Als der Arzt Schillers Leiche öffnet, findet er Nieren, Herz und Lunge zersetzt. Er rätselt, »wie der arme Mann so lange hat leben können«. Ja, wie? Es muss ein starker Wille gewesen sein, der den maroden Körper zusammengehalten hat. Der Triumph des Willens über die Krankheit – das passt zu Schiller, der zeit seines Lebens mehr auf den Geist als auf die Natur gegeben hat. Sein höchstes Gut ist der freie Wille. Für das Ideal eines selbstbestimmten Lebens verzichtet er auf eine Karriere in den Diensten des württembergischen Herzogs, auf materielle Sicherheit und sogar auf seine schwäbische Heimat.

Als Kind ist Schiller ein schwächlicher Junge, blass und schlaksig. Der Schularzt diagnostiziert Pickel und kalte Füße. Früh zeigt sich Schillers rednerische Begabung, als er auf den Küchenstuhl steigt und den Geschwistern predigt. Er will Priester werden! Doch die Studienentscheidung trifft ein anderer: der württembergische Herzog Karl Eugen, in dessen Diensten Schillers Vater steht. Karl Eugen ist ein Despot, der seine Untertanen als Soldaten verschachert, damit im Schloss Fasan auf dem Speiseplan steht. Erst später wird er gemäßigter und gründet die Karlsschule, eine Militärakademie, die sein Steckenpferd wird. Dorthin zitiert er den 13-jährigen Schiller.

Von nun an soll er Jura studieren und dabei Perücke tragen. Der Lehrplan ist sehr streng geregelt. Aufstehen, waschen, strammstehen, Uniformknöpfe polieren, essen, lesen – alles im Akkord. Bis in die Schlafsäle kontrolliert der Landesherr seine Eleven. Wer wie Schiller der »Unreinlichkeit« überführt wird oder gar heimlich Goethes Werther liest, muss zur Strafe in die Zelle. Die Jungen erhalten eine umfassende Bildung in Philosophie, Naturwissenschaften und Sprachen. Zwischen den Schülern entstehen Freundschaften, vor allem zwischen denen mit Vorliebe für Poesie. Die offiziell verpönte »schöne Literatur« von Goethe, Shakespeare oder dem heiß verehrten Klopstock spornt die Jungen zu eigenen Werken an. Schiller fällt auf, weil er die metrischen Formen mustergültig beherrscht – weniger beliebt ist sein Pathos beim Vortragen.

So sind es gerade die erdrückenden Verhältnisse in der Karlsschule, die Friedrich Schiller zum Dichten treiben. »Die Leidenschaft für die Dichtkunst ist feurig und stark wie die erste Liebe«, wird er später schreiben. »Was sie ersticken sollte, fachte sie an.«