Im Streit um das geplante Demokratiefördergesetz greift der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Unionsfraktion im Bundestag scharf an. Die Blockade der Abgeordneten von CDU und CSU gefährde dieses wichtige Projekt, sagte Seehofer dem Spiegel. Er sei "maßlos enttäuscht" von denjenigen, die "mit ihrem destruktiven Handeln die gute Arbeit der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode beschädigen".

Die Unionsfraktion hatte dem geplanten und eigentlich in der Bundesregierung ausverhandelten Gesetz zur "Stärkung und Förderung der wehrhaften Demokratie" ihre Unterstützung entzogen. Deshalb platzte die geplante Behandlung der Eckpunkte im Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch. Seehofer hatte den Vorschlag gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Franziska Giffey von der SPD erarbeitet. Kernpunkt ist, eine längerfristige Förderung von Initiativen gegen Extremismus durch den Bund zu ermöglichen. Bisher ist dies nur projektbezogen und zeitlich begrenzt möglich.

"Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist ein zentrales Anliegen der großen Koalition", sagte Seehofer. SPD-Chefin Saskia Esken nannte das Verhalten der Unionsfraktion ein "Armutszeugnis". Wie viele Morde und Straftaten müssten noch geschehen, "bis die konservativen Parteien endlich erkennen, dass die Gefahr von rechts kommt?", fragte sie im Spiegel.

Die SPD-Fraktion verlangte in dem Streit ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Fraktionsvize Dirk Wiese sagte: "Ich erwarte, dass die Bundeskanzlerin für Klarheit sorgt und die Befassung des Gesetzesvorhabens im Kabinett sicherstellt". Weiter erklärte Wiese, Giffey, Seehofer, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und die SPD-Fraktion seien sich einig gewesen, "dass das wichtige und in der Bundesregierung verabredete Gesetzesvorhaben jetzt auf den Weg gebracht wird". Die Unionsfraktion blockiere "eine Stärkung unserer Demokratie gegen ihre Feinde von rechts."

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), sagte der Welt, die derzeitige Fassung der Eckpunkte sei "nicht zustimmungsfähig". "Insbesondere ist das von uns geforderte schriftliche Bekenntnis der Zuwendungsempfänger zu den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht enthalten. Ein solches Bekenntnis sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein", sagte Middelberg.

Middelberg bekräftigte zudem grundsätzliche Zweifel am Sinn des Gesetzesvorhabens. Aus Sicht der Unionsfraktion bestehe keine zwingende Notwendigkeit für das Demokratiefördergesetz.

Der Spiegel zitierte aus einem Brief zweier Vizevorsitzender der Unionsfraktion, Thorsten Frei und Nadine Schön (beide CDU), an Giffey. Darin meldeten sie "grundsätzliche Vorbehalte" gegen die Eckpunkte an.

Auch Frei und Schön bemängeln demnach eine fehlende Vorschrift für ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Damit wollen CDU und CSU laut Spiegel zum Beispiel linke Extremisten von einer etwaigen Förderung ausschließen. Außerdem wolle die Unionsfraktion sicherstellen, dass über das neue Gesetz auch Geld an den Bundesfreiwilligendienst fließe.