Polizeikontrollen in Zürich

Fehlbare Barbershops verstossen im Schnitt gegen drei Gesetze

30.11.2023, 16:02 Uhr
· Online seit 30.11.2023, 10:17 Uhr
Im Frühjahr 2023 beauftragten drei Zürcher Kantonsräte die Regierung damit, Barbershops genauer unter die Lupe zu nehmen. Weil dabei herauskam, dass die Anzahl Gesetzesverstösse relativ hoch ist, wollten es die drei bürgerlichen Politiker genauer wissen.
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In den letzten Jahren schossen Barbershops aus dem Boden wie Bartstoppeln aus dem Kinn. Dass sie alle rechtens wirtschaften und gleichzeitig faire Löhne zahlen, dem gegenüber ist SVP-Kantonsrat Marcel Suter skeptisch. Das Billig-Preismodell – 15 bis 25 Franken pro Haarschnitt – könne nicht aufgehen.

Zusammen mit zwei Ratskollegen verlangte Martin Suter deshalb Zahlen zur Kontrolltätigkeit der Polizei. Et voilà: 90 fehlbare Barbershops bei 228 kontrollierten Barbershops. Das sind fast 40 Prozent der Kontrollen, in welchen die Kantonspolizei Zürich in den letzten beiden Jahren also irgendeine Art von Verstoss gegen das Gesetz feststellte.

Und es kommt noch dicker: Innerhalb dieser 90 fehlbaren Barbershops wurden insgesamt fast 270 einzelne Verstösse festgehalten, sprich im Schnitt verstiessen diese Barbershops gleich gegen drei Gesetze.

Fehlerhafte Shampoo-Beschriftung 

Wegen dieser relativ hoher Anzahl Verstösse wollte Marcel Suter erneut gemeinsam mit SVP-Kantonsrat Ueli Bamert sowie FDP-Kantonsrat Mario Senn Genaueres über die Art der Gesetzesverstösse wissen.

Die Regierung solle aufschlüsseln, gegen welches Gesetz die Barbershops verstossen sowie ob es sich um blosse Übertretungen oder schwerwiegendere Vergehen gehandelt hatte.

Mit Abstand am meisten rapportierte die Polizei bei ihren Kontrollen Übertretungen des Lebensmittelgesetzes. Laut Antwort des Regierungsrats handelte es sich dabei meist um vergleichsweise kleine Vergehen, wie die fehlerhafte Beschriftung von Haar- oder Kosmetikprodukten.

Weiter gab es Übertretungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und Verstösse gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz.

Übertretungen vs. Vergehen vs. Verbrechen

Bei den knapp 270 Verstössen handelt es sich fast ausschliesslich um Übertretungen. In der Schweiz gibt es drei Arten von Straftaten: Übertretungen, Vergehen und Verbrechen. Erstere ist die schwächste Art einer Straftat, die lediglich mit einer Busse bestraft wird.

Nur bei drei Prozent der bei Barbershop-Kontrollen festgestellten Verstösse handelte es sich um mehr als nur Übertretungen. Sieben Vergehen und ein Verbrechen wurden von der Kantonspolizei rapportiert.

Auch die Stadtpolizei Zürich führt Kontrollen bei Barbershops durch. Auf Anfrage von ZüriToday schreibt die Stadtpolizei, dass man «die genaue Anzahl nicht statistisch festhalte». Die Kontrollen erfolgten durch die Gewerbepolizei während ihrer üblichen Patrouillentätigkeit. «In erster Linie wurde im Rahmen des Ausländer- und Integrationsgesetzes rapportiert.»

«Polizei hat regelmässig reingeschaut»

Nachgefragt in der Branche selbst, heisst es von mehreren Barbershops, dass man sich an die Regeln halte. Bei «Finest Barbers» in Zürich wurde das bereits kontrolliert. «Wir wurden bisher einmal geprüft. Da ging es darum, wie die Leute angestellt sind und ob bei der Bezahlung alles mit rechten Dingen zu und her geht», erklärt Joel Blattner, einer der drei Inhaber.

Wie der Betreiber weiter erklärt, hätten sie aber keine Probleme gehabt, den Beamten alles zu zeigen und offenzulegen. «Wir waren auch bei den Befragungen unserer Mitarbeitenden nicht mit anwesend. Wir wissen, dass bei uns alles regelkonform läuft», erzählt Blattner.

Dass es zu so vielen Verstössen komme, findet er selber auch «extrem krass». Er wisse, dass insbesondere während der Corona-Wellen viel kontrolliert wurde. Wohl um sicherzugehen, ob die Schutzmassnahmen umgesetzt werden, meint er.

«Die Polizei lief regelmässig bei unserem Shop vorbei und hat reingeschaut», so Blattner. Er geht davon aus, dass die Beamten so gesehen haben, dass es bei ihnen wohl keinen Grund gibt, strenger zu prüfen. Auch bei anderen Barbershops heisst es auf Anfrage, dass sie schon kontrolliert wurden, teilweise regelmässig.

Billigpreise machen Betreibern Sorgen

Bereits bei Eingang des ersten Vorstosses im Frühling äusserten sich mehrere Vertreter der Branche. Ihnen macht die Entwicklung hin zu Billigpreisen vielfach Sorgen. Coiffeur Graziano Cappilli aus Rüti hat im Frühling sogar eine Petition lanciert, «um die Zukunft der Branche zu sichern». In der Petition geht es um den Schutz des Titels «Coiffeur», die Senkung der Mehrwertsteuer auf 2,5 Prozent und Lohndumping.

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veröffentlicht: 30. November 2023 10:17
aktualisiert: 30. November 2023 16:02
Quelle: ZüriToday

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