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Förderung der Konversion stationärer Einrichtungen und ... - Hamburg

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<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong><br />

<strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong><br />

<strong>und</strong> von individuellen<br />

Wohnformen für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen<br />

Dokumentation des Workshops am<br />

10. <strong>und</strong> 11. Juni 2010<br />

In Zusammenarbeit mit<br />

Behörde für Soziales, Familie,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Freie <strong>und</strong> Hansestadt <strong>Hamburg</strong><br />

Behörde für Soziales, Familie, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

<strong>Hamburg</strong>er Straße 47, 22083 <strong>Hamburg</strong><br />

Druck: Eigendruck<br />

Auflage: 500<br />

Bezug: Diese Broschüre ist zu bestellen bei <strong>der</strong><br />

Behörde für Soziales, Familie, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

<strong>Hamburg</strong>er Straße 47, 22083 <strong>Hamburg</strong><br />

Telefon: 040 -428 63-7778<br />

E-Mail: publikationen@bsg.hamburg.de<br />

September 2009<br />

www.hamburg.de/bsg<br />

Anmerkung zur Verteilung<br />

Diese Druckschrift wird im Rahmen <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit des Senats <strong>der</strong> Freien <strong>und</strong> Hansestadt <strong>Hamburg</strong><br />

herausgegeben. Sie darf we<strong>der</strong> von Parteien noch von Wahlwerberinnen <strong>und</strong> Wahlwerbern o<strong>der</strong> Wahlhelferinnen<br />

<strong>und</strong> Wahlhelfern zum Zwecke <strong>der</strong> Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bürgerschafts-, B<strong>und</strong>estags<strong>und</strong><br />

Europawahlen sowie die Wahl zur Bezirksversammlung.<br />

Missbräuchlich ist insbeson<strong>der</strong>e die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen <strong>der</strong> Parteien<br />

sowie das Einlegen, Aufdrucken o<strong>der</strong> Aufkleben parteipolitischer Informationen o<strong>der</strong> Werbemittel. Untersagt ist<br />

gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke <strong>der</strong> Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden<br />

Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme <strong>der</strong> Landesregierung<br />

zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.<br />

Die genannten Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann, auf welchem Wege <strong>und</strong> in welcher Anzahl<br />

diese Druckschrift dem Empfänger o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Empfängerin zugegangen ist. Den Parteien ist es jedoch gestattet,<br />

die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglie<strong>der</strong> zu verwenden.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 3<br />

Vorwort<br />

Mit ihrem Beschluss zur Weiterentwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe hat die Arbeits- <strong>und</strong> Sozialministerkonferenz<br />

(ASMK) im November 2009 den Auftrag für eine umfassende Reformgesetzgebung<br />

erteilt. Gr<strong>und</strong>lage dafür sind die gemeinsam mit Interessenvertretungen <strong>und</strong><br />

Verbänden abgestimmten „Eckpunkte für die Reformgesetzgebung Einglie<strong>der</strong>ungshilfe SGB<br />

XII“.<br />

Begleitend <strong>und</strong> unterstützend zur beginnenden Reformgesetzgebung sollen nun einige Themen<br />

– wie auch die <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> in individuelle Wohnformen – vertieft<br />

werden. Mit dem Ziel, für künftige För<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Ambulantisierungsprogramme die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Unterstützungmaßnahmen zu benennen, sollen die bisherigen Erfahrungen mit <strong>der</strong><br />

Umwandlung <strong>und</strong> dem Aufbau bedarfsgerechter, selbstbestimmterer Wohnformen aufgearbeitet<br />

werden.<br />

Durch Kooperation zwischen <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA), die über weitreichende<br />

Erfahrungen mit <strong>Konversion</strong>sprozessen verfügt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Behörde für Soziales, Familie,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz (BSG), die in <strong>Hamburg</strong> ein umfassendes<br />

Ambulantisierungsprogramm initiiert hat, ist im Juni 2010 ein solcher Workshop ausgerichtet<br />

worden.<br />

Durch diese Dokumentation, die in einer vorläufigen Fassung kurz nach <strong>der</strong> Tagung allen<br />

Beteiligten zur Verfügung gestellt worden ist, soll dazu beigetragen werden, dass die Ergebnisse<br />

des zweitägigen Workshops in den weiteren Reformprozess einfließen können.


4 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Workshop<br />

„<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong><br />

<strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen“<br />

am 10. <strong>und</strong> 11. Juni 2010 in <strong>Hamburg</strong> in <strong>der</strong> „ Alten Küche“<br />

bei <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA), Alsterdorfer Markt<br />

Das Programm<br />

Donnerstag, 10.06.2010<br />

10:30 Uhr Eintreffen <strong>der</strong> Teilnehmer<br />

Begrüßungskaffee<br />

11:00 Uhr Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden <strong>der</strong> Ev. Stiftung Alsterdorf,<br />

Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas<br />

Grußwort des Senators für Soziales, Familie, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz,<br />

Dietrich Wersich, ab Seite 7<br />

Mo<strong>der</strong>ation: Theodorus Maas (Ev. Stiftung Alsterdorf)<br />

11:30 Uhr Erfahrungen mit <strong>Konversion</strong>sprozessen einer großen Einrichtung<br />

Birgit Schulz (Vorstand Ev. Stiftung Alsterdorf), ab Seite 10<br />

12:00 Uhr - Die Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in Deutschland <strong>und</strong> Erfahrungen mit<br />

Ambulantisierungsprozessen in <strong>Hamburg</strong><br />

Dr. Peter Gitschmann (BSG, <strong>Hamburg</strong>), ab Seite 20<br />

12:30 Uhr Neues Wohnen braucht <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> – För<strong>der</strong>richtlinien in <strong>Hamburg</strong><br />

Matthias Kock (Behörde Stadtentwicklung <strong>und</strong> Umwelt, <strong>Hamburg</strong>), ab Seite 23<br />

13:00 Uhr Mittagspause / Imbiss<br />

14:00 Uhr Erfahrungen mit <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen<br />

Peter Nouwens (Stiftung Prisma), ab Seite 25<br />

14:30 Uhr Ambulantisierung im Landschaftsverband Rheinland (LVR)<br />

Gabriele Lapp <strong>und</strong> Lothar Flemming (beide LVR), ab Seite 29<br />

15:00 Uhr Kaffeepause<br />

15:30 Uhr Arbeitsphase in parallel stattfindenden Workshops<br />

Alle Workshops werden mo<strong>der</strong>iert <strong>und</strong> durch kurze Inputreferate aus<br />

verschiedenen Blickwinkeln eingeleitet. Durch die Arbeit in den vier Workshops<br />

soll zusammengetragen werden, welcher Verän<strong>der</strong>ungsbedarf gesehen<br />

wird.<br />

W1: Finanzierungsfragen ab Seite 35<br />

Was än<strong>der</strong>t sich bei <strong>der</strong> Finanzierung? Was ist bei <strong>der</strong> Umwandlung <strong>stationärer</strong><br />

<strong>Einrichtungen</strong> beson<strong>der</strong>s zu bedenken - z.B. im Hinblick auf Investitions-<br />

<strong>und</strong> Personalkostenplanung, auf Umsatzplanung <strong>und</strong> För<strong>der</strong>mittel? Was<br />

geschieht mit vorhandenen Immobilien? Neue Wohnangebote: bauen, kaufen<br />

o<strong>der</strong> mieten?


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 5<br />

W2: Personalmanagement<br />

Dieser Workshop musste wegen fehlen<strong>der</strong> Nachfrage lei<strong>der</strong> ausfallen.<br />

W3: Partizipation ab Seite 40<br />

<strong>Konversion</strong> ist ein vielschichtiger Verän<strong>der</strong>ungsprozess. Allen voran betrifft<br />

er die Lebensumstände <strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen. Wie können sie –<br />

<strong>und</strong> ihre Angehörigen - im wohl verstandenen Sinne von Selbstbestimmung<br />

umfassend beteiligt <strong>und</strong> für diesen Prozess gewonnen werden? Wie ist dieser<br />

Prozess bei an<strong>der</strong>en Kostenträgern, relevanten Partnern <strong>und</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

zu kommunizieren?<br />

W4: Kooperation im Sozialraum ab Seite 46<br />

<strong>Konversion</strong> von Komplexeinrichtungen heißt auch Dezentralisierung <strong>und</strong> Regionalisierung,<br />

<strong>und</strong> dies bietet neue Chancen für gesellschaftliche Teilhabe<br />

<strong>und</strong> Inklusion. Eine gute Kooperation <strong>und</strong> Vernetzung im Stadtteil in <strong>der</strong> Gemeinde<br />

ist Voraussetzung für das Gelingen. Wie können Dienstleistungsorganisationen<br />

ihre Arbeit auf den jeweiligen „Sozialraum“ besser ausrichten?<br />

Wie kann dazu beigetragen werden, dass Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen als<br />

vollwertige Mitgestalter des Gemeinwesens anerkannt werden. Wie können<br />

hier auch bürgerschaftliche Potenziale mobilisiert werden?<br />

18:00 Uhr Ende <strong>der</strong> Beratungen des ersten Tages<br />

19:00 Uhr Abendessen <strong>und</strong> „Come Together“ im „Haus 5“ des ehemaligen Hafenkrankenhauses,<br />

Seewartenstraße 10 (St. Pauli).<br />

Freitag, 11.06.10<br />

09:00 Uhr Fortsetzung <strong>der</strong> Arbeit in den Workshops<br />

Endabstimmung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

10:00 Uhr Kaffeepause<br />

10:30 Uhr Abschlussplenum:<br />

� Kurz-Präsentation <strong>der</strong> Workshop-Ergebnisse durch die jeweiligen Berichterstatter<br />

W1: Finanzierungsfragen<br />

W3: Partizipation<br />

W4: Kooperation im Sozialraum<br />

� Stellungnahmen zu den Workshop-Ergebnissen<br />

Barbara Vieweg (Deutscher Behin<strong>der</strong>tenrat) ab Seite 50<br />

Klaus Peter Lohest (Ministerium für Arbeit, Soziales, Ges<strong>und</strong>heit, Familie<br />

<strong>und</strong> Frauen, Rheinland Pfalz) ab Seite 52<br />

Claudia Zinke (B<strong>und</strong>esAG <strong>der</strong> Freien Wohlfahrtsverbände) ab Seite 55<br />

Dr. Wolfgang Schoepffer (Nie<strong>der</strong>sächsisches Ministerium für Soziales,<br />

Frauen, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit) ab Seite 59<br />

12:15 Uhr Schlussworte durch Birgit Schulz (Vorstand ESA)<br />

12:30 Uhr Ende <strong>der</strong> Veranstaltung


6 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Begrüßung<br />

Der Vorstandsvorsitzende <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA),<br />

Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas, begrüßt die Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer<br />

Theodorus Maas (ESA) mo<strong>der</strong>iert den zweitägigen Workshop


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 7<br />

Grußwort des Senators für Soziales, Familie, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz <strong>der</strong> Freien <strong>und</strong> Hansestadt <strong>Hamburg</strong>, Dietrich Wersich<br />

Es gilt das gesprochene Wort<br />

Lieber Herr Professor Haas,<br />

sehr geehrter Herr Maas,<br />

liebe Referenten,<br />

liebe Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer aus <strong>der</strong> ganzen B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> auch aus den<br />

Nie<strong>der</strong>landen,<br />

ich begrüße Sie ganz herzlich hier zu diesem Workshop.<br />

Die <strong>Hamburg</strong>erinnen <strong>und</strong> <strong>Hamburg</strong>er unter Ihnen wissen, dass ich die Themen, um die es<br />

heute geht, mit großer Leidenschaft verfolge. An dem Workshop würde ich selber sehr gerne<br />

mitarbeiten, was mir zeitlich lei<strong>der</strong> nicht möglich ist. Ich wollte aber zumindest heute Morgen<br />

Ihnen persönlich meine Wertschätzung ausdrücken.<br />

Da ist zum Einen die Evangelische Stiftung Alsterdorf als einer unserer großen Partner hier<br />

in <strong>Hamburg</strong>. Seit vielen Jahren betreiben Sie die <strong>Konversion</strong> <strong>der</strong> Einrichtung in beson<strong>der</strong>er<br />

Weise. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber seit vielen Jahren wird hier Pionierarbeit<br />

in dieser Entwicklung betrieben.<br />

Da sind aber auch die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter aus <strong>der</strong> Behörde für Soziales, Familie,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz, die diese Tagung mit vorbereitet haben, die Kollegen<br />

aus <strong>der</strong> Behörde für Stadtentwicklung <strong>und</strong> Umweltschutz <strong>und</strong> die Referenten aus<br />

Deutschland <strong>und</strong> Holland. Von dort bekomme ich immer wie<strong>der</strong> Berichte über spannende<br />

Projekte, <strong>und</strong> ich würde mir gerne selber vor Ort das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ansehen. Vielleicht<br />

lässt es sich ja einrichten, dass einmal eine <strong>Hamburg</strong>er Gruppe zu Ihnen fahren kann, um zu<br />

sehen, wie man in Holland die Überlegungen zur Inklusion in die Wirklichkeit überträgt.<br />

Aber ich möchte auch denen, die als Teilnehmer an diesem Workshop aus <strong>der</strong> ganzen Republik<br />

heute den Weg hierher gef<strong>und</strong>en haben, meine Wertschätzung ausdrücken.<br />

Denn sie alle – wir alle – haben uns auf den Weg zur Inklusion gemacht, <strong>und</strong> das heißt für<br />

mich, eben auch <strong>Konversion</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft <strong>und</strong> des Gemeinwesens.<br />

Denn wir alle – auch Sozialpolitiker – haben erkannt, dass die gutgemeinte „Sozialpolitik <strong>der</strong><br />

Fürsorge“ zu Son<strong>der</strong>systemen <strong>und</strong> zur Ausgrenzung von Menschen geführt, <strong>und</strong> damit das<br />

Gemeinwesen in Wahrheit auch geschwächt hat.<br />

Insofern geht es nicht nur darum, die <strong>Einrichtungen</strong> zu öffnen. Son<strong>der</strong>n es geht auch darum,<br />

das Gemeinwesen wie<strong>der</strong> zu stärken, <strong>und</strong> ihm die Fähigkeit zurück zu geben mit dieser Öffnung<br />

<strong>und</strong> mit diesen Menschen auch wie<strong>der</strong> gemeinschaftlich <strong>und</strong> gleichberechtigt Leben zu<br />

können. Es ist also durchaus ein zweiseitiger Prozess, <strong>der</strong> hier zwischen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft stattfinden muss.<br />

Sie wissen alle, dass es nicht damit getan ist, über Inklusion zu reden, son<strong>der</strong>n dieser Begriff<br />

– o<strong>der</strong> dieser Prozess – einer gr<strong>und</strong>legenden Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe, muss mit Leben<br />

erfüllt werden. Es geht darum diesen neuen Mainstream „Inklusion“ auf allen Ebenen,<br />

auch fachpolitisch, mitzugestalten.


8 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Auf <strong>der</strong> politischen Ebene wurden von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Län<strong>der</strong>n ja auch schon einige Meilensteine<br />

erreicht:<br />

Im Jahr 2005 hat sich auf <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong> obersten Landessozialbehörden eine Arbeitsgruppe<br />

gegründet, die Vorschläge für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe entwickelt<br />

hat. Im September 2007 hat diese Gruppe ein Arbeitspapier zur Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

Einglie<strong>der</strong>ungshilfe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben vorgelegt, mit dem sich dann<br />

die Arbeits- <strong>und</strong> Sozialminister <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> in Berlin im Herbst 2007 befasst haben.<br />

Damals haben wir Sozialminister für die Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe gemeinsam festgestellt,<br />

dass im Mittelpunkt <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> Mensch mit Behin<strong>der</strong>ung als Subjekt stehen muss,<br />

<strong>und</strong> er nicht länger als Objekt fürsorglichen Handelns betrachtet werden darf.<br />

Eine am Leitmotiv „Bürgerrecht statt Fürsorge“ anknüpfende Politik ist unabdingbar mit Teilhabemöglichkeiten<br />

für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen verb<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> muss darauf abzielen,<br />

ein Leben in <strong>der</strong> Mitte unserer Gesellschaft in den gr<strong>und</strong>legenden Bereichen Arbeit, Wohnen,<br />

Mobilität <strong>und</strong> Freizeit zu verwirklichen.<br />

Für eine solche Politik ist die Beteiligung <strong>der</strong> Menschen, die mit Behin<strong>der</strong>ungen leben, ein<br />

Eckpeiler. Und die Arbeits- <strong>und</strong> Sozialministerkonferenz hält es für notwendig, dass bei <strong>der</strong><br />

Entwicklung von Konzepten einer Politik für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen das Selbstbestimmungsrecht,<br />

die Selbstvertretung, die Autonomie <strong>und</strong> die Partizipation von Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen künftig stärker zu beachten ist.<br />

Diese Ziele zu erreichen bedeutet, eine komplette <strong>Konversion</strong> <strong>der</strong> sozialpolitischen Ansätze<br />

aller vorherigen Jahrzehnte. Die B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe hat auf dieser Basis sehr intensiv<br />

gearbeitet, sodass wir die ersten Arbeitsergebnisse in <strong>der</strong> nächsten ASMK im Jahr<br />

2008 - unter dem <strong>Hamburg</strong>er Vorsitz - auf <strong>der</strong> politischen Ebene verabschieden konnten.<br />

Dieses Papier wurde dann mit den Betroffenen auf allen Ebenen abgestimmt.<br />

Das heißt, in dieses Arbeitspapier sind die Aspekte sowohl <strong>der</strong> Verbände <strong>der</strong> Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung, aber auch <strong>der</strong> Leistungsanbieter, <strong>der</strong> kommunalen Spitzenverbände <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

betroffenen Sozialleistungsträger eingeflossen.<br />

Nach dieser Abstimmung hat die ASMK 2009 das Arbeitspapier, in seiner jetzigen Form – in<br />

<strong>der</strong> sehr weitreichende Aufträge bis hin zur Gesetzgebung formuliert worden sind – gebilligt,<br />

<strong>und</strong> inzwischen arbeiten wir ganz konkret an <strong>der</strong> Umsetzung.<br />

Der heutige Workshop ist ein Bestandteil dieses Weges <strong>und</strong> dieser Vorgehensweise. Heute<br />

steht die <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> die Schaffung neuer, unterschiedlichster<br />

Wohnformen im Mittelpunkt.<br />

Dass dieser Workshop in <strong>Hamburg</strong> stattfindet ist nicht ganz zufällig <strong>und</strong> auch dass er hier,<br />

bei <strong>der</strong> evangelischen Stiftung Alsterdorf stattfindet ist nicht ganz zufällig.<br />

In <strong>Hamburg</strong> arbeiten wir seit 2005 in einem gemeinsamen, sehr intensiven Prozess daran,<br />

Alternativen für die stationäre Unterbringung zu entwickeln.<br />

Zusammen mit <strong>der</strong> LandesArbeitsGemeinschaft für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, den Trägern<br />

<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe <strong>und</strong> den Verbänden hat die Behörde ein so genanntes<br />

Ambulantisierungsprogramm aufgelegt.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 9<br />

Wir haben miteinan<strong>der</strong> vereinbart, dass wir für 770 Menschen, die bisher in stationären Einrichtung<br />

lebten, zukünftig ambulante Betreuungsformen anstreben. Bis heute ist es bereits<br />

gelungen 500 Menschen auf diesem Wege tatsächlich zu "entinstitutionalisieren". Das heißt,<br />

das Ziel ist noch nicht erreicht, aber wir sind auf dem richtigen Weg.<br />

Ich weiß, wie schwierig <strong>der</strong> Weg ist, ich höre es auch immer wie<strong>der</strong>. Schwierig nicht nur für<br />

die Institutionen, die sich verän<strong>der</strong>n müssen. Er ist z.B. auch nicht selten für die Angehörigen<br />

schwierig, weil damit auch Unsicherheit verb<strong>und</strong>en ist. Und natürlich, <strong>und</strong> das ist mir immer<br />

ein beson<strong>der</strong>es Anliegen, kann es nicht sein, dass „Entinstitutionalisierung“ dazu führt, dass<br />

im Ergebnis die Menschen allein gelassen werden, o<strong>der</strong> wir eine soziale Verwahrlosung organisieren.<br />

„Entinstitutionalisierung“ darf nicht heißen, die Menschen alleine zu lassen.<br />

Insofern ist dieser Weg sicherlich nicht leicht. Aber er zeigt auch, wie wichtig es ist, miteinan<strong>der</strong><br />

zu reden <strong>und</strong> sich auszutauschen, so wie auf diesem Workshop Expertinnen <strong>und</strong><br />

Experten Erfahrung austauschen, Anregungen bekommen <strong>und</strong> neue Ansatzpunkte <strong>und</strong><br />

Ideen entwickeln.<br />

Ich danke Ihnen <strong>und</strong> spreche Ihnen meinen Respekt dafür aus, dass wir, dass Sie gemeinsam<br />

diesen Weg <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe gehen, <strong>und</strong> ich wünsche Ihnen allen<br />

einen gewinnbringenden Austausch, einen gewinnbringenden Arbeitsprozess <strong>und</strong> wirkungsvolle<br />

Ergebnisse.


10 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Erfahrungen mit <strong>Konversion</strong>sprozessen einer großen Einrichtung<br />

Birgit Schulz (Vorstand Ev. Stiftung Alsterdorf)<br />

Erfahrungen mit <strong>Konversion</strong>sprozessen einer großen Einrichtung<br />

Sehr verehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

wir befinden uns hier in <strong>der</strong> Alten Küche <strong>der</strong> im Jahre 1863 gegründeten Evangelischen Stiftung<br />

Alsterdorf. Mit r<strong>und</strong> 5400 Mitarbeitenden ist die Stiftung heute in den Bereichen Assistenz<br />

für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, Arbeit, Bildung, Familien-, Kin<strong>der</strong>- u. Jugendhilfe, Beratung,<br />

Medizin <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Pflege tätig.<br />

Bis vor 20 Jahren wurde hier in dieser zentralen Küche das Essen für die Heimbewohnerinnen,<br />

Krankenhauspatienten, Son<strong>der</strong>schülerinnen <strong>und</strong> Mitarbeitenden gekocht. Das ist Geschichte.<br />

In den letzten 20 Jahren ist aus <strong>der</strong> für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im Wesentlichen stationär<br />

aufgestellten Komplexeinrichtung eine <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nsten <strong>und</strong> angesehensten sozialen<br />

Dienstleisterinnen Norddeutschlands geworden.<br />

Um das zu erläutern, möchte ich Sie mitnehmen auf eine Reise in die Vergangenheit <strong>und</strong><br />

Gegenwart <strong>der</strong> letzten 15 Jahre; beginnend hier in <strong>der</strong> Alten Küche, mitten auf dem Alsterdorfer<br />

Markt, dann quer durch <strong>Hamburg</strong>, um genau hier wie<strong>der</strong> anzukommen <strong>und</strong> einen<br />

Ausblick in die Zukunft zu wagen.<br />

Am Anfang war die Krise<br />

Unsere Geschichte beginnt 1995. Die Stiftung stand damals kurz vor dem wirtschaftlichen<br />

Kollaps. Nachdem sich, ausgelöst durch die Skandale am Ende <strong>der</strong> 70er Jahre, eine fachliche<br />

<strong>und</strong> soziale Revolution in <strong>der</strong> Betreuung behin<strong>der</strong>ter Menschen anbahnte, stand die<br />

größte diakonische Einrichtung Norddeutschlands 1995 aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> vollständigen Abwesenheit<br />

nachhaltigen unternehmerischen <strong>und</strong> betriebswirtschaftlichen Handelns am Rande<br />

<strong>der</strong> Zahlungsfähigkeit.<br />

Wichtigster Schritt auf dem Weg zur Rettung des Unternehmens war die Sanierungsvereinbarung<br />

zwischen <strong>der</strong> Stiftung, <strong>der</strong> Freien <strong>und</strong> Hansestadt <strong>Hamburg</strong>, <strong>der</strong> Kirche <strong>und</strong> den beteiligten<br />

Banken. Dies war das entscheidende Signal, dass <strong>der</strong> Stiftung ein Neuanfang zugetraut<br />

wurde.<br />

Unternehmerisches Denken war gefragt<br />

Ein wesentlicher Schritt zur Sanierung <strong>und</strong> zur Auflösung von Anstaltsstrukturen war 1995<br />

die konsequente Dezentralisierung <strong>der</strong> Leistungsbereiche. Damit wurde unternehmerisches<br />

Denken <strong>und</strong> Handeln sukzessive in alle Führungs- <strong>und</strong> Arbeitsebenen getragen: Die Bereichsleitungen<br />

wurden verantwortlich für die individuell zurechenbaren fachlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Ergebnisse.<br />

Geeignete betriebswirtschaftliche Instrumentarien <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>ne Managementprozesse wurden<br />

eingeführt.<br />

Teamleitungen planen <strong>und</strong> bewirtschaften seitdem gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden Jahresbudgets,<br />

die in eine übergreifende 5Jahresplanung eingeb<strong>und</strong>en sind.<br />

Die Stiftung baute ein professionelles Controlling auf, das die Kollegen vor Ort dabei unterstützt,<br />

ihre fachlichen Aufgaben mit den vorhandenen finanziellen Mitteln nicht nur in Einklang<br />

zu bringen, son<strong>der</strong>n das Bestmögliche durch vorsichtiges <strong>und</strong> nachhaltiges Wirtschaften<br />

herauszuholen.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 11<br />

Formal wurde die Sanierung 1997 erfolgreich abgeschlossen.<br />

Äußerlich war die Stiftung aber immer noch desorientiert, dabei stellte das Stiftungsgelände<br />

ein Rudiment vergangener Anstaltsstruktur dar. Viele Gebäude waren baufällig, das Gelände<br />

war umzäunt <strong>und</strong> nur an wenigen Stellen passierbar.<br />

Die Eingangssituation ähnelte einer Kaserneneinfahrt. Die räumlichen Angebote auf dem<br />

Stiftungsgelände entsprachen nicht mehr den damaligen Standards.<br />

Das Bündnis für Investitionen <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> schlossen Vorstand, Mitarbeitervertretung <strong>und</strong> Gewerkschaft zur<br />

Zukunftssicherung <strong>der</strong> Stiftung Ende 1998 das Bündnis für Investitionen <strong>und</strong> Beschäftigung.<br />

In ihm verzichteten alle Mitarbeitenden für längstens fünf Jahre auf Tariferhöhungen <strong>und</strong><br />

investierten so 50 Millionen D-Mark in Neubauten. Im Gegenzug verzichtete die Stiftungsleitung<br />

für 6 Jahre auf betriebsbedingte Kündigungen <strong>und</strong> die Ausglie<strong>der</strong>ung von Betriebsteilen.<br />

So wurde die Möglichkeit geschaffen, in die Zukunft zu investieren.<br />

Der Verzicht <strong>der</strong> Mitarbeitenden konnte übrigens bereits nach 4 Jahren beendet werden, sie<br />

erhielten ab Ende 2002 die bis dahin aufgelaufenen Tariferhöhungen, also knapp 10 % mehr<br />

Gehalt.<br />

Der Alsterdorfer Markt<br />

Im Jahr 2000 wurde das städtebauliche Konzept für das Alsterdorfer Stiftungsgelände fertig<br />

gestellt <strong>und</strong> sukzessive umgesetzt. Ziel war es von Anfang an, das Gelände zu einem Bestandteil<br />

des Stadtteils Alsterdorf zu machen. Die Zahl <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen, die auf<br />

dem Stiftungsgelände lebten (damals noch r<strong>und</strong> 850 Personen), sollte deutlich zurückgehen.<br />

Dafür sollten an<strong>der</strong>e Nutzungen zunehmen, z.B. Arbeitsplätze für Menschen mit <strong>und</strong> ohne<br />

Behin<strong>der</strong>ung, Dienstleistungen, Einkaufs- <strong>und</strong> kulturelle Angebote.<br />

Vier Jahre wurde r<strong>und</strong> um den Markt geplant, dann zwei Jahre lang abgerissen, um- <strong>und</strong><br />

neugebaut.<br />

Die Einweihung des Alsterdorfer Marktes im Oktober 2003 <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene komplette<br />

Öffnung des Stiftungsgeländes war ein historischer Schritt: Die Umwandlung eines<br />

Teils des früheren Anstaltsgeländes in einen attraktiven, urbanen Treffpunkt für alle <strong>Hamburg</strong>er,<br />

mit Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Arztpraxen, Büros, kulturellen Angeboten<br />

<strong>und</strong> einem Wochenmarkt. Schon im ersten Jahr ist <strong>der</strong> Alsterdorfer Markt als europaweit<br />

vorbildliches Projekt ausgezeichnet worden. Das verän<strong>der</strong>te Stiftungsgelände gilt als eines<br />

<strong>der</strong> besten neu konzipierten städtischen Quartiere Europas.<br />

Neues Wohnen mit Assistenz<br />

Parallel zur Entwicklung des Alsterdorfer Marktes begaben wir uns in allen <strong>Hamburg</strong>er Stadtteilen<br />

auf die Suche nach neuem Wohnraum als Alternative zu den alten Heimen <strong>und</strong> Wohngruppen<br />

auf dem Stiftungsgelände.<br />

Sehr viel Zeit wurde mit <strong>der</strong> Besichtigung von Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Wohnhäusern verbracht. In<br />

Frage kommende Objekte wurden mit Hilfe eines Bewertungskatalogs geprüft. Hatten sie die<br />

richtige Lage, die richtige Größe? Wie konnte das Vorhaben finanziert <strong>und</strong> bewirtschaftet<br />

werden? Was bot die Infrastruktur, was die natürliche Umgebung?<br />

Eine lebendige Infrastruktur war beson<strong>der</strong>s wichtig, da sie die Selbständigkeit <strong>der</strong> Menschen<br />

in ihrem Stadtteil, den Aufbau sozialer Kontakte <strong>und</strong> die Einbindung in das Gemeinwesen<br />

för<strong>der</strong>t.<br />

Zugleich sollte eine gute, barrierefreie Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz die Mobilität<br />

<strong>der</strong> Menschen erhöhen. Per Bus <strong>und</strong> Bahn sollten sie nicht nur die <strong>Hamburg</strong>er Innenstadt<br />

gut erreichen, son<strong>der</strong>n auch zu ihrem Arbeitsplatz gelangen können.


12 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Wir haben eng mit Wohnungsbaugesellschaften, Vermietern <strong>und</strong> Maklern zusammengearbeitet.<br />

Letztlich blieben etwa 10% <strong>der</strong> besichtigten Objekte übrig, aus denen wir (in <strong>der</strong> Regel<br />

im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, zum Teil mit För<strong>der</strong>mitteln <strong>der</strong> Aktion Mensch)<br />

neue barrierefreie <strong>und</strong> stadtteilintegrierte Wohnprojekte machen konnten.<br />

So entstand unser erstes Apartmenthaus mit 1-2-Personen-Wohnungen, Gemeinschaftsfläche<br />

<strong>und</strong> großem Garten für 17 Menschen mit zum Teil hohem Unterstützungsbedarf in einem<br />

belebten <strong>Hamburg</strong>er Stadtteil. Der Gr<strong>und</strong>riss ist flexibel <strong>und</strong> ermöglicht erfor<strong>der</strong>lichenfalls<br />

den Zusammenschluss <strong>der</strong> Wohnungen zu größeren WGs.<br />

Standards waren immer: Einzelzimmer o<strong>der</strong> Apartments für 1-3 Personen, WGs für bis zu 6<br />

Personen; alles entwe<strong>der</strong> gemischt in Hausgemeinschaften für bis zu 24 Personen o<strong>der</strong> eingestreut<br />

in Wohnhäuser für Menschen mit <strong>und</strong> ohne Unterstützungsbedarf.<br />

Umfangreiche Befragungen gaben Aufschluss über die Wünsche an Wohnqualität:<br />

eigene Bä<strong>der</strong> standen ganz oben auf <strong>der</strong> Liste, auf jeden Fall Einzelzimmer, außerdem Balkone<br />

o<strong>der</strong> Garten; gern auch in Gemeinschaftsnutzung; plus Telefon <strong>und</strong> Kabelanschluss;<br />

für die, die es brauchten, natürlich: Barrierefreiheit. Insofern: ...ganz normale Wohnungswünsche.<br />

Um auch für höchsten Unterstützungsbedarf Assistenz sicher zu stellen, mussten Kompromisse<br />

geschlossen werden. Wollte jemand mit R<strong>und</strong>-um-die-Uhr-Anwesenheitsbedarf eines<br />

Assistenten in einer Wohnung allein leben, so musste er eine Wohnung in einer Hausgemeinschaft<br />

wählen, in <strong>der</strong> eine entsprechende Kraft ständig vor Ort war.<br />

In einigen Fällen bewährte sich die „Zwiebel-Methode“: Menschen mit höchstem Unterstützungsbedarf<br />

bildeten die Mitte in einer Wohn- o<strong>der</strong> Hausgemeinschaft mit permanenter Mitarbeiterpräsenz,<br />

um sie herum zogen an<strong>der</strong>e Klienten in Wohnungen, <strong>der</strong>en Nähe zum<br />

Haupthaus abnahm, je geringer <strong>der</strong> Unterstützungsbedarf war.<br />

Häufig war <strong>und</strong> ist einfach auch Phantasie gefragt... <strong>und</strong> beseelte Mitarbeitende, die sagen:<br />

„geht nicht, gibt’s nicht...“<br />

Die Auflösung des Karl-Witte-Hauses (KWH)<br />

o<strong>der</strong>: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz<br />

zu beschaffen, son<strong>der</strong>n lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer“<br />

Ich möchte Ihnen am Beispiel eines ehemaligen Heimes, des Karl-Witte-Hauses, schil<strong>der</strong>n,<br />

was ein Umzugsprojekt für alle daran Beteiligten bedeutete.<br />

Begleitet durch mehrere große Informationsveranstaltungen waren viele <strong>der</strong> 168 Hausbewohner<br />

aufgeschlossen <strong>und</strong> interessiert. Ausgedehnte Stadtteilerk<strong>und</strong>ungen, persönliche<br />

Besuche von verschiedenen bestehenden Wohnprojekten ermutigten sie, sich mit neuen<br />

Wohn- <strong>und</strong> Unterstützungsformen auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Einschränkungen, die ein institutionalisierter Tagesablauf in stationären Wohngruppen unweigerlich<br />

mit sich bringt, konnten im Vergleich mit in neuen Wohnprojekten vorgef<strong>und</strong>enen<br />

Freiheiten <strong>und</strong> individualisierten Tagesabläufen erkannt werden, <strong>und</strong> Alternativen zum bisherigen<br />

Leben wurden vorstellbar.<br />

Projekte gut vorbereiten <strong>und</strong> Betroffene beteiligen<br />

Unter den Mitarbeitenden, den Angehörigen <strong>und</strong> gesetzlichen Vertretern konnten zunächst<br />

nur wenige Menschen für die neuen Ideen gewonnen werden. Wir waren vielfach mit Angst<br />

<strong>und</strong> Abwehr konfrontiert; bei den Mitarbeitenden vor allem mit <strong>der</strong> Angst vor neuen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an ihre Professionalität, Angst vor <strong>der</strong> Entwertung ihrer bisherigen Arbeit, Abwehr<br />

gegen die drohende Verän<strong>der</strong>ung liebgewordener Arbeitszeiten, -inhalte <strong>und</strong> -wege. Angehörige<br />

<strong>und</strong> gesetzliche Vertreter hatten ebenfalls Sorge um die Verän<strong>der</strong>ung ihrer Aufgaben.<br />

Außerdem bestanden nicht selten intensive Kontakte zu an<strong>der</strong>en Angehörigen <strong>der</strong> Wohngruppe,<br />

<strong>und</strong> das sonntägliche gemeinsame Kaffeetrinken stand auf dem Spiel.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 13<br />

Aber es gab natürlich auch Angst um ihre behin<strong>der</strong>ten Angehörigen; im Wesentlichen die<br />

Angst vor Unterversorgung, Vereinsamung o<strong>der</strong> vor dem Verlust des Schutzraumes, den das<br />

Anstaltsgelände aus ihrer Sicht zu bieten hatte. Das alles erzeugte auch Wi<strong>der</strong>stand.<br />

Wi<strong>der</strong>stand hat ja aber durchaus auch eine produktive Seite. Die hinter dem Wi<strong>der</strong>stand steckende<br />

Kritik weist auf kritische Erfolgsfaktoren hin. Wi<strong>der</strong>stand ist also nicht nur ernst zu<br />

nehmen, weil er den Ablauf stört, son<strong>der</strong>n weil er die Ergebnisse verbessern kann.<br />

Mit Hilfe vieler Einzelgespräche <strong>und</strong> Workshops, Stadtteilerk<strong>und</strong>ungen, Fortbildungsveranstaltungen<br />

<strong>und</strong> gegenseitigem Lernen konnten mit <strong>der</strong> Zeit Annäherungen stattfinden, <strong>und</strong><br />

viele für die Sache entflammte Begleiter konnten gewonnen werden. Einige Mitarbeitende<br />

mussten sich allerdings auch an<strong>der</strong>en beruflichen Perspektiven zuwenden; ...was in <strong>der</strong> Regel<br />

aber einvernehmlich geschah.<br />

Dennoch --- vielen Menschen ist <strong>der</strong> Umzug nicht leicht gefallen, er brachte große Verän<strong>der</strong>ungen<br />

des Alltags mit sich <strong>und</strong> war mit Ängsten <strong>und</strong> Unsicherheiten verb<strong>und</strong>en. Wir haben<br />

aber erlebt, dass je<strong>der</strong> Umzug eine Chance bedeutete. Häufig war er die Initialzündung, mutige<br />

Schritte zu gehen <strong>und</strong> neue Ziele ins Auge zu fassen.<br />

„Systemsprenger“ verstehen lernen <strong>und</strong> einbeziehen<br />

Entgegen an<strong>der</strong>slautenden Befürchtungen war es möglich, dass Menschen mit sehr hohem<br />

Unterstützungsbedarf, auch Menschen mit sogenanntem herausfor<strong>der</strong>ndem Verhalten in<br />

neue, stadtteilintegrierte Wohnsituationen ziehen konnten.<br />

Eines <strong>der</strong> 7 Stockwerke des Hauses war als geschlossene Männerabteilung konzipiert. Hier<br />

lebten diejenigen, die, wie man so schön sagt, keiner haben wollte, Systemsprenger, die<br />

angeblich auch in keine Arbeitsbezüge zu integrieren waren.<br />

Eigentlich hatten wir mit diesen Menschen beginnen wollen, nicht zuletzt weil gerade sie es<br />

in ihrer trostlosen Lebenssituation beson<strong>der</strong>s nötig hatten. Das ist uns nicht gelungen.<br />

Zu stark war in diesem Fall <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Mitarbeitenden. Geschlossene Stationen<br />

machen eben auf Dauer nicht nur etwas mit den Bewohnern son<strong>der</strong>n auch mit den Mitarbeitenden.<br />

Sie verstehen sich als Aufpasser <strong>und</strong> verrohen durch permanente Gefahrensituationen,<br />

die aus solchen unguten Zusammenschlüssen entstehen <strong>und</strong> täglich gemeistert werden<br />

müssen.<br />

Letztlich konnten aber auch sie die Öffnung <strong>der</strong> Türen nicht aufhalten. Die richtigen Schlüssel<br />

für die Bewohner waren in diesem Fall das Thema „Arbeit“ <strong>und</strong> die Hinwendung unverdrossener<br />

Fachleute: Durch die behutsame Verän<strong>der</strong>ung extrem trostloser Lebensverhältnisse,<br />

durch sinnvolle, gut strukturierte Arbeit <strong>und</strong> durch anwaltschaftliche Assistenz beson<strong>der</strong>s<br />

geeigneter Fachleute konnten viele <strong>der</strong> bisher Verschlossenen Handlungsalternativen<br />

entwickeln <strong>und</strong> neue Überlebensstrategien lernen, freiheitsentziehende Maßnahmen konnten<br />

beendet werden.<br />

Beson<strong>der</strong>s engagierte Kollegen riefen für sie im Rahmen von Tagesför<strong>der</strong>ung die<br />

„Stadtwörker“, Spezialisten für Abbruch- <strong>und</strong> Renovierungsarbeiten <strong>und</strong> die „Stadtoase“ für<br />

Getränkelieferungen ins Leben. „Harte Arbeit“ „Gewollt sein“ <strong>und</strong> „Gebraucht werden“; eigentlich<br />

recht einfache Türöffner.<br />

Insgesamt haben wir vier Jahre gebraucht für den Umzug von 168 Menschen aus einem<br />

Anstaltsgebäude in die Stadt hinein.<br />

Heute, sieben Jahre später, haben wir weitere alte Häuser auf dem Stiftungsgelände geschlossen,<br />

z. B. das Carl-Koops-Haus mit 216 Heimplätzen.


14 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Wege müssen immer wie<strong>der</strong> neu gef<strong>und</strong>en werden<br />

Unsere Erfahrungen im Karl-Witte-Haus verhin<strong>der</strong>ten zwar so manche Fehler, bewahrten<br />

uns aber nicht davor, neue zu machen <strong>und</strong> gemeinsam mit den dort lebenden <strong>und</strong> arbeitenden<br />

Menschen eigene Wege zu erschließen. Sie glauben nicht, wie verschieden diese Wege<br />

sein mussten!<br />

Es zeigte sich, dass nicht alle entwickelten Arbeitsinstrumentarien einfach übernommen<br />

werden konnten. Der richtige Mix von standardisiertem <strong>und</strong> individuellem Verfahren scheint<br />

immer wie<strong>der</strong> neu festgelegt werden zu müssen.<br />

In unseren Fällen hat die eigene Entwicklung eines Teils <strong>der</strong> Arbeitsmittel nicht unwesentlich<br />

dazu beigetragen, dass sich<br />

a. die Mitarbeitenden, gerade auch die extrem kritischen, zunehmend mit dem Projekt identifizieren,<br />

es sich quasi aneignen konnten <strong>und</strong><br />

b. dass Arbeitsschritte nicht einfach nur abgehakt wurden, son<strong>der</strong>n dass individuelle Konzepte<br />

entstanden <strong>und</strong> sich immer wie<strong>der</strong> erneut gefragt werden musste, welche Wohnformen,<br />

welche Infrastruktur für die jeweils betroffenen Menschen persönlich wichtig sind.<br />

...Und das hat letztlich auch Geld gespart.<br />

Wie auch immer, <strong>der</strong> gesamte Prozess hat in wenigen Jahren dazu geführt, dass für r<strong>und</strong><br />

650 behin<strong>der</strong>te Menschen neuer Wohnraum gef<strong>und</strong>en wurde – weit überwiegend dezentral<br />

in den <strong>Hamburg</strong>er Stadtteilen, in <strong>der</strong> Regel auf Mietbasis.<br />

Die Assistenzplanung setzt Maßstäbe<br />

Inhaltlich war die Einführung <strong>der</strong> Assistenzplanung ein wesentlicher Schritt in Richtung<br />

Selbstbestimmung <strong>der</strong> Assistenznehmerinnen <strong>und</strong> Individualisierung unserer Leistungen.<br />

Bereits 1998 differenzierten wir unsere Teams in diejenigen, die für Beratung, Leistungsplanung<br />

<strong>und</strong> Überprüfung von Qualität <strong>und</strong> Zielerreichung zuständig waren <strong>und</strong> Teams, die die<br />

Begleitung <strong>der</strong> Menschen <strong>und</strong> die erfor<strong>der</strong>liche Assistenz, also die Umsetzung <strong>der</strong> Leistungsplanung<br />

übernahmen.<br />

Bezirkliche Beratungsbüros wurden eingerichtet, <strong>und</strong> KlientInnen bekamen Fachleute an die<br />

Hand, die ausschließlich dafür da waren, sie <strong>und</strong> bei Bedarf ihre Angehörigen o<strong>der</strong> Fürsprecher<br />

bei <strong>der</strong> Klärung ihrer persönlichen Ziele <strong>und</strong> ihrer Wohnungswünsche zu unterstützen,<br />

gemeinsam ihren Assistenzbedarf festzustellen <strong>und</strong> die Leistungen mit dem zuständigen<br />

Team auszuhandeln.<br />

Spätestens am Ende eines Jahres werden Leistungsqualität <strong>und</strong> Zielerreichung gemeinsam<br />

überprüft, <strong>und</strong> das weitere Geschehen, (ggf. die Beendigung <strong>der</strong> Maßnahme) wird geplant.<br />

In den letzten Jahren konnte die Anzahl <strong>der</strong> Beraterinnen reduziert werden. Neben <strong>der</strong> konsequenteren<br />

Umsetzung <strong>der</strong> Gesamtplankonferenzen durch die zuständige Fachbehörde<br />

hatte die Parteinahme <strong>der</strong> Beraterinnen an den persönlichen Interessen <strong>und</strong> Wünschen des<br />

einzelnen die Klienten <strong>und</strong> ihre Angehörigen deutlich selbstbewusster gemacht, so dass die<br />

Beraterinnen ihre Unterstützung sukzessive reduzieren konnten.<br />

Inzwischen geschulte Assistenzteamleitungen übernahmen gemeinsam mit dem Klienten die<br />

Leistungsplanung mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Software, auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des<br />

in <strong>Hamburg</strong> verwendeten Bedarfsermittlungsverfahrens.<br />

Beratung <strong>und</strong> vor allem die Qualitäts- <strong>und</strong> Zielerreichungskontrolle verblieben allerdings bei<br />

den Kolleginnen aus den Beraterteams. Durch diesen Prozess konnten Stellen eingespart<br />

werden, ohne dass es zu einer Reduzierung <strong>der</strong> Leistungen <strong>und</strong> ihrer Qualität für den einzelnen<br />

kam.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 15<br />

Wie findet man die richtigen Mitarbeitenden<br />

…<strong>und</strong> wie behält man sie?<br />

Die Mitarbeitenden sind heute mit extrem neuen Anfor<strong>der</strong>ungen konfrontiert, da sie von <strong>der</strong><br />

„Versorgung <strong>und</strong> Betreuung“ zur „Unterstützung <strong>und</strong> Assistenz“ wechselten.<br />

Sich auf Augenhöhe begegnen, Alltagsbedingungen aushandeln, Kompromisse schließen -<br />

all dies setzt nicht nur die Emanzipation behin<strong>der</strong>ter Menschen <strong>und</strong> ihrer Angehörigen voraus,<br />

son<strong>der</strong>n auch selbstbewusste, in sich gefestigte Mitarbeitende.<br />

Für sie haben die letzten 15 Jahre deutliche Verän<strong>der</strong>ungen ihrer Arbeitsbedingungen <strong>und</strong><br />

-inhalte mit sich gebracht wie z.B. kürzere Arbeitseinsätze, teilweise erhöhte Wegezeiten,<br />

weniger Teamarbeit, qualifikationsorientierten Einsatz, Arbeit mit individuellen Plänen <strong>und</strong><br />

Zielen, mehr Transparenz <strong>und</strong> Kontrolle <strong>und</strong> mehr messbare Ergebnisse. Trotzdem o<strong>der</strong><br />

gerade deswegen sind die meisten von ihnen zufriedener als vorher.<br />

Neue Formen <strong>der</strong> Personaleinstellung <strong>und</strong> -führung, Beteiligungskonzepte <strong>und</strong> umfangreiche<br />

Schulungsprogramme sollen sicherstellen, dass nur die besten Mitarbeitenden zu uns kommen<br />

<strong>und</strong> permanent auf den neuesten Stand gebracht werden.<br />

Gleichzeitig wissen wir, wie hoch unsere Anfor<strong>der</strong>ungen an ihre Arbeit sind. Die Möglichkeit,<br />

Einsatzorte, -zeiten <strong>und</strong> Arbeitsschwerpunkte wechseln zu können, umfangreiche Beteiligungsstrukturen<br />

<strong>und</strong> die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen, sowie betriebliches<br />

Weiterbildungs- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsmanagement sind Stichworte, die zeigen sollen, wie wichtig<br />

uns dieses Thema ist.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> prognostizierten demographischen Entwicklungen wird sich <strong>der</strong> Wettbewerb<br />

um geeignete MitarbeiterInnen verschärfen. Ihre rechtzeitige Pflege <strong>und</strong> <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> sowie<br />

attraktive Arbeitsplätze sind unverzichtbar für den Fortbestand anspruchsvoller sozialer<br />

Dienste.<br />

Der nächste Step auf unserer kleinen Zeitreise liegt im Jahr 2005.<br />

Umstieg in einen leistungsgerechteren Tarif<br />

Zum 1.1.2005 stiegen wir vom KAT in den aus unserer Sicht leistungsgerechteren, die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Zukunft flexibler aufnehmenden KTD um. Für die in <strong>der</strong> Stiftung bereits tätigen<br />

Mitarbeitenden wurde ein sehr auskömmlicher Überleitungstarif geschlossen, nicht zuletzt<br />

deshalb, weil sie <strong>der</strong> Stiftung 50 Mio. DM geschenkt hatten.<br />

Aus <strong>der</strong> Komplexeinrichtung wird ein Unternehmensverb<strong>und</strong><br />

Auch gesellschaftsrechtlich waren wir nicht mehr den zukünftigen Herausfor<strong>der</strong>ungen angemessen<br />

aufgestellt. Zur wirtschaftlichen Risikobegrenzung <strong>der</strong> Stiftung, zur konsequenten<br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> Dezentralisierung <strong>und</strong> zur weiteren Regionalisierung unserer Leistungen<br />

gründeten wir zum 1.4.2005 wesentliche Leistungsbereiche als zum Unternehmensverb<strong>und</strong><br />

zugehörige, aber in den Regionen selbständig agierende gemeinnützige Tochterunternehmen<br />

aus. Die Gesellschaften sollten in nun auch rechtlich eigener Verantwortlichkeit ihre<br />

Angebote unmittelbar <strong>und</strong> noch schneller auf die Wünsche <strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Menschen<br />

in den Stadtteilen ausrichten können.


16 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Abkehr von <strong>der</strong> ausschließlichen Zielgruppenperspektive <strong>und</strong> Diversifizierung des<br />

Angebots<br />

Ein wesentlicher Schritt <strong>der</strong> neu gegründeten Assistenzgesellschaften war die Überwindung<br />

<strong>der</strong> Zielgruppenperspektive. Sie arbeiten inzwischen nicht mehr nur für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung,<br />

son<strong>der</strong>n sind ebenso in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>-, Jugend <strong>und</strong> Familienhilfe, in <strong>der</strong> Pflege <strong>und</strong> für<br />

Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen tätig.<br />

Durch den Einsatz qualifizierter Mitarbeiten<strong>der</strong> <strong>und</strong> regelmäßige Fortbildungen sichern sie<br />

die fachliche Kompetenz für die unterschiedlichen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Personengruppen.<br />

Die ausschließliche Fixierung auf SGB XII-Leistungen konnte nun in Richtung SGB V, VIII<br />

<strong>und</strong> XI geöffnet <strong>und</strong> damit die Tür zur Aufhebung <strong>der</strong> Leistungsversäulung, zumindest in <strong>der</strong><br />

praktischen Arbeit, einen Spalt geöffnet werden.<br />

Ein kleines Beispiel:<br />

- <strong>der</strong> Aufbau einer ambulanten Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz war möglich,<br />

weil wir aus <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe einen potenten Investoren kannten, <strong>der</strong> für seine<br />

älter werdenden Mieter eine gute Dienstleisterin suchte.<br />

- Der ambulante Pflegedienst, an dem wir beteiligt sind, ist erfahren in <strong>der</strong> Unterstützung<br />

von Menschen mit Demenz <strong>und</strong> bekam in <strong>der</strong> Ausschreibung den Zuschlag <strong>der</strong> Angehörigen<br />

zur Betreuung <strong>der</strong> WG.<br />

- Eine fachliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Kooperation mit unseren in <strong>der</strong> Nachbarschaft beschäftigten<br />

Diensten <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe erhöht die Kompetenz <strong>und</strong> Flexibilität bei<strong>der</strong><br />

Dienste.<br />

- Unsere Stadtoase <strong>und</strong> Stadtwörker können die WG, die an<strong>der</strong>en Hausbewohner <strong>und</strong> die<br />

Nachbarschaft mit Getränken beliefern. Sie sind in <strong>der</strong> Lage, auch kleine haushaltsnahe<br />

Dienstleistungen übernehmen zu können.<br />

- von dem im selben Haus eröffneten Stadtteiltreff profitieren die im Umfeld wohnenden<br />

Nachbarn inzwischen ausgiebig; Junge <strong>und</strong> Alte, Menschen mit <strong>und</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ung.<br />

- im nächsten Schritt planen wir eine Serviceplattform, mit <strong>der</strong> wir auch den Nachbarn ermöglichen<br />

wollen, bei hohem Pflege- <strong>und</strong> Assistenzbedarf in ihrer Wohnung o<strong>der</strong> zumindest<br />

in ihrem Quartier weiter leben zu können.<br />

Wirtschaftlich streuen wir mit <strong>der</strong> Diversifizierung unserer Leistungen das Risiko in den einzelnen<br />

Gesellschaften, personalpolitisch ermöglichen wir Mitarbeitenden unterschiedliche<br />

Arbeitsfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen;<br />

sozialpolitisches Ziel ist es aber, sowohl die verschiedenen Kompetenzen <strong>der</strong> Menschen<br />

zusammen zu bringen <strong>und</strong> füreinan<strong>der</strong> nutzbar zu machen, als auch auf Dauer strukturell<br />

Kosten zu senken.<br />

Stadtteiltreffs sind geeignete Orte, unterschiedlichste Menschen in produktive Austauschbeziehungen<br />

treten zu lassen.<br />

Alte <strong>und</strong> neue Bündnispartnerinnen<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit haben wir nationale <strong>und</strong> internationale hochkarätige Partnerschaften aufbauen<br />

können, wie z. B. mit unseren Kollegen von Prisma aus den Nie<strong>der</strong>landen, bei denen ich<br />

mich beson<strong>der</strong>s dafür bedanken möchte, dass sie heute mit einem Beitrag dabei sind.<br />

Zur Weiterentwicklung <strong>der</strong> eigenen Professionalität halten wir es für wichtig, permanent über<br />

den Tellerrand zu blicken. Mitwirkung an EU-Projekten <strong>und</strong> die Durchführung mehrerer<br />

Community-Kongresse mit internationaler Beteiligung stärken uns <strong>und</strong> unsere Konzepte.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 17<br />

Zur Erreichung unserer konzeptionellen Ziele <strong>und</strong> zur Unterstützung <strong>der</strong> <strong>Hamburg</strong>er Haushaltskonsolidierung<br />

schlossen wir 2005 mit <strong>der</strong> Stadt <strong>Hamburg</strong> für unsere SGB XII-<br />

Leistungen eine 5-Jahresvereinbarung, die uns einerseits Planungssicherheit gab, mit <strong>der</strong><br />

wir neben <strong>der</strong> sukzessiven Reduzierung unserer stationären <strong>und</strong> teilstationären Entgelte um<br />

r<strong>und</strong> 10% aber auch einen umfangreichen, wirtschaftlich abgesicherten Umwandlungsprozess<br />

von stationären in ambulante Leistungen gemeinsam mit <strong>der</strong> Sozialbehörde auf den<br />

Weg bringen konnten.<br />

Ambulante Assistenz <strong>Hamburg</strong><br />

R<strong>und</strong> ¼, also 300 unserer stationären Plätze konnten wir bis heute in ambulante Angebote<br />

umwandeln, <strong>und</strong> es geht weiter: am Ende des Jahres werden es 1/3 unserer Plätze sein.<br />

Die neue ambulante Leistung gilt für behin<strong>der</strong>te Menschen, die von <strong>stationärer</strong> in ambulante<br />

Unterstützung wechseln wollen.<br />

Weil viele Eltern sich an uns wandten, die für ihre inzwischen erwachsen gewordenen Angehörigen<br />

Wohnraum suchten, sie aber nicht ins Heim bringen wollten, konnten wir diese neue<br />

Leistung auch für Menschen öffnen, die aus ihrem Elternhaus ausziehen wollten.<br />

Im Unterschied zur AWG, <strong>der</strong> Leistung in einer Ambulant betreuten WohnGemeinschaft<br />

kann unsere Leistung AAH (Ambulante Assistenz <strong>Hamburg</strong>) auch für das Wohnen in einer<br />

1-Personen-Wohnung von Menschen mit hohem Assistenzbedarf in Anspruch genommen<br />

werden.<br />

Mithilfe diverser Stadtteilprojekte <strong>und</strong> Kooperationen, zum Beispiel in Form von lebendigen<br />

Treffpunkten, die für alle Bürger offen sind, unter Einbeziehung nachbarschaftlicher Unterstützung,<br />

durch die Beteiligung an einer Bürgerplattform <strong>und</strong> durch integrative Arbeitsprojekte<br />

unterstützen wir Menschen, sich eigene soziale Netze aufzubauen.<br />

Immer mit dem Ziel, institutionelle R<strong>und</strong>-um-Versorgung zu überführen in persönliche Assistenz,<br />

eingeb<strong>und</strong>en in familiäre, nachbarschaftliche <strong>und</strong> infrastrukturelle Netze im Gemeinwesen.<br />

Die Pioniere, die ihre stationäre in ambulante Assistenz umgewandelt haben, sind in <strong>der</strong> Regel<br />

sehr zufrieden mit <strong>der</strong> neuen Situation.<br />

Mit individueller Unterstützung <strong>und</strong> einem breiten Angebot an Kursen <strong>der</strong> Erwachsenenbildung<br />

haben sie <strong>und</strong> zum Teil ihre Angehörigen sich durch den Dschungel von Vertragswerken<br />

gekämpft, Strategien zum auskömmlichen Umgang mit ihren Haushaltsmitteln gelernt<br />

<strong>und</strong> in Wohngemeinschaften Regeln zum Zusammenleben ausgehandelt.<br />

Sie können sich vorstellen, dass auch hier eine umfangreiche Unterstützung erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

Es fehlen geeignete Wohnungen <strong>und</strong> Vermieter<br />

Die neuen Mietverhältnisse entsprechen häufig noch nicht unseren Zielen.<br />

Ich muss Ihnen nicht erklären, warum Eigentümer lieber an eine große Stiftung als an einzelne<br />

Menschen mit Assistenzbedarf vermieten.<br />

Faktisch führt dies aber dazu, dass wir in vielen Fällen Untermietverhältnisse abschließen<br />

müssen, die entwe<strong>der</strong> dem einzelnen Untermieter nicht den vollen Mieterschutz sichern o<strong>der</strong><br />

den Untervermieter, also uns, in unkalkulierbare Risiken stürzen, unter an<strong>der</strong>em deshalb,<br />

weil unser Mietverhältnis ein gewerbliches ist. Glücklicherweise gibt es aber auch unter den<br />

Vermietern Pioniere, die sich auf den Wechsel einlassen, wenn wir ihnen zusichern, bei<br />

Schwierigkeiten behilflich zu sein.<br />

Ein weiteres großes Problem ist <strong>und</strong> bleibt die Wohnungsknappheit in <strong>Hamburg</strong>, insbeson<strong>der</strong>e<br />

für Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Wir werden diesem zentralen Thema<br />

im Laufe unserer Veranstaltung noch häufiger begegnen.<br />

Im Februar diesen Jahres haben wir mit <strong>der</strong> Sozialbehörde eine Folgevereinbarung geschlossen,<br />

mit <strong>der</strong> wir unsere Entgelte bis Ende 2013 festlegen <strong>und</strong> somit erneut Planungssicherheit<br />

erzielen konnten. Ein gemeinsam erarbeitetes Verständnis von Inklusion <strong>und</strong> die


18 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Zusammenarbeit an kreativen Wegen haben bei allen Meinungsverschiedenheiten, die aber<br />

in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache liegen, eine vertrauensvolle <strong>und</strong> zielgerichtete Partnerschaft entstehen<br />

lassen.<br />

Unsere Vereinbarung bis Ende 2013 haben wir im Einklang mit den Verbänden diesmal gemeinsam<br />

mit den drei an<strong>der</strong>en großen <strong>Hamburg</strong>er Trägern <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe geschlossen.<br />

Sie sieht erstmals zwar einen kleinen, aber immerhin einen Anteil <strong>der</strong> Entgelte für Sozialraumarbeit<br />

vor.<br />

Gemeinsam mit den Menschen <strong>und</strong> Interessenvertretern, Politik <strong>und</strong> Verwaltung, Verbänden<br />

<strong>und</strong> Trägern, werden wir den eingeschlagenen <strong>Hamburg</strong>er Weg in Richtung uneingeschränkter<br />

Teilhabe von Menschen mit Unterstützungsanspruch, auch unter den sich verschärfenden<br />

Rahmenbedingungen weitergehen.<br />

Arbeit <strong>und</strong> Bildung als wichtiger Motor für Inklusion<br />

Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang, dass wir im Laufe <strong>der</strong> letzten Jahre<br />

unsere Arbeits- <strong>und</strong> Bildungsangebote in Werkstätten <strong>und</strong> Tagesför<strong>der</strong>stätten mo<strong>der</strong>nisiert<br />

haben, ein wichtiger Teil unseres <strong>Konversion</strong>sprozesses <strong>und</strong> ein wichtiger Baustein bei <strong>der</strong><br />

Umwandlung <strong>stationärer</strong> in ambulante Leistungsstrukturen.<br />

Kurz gesagt haben wir den Wandel sowohl von <strong>der</strong> Industriefertigung in Großgruppen <strong>der</strong><br />

WfbM als auch <strong>der</strong> reinen Tagesbeschäftigung in För<strong>der</strong>gruppen vollzogen hin zu sehr vielfältigen<br />

dezentralen Arbeits- <strong>und</strong> Bildungsprojekten <strong>und</strong> Integrationsunternehmen.<br />

im Westen <strong>Hamburg</strong>s betreiben wir ein erfolgreiches Beschäftigungsprojekt gemeinsames<br />

mit dem B<strong>und</strong>esliga-Verein FC St. Pauli, im Osten betreibt eine Tagesför<strong>der</strong>stätte eine<br />

Schulkantine, in ganz <strong>Hamburg</strong> backt unser Integrationsbetrieb Backland in Kooperation mit<br />

einer großen Bäckereikette Bio-Brote, um nur wenige Beispiele zu nennen.<br />

Leitlinie ist immer: Die Arbeit muss für die einzelne Beschäftigte Sinn machen, <strong>der</strong> Mensch<br />

muss gefor<strong>der</strong>t sein <strong>und</strong> gebraucht werden, die Arbeit soll einen Beitrag für das Gemeinwesen<br />

leisten <strong>und</strong>...es gibt keine Begrenzung durch die Intensität <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung.<br />

Natürlich kann nicht je<strong>der</strong> alles machen, aber unser Anspruch ist es schon, für jeden eine<br />

Arbeit zu finden, die o. g. Kriterien erfüllt. Berufsbildung wird großgeschrieben, ebenso wie<br />

die Vernetzung mit Betrieben <strong>und</strong> Initiativen in <strong>und</strong> um <strong>Hamburg</strong>.<br />

...<strong>und</strong> damit sind wir in <strong>der</strong> Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft <strong>und</strong> beim Thema Quartiersarbeit.<br />

Langfristig werden wir teure Versorgungsinstitutionen <strong>und</strong> Son<strong>der</strong>einrichtungen nur schließen<br />

können, wenn wir es schaffen, Quartiere von Gr<strong>und</strong> auf umzugestalten.<br />

Wir brauchen bunte Nachbarschaften, in denen aufeinan<strong>der</strong> geachtet wird, lebendige Infrastrukturen,<br />

barrierefreie Begegnungsorte, verlässliche Unterstützungsnetze.<br />

Von <strong>der</strong> Zielgruppen- zur Quartiersperspektive<br />

<strong>Hamburg</strong> hat viele Stadtteil-Initiativen, zumeist allerdings für bestimmte Zielgruppen: Sozialraumprojekte<br />

für Jugendliche, Kirchennachmittage für Senioren, Schuldnerberatung für Arbeitssuchende,<br />

Krankenhäuser für Kranke, Werkstätten für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. ambulante<br />

Pflegedienste, Wohnpflegegemeinschaften für Menschen mit Demenz,<br />

Kita-Initiativen, Schulprojekte, Essen auf Rä<strong>der</strong>n <strong>und</strong> vieles mehr.<br />

Daneben gibt es Kirchen, Wohnungsbaugesellschaften, Supermärkte, Polizei, Theater, Museen<br />

<strong>und</strong> Bürgerhäuser.<br />

Diese Ressourcen übergreifend in Austauschprozessen nutzbar zu machen im Sinne einer<br />

lebenswerten Stadt für alle, ist eine unserer großen Herausfor<strong>der</strong>ungen für die Zukunft.<br />

Dies, da werden wir uns einig sein, entsteht aber nicht von selbst.<br />

Es braucht „Community Enabler“, die Quartiere dabei unterstützen, lebenswerte Stadtteile<br />

ohne Ausgrenzung werden zu können.<br />

Die reine Zielgruppenperspektive wird uns da nur begrenzt weiterhelfen, wir brauchen für<br />

diese Arbeit eine konsequente Quartiersperspektive, die das Soziale an sich in den Blick<br />

nimmt <strong>und</strong> nicht nach bestimmten Personengruppen sortiert. Die Gestaltung <strong>der</strong> Quartiere


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 19<br />

wird für Menschen mit Assistenzbedarf von größter Bedeutung sein. Hierfür gilt es, gemeinsam<br />

mit allen Quartiersakteuren Wege zu entwickeln <strong>und</strong> zu gehen. Sie dürfen gespannt<br />

sein auf unsere <strong>Hamburg</strong>er Ergebnisse!<br />

Am Ende unserer kleinen Zeitreise kommen wir wie<strong>der</strong> auf dem Alsterdorfer Markt an.<br />

Inzwischen leben nur noch ca. 200 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung auf dem Stiftungsgelände.<br />

Alle an<strong>der</strong>en sind in verschiedene Stadtteile o<strong>der</strong> in die ländliche Umgebung gezogen. Dort<br />

leben sie vielfach mit ambulanter Unterstützung <strong>und</strong> sind (Unter-)Mieter mit gleichen Rechten<br />

<strong>und</strong> Pflichten wie ihre Nachbarn; sie sind Arbeitnehmer o<strong>der</strong> Arbeitsuchende <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

Auftraggeberinnen für individuelle Assistenz.<br />

Die großen Heime haben wir geschlossen. Ein letztes wird zurzeit aufgelöst.<br />

So haben wir uns heute um Lichtjahre entfernt von einem Alsterdorfer Gr<strong>und</strong>satz aus den<br />

20er Jahren des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts: „Leben fernab von den Anfechtungen <strong>der</strong> Großstadt“.<br />

Heute müsste er heißen: „mitten hinein in die Anfechtungen <strong>der</strong> Großstadt <strong>und</strong> sie fe<strong>der</strong>führend<br />

mit gestalten!“<br />

Auch r<strong>und</strong> um den Alsterdorfer Markt gilt es, das begonnene Konzept fortzusetzen. Es werden<br />

weitere Quartiersprojekte entstehen, mit denen wir Zeichen setzen wollen für neue Wege<br />

inklusiver Nachbarschaften.<br />

Die Alte Küche, in <strong>der</strong> wir uns gerade befinden, werden wir übrigens demnächst in ein Bürger-Kultur-Zentrum<br />

umbauen.<br />

Aber zunächst danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

Birgit Schulz, Vorstand Evangelische Stiftung Alsterdorf<br />

10.6.2010


20 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Die Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in Deutschland <strong>und</strong> Erfahrungen mit<br />

Ambulantisierungsprozessen in <strong>Hamburg</strong><br />

Vortrag von Dr. Peter Gitschmann, Behörde für Soziales, Familie, Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz (BSG), Abteilungsleitung Rehabilitiation <strong>und</strong> Teilhabe<br />

Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

Die Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in<br />

Deutschland / Erfahrungen mit<br />

Ambulantisierungsprozessen in <strong>Hamburg</strong><br />

ESA/BSG-Workshop „<strong>Konversion</strong>“, 10./11. Juni 2010<br />

2. Folie: Einglie<strong>der</strong>unghilfe in Deutschland<br />

Fallzahl- <strong>und</strong> Kostenentwicklung Deutschland<br />

2007 2008 2009** 2010**<br />

Leistungsberechtigte 679.000 713.000 748.000 786.000<br />

EGH-Ausgaben* 10,64 Mrd.€ 11,20 Mrd.€ 11,79 Mrd.€ 12,41 Mrd.€<br />

Pro Kopf 15.670 € 15.710 € 15.760 € 15.790 €<br />

* netto (B<strong>und</strong>essozialhilfestatistik)<br />

** Prognose/Hochrechnung auf Basis Vorjahre<br />

3. Folie: Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in <strong>Hamburg</strong><br />

Fallzahl- <strong>und</strong> Kostenentwicklung FHH<br />

2007 2008 2009 2010**<br />

Leistungsberechtigte 13.700 14.600 15.400 16.000<br />

EGH-Ausgaben* 297 Mio.€ 312 Mio.€ 331 Mio.€ 341 Mio.€<br />

Pro Kopf 21.627 € 21.366 € 21.489 € 21.312 €<br />

* ohne Blindengeld, Blindenhilfe u. a. Nicht-EGH-Ausgaben<br />

** Prognose gemäß SI-Controlling-Bericht 1. Quartal<br />

4. Folie: Weiterentwicklungsdiskussion<br />

� Gewährleistung bestmöglicher Autonomie <strong>und</strong> Selbstbestimmung <strong>der</strong> Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

� Vernetzung <strong>und</strong> Integration<br />

� Stärkung <strong>der</strong> Bürgerrolle<br />

1


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 21<br />

� Personen-, Bedarfs- <strong>und</strong> Leistungsbezug<br />

� Überwindung institutioneller Verkrustungen <strong>und</strong> Separierungen<br />

• ASMK-Beschlüsse,<br />

• B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-AG,<br />

• lfd. Umsetzung in HH<br />

5. Folie: Zielvereinbarungspakete 2005 ff.<br />

� Keine einheitliche Vereinbarung, son<strong>der</strong>n<br />

• Einzel-ZielV mit den beiden größten Trägern<br />

• Einzel-ZielV mit den Verbänden AWO, DPWV, DW<br />

� „Konsenspapier“ aller Systemakteure<br />

� Zielbereiche:<br />

• Ambulantisierung von ca. 30% <strong>der</strong> stationären Plätze für geistig <strong>und</strong> mehrfach<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen (ca. 770 von 2.500 Plätzen)<br />

• Einführung 5 Bedarfsgruppen (auch in <strong>der</strong> Sozialpsychiatrie)<br />

• Regelungen zur Preisentwicklung 2005 - 2008<br />

6. Folie: Wichtige Umsetzungsthemen 2005 ff.<br />

� Umgestaltung <strong>stationärer</strong> Wohngruppen zu vermieteten Wohnungen / Wohngemeinschaften<br />

� Neue Rolle <strong>der</strong> Leistungserbringer als Vermieter<br />

� Miethöhen müssen im allgemeinen Regelwerk KdU „passen“<br />

� Umstrukturierungskosten bei manchen Trägern<br />

� Neue ambulante Leistung: ambulant betreute Wohngemeinschaft (AWG) mit 5 Bedarfsgruppen<br />

/ Tagespauschalen<br />

� Kompatibilität AWG – Fachleistungsst<strong>und</strong>en PBW, WA<br />

� Sozialraumerschließung: Treff- <strong>und</strong> Stützpunkte<br />

� Hohe Bedarfsgruppen „mitnehmen“<br />

7. Folie: Zielvereinbarungspakete 2010 ff.<br />

� Vereinbarung mit den 4 größten EGH-Trägern (Marktanteil ca. 50%)<br />

• Schwerpunkt trägerübergreifende sozialräumliche Arbeit – Konzeptentwicklung<br />

<strong>und</strong> Umsetzung<br />

� Vereinbarung mit <strong>der</strong> AGFW + bpa (Beschluss <strong>der</strong> Vertragskommission gemäß LRV<br />

§ 79 SGB XII)<br />

• „Paket“ aus fachlicher Weiterentwicklung <strong>und</strong> Konsolidierung / Kostendämpfung,<br />

mehrjährige Vereinbarung / Planungssicherheit<br />

• Weiterentwicklung <strong>der</strong> Angebotsstrukturen:<br />

� Forts. Ambulantisierung,<br />

� Weiterentwicklung auch <strong>der</strong> Sozialpsychiatrie,<br />

� Umstrukturierung <strong>der</strong> Tagesför<strong>der</strong>ung,<br />

� Sozialraumerschließung,<br />

� Systementwicklung gemäß ASMK-Beschluss –<br />

� Geldleistungen + Persönliche Budgets,<br />

� Modularisierung <strong>der</strong> Leistungen,<br />

� Konzentration auf wirkungsorientierte Fachmaßnahmen<br />

� partizipatives Verfahren / Einbezug Interessenvertretungen<br />

8. Folie: Wichtige Umsetzungsthemen 2010 ff.<br />

� Fortsetzung <strong>der</strong> Ambulantisierung<br />

• höhere Bedarfsgruppen, Schnittstelle Pflege, Stützpunkte, Nachtdienste,<br />

Wohnraum<br />

� Sozialraumerschließung<br />

• Treffpunkte, bürgerschaftliches Engagement, Kooperation mit bezirkl. Sozialraummanagement<br />

� Fortentwicklung Sozialpsychiatrie


22 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

• Geschlossene Unterbringung, Trennung BeWo – Begegnungsstätten, regionale<br />

Versorgungsverbünde<br />

� Fallmanagement<br />

• einheitl. Bedarfsbemessung, Gesamtplanung, Erschließung vorrangiger Leistungen,<br />

Ziel- <strong>und</strong> Wirkungsorientierung<br />

� Systemstrukturen<br />

• Mustervereinbarungen, Leistungsstandardisierung, Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

Qualitätssicherungssystematik, Weiterentwicklung <strong>der</strong> Vergütungssystematik<br />

9. Folie: Perspektiven in <strong>Hamburg</strong><br />

� Planungssicherheit in HH 2010 bis 2013 schafft Raum für die Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

� mo<strong>der</strong>ate Dämpfung <strong>der</strong> Kostenentwicklung = Beitrag zur Konsolidierung<br />

� explizite Vernetzung mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> VN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

� gemeinsamer, partizipativer, konsensualer Prozess Leistungsträger-<br />

Leistungserbringer-Interessenvertretungen sichert Legitimation <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

10. Folie: Perspektiven in Deutschland<br />

� Aktionsplan zum Umsetzung <strong>der</strong> VN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention muss Orientierung<br />

geben<br />

� Umsetzung des ASMK-Auftrages durch Gesetzgebung:<br />

� SGB XII –<br />

• Einrichtungsbezüge beseitigen<br />

• partizipatives Fallmanagement verankern<br />

• Konzentration des Vertragsrechts auf die Fachmaßnahmen bewirken<br />

� SGB IX –<br />

• trägerübergreifende Koordination <strong>und</strong> Leistungsvernetzung optimieren<br />

• Schnittstellen medizinische Behandlung (SGB V) <strong>und</strong> Pflege (SGB XI)<br />

klären<br />

� B<strong>und</strong>esteilhabegeld


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 23<br />

Neues Wohnen braucht <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> – För<strong>der</strong>richtlinien in <strong>Hamburg</strong><br />

Matthias Kock (Behörde Stadtentwicklung <strong>und</strong> Umwelt, <strong>Hamburg</strong>)<br />

<strong>Hamburg</strong> bietet neben <strong>der</strong> allgemeinen Wohnraumför<strong>der</strong>ung seit 2009 auch eine <strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />

an für Menschen mit beson<strong>der</strong>en Schwierigkeiten am Wohnungsmarkt <strong>und</strong> für<br />

Menschen mit beson<strong>der</strong>em Unterstützungsbedarf.<br />

Mit dem För<strong>der</strong>programm zum Ankauf von Belegungsbindungen im Wohnungsbestand soll<br />

dem Abschmelzen <strong>der</strong> Sozialwohnungsbestände entgegen gewirkt <strong>und</strong> die Wohnraumversorgung<br />

von Zielgruppen mit beson<strong>der</strong>en Schwierigkeiten am Wohnungsmarkt verbessert<br />

werden. Dazu zählen insbeson<strong>der</strong>e:<br />

• Menschen mit psychischen Erkrankungen <strong>und</strong> seelischen Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

• Menschen mit geistigen o<strong>der</strong> mehrfachen Behin<strong>der</strong>ungen, die im Rahmen <strong>der</strong> laufenden<br />

Ambulantisierungsprogramme nicht mehr stationär untergebracht sein, son<strong>der</strong>n<br />

ambulant betreut in <strong>der</strong> eigenen Wohnung leben möchten.<br />

• Menschen, die aus stationären <strong>Einrichtungen</strong> kommen - insbeson<strong>der</strong>e Personen, die<br />

stationäre Leistungen nach §§ 67/68 SGB XII (Hilfen zur Überwindung beson<strong>der</strong>er<br />

sozialer Schwierigkeiten) erhalten haben - <strong>und</strong> nach erfolgreichem Abschluss <strong>der</strong><br />

Maßnahme nunmehr in eigenen Wohnraum ziehen können.<br />

• Unterstützungsbedürftige Jungerwachsene in <strong>der</strong> Regel unter 25 Jahre in fortdauern<strong>der</strong><br />

fester Betreuungsstruktur, die in betreuten Jugendwohnungen wohnen o<strong>der</strong> gewohnt<br />

haben <strong>und</strong> dringend auf Integration in eigenen Wohnraum angewiesen sind<br />

sowie Jungerwachsene aus öffentlicher Unterbringung.<br />

Wie funktioniert das Programm?<br />

Das jeweils zuständige Bezirksamt erwirbt durch Gewährung eines Zuschusses für den<br />

Vermieter von diesem das Recht, für die Wohnung Belegungsvorschläge mit einer integrationsbedürftigen<br />

Zielgruppe zu machen. Die Höhe des Zuschuss <strong>und</strong> die Auszahlung ist abhängig<br />

von <strong>der</strong> gewählten Länge <strong>der</strong> Bindungsdauer, die Miete bezieht sich auf den Mittel-


24 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

wert des entsprechenden Mietenspiegelfeldes. Es werden zwei unterschiedliche Programmsegmente<br />

angeboten:<br />

Programm A<br />

Erwerb von einmaligen Belegungsrechten mit einer Mietpreisbindung für höchstens 10 Jahre<br />

Zuschuss 15.000,- Euro pro Wohnung<br />

Auszahlung in zwei Raten: 50% nach Bezug <strong>der</strong> Wohnung, 50% nach einem Jahr<br />

Programm B<br />

Erwerb von langfristigen Belegungsrechten mit einer För<strong>der</strong>laufzeit von 20 Jahren<br />

Zuschuss 25.000,- Euro pro Wohnung<br />

Auszahlung einmalig 5.000 € nach Begründung <strong>der</strong> Belegungsbindung, dann<br />

1.000 € zu Beginn jedes Bindungsjahres<br />

Details zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> finden Sie unter folgendem Link.<br />

http://www.wk-hamburg.de/mietwohnungen/ankauf-von-belegungsbindungen.html<br />

Mit dem För<strong>der</strong>programm Beson<strong>der</strong>e Wohnformen wird das gemeinsame Wohnen <strong>und</strong> Leben<br />

von Menschen mit körperlichen, geistigen o<strong>der</strong> psychischen Einschränkungen geför<strong>der</strong>t.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich wird dabei zwischen Wohngemeinschaften <strong>und</strong> Hausgemeinschaften unterschieden.<br />

Voraussetzung für eine <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> ist ein von <strong>der</strong> Behörde für Soziales, Familie,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz (BSG) anerkanntes Nutzungskonzept, das den beson<strong>der</strong>en<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> zukünftigen Bewohner gerecht wird.<br />

Die <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:<br />

Zinsgünstiges För<strong>der</strong>darlehen<br />

Die Gesamthöhe <strong>der</strong> gewährten Darlehen bemisst sich im Einzelfall in Abhängigkeit von dem<br />

ermittelten Finanzierungsbedarf, dem Beleihungswert des För<strong>der</strong>objektes, dem gefor<strong>der</strong>ten<br />

Eigenkapital sowie ggf. gewährter Drittmittel.<br />

Zuschüsse für energiesparendes Bauen<br />

Für die Einhaltung des WK-Effizienzhaus 70[09]-Standards wird ein Zuschuss in Höhe von<br />

150 Euro/m² för<strong>der</strong>fähiger Wohnfläche, für die Einhaltung des WK-Passivhausstandards in<br />

Höhe von 240 Euro/m² för<strong>der</strong>fähiger Wohnfläche gewährt.<br />

Baukostenzuschüsse für barrierefreie Wohnungen<br />

Wenn die zukünftigen Bewohner eine barrierefreie Wohnung nach DIN 18025 benötigen,<br />

können Baukostenzuschüsse gewährt werden:<br />

€ 14.000,- je Wohnung für Rollstuhlbenutzer (DIN 18025 Teil 1)<br />

€ 5.300,- je Wohnung für Menschen mit sonstigen Behin<strong>der</strong>ungen sowie für ältere Menschen<br />

(DIN 18025 Teil 2).<br />

Baukostenzuschüsse für Aufzüge<br />

Für den Einbau von Aufzügen werden pauschalierte Zuschüsse gewährt.<br />

Baukostenzuschüsse für die Errichtung von Gemeinschaftsräumen Gemeinschaftsräume,<br />

die im inhaltlichen Zusammenhang zu dem vorgelegten Nutzungs- o<strong>der</strong> Betreuungskonzept<br />

stehen, werden mit Zuschüssen in Höhe von 1.800,- Euro/m² geför<strong>der</strong>t.<br />

Laufen<strong>der</strong> Aufwendungszuschuss<br />

Unter bestimmten Bedingungen wird Mietern mit begrenztem Einkommen auf Antrag ein<br />

laufen<strong>der</strong> Aufwendungszuschuss gewährt.<br />

Details zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> finden Sie unter folgendem Link.<br />

http://www.wk-hamburg.de/mietwohnungen/beson<strong>der</strong>e-wohnformen.html


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 25<br />

Erfahrungen mit <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen<br />

Peter Nouwens (Stiftung Prisma)<br />

Neue Grüße aus den Nie<strong>der</strong>landen<br />

Die <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

zunächst möchte ich den Organisatoren herzlich danken für die Einladung <strong>und</strong> die mir gebotene<br />

Gelegenheit, hier etwas zu sagen über die Erfahrungen mit <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong><br />

in den Nie<strong>der</strong>landen. Ich bin Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stiftung Prisma. Eine Stiftung,<br />

die bereits seit mehr als hun<strong>der</strong>t Jahren Dienstleistungen für Menschen mit geistiger<br />

Behin<strong>der</strong>ung bietet <strong>und</strong> die in den zurück liegenden zwölf Jahren mit <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung<br />

Alsterdorf zu diesem Thema auf anregende Weise kooperiert hat.<br />

Und wer in <strong>Hamburg</strong> <strong>und</strong> Umgebung sieht, was die ESA in diesem Rahmen realisiert hat,<br />

dem wird klar, dass es nicht nur beim Reden geblieben ist. Das passt übrigens sehr gut zur<br />

nie<strong>der</strong>ländischen Mentalität „nicht quatschen, son<strong>der</strong>n tun...“. Wir hoffen diese Zusammenarbeit<br />

noch Jahre fortzusetzen. Ich werde meinen Vortrag entlang zwei Linien aufbauen.<br />

Die erste ist die <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe in den Nie<strong>der</strong>landen <strong>und</strong> damit auch<br />

die von Prisma, die zweite Linie bezieht sich auf Entwicklungen in <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> das hat zu tun mit Überalterung, mit schwindendem Nachwuchs <strong>und</strong> den Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> Erwartungshaltung <strong>der</strong> Menschen, die Anspruch auf Hilfe haben. Dieses<br />

in <strong>der</strong> Überzeugung, aber mittlerweile auch gestützt auf Erfahrung, dass die begonnenen<br />

Entwicklungen in <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe eine breite gesellschaftliche Relevanz haben. An <strong>der</strong><br />

einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Stelle werde ich meinen Vortrag würzen mit einer (aufstachelnden) Ansage<br />

o<strong>der</strong> These.<br />

These:<br />

1. Die Entwicklungen <strong>und</strong> Erfahrungen in <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe bieten einen ausgezeichneten<br />

Bezugsrahmen für eine gute <strong>und</strong> bezahlbare, künftige Dienstleistung (Care).<br />

Ich möchte das gerne am Fall Prisma darstellen: Stiftung Prisma wurde in 1904 von den Fratres<br />

Penitenten (ein Franziskanerorden) gegründet, die sich des Schicksals verletzlicher<br />

Menschen in <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen Gesellschaft zu Herzen nahmen. Zu je<strong>der</strong> guten Tat bereit<br />

stifteten sie die erste katholische, spezifische Einrichtung für Menschen mit geistiger<br />

Behin<strong>der</strong>ung. Damit ausdrücklich anerkennend, dass Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />

eine spezifische Form <strong>der</strong> Unterstützung benötigen. Die Finanzierung beruhte zum größten<br />

Teil auf caritas, eigenen Beiträgen <strong>und</strong> im äußersten Fäll auf Unterstützung <strong>der</strong> Kommunen.<br />

In den folgenden Jahren wächst die Stiftung. Im weiteren Verlauf entstehen in den Nie<strong>der</strong>landen<br />

viele vergleichbare <strong>Einrichtungen</strong>, die sich um Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />

kümmern. In 1968 übernimmt die Regierung die Verantwortung für die Finanzierung mit<br />

<strong>der</strong> Schaffung <strong>der</strong> Versicherung AWBZ, welche zunächst eine begrenzte Zahl Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong><br />

im Blick hat. Die <strong>Einrichtungen</strong> florieren unter <strong>der</strong> Regelgebung <strong>der</strong> AWBZ. Die Nie<strong>der</strong>lande<br />

werden Weltmeister im Anstaltsbau. Vorzugsweise für jedes Problem eine eigene Einrichtung.<br />

Mitte <strong>der</strong> siebziger Jahre regt sich Wi<strong>der</strong>stand gegen die großen <strong>Einrichtungen</strong> aus<br />

dem Kreis <strong>der</strong> Mitarbeitenden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Eltern von Kin<strong>der</strong>n mit Behin<strong>der</strong>ung. Sie finden die<br />

<strong>Einrichtungen</strong> zu groß, ihre Lage zu abgeschieden, was zu Hospitalisierung <strong>und</strong> Entmenschlichung<br />

führt. In Reaktion darauf entstehen kleinteilige Wohnangebote in den Quartieren<br />

<strong>der</strong> Gemeinden. In erster Linie ist das hauptsächlich eine Verän<strong>der</strong>ung von großem nach<br />

kleinem Maßstab, wobei Denken <strong>und</strong> Handeln großteilig <strong>und</strong> anstaltsgemäß bleiben. Anfang<br />

<strong>der</strong> neunziger Jahre än<strong>der</strong>t sich das im Rahmen <strong>der</strong> Bürgergesellschaft <strong>und</strong> community care.<br />

In dem Zusammenhang richtet sich das Interesse nicht nur auf die Dienstleistung am Individuum<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung, son<strong>der</strong>n zunehmend auf das Umfeld, die Gesellschaft. Viele Projekte<br />

gehen einher mit Stärkung <strong>der</strong> Selbstbestimmung <strong>der</strong> Menschen <strong>und</strong> entwickeln sich rasant<br />

in den Nie<strong>der</strong>landen. Mit <strong>der</strong> Verschiebung des Schwerpunkts zur Gesellschaft hin entstehen


26 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

auch an<strong>der</strong>e Begrifflichkeiten <strong>und</strong> kommen an<strong>der</strong>e Zielgruppen in den Blickpunkt (Ältere,<br />

Jugend, Kin<strong>der</strong>). Der Schwerpunkt schiebt sich auf das Quartier, die Nachbarschaft, die<br />

Schule, den Betrieb <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Folge auf Wohlsein, Sicherheit, Teilhabe <strong>und</strong> Lebensqualität.<br />

Die Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Parteien gerät dabei zu einem sehr wichtigen Erfolgsfaktor<br />

in <strong>der</strong> Entwicklung. Wohnungsbauorganisationen, Kommunen, Schulen, Wohlseinsarbeit,<br />

Nachbarschaftsausschüsse gehen dabei eine Verbindung ein. Die Wohnungsbaugesellschaften<br />

spielen eine prominente Rolle wegen <strong>der</strong> Lage ihrer Immobilien. Von dort ausgehend<br />

kann man sich um Stadtteilentwicklung kümmern, um Stärkung <strong>der</strong> Beziehungen unter<br />

einan<strong>der</strong> (soziale Kohäsion) <strong>und</strong> integrale Dienstleistung, wo nötig. Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

sind ein struktureller Teil. Von zweitausend fünfhun<strong>der</strong>t Klienten <strong>der</strong> Stiftung Prisma<br />

leben 92 % in <strong>der</strong> offenen Gesellschaft. Ich komme nachher ausführlicher zurück auf die<br />

Stadtteilarbeit.<br />

Im kurzen zeige ich jetzt ein paar allgemeine Trends im sozialen Sektor in den Nie<strong>der</strong>landen<br />

auf. Die Nie<strong>der</strong>lande überaltern in raschem Tempo <strong>und</strong> damit nimmt die Nachfrage nach<br />

Hilfe substantiell zu. Die Nachfrage än<strong>der</strong>t sich nicht nur in Umfang, son<strong>der</strong>n auch in ihrer<br />

Art. Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>, die Anspruch auf Hilfe haben, treten zunehmend als kritische Konsumenten<br />

auf, die eine Auswahl treffen wollen <strong>und</strong> Unterstützung nach menschlichen Maß in <strong>der</strong><br />

ihnen vertrauten Umgebung haben möchten. Das Gesagte geht einher mit einer zunehmenden<br />

Ausdünnung <strong>der</strong> jüngeren Berufsbevölkerung. Mit auf Frist gesehen weniger Menschen,<br />

die im sozialen Sektor arbeiten wollen. Mehr Nachfrage <strong>und</strong> weniger Angebot also. Die<br />

Bezahlbarkeit <strong>der</strong> Hilfen ist im Augenblick <strong>der</strong> Topper in den Nie<strong>der</strong>landen in Anbetracht des<br />

soeben gesagten (Zunahme), aber auch mit Blick auf die <strong>der</strong>zeitige ökonomische Krise. Das<br />

Hilfesystem wird vorrangig als Kostenfaktor erlebt. Dabei fehlt, <strong>und</strong> das ist eine gefährliche<br />

Kombination, eine klare, nachhaltige Zukunftsvision bezüglich Langzeithilfen <strong>und</strong> es werden<br />

die altbekannten politischen Mantras hantiert: effizienter arbeiten, spezifische Kürzungen,<br />

Abbau von Rechten usw. Ich kann diese Reaktion verstehen, aber sie reicht bei weitem nicht<br />

in Anbetracht <strong>der</strong> komplexen Fragestellungen die wir haben. Im Übrigen bin ich auch <strong>der</strong><br />

Meinung, dass Dienstleistungsanbieter ihren Beitrag zur ausgewogenen Balance zwischen<br />

Qualität <strong>und</strong> Bezahlbarkeit liefern müssen.<br />

These:<br />

2. Gerade in Zeiten ökonomischer Krisen muss gr<strong>und</strong>sätzlich nachgedacht werden<br />

über die Zukunft des Hilfesystems. Das ist primär keine finanzielle, son<strong>der</strong>n eine konzeptionelle,<br />

inhaltliche Frage. Die Bezahlbarkeit ist dabei eines <strong>der</strong> Konzeptkriterien.<br />

Stadtteil <strong>und</strong> Nachbarschaft sind in den Nie<strong>der</strong>landen wie<strong>der</strong> entdeckt worden. Das Quartier/die<br />

Nachbarschaft als soziale Einheit, in <strong>der</strong> sozialraumorientiert, integral gearbeitet wird<br />

mit einer wie<strong>der</strong> erkennbaren Größe von ca 8.000 Einwohnern. Auf den Stadtteil bezogene<br />

Initiativen nehmen in den Nie<strong>der</strong>landen verschiedene Formen an (einige nur auf Papier),<br />

dennoch tauchen 5 Aspekte immer wie<strong>der</strong> auf:<br />

- es ist die Rede von stadtteilbezogene Hilfe in <strong>und</strong> gestützt durch das Gemeinwesen<br />

- wobei gearbeitet wird an einem aktiven, sich engagierenden Viertel<br />

- oft ist die Rede von multifunktionalen Gebäuden<br />

- es gibt eine Zusammenarbeit zwischen Organisationen aber auch zwischen Einwohnern<br />

<strong>und</strong> Organisationen<br />

- es wird versucht, beizutragen zur sozial-gesellschaftlichen Rendite.<br />

Dieser Ansatz bietet meines Erachtens viele Perspektiven. Ich möchte jetzt anhand einiger<br />

konkreter Beispiele stadtteilbezogene Arbeit mit integralen Formen <strong>der</strong> Unterstützung näher<br />

mit Ihnen besprechen. In 2000 wurde Prisma Mitglied <strong>der</strong> Thesaurusgruppe (tätig in<br />

Kaatsheuvel <strong>und</strong> Loon op Zand), an <strong>der</strong> eine Wohnungsbaugesellschaft, eine<br />

Wohlseinsorganisation, die Altenhilfe, die so genannte gesellschaftliche Dienstleistung <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>e teilnehmen. Das gemeinsame Ziel lautete: Quartiere zu verwirklichen, wo je<strong>der</strong> etwas<br />

bedeutet (auch Menschen mit einer „kleinen


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 27<br />

Stelle“, wie wir in den NL sagen), die Leute einan<strong>der</strong> kennen, begegnen <strong>und</strong> helfen <strong>und</strong> wo<br />

im <strong>und</strong> am Haus Unterstützung geboten wird, wenn nötig. Anlass war gegeben durch die<br />

großflächige Instandsetzung mit Neubau im Stadtteil Pannenhoef. Die Wohnungsbaugesellschaft<br />

wollte mehr als nur Steine stapeln <strong>und</strong> ein Sozialprogramm auflegen. Neubau <strong>und</strong><br />

Instandsetzung sind ein ausgezeichneter Moment, um kluge Kombinationen von Wohnen,<br />

Wohlsein <strong>und</strong> Hilfe herzustellen.<br />

Der von uns gewählte Ansatz kann man bezeichnen als action research. Ein Ansatz, bei dem<br />

konkrete Initiativen zur Verän<strong>der</strong>ungen im Stadtteil den Aufbau von zweckdienlicher Kenntnis<br />

<strong>und</strong> Einsicht zur Folge haben, die wie<strong>der</strong>um ihrerseits den nächsten Schritt beeinflussen<br />

können. Der primäre Prozess, die Dienstleistung für die Einwohner des Stadtteils (einschliesslich<br />

Klienten) steht hier im Mittelpunkt. Bottom up werden auf diese Weise Lösungen<br />

bedacht, wenn es gut funktioniert, für Probleme auf <strong>der</strong> Makroebene.<br />

These:<br />

3. Ein Nischenansatz, bei <strong>der</strong> in geschützter Umgebung mit neuen Formen von Dienstleistung<br />

experimentiert wird, ist ein sehr starker Ansatz.<br />

Im Jahr 2006 wurde durch die Thesaurusgruppe das Stadtteils Pannenhoef wie<strong>der</strong> eröffnet.<br />

Materiell wurde vieles verbessert (Instandsetzung in großem Umfang, ersetzen<strong>der</strong> Neubau,<br />

Neuausstattung etc…) aber auch sozial gesehen verän<strong>der</strong>te sich vieles. Dienstleistungsorganisationen<br />

im Hilfesektor brachten ihre Dienste im Stadtteil ein, Dekonzentration/Vergesellschaftung<br />

<strong>der</strong> Dienste wurde greifbar.<br />

An einer Anmeldestelle sind alle Parteien in greifbarer Nähe <strong>und</strong> wenn nötig wird die Dienstleistung<br />

gemeinsam geboten. Ihre Frage, unsere Hilfe!<br />

Back office sind alle Parteien zusammen auf freiwillige Zusammenarbeit ausgerichtet (zum<br />

Beispiel dabei, wie man Jugendlichen mit leichter geistiger Behin<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> herausfor<strong>der</strong>ndem<br />

Verhalten auffängt).<br />

Auch für spezielle Zielgruppen genügend geeigneter Wohnraum. (Stiftung Prisma baut selbst<br />

keine Wohnungen. In nahezu allen Kommunen, in denen Prisma tätig ist, wird von <strong>der</strong> örtlichen<br />

Wohnungsbaugesellschaft ausreichend adäquater Wohnraum hergestellt). Außerdem<br />

wurde ein Stadtteil- <strong>und</strong> Dienstezentrum in Betrieb genommen, wo Tagesgestaltung, Treffen<br />

mit Nachbarn, Feiern <strong>und</strong> Aktivitäten organisiert werden (können). Menschen mit einer Einschränkung<br />

sind ebenfalls aktiv tätig als Dienstleister, wie etwa im Catering, Gartenpflege.<br />

Sie bekommen Hilfe <strong>und</strong> produzieren Dienstleistungen im selben Stadtteil.<br />

Letztlich wurde eine spezielle Art <strong>der</strong> Dienstleistung angeboten durch die „Zotels“ für Einwohner<br />

des Stadtteils, die vorübergehend Pflege, Assistenz o<strong>der</strong> Aufsicht benötigen.<br />

In den ersten Jahren wurde viel Zeit <strong>und</strong> Energie aufgewandt, damit die professionellen Organisationen<br />

einan<strong>der</strong> kennen lernen <strong>und</strong> zusammen arbeiten. Nach dieser Eingewöhnungsphase<br />

verschob sich <strong>der</strong> Schwerpunkt zunehmend in Richtung Quartier, die Einwohner<br />

dort <strong>und</strong> seine informellen Unterstützungsquellen. Es wurde experimentiert mit <strong>der</strong> Asset<br />

Based Comunity Development (ABCD) Methode. Demnach übernehmen die Dienstleistungsorganisationen<br />

eine Unterstützerrolle <strong>und</strong> stellen Verbindungen her zwischen Nachfrage<br />

<strong>der</strong> Bürger <strong>und</strong> informellen Quellen <strong>der</strong> Unterstützung durch Menschen aus <strong>der</strong> Nachbarschaft.<br />

Im April 2010 ging in Waalwijk ein zweites Projekt in Betrieb <strong>und</strong> im Verlaufe dieses Jahres<br />

noch ein drittes. Die Teilnehmerzahl hat in diesen Projekten wesentlich zugenommen. In<br />

Pannenhoef sind es sieben <strong>und</strong> in Da LaBe siebzehn. Man möchte eben dabei sein <strong>und</strong> ein<br />

sehr differenziertes Deinstleistungspaket anbieten.<br />

These:<br />

4. Die Sicht auf gesellschaftliche Rendite, die man mit Interventionen im Stadtteil erreicht,<br />

hat große Bedeutung für die Identifikation von effizienten Bestandteilen, die<br />

Lernfähigkeit von Unternehmen <strong>und</strong> die Verhandlungen mit involvierten Parteien.<br />

Zielerreichung <strong>und</strong> Wissen, was Rendite bringt, sind Dinge, die auf <strong>der</strong> Hand liegen. Das<br />

Unbezahlbare mit einem Preis zu versehen ist jedoch nicht ganz so einfach, wie es zunächst<br />

scheint. Wie beeinflusst <strong>und</strong> misst man sozialen Zusammenhang, Wohlsein <strong>der</strong> Einwohner


28 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

im Stadtteil <strong>und</strong> Ähnliches? Ein narratives Vorgehen beim Pannenhoefprojekt hat in <strong>der</strong> zurückliegenden<br />

Periode eine große Rolle gespielt, wenn es um das Aufzeigen von Entwicklungen<br />

geht. Inzwischen ist <strong>der</strong> Bedarf gewachsen, dies mit handfester Untersuchung anzureichern,<br />

auch um auf diese Weise bessere Einsicht zu gewinnen, wie solche Projekte wirken.<br />

Dazu sind mittlerweile einige Instrumente entwickelt worden, <strong>und</strong> dabei stützen wir uns<br />

auf die Effektenarena, <strong>und</strong> dieses werden wir zusammen mit <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung Alsterdorf<br />

auch ausarbeiten. Schematisch wird das durch die Powerpoint-Präsentation verdeutlicht.<br />

Hier steht <strong>der</strong> Begriff social return of investment im Mittelpunkt. Es wird ausdrücklich <strong>der</strong><br />

Konnex gelegt zwischen Investition/Intervention auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>und</strong> den gesellschaftlichen<br />

Auswirkungen für Einwohner individuell <strong>und</strong> den Stadtteil als ganzes auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite. Bei den Folgen solcher Interventionen wird unterschieden zwischen Ergebnis (oftmals<br />

von materieller <strong>und</strong> sichtbarer Art) <strong>und</strong> den gesellschaftlichen Auswirkungen für die Betroffenen.<br />

Welche Verän<strong>der</strong>ungen kann man bei ihnen als Folge <strong>der</strong> Intervention wahrnehmen?<br />

Auf diese Weise haben wir die Hoffnung, unsere Interventionen zielgenauer <strong>und</strong> besser ansetzen<br />

zu können, es entsteht eine schärferes Bild <strong>der</strong> Rendite <strong>und</strong> es lässt sich das, was<br />

wir vorhaben <strong>und</strong> realisieren, besser übertragen.<br />

Zum guten Schluss möchte ich den Anwesenden noch ein paar Tipps mit auf den Weg<br />

geben:<br />

• Investieren Sie in die Exploration neuer Dienstleistungskonzepte<br />

• Verführen Sie Organisationen hier zu investieren <strong>und</strong> statten Sie sie dazu aus<br />

• Nutzen Sie die Momente optimal, wo Neubau o<strong>der</strong> Instandsetzung anstehen. Hart (Infrastruktur)<br />

<strong>und</strong> weich (soziale Kohäsion) können einan<strong>der</strong> verstärken<br />

• Belohnen Sie Organisationen die nachweislich gesellschaftliche Rendite generieren<br />

• Benutzen Sie diese Art <strong>der</strong> Initiativen <strong>und</strong> die dazu gehörenden Begrifflichkeiten nicht für<br />

platte Einsparungen.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />

Peter Nouwens<br />

Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> Stichting Prisma<br />

10 Juni 2010<br />

(Übersetzung Th.Maas)


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 29<br />

Ambulantisierung im Landschaftsverband Rheinland (LVR) -<br />

Die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe unter fachlichen<br />

<strong>und</strong> finanziellen Aspekten<br />

Gabriele Lapp <strong>und</strong> Lothar Flemming (beide LVR)<br />

LVR-Dezernat Soziales, Integration<br />

Der Landschaftsverband Rheinland<br />

Das Gebiet des Landschaftsverbandes<br />

Rheinland (ein regionaler Kommunalverband)<br />

umfasst 13 kreisfreie Städte, 12 Landkreise<br />

<strong>und</strong> 1 Städteregion <strong>der</strong> Regierungsbezirke<br />

Köln <strong>und</strong> Düsseldorf.<br />

2. Folie: Glie<strong>der</strong>ung des Vortrags<br />

Insgesamt leben mehr als 9,5 Mio.<br />

Menschen in diesem Gebiet.<br />

(NRW: mehr als 18 Mio. Menschen )<br />

> Kosten <strong>und</strong> Fallzahlentwicklung, Rahmenbedingungen<br />

> Steuerung über Rahmenzielvereinbarungen <strong>und</strong> Zielvereinbarungen<br />

> weitere Steuerungsmaßnahmen<br />

> Steuerung im Einzelfall<br />

> Evaluation <strong>der</strong> Steuerungsinstrumente: Ergebnisse<br />

> Ausblick <strong>und</strong> weitere Schwerpunkte 2010 bis 2013<br />

> Fallzahlentwicklung: Ergebnisse<br />

Folie 1


30 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

3. Folie: Rahmenbedingungen <strong>und</strong> gesetzlicher Auftrag<br />

> Ausführungsverordnung SGB XII NRW<br />

> Zusammenführung <strong>der</strong> Zuständigkeit für alle Einglie<strong>der</strong>ungshilfen zum Wohnen<br />

bei den Landschaftsverbänden Rheinland <strong>und</strong> Westfalen-Lippe vom<br />

01.07.2003 bis zum 30.06.2010<br />

> Erste Verordnung zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausführungsverordnung zum SGB XII<br />

NRW<br />

> Verlängerung <strong>der</strong> Zuständigkeit bis zum 30.06.2013<br />

> Die Leistungen sind mit dem Ziel <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Lebensbedingungen<br />

für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung weiter zu entwickeln<br />

> UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

> Die volle <strong>und</strong> gleichberechtigte Ausübung aller Menschenrechte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>freiheiten<br />

durch alle Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen ist zu för<strong>der</strong>n, zu schützen<br />

<strong>und</strong> zu gewährleisten.<br />

4. Folie: Steuerung <strong>der</strong> Rahmenzielvereinbarungen<br />

Rahmenzielvereinbarung Wohnen I mit den Spitzenverbänden <strong>der</strong> freien Wohlfahrtspflege<br />

in NRW für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2008<br />

> Ziel:<br />

> Abbau <strong>stationärer</strong> Plätze um r<strong>und</strong> 5% (rd. 1000 Plätze pro Landesteil) bis zum<br />

31.12.2008<br />

> weitere vereinbarte Maßnahmen:<br />

> finanzielle Anreize für Wohnheimträger zum Platzabbau durch erfolgsabhängige<br />

Son<strong>der</strong>zahlungen mit einem Volumen von ca. 20 Mio. Euro im Rheinland<br />

> Flexibilisierung <strong>der</strong> Übergänge zwischen ambulanten <strong>und</strong> stationären Angeboten<br />

durch die Schaffung von Wohnverbünden<br />

5. Folie: Konzept des Wohnverb<strong>und</strong>es<br />

heißt praktisch z.B.<br />

> <strong>der</strong> Träger des Heims bietet auch ambulante Unterstützung zum selbständigen Wohnen<br />

an <strong>und</strong> klärt die passende Form <strong>der</strong> Unterstützung mit den Klienten<br />

> die Umwandlung von Heimplätzen in selbständige Wohnungen <strong>und</strong> umgekehrt wird<br />

ermöglicht<br />

> in <strong>der</strong> Immobilie „Heim“ kann man selbständig wohnen mit Miet- statt Heimvertrag<br />

> in <strong>der</strong> Immobilie „Heim“ können Leistungen ambulanter Anbieter nach Wahl in Anspruch<br />

genommen werden<br />

> unterschiedliche Anbieter fügen Leistungen zu einem integrierten Angebot zusammen<br />

(persönliches Budget!)<br />

6. Folie: Wohnverb<strong>und</strong> bedeutet<br />

> vor Ort wird im praktischen Handeln das umgesetzt, was in den Beschlüssen <strong>der</strong><br />

ASMK <strong>und</strong> <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention angelegt ist: Einglie<strong>der</strong>ungshilfe als<br />

personenzentrierte Leistung unabhängig vom Ort <strong>der</strong> Hilfe<br />

> eine nächste Etappe auf dem Weg von den Son<strong>der</strong>welten hin zum inklusiven Gemeinwesen<br />

> alle verän<strong>der</strong>n sich, das Ergebnis steht im Vorhinein nicht fest!


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 31<br />

7. Folie: Steuerung über Rahmenzielvereinbarungen<br />

Rahmenzielvereinbarung Wohnen II mit den Spitzenverbänden <strong>der</strong> freien Wohlfahrtspflege<br />

in NRW für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010<br />

> Ziele <strong>und</strong> Eckpunkte:<br />

Weiterer Platzabbau um 500 Plätze pro Landesteil bis zum 31.12.2011<br />

konzeptionelle Weiterentwicklung<br />

> <strong>der</strong> Beratungsangebote<br />

> <strong>der</strong> ambulanten Unterstützungsformen, insbeson<strong>der</strong>e für Menschen mit geistigen<br />

Behin<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> /o<strong>der</strong> mit komplexem Unterstützungsbedarf<br />

> <strong>der</strong> Unterstützungsmöglichkeiten in Krisen<br />

> niedrigschwelliger Freizeitangebote<br />

> tagesstrukturieren<strong>der</strong> Angebote, u. a. für ältere Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

8. Folie: Steuerung über Rahmenzielvereinbarungen<br />

> Rahmenzielvereinbarung des LVR über die Weiterentwicklung von Leistungen<br />

zur Teilhabe am Arbeitsleben in WfbM mit den Spitzenverbänden <strong>der</strong> freien<br />

Wohlfahrtspflege für die Zeit 1.01.2008 bis 31.12.2010:<br />

> Verbesserung <strong>der</strong> Berufswegeplanung<br />

> Erhöhung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Übergänge auf d. allgemeinen Arbeitsmarkt<br />

> Auf- <strong>und</strong> Ausbau differenzierter Angebote in den Werkstätten<br />

> Entwicklung von Konzeptionen zur Nutzung des pers. Budget<br />

> Entwicklung von Eckpunkten zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> beson<strong>der</strong>er Personengruppen in<br />

den Werkstätten (z.B. autistische Störungen)<br />

9. Folie: Steuerung über Rahmenzielvereinbarungen<br />

> Rahmenvereinbarung über die Leistungen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe zwischen<br />

den Landschaftsverbänden <strong>und</strong> den Kommunalen Spitzenverbänden in NRW<br />

> Kooperationsvereinbarungen mit allen Städten <strong>und</strong> Kreisen mit den strategischen<br />

Handlungsfel<strong>der</strong>n:<br />

> gemeinsame Gestaltung <strong>der</strong> Planungsgremien vor Ort<br />

> gemeinsame Qualitätsentwicklung <strong>der</strong> Leistungsangebote mit dem Ziel, allen Leistungsberechtigten<br />

vor Ort bedarfsgerechte Angebote zeitnah zu ermöglichen<br />

> Vernetzung <strong>der</strong> Angebote zur Erleichterung <strong>der</strong> Übergänge von stationär zu ambulant<br />

> Weiterentwicklung <strong>der</strong> Hilfeplanung zur Teilhabeplanung<br />

> Gestaltung <strong>der</strong> Schnittstellen zu den Leistungen <strong>der</strong> Jugendhilfe, insbeson<strong>der</strong>e mit<br />

Blick auf Eltern mit Behin<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong><br />

> Weiterentwicklung inklusiver Lebensverhältnisse<br />

> Aufbau eines gemeinsamen Berichtswesens <strong>und</strong> eines wirkungsorientierten Controllings.<br />

10. Folie: Steuerung über Rahmenzielvereinbarungen<br />

> Zielvereinbarungen mit den Sozialpsychiatrischen Zentren (SPZ) <strong>und</strong> den<br />

Koordinierungs-, Kontakt- <strong>und</strong> Beratungsstellen für Menschen mit geistiger<br />

Behin<strong>der</strong>ung (KoKoBe) als den flächendeckenden, nie<strong>der</strong>schwelligen Anlaufstellen<br />

für die jeweilige Zielgruppe (pro Zielgruppe ca. 65 Stellen) im Rheinland<br />

> Ziel:<br />

> Weiterentwicklung <strong>der</strong> Standards von Angeboten/Strukturen<br />

> Kooperation in <strong>der</strong> Region<br />

> Stärkung <strong>der</strong> Selbsthilfe (<strong>und</strong> empowerment, recovery)<br />

> Gemeinwesenorientierung, Mitgestaltung des inklusiven Sozialraums


32 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

11. Folie: Weitere Steuerungsmaßnahmen des LVR<br />

> seit 2000: keine Bewilligung neuer Heimplätze<br />

> Einführung eines Fallmanagements beim Leistungsträger<br />

> Schaffung eines medizinisch psychosozialen Fachdienstes (MPD) beim Leistungsträger<br />

> Umsetzung von wesentlichen Erkenntnissen aus dem b<strong>und</strong>esweiten Benchmarking<br />

<strong>der</strong> BAGüS, <strong>der</strong> Begleitforschung <strong>der</strong> Universität Siegen im Auftrag des Landes<br />

NRW, eigenen Untersuchungsprojekten<br />

12. Folie<br />

LVR-Dezernat Soziales, Integration<br />

Steuerung im Einzelfall (auf <strong>der</strong> Basis SGB IX <strong>und</strong> XII)<br />

Das Konzept <strong>der</strong> individuellen Hilfeplanung besteht aus folgenden Komponenten:<br />

- Antragsbearbeitung: auf Basis einer individuellen Hilfeplanung nach dem Konzept des<br />

Fallmanagements<br />

- In allen Mitgliedskörperschaften: Hilfeplankonferenzen<br />

- Ambulante Leistungen: nach individuellem Bedarf als Fachleistungsst<strong>und</strong>en<br />

Medizinisch<br />

psychosozialer<br />

Fachdienst beim<br />

LVR<br />

KoKoBe‘s für<br />

geistig<br />

behin<strong>der</strong>te<br />

Menschen<br />

individuelle<br />

Hilfeplanung<br />

Leistungen nach<br />

Fachleistungsst<strong>und</strong>ensystem<br />

Fallmanagement<br />

beim LVR<br />

Hilfeplankonferenzen<br />

Regionalkonferenzen<br />

Sozialpsychiatrische<br />

Zentren<br />

- flankiert durch: Beratungsangebote (SPZ <strong>und</strong> KoKoBe), den Medizinisch Psychosozialen<br />

Fachdienst (MPD) sowie die Regionalkonferenzen als örtliche Planungsgremien<br />

Folie 1<br />

13. Folie: Fachkonzept „Personenzentrierter Ansatz“<br />

Definition:<br />

„Beim personenzentrierten Ansatz geht es darum, mit dem psychisch erkrankten<br />

Menschen gemeinsam den individuellen Hilfebedarf festzustellen <strong>und</strong> dann ein passendes<br />

Hilfepaket zu organisieren, möglichst im gewohnten Lebensfeld des psychisch<br />

kranken Menschen <strong>und</strong> unter möglichst „normalen“ Bedingungen; das heißt<br />

weitgehend außerhalb von Spezialeinrichtungen für psychisch Kranke.“<br />

<strong>und</strong>:<br />

„Nicht mehr über Betten <strong>und</strong> Plätze soll verhandelt werden, son<strong>der</strong>n über Leistungen,<br />

<strong>der</strong>en individuelle Notwendigkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Ergebnisse.“<br />

Regina Schmidt - Zadel, Vorsitzende <strong>der</strong> Aktion psychisch Kranke 2003<br />

14. Folie: Wesentliches Instrument: Individueller Hilfeplan<br />

> seit 2003 inhaltliche Gr<strong>und</strong>lage für die Bewilligung von Einglie<strong>der</strong>ungshilfen<br />

> dialogische Erarbeitung mit dem Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

> Ausgangspunkt: seine individuellen Ziele<br />

> umfassende Situationsklärung in allen Lebensbereichen<br />

> Planung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Unterstützungsmaßnahmen<br />

> Einbeziehung von Kontextfaktoren in Person <strong>und</strong> Umwelt<br />

> Übersetzung in Leistungen unabhängig von Kostenzuständigkeit<br />

> Überprüfung des Zielerreichungsgrades


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 33<br />

> ab Juli 2010 Version „IHP3“ nach intensiver Vorbereitung mit Kooperationspartnern<br />

(komm. Spitzenverbände, Freie Wohlfahrt) in Kraft<br />

> bildet den Denkansatz <strong>der</strong> Internationen Klassifikation <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit, Behin<strong>der</strong>ung<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF) ab<br />

> ermöglicht eine Teilhabeplanung unter Einschluss an<strong>der</strong>er Leistungsträger<br />

> ist Gr<strong>und</strong>lage für Zielvereinbarungen für ein Persönliches Budget<br />

15. Folie: Analyse zur Entwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe nach SGB XII zum selbstbestimmten<br />

Wohnen 2002 – 2006 (transfer 2009)<br />

> Vergleich <strong>der</strong> Entwicklung in allen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n; Datengr<strong>und</strong>lage: Kennzahlenvergleich<br />

BAGüS; Methode: Experteninterviews<br />

> Ausgangsthese: „Es ist egal, was man macht, es passiert überall dasselbe.“<br />

> Vergleiche: Fallzahlentwicklungen ambulant <strong>und</strong> stationär, Wohnheimplätze über alle<br />

B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong><br />

16. Folie<br />

> untersuchte Wirkungsfaktoren:<br />

> Verbindliche, konkrete Zielvereinbarungen o<strong>der</strong> verbindliche Landesplanung<br />

> Bearbeitung des Einzelfalls auf überörtlicher Ebene<br />

> Einheitliche Zuständigkeit für Struktur <strong>und</strong> Einzelfall<br />

> Einheitliche verbindliche Hilfe- bzw. Gesamtplanung<br />

> Kopplung <strong>der</strong> (Summe <strong>der</strong>) individuellen Bedarfe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Angebotsstruktur<br />

> Ergebnis:<br />

einheitliche Steuerung im Einzelfall <strong>und</strong> strukturell auf überörtlicher Ebene führt zum<br />

höchsten Ambulantisierungsgrad; Instrumente <strong>der</strong> Hilfe- <strong>und</strong> Gesamtplanung sind Erfolgsfaktoren<br />

ebenso wie Zielvereinbarungen<br />

> Fazit:<br />

„die im LVR eingesetzten Steuerungsinstrumente stehen im b<strong>und</strong>esweiten Vergleich<br />

an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Weiterentwicklung“ (Zitat)<br />

17. Folie: Ergebnisse <strong>der</strong> Rahmenvereinbarung I<br />

> Gesamtergebnis: 78 Einzelzielvereinbarungen, insgesamt wurden bis 31.03.2009<br />

r<strong>und</strong> 1000 Plätze abgebaut<br />

> Zielvereinbarung mit LVR-Dezernat Klinikverb<strong>und</strong> <strong>und</strong> Heilpädagogische Hilfen,<br />

Ergebnis: Abbau von 250 Plätzen (13,5 % <strong>der</strong> Plätze <strong>der</strong> Vereinbarungspartner<br />

zum Stichtag 31.12.2005)<br />

> Zielvereinbarungen mit 70 freien Trägern<br />

> Ergebnis: Abbau von r<strong>und</strong> 750 Plätzen (8,9 % <strong>der</strong> Plätze <strong>der</strong> Vereinbarungspartner<br />

zum Stichtag 31.12.2005)<br />

> finanzieller Erfolg: ab 2010 jährliche Einsparung in Höhe von r<strong>und</strong> 17 Mio. Euro für<br />

den LVR, bzw. r<strong>und</strong> 8 Mio. Euro für die kommunale Familie<br />

18. Folie: Ausblick <strong>und</strong> weitere Schwerpunkte des LVR 2010 bis 2013<br />

> Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> UN-Konvention über die Rechte <strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung:<br />

Gestaltung des inklusiven Sozialraums gemeinsam mit den Städten <strong>und</strong> Kreisen<br />

durch Bildung eines LVR-Kompetenzteams Inklusion;<br />

> Weiterentwicklung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Einzelfallbearbeitung <strong>und</strong> Intensivierung <strong>der</strong> Steuerung<br />

im Einzelfall: Zugangs- <strong>und</strong> Wirkungsprüfung!<br />

> Ausdifferenzierung des Fachleistungsst<strong>und</strong>ensystems insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf<br />

den Assistenzbedarf <strong>der</strong> Menschen mit einer geistigen Behin<strong>der</strong>ung


34 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

19. Folie<br />

LVR-Dezernat Soziales, Integration<br />

Anzahl<br />

20. Folie<br />

25.000<br />

24.000<br />

23.000<br />

22.000<br />

21.000<br />

20.000<br />

19.000<br />

18.000<br />

17.000<br />

Stationäre Leistungen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe zum Wohnen<br />

Leistungsberechtigte Personen zum Stichtag 31.12.<br />

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

Jahr<br />

2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />

LVR-Dezernat Soziales, Integration<br />

Anzahl<br />

50.000<br />

45.000<br />

40.000<br />

35.000<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

15.000<br />

10.000<br />

5.000<br />

0<br />

Leistungen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe zum Wohnen<br />

Leistungsberechtigte Personen zum Stichtag 31.12.<br />

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

Jahr<br />

2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />

Leistungsberechtigte Personen stationär Leistungsberechtigte Personen ambulant<br />

Prognose<br />

Plan<br />

Folie 1<br />

Folie 1


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 35<br />

Workshop 1: Finanzierungsfragen<br />

Impulse: Karin Otten (ESA), Dr. Stephan Peiffer (LmB), Max Veser (BSG)<br />

Mo<strong>der</strong>ation: Ingo Tscheulin (BSG)<br />

Berichterstattung: Ralf Graage (ESA)<br />

Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer:<br />

Bastinans-Osthaus Uda, Dr. Deutscher Städtetag<br />

Bestelmeyer Grommet Halgard LAG Wohnen, Hessen<br />

Braksch Gudrun AWO B<strong>und</strong>esverband<br />

Brinkmann Sylvia Diakonisches Werk EKD<br />

Conty Michael v. Bodelschw. Stiftungen Bethel<br />

Graage Ralf Evangelische Stiftung Alsterdorf<br />

Heimler Joachim LAGFW Bremen<br />

Jeske Alfred APH B<strong>und</strong>esverband<br />

Kammerl Karl Bayerisches Staatsmin. für Arbeit <strong>und</strong> Soziales<br />

Kößler Melanie Deutsches Rotes Kreuz<br />

Krause-Trapp Ina Verband für anthroposophische Heilpädagogik<br />

Krömer Matthias BAGÜS<br />

Krüger Martina Ministerium für Soziales <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Lachwitz Klaus Lebenshilfe/ B<strong>und</strong>esvereinigung<br />

Lüsebrink Karin, Dr. Freie Hansestadt Bremen<br />

Makossa Ilona DPWV<br />

Nitsch-Boek Evelin Der Paritätische Sachsen-Anhalt<br />

Oster Sabine Ev. Diakonissenhaus Berlin Tltow LehninBrandenburg<br />

Otten Karin Evangelische Stiftung Alsterdorf<br />

Peiffer Stephan, Dr. Leben mit Behin<strong>der</strong>ung <strong>Hamburg</strong><br />

Reinert Monika BMAS<br />

BAG Selbsthilfe/ <strong>Hamburg</strong>er<br />

Richter Stephan LAG für behin<strong>der</strong>te Menschen<br />

Rohwer Kay-Gunnar Diakonisches Werk Schleswig-Holstein<br />

Sax-Eckes Ilka Kreuznacher Diakonie<br />

Schellenberg Eduard Paritätischer Wohlfahrsverband Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

Schoepffer Wolfgang, Dr. Sozialministerium Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

Schönberger Wolfgang Barmherzige Brü<strong>der</strong> Rilchingen<br />

Sennewald Cornelia MAGS Nordrhein Westfalen<br />

Landesamt für Soziales, Jugend <strong>und</strong> Versorgung,<br />

Spannagel Lutz<br />

Mainz<br />

Stoebe Ulrich Diakonie Himmelsthür - Hildesheim<br />

Tscheulin Ingo BSG <strong>Hamburg</strong><br />

Veser Max BSG <strong>Hamburg</strong><br />

Vinatzer Rupert B<strong>und</strong>esverb. Caritas Behin<strong>der</strong>tenhilfe <strong>und</strong> Psychiatrie<br />

Wierth Klaus Fachdienst Soziales Kreis Pinneberg/ Schl.-Holstein


36 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Zentrale Erkenntnisse <strong>und</strong> Thesen:<br />

• <strong>Konversion</strong> # Ambulantisierung<br />

- Durchlässigkeit zwischen den noch vorhandenen Systemen (a+s) muss möglich sein<br />

- ein bedarfsdeckendes Leistungsangebot (Assistenz, Lebensbegleitung <strong>und</strong> Wohnen)<br />

muss erhalten bleiben <strong>und</strong> weiterentwickelt werden<br />

(Stichwort: Lebensgemeinschaften)<br />

• Einheitliches Bedarfsfeststellungsverfahren<br />

- zentrale Steuerungsfunktion<br />

- Einbeziehung des Kontextes<br />

(z.B. Hintergr<strong>und</strong>“dienst“, Nachtwache, Nachtbereitschaft, Sozialraum, …)<br />

- vollwertiger Zugang zu den an<strong>der</strong>en Leistungssystemen<br />

- Finanzierungssystem <strong>der</strong> EGH muss diese Kontexte bei einem personenzentrierten<br />

Ansatz mit berücksichtigen<br />

- nach <strong>der</strong> Bedarfsfeststellung erfolgt die Klärung des jeweiligen Finanzierungsträgers<br />

• Umstellungsprozess ist mehrjährig<br />

• Flexible Übergänge für die Umstellungsphase vorsehen (für alle Beteiligten)<br />

• Maßnahmen zur Risikoabsicherung<br />

• Umstellungsprozess kann in den bestehenden Finanzierungssystemen erfolgen<br />

� Anpassung des SGB 9,12, … zur Optimierung erfor<strong>der</strong>lich<br />

• <strong>Konversion</strong> erfor<strong>der</strong>t Handlungsspielräume (bei allen beteiligten Akteuren)<br />

- die Freiheitsgrade für die Umsetzung auf Län<strong>der</strong>ebene müssen beibehalten werden<br />

(keine Einschränkungen durch das Gesetzgebungsverfahren).<br />

- regionale Kompetenzen vor Ort (Anbieter)…<br />

- Systemoffenheit für „Rückkehrer“<br />

Offene Fragen <strong>und</strong> Klärungsbedarfe:<br />

• muss die Umstellung zwingend kostenneutral erfolgen?<br />

• Kostenneutralität?<br />

• Budgetassistenz als eigenständige Leistung?<br />

• Gelingt parallel <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> Sozialraumorientierung<br />

• Anreizsysteme schaffen<br />

• Fehlanreize beseitigen<br />

• Personenzentriertes <strong>und</strong> kontextbezogenes Finanzierungssystem<br />

• Wirkungsorientierte Steuerung<br />

Konkrete Empfehlungen <strong>und</strong> Lösungsansätze zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> von <strong>Konversion</strong>sprozessen:<br />

Bereinigung <strong>der</strong> Unterscheidung zwischen stationär <strong>und</strong> ambulant


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 37<br />

Workshop 1/ Finanzierungsfragen<br />

Input: Karin Otten <strong>und</strong> Hanne Stiefvater (ESA)<br />

Rückblick<br />

• Sommer 2002 Eröffnung Apartmenthäuser<br />

• Herbst 2003 Eröffnung Alsterdorfer Markt<br />

• Finanzierung über BIMO 1998 - 2002<br />

• Karl-Witte-Haus<br />

• Carl-Koops-Haus<br />

Ambulantisierung<br />

• Zielvereinbarung ESA / BSG<br />

• Umwandlung von 400 stationären Plätzen<br />

• 2006 - 2008 Zahlung von Strukturausgleichsbeträgen<br />

• MP’s ambulantisiert z.T. höher als stationär<br />

Welche Kosten sind mit <strong>der</strong> Schaffung von individuellenWohnformen für Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung verb<strong>und</strong>en?<br />

• Finanzierung von Treffpunkten<br />

• Gestiegener Verwaltungsaufwand<br />

• Überzeugungsarbeit<br />

• Budgetassistenz<br />

• Qualifizierung <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeitenden<br />

Welche För<strong>der</strong>mittel können in Anspruch genommen werden?<br />

• För<strong>der</strong>programm <strong>der</strong> Aktion Mensch zur Dezentralisierung / Regionalisierung von<br />

Groß- <strong>und</strong> Komplexeinrichtungen<br />

• Basisför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Aktion Mensch: Aufbau von Unterstützungs- <strong>und</strong> Koordinationsstrukturen<br />

in den <strong>Hamburg</strong>er Bezirken zur Ambulantisierung von bisher stationär betreuten<br />

Plätzen sowie Netzwerker - Wege ins Quartier<br />

Was geschieht mit den Immobilien?<br />

• Aufgabe ungeeigneten eigenen Wohnraums<br />

• Aufgabe ungeeigneten angemieteten Wohnraums<br />

• Suche nach neuem, geeignetem, refinanzierbarem Wohnraum<br />

• Kooperation mit Investoren > Anmietung<br />

• Öffentlich geför<strong>der</strong>te Mietwohnung (FHH)<br />

• För<strong>der</strong>richtlinie Ankauf von Belegungsbindungen 2009 (WK)<br />

• För<strong>der</strong>richtlinie Barrierefreier Umbau 2010 (WK)<br />

• För<strong>der</strong>richtlinie Beson<strong>der</strong>e Wohnformen 2010 (WK)<br />

Erfolgreiche Kooperation mit einem Investor (Beispiel)<br />

1. Wie <strong>und</strong> von wem wird das Haus genutzt?<br />

• Stationär <strong>und</strong> ambulant unterstützte KlientInnen <strong>der</strong> ESA<br />

• Ältere Menschen, die nichts mit <strong>der</strong> ESA zu tun haben<br />

• Ambulante Wohn-Pflege-Gemeinschaft<br />

2. Ausstattung des Hauses<br />

3. <strong>För<strong>der</strong>ung</strong><br />

• KfW<br />

• WK<br />

• FHH<br />

• För<strong>der</strong>kreis <strong>der</strong> ESA<br />

4. Mietvertragskonstruktionen


38 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Fazit<br />

• Der Mangel an refinanzierbarem Wohnraum stellt immer noch ein großes Problem<br />

dar.<br />

• Der Wechsel von stationären zu ambulanten Unterstützungsformen ist mit enorm viel<br />

Überzeugungsarbeit auf seiten <strong>der</strong> Leistungsanbieter verb<strong>und</strong>en.<br />

• Erfolgreiche <strong>Konversion</strong> erfor<strong>der</strong>t ein professionelles Controlling <strong>und</strong> dezentrale Organisationsstrukturen<br />

mit vor Ort angesiedelter Budgetverantwortung.<br />

• Es gibt keine Alternative zur Schaffung von individuellen Wohnformen für Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen - die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig.<br />

Workshop 1/ Finanzierungsfragen<br />

Input: Max Veser, BSG<br />

1. Immobilien:<br />

- Eher „technisches“ bzw. kalkulatorisches Problem bei dezentralen Strukturen (HH)<br />

- Praxisprobleme:<br />

o Mietverträge<br />

o Abgrenzung Betriebskosten : EGH-Leistungen (Hausmeister, Reparaturen, Reinigung<br />

etc.)<br />

o KdU: Son<strong>der</strong>regelungen Mehrbedarf ggü. „normalen“ KdU-Fällen (Fläche, Mietobergrenzen,<br />

Gruppenwohnen (=je HV))<br />

2. Leistung:<br />

- Differenz zwischen st<strong>und</strong>ensatzfinanzierten Hilfen (PBW/WA) <strong>und</strong> tagessatzfinanzierten<br />

Hilfen (AWG)<br />

o AWG als „Zwischenlösung“ zwischen stationär <strong>und</strong> ambulant<br />

� Eher institutionsbezogen<br />

� Leistungsstandards in Wochenst<strong>und</strong>en (eher kalkulatorisch bestimmt)<br />

� Hintergr<strong>und</strong>dienste (Nachtdienste etc.) nicht gelöst<br />

� Bedarfsfeststellungsverfahren stationär (Metzler)<br />

� Daher: Probleme in <strong>der</strong> Abgrenzung bei Pflegebedarf (HH: nur Übergangslösung)<br />

� Kein hinreichendes Bedarfsfeststellungsverfahren<br />

� Positiv: Regionale Treffpunkte, zunehmend trägerübergreifend<br />

� Problem: Institutionelle Finanzierung lässt Ausgleich bei Bedarfsabweichungen zu,<br />

individuelle Finanzierung eher nicht bzw. schwieriger<br />

3. Finanzierung Leistungen AWG:<br />

- HHer Regelung: Maßnahmen(pauschale) nicht höher als stationäre MP<br />

o Unterschiedliche kalkulatorische Ansätze. Betreuungspersonal nach PK-Satz �<br />

aber keine einheitliche Bemessung <strong>der</strong> darüber hinausgehenden Kostenbestandteile.<br />

Im Ergebnis sehr einrichtungsorientiert.<br />

o I.d.R. keine Probleme im Vergleich GP+IB <strong>und</strong> HzL/Grusi + KdU (in <strong>der</strong> Summe)<br />

o Aber: Leistungsstandards AWG ca. 15% - 25% unter stationär, Preisstandards<br />

max. 10% unter stationär.<br />

o Differenz: Finanzierung Treffpunkte, Hintergr<strong>und</strong>dienste etc.????<br />

- Ganzheitliche Betrachtung <strong>der</strong> Kosten des SHTrägers:


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 39<br />

o Summe aus EGH-MP ambulant, HzL/Grusi + KdU i.d.R. gegenüber stationär ok.<br />

Vergleich tatsächlich schwierig <strong>und</strong> aufwändig.<br />

o Aber: Kombination mit Pflegeleistungen vielfach teurer (Ursache auch: geringe<br />

43a-Leistung stationär!) � finanzieller Mehrerlös für Träger möglich.<br />

4. Perspektive:<br />

- Einheitliches Bedarfsfeststellungsverfahren ohne Gruppenbildung (HBG)<br />

- Aufhebung kalkulatorischer Grenzen zwischen ambulant <strong>und</strong> stationär<br />

- Einheitliche Standards EGH:<br />

o Personenzentriert<br />

o Zeitbasiert (St<strong>und</strong>en)<br />

o Lebensfeldbezogene Module<br />

5. Fazit:<br />

Umstellung auf ambulante Hilfeformen kann innerhalb <strong>der</strong> bestehenden gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>und</strong> Finanzierungsstrukturen erfolgen.<br />

Prinzip:<br />

Die vorhandenen Bedarfe sind mit den vereinbarten Ressourcen insgesamt gedeckt.<br />

Die Systemumstellung als solche begründet keinen Mehrbedarf bei den Leistungsberechtigten.<br />

Ggf. sind Anreize in Form von Anschubfinanzierungen sinnvoll.


40 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Workshop 2: Personalmanagement<br />

Dieser Workshop musste wegen fehlen<strong>der</strong> Nachfrage lei<strong>der</strong> ausfallen.<br />

Workshop 3: Partizipation<br />

Impulse: Petra Voetmann (<strong>Hamburg</strong>er LAG für behin<strong>der</strong>te Menschen) <strong>und</strong><br />

Klaus Volke (Rauhes Haus <strong>Hamburg</strong>)<br />

Mo<strong>der</strong>ation: Britta Siemssen (ESA)<br />

Berichterstattung: Ute Winkelmann (BSG)<br />

Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer:<br />

Eckert Martin Leben mit Behin<strong>der</strong>ung <strong>Hamburg</strong>, Elternverein<br />

Hinzen Rainer Diakonie Stetten e.V.<br />

Jefimov Inge Sozialverband Deutschland<br />

Knöschke Peter Neinstedter Anstalten<br />

Lafrenz Nicola BMAS<br />

Siemssen Britta Evangelische Stiftung Alsterdorf<br />

Vieweg Barbara Deutscher Behin<strong>der</strong>tenrat<br />

Voetmann Petra Landesarbeitsgemeinschaft für behin<strong>der</strong>te Menschen <strong>Hamburg</strong> e.V.<br />

Volke Klaus Rauhes Haus <strong>Hamburg</strong><br />

Winkelmann Ute BSG <strong>Hamburg</strong><br />

Wittland Wolfgang Ev. Stiftung Hephata Wohnen GmbH<br />

Zentrale Erkenntnisse <strong>und</strong> Thesen:<br />

• Partizipationsprozesse finden auf unterschiedlichen Ebenen statt:<br />

- im Alltagsleben,<br />

- bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> eigenen Lebenswelt (Selbstbestimmung <strong>und</strong> Eigenverantwortung),<br />

- politische Partizipation (Einfluss auf Strukturen)<br />

• Partizipation bedeutet Qualitätsgewinn (Voraussetzung zur Teilhabe an Prozessen im<br />

Sozialraum)<br />

• Mitarbeiterpartizipation ist Voraussetzung für Partizipation von Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzern<br />

• Gesetzliche Voraussetzungen für Partizipation sind vorhanden – es kommt in erster Linie<br />

auf die konkrete Umsetzung an<br />

• Weiterentwicklung <strong>der</strong> gesetzlichen Normen am Maßstab <strong>der</strong> UN-Konvention<br />

• Partizipation braucht Ressourcen<br />

Offene Fragen <strong>und</strong> Klärungsbedarfe:<br />

• Zentral: Wie kann <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> gemeinsam gestaltet werden?<br />

Konkrete Empfehlungen <strong>und</strong> Lösungsansätze zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> von <strong>Konversion</strong>sprozessen:<br />

• Verlässliche Strukturen, die Informations-, Beratungs- <strong>und</strong> Kommunikationsstrukturen<br />

zur Beteiligung sicherstellen


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 41<br />

• Unabhängige Beratungs- <strong>und</strong> Assistenzstrukturen entwickeln (losgelöst von Trägern,<br />

Angehörigen/ ges. Betreuern, Kostenträgern) – neue Konzepte, Einbeziehung von Bürgerarbeit/<br />

Freiwilligenarbeit<br />

• Wirksame Kommunikationsmethoden anwenden <strong>und</strong> weiterentwickeln für alle Ebenen<br />

<strong>der</strong> Partizipation - insbeson<strong>der</strong>e für Menschen mit hohem Hilfebedarf<br />

• Schwerpunkt bei <strong>der</strong> Personalentwicklung: Mitarbeiterschulungen mit dem Ziel verbesserter<br />

Partizipation<br />

• Einbeziehung <strong>der</strong> Strukturen <strong>der</strong> Selbstvertretung bei <strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen/<br />

Rahmenvereinbarungen <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong>


42 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Workshop 3/ Partizipation<br />

Input: Petra Voetmann, LAG <strong>Hamburg</strong><br />

Partzipation an politischen Entscheidungsprozessen<br />

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen sollen die Möglichkeit haben,<br />

„aktiv an Entscheidungsprozessen über politische Konzepte<br />

<strong>und</strong> über Programme mitzuwirken, insbeson<strong>der</strong>e wenn diese<br />

sie unmittelbar betreffen“.<br />

(Präambel)<br />

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen<br />

„Bei <strong>der</strong> Ausarbeitung <strong>und</strong> Umsetzung von Rechtsvorschriften<br />

<strong>und</strong> politischen Konzepten zur Durchführung dieses<br />

Übereinkommens <strong>und</strong> bei an<strong>der</strong>en Entscheidungsprozessen<br />

in Fragen, die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen betreffen, führen<br />

die Vertragsstaaten mit den Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen (...)<br />

über die sie vertretenden Organisationen enge Konsultationen<br />

<strong>und</strong> beziehen sie aktiv ein.“<br />

(Artikel 4 Allgemeine Verpflichtungen)<br />

Partizipation, Wahlfreiheit, Interessenvertretung in neuen Wohnformen<br />

<strong>Hamburg</strong>isches Wohn- <strong>und</strong> Betreuungsqualitätsgesetz<br />

Beratung, Information, Transparenz als Gr<strong>und</strong>lage für<br />

selbstbestimmte Entscheidungen <strong>der</strong> Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzer<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an Wohngemeinschaften (§ 9):<br />

Selbstorganisation <strong>der</strong> Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzer<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an Dienste <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe (§ 25):<br />

Dienste unterstützen gemeinsame Interessenvertretung von<br />

Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzern im Stadtteil<br />

Das „Konsenspapier“ – Vereinbarungen im Vorfeld des <strong>Hamburg</strong>er<br />

Ambulantisierungsprogramms


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 43<br />

• Hohe Priorität des Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrechts behin<strong>der</strong>ter Menschen bei <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hilfeform<br />

• Im gesetzlichen Rahmen Freiwilligkeit beim Wechsel zwischen verschiedenen<br />

Betreuungsformen<br />

• Beteiligung betroffener Menschen <strong>und</strong> ggf. rechtlicher Betreuer an <strong>der</strong> Planung<br />

<strong>und</strong> Umsetzung von Verän<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />

Wo Partizipation beginnen kann – Interessenvertretungen von Nutzerinnen <strong>und</strong><br />

Nutzern neuer Wohnformen<br />

Arbeitsweise:<br />

Zurzeit: überwiegend trägerbezogen<br />

Wünschenswert: Entwicklung hin zu stadtteilorientierter,<br />

trägerübergreifen<strong>der</strong> Interessenvertretung<br />

Wenn die „Wahlfreiheit“ nicht „ankommt“,… - Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />

Beratungsarbeit<br />

Wahrnehmung vieler Ratsuchen<strong>der</strong>: Nicht sie selbst, son<strong>der</strong>n<br />

Anbieter / Kostenträger entscheiden über ihre zukünftige Wohnsituation.<br />

Große Skepsis gegenüber den Verän<strong>der</strong>ungen bei vielen Angehörige / rechtlichen<br />

Betreuerinnen <strong>und</strong> Betreuern<br />

Partizipation ergibt sich nicht von selbst<br />

Es braucht:<br />

• Geeignete Strukturen,<br />

• Vernetzung,<br />

• personelle Unterstützung<br />

Wie kann Partizipation aussehen?<br />

Partizipation von Anfang an – Beteiligung von Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzern an <strong>der</strong> Entwicklung<br />

neuer Konzepte<br />

Forum für Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzer schaffen, das ihnen ermöglicht,<br />

• sich mit aktuellen Themen auseinan<strong>der</strong>zusetzen,<br />

• Positionen zu aktuellen Fragestellungen zu entwickeln<br />

Wie kann Partizipation aussehen<br />

• Einbindung in bestehende Selbsthilfestrukturen<br />

• Regelmäßiger Austausch mit an Gestaltungsprozessen beteiligten Akteuren<br />

• Unterstützte Mitwirkung von Nutzervertretern in Verhandlungsgremien<br />

Workshop 3/ Partizipation<br />

Input: Klaus Volke, Rauhes Haus, <strong>Hamburg</strong><br />

Politische Partizipation im Stiftungsbereich Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />

des Rauhen Hauses<br />

Patizipation<br />

• aus dem lateinischen particeps (teilhabend)<br />

• Teilhabe <strong>und</strong> Teilnahme<br />

• Unterschieden werden politische <strong>und</strong> soziale Partizipation


44 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Soziale Partizipation<br />

• Teilhabe an <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

• Eingeb<strong>und</strong>ensein von Menschen in gesellschaftliche Zusammenhänge<br />

• Verbindung mit dem Integrations- <strong>und</strong> dem Inklusionsbegriff/ Sozialraumorientierung<br />

Politische Partizipation<br />

• Spezielle Form sozialer Teilhabe<br />

• Aktive Teilhabe an Entscheidungsprozessen, die die eigene Lebenswelt beeinflussen<br />

• alle gesellschaftlichen Bereiche<br />

• über Rechte/ Instrumente/ Verfahren geregelte Beziehungen zwischen Entschei<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> Betroffenen<br />

Politische Partizipation erfolgt über<br />

• Qualitätsentwicklung<br />

-> Strukturen<br />

-> Gremien<br />

-> Verfahren<br />

• das pädagogische Handeln<br />

Voraussetzungen:<br />

• Mitarbeiter-Partizipation<br />

• Partizipationsverständnis <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

Politische Partizipation <strong>der</strong> Mitarbeiter – Gremien <strong>und</strong> Verfahren<br />

Mitarbeiterbefragung<br />

Alle 2 Jahre<br />

Dienstbesprechung<br />

1-4 Wochen<br />

Leitung<br />

Personal<strong>und</strong><br />

Qualitätsentwicklung<br />

Mitarbeiterqualitätszirkel<br />

¼-jährlich<br />

Mitarbeiter<br />

AGs<br />

(z.B. Konzeptentwicklung)<br />

Aktuelle St<strong>und</strong>e<br />

½-jährlich<br />

MAV


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 45<br />

Politische Partizipation <strong>der</strong> Klienten – Gremien <strong>und</strong> Verfahren<br />

Beschwerdemanagement<br />

Prozessbegleiter<br />

Betreuungskonferenz<br />

jährlich<br />

Leitung<br />

Personal<strong>und</strong><br />

Qualitätsentwicklung<br />

Klientenbefragung<br />

Alle 2 Jahre<br />

Klienten<br />

Klientenqualitätszirkel<br />

jährlich<br />

Beiräte<br />

4 Wochen<br />

Bewohner-/Mieterbesprechung<br />

1-4 Wochen


46 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Workshop 4: Kooperation im Sozialraum<br />

Impulse: Ina Achilles <strong>und</strong> Hanne Stiefvater (beide ESA)<br />

Mo<strong>der</strong>ation: Axel Georg-Wiese (BSG)<br />

Berichterstattung: Dunja Wörthmann, ESA<br />

Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer:<br />

Achilles Ina ESA<br />

Anna Petra Sozialministerium Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

Flemming Lothar Dezernat Soziales, Integration - LVR<br />

Freitag Jutta Landeswohlfahrsverband Hessen<br />

Georg-Wiese Axel BSG <strong>Hamburg</strong><br />

Heck Michael Kommunalverband für Jugend <strong>und</strong> Soz.(BaWü)<br />

Lapp Gabriele Dezernat Soziales, Integration - LVR<br />

Lohest Klaus Peter MASGFF Rheinland-Pfalz<br />

Petermann Elke MASFF Brandenburg<br />

Regensburger Christiane BAG-Selbsthilfe<br />

Richard Robert Min. für Ges. <strong>und</strong> Soziales, Sachsen-Anhalt<br />

Richter Stephan LAG <strong>Hamburg</strong><br />

Schmidt-Ohlemann Matthias, Dr. Kreuznacher Diakonie<br />

Schnei<strong>der</strong> Gabriele Nie<strong>der</strong>-Ramstaedter Diakonie<br />

Stamm Christof MAGS Nordrhein Westfalen<br />

Stiefvater Hanne ESA<br />

Witte Astrid Amt für Familie u.Soziales, Kiel<br />

Woerthmann Dunja Evangelische Stiftung Alsterdorf<br />

Zinke Claudia BAGFW<br />

Zentrale Erkenntnisse <strong>und</strong> Thesen:<br />

• Sozialraum muss aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden<br />

- bedarf einerseits planerischer Struktur <strong>und</strong> Größe<br />

- bezieht alle Einwohner ein<br />

- es gibt einen individuellen Sozialraum, aber auch einen Urbanität betreffenden<br />

- Gestaltung des Sozialraums kann nicht standardisiert werden<br />

• Aufgabe <strong>der</strong> Professionellen verän<strong>der</strong>t sich<br />

• Bürger mit <strong>und</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ung engagieren sich eher bei Win-Win Situation<br />

• man muss den Menschen mit <strong>und</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ung Zeit geben, wie<strong>der</strong> aufeinan<strong>der</strong> zuzugehen<br />

• Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung brauchen ggf. Assistenz, um sich den Sozialraum zu erschließen<br />

• Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung entdecken Interessensräume für sich <strong>und</strong> gestalten sie für<br />

sich<br />

• Sozialraum funktioniert zielgruppen- <strong>und</strong> trägerübergreifend


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 47<br />

Offene Fragen <strong>und</strong> Klärungsbedarfe:<br />

• welche Professionalität braucht es eigentlich? Netzwerker <strong>und</strong> Verkuppler o<strong>der</strong> Enabler -<br />

muss es eine akademische Qualifikation sein o<strong>der</strong> braucht es gar keine spezifische Ausbildung?<br />

(kann dies auch von Bürgern geleistet werden?)<br />

• wie verän<strong>der</strong>t sich die Aufgabe <strong>der</strong> Professionellen?<br />

• Anreize zur Kooperation, wie kann Vernetzung vor Ort geför<strong>der</strong>t werden (praktisch, finanziell<br />

<strong>und</strong> strukturell)?<br />

• Braucht es Indikatoren für sozialräumliches Arbeiten?<br />

Konkrete Empfehlungen <strong>und</strong> Lösungsansätze zur <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> von <strong>Konversion</strong>sprozessen:<br />

• Finanzierung von Sozialraumarbeit gehört aus <strong>der</strong> Einzelfallfinanzierung heraus<br />

• Umsteuerung (Finanzierung, die fachliche Orientierung, Überwindung von Zielgruppenspezifika)<br />

muss erfolgen<br />

• Beteiligung aller Akteure (z.B. Zukunftswerkstatt)<br />

• Zielvereinbarungen / Rahmenvereinbarungen sind hilfreich – Sozialraumentwicklung als<br />

integraler / struktureller Bestandteil ist mitzudenken<br />

• Mut zu Modellen, zum Einstieg<br />

• Passgenaue bis hin zu hochspezialisierten Angeboten müssen im Sozialraum verfügbar<br />

organisiert werden<br />

• Der Sozialraum braucht Begegnungsmöglichkeiten, um soziales Handeln zu<br />

ermöglichen (Treffpunkte, Bürgerzentren)


48 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Workshop 4/ Sozialraum<br />

Input: Ina Achilles <strong>und</strong> Hanne Stiefvater (ESA)<br />

1. Verständnis vom Sozialraum<br />

2. Impulse aus <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Stützpunktarbeit<br />

3. Aufgabe <strong>der</strong> Treffpunkte<br />

4. Ergebnisse <strong>der</strong> Treffpunktarbeit<br />

5. Anfor<strong>der</strong>ung an Personal <strong>und</strong> Organisation<br />

6. Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Theorie, Aufsätze <strong>und</strong> Erfahrungen aus <strong>der</strong> Jugendhilfe, Gemeindepsychiatrie<br />

<strong>und</strong> Altenhilfe<br />

Budde / Früchtel: Sozialraumorientierung als integrieren<strong>der</strong> Ansatz unterschiedlicher<br />

sozialarbeiterischer Handlungskonzepte<br />

SONI-Schema: Sozialstruktur, Organisation, Netzwerk, Individuum<br />

Hinte, Wolfgang: Fallarbeit <strong>und</strong> Lebensweltgestaltung<br />

Gemeindepsychiatrie<br />

Reinhard Peukert<br />

Qualität in <strong>der</strong> Gemeindepsychiatrie:<br />

Existenz großer Kliniken enthält Drohgebärde, die auf Normalität konditioniert aufsuchende<br />

Psychiatrie, die in die Gemeinde geht, als Ergebnis<br />

Altenhilfe<br />

Klaus Dörner: Leben <strong>und</strong> Sterben wo ich hingehöre<br />

Sprung in das neue Hilfesystem Dritter Sozialraum: Nachbarschaftshilfe<br />

Dörner „die Altenhilfe ist am weitesten, sie weiß es nur nicht“<br />

(in Dissertation: Kai-Uwe Schablon)<br />

Behin<strong>der</strong>tenhilfe Evangelische Stiftung Alsterdorf (ESA)<br />

„Es handelt sich demnach um eine Arbeitsweise, die sich mit den individuellen Lebenswelten<br />

unserer Klienten, aber gleichwohl mit dem Gemeinwesen innerhalb eines<br />

Stadtteils o<strong>der</strong> Bezirks befasst.<br />

Die ESA sieht sich hier zugleich als eine Institution, die in <strong>der</strong> Lage ist, die vorhandenen<br />

strukturellen, wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Ressourcen <strong>der</strong> Bürger <strong>und</strong> <strong>der</strong> im<br />

Stadtteil agierenden Akteure zu nutzen, zu mobilisieren <strong>und</strong> zu inkludierenden Ressourcen<br />

weiterzuentwickeln. Zum an<strong>der</strong>en ist es ihr aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> vielseitigen Ausrichtung<br />

ihrer Angebote <strong>und</strong> des bereits vorhandenen Wissens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kapazitäten<br />

auch möglich, neue Ressourcen aufzubauen.“<br />

(Auszug Sozialraumkonzept, Kapitel 1.3)<br />

Impulse aus <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Stützpunktarbeit 2005:<br />

„Die ESA übernimmt für die ambulantisierten Leistungen die Stützpunktbetreuung<br />

<strong>und</strong> wird ein entsprechendes Konzeptentwickeln“ Ausgangssituation<br />

Aufgaben <strong>der</strong> Treffpunkte<br />

Individuelle Ebene Begegnungsmöglichkeiten von Menschen mit <strong>und</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ung<br />

organisieren <strong>und</strong> beför<strong>der</strong>n<br />

• Begleitung <strong>und</strong> Befähigung <strong>der</strong> BürgerInnen zum/im gegenseitigen<br />

Umgang<br />

• Ressourcen bündeln – Beför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hilfe zur Selbsthilfe


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 49<br />

• Verlässliche <strong>und</strong> tragfähige Netzwerke aufbauen<br />

Übergreifende Ebene<br />

• Initiierung von Interessengruppen zur Stärkung <strong>der</strong> Selbstvertretung<br />

<strong>und</strong> zur Einflussnahme im Stadtteil<br />

• Entwicklung <strong>der</strong> Freiwilligenarbeit<br />

• Zielgruppenübergreifende Arbeit <strong>und</strong> trägerübergreifende Zusammenarbeit<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Treffpunktarbeit<br />

• 14 Treffpunkte in verschiedenen Stadtteilen (von ESA angemietet,<br />

o<strong>der</strong> in Kooperation, o<strong>der</strong> in bestehenden Stadtteilzentren) angepasst<br />

an die jeweilige Situation vor Ort<br />

• In Zusammenarbeit mit dem Bereich Bildung <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

Kooperationspartner im Stadtteil<br />

• Bildung von Interessengruppen (Mietberatung, Mädchen - Singstar;<br />

Jungs - Fussball, Senioren)<br />

• Organisierte Aktivitäten von Menschen mit <strong>und</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ung<br />

(Treffpunktprogramm ca. 200 pro Treffpunkt regelmäßig erreicht)<br />

• Fortbildungsprogramm „Gerechtigkeit“ für alle zur UN-Konvention<br />

• Stadtteilerk<strong>und</strong>ungen zur Barrierefreiheit<br />

• Besuche von Stadtteilkonferenzen, Bürgerinitiativen<br />

• gemeinsame Planung von Programmen mit an<strong>der</strong>en Trägern<br />

• Interkulturelle Begegnungen<br />

Anfor<strong>der</strong>ung an Personal <strong>und</strong> Organisation<br />

• Professionalität im Bereich <strong>der</strong> Quartiersarbeit z.B. Methodenkompetenz<br />

– Sozialraumanalyse, aktivierende Befragung<br />

• Generalist <strong>und</strong> Erfahrungen im sozialen Bereich – Sicherheit geben<br />

• Kontaktfreudig <strong>und</strong> Menschen zusammenbringen können<br />

• Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung durchführen<br />

• Verbindliche Strukturen <strong>und</strong> Abläufe abstimmen – Personaleinsatz,<br />

Regionalkreise<br />

• In die Strategie des Unternehmens einbinden <strong>und</strong> regelmäßig Ergebnisse<br />

reflektieren <strong>und</strong> nachsteuern<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

• Finanzierung <strong>der</strong> „Feldarbeit“<br />

• Strukturierter Aufbau von Kooperationen<br />

• Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf<br />

• Qualifikation von Professionellen<br />

Der Weg ist klar<br />

Neue Erfahrungen auf allen Ebenen sind gemacht<br />

Weichen sind gestellt<br />

Zwischenetappe ist erreicht<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


50 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Stellungnahmen zu den Workshop-Ergebnissen<br />

Barbara Vieweg (Deutscher Behin<strong>der</strong>tenrat)<br />

• Die Behin<strong>der</strong>tenhilfe in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik ist stark von stationären <strong>Einrichtungen</strong> geprägt<br />

<strong>und</strong> hohe Hilfe- <strong>und</strong> Unterstützungsbedarfe führen fast zwangsläufig zu <strong>stationärer</strong> Unterbringung.<br />

• „Eine ambulante Leistungserbringung muss gr<strong>und</strong>sätzlich allen Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

offen stehen. Dies gilt auch dann, wenn <strong>der</strong> hiermit verb<strong>und</strong>ene Aufwand sehr hoch<br />

ist. Ein Verweisen einzelner Personengruppen auf die stationäre Versorgung aus Kostengründen<br />

wäre mit <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention nicht vereinbar <strong>und</strong> wird vom<br />

Deutschen Behin<strong>der</strong>tenrat abgelehnt.“ (For<strong>der</strong>ungen zur Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

nach <strong>der</strong> B<strong>und</strong>estagwahl, Deutscher Behin<strong>der</strong>tenrat 2009) Ein solches Vorgehen stellt eine<br />

Menschenrechtsverletzung dar.<br />

• Selbstbestimmung <strong>und</strong> ein umfassen<strong>der</strong> Bedarf an Persönlicher Assistenz sind keine Gegensätze,<br />

Selbstbestimmung bedeutet nicht Unabhängigkeit (Unabhängigkeit von Hilfen),<br />

son<strong>der</strong>n den Rechtsanspruch auf Assistenz.<br />

• Ein Prozess <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> muss gesteuert werden durch:<br />

1. den Aufbau eines flächendeckenden ambulanten Dienstleistungsangebotes, dies entwickelt<br />

sich nicht von selbst, das haben die bisherigen Erfahrungen mit dem Persönlichen<br />

Budget eindrucksvoll bewiesen;<br />

2. die gleichzeitige Ausgestaltung eines inklusiven Sozialraumes;<br />

3. die Stärkung des Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrechtes, dass sich nicht auf die „Wahl“ zwischen<br />

stationären <strong>und</strong> ambulanten Angeboten beschränkt, ein leistungsfähiger ambulanter<br />

<strong>und</strong> wohnortnaher Dienstleistungssektor ermöglicht auch die Wahl zwischen unterschiedlichen<br />

ambulanten Angeboten;<br />

4. verlässliche Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsangebote, die für einen <strong>Konversion</strong>sprozess<br />

unerlässlich sind <strong>und</strong> den Schlüssel zur einem erfolgreichen Prozess darstellen;<br />

5. Verlässliche Rahmenbedingungen in einer stationären Einrichtung, in <strong>der</strong> die Leistungen<br />

wie aus einer Hand kommen, müssen auch bei individuellen Wohnformen gegeben<br />

sein. „Da die Kostenträger in <strong>der</strong> Regel die Kosten nur für relativ kurze Zeiträume<br />

übernehmen, müssen häufig Anträge (Gr<strong>und</strong>sicherung, Einglie<strong>der</strong>ungshilfe, Wohngeld<br />

u. a.) gestellt werden. Dies hat eine hohe Arbeitsbelastung für die Berufsbetreuer zur<br />

Folge. Gerade, wenn es um die monatlichen Betreuungsst<strong>und</strong>en im ambulanten Bereich<br />

geht, wird mit dem Kostenträger bei jedem Antrag um den Erhalt <strong>der</strong> St<strong>und</strong>enzahl<br />

gerungen.“ (Konzept zur <strong>Konversion</strong> von Komplexeinrichtungen in <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe - Eine Handreichung<br />

für Mitgliedsorganisationen des B<strong>und</strong>esverbands evangelischer Behin<strong>der</strong>tenhilfe e.V., 2008, S. 9)<br />

6. die ausreichende Unterstützung in allen Lebensbereiche behin<strong>der</strong>ter Menschen im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe, wie sog. Freizeitassistenz, Elternassistenz <strong>und</strong><br />

Schulassistenz<br />

• „Das neue System <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe muss personenzentrierte Leistungen beinhalten.<br />

Die individuellen Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsch <strong>der</strong> Leistungsberechtigten müssen berücksichtigt<br />

werden, insbeson<strong>der</strong>e auch, soweit sie sich auf die Gestaltung menschlicher<br />

Beziehungen <strong>und</strong> persönlicher Lebensräume richten.“ (DBR)<br />

• Sämtliche Teilhabeleistungen müssen unabhängig vom Einkommen <strong>und</strong> Vermögen geleistet<br />

werden. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland <strong>und</strong> das<br />

Forum selbstbestimmte Assistenz führen aus diesem Gr<strong>und</strong> eine Kampagne für ein einkommens-<br />

<strong>und</strong> vermögensunabhängiges Gesetz zur Sozialen Teilhabe durch.<br />

• Alle am <strong>Konversion</strong>sprozess Beteiligten, die behin<strong>der</strong>ten Menschen, <strong>der</strong>en Angehörige,<br />

die Einrichtungsträger <strong>und</strong> die Rehabilitationsträger müssen lernen ambulant zu denken,<br />

um die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> UN-Konvention umzusetzen:


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 51<br />

„Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen sind im Hinblick auf die Wahl ihres Wohnortes die gleichen<br />

Optionen zu eröffnen wie an<strong>der</strong>en Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern. Dabei ist das notwendige<br />

Unterstützungsangebot so zu gestalten, dass diese Option wahrgenommen werden<br />

kann.“(DBR)<br />

„Die Hilfe muss also <strong>der</strong> gewählten Wohnform folgen <strong>und</strong> nicht umgekehrt.“ (Andreas Jürgens)<br />

• In Bezug auf die erfor<strong>der</strong>liche Umgestaltung <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe bestehen eine Reihe<br />

von Ängsten <strong>und</strong> Befürchtungen:<br />

1. Behin<strong>der</strong>te Menschen, gerade mit einem sehr hohen Bedarf an Hilfe bzw. Persönlicher<br />

Assistenz, könnten ohne stationäre Angebote nicht ausreichend versorgt werden:<br />

Niemand muss in einem (Wohn-) Heim leben, wenn er o<strong>der</strong> sie es nicht will. Erst wenn<br />

dieser Anspruch eingelöst ist, ist die UN-Konvention in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik umgesetzt.<br />

Hier müssen die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung aktiv einbezogen werden. Der Gr<strong>und</strong>satz<br />

„Nichts über uns ohne uns“, muss auch hier <strong>und</strong> gerade hier gelten. So persönliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse wie die Än<strong>der</strong>ung des Lebensmittelpunktes dürfen nicht ohne<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Zustimmung behin<strong>der</strong>te Menschen erfolgen. Behin<strong>der</strong>te Menschen<br />

sind von <strong>der</strong> zum Teil sehr polemischen Debatte verunsichert, ein „Das versteht ihr<br />

nicht“ – gab es hier nicht geben.<br />

2. Die Auflösung <strong>der</strong> <strong>Einrichtungen</strong> vernichtet Arbeitsplätze, die Arbeitsbedingungen werden<br />

prekärer:<br />

Der Hilfe- bzw. Assistenzbedarf behin<strong>der</strong>ter Menschen verschwindet nicht mit den stationären<br />

Angeboten. Die Assistenz im eigenen Haushalt ist von an<strong>der</strong>en, wesentlich<br />

individuelleren, Rahmenbedingungen, gekennzeichnet. Fachkräfte in <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />

müssen hier ihren Paradigmenwechsel von <strong>der</strong> Fürsorge zur Selbstbestimmung<br />

vollziehen. Noch immer werden die Potentiale <strong>der</strong> Unterstützung im eigenen Lebensumfeld<br />

nicht ansatzweise geför<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n durch die starren Regelungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung<br />

<strong>und</strong> hohe Hürde für die Abrechnung <strong>der</strong> Persönlichen Assistenz unnötig<br />

<strong>und</strong> unmöglich erschwert.<br />

3. Derartige Bestrebungen dienten vor allem <strong>der</strong> Kosteneinsparung<br />

Allen Überlegungen <strong>und</strong> Versuchen <strong>der</strong> Sozialhilfeträger, Leistungen aus Kostengründen<br />

zu kürzen, einzuschränken <strong>und</strong> o<strong>der</strong> zu versagen sind gefährlich <strong>und</strong> stellen für<br />

die konkret betroffenen behin<strong>der</strong>ten Menschen eine existentielle Gefährdung dar. An<br />

dieser Stelle stehen uns in den kommenden Jahren entscheidende Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

bevor. Die Selbstbestimmung för<strong>der</strong>n zu wollen, wie dies immer wie<strong>der</strong> behauptet<br />

wird <strong>und</strong> den Anspruch auf die erfor<strong>der</strong>lichen Leistungen einzuschränken ist<br />

Wi<strong>der</strong>spruch in sich.<br />

Soweit meine Ausführungen, die ich vorbereitet hatte <strong>und</strong> jetzt nur ganz kurz etwas zu den<br />

Berichten aus den Arbeitsgruppen, die ich mir gerade notiert hatte.<br />

Das ASMK Papier legt ja Wert darauf, dass die Unterscheidung zwischen ambulant <strong>und</strong> stationär<br />

zukünftig nicht mehr stattfinden wird, son<strong>der</strong>n man redet von Fachmaßnahmen <strong>und</strong><br />

das wurde auch in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Kostenfragen aufgegriffen. Davon ausgehend ergibt<br />

sich die Frage, wie hängen Fachmaßnahmen <strong>und</strong> Kostenaspekte zusammen, wie ordnet<br />

sich das Argument <strong>der</strong> Zumutbarkeit dabei ein? Die Zumutbarkeit stellt ja bisher noch ein<br />

Instrument dar, um stationäre Hilfe zu verhin<strong>der</strong>n, wenn sie nicht zumutbar ist. Welche Rolle<br />

spielt nun die Aufhebung <strong>der</strong> Unterscheidung zwischen ambulant <strong>und</strong> stationär für den <strong>Konversion</strong>sprozess?<br />

Dann hatte ich es schon gesagt, ich will es aber trotzdem noch mal hervorheben, Budgetassistenz<br />

<strong>und</strong> Budgetunterstützung sind notwendig, wenn wirkliche Effekte für ein inklusives<br />

Gemeinwesen erzielt werden sollen. Kostenneutralität wie sie von den Rehabilitationsträgern<br />

gefor<strong>der</strong>t wird, darf nicht als Begründung dafür herhalten, um Investitionen in die Entwicklung


52 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

einer ambulanten Dienstleistungsstruktur zu verhin<strong>der</strong>n. Ohne Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsangebote<br />

kann <strong>der</strong> Anspruch auf <strong>Konversion</strong> nicht eingelöst werden.<br />

Zum Schluss noch eine Bemerkung zum Workshop 4 „Kooperation im Sozialraum“. Natürlich<br />

kann <strong>der</strong> Sozialraum nicht standardisiert werden, es ist ja eine furchtbare Vorstellung, wir<br />

würden alle in den gleichen Städten leben. Wenn ich es aber umkehre, kann ich sagen,<br />

Barrierefreiheit ist ein Standard, dieser Standard sollte in allen individuell sehr verschiedenen<br />

Stätten umgesetzt werden.<br />

Klaus Peter Lohest (Ministerium für Arbeit, Soziales, Ges<strong>und</strong>heit, Familie <strong>und</strong> Frauen,<br />

Rheinland Pfalz)<br />

Klaus Peter Lohest, Leiter <strong>der</strong> Abteilung Soziales im Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Frauen Rheinland-Pfalz:<br />

Zu Beginn will ich darstellen, wie sich die Arbeit in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe, „Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe“ gestaltet. Ich bin immer wie<strong>der</strong> überrascht, wie es uns<br />

gelingt, eine Einigkeit in den entscheidenden Fragen zu erzielen. Wir arbeiten jetzt seit drei<br />

Jahren sehr intensiv an Eckpunkten. Aus Sicht <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ist es jetzt notwendig, dass das<br />

BMAS nach <strong>der</strong> ASMK im November 2010 einen Gesetzentwurf erstellt. Die Län<strong>der</strong> haben<br />

dazu das Angebot unterbreitet, daran mitzuarbeiten. Geschieht das nicht, werden sich die<br />

Län<strong>der</strong> überlegen müssen, wie sie weiter vorgehen. Die Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe betrifft<br />

die Län<strong>der</strong> in beson<strong>der</strong>em Maße, weil sie gemeinsam mit den Kommunen die Hauptfinanziers<br />

sind <strong>und</strong> daher auch unter den Schwächen <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen gesetzlichen Regelungen<br />

am meisten mit zu leiden haben.<br />

Der Finanzaspekt ist die eine Seite <strong>der</strong> Medaille, die an<strong>der</strong>e ist, dass die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> VN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

angepasst werden muss. Sie muss sich von einem institutionengeprägten System zu einem<br />

personenzentriertem umwandeln. Darüber gibt es, wie gesagt, einen Konsens <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>,<br />

alle Beschlüsse <strong>der</strong> Arbeits- <strong>und</strong> Sozialministerkonferenz wurden einstimmig gefasst – <strong>und</strong><br />

das ist nicht durch Formelkompromisse gelungen. Vielmehr enthalten die Empfehlungspapiere<br />

zum Teil sehr detaillierte Vorschläge für eine Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe.<br />

In diesem Jahr arbeiten wir schwerpunktmäßig an sechs Begleitprojekten, davon ist diese<br />

Tagung eines. Die Ergebnisse werden wir <strong>der</strong> ASMK berichten. Soviel zunächst zum ASMK-<br />

Prozess. Mein Wunsch ist, dass es uns gelingt, diesen Prozess ohne Parteienstreit zu Ende<br />

zu führen.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 53<br />

Zu den Punkten, die die Arbeitsgruppen bearbeitet haben, möchte ich wie folgt Stellung<br />

nehmen:<br />

Die Arbeitsgruppe Finanzierungsfragen hat das Bedarfsfeststellungsverfahren angesprochen.<br />

Das ist Thema eines weiteren ASMK-Begleitprojektes. Unser Ziel ist kein b<strong>und</strong>esweit<br />

normiertes einheitliches Verfahren. Dafür haben wir zu unterschiedliche Ausgangssituationen.<br />

Wir wollen Rahmenbedingungen festlegen. Dazu gehört, dass es – ausgehend vom<br />

Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrecht <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Menschen – einen partizipativen Prozess zur Feststellung<br />

<strong>und</strong> Festlegung <strong>der</strong> Bedarfe geben soll. Zum Zweiten muss dieser Prozess gesteuert<br />

werden. Wir als Län<strong>der</strong> meinen, dass die zuständigen Leistungsträger das übernehmen<br />

sollten. Die Leistungserbringer sehen das an<strong>der</strong>s, weil sie die Befürchtung haben, dass <strong>der</strong><br />

Prozess unter finanziellen Gesichtspunkten gesteuert wird <strong>und</strong> die Bedarfe <strong>der</strong> Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen in den Hintergr<strong>und</strong> rücken könnten. Für mich ist das Ausdruck eines<br />

Misstrauens, das wir überwinden müssen.<br />

Als weiteres Ergebnis führt die Arbeitsgruppe auf: „Einbeziehung des Kontextes“. Darunter<br />

steht „zum Beispiel Hintergr<strong>und</strong>dienst, Nachtwache, Nachtbereitschaft, Sozialraum“. Das<br />

erinnert mich an die Diskussion, die wir in Rheinland-Pfalz über den Rahmenvertrag nach<br />

§ 79 SGB XII führen. Aktuell geht es da auch um Kostenbestandteile, wie Nachtwachen <strong>und</strong><br />

Nachtbereitschaften. Die klaren Ziele des Landes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kommunalen Spitzenverbände<br />

sind, dass wir<br />

• erstens eine einheitliche landeseinheitliche Gr<strong>und</strong>pauschale wollen, die sich an <strong>der</strong> Hilfe<br />

zum Lebensunterhalt orientiert,<br />

• zweitens einrichtungsindividuelle Investitionskosten, die den Kosten <strong>der</strong> Unterkunft entsprechen,<br />

<strong>und</strong><br />

• drittens personenzentrierte Maßnahmekosten, keine Pauschalen, son<strong>der</strong>n<br />

Maßnahmekosten.<br />

Ganz wichtig ist uns, dass es nicht länger strukturelle Finanzierungsunterschiede zwischen<br />

ambulanten <strong>und</strong> stationären Angeboten geben darf. Deshalb sprechen wir uns auch gegen<br />

dauerhafte Strukturkomponenten aus, die Vorteile für stationäre <strong>Einrichtungen</strong> gegenüber<br />

ambulanten Diensten hätten.<br />

Das passt zu dem nächsten Punkt, den ich von <strong>der</strong> Arbeitsgruppendiskussion aufgreifen<br />

möchte. Es ist ausgeführt worden, dass <strong>der</strong> Umstellungsprozess im bestehenden Finanzierungssystem<br />

erfolgen könne. So, wie die Aussage hier steht, verstehe ich sie nicht, aber<br />

vielleicht ist das auch nur ein Missverständnis. Wenn man ein personenzentriertes Teilhabesystem<br />

will, braucht man ein völlig an<strong>der</strong>es Finanzierungssystem als das bestehende. Das<br />

ist nämlich im stationären Bereich durch Mischpflegesätze gekennzeichnet, die alles an<strong>der</strong>e<br />

als personenzentriert sind.<br />

Damit komme ich zu den Kosten. Ich rate zu mehr Realitätssinn. Wir diskutieren gerade in<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland über Sparmaßnahmen in einem Umfang von 80 Milliarden<br />

Euro. Über die Hälfte davon soll bei Sozialleistungsempfängerinnen <strong>und</strong> -empfängern eingesammelt<br />

werden. Insofern erwarte ich von denjenigen, die meinen, dass wir noch Finanzspielräume<br />

haben, konkrete Vorschläge, wie die <strong>der</strong> Kommunen, <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>es<br />

erweitert werden könnten. Ich habe auch noch nicht festgestellt, dass es öffentlichkeitswirksame<br />

Kampagnen <strong>der</strong> Kirchen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wohlfahrtsverbände für höhere <strong>und</strong> sozial ausgewogenere<br />

Steuereinnahmen gibt. Wie wäre es, wenn Sie dafür streiten, dass <strong>der</strong> Spitzensteuersatz<br />

angehoben, die Vermögenssteuer wie<strong>der</strong> eingeführt <strong>und</strong> die Erbschaftssteuer<br />

reformiert wird?<br />

Aber auch unabhängig davon müssen wir die vorhandenen Mittel effizient einsetzen. Aus<br />

meiner Sicht ist das noch nicht <strong>der</strong> Fall. Wir geben viel Geld für die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe aus,


54 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

aber die Teilhabe behin<strong>der</strong>ter Menschen am gesellschaftlichen Leben lässt zu wünschen<br />

übrig.<br />

In diesem Zusammenhang ist eine wirkungsorientierte Steuerung anzusprechen. Hier haben<br />

wir einen großen Nachholbedarf, sodass es dringend notwendig ist, uns dahingehend mit<br />

den Leistungsberechtigten <strong>und</strong> den Leistungserbringern zu vereinbaren. Das hat nichts mit<br />

Kontrolle zu tun, son<strong>der</strong>n mit Ergebnissicherung, Nachsteuerungsmöglichkeiten <strong>und</strong> damit<br />

auch mit einer effizienten <strong>und</strong> effektiven Kostenverwaltung. Soviel zu <strong>der</strong> ersten Arbeitsgruppe.<br />

Den Aussagen <strong>der</strong> Arbeitsgruppe, in <strong>der</strong> es um Partizipation ging, stimme ich uneingeschränkt<br />

zu. Partizipation ist nicht nur ein Qualitätsgewinn, son<strong>der</strong>n sie ist unabdingbar für<br />

das Gelingen bei <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von Komplexeinrichtungen. Wenn Sie nicht die Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter, die Angehörigen, die Kommunen <strong>und</strong> vor allem die Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen selbst mitnehmen, dann wird solch ein Prozess nicht erfolgreich sein können.<br />

Und er ist, das ist gesagt worden, ein Gewinn für unser gesamtes gesellschaftliches Gefüge,<br />

für neue demokratische Wege <strong>der</strong> Beteiligung am Gemeinwesen.<br />

Als Beispiel möchte ich sogenannte Zukunftskonferenzen ansprechen, die wir in Rheinland-<br />

Pfalz mit fünf Komplexeinrichtungen durchgeführt haben. Davon gehören vier dem Diakonischen<br />

Werk an <strong>und</strong> eine dem Caritasverband. Wir, d.h. das Ministerium, die entsprechenden<br />

Kommunen, die Einrichtungsleitungen, die Mitarbeitervertretungen, die Werkstatt- <strong>und</strong> Heimbeiräte,<br />

die Angehörigenvertretungen haben in einem zweitägigen mo<strong>der</strong>ierten Workshop<br />

gemeinsam erarbeitet, wie es für die jeweilige Einrichtung in den nächsten zehn Jahren weitergehen<br />

kann. Die Ergebnisse sind sehr vielfältig. In einem Fall entwickeln wir gemeinsame<br />

Wohnangebote für alte <strong>und</strong> junge, behin<strong>der</strong>te <strong>und</strong> nicht behin<strong>der</strong>te Menschen in einem belebten<br />

Stadtteil. In einem an<strong>der</strong>en geht es darum, ein Ortszentrum auf dem Gebiet <strong>der</strong> Einrichtung,<br />

die bisher etwas isoliert außerhalb des Ortes liegt, zu entwickeln. Wichtig ist wirklich<br />

die Partizipation aller beteiligten Gruppen, weil die Ängste, von denen Frau Fiebig gesprochen<br />

hat, natürlich vorhanden sind <strong>und</strong> wir sie ernst nehmen müssen.<br />

Auch die Diskussion über das Thema „Beratungs- <strong>und</strong> Assistenzstrukturen“ zeigt mir, wie<br />

viel gegenseitiges Misstrauen vorhanden ist. Jede Beratung ist interessengeleitet, von wem<br />

auch immer. Es gibt keine unabhängige Beratung. Notwendig ist, dass wir eine Strukturen<br />

aus- <strong>und</strong> aufbauen, durch die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen, vor allem die, die eine intensive<br />

Beratung <strong>und</strong> Begleitung brauchen, eine Anlaufstelle finden. Daran sollte die Selbsthilfe beteiligt<br />

sein.<br />

Einen weiteren Aspekt, den Frau Fiebig angesprochen hat, war die Einbeziehung von Menschen<br />

mit einem hohen Unterstützungsbedarf. Das ist eine große Herausfor<strong>der</strong>ung, aber wir<br />

müssen sie auf jeden Fall bewältigen. Sie müssen in jeglichen Prozess von Dezentralisierung,<br />

Regionalisierung <strong>und</strong> Ambulantisierung mit einbezogen sein. Klaus Dörner rät in diesem<br />

Zusammenhang, mit dem Schwersten zuerst anfangen, weil dann die an<strong>der</strong>en auch<br />

gelingen. Wir müssen <strong>der</strong>en Wünsche erfahren. Dafür haben wir heute viele technische <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>e Möglichkeiten, zum Beispiel die Unterstützte Kommunikation. Das Wunsch- <strong>und</strong><br />

Wahlrecht muss auch für diese Menschen gelten, ganz nach dem Motto des Europäischen<br />

Jahres für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen: „Nichts über uns ohne uns.“<br />

Zum Schluss möchte ich noch kurz zu den Ergebnissen des Workshops Sozialraum Stellung<br />

nehmen. In <strong>der</strong> Tat ist es so, dass es kein einheitliches Modell für Deutschland geben kann,<br />

wie sozialräumliche Teilhabestrukturen gestaltet sein müssen bzw. entwickelt werden. <strong>Hamburg</strong><br />

ist an<strong>der</strong>s gelagert als <strong>der</strong> Hunsrück. Unabdingbar ist allerdings Barrierefreiheit. Das ist<br />

die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für das Leben mitten in <strong>der</strong> Gesellschaft; im Übrigen nicht nur für<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen, son<strong>der</strong>n auch für Ältere <strong>und</strong> Eltern mit Kin<strong>der</strong>n. Barrierefreiheit<br />

ist menschenfre<strong>und</strong>lich. Deswegen müssen wir von vornherein Barrierefreiheit planen<br />

<strong>und</strong> da, wo die Umwelt noch nicht barrierefrei ist, müssen wir umbauen, nach <strong>und</strong> nach.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 55<br />

Einen letzten Aspekt möchte ich abschließend aufgreifen, <strong>der</strong> auch immer wie<strong>der</strong> von unseren<br />

Partnern betont wird. Es geht um hoch spezialisierte Angebote, die zwar im Sozialraum<br />

nicht direkt vorhanden sein müssen, die aber verfügbar organisiert werden. müssen. Als Beispiel<br />

sei die Unterstützte Kommunikation erwähnt. Diese zum Teil sehr teure Technik werden<br />

wir nicht in je<strong>der</strong> Gemeinde vorrätig haben können, aber wir müssen von vorneherein daran<br />

denken, dass Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf solche Angebote erreichen<br />

können bzw. diese zu ihnen kommen. Sonst hätten wir das Problem, dass wir konzentrierte<br />

Wohnstätten bräuchten; <strong>und</strong> das ist nicht gewollt.<br />

Ganz zum Schluss meiner kurzen Ausführungen möchte ich mich für die B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-<br />

Arbeitsgruppe bei all denen bedanken, die diesen zweitägigen Workshop organisiert <strong>und</strong><br />

gestaltet haben. Es war sehr hilfreich, was wir bisher erfahren <strong>und</strong> gehört haben, <strong>und</strong> wir<br />

werden es im weiteren Reformprozess berücksichtigen.<br />

Claudia Zinke (B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Freien Wohlfahrtsverbände)<br />

<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen<br />

Wohnformen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

- Stellungnahmen zu den Workshop-Ergebnissen<br />

Claudia Zinke (B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Freien Wohlfahrtspflege)<br />

Vielen Dank Frau Vieweg für Ihre Ausführungen. Ihre Anmerkungen zum Eckpunktepapier<br />

zur Weiterentwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe <strong>und</strong> zu den bisherigen Ergebnissen, werden<br />

ebenso in den Verbänden <strong>der</strong> Freien Wohlfahrtspflege <strong>und</strong> innerhalb des PARITÄTISCHEN<br />

diskutiert, in dem b<strong>und</strong>esweit über 70 Interessenverbände für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

<strong>und</strong> chronisch Kranke organisiert sind. Die Übereinstimmung zu den Positionen stärkt aus<br />

meiner Sicht den Schulterschluss zwischen den Vertreter/-innen <strong>der</strong> Selbsthilfe <strong>und</strong> den <strong>Einrichtungen</strong>,<br />

<strong>der</strong> uns bereits im letzten Jahr mit den gemeinsamen For<strong>der</strong>ungen zur Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe 1<br />

gelungen ist.<br />

Der Prozess <strong>der</strong> Verbändeanhörung zum Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe in den unterschiedlichen Begleitprojekten<br />

bedeutet für alle Beteiligten einen hohen Kraft-, Ressourcen- <strong>und</strong> Zeiteinsatz. Die diversen<br />

Begleitprojekte sind für die Verbände schwer überschaubar, da nicht je<strong>der</strong> Verband in den<br />

jeweiligen Begleitprojekten vertreten ist. Dieses Verfahren erfor<strong>der</strong>t innerhalb <strong>der</strong> Verbände<br />

einen hohen Abstimmungsbedarf, um die notwendige Transparenz herzustellen <strong>und</strong> die verschiedenen<br />

Sichtweisen berücksichtigen zu können. Insofern gehen die Verbände <strong>der</strong> Freien<br />

Wohlfahrtspflege davon aus, dass die Vorstellungen <strong>und</strong> Positionen, die im Rahmen <strong>der</strong> Anhörung<br />

in den Begleitprojekte vorgetragen werden, die entsprechende Beachtung finden <strong>und</strong><br />

1 For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Verbände zur Reform <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe vom 22.10.2009


56 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

„Partizipation“ nicht nur ein behin<strong>der</strong>tenpolitisches Schlagwort bleibt. Wir erwarten, dass die<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Anhörungen in den jeweiligen Begleitprojekten für alle Beteiligten transparent<br />

zusammengeführt <strong>und</strong> in einer Plenumsveranstaltung für alle Beteiligten dargestellt bzw. mit<br />

ihnen, wie im letzten Jahr, erörtert werden. Die Vertreter/-innen des BMAS haben mehrfach<br />

betont, dass für eine Weiterentwicklung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe <strong>der</strong> sog. doppelte Konsens<br />

notwendig ist. Es ist bisher offen, ob für die B<strong>und</strong>esregierung die Ergebnisse <strong>der</strong> Begleitprojekte<br />

substanziell sind, um das Reformvorhaben in dieser Legislaturperiode umzusetzen.<br />

Nach unserer Kenntnis sind die Vertreter/-innen des BMAS hier zu optimistisch.<br />

In den Arbeitsgruppen <strong>der</strong> heutigen Veranstaltung wurden viele interessante Ergebnisse<br />

produziert <strong>und</strong> im Plenum <strong>der</strong> Veranstaltung vorgestellt. Bedauerlicherweise bezogen sich<br />

die Praxisbeispiele in den Fachvorträgen <strong>und</strong> den Workshops auf zwei Regionen (<strong>Hamburg</strong><br />

<strong>und</strong> Nordrhein-Westfalen), in denen nur ein Sozialhilfeträger für die Umsetzung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

zuständig ist. Der Blick nach Baden-Württemberg, Brandenburg o<strong>der</strong> Mecklenburg-Vorpommern,<br />

in denen die Kommunalisierung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe bereits umgesetzt<br />

wird, hätte sicher weitere wertvolle Impulse geben o<strong>der</strong> Fragestellungen aufwerfen<br />

können.<br />

Die <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> ist ein komplexes Thema, das nicht losgelöst von<br />

den gr<strong>und</strong>sätzlichen Reformbestrebungen zur künftigen Leistungserbringung, den personenzentrierten<br />

Leistungen <strong>und</strong> dem Wegfall <strong>der</strong> Trennung zwischen ambulanten, teilstationären<br />

<strong>und</strong> stationären Strukturen bearbeitet werden kann. Die in den Eckpunkten enthaltene Kostenneutralität<br />

führt zum Beispiel bei einer verän<strong>der</strong>ten Leistungserbringung zu Fragestellungen<br />

bezüglich <strong>der</strong> Bedarfsdeckung <strong>und</strong> zur For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verbände zum Erhalt dieser. Darüber<br />

hinaus werden die Ergebnisse <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Umsetzung <strong>der</strong> parallel laufenden Begleitprojekte<br />

zur Zuordnung von Leistungen, zum Persönlichen Budget <strong>und</strong> zum Teilhabemanagement<br />

wesentlich für das Gelingen des Prozesses <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong><br />

sein. Sowohl im Begleitprojekt zum Persönlichen Budget als auch zum Teilhabemanagement<br />

wurden Fragestellungen <strong>der</strong> Beratung- <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen erörtert. Die Ergebnisse<br />

bei<strong>der</strong> Begleitprojekte <strong>und</strong> dieses Workshops sollten beim Fachtag zum inklusiven Sozialraum<br />

Ende Juni aufgegriffen werden.<br />

Im Ergebnis <strong>der</strong> Verbändeanhörung im Jahr 2009 wurde festgehalten, dass Kriterien <strong>und</strong><br />

Prozesse zur Entwicklung eines inklusiven Sozialraums <strong>und</strong> Übergangsszenarien von Son<strong>der</strong>systemen<br />

zu wohnortnahen Unterstützungsleistungen zu beschreiben sind. Weiterhin soll<br />

ein rechtlicher Rahmen zum Umgang mit Zuwendungszweckbindungen für stationäre <strong>Einrichtungen</strong><br />

geschaffen werden. Aber auch eine Betriebskostenfinanzierung muss so gestaltet<br />

sein, dass sie die Durchlässigkeit <strong>der</strong> Wohnformen stützt. Mit Blick auf die Ergebnisse<br />

des heutigen Workshops wurden diese Themen unzureichend bearbeitet. Es bleiben Fragen<br />

zu wohnortnahen Unterstützungsstrukturen, zu Zuwendungszweckbindungen, zur Betriebskostenfinanzierung<br />

<strong>und</strong> zur Gestaltung eines Übergangsszenariums offen. Insofern können<br />

die Ergebnisse nur als ein erster Impuls für weitere Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit dem Thema<br />

<strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> gewertet werden.<br />

Im Workshop „Kooperation im Sozialraum“ wurden beispielsweise folgende Fragen- <strong>und</strong><br />

Themenstellungen andiskutiert:<br />

• Was ist ein Sozialraum?<br />

• Welche Instrumente braucht es für eine Gestaltung?<br />

• Sozialraumbudget versus persönlicher Budgets <strong>und</strong> individueller Bedarfsdeckung,<br />

• Barrierefreiheit, die neben <strong>der</strong> physischen auch die kommunikative Barrierefreiheit einschließt.<br />

Für die Arbeit im Sozialraum werden individuelle Leistungen für die Person aber auch <strong>För<strong>der</strong>ung</strong>en<br />

auf <strong>der</strong> Strukturebene nötig sein. In einem Sozialraum sind Beratungs- <strong>und</strong> Informationsstrukturen<br />

vorzuhalten, die es Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung ermöglichen, sich zu informieren,<br />

um auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von vielfältigen Informationen selbstbestimmt entscheiden zu<br />

können. Diese Themen sind mit den kommunalen Vertreter/-innen zu erörtern, die bedauerlicherweise<br />

heute nicht so zahlreich erschienen sind.


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 57<br />

Das Thema „Partizipation“ <strong>und</strong> ihre Bedeutung für die Selbsthilfe hat Frau Vieweg schon<br />

ausführlich beleuchtet. Dem bereits Gesagten kann nur zugestimmt werden. Darüber hinaus<br />

braucht die Selbsthilfe entsprechende Ressourcen, wenn ihre Vertreter/-innen als Vertrauensperson<br />

die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im Teilhabemanagement als Experten in eigener<br />

Sache unterstützen <strong>und</strong> begleiten. Diese Tätigkeit kann nicht nur ehrenamtlich geleistet werden.<br />

Das Bereitstellen von Ressourcen für die Selbsthilfe ist nicht nur eine Aufgabe <strong>der</strong><br />

Krankenkassen im Rahmen <strong>der</strong> Selbsthilfeför<strong>der</strong>ung nach SGB V. Es ist auch eine Aufgabe<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Rehabilitationsträger, z. B. <strong>der</strong> Sozialhilfeträger <strong>und</strong> somit sind die Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

Kommunen gemeinsam mit allen Reha-Trägern in <strong>der</strong> Verantwortung. Wenn Partizipation<br />

nicht nur ein Schlagwort bleiben soll, brauchen Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung Assistenz- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsleistungen, um eine partizipative Teilhabe leben zu können. Stellen Sie sich<br />

vor, ein Mensch mit Behin<strong>der</strong>ung stellt einen Antrag auf Teilhabeleistungen verb<strong>und</strong>en mit<br />

<strong>der</strong> persönlichen Zielstellung, seine Rechte als Bürger wahrzunehmen. Das würde bedeuten,<br />

dass er nicht nur an dem von ihm selbstbestimmten politischen Geschehen teilnimmt (z. B.<br />

Partei- o<strong>der</strong> Bürgerversammlungen). Er benötigt auch Leistungen, die ihn im Sinne des Artikels<br />

26 Habilitation <strong>und</strong> Rehabilitation <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention befähigen, das<br />

politische Geschehen zu verstehen, um auf <strong>der</strong>en Basis Entscheidungen zu treffen <strong>und</strong> eigene<br />

Aktivitäten entwickeln zu können.<br />

Ein weiteres Beispiel dafür, dass es gewollt ist Partizipation umzusetzen, wäre die Einführung<br />

eines von <strong>der</strong> Sozialhilfe unabhängigen B<strong>und</strong>esteilhabegeldes. Allerdings lehnt die<br />

B<strong>und</strong>esregierung die Einführung bzw. die Beteiligung an einem solchen ab.<br />

Neben den Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung werden aber auch Leistungen<br />

für die Arbeit im Gemeinwesen notwendig. Ein „Enabler“ - eine Person, die für Bürger/-innen<br />

in Sozialraum Anstöße zur Auseinan<strong>der</strong>setzung gibt, dass Menschen nun wie<strong>der</strong><br />

einbezogen <strong>und</strong> mittendrin sein werden, die bisher am Rand <strong>der</strong> Gemeinschaft lebten. Für<br />

diese Auseinan<strong>der</strong>setzung brauchen nicht nur die Bürger/-innen <strong>der</strong> jeweiligen Region Unterstützung,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Mitarbeiter/-innen <strong>der</strong> <strong>Einrichtungen</strong>. Es braucht aber auch<br />

den Willen <strong>der</strong> Gemeinden <strong>und</strong> Kommunen für solche Prozesse die entsprechenden Ressourcen<br />

bereitzustellen.<br />

Die Ergebnisse des Workshops „Finanzierung“ werden eng mit dem noch stattfindenden<br />

Begleitprojekt zur Zuordnung von Leistungen <strong>und</strong> zur Fachmaßnahme zu verknüpfen sein.<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> kann es nicht nur um „die Auflösung“ von <strong>Einrichtungen</strong> gehen. Schwerpunkt<br />

<strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung müssen Überlegungen sein, wie die bereits vorhandenen<br />

Leistungen in ein neues System überführt werden können. Hierfür brauchen wir neben <strong>der</strong><br />

fachlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung auch Geduld. Das heutige System <strong>der</strong> Finanzierung sozialer<br />

Leistungen an <strong>Einrichtungen</strong> wird seit ca. 130 Jahren praktiziert. Die Menschen haben zu<br />

Recht die Sorge, dass sie nach einer so tiefgreifenden Verän<strong>der</strong>ung nicht mehr die gewohnten<br />

Leistungen erhalten werden.<br />

Der Umbau <strong>der</strong> <strong>Einrichtungen</strong> darf sich jedoch nicht nur darauf beschränken, dass die Leistungen<br />

zum Wohnen <strong>und</strong> zur Teilhabe getrennt werden, die Menschen in <strong>der</strong> bisherigen Immobilie<br />

wohnen bleiben <strong>und</strong> lediglich neu strukturierte Verträge erhalten. Gemeinsames Leben<br />

<strong>und</strong> Wohnen für Bürger/-innen mit <strong>und</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ung kann nur erreicht werden,<br />

wenn die bisherigen Einrichtungsimmobilien auch an<strong>der</strong>en Zwecken dienen können. Das<br />

kann heißen, dass die Immobilie so umgebaut wird, dass ein Wohnen nichtbehin<strong>der</strong>ter <strong>und</strong><br />

behin<strong>der</strong>ter Menschen nebeneinan<strong>der</strong> möglich wird o<strong>der</strong> die Immobilie für an<strong>der</strong>e Zwecke<br />

umfunktioniert wird. Beispielhaft sei hier eine Stadtteilplanung in Montpellier/Frankreich zu<br />

nennen, in <strong>der</strong> Sozialwohnungen <strong>und</strong> Wohnungen mit gehobenem Standard gleichermaßen<br />

integriert wurden <strong>und</strong> Kommunen <strong>und</strong> Interessenverbände gleichberechtigt in die Trägerschaft<br />

<strong>der</strong> Beratung eingeb<strong>und</strong>en sind.


58 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Für den „Umbau“ von <strong>Einrichtungen</strong> werden verstärkt För<strong>der</strong>programme z.B. zur Finanzierung<br />

des sozialen Wohnungsbaus notwendig. Hier sind B<strong>und</strong>, Län<strong>der</strong> <strong>und</strong> Kommunen gleichermaßen<br />

in <strong>der</strong> Verantwortung. Aber auch die Träger von <strong>Einrichtungen</strong> müssen sich in<br />

die städtebaulichen Planungen in ihrer Region einbringen. Allerdings ist <strong>der</strong> B<strong>und</strong> in einer<br />

beson<strong>der</strong>en Verantwortung. Über viele Jahre wurden vom B<strong>und</strong> mit Mitteln <strong>der</strong> Ausgleichsabgabe<br />

Wohnheime an Werkstätten geför<strong>der</strong>t. Sicher hatte diese <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> auf dem Weg<br />

vom Mehrbett- zum Einzelzimmer o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Großeinrichtung zum Kleinstheim ihre Berechtigung.<br />

Die Gemeinden <strong>und</strong> Kommunen können mit den Aufgaben des „Rückbaus“ <strong>stationärer</strong><br />

<strong>Einrichtungen</strong> jetzt nicht allein gelassen werden. Es wird ein För<strong>der</strong>programm vonseiten<br />

des B<strong>und</strong>es nötig, das sowohl den Wohnraum für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung als auch<br />

die Gemeinwesenarbeit unterstützt. In dem heutigen Beitrag Erfahrungen mit <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong><br />

<strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen hat Peter Nouwens von <strong>der</strong> Stiftung Prisma<br />

mehrfach betont <strong>und</strong> gefor<strong>der</strong>t, dass die <strong>Einrichtungen</strong> zu belohnen sind, die nachweislich in<br />

die gesellschaftliche Rendite investieren. Ein För<strong>der</strong>programm <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung könnte<br />

eine solche Belohnung sein.<br />

Neben Zuwendungs- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>möglichkeiten sehen wir rechtlichen Regelungsbedarf im<br />

SGB XII <strong>und</strong> SGB XI. Für eine verän<strong>der</strong>te individuelle Dienstleistung brauchen wir für die<br />

Anbieter eine Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Leistungen. Die Verbände <strong>der</strong> Freien Wohlfahrtspflege<br />

for<strong>der</strong>n seit langem, dass die Leistungsvereinbarungen nach § 75 SGB XII<br />

schiedsstellenfähig werden. Ferner ist <strong>der</strong> § 56 SGB XII nicht mehr zeitgemäß. Wenn für<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung die Teilhabeleistungen als Dienstleistung in <strong>der</strong> individuellen<br />

Wohnung erbracht werden, muss dies auch für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung mit einem umfangreichen<br />

Pflegebedarf möglich sein. Eine Selbstverpflichtung <strong>der</strong> Leistungsträger <strong>und</strong><br />

Anbieter, dass für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung die Leistungen <strong>der</strong> Teilhabe vorrangig vor<br />

denen <strong>der</strong> Pflege sind, wäre hilfreich.<br />

Ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk ist darauf zu legen, dass die ambulante Pflege genauso ausgestattet<br />

wird, wie die stationäre Pflege, d. h. es sind zumindest gleiche Vergütungen anzustreben.<br />

Weiterhin sind die Qualitätsvorgaben im Rahmen des SGB XI den Bedürfnissen <strong>der</strong><br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung anzupassen, so dass Leistungen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Pflege ohne erheblichen Mehraufwand erbracht werden können. Aber auch die Strukturvorgaben<br />

bei <strong>der</strong> Leistungserbringung im Rahmen des SGB XI sind zu prüfen, wenn künftig im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Leistungserbringung nach SGB XII keine Unterscheidung nach ambulanten,<br />

stationären o<strong>der</strong> teil<strong>stationärer</strong> Leistungen vorgesehen ist. Nur so kann es möglich werden,<br />

dass Pflegeleistungen aus „einer Hand“ erbracht werden können.<br />

Im § 17 Persönliches Budget SGB IX gibt es bereits Regelungen für Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen.<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen werden bei einer komplexen,<br />

personenzentrierten Leistungserbringung umfangreicher als bisher notwendig sein <strong>und</strong> müssen<br />

rechtlich abgesichert <strong>und</strong> finanziert werden. Die Pflegeversicherung kennt bereits Modelle,<br />

wie Beratung finanziert werden kann, zum einen ist es <strong>der</strong> individuelle Beratungseinsatz<br />

bei <strong>der</strong> Geldleistung <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en werden Pflegestützpunkte strukturell geför<strong>der</strong>t.<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, das noch viele Fragen offen sind. Als ersten<br />

Schritt sehen wir jedoch, dass wir uns bei den Leistungen <strong>der</strong> Teilhabe für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung im Wohnen zu einem möglicherweise neuen Begriff <strong>der</strong> „Häuslichkeit“ verständigen<br />

müssen. Die Verständigung wird zwischen allen Rehabilitations- <strong>und</strong> Leistungsträgern,<br />

insbeson<strong>der</strong>e zwischen den Sozialhilfeträgern, den Kranken- <strong>und</strong> Pflegekassen notwendig<br />

sein. Eine neue personenzentrierte komplexe Dienstleistung muss in den Qualitäts-<br />

<strong>und</strong> Strukturvorgaben zusammengeführt werden, so dass eine von Frau Vieweg bereits erwähnte<br />

Verwaltungsvereinfachung im Sinne <strong>der</strong> Menschen möglich wird.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 59<br />

Dr. Wolfgang Schoepffer (Nie<strong>der</strong>sächsisches Ministerium für Soziales, Frauen,<br />

Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit)<br />

Sehr geehrter Herr Maas,<br />

zunächst einmal vorweg zu Ihrer Frage:<br />

Die B<strong>und</strong>esrepublik ist mit Zustimmung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> <strong>der</strong> UN-Konvention beigetreten.<br />

Das ist längst durch. Da die Län<strong>der</strong> keine Außenpolitik machen, war dies <strong>der</strong> einzige Weg für<br />

die Län<strong>der</strong>, <strong>der</strong> UN-Konvention zuzustimmen.<br />

Nun ganz kurz zu meiner Vorstellung:<br />

Mein Name ist Wolfgang Schoepffer. Ich bin im Nie<strong>der</strong>sächsischen Sozialministerium - so<br />

die Kurzbezeichnung - tätig.<br />

Herr Maas, Sie sagten, ich hätte es als letzter beson<strong>der</strong>s einfach. das finde ich nicht, denn<br />

als letzter muss man vor allen Dingen, nachdem Sie alle schon sehr viele kluge Worte gehört<br />

haben, versuchen, unterhaltsam zu sein <strong>und</strong> diese Aufgabe einem Beamten zu stellen, ist<br />

immer eine Herausfor<strong>der</strong>ung. Aber gut, ich will es gerne versuchen.<br />

Vorweg liegen mir zwei Dinge am Herzen:<br />

1. möchte ich den Veranstaltern dieses Workshops ganz herzlich danken. Diesen fand ich<br />

vor allen Dingen unter folgendem Aspekt sehr gelungen:<br />

Wir als B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe behaupten von uns nicht, dass wir alles wissen,<br />

aber wir sind diejenigen, die sagen, wir wollen alles lernen <strong>und</strong> wir wollen die verschiedenen<br />

Aspekte <strong>und</strong> Facetten, die sich in diesem Prozess auftun können bzw. könnten,<br />

möglichst vollständig erfassen. Ich habe eine ganze Menge gehört <strong>und</strong> deswegen hat<br />

aus meiner Sicht dieser Workshop seine Funktion erfüllt, das ist das Wichtigste.<br />

2. das Zweite ist, dass ich etwas erstaunt war als ich hörte, dass die Arbeitsgruppe 2 ausfallen<br />

muss. Dazu möchte ich Folgendes sagen:<br />

Wenn wir nicht die Menschen, vor allem die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter, im Personalmanagement<br />

mitnehmen, dann haben wir schon zur Hälfte verloren; denn <strong>der</strong><br />

ganze Prozess ist vor allem eine Frage eines neuen Denkens. Die UN-Konvention ist<br />

rechtlich nicht verbindlich, sie macht aber eine Zielstellung klar. Sie ist die Gr<strong>und</strong>lage<br />

eines neuen Denkens, also muss ich mich zunächst einmal - <strong>und</strong> das sind eben 50%<br />

<strong>der</strong> Sache - dieses neue Denken herstellen. Ich mache dazu ein Beispiel: Noch vor<br />

drei bis vier Jahren wurde sehr ernsthaft betont, das Ziel <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe sei es,<br />

den behin<strong>der</strong>ten Menschen in das Setting einer stationären Einrichtung einzugewöhnen.<br />

Ich behaupte, seit <strong>der</strong> UN-Konvention <strong>und</strong> seit unserer Diskussion dazu ist ein<br />

solcher Satz nicht mehr möglich <strong>und</strong> er kommt auch nicht mehr. Aber dieser Satz<br />

macht deutlich, wo wir herkommen.<br />

Wenn wir uns also spätestens mit <strong>der</strong> UN-Konvention auf eine Reise begeben, dann<br />

stellt sich auch unweigerlich die Frage <strong>der</strong> Zeitschiene. Ich gehe immer noch davon<br />

aus, dass es entsprechend des Wunsches <strong>der</strong> ASMK dazu kommen wird, dass wir eine<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Rechtslage zur Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in dieser Legislaturperiode des<br />

Deutschen B<strong>und</strong>estages haben werden. Ich nehme einmal an, dies sei <strong>der</strong> 01.01.2013.<br />

Nun möchte ich im Hinblick auf diesen beispielhaft gewählten Zeitpunkt 01.01.2013 etwas<br />

klarstellen, <strong>und</strong> zwar insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf die Diskussionen in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

1. Nehmen wir einmal an, morgen wäre dieser 01.01.2013. Dann ergäbe<br />

sich folgende Situation:<br />

1. Es gibt keine Vorbereitungen dafür, <strong>Einrichtungen</strong> mit mehr als 20 Plätzen am<br />

02.01.2013 ersatzlos aufzulösen. Diese würden vielmehr alle noch da sein.


60 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

2. Wir haben r<strong>und</strong> 650.000 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, die alle schon einen Einglie<strong>der</strong>ungshilfebescheid<br />

haben <strong>und</strong> die sich aufgr<strong>und</strong> dieser Rechtslage in bestimmten<br />

Settings - seien sie ambulant, stationär o<strong>der</strong> teilstationär - befinden.<br />

3. Außerdem weiß ich, dass es auch nach dem 01.01.2013 neue Menschen mit einer<br />

wesentlichen Behin<strong>der</strong>ung geben wird.<br />

4. Schließlich habe ich auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Sozialhilfeträger Strukturen, die diese neue<br />

Rechtslage auch erst noch lernen müssen. Das haben wir seitens <strong>der</strong> B<strong>und</strong>-<br />

Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe immer wie<strong>der</strong> betont.<br />

Dies alles bedeutet:<br />

Es geht nicht von heute auf morgen. Ich kann nicht einfach einen Schalter umlegen <strong>und</strong><br />

schon ist die Welt an<strong>der</strong>s. Ich brauche einen Zeitraum, auch für die Sozialhilfeträger, um<br />

dieses neue System einzuführen. Es spricht alles dafür, sich zunächst mal auf die neu hinzutretenden<br />

Leistungsberechtigten zu konzentrieren. Ab dem 01.01.2013 bin ich in <strong>der</strong> Lage -<br />

<strong>und</strong> das ist ja unsere Hoffnung -, dass das stattfindet, was unsere Zielstellung ist:<br />

Der neue Leistungsberechtigte bekommt z.B. eine an<strong>der</strong>e Beratung als früher. Er bekommt<br />

eine an<strong>der</strong>e Hilfebedarfsermittlung als früher. Er bekommt eine an<strong>der</strong>e Hilfebedarfsfeststellung<br />

als früher. Diesem Leistungsberechtigten wird dann auch gesagt, dass es jetzt seine<br />

Aufgabe ist, sich die passenden Leistungsangebote nach Maßgabe <strong>der</strong> Hilfebedarfsfeststellung<br />

auszuwählen. Das ist eigentlich schon heute Rechtslage, aber faktisch ist es deutlich<br />

an<strong>der</strong>s. Aber in <strong>der</strong> Zukunft wird das dann verstärkt <strong>der</strong> Fall sein. Damit ergibt sich die Verbindung<br />

zum heutigen Workshop. Dieser neue Leistungsberechtigte stellt natürlich die Frage,<br />

wie er denn an entsprechende Leistungen kommen könne. Deswegen denken wir eben<br />

schon heute darüber nach, welche Möglichkeiten gegeben sind, um auf diese Frage des<br />

Leistungsberechtigten entsprechend antworten zu können.<br />

Meine Vorstellung ist allerdings nicht die, dass nun alle Leistungsberechtigten den Wunsch<br />

äußern werden, in einem Setting zu leben, das man heute als ambulante Betreuungsform<br />

beschreiben würde. Es wird vielmehr auch weiterhin Leistungsberechtigte geben, die in Ausübung<br />

ihres Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrechtes sagen, dass ihnen am liebsten ein All-Inklusive-<br />

Angebot wäre. Das ist ganz so wie bei Urlaubsreisenden, die einen basteln sich ihre Reise<br />

zusammen aus verschiedenen Einzelteilen <strong>und</strong> es gibt Reisende, die buchen ein All-<br />

Inklusive-Angebot. Das entspricht dem Selbstbestimmungsrecht. Kurz: Ich rechne damit,<br />

dass es weiterhin Leistungsberechtigte geben wird, die in Ausübung ihres Wunsch- <strong>und</strong><br />

Wahlrechtes das möchten, was wir <strong>der</strong>zeit als stationäre Betreuung bezeichnen.<br />

An dieser Stelle kommt jetzt wie<strong>der</strong> die Frage <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>tenpolitischen Sicht hinein. Unsere<br />

Auffassung ist, dass es für den Leistungsberechtigten das erstrebenswerte <strong>und</strong> auch langfristig<br />

bessere Ziel sei, wenn er sich möglichst viele Fähigkeiten im täglichen Leben bewahrt.<br />

Aber auch das ist ein Erziehungsprozess, für den ich auch eine gewisse Stimmung erzeugen<br />

muss <strong>und</strong> es ist ein Ansatz unserer Reform, darauf hinzuwirken. Der Ansatz <strong>der</strong> Reform ist<br />

es eben nicht, zum 01.01.2013 den Schalter umzustellen <strong>und</strong> zu sagen, jetzt ist alles an<strong>der</strong>s.<br />

Das in meinem Beispielsfall genannte Datum 01.01.2013 ist also immer noch <strong>der</strong> Beginn <strong>und</strong><br />

nicht die Endstation einer Reise.<br />

Als gr<strong>und</strong>sätzlich positiv denken<strong>der</strong> Mensch entdecke ich z. B. beim Stichwort Sozialraum<br />

gerade in einem Flächenland wie Nie<strong>der</strong>sachsen viele Verbündete. Ich nenne als Beispiel<br />

die kommunalen Gebietskörperschaften. Wir haben in Nie<strong>der</strong>sachsen Kommunen, in denen<br />

die Bevölkerung <strong>der</strong> über 60-jährigen inzwischen einen Anteil von über 30 % an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung<br />

aufweist. diese Kommunen stellen z. B. fest, dass sie in ihrer Bevölkerung<br />

r<strong>und</strong> 33 % über 65-jährige Menschen haben <strong>und</strong> zusätzlich r<strong>und</strong> 5 % Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

Diese Kommunen erkennen also, dass r<strong>und</strong> 40 % ihrer Bevölkerung ganz bestimmte<br />

Wünsche <strong>und</strong> Anliegen haben. Es gibt keinen Landkreis, <strong>der</strong> sagen würde, dass er nicht<br />

bereit sei, sich um das Wohlergehen von r<strong>und</strong> 40 % <strong>der</strong> Bevölkerung zu kümmern. An dieser<br />

Stelle führe ich nun das Stichwort „Barrierefreiheit“ ein. Der Bedarf an barrierefreien Zugän-


<strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen 61<br />

gen unterscheidet sich hinsichtlich <strong>der</strong> Gruppe über 65-jährigen Menschen in keiner Weise<br />

von dem Bedarf wesentlich körperlich behin<strong>der</strong>ter Menschen unter 65. Hier ergeben sich<br />

also Verbindungen.<br />

Ein zweites Beispiel: Die Kommunen im ländlichen Bereich stellen fest, dass ihre Bevölkerung<br />

ausdünnt. Sie haben also ein Interesse daran, ihre Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner zu<br />

halten. Die Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner in einem Dorf, einer Ortschaft sind aber auch<br />

Menschen im Alter von über 65 Jahren <strong>und</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen. Auch hier ergibt<br />

sich eine Verbindung, von <strong>der</strong> ich meine, dass sie dazu beitragen kann, den Gedanken des<br />

Sozialraums zu beför<strong>der</strong>n.<br />

Ich möchte an dieser Stelle Frau Fiebig nochmals ausdrücklich zustimmen: Es geht in <strong>der</strong><br />

Tat darum, das System ambulant zu denken. Wenn wir dieses konsequent tun, dann fallen<br />

uns auch Lösungen ein, die wir heute noch nicht haben. Das ist ja gerade <strong>der</strong> Sinn <strong>der</strong> heutigen<br />

Veranstaltung. Die Evangelische Stiftung Alsterdorf ist ein sehr ermutigendes Beispiel.<br />

Es zeigt, wie ein solcher Prozess gelingen kann.<br />

Bei einem Flächenland wie Nie<strong>der</strong>sachsen ist die Lage natürlich deutlich differenzierter. Wir<br />

haben mehrere große Einrichtungsträger, die sich in <strong>der</strong> Größe mit <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung<br />

Alsterdorf vergleichen lassen. Die befinden sich aber in hoch unterschiedlichen Ausgangslagen.<br />

Eine Einrichtung stellt z. B. für sich ein eigenständiges Dorf dar. Die nächste<br />

städtische Region ist relativ weit entfernt, erst recht nicht direkt vor <strong>der</strong> Haustür.<br />

Wir haben aber auch als Sozialhilfeträger kein Interesse daran, erfahrene Einrichtungsträger<br />

„vor die Wand fahren“ zu lassen. Das kann nicht in unserem Interesse sein. Daraus folgt,<br />

dass wir uns mit diesem Träger <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Trägern gemeinsam auf die Reise begeben<br />

müssen. Das beginnt natürlich mit dem gemeinsamen Willen, sich auf die Reise begeben zu<br />

wollen. Meine Beobachtung ist, dass es wie im richtigen Leben so auch hier unterschiedliche<br />

Geschwindigkeiten bei dieser Willensbildung gibt. Ich kann für Nie<strong>der</strong>sachsen darauf verweisen,<br />

dass wir mit drei großen Einrichtungsträgern eine sog. gemeinsame Erklärung verabschiedet<br />

haben. Das ist sozusagen die gemeinsame Erklärung, sich auf die Reise begeben<br />

zu wollen. An<strong>der</strong>e große Einrichtungsträger haben sich nicht dazu entschließen können, diese<br />

gemeinsame Erklärung mitzutragen. Damit muss man rechnen. Allerdings können wir als<br />

Sozialhilfeträger bei diesem Prozess uns natürlich wie<strong>der</strong>um nicht an dem langsamsten orientieren.<br />

Das wäre wie<strong>der</strong>um auch nicht im Sinne <strong>der</strong> UN-Konvention.<br />

Abschließend noch zwei kurze Bemerkungen:<br />

1. Es ist in <strong>der</strong> Tat wichtig, den Prozess von <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Menschen mit beson<strong>der</strong>em<br />

Hilfebedarf her zu denken. Die von <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung Alsterdorf vorgestellte<br />

„Zwiebelmethode“ fand ich recht interessant unter diesem Aspekt.<br />

2. Auch wenn es nicht geschickt ist, als letztes das Stichwort „Geld“ zu benennen, so<br />

führt denn doch kein Weg darum herum. Ich habe die große Bitte, diesen Reformprozess<br />

nicht mit finanziellen For<strong>der</strong>ungen zu überfrachten. Es könnte dazu führen, dass<br />

wir gar nicht vorwärts kommen. Ich denke dabei insbeson<strong>der</strong>e an die Frage <strong>der</strong> Beratungsstrukturen,<br />

die immer wie<strong>der</strong> vorgetragen wird. Ich meine, wenn jemand Beratungsstrukturen<br />

for<strong>der</strong>t, dann sollte auch klar gesagt werden, welcher finanzielle Aufwand<br />

in Euro damit verb<strong>und</strong>en sein soll. Das gilt auch <strong>und</strong> gerade in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />

schwierigen finanziellen Lage <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte.<br />

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


62 <strong>För<strong>der</strong>ung</strong> <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> von stationären <strong>Einrichtungen</strong> <strong>und</strong> von individuellen Wohnformen<br />

Schlussworte durch Birgit Schulz (Vorstandsmitglied ESA)<br />

Verehrte Gäste,<br />

wir sind am Ende <strong>der</strong> Tagung angekommen, <strong>und</strong> ich will versuchen, die vielen Eindrücke <strong>und</strong><br />

Ergebnisse zu einem kurzen Schlusswort zusammen zu fassen.<br />

Zunächst bedanke ich mich herzlich bei allen Anwesenden für diese interessante Tagung.<br />

Ich danke beson<strong>der</strong>s für die Vorträge, aber auch für die vielen interessanten Pausengespräche<br />

<strong>und</strong> natürlich auch für den schönen gestrigen Abend im Restaurant Haus 5, unserem<br />

Integrationsbetrieb auf St. Pauli. Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen Vorbereitern <strong>und</strong>,<br />

sicherlich im Namen aller Anwesenden, bei Theodorus Maas für seine gelungene Mo<strong>der</strong>ation<br />

bedanken.<br />

Für uns <strong>Hamburg</strong>er Träger war es sehr angenehm <strong>und</strong> konstruktiv, ein gemeinsames Projekt<br />

mit <strong>der</strong> Sozialbehörde zu machen. Ich hoffe, dass Sie die Erkenntnisse <strong>und</strong> Ideen dieser<br />

beiden Tage in Ihre Arbeit in den verschiedenen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n mitnehmen können.<br />

Wir hatten eine auffallend hohe Übereinstimmung in den Zielen, das war mir vorher nicht so<br />

bewusst. Allerdings hatten wir auch zum Teil sehr unterschiedliche Einschätzungen davon,<br />

welches die richtigen Wege zur Erreichung dieser Ziele sind <strong>und</strong> was das ganze kostet. Darüber<br />

hätten wir gut <strong>und</strong> gern noch weiter diskutieren können.<br />

Zunächst freue ich mich, wenn Sie die Ergebnisse unserer Tagung mitnehmen in die B<strong>und</strong>-<br />

Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe <strong>und</strong> in die nächste Arbeits- <strong>und</strong> Sozialministerkonferenz.<br />

Auf zwei Themen möchte ich beson<strong>der</strong>s hinweisen:<br />

Das Thema Arbeit ist im Zusammenhang mit <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Einrichtungen</strong> immer<br />

wie<strong>der</strong> als wesentlicher Baustein zur Umwandlung von stationären in ambulante Leistungen<br />

genannt worden. Arbeit gibt Orientierung. Sie strukturiert das Leben, sie bietet echte<br />

Teilhabe <strong>und</strong> vor allen Dingen auch Teilgabe, <strong>und</strong> sie macht einen wesentlichen Teil des<br />

sozialen Netzes aus. Arbeit wird damit zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor für Inklusion.<br />

Zum zweiten möchte ich Ihr Augenmerk auf den Sozialraum legen. Sozialraumorientierung<br />

war ein wesentliches Thema dieser beiden Tage, <strong>und</strong> wenn ich Sie erinnern darf, was Peter<br />

Nouwens von Prisma unter <strong>der</strong> Rubrik Social Return on Invest vermeldet hat, dass nämlich<br />

die Immobilenwerte im integrativen Wohnprojekt Pannenhoef steigen, dann ist dies zwar<br />

nicht unser erstes Ziel, aber es zeigt doch, dass Menschen in solchen Projekten gern leben,<br />

<strong>und</strong> das ist eine große Chance für uns.<br />

Mehrmals ist gesagt worden, dass wir behutsam vorgehen müssen. Aber, so möchte ich<br />

hinzufügen, wir müssen auch konsequent voranschreiten. Dies ist eine Herausfor<strong>der</strong>ung:<br />

nicht auf die Langsamsten warten können, aber doch auch alle Betroffenen einbinden; <strong>und</strong><br />

zwar in erster Linie die Nutzer <strong>und</strong> Nutzerinnen von Assistenz, aber auch die Assistenzleistenden<br />

<strong>und</strong> alle an<strong>der</strong>en Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger.<br />

Die Entwicklung <strong>und</strong> Unterstützung inklusiver Gemeinschaften kostet Geld <strong>und</strong> braucht Profis.<br />

Wir haben da durchaus auch etwas zu verlieren: Wenn wir sozialräumliche Arbeit falsch<br />

machen, können wir Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger auf lange Zeit verschrecken. Mit bürgerschaftlichem<br />

Engagement alleine ist Inklusion, zumindest im ersten Schritt, nicht zu machen.<br />

Nun wünsche ich Ihnen eine gute Heimreise. Nehmen Sie das Erarbeitete mit in Ihre Praxis<br />

<strong>und</strong> lassen Sie uns die aufgenommenen Fäden gemeinsam weiterspinnen.<br />

Herzlichen Dank

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