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Management bei Pfortaderhochdruck, Varizenblutung, Ascites und ...

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<strong>Management</strong> <strong>bei</strong> <strong>Pfortaderhochdruck</strong>, <strong>Varizenblutung</strong>, <strong>Ascites</strong><br />

<strong>und</strong> hepatorenalem Syndrom<br />

Prof. Dr. med. Alexander L. Gerbes<br />

Med. Klinik <strong>und</strong> Poliklinik II Klinikum München-Großhadern LMU<br />

Zu den Komplikationen der Leberzirrhose zählen <strong>Varizenblutung</strong>, Aszites, hepatorenales<br />

Syndrom (HRS), hepatische Enzephalopathie <strong>und</strong> im weiteren Sinne auch die Entwicklung<br />

eines hepatozellulären Karzinoms. Im Folgenden wird auf die Problematik der Blutung <strong>und</strong><br />

Rezidivblutung sowie von Aszites <strong>und</strong> HRS eingegangen.<br />

<strong>Varizenblutung</strong> <strong>und</strong> Rezidivblutung<br />

Die klinische Relevanz der <strong>Varizenblutung</strong> wird durch folgende Daten umrissen: Etwa 70<br />

Prozent aller Patienten mit Zirrhose entwickeln im Verlauf der Erkrankung<br />

gastroösophageale Varizen, etwa 40 Prozent dieser Patienten erleiden eine <strong>Varizenblutung</strong><br />

mit beträchtlicher Mortalität. Fast 2/3 der Patienten erfahren nach einer <strong>Varizenblutung</strong> eine<br />

Rezidivblutung. Insgesamt geht man davon aus, dass <strong>Varizenblutung</strong>en für etwa ein Viertel<br />

der Todesfälle <strong>bei</strong> Zirrhose verantwortlich sind. Die Therapie der akuten <strong>Varizenblutung</strong><br />

umfasst eine rasche Korrektur der Hypovolämie (Blutverlust), Hämostase (Blutstillung),<br />

Prophylaxe der frühen Rezidivblutung <strong>und</strong> Prävention von blutungsassoziierten<br />

Komplikationen. Zu diesem Zweck ist neben einer frühzeitigen endoskopischen Diagnose <strong>und</strong><br />

Blutstillung in den vergangenen Jahren auch der möglichst frühzeitige Einsatz von<br />

vasoaktiven Pharmaka empfohlen worden (Terlipressin, Octreotid, Somatostatin).<br />

Zwei neuere Ansätze zur pharmakologischen Behandlung verdienen Erwähnung. So wird<br />

zunehmend die prognostische Bedeutung von bakteriellen Infektionen <strong>bei</strong> Patienten mit<br />

<strong>Varizenblutung</strong> erkannt: Patienten mit Infektion erleiden wesentlich häufiger eine frühe<br />

Rezidivblutung <strong>und</strong> weisen eine nahezu dreifach erhöhte Mortalität auf. Eine Metaanalyse<br />

von fünf randomisierten Untersuchungen hat gezeigt, dass Infektionsprophylaxe <strong>bei</strong> Patienten<br />

mit <strong>Varizenblutung</strong> zu einer hochsignifikant geringeren Häufigkeit von Infektionen <strong>und</strong> zu<br />

einem signifikant verbesserten Überleben führt. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e empfehlen wir<br />

Gyrasehemmer (z.B. Ciprofloxazin, evtl. mit Ampicillin/Clavulansäure). Die erste Dosis<br />

sollte da<strong>bei</strong> intravenös gegeben werden, eine orale Umstellung ist dann nach klinischem<br />

Zustand des Patienten möglich. Die antibiotische Prophylaxe wird für mindestens sieben Tage<br />

empfohlen <strong>und</strong> ist <strong>bei</strong> Hochrisikopatienten (Child Pugh Klasse C, Rezidivblutung)<br />

obligatorisch.<br />

Ein interessanter neuer Ansatz ist die direkte Beeinflussung der Hämostase. So wurde gezeigt,<br />

dass rekombinanter Faktor VIIa auf der Oberfläche von aktivierten Thrombozyten bindet <strong>und</strong><br />

auch <strong>bei</strong> Fehlen von Faktor VIII/IX zu einer verstärkten Thrombinbildung führt. Dies führt<br />

dann zu Ausbildung eines stabilen Fibringerüstes, begrenzt auf den Ort der<br />

Gewebsverletzung. In der Tat kann <strong>bei</strong> Patienten mit blutenden Ösophagusvarizen die<br />

Prothrombinzeit mit rekombinantem Faktor VIIa normalisiert werden. Die klinische<br />

Wertigkeit wird derzeit in Phase-III-Studien untersucht.


Zur Rezidivblutungsprophylaxe haben sich in Deutschland endoskopische Maßnahmen eher<br />

als pharmakologische Behandlung (Betablocker) etabliert. Standardverfahren der Wahl stellt<br />

die endoskopische Ligatur der Varizen dar. Verschiedene Studien haben eine verminderte<br />

Rezidivblutung nach Anlage eines TIPS im Vergleich zur Ligatur gezeigt, übereinstimmend<br />

aber keinen Einfluss auf das Überleben gef<strong>und</strong>en. In unserem Zentrum war <strong>bei</strong> elektiven<br />

Patienten auch keine Reduktion der Rezidivblutung zu verzeichnen. Wir empfehlen daher<br />

folgendes Vorgehen <strong>bei</strong> der <strong>Varizenblutung</strong>:<br />

Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>Varizenblutung</strong><br />

Verdacht auf <strong>Varizenblutung</strong><br />

endoskopische Diagnose <strong>und</strong> Blutstillung<br />

Somatostatin oder Terlipressin<br />

intensivmedizinische Betreuung<br />

Blutung nicht beherrschbar Blutung beherrschbar<br />

vorübergehend<br />

Ballontamponade<br />

Blutung nicht beherrschbar<br />

Prophylaxe der Rezidivblutung<br />

Endoskopische Ligatur<br />

TIPS TIPS<br />

Vorstellung in Transplantationszentrum<br />

frühe Rezidivblutung<br />

In jedem Falle sollte frühzeitig diskutiert werden, ob der Patient für eine Lebertransplantation<br />

in Frage kommt <strong>und</strong> Kontakt mit einem Transplantationszentrum aufgenommen wird.<br />

Aszites<br />

Natriumretention <strong>und</strong> Aszitesbildung <strong>bei</strong> Patienten mit Zirrhose sind nicht Folge eines<br />

organischen Nierenschadens, sondern Folge funktioneller Veränderungen. So kommt es<br />

aufgr<strong>und</strong> hämodynamischer Veränderungen (periphere Vasodilatation, portale Hypertension)<br />

zu einer Verminderung des effektiven Blutvolumens <strong>und</strong> nachfolgend zur Aktivierung<br />

vasokonstriktorischer Hormonsysteme (Renin, Aldosteron, Sympaticus). Diese bewirken dann<br />

Natriumrestriktion, Aszites <strong>und</strong> im weiteren Fortschreiten der Erkrankung auch eine renale<br />

Vasokonstriktion mit Ausbildung eines hepatorenalen Syndroms. Ca. 80 Prozent der Patienten<br />

mit Aszites sind mit salzarmer Kost (3-5 g täglich) sowie Diuretika (Aldosteronantagonist bis<br />

maximal 400 mg/Tag) plus ggf. Schleifendiuretikum (Furosemid bis maximal 160 mg/Tag)<br />

medikamentös einstellbar. Es verbleiben etwa 20 Prozent von Patienten mit refraktärem<br />

Aszites (kann nicht durch Diuretika mobilisiert werden wegen mangelndem Ansprechen oder<br />

diuretikainduzierten Komplikationen) oder rezidivierendem Aszites (tritt mindestens dreimal<br />

innerhalb eines Jahres wieder auf trotz Verschreibung von Diuretika in adäquater Dosierung<br />

<strong>und</strong> Salzrestriktion). Für diese Patienten ist in den letzten Jahren die therapeutische<br />

Aszitespunktion („Parazentese“) mit der anschließenden Gabe von Plasmaexpandern etabliert<br />

worden.<br />

Aquaretika, die im Gegensatz zu Diuretika die Ausbildung von freiem Wasser erhöhen,<br />

werden in Phase III Studien auf ihre therapeutische Wertigkeit <strong>bei</strong> Aszites getestet. Da<strong>bei</strong> soll<br />

die Wirksamkeit zur Behandlung des Aszites <strong>und</strong> zur Rezidivprophylaxe nach therapeutischer<br />

Aszitespunktion untersucht werden.


Die Beobachtung, dass Patienten, die einen TIPS zur Rezidivblutungsprophylaxe erhielten,<br />

häufig rasch aszitesfrei wurden, hat dann die Verwendung von TIPS für die Indikation Aszites<br />

stimuliert. Vier größere prospektive randomisierte Untersuchungen „TIPS versus<br />

Parazentese“ haben übereinstimmend gezeigt, dass es unter TIPS zu einer wesentlich besseren<br />

Beherrschung des Aszites als <strong>bei</strong> Parazentese kommt. Das Überleben war in zwei Studien<br />

signifikant, in einer weiteren tendenziell verbessert. Eigene Untersuchungen haben gezeigt,<br />

dass TIPS auch die Lebensqualität der Patienten signifikant verbessert. Bei Beachtung<br />

entsprechender Kontraindikationen (Bilirubin > 3-5 mg/dl, Encephalopathie, Alter über 65<br />

Jahren) sind daher mit TIPS hervorragende Ergebnisse zu verzeichnen, ohne wesentliche<br />

Beeinträchtigung durch relevante Enzephalopathie.<br />

Hepatorenales Syndrom (HRS)<br />

Unter einem HRS Typ 1 versteht man ein rasch fortschreitendes Nierenversagen. Hier<strong>bei</strong><br />

kommt es innerhalb von zwei Wochen mindestens zu einer Verdoppelung der Serum-<br />

Kreatininkonzentration auf Werte über 2,5 mg/dl. Diese gefährliche Form des hepatorenalen<br />

Syndroms ist mit einer extremen Mortalität (90 Prozent innerhalb 4 Wochen)<br />

vergesellschaftet. Im Gegensatz dazu weist das nicht rasch fortschreitende Nierenversagen mit<br />

konstantem Serumkreatinin über 1,5 mg/dl (HRS Typ 2) eine etwas bessere Prognose auf.<br />

Verschiedene Untersuchungen haben <strong>bei</strong> Patienten mit einem HRS nach Lebertransplantation<br />

5-Jahres-Überlebensraten um 60 Prozent gezeigt. Aufgr<strong>und</strong> des Organmangels müssen aber<br />

auch Transplantationskandidaten mit hoher Dringlichkeitsstufe länger auf ein Organ warten.<br />

Es gilt daher für diese Patienten eine Therapie des HRS anzustreben, auch weil die Ergebnisse<br />

der Transplantation <strong>bei</strong> Patienten mit guter Nierenfunktion signifikant besser sind.<br />

TIPS kann für Patienten mit HRS Typ 1 gute Ergebnisse zeitigen: So spricht mehr als die<br />

Hälfte der Patienten nach TIPS mit einer deutlichen Verbesserung der Nierenfunktion an, was<br />

sich auch in einer Verbesserung des Überlebens niederschlägt. Leider ist ein erheblicher<br />

Anteil der Patienten mit HRS Typ 1 durch die massiv eingeschränkte Leberfunktion von einer<br />

TIPS-Anlage ausgeschlossen. Diese Aspekte verstärken die Bedeutung pharmakologischer<br />

Ansätze, die auch <strong>bei</strong> Patienten mit schlechter Leberfunktion angewandt werden können. Hier<br />

haben die letzten Jahre gezeigt, dass Vasokonstriktoren in Kombination mit Albumin eine<br />

wesentliche Verbesserung der Nierenfunktion <strong>bei</strong> HRS bewirken können : mit Terlipressin<br />

kann das HRS <strong>bei</strong> etwa 60 % der Patienten erfolgreich behandelt werden. Es kommt zu einer<br />

Verbesserung des medianen Überlebens von ca. zwei Wochen auf etwa drei bis sechs Monate.<br />

Hierdurch kann für die meisten Patienten mit HRS auf der Transplantations-Warteliste eine<br />

hervorragende überbrückende Therapie geboten werden.<br />

Zur Behandlung von Aszites <strong>und</strong> HRS kann zusammenfassend festgehalten werden: TIPS ist<br />

besser als Parazentese <strong>bei</strong> ausgewählten Patienten mit refraktärem Aszites. TIPS kann das<br />

Überleben verlängern <strong>und</strong> die Lebensqualität verbessern. Lebertransplantation ist die einzige<br />

Therapie mit erwiesenem Langzeiterfolg für das gefährliche HRS Typ 1. Als überbrückende<br />

Maßnahme für Patienten mit erhaltener Restfunktion der Leber ist TIPS zu erwägen.<br />

Vasokonstriktoren (Terlipressin) in Kombination mit Albumin stellen eine wirksame<br />

pharmakologische Behandlung dar.

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