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- Von den Anfängen bis zum Einzug des Bergbaus -<br />

"Früheste Nachrichten über den Ort <strong>Resse</strong>"


1.1. Das <strong>Resse</strong>r Feld<br />

Der für <strong>Resse</strong>r bedeutsamste Siedlungskern war das - bis auf den heutigen Tag erhalten gebliebene<br />

- <strong>Resse</strong>r Feld, ein Höhenrücken, der sich in west-östlicher Erstreckung von der Löchte<br />

Heide bis ungefähr an den Holzbach hinzieht.<br />

Er bot - und bietet auch heute noch - hinreichende Vorraussetzungen für den Anbau von Getreide<br />

und Hackfrucht. In älterer Zeit wurden vornehmlich Gerste und Buchweizen sowie sog. Mängkörn<br />

angebaut, später auch Roggen und Hafer, Kartoffeln und Runkeln, strichweise sogar Weizen und<br />

Zuckerrüben, neuerdings in zunehmendem Maße Mais.<br />

Ursprünglich war das <strong>Resse</strong>r Feld in Gewannen aufgeteilt; das sind größere Flurstücke unterschiedlicher<br />

Güteklasse, die ihrerseits in Längs- und Querstreifen (Parzellen) zerlegt waren. Jeder Hof<br />

hatte Parzellenanteile in mehreren Gewannen, so dass sichergestellt war, dass ein Hof nicht nur<br />

gutes oder nur schlechtes Ackerland unter den Pflug nehmen konnte. Als Nachteil dieser Gemenge-<br />

Lage ergab sich, dass die Äcker des einzelnen Bauern über das ganze <strong>Resse</strong>r Feld verstreut waren.<br />

Später, als man mit Hilfe verbesserter Anbautechniken auch kärgere Böden einigermaßen ertragreich<br />

machen konnte, wurde die alte Fluraufteilung durch sog. Verkoppelungen weitgehend aufgegeben.<br />

- Bekannte <strong>Resse</strong>r Flurnamen sind z.B. "Halloh", "Hundtelgen", "Bergacker", "Lauslacke",<br />

"Böhning", "Eckerfeld", "Nate", "Im Ömken", "An den vier Höfen", "Bramkamp", "Bohnenkamp",<br />

"Geusenkamp", "Vüerbrauck".<br />

1.2. Höfe<br />

Die Höfe lagen nicht etwa mitten auf dem <strong>Resse</strong>r Feld, sondern an dessen Rändern, vornehmlich<br />

am Süd- und Nordrand, nämlich dort, wo es Quellgründe und Bachläufe gab. - Wie man der Skizze<br />

entnehmen kann, bildete am Südrand des <strong>Resse</strong>r Feldes der Leither Mühlenbach, der in den Quellgründen<br />

am Osthand des Buerschen Berges entspringt, eine regelrechte Siedlungsschiene. Hier<br />

reihte sich auf engem Raume ein Hof an den anderen. Der Hof, der den Anfang machte, hieß bezeichnenderweise<br />

"Ortsbecks" Hof. "Ort" bedeutet ursprünglich "Spitze" oder "Anfang". Ihm schlossen<br />

sich in westöstlicher Richtung an: Lanfer ("Langewer"), Dahm ("Dam(m)"), Ostrop, Vöcking<br />

("Föcking), Schwane ("Sweneking", heute Schulte-Holthausen), Grundmann (existiert nicht mehr),<br />

Lindgen ("Lindeken", heute Drießen), Hölscher, Hellpot (später Beckmann) sowie einige Kotten in<br />

unmittelbarer Nachbarschaft dieser Höfe, z.B. dicht vor Schwane Möller aufm Berge (später Lueg<br />

bzw. Timmerhaus). Manche Höfe lagen so dicht beieinander, dass es schwer war, sie auseinander zu<br />

halten. So entstand in Anspielung z.B. auf die enge Nachbarschaft von Lindgen und Hölscher<br />

folgender plattdeutscher Spottvers: "Lindekens Pinnken un Hölschers Pöhlken, de sitt un kackt op<br />

een Schöhlken".<br />

Am Nordrand des <strong>Resse</strong>r Feldes waren die Siedlungsverhältnisse ganz ähnlich. Hier waren es der<br />

in Trogemanns Wiese entspringende Quellmühlenbach, an dem sich die Höfe aneinanderreihten:<br />

Trogemann (Travemann, später Prüsener/Prüßner), Overdick (auch Averdick, zu Anfang dieses Jahrhunderts<br />

abgebrannt), Rensing, Herkel (auch "Ölligmöller"), Wiemann, <strong>Resse</strong>mann (heute Lochthowe)<br />

sowie die Kotten Kausträter, Frenken, Bottermann, Gosman (auch Matena). - Einen weiteren<br />

Siedlungskern bildete eine kleine Becke am Ostrand des <strong>Resse</strong>r Feldes. Hier entstanden die Höfe<br />

Schulte-Ostrop (heute Feldhaus), Eckermann (heute Föcker), Hedding und Icking (beide Höfe<br />

existieren nicht mehr) sowie der uralte - schon im 14. Jahrhundert namentlich erwähnte - Brune-<br />

Kotten.<br />

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1.3. Bauerschaften<br />

Für alle vorhin erwähnten Höfe gab es ursprünglich nur den einen Namen <strong>Resse</strong> ("Raedesse",<br />

"Redse"). Sie bildeten eine selbständige Kommune - Bauernschaft - im Kirchspiel Buer. Später<br />

jedoch - urkundlich greifbar seit der Mitte des 14 Jahrhunderts - haben sich die zwei Ortskerne<br />

im Süden und im Nordosten bzw. Osten verselbständigt. Der südliche Ortskern nahm den Namen<br />

"Suderresse" (auch "Südresse") an, aus dem sich später die noch heute geläufige Namensform Surresse<br />

entwickelte. Der nördliche bzw. östliche Siedlungskern wird in Urkunden des 15. Jahrhunderts<br />

weitgehend "Nordresse" genannt; doch setzte sich bald die Bezeichnung "Eickelresse"<br />

bzw. "Eckerresse" durch, die von einem Flurstück herrührt, das "Eckerfeld" heißt und in den Hofnamen<br />

Eckermann und Icking wiederzufinden ist.<br />

"Genossenschaftlich genutzten Grund und Boden"<br />

Neben dem <strong>Resse</strong>r Feld wurde von den Bauern ein ausgedehntes Allmendenland bewirtschaftet.<br />

Dabei handelte es sich um genossenschaftlich genutzten Grund und Boden minderer Qualität,<br />

der für den Anbau von Getreide kaum geeignet war, aber ausgedehnte Wiesenflächen und - zumindest<br />

in Teilbereichen - beträchtlichen Waldbestand aufwies. Es gab zweierlei Allmendenland:<br />

die sog. "Gemeinheiten" und die "Mark".<br />

2.1. Die "Gemeinheiten"<br />

Die "Gemeinheiten" waren Grundstücke innerhalb der beiden Bauernschaften; nutzungsberechtigt<br />

waren nur die Bauern aus Sur- oder aus Eckerresse.<br />

In Eckerresse lagen die meisten Gemeinheitsgrundstücke in den Niederungen des Holzbaches, im<br />

sog. "Vüerbrauck", sowie auf der <strong>Resse</strong>r Heide; in Surresse im Gebiet zwischen den Knabenbach<br />

und dem Leither Mühlenbach, südlich der heutigen Middelicher Straße.<br />

Im ausgedehnten Mittelalter, als sich die Anbautechniken verbesserten, gelang es, Teile der Gemeinheiten<br />

unter den Pflug zu nehmen. Gleichzeitig wurden auf diesen Neurodungen weitere<br />

Höfe - meistens jedoch Kotten - angelegt. In Surresse vor allem entlang des Knabenbachs, der "im<br />

Ömken" dicht bei Schepers Kotten entspringt: Scheper, Kemper (Goes), Thiehauwe (später Claes<br />

im Ömken), Wolter ("Wolter ufm Bramhorst"), Winkelmann, Bröß (Melchers), Sellhorst, Lochthowe;<br />

in Eckerresse entlang einer Becke, die etwas östlich von der heutigen Hedwigskirche entsprang:<br />

Kevenhörster, Hegefeld, Knüfer (heute Vollmer-Buer), Bockelkamp, Kremer ("Kremer uf der<br />

Heiden").<br />

2.2. Die <strong>Resse</strong>r Mark<br />

Die <strong>Resse</strong>r Mark umsäumte die beiden <strong>Resse</strong>r Bauernschaften halbkreisförmig im Süden und Südosten.<br />

Mit <strong>ca</strong>. 660 ha war sie eine der größten Markten im Vest Recklinghausen. Auch sie wurde bis<br />

in vorige Jahrhundert hinein genossenschaftlich genutzt. Nutzungsberechtigt waren allerdings<br />

nicht nur die Bauern in Sur- und Eckerresse, sondern auch die in Ebbelich und Langebochum.<br />

Ausserdem hatten sich die Herren v. <strong>West</strong>erholt sowie die jeweiligen Aufsitzer auf Haus Leithe in<br />

umfangreiche Nutzungsrechte zu bringen gewußt.<br />

Man unterscheidet zwischen "Erbgenossen " ("Erfgenotten") und Markgenossen ("Marktgenoten").<br />

- Die Erbgenossen waren die Besitzer alter Höfe, an denen seit Menschengedenken Marktenrechte<br />

"klebten"; sie allein besaßen volle Nutzungsrechte am Holz und an der Hude. - Die Markgenossen<br />

dagegen - vorwiegend Kötter oder Neusiedlier - waren minderberechtigt; sie konnten z.B. weder<br />

in das Amt des Holzrichters noch in das der Scherner gewählt werden und waren beim sog. "Erb-<br />

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holting", bei dem Holzrichter und Scherner gewählt wurden , gar nicht erst zugelassen. Über alle<br />

Marktangelegenheiten wurde auf dem Holting (Holzgericht) beraten. Wichtigste Beratungsgegenstände<br />

waren:<br />

1. die Festsetzung der Brände, d.h. eine genaue Abmachung ("Verkörung") darüber, wieviel Vieh<br />

jedes Genossenschaftsmitglied innerhalb eines genau terminierten Zeitraumes in der Mark weiden<br />

lassen durfte, wobei er jedes zugelassene Stück Vieh mit einem Brandmahl, das der Identifizierung<br />

diente, kennzeichnen musste;<br />

2. die Zuweisung der Holzmengen und Holzarten, die jeder Berechtigte schlagen durfte;<br />

3. Maßnahmen zur Aufforstung, insbesondere das "Potten" von Heister;<br />

4. die Zuweisung von Anteilen bei der sog. "Plaggenmahd", dem Stechen von Gras- und Torfsoden;<br />

5. die Verhängung von Strafen ("Brüchten") über diejenigen, die gegen die Beschlüsse des<br />

Holtings verstoßen hatten.<br />

Die Vorsitz beim Holting führte der Holzrichter. Ihm standen acht Scherner - je zwei aus Surresse,<br />

Eckerresse, Ebbelich und Langenbochum - zur Seite, die in der Mark Aufsicht zu führen<br />

und jeden Rechtsbruch zur Anzeige zu bringen hatten.<br />

Die Herren v. <strong>West</strong>erholt und die Aufsitzer auf Haus Leithe nannten sich Erbenmeister (später<br />

Markendirektoren): Sie verfügten mit der Zeit über die meisten Nutzungsanteile ("Scharen") in<br />

der Mark, und sie besaßen darüber hinaus das Privileg der Jagt, des Fischfangs und der Schafshude.<br />

Ausserdem waren sie eine Art Berufsinstanz für den Fall, dass Streitigkeiten auf dem<br />

Holting durch den Holzrichter nicht geschlichten werden konnten. Im 18. Jahrhundert war ihr<br />

Einfluss so gewachsen, dass jeder Holtingsbeschluss ihrer ausdrücklichen Bestätigung bedurfte.<br />

"Grundherrschaften"<br />

Nahezu alle <strong>Resse</strong>r Bauern gerieten im Laufe der Zeit in die Abhängigkeit eines Grundherren. Ausgenommen<br />

waren eigentlich nur die beiden Höfe <strong>Resse</strong>mann und Schulte-Ostrop, die als Hobsgüter<br />

des Reichshofs Recklinghausen unmittelbar dem Langesherrn, dem Kurfürsten und Erzbischof<br />

von Köln unterstellt waren, sowie - interessanterweise - einige Kotten.<br />

Die vermögendsten Grundherren waren in Eckerresse die Herren v. <strong>West</strong>erholt, in Surresse die<br />

jeweiligen Aufsitzer auf Haus Leite, aber auch andere Adlige aus der engeren und weiteren Nachbarschaft,<br />

z.B. die Herren v. Nesselrode-Reichstein auf Haus Herten, oder geistliche Herrschaften,<br />

z.B. die Äbtissin des Essener Damenstifts oder der Abt der Benediktinerabteil Werden, hatten<br />

sich <strong>Resse</strong>r Bauern hörig bzw. leibeigen gemacht. Diese Grundherren betrachteten sich als die<br />

rechtlichen Eigentümer der Höfe. Starb einer der Hofbesitzer, so machten sie von ihrem sog. Heimfallsrecht<br />

Gebrauch; d.h. der Hof - "ihr" Hof - fiel an sie zurück, und sie übertrugen ihn gegen eine<br />

Abgabe an einen neuen Besitzer, meist allerdings an den Erben des Verstorbenen.<br />

Erst im 19. Jahrhundert erlangten die Bauern das Recht, sich aus der Grundherrschaft freizukaufen.<br />

Auf vielen <strong>Resse</strong>r Höfen befinden sich noch heute sog. Ablöseverträge, die einen interessanten<br />

Einlick in Art und Umfang der Verpflichtungen gewähren, die aus der Leibeigenschaft erwuchsen.<br />

Als Beispiel wird im folgenden ein Auszug aus einem Ablösevertrag vorgestellt, der am 17.03.1842<br />

zwischen dem "Höfner Joh. Bräucker gt. Lindken" und dem Grafen Felix Droste zu Vischering v.<br />

Nesselrode Reichenstein geschlossen wurde. Letzterer war inzwischen auch Herr auf Haus Leithe,<br />

in dessen Grundherrschaft der Lindgenhof ursprünglich gehörte.<br />

Die Geschichte des Ortes <strong>Resse</strong> auf "www.nak-resse-west.de" 4


"Auszug aus einem Ablösevertrag"<br />

...zwischen dem Grafen Droste v. Nesselrode Reichenstein und dem Landwirt Joh. Bräucker gt.<br />

Lindgen vom 17. März 1842:<br />

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" § 1 - Herr Rentmeister BONER, Namens des Grafen DROSTE V. NESSELRODE REICHENSTEIN erlässt<br />

hiermit dem Mitkomparanten BRÄUCKNER gt. LINDKEN von den gutsherrlichen Rechten<br />

seines gedachten Herrn Mandanten an dem LINKENS-Kolonate zu SURRESSE die nachstehend<br />

bemerken:<br />

A. das Recht auf die jährliche Abgabe von vier Schweinen, acht Hühnern, sechs Pfund Flachs und<br />

fünf und zwanzig Silbergroschen sogenanntem Strohgeld<br />

B. das Recht auf die allwöchentliche Leistung eines Spanndienstes<br />

C. das Recht auf den Gewinn bei Besitzveränderungen und<br />

D. das Heimfallsrecht<br />

so dass von den gutsherrlichen Rechten nur noch die jährlichen Kornrenten zu zwanzig Dorster<br />

Scheffeln Roggen, vier und zwanzig Dorster Scheffeln Gerste und zwanzig Dorster Scheffeln<br />

schweren Hafers besteht.<br />

§ 2 - Dagegen verpflichtet sich LINDKEN binnen acht Tagen die Summe von fünfhundert Thalern<br />

Preuß. Kourant nebst zeitverhältnismäßigem Zins zur vier % fürs Jahr von Martini vorigen Jahres<br />

an zu zahlen, und alljährlich Martini eine Geldrente von vier und zwanzig Thalern an den Grafen<br />

DROSTE V. NESSELRODE zu entrichten.<br />

Dem Vertrag ist zu entnehmen, dass Lindgen seinem Grundherren gegenüber zu Abgaben und<br />

Dienstleistungen verpflichtet war. Die Abgaben bestanden z.T. in Naturalien, z.B. Vieh, Getreide,<br />

Flachs, z.T. in Geld, z.B. Strohgeld sowie Gebühren bei Besitzveränderung und Besitzerwechsel. Die<br />

Dienstleistungen bestanden in der wöchentlichen Leistung eines Spanndienstes; d.h. Lindgen<br />

musste Woche für Woche an einem bestimmten Tag mit Fuhrwerk dem Grafen zu Diensten sein.<br />

- Zu den hier aufgeführten Lasten, die sich aus dem Leibeigentumsverhältnis ergaben, kamen<br />

weitere hinzu. So musste Lindgen z.B. jährlich fünf Scheffel und ein Spiekerfaß (Speicherfaß)<br />

Roggen an den kurfürstlichen Speicher in Xanten abliefern, und er hatte dem Pfarrer und dem<br />

Küster der Urbanuskirche in Buer jährlich zu Martini je ein halbes Scheffel Meßgerste zu entrichten<br />

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"Die Lage der Bauern"<br />

Schlimm erging es den Bauern, wenn sie durch Krieg, Plünderung, Feuersbrunst, Unwetter und<br />

Seuchen heimgesucht wurden oder wenn sie durch Krankheiten und Invalidität aus dem Erwerbsleben<br />

gerissen wurden. Dann konnte über sie und ihre - meist vielköpfige - Familien ein für uns<br />

heute unvorstellbares Elend hereinbrechen. Ein erschütterndes Zeugnis hierfür ist das Schicksal<br />

eines Surresser Bauern aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges: Dieser Mann nahm sich aus Verzweiflung<br />

über eine schwere Krankheit das Leben, indem er sich mit einem Kuhstrick erhängte.<br />

Dies war aber nach den religiösen und sittlichen Vorstellungen der damaligen Zeit eine große<br />

Schandtat, die eine öffentliche Verfolgung durch das sog. Halsgericht nach sich zog. Und so<br />

ordnete dieses Gericht, das seinen Amtsitz in Recklinghausen hatte, an, dass der Leichnam des<br />

Selbstmörders - "anderen zum abscheulichen Exempel" - zur Gerichtsstätte geschleift und dort<br />

an einem Galgenpost aufgehängt wurde. Man wird sich heute kaum vorstellen können, welche<br />

Schmach und soziale Ächtung dies für die ganze Familie des Unglücklichen bedeutete.<br />

"<strong>Resse</strong>r Bauern kämpfen für ihr Recht"<br />

Aber die <strong>Resse</strong>r Bauern haben auch, wenn die Not sie dazu zwang und - vor allem - wenn es um<br />

althergebrachte Rechte ging, großen Mut und große Opferbereitschaft aufzubringen vermocht.<br />

Ein beeindruckendes Beispiel ist hierfür ein Rechtsstreit aus dem 18. Jahrhundert, den der aus<br />

<strong>Resse</strong> stammende Prälat Franz Sellhorst vor einigen Jahren bis in alle Details durchforscht hat.<br />

Steitobjekt waren Grundstücke in der Surresser Gemeinheit; Kontrahenten waren die Surresser<br />

Bauern und der Hertener Graf v. Nesselrode-Reichenstein. Der Graf, der - wie bereits erwähnt -<br />

seit Beginn des 18. Jahrhunderts auch Herr auf Haus Leithe und somit der Grundherr vieler Surresser<br />

Höfe war, vertrat die Auffassung, dass die Gemeinden einen ähnlichen besitzrechtlichen<br />

Status hätten wie die Mark, und aus dieser Auffassung leitete er für sich Nutzungsrechte an den<br />

Gemeinden ab. Die Bauern sahen in diesem Anspruch die Gefahr einer massiven Minderung ihrer<br />

Eigentumsrechte. Um dem Grafen zu demonstrieren, dass nur ihnen die Gemeindheitsgrundstücke<br />

gehörten, holzten sie kurzerhand die darauf befindlichen Bäume ab und forsteten die kahlgeschlagene<br />

Fläche wieder auf. Der Verwalter des Hauses Leithe ließ daraufhin durch seine Leute<br />

die neuangepflanzten Heister ausreißen und das Aufforstungsgehege verwüsten. Die Bauern<br />

eilten sofort herbei, und es kam zu gewaltigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf die Ehefrau<br />

und ein Lehrjunge des Kötters und Bildtuchmachers Wolter durch Schüsse, die von den<br />

gräflichen Bediensteten abgefeuert wurden, schwere Verletzungen erlitten.<br />

Es begann nun ein langwieriger und weitläufiger Prozeß, bei dem Macht und Einfluß der Kontrahenten<br />

ungleich verteilt waren. Der Graf Nesselrode-Reichenstein war immerhin der Statthalter<br />

des Kurfürsten im Vest Recklinghausen; er repräsentierte also die hoheitliche Gewalt des Landesherrn.<br />

Und in den Gerichten, die sich mit dem Fall zu beschäftigen hatten, saßen Juristen, die teils<br />

mit ihm verwandt, teils mit ihm befreundet waren. Aber die Surresser Bauern waren in ihrem<br />

Rechtsempfinden so tief verletzt, dass sie sich durch die einflußreiche Stellung des Grafen nicht<br />

einschüchtern ließen. Sie gingen mit ihrem Prozeß durch alle Instanzen bis hin zum höchsten<br />

Appellationsgericht, dem Reichskammergericht in Wetzlar. Ja, sie entsandten den Hauptbetroffenen,<br />

den Kötter Johann Wolter, nach Wetzlar. Ja, sie entsandten den Hauptbetroffenen, den<br />

Kötter Johann Wolter, nach Wetzlar, damit er an Ort und Stelle ihre Rechtssache vorantreibe.<br />

Wolter nahm die Strapazen und Unsicherheiten dieser - bei den damaligen Verkehrsverhältnissensehr<br />

weiten Reise auf sich. Aber die Hoffnung, dass er durch seine Anwesenheit in Wetzlar den<br />

Prozeß beschleunigen könne, erfüllte er nicht. Jahre lang musste er unter großen Enttäuschungen<br />

Die Geschichte des Ortes <strong>Resse</strong> auf "www.nak-resse-west.de" 7


und herben Entbehrungen in der fremden Stadt aushalten , weil die Anwälte des Grafen durch alle<br />

möglichen Interventionen eine Entscheidung der Streitsache hinauszögerten. Wolter litt unter<br />

großem Heimweh, und vor allem quälte ihn der Kummer über die Vergeblichkeit aller seiner Bemühungen.<br />

Das zehrte an seiner Gesundheit. Als es dem Anwalt der Surresser Bauern endlich gelungen<br />

war, eine höchstrichterlich Entscheidung zugunsten seiner Mandanten zu erwirken, konnte<br />

Wolter diesen Sieg nicht mehr auskosten. Der Anwalt, der unverzüglich zu ihm geeilt war, um ihn<br />

von dem günstigen Ausgang des Prozesses zu unterrichten fand ihn sterbend vor. Ob er überhaupt<br />

noch erfassen konnte, was ihm der Anwalt mitzuteilen hatte, wissen wir nicht. Seine Familie<br />

und sein Heimatort <strong>Resse</strong> hatte Wolter nie wiedergesehen. Er starb wenige Tage nach der Gerichtsentscheidung<br />

und wurde auf einem Wetzlarer Friedhof beigesetzt; das Sterberegister nennt zwar<br />

seinen Namen, ohne seinen Herkunftsort aber genau bezeichnen zu können. Das traurige<br />

Schicksal dieses um Recht und Gerechtigkeit bemühten Mannes verdient ein ehrendes Gedächtnis.<br />

"Anfänge des Schulwesens"<br />

Der soeben berichtete Vorfall hatte für <strong>Resse</strong> eine bemerkenswerte Konsequenz: Den Bauern war<br />

während der langen Prozeßjahre immer deutlicher bewußt geworden, wie nachteillig es für sie<br />

war, dass die wenigsten von ihnen schreiben und rechnen konnten. Es gab zwar in Buer eine<br />

Kirchspielschule, die auch für die Kinder aus den Bauernschaften, die rund um Buer lagen, zuständig<br />

war. Aber sie lag von <strong>Resse</strong> aus gesehen, sehr weit weg, und ausserdem befand sie sich,<br />

wie wir aus Visitationsberichten der vestischen Kirchenkommissare wissen, in einem desolaten<br />

Zustand. Angesichts dieser Verhältnisse zeigten die <strong>Resse</strong>r Bauern wenig Neigung, ihre Kinder<br />

dorthin zu schicken, und so erklärt es sich, dass die meisten Kinder, die in <strong>Resse</strong> aufwuchsen,<br />

Analphabeten bliebe. Aber jetzt - nach den bitteren Erfahrungen, die sie während des Prozesses<br />

hatten machen müssen - änderten die Bauern ihre Haltung. Sie hatten begriffen, dass Wissen<br />

Macht ist, und so entschlossen sich die Gemeinderäte beider Bauernschaften, noch im Jahr 1759<br />

in <strong>Resse</strong> selbst eine Schule zu bauen. Diese erste Schule entstand auf Hellpots Hof am Dieckampsweg<br />

(später Beckmann). Für den Bau der Schule und - vor allem - für die Dotierung der Lehrerstelle<br />

mussten die Bauern große finanzielle Opfer bringen. Glücklicherweise traf wenige Jahrzehnte<br />

nach Gründung der Schule der damalige Kölner Kurfürst Max Franz die Anordnung, dass<br />

die Inhaber der Buerschen Vikarstellen einen Teil ihrer Einkünfte an den Schulen abzuführen hätten,<br />

falls sie sich nicht bereiterklärten, selbst Unterricht zu erteilen. Aufgrund dieser Anordnung<br />

wurde die alte Buersche Vikarie Sancti Petri et Sactae Luciae mit der <strong>Resse</strong>r Schule "uniert"; d.h.:<br />

ein Teil ihrer Einkünfte floß von nun an dem Unterhalt der <strong>Resse</strong>r Schule zu, so dass die Bauern<br />

finanziell entlastet waren.<br />

Erster Lehrer in <strong>Resse</strong> war ein invalider Kriegsveteran namens Jonette. Von ihm heißt es in der<br />

Schulchronik, er sei zwar einarmig gewesen, habe aber seine Schüler mit Schlägen züchtigen<br />

können, als ob er mindestens zweiarmig gewesen wäre.<br />

Der Schulbesuch war so rege, dass die bescheidenen Raumverhältnisse auf Hellpots Hof bald nicht<br />

mehr ausreichten. Aus der Landmasse, die bei der Teilung und Privatisierung der Gemeinheiten anfiel,<br />

wurde im Jahre 1882 genau auf der Mitte zwischen beiden Bauernschaften - dort, wo sich<br />

heute das Gelände der Schule an der Ahornstraße befindet - ein größeres Areal für den Bau einer<br />

neuen Schule ausgegrenzt, zu der obendrein ein Schulgarten und eine Baumschule gehörten, so<br />

dass den Schülern, die fast alle Bauernkindern waren, praktische Unterweisungen im Gartenbau<br />

und in der Obstbaumpflege gegeben werden konnten. Der Nachfolger Jonettes Theodor Kevenhörster<br />

genoß als Fachmann auf diesem Gebiete besonderes Ansehen.<br />

Im Jahre 1840 übernahm Karl Lugge die <strong>Resse</strong>r Lehrerstelle. Lugge war ein aus Buer stammender<br />

Geistlicher und Inhaber der Vikarie Sancti Petri et Sanctae Luciae. Ihm wurde das Recht zuge-<br />

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standen, in einem Klassenraum, der mit einem Klappaltar ausgestattet war, wochentags die Messe<br />

zu lesen. Dies war der Anfang eines eigenständigen kirchlichen Gemeindelebens in <strong>Resse</strong>.<br />

"Alte <strong>Resse</strong>r Familien"<br />

Der Versuch, alte <strong>Resse</strong>r Familiern zu benennen, ist mit zwei Schwierigkeiten verbunden: Erstens<br />

können nur solche Familien namhaft gemacht werden, die nach bisher vorliegenden Unterlagen<br />

urkundlich bezeugt sind. Zweitens ist zu bedenken, dass die Familien nicht einheitlich benannt<br />

werden. Wenn jemand auf einem Hof einheiratete, konnte es sein, dass er entweder seinen angestammten<br />

Namen beibehielt oder dass er den Namen des Hofes, auf den er einheiratete, annahm;<br />

es kam aber auch vor, dass er mal mit seinem angestammten Namen, mal mit dem Hofnamen<br />

genannt wurde. Zu welchen Komplikationen das führte, sei an einem Beispiel erläutert:<br />

Aus der Ehe des Franz Lindgen (geb 1744) mit Elis. Nolde gingen nur Töchter hervor, und die<br />

älteste Tocher Gertrud wurder Hoferbin. Sie heiratete einen jungen Mann aus Polsum, der sich<br />

Breucker nannt, in Wirklichkeit aber Hundt hieß; seine Vorfahren - die Hundts - hatten irgendwann<br />

auf Breuckers Hof eingeheiratet. Nach seiner Verehelichung mit Elis. Lindgen führte er den Namen<br />

Breucker gt. Lindgen; aber seine Nachbarn nannten ihn fast ausschließlich Lindgen. So begegnet<br />

uns dieser Mann unter drei Namen: Hundt, Breucker, Lindgen.<br />

- Ein anderes Beispiel:<br />

In Surresse gab es einen Hof, der nach Urkunden des 14. Jahrhunderts "Die Woert" hieß; die Aufsitzer<br />

wurden Wortmann genannt. "Woert" ist ein mittelniederdeutsches Wort, der "Erhebung",<br />

"Hügel", oder auch "Berg" heißt. Und tatsächlich taucht dieser Hof im 18. und 19. Jahrhundert auch<br />

unter dem Namen "ufm Berge" auf. Irgendwann heiratete auf diesen Hof ein Mann namens Möller<br />

ein, und von da an heißt der Hof durchweg Möller aufm Berge. Inzwischen war der Hof zu einem<br />

Kotten verkümmert, und die Besitzer wechselten häufig. Im vorigen Jahrhundert war er im Besitz<br />

eines Johann Lueg aus Langenbochum, und heute gehört der der Familie Timmerhaus. Man sieht,<br />

in welche Schwierigkeiten man gerät, wenn man der Geschichte einzelner <strong>Resse</strong>r Höfe nachzugehen<br />

beginnt. Für den Heimatforscher eröffnet sich hier ein interessantes, aber auch dornenreiches<br />

Betätigungsfeld.<br />

Bei den folgenden Namen dürfte es sich vorwiegend um Hofnamen handeln; jedenfalls haben sie<br />

sich über einige Jahrhunderte erhalten. Die schriftlichen Belege, die zur Auswertung herangezogen<br />

wurden,, erstreckten sich üer den Zeitraum von 1550 bis 1850.<br />

Eckerresse:<br />

<strong>Resse</strong>mann (in sehr alten Urkunden gelegentlich auch "von <strong>Resse</strong>" genannt;<br />

Schulte-Ostrop (Oistrop, Oistendorp)<br />

Hedding (später von Eckermann weitgehend aufgekauft)<br />

Icking (später Balke)<br />

Eckermann (in alten Urkunden: "dat eikere" oder auch "up dem eick"; heute: Föcker)<br />

Averdick (auch: Overdick; der Hof ist zu Beginn dieses Jahrhunderts abgebrannt; er lag<br />

zwischen Trogemann und Rensing)<br />

Rensing<br />

Wiemann (in alten Urkunden: Wymann)<br />

uffm Berge (dies ist vermutlich der alte Hofname des heutigen Hofes Herkel; Herkel wird meist<br />

Olligmöller oder auch Ölmüller genannt)<br />

uffm Poete (existiert nicht mehr)<br />

Brune<br />

Hegerfeld<br />

Brockelkamp<br />

Kremer (in alten Urkunden: "kremer uff der Heyden")<br />

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Knüfer ("in den Knüven"; heute: Vollmer-Buer)<br />

Rachtermann (existiert nicht mehr)<br />

Trogemann (zeitweilig: Travemann; heute: Prüßner)<br />

Brockkötter ("Brockers Kotten", gehörte zum Schulte-Ostrop-Hof )<br />

Kausträter ("uffder Koestraten")<br />

Frenken<br />

Bottermann (in alten Urkunden auch: "Butermann")<br />

Stratmann ("Straten Berndt")<br />

Surresse:<br />

Lindgen ("Lyndeken", heute: Drießen)<br />

Schwane ("Sweneking", heute: Schulte-Holthausen)<br />

Wortmann ("Die Woert"; aufm Berge; Aufsitzer: Möller, Lueg, Timmerhaus)<br />

Lochthowe<br />

Claeß uf der Becke<br />

Jasper uf der Becker<br />

Lanfer ("Langewer")<br />

Thiehauwe ("up dem Tye", später: Claes, wurde zu Beginn des vorigen Jahrhunderts von Lindgen<br />

aufgekauft)<br />

Selhorst ("Sedlehorst")<br />

Schulte-Ortbeck ("in der Ortbecke")<br />

Vöcking ("Föcking", heute, Bröß gt. Vöcking)<br />

Grundmann (im vorigen Jahrhundert von Schwane aufgekauft)<br />

Ostrop (auch "Ostbuer")<br />

Wolter ("Wolter uff der Bramhorst")<br />

Scherkamp (Scharpkamp)<br />

Bröß ("Broses guet")<br />

Dahm<br />

Wilms ("Willem uff der heyden")<br />

uf der Garwinne<br />

Kläsener ("Klöser")<br />

Düsing<br />

Helpot ("Hellepoth", später : Beckmann)<br />

Ewers (später: Hartmann)<br />

Winkelmann<br />

Ortmann ("im Orde")<br />

Kemper im Oemken (später: Goes)<br />

Hüchtebrock (später: Timmerhaus)<br />

Hölscher<br />

Pierenkemper ("uff dem Perenkamp")<br />

Pennekamp<br />

Es sei ausdrücklich betont, dass siese Namenslist auf einer ersten Erhebung bisher zugänglicher<br />

Quellen beruht; sie ist also keineswegs abgeschlossen. Zugleich soll sie all denen, die an einer<br />

Forschung <strong>Resse</strong>r Familiengeschichten interessiert sind, Anstoß zur Weiterarbeit geben.<br />

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"Der Bergbau hält Einzug"<br />

Im letzten Jahrzeht des 19. Jahrhunderts vollziehen sich in <strong>Resse</strong> tiefgreifende und folgenschwere<br />

Veränderungen: Der Bergbau hält Einzug! Auf dem Geländer der <strong>Resse</strong>r Heide beginnt 1895<br />

die Bergwerksgesellschaft "Ewalt", benannt nacht Ewald Hilger, einem ihrer Begründer, mit der Abteufung<br />

der beiden Schächte "Schürenberg" und "Waldhausen". Schon wenige Jahre später wird<br />

Kohle gefördert, und <strong>Resse</strong> entwickelt sich zu einem Anziehungspunkt für viele Zuwanderer vor<br />

allem aus den Ostgebieten des deutschen Reiches. Auch viele Einheimische insbesondere Kötter<br />

und Kleinbauer, finden Arbeit auf der Schachtanlage. Die Bevölkerungszahl steigt sprunghaft an:<br />

von 722 im Jahre 1890 auf 3000 im Jahre 1899. Auf der <strong>Resse</strong>r Heide war genügend Platz für den<br />

Bau von Bergmannssiedlungen, sog. "Kolonieren". Zwei entstanden in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

der Zeche, die eine östlich, die andere westlich von ihr; eine dritte am Ostrand von Eckerresse<br />

zwischen der heutigen Friedhofstraße und Recklinghäuser Straße.<br />

Die Haus- und Hofanlagen waren für damalige Verhältnisse großzügig konzipiert und bemessen:<br />

Die Bergmannsfamilie bewohnte eine seperate Wohneinheit mit angebauten Stallungen für Kleinvieh<br />

und verfügte darüber hinaus über einen Garten für Obst- und Gemüseanbau. Später wurden<br />

noch ausserhalb der Siedlungen sog. Schrebergärten geschaffen.<br />

Mit den Bergarbeiten kamen auch immer mehr Handwerker und Kaufleute nach <strong>Resse</strong>. Sie eröffneten<br />

ihre Betriebe vor allem entlang der Ewaldstraße, die sich zur Hauptsache eines ganz<br />

neuen, stadtähnlichen Wohngebietes entwickelte. Vornehmlicher Baustil der mehrstöckigen Wohnund<br />

Geschäftshäuser war der um die Jahrhundertwende aufblühende Jugendstil, erkennbar an<br />

den ornamentreichen Stuckfassaden. Leider sind in den fünfziger Jahren, als eine funktionale und<br />

schmucklose Bauweise in Mode kam, mancher Erker und Balkone und manche Schmuckleisten<br />

entfernt worden, und erst in jüngster Zeit hat man hier und da versucht, durch Renovierung und<br />

Restaurierung etwas von der ursprünglichen Schönheit dieser Häuser wieder sichtbar werden zu<br />

lassen.<br />

Natürlich musste der neu entstandene Ortskern auch verkehrsmäßig erschlossen werden. Bis in<br />

19. Jahrhundert hinein war <strong>Resse</strong> lediglich an einen Postweg angeschlossen, der von Recklinghausen<br />

über Haus Sienbeck bei Herten nach Buer führte und an seinen Endstationen mit weiteren<br />

Postwegen verbunden war. Die alte Gastwirtschaft "Posthörnchen", die später der Bönigstraße<br />

Platz machen musste, erinnert mit ihrem Namen an die Zeit, in der die Postkutsche das bevorzugte<br />

Verkehrmittel war. An die Eisenbahnlinien, die in der zweiten hälfte des vorigen Jahrhunderts gebaut<br />

wurden, wurde <strong>Resse</strong> leider nicht angeschlossen. Dennoch hatten aber auch die <strong>Resse</strong>r "ihre"<br />

Eisenbahn, nämlich eine Zechenbahn, die die auf der Schachtanlage "Ewald geförderte Kohle zum<br />

Wanner Hafen transportierte und erst nach dem Zweiten Weltkreig ihren Betrieb eingestellt hat.<br />

Für den Personenverkehr wurder aber sehr bald eine Straßenbahnlini eingerichtet; sie führte zu<br />

nächst, von Herten kommend, über <strong>Resse</strong> nach Erle, wo es Umsteigemöglichkeiten nach Buer und<br />

nach Bismarck bzw. Gelsenkirchen gab. Sie war wohl in erster Linie für die Bergleute gedacht, die<br />

auf den Zechen der Emscherzone einfuhren. Erst zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde die Strecke<br />

<strong>Resse</strong>- Buer gebaut, die bis vor wenigen Jahren in Betrieb war.<br />

Das in Knapp zwei Jahrzehnten entstandene "neue" <strong>Resse</strong> konnte sich von der Einwohnerzah her<br />

gesehen durchaus mit einer Kleinstadt vergleichen. Allerdings: Währende die alten Bauerschaften<br />

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Sur- und Eckerresse bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts ein hohes Maß an nur ein Stadtteil; es<br />

wurde zunächst nach Buer und später mit Buer nach Gelsenkirchen eingemeindet.<br />

Hier ein Foto von der Ewaldstraße zur Anfangszeit des Bergbaus<br />

Man sieht schon den schon im Text benannten Jugendstil der Häuser.<br />

Ausserdem sind auch schon die ersten Schienen für die Straßenbahn zu sehen<br />

Hier ein Foto von der Zeche Ewald<br />

Der Text beruht auf<br />

Informationen vom Heimatforscher<br />

Carl Heinrich Lueg.<br />

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