BI-Artikel Adressrisikosteuerung, T - ifb AG
BI-Artikel Adressrisikosteuerung, T - ifb AG
BI-Artikel Adressrisikosteuerung, T - ifb AG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bankpraxis +<br />
Geschäftspolitik<br />
Adressrisiko-Steuerung in der Praxis<br />
Teil II: Portfoliosteuerung und Ableitung des Value at Risk gemäß VR-Control<br />
Matthias Koll und Christina Wissendorf<br />
Der credit Value at Risk (credit VaR, kurz<br />
VaR) ist eine der zentralen Berichtsgrößen,<br />
die das Kreditrisiko einer Bank beschreiben.<br />
Der VaR gibt an, um welchen<br />
Betrag eintretende Verluste den erwarteten<br />
Durchschnittsverlust (Expected<br />
Loss) bei einem bestimmten Konfidenzniveau<br />
überschreiten können<br />
(siehe Abbildung 1). Der Expected Loss<br />
(EL) wird bei der Risikoprämien-Kalkulation<br />
berücksichtigt und als Bestandteil<br />
des Zinssatzes vereinnahmt.<br />
Die Bedeutung des VaR ergibt sich daraus,<br />
dass gehäufte unerwartete Verluste im<br />
Kreditportfolio einer Genossenschaftsbank<br />
deren Eigenkapital belasten und im<br />
Extremfall die Sicherungseinrichtung des<br />
BVR involviert werden muss. Daher sollte<br />
bereits anhand der aktuellen Daten des<br />
gesunden Kreditbestands die Wahrscheinlichkeit<br />
von Verlusten für das Folgejahr abgeschätzt<br />
werden. Die aktuelle Version 4.5<br />
der Kreditrisiko-Software VR-Control<br />
KRM enthält ein mathematisches Modell<br />
zur Ermittlung des Value at Risk, das in einer<br />
Variante des Modells CreditRisk+ von<br />
Credit Suisse First Boston auf das Firmenkunden-Portfolio<br />
von VR-Banken zugeschnitten<br />
wurde. Die Berechnung erfolgt<br />
anhand von Blankovolumina und Ausfallwahrscheinlichkeiten<br />
auf Einzelkunden-<br />
Ebene, das heißt auf Basis der Stammnummern.<br />
Im vorliegenden zweiten Teil<br />
unserer <strong>Artikel</strong>serie (Teil 1 siehe <strong>BI</strong> 8/2005,<br />
Seite 38) soll anhand anonymisierter Daten<br />
dargestellt werden, wie der Value at<br />
Risk konkret abgeschätzt werden kann<br />
und wie eine Darstellung der wichtigsten<br />
Ergebnisse aussehen kann. Dazu gehören<br />
unter anderem auch Kennzahlen, die den<br />
Diversifikationsgrad eines Portfolios reflektieren<br />
und eine anschauliche Messung<br />
der Homogenität eines Kreditportfolios<br />
unterstützen.<br />
Bestimmung des<br />
Value at Risk<br />
Mit der Software VR-Control KRM 4.5 lassen<br />
sich Auswertungen des Kreditportfo-<br />
9/2005<br />
lio-Modells leicht abrufen. Dies sollte aber<br />
nicht darüber hinweg täuschen, dass die<br />
valide Berechnung von Expected Loss und<br />
Value at Risk grundlegende Voraussetzungen<br />
erfordert. Jedem Kreditnehmer muss<br />
die Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet<br />
werden, die seinem Rating entspricht. Firmenkunden-Kennzeichen<br />
und Branchen-<br />
Verschlüsselung des Firmenkunden-Portfolios<br />
müssen mit den Definitionen übereinstimmen,<br />
die bei der Überprüfung der<br />
Datenqualität festgelegt wurden. Zudem<br />
ist es notwendig, den gesunden Bestand<br />
von den ausgefallenen, mit EWB unterlegten<br />
Krediten zu trennen. Nur für den gesunden<br />
Bestand ist eine systematische Untersuchung<br />
mit dem Kreditportfolio-Modell<br />
der Software VR-Control KRM sinnvoll.<br />
Die Blanko-Anteile, auf denen die<br />
Rechnungen beruhen, können nur korrekt<br />
berücksichtigt werden, wenn die Sicherheiten<br />
richtig erfasst wurden. Diese<br />
Punkte zeigen, dass Datenqualität und<br />
Verschlüsselung für Berechnungen mit einem<br />
Kreditportfolio-Modell von fundamentaler<br />
Bedeutung sind.<br />
44 <strong>BI</strong> 9/2005 Bankpraxis + Geschäftspolitik<br />
Abb. 1: Typische Kenngrößen einer<br />
Portfolio-Verlustverteilung<br />
Wahl des Exposures<br />
Quelle: ifB<br />
VR-Control wird in den zahlreichen Fachkonzepten<br />
als wertorientiertes („barwertiges“)<br />
Steuerungssystem vorgestellt. Es<br />
liegt also nahe, von barwertigen Größen<br />
auch in der Adressrisiko-Steuerung auszugehen,<br />
bei der das ausfallgefährdete<br />
Volumen (Exposure) für die Ermittlung<br />
des VaR benötigt wird. Um das barwertige<br />
Blankovolumen zu quantifizieren,<br />
wird der aktuelle Barwert der ausstehenden<br />
Zahlungen eines Kunden bestimmt<br />
und der Barwert der eingestellten Sicherheiten<br />
entsprechend der Sicherheiten-<br />
Verwertungsprofile der Software VR-<br />
Control KRM abgezogen.<br />
VR-Control KRM bietet aber auch die<br />
Möglichkeit, andere Berichtsgrößen als<br />
Exposure auszuwählen. Hier ist vor allem<br />
das Netto-Blankovolumen RV zu nennen.<br />
Die Vorsilbe „Netto“ bedeutet in diesem<br />
Zusammenhang, dass auch die gebuchten<br />
EWBs in Abzug gebracht werden. Dies<br />
spielt für die weiteren Überlegungen je-
doch keine Rolle, weil nur der gesunde<br />
Bestand (per Definition ohne EWBs) betrachtet<br />
wird. Das Netto-Blankovolumen<br />
RV entspricht dem Risikovolumen als dem<br />
Maximum aus Inanspruchnahme und Gesamtzusage<br />
nach Abzug der Sicherheitenwerte<br />
ohne weitere Barwert-Effekte. Abbildung<br />
2 verdeutlicht, welche Vor- und<br />
Nachteile beide genannten Berichtsgrößen<br />
als Exposure in einem Kreditportfolio-<br />
Modell aufweisen.<br />
Bei der Projektarbeit in Genossenschaftsbanken<br />
können exemplarische Auswertungen<br />
für beide Varianten helfen, ein<br />
Gefühl zu entwickeln für die Auswirkungen<br />
der Exposure-Definition auf die ermittelten<br />
Portfolio-Kennzahlen. An dieser<br />
Stelle wird das Exposure als barwertiges<br />
Blankovolumen definiert, wobei die<br />
grundlegenden Daten der Volksbank Erfurt<br />
anonymisiert wurden.<br />
Portfolio-Kennzahlen<br />
Abbildung 3 gibt beispielhaft die Ergebnisse<br />
einer Kreditrisiko-Analyse mit dem<br />
VR-Control-KRM-Portfoliomanager wieder.<br />
Die zweite Spalte enthält die Kennzahlen<br />
für das Firmenkunden-Portfolio.<br />
9/2005<br />
Als Konfidenzniveau wurden 99 Prozent<br />
zugrunde gelegt. Die Anzahl der erwarteten<br />
Ausfälle ist die Summe der Ausfallwahrscheinlichkeiten<br />
aller betrachteten<br />
Kreditnehmer. Bezogen auf die Anzahl<br />
der Kreditnehmer im Portfolio beträgt<br />
die mittlere Ausfallquote demnach rund<br />
1,5 Prozent. Die mittlere Verlustquote<br />
von rund einem Prozent ergibt sich, gewichtet<br />
nach Volumen, aus dem Quotienten<br />
von Expected Loss zu Exposure. In der<br />
Regel ist die Verlustquote geringer als die<br />
Ausfallquote, da größere Blankobeträge<br />
eher an Kreditnehmer überdurchschnittlich<br />
guter Bonität vergeben werden.<br />
Bezieht man den VaR auf das ausgeliehene<br />
Exposure, so ergibt sich eine mittlere<br />
Risikoquote von etwa 4,8 Prozent.<br />
Die Bank muss kalkulatorisch pro 100<br />
Euro barwertiges Blankovolumen also<br />
etwa einen Euro für erwartete Verluste<br />
und etwa 4,80 Euro für unerwartete Verluste<br />
zurücklegen. Diese einfache Interpretation<br />
des EL beziehungsweise des<br />
VaR durch Bildung geeigneter relativer<br />
Kennzahlen schafft Transparenz und ermöglicht<br />
die Beurteilung der Kreditportfolio-Qualität<br />
im Vergleich mit anderen<br />
Häusern.<br />
Abb. 2: Vergleich unterschiedlicher<br />
Exposure-Definitionen<br />
Quelle: <strong>ifb</strong> <strong>AG</strong><br />
Bankpraxis + Geschäftspolitik<br />
„Unverzichtbare Impulse“<br />
„Für eine moderne barwertige<br />
Banksteuerung stellt sich die Frage<br />
nach einer effizienten Eigenkapital-<br />
Allokation. Sie erfordert eine realistische<br />
Beurteilung des Adressrisikos<br />
aus dem Kundengeschäft. Die valide<br />
und regelmäßige Abschätzung<br />
eines Value at Risk liefert wichtige<br />
Kennzahlen zur Risikostruktur des<br />
Firmenkunden-Portfolios und gibt<br />
Aufschluss über dessen Entwicklung.<br />
Die Aufteilung der Risikoanteile<br />
auf einzelne Kreditnehmer erlaubt<br />
es, die wichtigsten Risikotreiber<br />
zu identifizieren und Steuerungsstrategien<br />
zu entwickeln.<br />
Auch Preisbildung und Vorsteuerung<br />
Adressrisiko-behafteter Geschäfte<br />
erhalten im Kontext von<br />
VR-Control durch den VaR unverzichtbare<br />
Impulse.“<br />
Werner Reichert, Vorstand der Erfurter Bank<br />
Eine ähnliche Kennzahl ist der Eigenkapitalmultiplikator,<br />
der als Verhältnis von VaR<br />
zu EL definiert ist. Er wird im Rahmen der<br />
Deckungsbeitragsrechnung für Kreditgeschäfte<br />
zur Schätzung angemessener Eigenkapitalkosten<br />
genutzt. Der „Leitfaden<br />
zur Parametrisierung der Kundengeschäftssteuerung“<br />
des BVR enthält eine<br />
Tabelle zur Orientierung bei der Einstellung<br />
dieses Parameters. Dieser Multiplikator<br />
liegt dabei häufig unter dem des tatsächlichen<br />
Portfolios der Bank, da der BVR<br />
von einem optimierten Portfolio ausgeht.<br />
Die Bank muss daher entscheiden, ob sie<br />
ihre Eigenkapitalkosten eher an einem optimierten<br />
Marktportfolio oder an ihrem<br />
tatsächlichen Portfolio ausrichtet. Dies unterstreicht<br />
die Bedeutung institutsspezifischer<br />
Untersuchungen des Kreditportfolios.<br />
Sie bieten die Möglichkeit, anhand<br />
von Zeitreihen der entsprechenden Werte<br />
aus Abbildung 3 eigene valide Schätzungen<br />
abzugeben, etwa für den Eigenkapitalmultiplikator.<br />
<strong>BI</strong> 9/2005 45
Bankpraxis +<br />
Geschäftspolitik<br />
9/2005<br />
Untersuchung der Risikobeiträge<br />
Ausgehend von den Ergebnissen auf<br />
Portfolio-Ebene sollte das Risiko unerwarteter<br />
Verluste auf der Ebene einzelner<br />
Kreditnehmer analysiert werden, um<br />
Impulse für eine barwertige Steuerung<br />
abzuleiten. Im verwendeten CreditRisk+-<br />
Modell hat die Exposure-Größenklasse<br />
maßgeblichen Einfluss auf die Risiko-Anteile<br />
des einzelnen Kreditnehmers. Als<br />
Daumenregel gilt: Doppeltes Exposure<br />
führt zu vierfachem Risikoanteil. Bei gleichem<br />
Rating und gleicher Branche geht<br />
das Exposure also ungefähr quadratisch<br />
in die Berechnung der Risikoanteile ein.<br />
Auf Basis der kreditnehmerspezifischen<br />
Anteile an Risikovolumen, Blankovolumen,<br />
EL und VaR ist eine Darstellung der jeweils<br />
n größten Risiken sehr nützlich. Dabei verdienen<br />
Veränderungen in der Reihenfolge<br />
der bedeutendsten Kreditnehmer bei<br />
strenger werdendem Risikobegriff (ausgehend<br />
vom Risikovolumen über das barwertige<br />
Blankovolumen zum EL und VaR) besondere<br />
Aufmerksamkeit. Die Analyse solcher<br />
Listen ist ein guter Ausgangspunkt für<br />
die intensivere Betreuung risikoreicher Engagements<br />
und die Identifikation der ei-<br />
Abb. 3: Exemplarische Ergebnisse aus der Analyse<br />
des Kreditportfolios<br />
gentlichen Risikotreiber eines Portfolios.<br />
Insbesondere für die Festlegung von Einzellimiten<br />
bei der Adressrisiko-Steuerung sind<br />
die erläuterten Lösungen wertvoll.<br />
Die ermittelten kreditnehmerspezifischen<br />
Risiko-Anteile erlauben außerdem eine<br />
Summation des erwarteten und unerwarteten<br />
Verlusts auf der Ebene von Branchen,<br />
Größenklassen, Ratingsegmenten<br />
etc. Abbildung 4 zeigt beispielhaft, wie<br />
sich EL und VaR auf unterschiedliche Exposure-Größenklassen<br />
verteilen, wobei<br />
sich die Größe einer Blase jeweils an der<br />
Summe der Exposures in einer Größenklasse<br />
orientiert. Interessanterweise liegen<br />
gerade die großen Größenklassen für Exposures<br />
über 100.000 Euro unterhalb einer<br />
Referenz-Diagonale, tragen also überdurchschnittlich<br />
stark zum Risiko unerwarteter<br />
Verluste bei. Die kleineren Engagements<br />
oberhalb der Referenz-Diagonalen<br />
mindern dagegen eher das Risiko.<br />
Die kreditnehmerspezifische Zuordnung<br />
der Anteile an EL und VaR ermöglicht<br />
auch aufschlussreiche Auswertungen hinsichtlich<br />
des Diversifikationsgrads eines<br />
Portfolios. Neben den Makro-Kennzahlen<br />
auf Portfolio-Ebene sind es vor allem diese<br />
Mikro-Informationen, die Aufschluss über<br />
46 <strong>BI</strong> 9/2005 Bankpraxis + Geschäftspolitik<br />
Adressrisiken geben und erste Impulse für<br />
deren Steuerung liefern. Die Limitierung<br />
einzelner Engagements auf einer solchen<br />
Basis ist Gegenstand des nächsten <strong>Artikel</strong>s,<br />
der die <strong>BI</strong>-Serie zur <strong>Adressrisikosteuerung</strong><br />
komplettiert.<br />
Diversifikationsanalyse<br />
Einer der Schlüssel zum Verständnis von<br />
Risiko-Kennzahlen wie dem VaR ist die<br />
Untersuchung der Homogenität des betrachteten<br />
Portfolios. Typischerweise<br />
wird das Firmenkunden-Portfolio einer<br />
VR-Bank von wenigen besonders großen<br />
Engagements dominiert, die durch ihre<br />
hohen Blanko-Anteile den VaR maßgeblich<br />
beeinflussen. Wie bereits betont, bestimmt<br />
neben dem individuellen Rating<br />
(und damit der Ausfallwahrscheinlichkeit)<br />
vor allem die Exposure-Größenklasse,<br />
welcher Anteil vom Gesamt-VaR einem<br />
einzelnen Kreditnehmer zugeordnet<br />
wird. Die Aufteilung der Anteile von EL<br />
und VaR auf die Einzelkreditnehmer erlaubt<br />
die Aufstellung einer nach dem<br />
VaR-Risikoanteil sortierten Liste. Kumuliert<br />
man die Einzel-VaR, so stellt man fest,<br />
welcher Anteil am VaR auf die 10, 20<br />
oder n größten Kreditnehmer zurückzuführen<br />
ist. Damit kann ein Diversifikationsmaß<br />
ermittelt werden, das viele genossenschaftliche<br />
Verbände seit langem<br />
in ähnlicher Weise auf Engagementebene<br />
und bezogen auf das Risikovolumen als<br />
Kennzahl nutzen, um die Homogenität<br />
eines Kreditportfolios zu messen.<br />
Allerdings ist die häufig genutzte Relation<br />
„Risikovolumen der zehn größten<br />
Engagements bezogen auf das Risikovolumen<br />
aller Engagements“ von geringer<br />
Aussagekraft, um zwei Banken mit einer<br />
sehr unterschiedlichen Kreditnehmeranzahl<br />
zu vergleichen. Daher ist es sinnvoll,<br />
solch kumulierten Anteile an einer Berichtsgröße<br />
(zum Beispiel Exposure, EL<br />
oder VaR) mit einem relativen Anteil an<br />
der gesamten Kundenanzahl zu vergleichen.<br />
Für das vorgestellte Portfolio führt<br />
das beispielsweise zu folgendem Ergeb-
nis: Die nach VaR-Sortierung größten 20<br />
Prozent der Kunden vereinigen auf sich:<br />
➤ nahezu 80 Prozent des Exposures,<br />
➤ nahezu 90 Prozent des EL<br />
➤ und nahezu 95 Prozent des VaR.<br />
Dass 80 Prozent des Exposures an nur 20<br />
Prozent der Kunden verliehen sind, ist<br />
eine typische Proportion für ein genossenschaftliches<br />
Kreditportfolio. Die beiden<br />
anderen Verhältnisse bezogen auf<br />
EL und VaR hängen hingegen stark von<br />
der individuellen Zusammensetzung des<br />
Portfolios der Bank und damit von dessen<br />
Diversifikationsgrad ab.<br />
Es stellt sich die Frage, ob statt eines 20prozentigen<br />
Kundenanteils nicht ein anderer<br />
Zuschnitt dieser Kennzahlen nützlicher<br />
wäre. Grundsätzlich können alle möglichen<br />
Kundenanteile von 0 bis 100 Prozent den<br />
jeweiligen Exposure-, EL- und VaR-Anteilen<br />
des Portfolios gegenübergestellt werden.<br />
In einem entsprechenden Diagramm lassen<br />
sich diese Informationen übersichtlich darstellen.<br />
Die senkrechte schwarze Doppel-Linie<br />
markiert dabei das oben zitierte Ergebnis<br />
für die größten 20 Prozent der Kunden<br />
(sortiert nach VaR).<br />
Kommt ein Neugeschäft mit einem überdurchschnittlich<br />
großen Blanko-Anteil<br />
Themen im Teil III<br />
Der abschließende <strong>Artikel</strong> dieser<br />
Reihe behandelt neben der Messung<br />
und Interpretation des<br />
Adressrisiko-Ergebnisses auch das<br />
Thema Limitierung. Dabei soll eine<br />
Beziehung zur Berechnung des VaR<br />
hergestellt werden, um adäquate<br />
Beobachtungsgrenzen zu definieren.<br />
Ferner werden Möglichkeiten<br />
vorgestellt, wie Komponenten des<br />
Adressrisikos in die barwertige Gesamtbanksteuerung<br />
einzubinden<br />
sind.
Bankpraxis +<br />
Geschäftspolitik<br />
9/2005<br />
hinzu, dürften die größten 20 Prozent der<br />
Kunden einen deutlich höheren Anteil des<br />
Exposures ausmachen. Gleiches gilt für Ratingverschlechterungen<br />
großer Kreditnehmer<br />
im Portfolio hinsichtlich der EL-<br />
Verteilung. Dies zeigt, dass die regelmäßige<br />
Messung dieser Kennzahlen als Frühwarnsystem<br />
dienen kann. Eine weitere<br />
Möglichkeit zur Quantifizierung des Diversifikationsgrads<br />
eines Portfolios liegt in<br />
der Einführung so genannter „Diversifikationsscores“,<br />
die einen Wert zwischen 0<br />
und 100 Prozent annehmen können (100<br />
Prozent entspräche einem perfekt diversifizierten<br />
Portfolio als Benchmark). Dabei<br />
vergleicht man die aktuelle VaR-Verteilung<br />
in Abbildung 5 mit einer Benchmark-<br />
Verteilung und misst die Unterschiede der<br />
entsprechenden Flächen unterhalb der<br />
oben dargestellten Kurven.<br />
Voraussetzung für diese Vorgehensweise<br />
ist die Definition eines geeigneten Vergleichsmaßstabs.<br />
Bei einem absoluten Diversifikationsscore<br />
wird das aktuelle Port-<br />
48 <strong>BI</strong> 9/2005<br />
Abb. 4: Beispielhafte Größenklassenstruktur<br />
Quelle: <strong>ifb</strong><strong>AG</strong> 2005<br />
folio mit einem Benchmark-Portfolio aus<br />
identischen Kreditnehmern verglichen.<br />
Das Benchmark-Portfolio ist perfekt diversifiziert<br />
und entspricht in Abbildung 5<br />
einer Diagonalen, da in diesem Fall jeder<br />
Kreditnehmer in gleichem Maße zu Exposure-,<br />
EL- und VaR-Verteilung des Portfolios<br />
beiträgt. Für den relativen Diversifikationsscore<br />
vergleicht man die aktuelle<br />
VaR-Verteilung mit der aktuellen EL-Verteilung,<br />
um Klumpeneffekte auf Basis der<br />
realen Kreditnehmer des Portfolios zu<br />
untersuchen. Im hier analysierten Beispiel-Portfolio<br />
auf Basis der anonymisier-<br />
Zu den Autoren<br />
Bankpraxis + Geschäftspolitik<br />
ten Daten der Volksbank Erfurt beträgt<br />
der absolute Diversifikationsscore rund<br />
acht Prozent, während für den relativen<br />
Diversifikationsscore ein Wert von rund<br />
55 Prozent ermittelt wurde.<br />
Zeitreihen aufbauen<br />
Dr. Matthias Koll ist Senior Consultant bei der Kölner<br />
<strong>ifb</strong> <strong>AG</strong> mit besonderem Fokus Adressrisiko-Steuerung.<br />
E-Mail: Matthias.Koll@<strong>ifb</strong><strong>AG</strong>.com<br />
Christina Wissendorf ist zuständig für das Controlling<br />
der Erfurter Bank eG und Projektleiterin für<br />
VR-Control.<br />
E-Mail: Christina.Wissendorf@Volksbank-Erfurt.de<br />
Für diese Diversifikationskennzahlen liegen<br />
zurzeit nur wenige Referenzwerte<br />
vor, sodass es sich empfiehlt, hausspezifische<br />
Zeitreihen aufzubauen. Diese können<br />
– neben den zuvor genannten Kennzahlen<br />
wie Verlust- oder Risikoquote –<br />
wertvolle Hinweise auf Veränderungen<br />
der Portfoliostruktur geben und gegebenenfalls<br />
in ein entsprechendes Frühwarnsystem<br />
integriert werden.<br />
Das Thema Portfoliosteuerung hat bei einem<br />
Projekt zur Adressrisiko-Steuerung<br />
besondere Bedeutung. Neben Kennzahlen<br />
wie dem EL, die sich auf Ebene einzelner<br />
Kreditnehmer nachvollziehen lassen,<br />
werden mit der Software VR-Control<br />
KRM 4.5 erstmals „echte“ Risikokennzahlen<br />
wie der VaR berechnet und ausgewertet.<br />
Die Ergebnisse dienen zur Identifikation<br />
der wichtigsten Risikotreiber sowie<br />
zur Messung des Diversifikationsgrads<br />
eines Portfolios. Da für das Privatkunden-,<br />
Eigengeschäfts- sowie für das<br />
Gesamtportfolio zurzeit noch kein Kreditportfolio-Modell<br />
des BVR vorliegt,<br />
bleibt die vorgestellte Analyse bislang<br />
noch auf das Firmenkunden-Portfolio beschränkt.<br />
Hierzu wird es nach Auskunft<br />
des BVR eine pragmatische Zwischenlösung<br />
geben, die in der Version <strong>ifb</strong>-OKU-<br />
LAR 5.0 zur Verfügung stehen wird. ■
Exposure- / EL- / VaR-Anteil<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Kunden-Anteil<br />
Abbildung 5: Diversifikationsdiagramm.<br />
VaR-Verteilung<br />
EL-Verteilung<br />
Exposure-Verteilung