Auf eine pompöse Inszenierung wurde gleichwohl verzichtet. Ganz so unbefangen geht man in Deutschland mit seinen militärischen Traditionen dann eben doch wieder nicht um. Die kleine Feierstunde jedenfalls hätte wohl kaum ziviler und unauffälliger verlaufen können. Schon der Ort ist denkbar unscheinbar. Im Foyer des Kanzleramtes kommentiert Merkel gewöhnlich das Tagesgeschehen.

Und statt Marschmusik und militärischem Zeremoniell werden vor den knapp 50 geladenen Gästen, zu denen vor allem die engsten Familienmitglieder gehören, Händel und Bach zu Gehör gebracht. Anschließend gibt es Häppchen und Sekt, nach einer Stunde ist alles vorbei.

Auch rhetorisch herrschte Zurückhaltung vor. Nicht für Deutschland sind die Soldaten laut Merkel in aller Welt, sondern für die deutschen Sicherheitsinteressen. So nüchtern würde dies wohl in keinem anderen Land, das Soldaten nach Afghanistan schickt, formuliert. Und selbstredend wird das, was in Afghanistan derzeit passiert, auch auf dieser Veranstaltung wieder nicht als Krieg bezeichnet.

Statt dessen beklagt die Kanzlerin, dass die Gefährdung der  Soldaten und die Last, die die Einsätze auch für ihre Familien bedeuten, nicht ausreichend wahrgenommen würden. Darüber brauche man nun eine neue Debatte, forderte Merkel. Dass es manchmal allerdings das Verteidigungsministerium selbst ist, dass diese Diskussion verhindert, wurde am Rande der Veranstaltung ebenfalls sichtbar. Die Soldaten wurden von der anwesenden Presse zunächst streng abgeschirmt. Nur einer von ihnen, eben Henry Lukacz, durfte am Ende doch noch ein paar Fragen beantworten.

Ob ein neuer Tapferkeitsorden die geeignete Form ist, den Soldaten mehr Anerkennung zu verschaffen, war zunächst durchaus kontrovers diskutiert worden. Skeptiker fühlten sich von der neuen Auszeichnung an das Eiserne Kreuz erinnert, den letzten Tapferkeitsorden, der in Deutschland vergeben wurde. Dieses gilt seit dem Nationalsozialismus als diskreditiert. Das Hitler-Regime ließ der 1813 eingeführten Ehrung in der Mitte das Hakenkreuz aufdrücken. Mit dem Eisernen Kreuz wurden im Zweiten Weltkrieg auch Soldaten ausgezeichnet, die sich an Verbrechen beteiligt hatten. 

Eingewendet wurde auch, dass die vorhandenen Ehrenzeichen der Bundeswehr ausreichend seien. Die Medaillen in Gold, Silber und Bronze sind allerdings an Dienstzeiten gekoppelt und wurden bisher nach fünf, zehn und 15 Jahren bei der Bundeswehr verliehen. Die 1996 unter Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) eingeführte Auszeichnung für Auslandseinsätze war ebenfalls lediglich an die Dauer des Einsatzes geknüpft.

Schon bisher allerdings gab es auch ein weiteres Ehrenzeichen, das besondere Dienste unter Gefahr für Leib und Leben ohne Berücksichtigung von Dienstjahren belohnte. Mit dem Ehrenkreuz für Tapferkeit wird nun darüber hinaus die Möglichkeit einer weiteren Abstufung geschaffen.

Wie man mit dieser in Zukunft umgehen wird, müssen Bundeswehr und Gesellschaft, aber auch seine Träger wohl erst noch lernen. Als die Kanzlerin sich mit dem Soldaten Lukacz fürs Foto aufstellt, strahlt der für einen Moment über das ganze Gesicht. Dann fällt ihm wohl auf, dass dies für einen Tapferkeitsehrenkreuzträger möglicherweise nicht der passende Gesichtsausdruck sein könnte. Schnell wechselt er auf ernst. Gefreut habe er sich, sagt er hinterher, über die Auszeichnung. Ob sie ihm helfen wird, mit den Bildern fertig zu werden, die er seit dem 20. Oktober für immer mit sich herumträgt, ist eine andere Frage.