Jetzt sind sie auch verboten. Geblockt war das soziale Netzwerk Facebook in Russland bereits seit Anfang März. Instagram, das andere, in Russland deutlich populäre Meta-Netzwerk, folgte kurze Zeit später. Nun sind die Plattformen Anfang vergangener Woche ganz offiziell zu "extremistischen Organisationen" erklärt worden. 

Netflix, Twitter, PayPal, TikTok, Google News, Spotify – die Liste der digitalen Dienste, die in Russland nicht mehr oder nur teilweise verfügbar sind, wird immer länger. Manche Konzerne, wie TikTok oder PayPal, schränken selbst ihre Funktionen im Land ein, entweder weil sie unter die westlichen Sanktionen fallen oder weil sie sich neuen russischen Regelungen nicht beugen wollen. Andere Dienste wie Twitter und Instagram werden von der Regierung geblockt. Das russische Internet fühle sich an wie eine Geisterstadt, schrieb kürzlich das US-Magazin Time

Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, ist auch ein Informationskrieg entbrannt – weltweit, aber vor allem in Russland selbst: Der Kreml will im eigenen Land das Narrativ kontrollieren, das über den Krieg verbreitet wird. Deshalb wurden Websites von ausländischen und kritischen Medien blockiert. Und deshalb verschwinden nach und nach digitale Plattformen, auf denen Menschen sich frei äußern können. 

Manche Dienste, etwa WhatsApp, Telegram und YouTube, sind zwar in Russland noch aktiv, doch das Verbot könnte noch kommen. "Wir rechnen mit allem: Google, Wikipedia", schreibt Stanislaw Schakirow, einer der Gründer der russischen Nichtregierungsorganisation Roskomsvoboda, die sich für ein freies Internet einsetzt, auf Anfrage von ZEIT ONLINE. Zur Blockade von YouTube habe es bereits Experimente gegeben. Vieles deutet darauf hin, dass es der russischen Regierung darum geht, das gesamte Internet des Landes zu kontrollieren – und möglicherweise sogar eine Art autonomes russisches Internet zu betreiben. 

"Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass das russische Internet in Zukunft vom globalen Netz mehr oder weniger vollständig abgekoppelt ist", sagt Thomas Reinhold, der am Lehrstuhl Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit (PEASEC) der TU Darmstadt unter anderem zur Militarisierung des Cyberspaces forscht. Die russische Regierung verfolge schon lange das Ziel, "nach chinesischem Vorbild die Kontrolle über das nationale Internet zu festigen, und das bis auf die Ebene der Infrastruktur", sagt Daniel Voelsen, Forschungsgruppenleiter Globale Fragen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Ein autonomes Netz

Bereits am 1. Mai 2019 unterzeichnete Putin das "Gesetz über das souveräne Runet". Kern der Regulierung ist es, den Datenverkehr durch Filter der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor zu leiten. Dieses System sei in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und ausgebaut und auch schon eingesetzt worden, um den Zugang zu Twitter zu verlangsamen, berichtete die New York Times Ende vergangenen Jahres. Im Juli 2021 schrieb das Staatsmedium RT, das "autonome Internet" sei erfolgreich getestet worden. Angeblich sei das "Runet, das russische Segment des Internets, vom globalen Netzwerk abgekoppelt" worden. 

Diese Bestrebungen haben, daraus macht der Kreml kein Geheimnis, im Wesentlichen zwei Gründe: erstens die Inhalte kontrollieren zu können, die im russischen Internet zu sehen sind. Und zweitens unabhängig zu sein, um sich vor Sanktionen zu schützen.

Tatsächlich gibt es seit der russischen Invasion der Ukraine immer wieder Forderungen, Russland gewissermaßen den Datenhahn zuzudrehen, zum Beispiel vom ukrainischen Vizepräsidenten und Digitalminister Mychajlo Fedorow. Das Kalkül dahinter ist wie bei anderen Sanktionen, die Arbeit russischer staatlicher Institutionen zu erschweren, die Wirtschaft zu schwächen und den Druck auf die Bevölkerung zu erhöhen, die so möglicherweise immer unzufriedener mit Putins Krieg wird.