olga, Hilde und Desdemona heiBen bei sanf-<br />
ten Poeten die sogenannten Brotfliegen an trau-<br />
lichen Winterabenden. Wir haben nur zu sagen:<br />
totet sie, sonst toten sie euch!<br />
Keine Gnade fiir Olga. Und keine fur Hilde I<br />
FS.<br />
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113
Sauerlandisdies Sdirifttum in unserer Zeit<br />
Neue Folge — Fortsetzung aus dem Suerlanner 1952 und 1953<br />
Von Heinrich Gathmann<br />
Vorbemerkungen: Das Verzeichnis nennt Schriften sauerlandischen Charakters und<br />
Werke von Schriftstellern, die im Sauerland ihre Geburts- Oder Wahlheimat haben. Es<br />
fiihrt Schriften auf, die noch im Buchhandel zu haben sind; die Preise daftir sind nach<br />
dem neuesten Stande angegeben.<br />
Das Verzeichnis soil Uber das vorhandene Schrifttum unterrichten in der Absicht, die<br />
Aufmerksamkeit der Leser auf die Biicher der Liste zu lenken. Eine summarische Emp-<br />
fehlung ist damit nicht ausgesprochen; es bleibt vielmehr jedem Benutzer der Liste iiber-<br />
lassen, seine Wahl ganz nach seinem Belieben zu treffen.<br />
Auch dieses Jahr kann das Verzeichnis keine Schriften in Sauerlander Platt nennen.<br />
Das schon lange vorbereitete und angekiindigte plattdeutsche Gedichtbuch ,,Bunte Muse-<br />
kanten" von Franz Joseph Koch (t 1947) liegt leider noch nioht vor. Dagegen weist die<br />
sauerlandische Zeitschriftenliteratur erfreulicherweise zwei bedeutsame Neuerschei-<br />
nungen auf:<br />
Der Sauerlander <strong>Heimatbund</strong> gibt seit Januar d. J. als 15. Jahrgang der' „He;mwacht"<br />
und der „TrutznachtigaU" den vierteljahrlich erscheinenden „Sauerlandruf" heraus, unter<br />
der Schriftleitung von Studienrat i. R. Joseph Ruther, Brilon. In ihrem neuen Namen<br />
schon betont die Zeitschrift die Besonderheit ihres Auftrages: Rufer und Mahner zu sein<br />
zur Erneuerung der
Gobel, Bernhard, Th. Tochtrop<br />
und Ferdinand Tonne,<br />
Gobel. Bernhard und<br />
Theodor Tochtrop,<br />
Homberg, Albert K.,<br />
Huneke, Ferdinand,<br />
Kahle, Maria,<br />
Kejiler, Karoline,<br />
P. Willibrord Menke,<br />
Menne, Hans,<br />
N eheim-HUsten-Sundern.<br />
Olbertz, Gerta,<br />
Predeek, Franz,.<br />
Rave, Wilhelm,<br />
Rave, Wilhelm (Herausgb.),<br />
Reinold, Ludwig, u.<br />
Franz Middelmann,<br />
Rinscheid, Josepf,<br />
Rottgermann, H.,<br />
Scheele, Norbert,<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Friedrich Wilhelm Grimme, dem Dichter des Sauerlandes, zum<br />
125. Gebiirtstage. 1827—1952. 32 S. Druck und Auslieferung:<br />
Josefs-Druckerei, Bigge. Kart. 0,30 DM.<br />
Mein Familien- und Dorfbuch. Eln Arbeits- und Merkbuch fur<br />
imsere Jugend. 32 S. Verlag Lambert Lensing, Dortmund. 1953.<br />
Kart. 0,70 DM.<br />
Der Kreis Meschede im Spiegel der Zahl. 2. Aufl. 1953. (Arbeits-<br />
und Lesebogen fiir die Schulen des Kreises Meschede, heraus-<br />
gegeben von Schulrat Leines, Heft 1.) Geh. 0,30 DMi<br />
Sagen des oberen Sauerlandes. 2. Aufl. 1953. 40 S. (Arbeits- und<br />
Lesebogen, Heft 2.) Geh. 0,40 DM.<br />
Das obere Sauerland im Spiegel der Geschichte (1. Teil, bis 1400)<br />
50 S. (Arbeits- und Lesebogen, Heft 3.) Geh. 0,40 DM. Die Hefte<br />
sind zu beziehen durch Hauptlehrer Tochtrop, Nuttlar.<br />
Meine Heimat, der Kreis Meschede. 2. Aufl. 1953. (Arbeits- und<br />
Lesebogen, herausgegeben von Schulrat Leines, Heft 1—7.)<br />
294 S. In Kunstleder 7,— DM. Zu beziehen: wie oben.<br />
Die Entstehung der westfalischen Freigrafschaften als Problem<br />
der mittelalterlichen deutschen Verfassungsgeschichte. 138 S.<br />
Verlag Regensberg, Munster. 1953. Kart. 7,50 DM.<br />
Krankheit und Heilung anders gesehen. 273 S. 9. Aufl. Staufen-<br />
Verlag, Kamp-Llntfort. Halbleinen 11,50 DM.<br />
Madchen im Urwald. Eine Erzahlung aus der brasilianischen<br />
Kolonistenzeit. 96 S. Mit Bildern. Verlag Herder & Co., Frei-<br />
burg i. Br. 1953. Kart. 1,95 DM.<br />
Was die Schildkrote erzahlte. 3. Aufl. 62 S. Mit Bildern. Verlag<br />
Enslin u. Laiblin, Reutlingen. Geb. 2,75 DM.<br />
Kloster Wedinghausen. Ein Stuck Heimatgeschichte fiir Kinder.<br />
19 S. 6 Abb. Druck: Lensing, Arnsberg. 1953. Geh. 0,40 DM.<br />
Geheimnis um Illerburg. Erlebnisse zweier Berliner Jungen mit<br />
Menschenraubern, Todesstrahlen und Dusenjagern. 125 S. Mit<br />
Zeichnungen. Morus-Verlag, Berlin-Dahlem. 1953. Kart. 1,90 DM,<br />
Halbl. 3,40 DM.<br />
Freunde durch dick und dunn. Taidors Ferienabenteuer im<br />
Hochsauerland. 128 S. Mit Bildern. Verlag: Ebenda. Kart.<br />
1,90 DM, Halbl. 3,40 DM.<br />
Gedanken iiber abstrakte Malerei. 10 S. Selbstverlag, Balve. 1953.<br />
Geh. 0,50 DM.<br />
100 Jahre Sparkasse 1852—1952. Herausgegeben von der Verbands-<br />
sparkasse Neheim-Husten-Sundern. 62 S. GroCformat. 41 Fotos.<br />
Mit einem heimatkundlichen Beitrag — 26 S., 22 Bilder<br />
1 Karte — von Bernhard Bahnschulte. Nicht im Handel.<br />
Die Entstehung unserer nordsauerlandischen Heimat. 40 S.,<br />
15 Kartenskizzen. (6. Beitrag zur Heimatkunde des Honnetals,<br />
herausgegeben vom Stadt. Heimatmuseum in Menden.) Von<br />
dort Oder durch den Buchhandel zu beziehen. Kart. 1,30 DM.<br />
Um Mohne und Wester. (Heimland. Ein Sauerlander Wander-<br />
buch. Band 1.) 80 S. Verlag der Westfalenpost, Hagen. 1953.<br />
Geh. 2,50 DM, geb. 3,50 DM.<br />
Westfalische Baukunst. (Westfalen-BUcher, herausgegeben von<br />
Josef Bergenthal, 16. Bandchen,) 64 S. mit 52 Abb. Verlag<br />
Franz Coppenrath, Munster. 1953. Pappb. 3,40 DM.<br />
Kunstfuhrer des Kreises Brilon. 20 S. Verlag Regensberg, MiiMter.<br />
1953. Geh. 0,30 DM.<br />
Der Kreis Meschede. Eine monographische Darstellung. Im Auf-<br />
trage der Kreisverwaltung heraiiisgegeben von Dr. Ludwig<br />
Reinold und Dr. Franz Middelmann. 171 S. Grofiformat. Mit<br />
zahlreichen Fotos und Zeichnungen von H. Knlffka und Han-<br />
nes Pingsmann. Verlag Hans Burkard, Essen. 1953. Ganzl.<br />
10,80 DM.<br />
Lorenz im Ebertseifen. Eine gesohichtlicbe Erzahlung aus der<br />
Zeit des Hexenwahns im Wildenburger Lande. 31 S., 1 Bild.<br />
Selbstverlag des Verfassers In Niederfischbach. 1,^ DM.<br />
Die Geschichte der Industrie des Wirtschaftsraumes Menden-<br />
Frondenberg und seine Probleme seit Beginn des 19. Jahr-<br />
hunderts. (3. Beitrag zur Heimatkunde des Honnetals, heraus-<br />
gegeben vom Stadt. Heimatmuseum Menden.) 2. und erweiterte<br />
Aufl. 1952. 287 S. und 30 S. Bilder, Dokumente und Statistiken.<br />
Auslieferung: Stadt. Heimatmuseum Menden. Halbl. 10,50 DM.<br />
Geschichte der Gemeinde Olpe-Land. 266 S., 2 Karten, 15 Abb.<br />
Verlag Burgermeisteramt, Olpe (Westf.) 1952. Ganzl. 6,— DM.<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
115
Scheffer, Wilhelm, u.<br />
Ferdinand Tonne,<br />
Stracke, Clemens,<br />
P. Friedrich Stracke,<br />
Straub, August,<br />
Tuch, Hannes,<br />
Das obere Sauerland im Spiegel der Geschichte. 1. Teil. (Arbeits-<br />
und Lesebogen fur den Kreis Brilon, 1. Heft.) 48 S. Verlag der<br />
Josefs-Druckerei, Bigge. 1953. Geh. 0,40 DM.<br />
Sagen des oberen Sauerlandes. (Arbeits- und Lesebogen, 2. Heft.)<br />
40 S. Verlag: Ebenda. 1953. Geh. 0,40 DM.<br />
Dreihundert Jahre Volksschule Bilstein. Eine Chronik der<br />
Schulen des alten Kirchspiels Kirchveischede in Bilstein. 60 S.<br />
Selbstverlag der Gemeinde Kirchveischede in Bilstein. 1953.<br />
1,50 DM.<br />
Capita Nili. Roman einer uralten Frage. 256 S. Mit 32 Bildseiten,<br />
Karten und lUustrationen. Verlag Gebr. Zimmermann, Balve.<br />
Ganzl. 11,80 DM.<br />
Goethe-Anekdoten. (Munchner Lesebogen Nr. 87.) 19 S. Munch-<br />
ner Buchverlag, Miiinchen. 1950. Geh. 0,25 DM.<br />
Der Wind hat mir ein Lied erzahlt. Geschichten vom deutschen<br />
Lied. (Munchner Lesebogen Nr. 50.) 31 S. Verlag: Ebenda. 1950.<br />
Geh. 0,25 DM.<br />
Schattenrisse aus der Goethezeit. (Munchner Lesebogen Nr. 77.)<br />
19 S. Verlag: Ebenda. 1950. Geh. 0,25 DM.<br />
Der heitere Goethe. Goethes Humor. (Munchner Lesebogen Nr.<br />
112.) Verlag: Ebenda. 1950. Geh. 0,25 DM.<br />
Waldlaufer auf lautlosem Pfad. 129 S. Mit 27 ganzseitigen Fotos.<br />
Verlagsanstalt Rheinhausen, Rheinhausen. 1952. Ganzl. 8,50 DM.<br />
Das Buch der Baume. Eine Darstellung in Wort und Bild unserer<br />
gebrauchlichsten Baumarten. 80 S. Mit Zeichnungen. Verlag:<br />
Ebenda. 1952. Halbl. 2 90 DM.<br />
Neue Heimafbijcher<br />
Die biicherkundlichen Angaben (Verlag, Preis usw.) der nachstehend besprochenen Biicher<br />
sind, soweit sie nicht in der Besprechung selbst mitgeteilt sind, dem Verzeichnis „Sauerlan-<br />
disches Schrifttum in unserer Zeit", SeitelH, zu entnehmen.<br />
Wever, Heinz, Buernkost. Ill S. Verlag der<br />
Westfalenpost, Hagen. 1953. Geh. 4 30 DM,<br />
Ganzl. 7,50 DM.<br />
„Buernkost" — „schlichte, gesunderhaltende, er-<br />
frischende, frohmachende Kost, nicht fiir jeden,<br />
sicher aber fiir manchen und gar wohl fiir viele"<br />
bietet das Buch in seinen ernsten und heiteren<br />
Gedichten und Bildern, die Natur und Heimat,<br />
Bauern und„Fabriker", altererbtes Volkstum und<br />
wesentliches Christsein in ihren Bereich ziehen.<br />
Wenn auch der dichtende Malersmann dem Leser<br />
zuruft: „Friatt van mi ut, wat de wost!", so sei<br />
„de Buernkost" doch fiir den Familientisch<br />
jedes Heimatfreundes angelegentlich empfohlen.<br />
Gobel / Tochtrop I Tonne, Friedrich Wilhelm<br />
Grimme, dem Dichter des Sauerlandes, zum<br />
125. Geburtstage.<br />
Aus dem plattdeutschen und hochdeutschen<br />
Werk Grimmes wird hier eine kleine, mit pada-<br />
gogischem Bedacht zusammengestellte Auswahl<br />
geboten. Sie bietet, unterstiitzt durch das Wort<br />
des Lehrers, dem Volksschiiler der Oberklasse<br />
und dem Gleichaltrigen anderer Schulen einen<br />
ersten, guten Zugang zum Leben und Werk des<br />
Dichters und seinem urwiichsigen Platt.<br />
FSrber, Adolf, Die Mundart.<br />
Das Schriftchen ist der plattdeutschen Bewe-<br />
gung, vor allem in der Schule, ein zweckdien-<br />
licher Heifer. In Vers und Prosa tritt die Mund-<br />
art der beiden Sprachraume des Kreises Olpe<br />
in bezeichnenden, literarisch allerdings nicht<br />
gleichwertlgen Proben dem Leser nahe. Es ware<br />
zu erwagen, ob nicht den Mundarten auISerhalb<br />
des Kreises in ihren bedeutendsten Vertretern<br />
mehr Raum gegeben werden kann, ein notwen-<br />
diger Ausgleich gegen die sonst sich moglicher-<br />
weise ergebende ,,Absonderung".<br />
116<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
© Copyright SauerlancJer <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Dorr, Julius, Pannenpitter. 'ne spassige grote<br />
Geschichte met viioll kleine Geschichten<br />
vanne lamperstraote un drumriim. 2. Aufl.<br />
269 S. Mit Federzeichnungen. Buchdruckerei<br />
Adolf Kugel, Ennepetal-Milspe. Ganzleinen<br />
6,75 DM.<br />
,,Pannenpitter" ist die Lebensgeschichte eines<br />
echten ,,Iamperstra6ters", die ohne literarische<br />
Anspriiche schlicht und in behaglicher Breite<br />
erzahlt wird. Der rauhe und treuherzige Men-<br />
schenschlag der „Donnerkiels" steht hier — und<br />
das ist der besondere Vorzug dieser Geschichte —<br />
vor dem Hintergrunde alten, unverfalschten<br />
Brauchtums in einer Welt der ruhigen Beschau-<br />
lichkeit und Geborgenheit.<br />
Andreae, Ilia, Das goldene Haus. 152 S. F. H.<br />
Kerle Verlag, Heidelberg. 1951. Ganzl. 6,50 DM.<br />
Wo aber Gefahr ist. . . 381 S. Verlag: Ebenda.<br />
1951. Ganzl. 12,80 DM.<br />
Das versunkene Reich. Vier historische Er-<br />
zahlungen. 168 S. Verlag; Ebenda. 1952. Ganzl.<br />
6,80 DM.<br />
Das goldene Haus, so leitmotivisch ge-<br />
nannt nach einer Anrufung in der Lauretani-<br />
schen Litanei, ist die Geschichte eines Menschen,<br />
der in dem Wollen nach ,,Oben" seine Aufgabe<br />
sieht und zugleich sich dem „Unten" verljaftet<br />
weiI3. Aus der Judenschaft des miinsterlan-<br />
dischen Wolbeck geht sein Weg in das Paris der<br />
GroBen Revolution, geht in gnadenhafter Fiih-<br />
rung und Fugung durch auISere und innere Wirr-<br />
nisse, durch die Damonie des eigenen Herzens<br />
und der wilden Welt — ein sinntrachtiges Gleich-<br />
nis fiir unser eigenes Leben.<br />
Wo aber Gefahr ist.... Ein miinsterlan-<br />
discher Roman unserer Zeit, wirklichkeitsnahe<br />
und lebensbejahend. Die junge, kindlich-glaubige
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Hille von Hamerinck geht ihren schicksalum-<br />
witterten Lebensweg an der Seite ihres damo-<br />
nischen Geliebten und nach seinem friihen Tode<br />
in dienender Hingabe bis zum guten Anfang einer<br />
neuen, harmonischen Bhe. In dem brausenden<br />
Gesang des Geschehens in dieser gestalten-<br />
reichen Welt klingt uniiberhorbar als Grundton<br />
durch, was dem Roman die Eindringlichkeit<br />
einer gleichnishaften Aussage gibt: „Wo aber<br />
Gefahr ist, wachst das Rettende auch."<br />
Das versunkene Reich. Vler Erzalilun-<br />
gen um Ereignisse in vier Jahrhunderten,<br />
sprachmachtig und mit kiinstlerischer Verdich-<br />
tung geformt. Sie werden durcli den Reichsge-<br />
danken zusammengehalten, Reicii hiier verstan-<br />
den als Reich des Friedens, in dem die ewigen<br />
Ordnungen Geltung haben. Vom damonischen<br />
Aufruhr der Wiedertaufer fUhrt die leitende<br />
Idee iiber das ,,Friedensmahl" beim Westfa-<br />
lischen FriedenskongreB, iiber die schuldhafte<br />
Gleichgiiltigkeit des „sterbenden Kurfiirsten"<br />
Clemens August von Koln gegen das Reich bis hin<br />
zur napoleonischen Zeit, die einen der „Verlore-<br />
nen Sohne" im Einsatz fiir Napoleon zeigt, in dem<br />
aufrichtigen Glauben, damit dem Reich zu dienen.<br />
Andreae, Ilia, Das Geheimnis der Unruhe. Ge-<br />
schichte eines westfalischen Geschlechts. 893 S.<br />
Verlag Karl Alber, Munchen. Halbl. 18,— DM.<br />
Das Friedensmahl. Erzahlung. 52 S. Verlag:<br />
Ebenda. 1948. Kart. 1,20 DM.<br />
„Das Geheimnis der Unruhe", das den<br />
Missetater umfangt und die Ruhelosen in Siinde<br />
und Verderben treibt, dem aber nicht immer<br />
die letzte Gnade fehlt, wirkt sich, von der<br />
Heidenzeit an, in den Handlungstragern der<br />
ereignis- und gestaltenreichen Geschichte des<br />
miinsterlandischen Geschlechts der Meinhdvel/<br />
Rinckhoff aus. Die kleine Welt der Sippe be-<br />
riihrt sich hier in zeitgeschichtlicher Verflech-<br />
tung mit der groCen Welt des Reiches, von der<br />
Missionierung Westfalens an bis zum DreiBig-<br />
jahrigen Kriege packend und lebensvoll dar-<br />
gestellt in zahlreichen Bildern, bis endlich das<br />
unruhige Geschlecht im Klosterfrieden zur Ruhe<br />
kommt.<br />
In die kurze Zeitspanne des „Friedens-<br />
m a h Is ", das durch Zufall beide Seiten: Katho-<br />
liken und Protestanten, Deutsche und Auslander<br />
vereint, bannt die Dichterin mit visionarer<br />
Schau die furchtbare Last der Zeit, die vor<br />
300 Jahren die Manner des Westfalischen Frie-<br />
denskongresses bedriickte. Die Gesprache um<br />
den Frieden enden in der Erkenntnis, daB<br />
„nichts bleibt als das Gebet und das Wort des<br />
greisen Johannes: Kindlein, liebet einander!"<br />
Die Erzahlung ist ein lebendiger Anruf an un-<br />
sere Zeit.<br />
Z uhmann, Heinrich, Verwandelte Welt. Ge-<br />
schichten zwischen Advent und Dreikonigs-<br />
tag. 116 S. Verlag Aschendorff, Munster. 1952.<br />
Kart. 2,80 DM, geb. 4,— DM.<br />
Diese Geschichten aus der Zeit der Erwartung<br />
und Erfiillung weihnachtlichen Geschehens zei-<br />
gen in ihrer Verhaltenheit und Warme die ganze<br />
Innerlichkeit der „verwandelten Welt", die das<br />
Ctirlstkind heraufgefiihrt hat. Es ist, auch wenn<br />
es mal laut darin zugeht, eine Welt der Stille<br />
uiwl der Stillen, in der aus dem Wesentljchen<br />
die Freude kommt. Die Bebilderung paBt sich<br />
der reizvollen Eigenart dieser Weihnachtsge-<br />
sdi'chten aus westfalischem Leben und Sinnen<br />
gvt an.<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
Luhmann, Heinrich, Westfalische Sagen. 112 S.<br />
Verlag Lambert Lensing, Dortmund. 1953.<br />
Halbl. 4,85 DM.<br />
Heinrich Luhmann hat sich hier der sehr not-<br />
wendigen Aufgabe unterzogen, rd. 50 Sagen axis<br />
alien westfalischen Landschaften neu zu erzahlen<br />
und damit aus der Enge und Starre spieBbiirger-<br />
lich-niichterner Gestaltung zu losen. Er hat sich<br />
dabei bemuht, den Gleichnischarakter behutsam<br />
aufzuspuren, die gleichnishafte Beziehung zur<br />
Wirklichkeit offenbar zu machen — ein sehoner<br />
Dienst am Vatererbe echten Volkstums und am<br />
Volk von heute. Der Sagenband, durch an-<br />
sprechende Holzstiche bereichert, gehort in die<br />
Hand eines jeden Heimatfreundes.<br />
P. Willibrord Menke, Freunde durch dick und<br />
diinn. ,<br />
Was die beiden Freunde Taidor und Lauer,<br />
echte und kernfeste Sauerlandjungen, an Fe-<br />
rienabenteuern im Hochsauerland erleben, wird<br />
jedem Jungen das Herz hoher schlagen lassen.<br />
Das Abenteuerliche tritt etwas reichlioh auf,<br />
wirkt auch nicht immer uberzeugend, aber das<br />
wird aufgewogen durch die gesunde Spannung,<br />
die flott weitergefuhrte Handlung und die fliis-<br />
sige Darstellung. Die ,.Freunde durch dick und<br />
diinn" werden sicher viele Freunde finden.<br />
Winkler, Josef, Der Westfalenspiegel. 388 S.<br />
Ardey-Verlag, Dortmund. 1952. Ganzleinen<br />
, 12,80 DM.<br />
Seine dichterlsche Aufgabe, unter Fiihrung<br />
durch die Leitmotive „Pumpernickel und Holz-<br />
schuh" als Sinnbilder des Westfalischen, in einem<br />
Kranze von Erzahlungen das Wesen des West-<br />
falen widerzuspiegeln, hat der Dichter gut ge-<br />
lost: Die zahlreichen Geschichten, die entweder<br />
den griiblerischen Ernst, die Damonen des schwe-<br />
ren Blutes Oder den Ubermut und die rausch-<br />
hafte Leichtigkeit des westfalischen Menschen<br />
zeigen, sind eine starke und unmittelbare Spie-<br />
gelung des Seelengrundes, so daB das Rahmen-<br />
gesprach mit seinen klugen Deutungen eigent-<br />
lich uberfliissjg erscheint. Ein prachtiger Spiegel<br />
des westfalischen Menschen, in den man gem<br />
hineinschaut.<br />
Steguweit, Heinz, So sind die Westfalen. 118 S.<br />
Verlag Halbach, Dortmund-Horde. In Leder<br />
gebunden mit Goldschnitt 3,50 DM.<br />
Das Biichlein im Kleinstformat will dem West-<br />
falen ins Herz schauen und ihm selbst, den<br />
Nachbarn und Fremden zeigen, wie er ist. Und<br />
das ist Heinz Steguweit, im Kriege ins markische<br />
Sauerland verschlagen, in einer scharmanten<br />
Plauderei gelungen. Sie stiitzt sich auf Anek-<br />
doten, Geschichten und eigene Beobachtungen,<br />
ist aber im Tatsachlichen durohaus zuverlassig,<br />
so daB der Leser nicht nur gut unterhalten, son-<br />
dern auch mit dem rechten Eindruck von West-<br />
falens Leuten das putzige Biichlein aus der<br />
Hand legen wird.<br />
Meurin, Ernst, Das lachende Westfalen. Anek-<br />
doten und Schnurren aus dem Herzen West-<br />
falens. 219 S. Mit Zeichnungen. 3. vermehrte<br />
Auflage. Verlag E. Holterdorf, Oelde. Ganzl.<br />
8,50 DM.<br />
,,Das lachende Westfalen" bringt 188 flott wie-<br />
dergegebene lustige Erzahlchen, altbekannte und<br />
neue, ortlich gebundene und mancherorts fest-<br />
gestellte. Die Sammlung erhebt weder litera-<br />
rische noch volkskundliche Anspriiche, sie will<br />
nuiv wie der Verfasser im Vorwort sagt, ,,den<br />
kernechten Westfalen, die an derbe Kost ge-<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
117
wohnt sind", herzbefreiendes Lachen schenken.<br />
Und das wird dem Buche wohl gelingen!<br />
Tuch, Hannes, Das Jagdhiittenbuch. 110 S. Mit<br />
Zeichnungen des Verfassers. Verlag Sauer-<br />
Morhard, Wurzburg. 1948. Kart. 2,40 DM.<br />
Gesprache mit Baumen. 56 S. Mit Zeich-<br />
nungen. Barenreiter-Verlag, Kassel. 1951.<br />
Pappb. 3,— DM.<br />
Chronos »md der Waldlaufer. 128 S. 48 ganz-<br />
seitige Fotos. Verlagsanstalt Rheinhausen,<br />
Rheinhausen. 1951. Ganzl. 7,80 DM.<br />
Waldlaufer auf lautlosem Pfad. Verl.: Ebenda.<br />
1953. Ganzl. 8,50 DM.<br />
Das Buch der Baume. Verlag: Ebenda. 1953.<br />
Halbl. 2,90 DM.<br />
Im „Jagdhuttenbuch" geht der Wald-<br />
dichter die iieimlichen Steige und stillen Pfade<br />
des Jagers und Naturfreundes. Er halt fest, was<br />
er dabei sieht und hort und sinnt im Wechsel<br />
der Jahreszeiten, in grauer Friihe, ums Abendrot<br />
und beim blanken Mondenschein, bei Sturm,<br />
Nebel oder Regen — alles erfuhlt rriit dem<br />
Herzen des Jaigers und des Dichters, alles ein-<br />
fach und sohlicht dargestellt.<br />
Die Gesprache mit Baumen fuhrt der<br />
Waldganger mit starkem dichterischem Vermo-<br />
gen \md schoner Deutungskraft. Er steht mit<br />
dem „Bruder Baum" wirklich auf Du imd Du,<br />
er hat ein otfenes Ohr fiir das, was die himmel-<br />
anstrebenden Waldriesen vom wurzelhaften Le-<br />
ben, von Erlebnissen mit Tier und Pflanze dem<br />
empflndsamen Herzen zuraunen, begliickend fiir<br />
alle, fUr die der Baum mehr als nur „h61zern" ist.<br />
Chronos und der Waldlaufer. In einer<br />
Vielfalt eindringlich geschauter und kraftvoll<br />
dargestellter Bllder laBt der Waldlaufer, gefuhrt<br />
von dem Zeitengott, den groISen Dom des Wal-<br />
des vor uns erstehen, der Raum hat fiir alle<br />
Geschopfe, fur die Jager und die Gejagten, das<br />
groSe Lebewesen Wald mit seinen Geheimnissen<br />
und Wuhdern, das auch in den hervorragenden<br />
Fotos sich widerspiegelt.<br />
Waldlaufer auf lautlosem Pfad. Wie-<br />
der ist es das grtine Herz des Landes, der Wald,<br />
in dessen Frieden die Jahrhimderte schlum-<br />
mern, den wir mit dem Waldlaufer durchschrei-<br />
ten, der hier vor allem JSger ist. Aber er ist<br />
zugleich ein eohter Heger, imd so laBt er uns<br />
BSume und Straucher, Pflanzen und Tiere, kleine,<br />
unscheinbare Lebewesen und groBe, jagdbare<br />
Waldbewohner in dichterischer Anschaulichkeit<br />
und mit der ganzen Liebe des Naturfreundes<br />
erleben und in prachtigen Fotos schauen.<br />
Das Buch der Baume. Die Darstellung<br />
der Waldbaume und der Straucher des Waldes<br />
ist nicht der platten Nuchternheit verhaftet.<br />
Auch hier zeigt sich, daB Hannes Tuch die<br />
Baume wie seine Bruder und Schwestern liebt<br />
und so imstande ist, sie uns nicht nur als ,.Holz",<br />
sondern auch in ihrem Wesen imd im Gefiige<br />
der Naturgemeinschaft nahezubringen. Fur alle<br />
Wald- und Wanderfreunde eine willkommene<br />
Gabe.<br />
Bergenthal, Josef, Das Sauerland. 3. vermehrte<br />
Aufl. 64 S. Mit vielen Bildern. Verlag Coppen-<br />
rath, MUnster. Geh. 3,40 DM.<br />
Die kleine Monographic gibt ein knappes, aber<br />
gutes Bild vom kolnischen und markischen<br />
Sauerland. Mit der ganzen Liebe des stammes-<br />
bewuBten Sauerianders zeigt Josef Bergenthal<br />
die Landschaft mit dem Reichtum ihrer Formen,<br />
Oeschicht6 und Volkstum, die hier und anders-<br />
wo sich auswirkenden bedeutenden Heimatge-<br />
118<br />
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
nossen und den Sauerlander Werktag in In-<br />
dustrie und Bauemtum.<br />
Olbertz, Gerta, Die Entstehung unserer nord-<br />
sauerlandischen Heimat.<br />
Die Schrift, deren Verfasserin — Dr. Gerta Ol-<br />
bertz, Miinster — die groBe geologisch-minera-<br />
logisohe Sammlung des Mendener Heimatmu-<br />
seums nach modernen museumstechnischen xmd<br />
padagogischen Grundsatzen neu gestaltet ihat, ist<br />
iiber ihren ersten Zweck hinaus — ein Begleit-<br />
wort zur Mendener Sammlung zu sein — ein<br />
kurzgefafiter geologischer Landschaftsfiihrer fiir<br />
das nordliche Sauerland. Die klare, das Wesent-<br />
liche gut heraushebende Darstellung wird unter-<br />
stutzt durch zahlreiche sehr instruktive Zeich-<br />
nungen.<br />
Rottgermann, H., Die Geschichte der Industrie<br />
des Wirtschaftsraumes Menden/Frondenberg.<br />
Der stattliche Band erschien im Vorjahre in<br />
zweiter und erweiterter Auflage — wohl ein<br />
Beweis dafur, daB die Monographie nach dem<br />
Wollen des Verfassers „dem Werktatigen an<br />
Schraubstock und Drehbank in einfacher, allge-<br />
meinverstandlicher Form ein anschauliches Bild<br />
vom Werden und Wachsen der heimischen In-<br />
dustrie" zu geben vermag. Aus Akten, Urkunden<br />
und zahlreichen Einzelbesprechungen mit In-<br />
duiStriefUhrern des Wirtschaftsraumes aufgebaut,<br />
zeigt sie die einzelnen Industrien und Gewerbs-<br />
zweige des Gebietes in ihrer Griindung und Ent-<br />
wlcklung und in ihrer Beziehung zu Landschaft<br />
und Menschen des Wirtschaftsraumes.<br />
Cramer, Hugo, Das Hochsauerland um Nieders-<br />
feld.<br />
Das Buch bietet dank der tmermudlichen For-<br />
, scher- und Sammlertatigkeit des Verfassers und<br />
seiner Heifer eine umfassende Darstellung der<br />
Dorfgemeinde, die alle Verhaltnisse mit Ver-<br />
standnis und Liebe in ihren Bereich zieht. Die<br />
Arbeit ist in den groBeren Rahmen des Hoch-<br />
sauerlandes gestellt und geht in einzelnen Bei-<br />
tragen zu Landschaft, Geschichte und Sprache<br />
weit iiber den Srtlichen Interessenkreis hinaus,<br />
so daB das Buch eine freundliche Aufnahme in<br />
und um Niedersfeld und dariiber hinaus verdient.<br />
Scheele, Norbert, Geschichte der Gemeinde<br />
Olpe-Land.<br />
Diese Arbeit ist ein prachtiges Gegensttick zu<br />
des Verfassers ..Geschichte des Kirchspiels<br />
Kleusheim". Auch hier eine griindliche imd ge-<br />
wissenhafte Benutzung der Quellen, eine Be-<br />
leuchtung der dSrflichen Gegebenheiten von den<br />
verschiedensten Seiten aus und eine geradezu er-<br />
staunliche Fulle von Nachrichten tiber Dorfer,<br />
Hofe und Familien. So ist das Buch auch eine<br />
Fundgrube fiir Heimat- und Familienforscher und<br />
verdient iiber den behandelten Bezirk hinaus das<br />
Interesse der Heimatfreunde.<br />
GSbel I Tochtrop, Mein Familien- und Dorfbuch.<br />
Dieses Arbeits- und Merkbuch ist aus dem<br />
fruchtbaren Gedanken erwachsen, auch in der<br />
Heimatkunde die selbstandige Arbeit des Schii-<br />
lers zu pflegen. Die ErtrSgniisse seiner auf Fa-<br />
milie und Dorf gerichteten Arbeit des Beobach-<br />
tens, Sammelns, Forschens, ErrechnenS und Be-<br />
wertens bewahrt das Heft auf, das damit zum<br />
Bestands- und Erinnerungsbuch wird, das Tradi-<br />
tion schafft und das Gemeinschaftsgefiihl wach-<br />
ruft und wacherhalt. Zunachst fiir die Ober-<br />
klasse der Volksschule bestimmt, wird es auch<br />
in anderen Schulen gute Dienste leisten.
<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
Predeek, Franz, Um Mohne und Wester.<br />
Der nimm^rmude Sauerlandwanderer Franz<br />
Predeek legt hier das erste Bandchen seiner auf<br />
neun Bande berechneten Bucherreihe „Heim-<br />
land" vor. Die Wanderbiicher sollen keine FUh-<br />
rer, sie woUen Begleiter sein, die nicht alles<br />
wissen, alles sagen, die auch dem wandernden<br />
Leser noch Aufgaben lassen. Dieses Vorhaben<br />
erftillt das vorliegende Bandchen. In 29 frisch<br />
und nachdenksam, oft mit lyrischem Schwunge<br />
dargestellten Wanderungen erleben wir, xinter-<br />
stutzt durch zahlreiche erstklassige Fotos des<br />
Verfassers, die Eigenart von Landschaft und<br />
Kultur des Landes um Mohne und Wester. Ein<br />
guter Auftakt zu der neuen Buchreihe.<br />
Reinold I Middelmann, Der Kreis Meschede.<br />
Neben dem Kunstfuhrer Meschede und dem<br />
Kreishandbuch Meschede steht nun in einem<br />
wtirdigen aulSeren Rahmen erfreulicherweise die<br />
monographische Darstellung des Kreises Me-<br />
schede. Land und Leute, geistiges und kulturelles<br />
Leben und das Wirtschaftsleben des Kreises in<br />
seinen wichtigsten AuBerungen: Land- und<br />
Forstwirtschaft, Handwerk, Industrie und Han-<br />
del sind von Sach- und Fachkennern dargestellt<br />
worden, so daC ein in den Einzellinien sicheres,<br />
in der Gesamtwirkung sehr ansprechendes Bild<br />
des Kreises entstanden ist.<br />
Biiddemann, Werner, Wasserburgen.<br />
Die Wasserburgen in Westfalen sind erst in die-<br />
sem Jahrhundert in ihrer baukunstlerischen<br />
Schonheit und als Auspragung westfalischen<br />
Bauwillens fiir die Allgemeinheit entdeckt wor-<br />
den. Das vorliegende Buch zeigt sie in der<br />
architektonischen Eigenwilligkeit ihrer Form,<br />
deren Reiz oft noch durch den Zauber der Lage<br />
erhoht wird, zeichnet kurz ihre baugeschicht-<br />
liche Entwlcklung und stellt zugleich alles in<br />
den groCen geschichtlichen Rahmen. Ein ver-<br />
dienstvoUer Fiihrer zu diesen Bauschonheiten<br />
der Ebene.<br />
Laumanns, Carl, Schlosser und Burgen derHei-<br />
mat. 24 S. 13 Abb. Verlag C. Jos. Laumanns,<br />
Lippstadt. Geh. 1,— DM.<br />
Der bekannte Heimatforscher hat mit der klei-<br />
nen Schrift eine gute und notwendige ErgSnzung<br />
zu dem vorstehend genannten Fiihrer gegeben<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
In Wort und Bild erschlieCt er knapp und kurz<br />
den Reichtum des Kreises Lippstadt an wohl-<br />
erhaltenen, architektonisch reizvoUen Wasser-<br />
burgen, deren Geschichte, Baumeister und Bau-<br />
herren er nur streifen kann.<br />
Berges, Hermann Josef, Himmelpforten. Gottes<br />
Lob durch sieben Jahrhunderte.<br />
Himmelpforten, ehemals Zisterzienserinnen-Klo-<br />
ster und spater Pfarrkirche Im Mohnetal, er-<br />
steht hier in Wort und Bild in seiner Geschichte,<br />
seinem furchtbaren Untergange bei der Mohne-<br />
katastrophe und seiner Wiedererrichtung als<br />
„Himmelpforten auf dem Berge", die ein sohones<br />
Zeugnis ist fiir den Glaubenseifer und den<br />
Opfermut der Katholiken von Niederense-Him-<br />
melpforten. Der Erlos der Denkschrift ist fiir<br />
das neue Himmelpforten bestimmt.<br />
Hieinrich Gathmann.<br />
Anna Kayser, Die Hjeldin von Sizilien. Histo-<br />
risches Schauspiel in 7 Akten. Arding Ver-<br />
lag Paderborn. 1953. Auslieferung durch<br />
Ferdinand Schoningh, Paderborn.<br />
Fiir die katholische Laienbuhne sind die Legen-<br />
denspiele von Anna Kayser unschatzbare Bil-<br />
dungswerte. Mit der dichterischen Gestaltungs-<br />
kraft verbindet sich der kluge Blick fiir das<br />
Gegenstandliche. Ihre Spiele erfordern einfache<br />
Biihnenbilder, mit wenigen, leicht zu beschaf-<br />
fenden Requlsiten. So verursachen sie auch fiir<br />
die kleinste Laienbiihne keinen groCen Kosten-<br />
aufwand. — Im vorliegenden Agathaspiel „Die<br />
Heldin von Sizilien" ist das Madohen Agatha im<br />
Zauber ihrer jungfraulichen Beinheit ein Vor-<br />
bild jugendlicher Charakterstarke. Sie trotzt<br />
dem Statthalter von Sizilien, Quintian, der sie.<br />
begehrt, in schweigender Unbeugsamkeit. Daraus<br />
erwachst ihr Schicksal, das das Schicksal vieler<br />
der jungen Chrlstengemeinde in Catania ist. Das<br />
Spiel hat mit seiner farbigen Scenenschilderung<br />
im dramatischen Aufbau Hohepunkte, die auf<br />
elner Laienbuhne mit jugendlichem Eifer heraus-<br />
gearbeitet werden k6nnen. Der Ausbruch des<br />
Atna, der rettende Schleier der Heiligen vor der<br />
heranroUenden Lavaflut, die Catania bedroht,<br />
— ist geschichtsgetreu dramatisiert. — Dieses<br />
Agatha-Spiel ist eine kiinstlerische Bereicherung<br />
der katholischen Vereinsbiihnen, die noch immer<br />
an guten, volkserzieherischen Stiicken Bedarf<br />
haben. T. P.<br />
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landschaftlichen<br />
Reize des Kreises<br />
eine starke Anzie-<br />
iiurigskraf t auf Er-<br />
holungssuchende<br />
aus. Zahlreiche Wanderwege ermoglichen den Wanderlustigen Ausfliige innerhalb des Kreis-<br />
gebietes. Der Sorpesee und der Mohnesee bieten Gelegenheit zum Wassersport. In gepflegten<br />
Hotels, Gasthofen und Privatpensionen finden die Gaste freundliche Aufnahme.<br />
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steht bcteit (fiiit 3la!<br />
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Landkreis OIpe<br />
Das Land an BIgge und Lenne<br />
1st eln Erholungsgeblet von be-<br />
sonderem Reiz.Hohe bewaldete<br />
Berge schlleBen die idylllschen<br />
Taler ein, wo das schllohte<br />
Schwarz-WeiS der stattllchen<br />
FaohwerkhSuser die Augen er-<br />
freut. Gut gepflegteStraBen er-<br />
leichtern dem Kraftfahrer den<br />
Besuch von Dorf und Stadt. Die<br />
sorgtaitig marklerten Wander-<br />
streoken des Sauerlgndlschen<br />
GebirgsvereinsfUhren UberTal<br />
und H5hen. Ein reiches Wege-<br />
netz erschileBt dem Spazier-<br />
ganger die nahere Umgebung<br />
der Ortsohaften. Gepflegte Ho-<br />
tels und Gaststatten verschle-<br />
denster Art bleten allerorts<br />
ganzjahrig den Erholungssu-<br />
chenden Befriedigung aller<br />
WUnsche.<br />
Auskunfte und Prospekte wer-<br />
den durch die Kreisverwaltung<br />
OIpe und die ortllohen Ver-<br />
kehrsvereine Oder die Stadt-<br />
und Amtsverwaltungen in OIpe,<br />
Attendorn, Bllsteln, Klrchhun-<br />
dem, Drolshagen und Wenden<br />
versandt.<br />
Zur Arbeitsstatte, in die Schule, auf das Land zur<br />
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Erholung, in die Stadt zum Einkauf, fahren Sie<br />
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^E^em von Nord^Osten kommenden Besucher zeigt<br />
Attendorn mit Deutsdilands sdionsterTropfsteinhohle<br />
alsStadtdesFremdenverkehrsihrsonntaglichesGesidit.<br />
Wer sidi ihr aber, dem Lauf der Bigge folgend, von<br />
Siid^Westen her nahert, den empfangt sie mit den vor<br />
der Stadt gelegenen Werken von Muhr und Bender als Statte arbeitsamen<br />
FleiOes. Wo um 1700unweit derMiihle desGutes Blankenrodeein kleines<br />
Hammerwerk podite, erstredcen sidi heute Werksanlagen von iiber<br />
10000 qm Hallenraum. 700 Mensdien finden darin Arbeit und Brot und<br />
wadien gewissenhaft iiber den Ruf eines Unternehmens, das aus kleinem<br />
Anfang durdi die Tatkraft eines Mensdienalters zum groOten Produk*'<br />
tionsbetrieb des Kreises Olpe wudis. Das Mubea-Zeidien aber sdiatzen<br />
Fadileute aus 48Landern der Welt alsQualitatsbiJrgsdiaft fur Bledisdieren<br />
und Stanzen und fiir Haushaltartikel, Fahrradkleinteile, Sdiuhgelenke und<br />
tedinisdie Federn aller Art.<br />
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liegt an derBundesbahnlinieHagen-Kassel,zwischen Mohne-undSorpetalsperre<br />
in landschaftlich sehr schoner Gegend. Mit iiber 30000 Einwohnern zahlt die Stadt<br />
zu den groCten Orten des Sauerlandes. Sie ist von ausgedehnten Forsten mit<br />
ragendem Hochwald umgeben. Trotz starker Entwicklung der Industrie hat sich<br />
die Stadt ihre Eigenart und das landschaftliche Geprage bewahrt. Die gluckliche<br />
Verbindung mit der freundlichen Natur bringt alljahrlich einen beachtlichen<br />
Fremdenverkehr mit sich. Die Stadt ist Ausgangspunkt zu Wanderungen und<br />
Ausflugen nach vielen beliebten Ausflugszielen in die nahere und weitere Um-<br />
gebung. Bundesbahn.Kleinbahnen und ein groCziigiger Autobusverkehr verbinden<br />
schnell und zweckmaBig mit den umliegenden und weiteren Ortschaften. Durch<br />
seine Beleuchtungsindustrie wurde Neheim-Hiisten als "Stadt der Leuchten"<br />
weltbekannt.<br />
Gebr. Zimmermann<br />
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in Altenhundem, Attendorn, Brachthausen, Drolshagen, Elspe,<br />
Grevenbriick, Heggen, Heinzberg, Helden, Listernohl, Meggen,<br />
Oberhundem, OIpe, Rhode, Saaihausen, Wenden,Welsdienennest<br />
und Wiirdinghausen<br />
sin2 nach dem Grundsatz „Einer fijr Alle, Alle fiJr Einen"<br />
aufgebaute Unternehmen,<br />
puwenden die anvertrauten Gelder zur Starkung der heimischen<br />
Wirtschaft,<br />
eto^ntm jedem ein Konto und nehmen auch von Nichtmitgliedern<br />
Spareinlagen entgegen,<br />
u,itk
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DER LAND<strong>KREIS</strong> MESCHEDE<br />
- „das Herzstiidk der sauerlandisdien Gebirgswelt" -<br />
•^ er Kreis Meschede ibietet als Gesamtbild eine Landschaift, die durch ihre<br />
reichbewegte B'odengestaltung von landMcher Weite bis zum zerkliifteten<br />
Gebirge, vom einigeengten und auisgewedteten FluBtal 'bds zu einer fast<br />
alpin animiutenden Bergwelt, die die SOO-m-Grenze ubersteigt, zu den reiz-<br />
vollsten Westdeutschlands geihort.<br />
Im (FriilhlingiSkleid, wenn der ewig neue Zaulber der eiwachenden Berg-<br />
welt und des stillen vertraumten, von LaebiholzihQhen beschirmten Tales<br />
die Sehnsucht der Menschen weckt, zur Somimerzeit, wenn der Beeren-<br />
reichtum uniserer Walder zu einem Besuiche einladt oder wenn iim Winter<br />
die schneebedeckten Hohen und gastlichen Wintersportplatze Taiusendie<br />
von Hhein und Ruhr anlodcen: immer ward sdch der Besucher dm Mescheder<br />
Land wohlfuhlen und unvergefiliiche Eindriicke sauerlandischer Natur-<br />
schdnlheiten empfangen. In den schmucken Dorfem unseres Kreisets, in<br />
dem wohl der lebendigste westfali'sche Menschienschiag lebt — der keine<br />
aufdringliche, aber stille und doch herzliche Gastlichkeit zu seiner Art ge-<br />
macht tot —, ist alte Bauernkultur tebendig geblieben. Ihren sinnfalliigsten<br />
Ausdruck findet sle in den schmucken Bauemhausem mit den hohen, im<br />
Fachwerk reich ausgestalteten Giebeln, die im Mescheder Land noch in<br />
seltener Anhaufung anzutreffen sind.<br />
Als die bedeutendste westfalische Dichterin Annette v. Droste-Hiilshoff<br />
vor hundert Jahren den Kreis Meschede kennen lernte, war sie von der<br />
Schonheit und dem eigenen Reiz seiner Landschaft so nachhaltig beein-<br />
druckt, daB sie dariiber in ihr Tagebuch schrieb: „Jedeiimann nennt diese<br />
Gegend mit Recht eine paradiesische."<br />
SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />
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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />
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Kommanditgesellschaft auf Aktien<br />
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Fernruf 348
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BRILON ist mit seiner Umgebung das Herzstuck des Landes<br />
der „Tausend Berge." 24000 Morgen stadteigener Wald, mit schonen<br />
Buchen-, Eichen- und'.Fichtenbestanden. Die ausgezeichnete Mittel-<br />
gebirgslandschaft mit<br />
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des Sauerlandes, dem<br />
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138<br />
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k<br />
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Inhalfs verzeicnnis chi<br />
Zum Geleit<br />
An die Jugend der Heimat<br />
Atmosphare<br />
Wo die Walder Wache halten<br />
Die Heiligen Drei Koniige im Sauerland und anderswo<br />
Das idyllische Gefangnis<br />
Johannes Hatzfeld t<br />
Erinnerung an GroBvater<br />
Im Zau'berreich sauerlandischer Hohlen<br />
Gebuaren ame . . .<br />
Der Kahle Asten erwandert und erlauscht<br />
Die letzten Jahre der Scheunenstatten<br />
Sauerlandische Sagen vom Gespensterhund<br />
Nach Ostland woUen wir fahren<br />
Die Haferkiste<br />
Heimweh<br />
Natur, Naturschutz und Landschaftspflege<br />
Sauerlandischer Marmor<br />
Krautweih<br />
Bauer Friedrich und seine Scholle<br />
Brilon und die Ulrichs<br />
Menden Kurkolns alte Feste<br />
Sterne und Stroh<br />
Der Bonbonkonig und der Jesuit<br />
Die Fromimigkeit des sauerlandischen Volkes<br />
Die Standuhr<br />
Die Negerkirche<br />
Unsere Sauerlander Heilpflanzen<br />
De gebrohene Gaos<br />
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Seite<br />
Dr. Franz Rips 2<br />
Th. Propper 28<br />
Josef Riither 30<br />
Dr. Heinrich Luhmann 33<br />
Dr. Johannes Hatzfeld 40<br />
Th. Propper 42<br />
Martha Schlinkert 45<br />
B. Bahnschiulte 46<br />
Anna Kayser 49<br />
Sepp Geilen 50<br />
Hermann Hinse 55<br />
Heinrich Schauerte 58<br />
Franz Josef Koch 61<br />
Anna Kayser 63<br />
Fritz Jiirgens .65<br />
Hugo Cramer 71<br />
Anna Kayser 72<br />
Dr. Fritz Ernst 74<br />
H. Sommer 76<br />
Ferdinand Tonne 81<br />
Willibrord Menke 84<br />
Dr. Th. Riither 88<br />
Theodor Propper 90<br />
Willibrord Menke 92<br />
Josef Nolte 96<br />
36<br />
60<br />
69<br />
93<br />
143
95<br />
Theodor Propper<br />
Der Schnitter g,j<br />
H. Rosemann<br />
Die „gottlose" Kuh gg<br />
Anna Kayser, die ^sa.erlandische Volksschriftstellerin T. Popperling<br />
Theodor Tochtrop<br />
Das Wetter im Sauerland ^^^<br />
Kinder-Heimat ^^^<br />
Plattduitsk in Ehren<br />
Hius ungerm Auwer<br />
Josef Kraume<br />
Haus / Hof / Garten<br />
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Sauerlandisches Schrifttum m unserer Zeit<br />
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144<br />
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109<br />
114<br />
119—142
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HAMM (Westf,), Marktplatz 12<br />
DuSSELDORF, Beethovenstr.21 MUNCHEN 13, Ainmillerstr. 30<br />
MANNHEIM, Augusta-Anl. 29<br />
BERLIN-Lichtenradc,<br />
Lintruperstr. 13<br />
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^1^<br />
Itifinmint<br />
^ie ^to^a ^^ei/natteitun^ des Saiuntatihas<br />
Eigene Redaktionen:<br />
Olpe Bahnhoistr. 6 Tel. Nr. 459<br />
Altenhundem GartenstraBe 4,<br />
TeLAmtKlrchhundemNr. 450<br />
Amsberg Alter Markt 1 Tel. Nr. 2706<br />
Nehelm-HUsten Apothekerstr. 38 Tel. Nr. 2232<br />
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BrilOB<br />
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