Mitten in Glückstadt steht eine Festung. Ein lang gezogener Backsteinbau, in der Mitte drei spitze Giebel, ringsum Stacheldrahtzäune und eine fünf Meter hohe Mauer. Alle Fenster sind vergittert, das Eingangstor ist bewacht. Wer das Gebäude betreten will, muss seinen Ausweis vorzeigen, Tasche und Handy in einem Spind wegschließen, durch den Bodyscanner in der Sicherheitsschleuse gehen und sich von Männern und Frauen in Uniform abtasten lassen. Drinnen ist es kalt, Stahltüren, lange Gänge, jeder Schritt hallt nach. 

Diese Festung ist kein Gefängnis – auch wenn sie ganz danach aussieht. Die ehemalige Kriegsmarinekaserne in Glückstadt, 1935 erbaut, ist eine Abschiebehaftanstalt. Hier, rund 50 Kilometer vor den Toren Hamburgs in Schleswig-Holstein, sitzen keine Verbrecher ein, sondern Menschen ohne Bleiberecht, die Deutschland verlassen sollen. Wenn der Staat vermutet, dass sie fliehen und untertauchen könnten, sperrt er sie hier vorsorglich bis zur Abschiebung ein. Hamburg betreibt diese Einrichtung seit August 2021 gemeinsam mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und nutzt sie am stärksten: 588 Menschen wurden hier in den vergangenen zweieinhalb Jahren untergebracht, 285 von ihnen kamen aus Hamburg. Bundesweit gibt es 14 solcher Abschiebehaftanstalten, alle sind umstritten – denn sie werfen rechtliche und moralische Fragen auf: Ist es angemessen, Ausreisepflichtige wie Straftäter wegzusperren?