Zwei Monate nach dem Facebook-Livestream des Angriffs auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch hat das Onlinenetzwerk neue Einschränkungen für die Plattform angekündigt. So sollen Nutzer nach einer schwerwiegenden Regelverletzung "eine bestimmte Zeit lang" keine Live-Videos übertragen dürfen, teilte das Unternehmen mit. Als Beispiel für einen Zeitraum für eine solche Sperrung wurden 30 Tage angegeben.

Facebooks Vizepräsident für Produktmanagement, Guy Rosen, teilte mit, die Livestreamsperre gelte für Nutzer, die bestimmte Regeln etwa gegen "gefährliche Organisationen oder Personen" missachteten. Darunter könne beispielsweise jemand fallen, der einen Link zur Erklärung einer Terrorgruppe bei Facebook postet, ohne einordnende Worte dazu zu schreiben. Schon nach einem einzigen Verstoß könne künftig in schweren Fällen der Zugang zur Livestreaming-Funktion blockiert werden, sagte Rosen.

Damit reagiert das Unternehmen auf die Anschläge in Christchurch, bei denen im März 51 Menschen getötet worden waren. Der mutmaßliche Täter, der australische Rechtsextremist Brenton Tarrant, hatte den Anschlag live per Helmkamera bei Facebook übertragen. Das 17-minütige Video war millionenfach angeklickt worden, zahlreiche Nutzer hatten das Video anschließend weiterverbreitet. Die Algorithmen von Facebook hatten zum Teil Probleme, von Nutzern neu hochgeladene Kopien des Videos zu entdecken, wenn sie etwas verändert worden waren. Die Tat hatte eine Debatte über das Löschen von Inhalten im Netz ausgelöst.

"Nach den furchtbaren Terroranschlägen kürzlich in Neuseeland haben wir überprüft, was wir tun können, damit unser Dienst nicht verwendet wird, um anderen zu schaden oder Hass zu verbreiten", sagte Rosen. Die strengeren Regeln sollen demnach in den kommenden Wochen eingeführt werden. Vorgesehen ist dann zum Beispiel auch, dass jemand, der gegen Facebooks Vorgaben verstößt, dort künftig keine Anzeigen mehr schalten kann.

Zugleich kündigte das Unternehmen an, 7,5 Millionen Dollar (etwa 6,7 Millionen Euro) in Forschungspartnerschaften mit drei US-Universitäten zu investieren. Gemeinsam soll so eine bessere Bild- und Videotechnologie entwickelt werden, die es ermöglicht, sogenannte Deepfakes aufzuspüren. Das sind Bilder oder Videos, die täuschend echt aussehen, aber tatsächlich von einer künstlichen Intelligenz zu Manipulationszwecken geschaffen wurden.

Initiative soll Live-Übertragungen von Terrorangriffen verhindern

Die Ankündigung von Facebook erfolgte kurz vor dem Beginn des sogenannten Christchurch-Gipfels in Paris, bei dem Neuseelands Regierungschefin Jacinda Ardern und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Initiative anstoßen wollen, um Internetübertragungen von Terrorangriffen zu unterbinden.

Zu dem Gipfel sind mehrere Staats- und Regierungschefs eingeladen, unter ihnen die britische Premierministerin Theresa May, Jordaniens König Abdullah II. und Kanadas Premier Justin Trudeau. Auch der scheidende EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wird erwartet. Juncker hatte unlängst den besseren Schutz vor Onlineterrorpropaganda zu den unerledigten Aufgaben seiner Kommission gezählt. Gäste sind zudem Vertreter der Hightech-Branche wie Twitter-Chef Jack Dorsey.

Ardern sagte unmittelbar vor dem Spitzentreffen in Paris, Regierungen und Internetunternehmen würden erstmals ein derartiges Treffen abhalten. "Wir machen etwas, was bisher nicht gemacht wurde", so die Regierungschefin aus Wellington. Zugleich warnte sie vor überzogenen Erwartungen. "Wir werden das nicht mit einer Erklärung regeln." Der Appell sei lediglich ein Ausgangspunkt. "Die Alternative ist, nichts zu machen. Und ich glaube nicht, dass Neuseeland das hinnehmen würde", sagte sie. Die neuseeländische Regierung hatte nach dem Anschlag Sturmgewehre und halbautomatische Waffen verboten.

Macron hatte den Antiterrorkampf zu einem der Schwerpunkte der französischen Regierung erklärt. Frankreich wird seit Jahren von islamistischen Terroranschlägen getroffen. Dabei wurden etwa 250 Menschen getötet. Zudem führt Frankreich im laufenden Jahr die Runde der großen Industriestaaten (G7) an. Macron versammelt parallel zu dem Christchurch-Gipfel etwa 80 Topvertreter von Hightech-Unternehmen im Rahmen der Veranstaltung Tech for Good.