Bei einer Fragerunde Ende Oktober reichte es dem CIA-Direktor. Als er von Journalisten am Rande eines Sicherheitsforums im Reichenörtchen Aspen erneut auf die Rolle Russlands im Wahlkampf angesprochen wurde, ätzte Mike Pompeo genervt zurück: "Das ist jetzt das neunzehnte Mal, dass Ihr mich danach fragt." Damit war das Thema für den Chef der wichtigsten und einflussreichsten US-Geheimdienstbehörde vorläufig erledigt. Während seiner Rede wetterte er stattdessen lieber gegen die undichten Stellen im Geheimdienstapparat und verteilte Seitenhiebe in Richtung Obama für dessen vermeintlich schwaches Durchgreifen in Syrien – Themen also, die auch seinen Vorgesetzten im Weißen Haus immer wieder beschäftigen.

Kritiker warfen Pompeo angesichts solcher Auftritte vor, sich und seine Behörde mit hochpolitischen Äußerungen in eine schwierige Position zu bringen. Denn eigentlich halten die Geheimdienstbehörden Distanz zum Präsidenten und zu laufenden Debatten – schließlich gilt es im Zweifel auch Spuren zu verfolgen, die bis ins Oval Office führen. Dass unter Pompeo von Zurückhaltung wenig zu spüren war, könnte sich für den CIA-Chef jetzt auszahlen. Die New York Times hatte am Donnerstag mit Berufung auf Quellen aus dem Umfeld des Präsidenten berichtet, dieser denke darüber nach, Außenminister Tillerson abzulösen. Andere Medien folgten wenig später und bestätigten die Pläne. Und sie waren sich einig: Als Favorit für den Posten gelte derzeit Mike Pompeo.

Zwar wies US-Verteidigungsminister Jim Mattis die Berichte vor Journalisten im Pentagon zurück. Die Sprecherin des Weißen Hauses dementierte sie allerdings nicht. Wenn der Präsident das Vertrauen in jemanden verloren habe, werde diese Person nicht länger auf dem Posten bleiben, sagte Sarah Huckabee Sanders. Tillerson habe sich am Donnerstag mit Trump getroffen.

Trump feuert, Tillerson verhandelt

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Berichte über Spannungen zwischen Donald Trump und seinem Außenminister gegeben. In vielen zentralen Fragen, darunter der Umgang mit Nordkorea und die amerikanische Haltung zum Atomabkommen mit dem Iran, waren Trump und Tillerson unterschiedlicher Meinung. Trump hatte seinem Minister öffentlich vorgeworfen, mit seinen diplomatischen Bemühungen um eine Lösung mit Nordkorea seine "Zeit zu verschwenden". Angebliche Beschimpfungen hinter den Kulissen hatten Spekulationen über einen möglichen Personalwechsel weiter angefeuert. Der Präsident, berichtete das Magazin Politico, habe es seinem Minister nie verziehen, dass er die vermeintlichen Beleidigungen öffentlich nicht dementiert habe. So offen wurde die Debatte über Tillersons Ablösung in Washington diskutiert, dass es dafür inzwischen einen eigenen Spitznamen gab: Rexit.

Pompeos Aufstieg in Washington hingegen war rasant. 2010 war er auf der Tea-Party-Welle, die das republikanische Establishment durchgewirbelt hatte, und mit der der finanziellen Unterstützung der Industriellenbrüder Charles und David Koch, erstmals in den Kongress eingezogen. Dort machte der Abgeordnete aus Kansas auf sich aufmerksam, weil er sich kurz nach dem NSA-Skandal für eine flächendeckende Überwachung auch in der Heimat einsetzte und Kollegen widersprach, die das Waterboarding von Gefangenen als Folter definierten. Im vergangenen Jahr ging Pompeo die demokratische Präsidentschaftskandidatin scharf an und warf ihr vor, die Angriffe auf die US-Botschaft im libyschen Bengasi bewusst vertuscht zu haben – selbst dann noch, als ein von seiner eigenen Partei eingesetzter Untersuchungsausschuss eingestehen musste, dass es dafür keinerlei Beweise gebe.

Mit seinen kompromisslosen Außenseiteransichten, seinen Abschlüssen von der Militärakademie West Point und der Eliteuniversität Harvard und der Vergangenheit als Panzeroffizier und Unternehmer passte der 53-Jährige ins Beuteschema des Präsidenten. Nur zwei Tage nach seiner Amtseinführung berief Trump den gelernten Juristen an die Spitze der wohl einflussreichsten aller 17 Geheimdienstbehörden. Dort setzte sich Pompeo für radikale Reformen ein, die die Macht seiner Behörde ausweiten und Geheimdienstoperationen ausbauen sollten.

Pompeo erwägt Einmischung in Nordkorea

Dabei beschränkte er sich nicht auf seine neue Tätigkeit. Der CIA-Chef dachte bei Auftritten und in Interviews über die Möglichkeit nach, in Nordkorea einen Regimewechsel herbeizuführen und warf dem Iran vor, keinerlei Interesse daran zu haben, sich an die Abmachungen im Atomabkommen zu halten. Als der Präsident wegen seiner Reaktion zu den Neonaziprotesten in Charlottesville unter Beschuss war, verteidigte Pompeo ihn auch dann noch, als viele Parteikollegen längst auf Sicherheitsabstand gingen. Die Kritik des Präsidenten am Geheimdienstapparat bezeichnete Pompeo als "gesunde Skepsis", nachdem Trump deren Erkenntnisse zu einer Einmischung in die Wahlen anzweifelte.

Mit der demonstrativen Loyalität erarbeitete sich Pompeo das Vertrauen des Präsidenten und wurde für Trump bald zu einem engen Berater. Der Präsident sei von Pompeo so angetan gewesen, dass er ihn gebeten habe, das tägliche Sicherheitsbriefing – anders als sonst üblich – selbst durchzuführen und nicht einem Mitarbeiter zu überlassen. Inzwischen habe sich Pompeo gar ein Büro im nahe gelegenen Eisenhower Executive Office Building eingerichtet, weil er so häufig im Oval Office sei. Innerhalb der Behörde sorgte die große Nähe zum Weißen Haus für wachsendes Unbehagen. Mitarbeiter fürchteten um die unparteiische Stellung und den Ruf der mächtigen Behörde, berichteten US-Medien. Die Angestellten fragten sich, inwieweit der Chef in der Lage sei, persönliche Ansichten bei wichtigen Entscheidungen zurückzustellen und dem Präsidenten im Zweifel zu widersprechen.

Mit der Berufung ins Außenministerium würde Pompeo diesen Konflikt in Zukunft umgehen. Diplomatische Erfahrung hat der derzeitige CIA-Direktor wie Tillerson nicht. Doch während Letzterer sich bemüht habe, die Instinkte des Präsidenten auszubremsen, so Beobachter am Donnerstag, dürfte der außenpolitische Kurs unter Pompeo wohl konfrontativer werden. Trump selbst reagierte am Vormittag vage auf die Nachfrage, ob er an Tillerson als Außenminister festhalte. "Er ist hier. Rex ist hier."