Kieferorthopädie 18.04.2011

F1000-Brackets – erster Erfahrungsbericht

F1000-Brackets – erster Erfahrungsbericht

Zum AAO-Jahreskongress 2010 in Washington D.C. präsentierte die Firma Leone* ihr neues selbstligierendes Bracketsystem F1000. Dr. Roberto Ferro, Dr. Raffaelo Cortesi und Prof. Dr. Vincenzo Piras haben dieses getestet und berichten im folgenden Beitrag von ihren bisherigen klinischen Erfahrungen.

 

In den vergangenen Monaten hatten die Autoren Gelegenheit, das selbstligierende F1000- Bracket im Gesundheitszentrum Citadella (Padova) genau zu analysieren. So wurde dieses bei zehn Patienten mit bleibender Dentition und verschiedenen Arten von Malokklusionen eingesetzt.

F1000-Brackets sind passive selbstligierende Brackets, welche anstelle von Elastics oder Metallligaturen über einen Verschlussclip mit Schiebemechanismus verfügen, um den Bogen im Slot zu halten. Klassisch lassen sich selbstligierende Brackets je nach Art des Verschlusses verschiedenen Funktionstypen zuordnen:
• passive selbstligierende Brackets
• aktive selbstligierende Brackets
• passive/aktive (interaktive) selbstligierende Brackets

 


Passive SL-Brackets
Passive selbstligierende Brackets nutzen einen Schiebemechanismus, welcher wie eine versenkbare vierte Wand den Bogen im Slot hält und diesen somit in eine Art Tunnel verwandelt. Solche Systeme gewährleisten eine maximale Bewegungsfreiheit für den Bogen und reduzieren dadurch die Friktion.

Aktive SL-Brackets
Aktive selbstligierende Brackets bedienen sich eines Verschlussmechanismus, der aufgrund seiner elastischen Struktur den Bogen direkt gegen den Boden des Bracket­slots drückt.

Interaktive SL-Brackets
Passive/aktive (interaktive) selbstligierende Brackets hingegen weisen einen Verschlussmechanismus auf, welcher einen Vierkantbogen ähnlich wie ein aktives SL-Bracket festhält, jedoch runden Bögen mit einem Durchmesser unterhalb von .020'' ein freies Gleiten im Slot für friktionsarme Behandlungen ermöglicht.
Das Friktionslevel ist das Er­gebnis vieler verschiedener Kräf­te, sie hängt jedoch im Beson­deren von folgenden, durch Yamaguchi et al. beschriebenen Kräften ab:
a    – Reibungskoeffizient der in Kontakt befindlichen Materialoberflächen (Slot und Draht)
b    – Oberflächenrauigkeit der in Kontakt befindlichen Materialoberflächen (Slot und Draht)
c    – Gleitwirkung des Speichels
d    – Bracketbreite
e    – Slot- und Bogengröße
f    – Ligaturtyp.

Die Reduzierung der Reibung kann eine entscheidende Rolle für die Reduzierung der Summe aller systemischen Kräfte spielen und gestattet die Applikation kleiner biomechanischer Kräfte. Dennoch ist bisher noch kein Konsens zur „optimalen Kraft“ erzielt worden. Nach der Analyse von über 400 Fallberichten zu den während kiefer­ortho­pädischer Behandlungen applizierten Kräften schlussfolgerten Ren et al., dass bezüglich der Zahnbewegungen noch kei­ne ausreichende Befundlage zur Gestaltung der als optimal zu betrachtenden Kräfte vorliegt.2 Da weitere Befunde noch ausste­hen, kann man an diesem Punkt unter Anwendung des Prinzips der vorausschauenden Betrachtung schlussfolgern, dass die Applikation kleiner Kräfte, die keine Konstriktion parodontaler Blutgefäße verursacht, geringere Schäden am Parodontium erzeugt.3
Das F1000-Bracket stellt im Ge­gensatz zu anderen selbstligierenden Brackets ein vorprogram­miertes, rautenförmiges Twin-Bracket mit fünfeckiger Basis dar. Die vorhandenen Tie-Wings gestatten den Einsatz konventioneller Ligaturen am Bracket – ein wichtiger Vorteil, wenn eine Behandlung mit hoher Friktion gewünscht ist. Zudem gewährleistet die diagonale Bracketform mit der pentagonalen Basis eine genaue Positionierung und ermöglicht eine bessere Ausrichtung entsprechend der anatomischen Vorgabe der Kronenlängsachse.

 

Richard McLaughlin4 hebt die besondere Bedeutung der korrekten Bracketpositionierung in vorgeformten Systemen mit geraden Bögen hervor, indem er schreibt: „In der Vergangenheit wurden die besten Ergebnisse von den besten Drahtbiegern erzielt. In Zukunft werden die bes­ten Ergebnisse von denjenigen Kieferorthopäden erreicht werden, welche die Positionierung am besten beherrschen.“

Unsere ersten Erfahrungen mit F1000-Brackets haben – wie die Abbildungen der Fallbeispiele zeigen, die vereinfachte Positionierung dieser Brackets bestätigt. Der Schiebemechanismus lässt sich leicht öffnen und schließen und kann mithilfe eines neuen Instruments noch komfortabler bedient werden. Dieses Instrument unterstützt die einhändige Insertion des Bogens in den Slot und öffnet bzw. schließt den Clip zugleich. Im Rahmen unserer Be­obachtungen konnten bislang keinerlei Probleme beim Öffnen oder Schließen beobachtet werden: Weder klemmte der Clip, noch öffnete er sich un­beabsichtigt.
Im Journal of Clinical Orthodontics (JCO) wurde eine Arbeit veröffentlicht, welche die Ergebnisse einer sechsjährigen Studie von Keim, Nelson und  Vogols zur Entwicklung der Kieferorthopädie in den USA5 wiedergibt. Im Abschnitt über den Einsatz kieferorthopädischer Apparaturen wird festgestellt, dass im Jahr 2008 der Grad der Zufrieden­heit mit selbstligierenden Brackets auf 42% im Vergleich zu 8,7% im Jahr 2002 gestiegen war (Tabelle 1).

Unabhängige Statistiken signalisieren die wachsende Popularität der selbstligierenden Brackets. Obgleich selbstligierende Apparaturen deutlich populärer geworden sind, scheint der zunehmende Einsatz nicht durch die positiven wissenschaftliche Erkenntnisse zur selbstligierenden Technologie begründet, sondern eher Ergebnis autonomer Schlussfolgerungen individueller Anwender zu sein, die die klinische Überlegenheit und Effektivität dieser Brackets in der Praxis erlebt haben.6,7
Man kann sich also die Frage nach der wirklichen Ursache für die steigende Popularität selbstligierender Brackets stellen.
Vielleicht liegt die Antwort im vereinfachten „Management“ dieser Systeme, die das klinische Handling am Patienten verbessern und somit eine Erleichterung für den Kieferorthopäden bedeuten.8

Parallel zum Artikel werden drei Fälle gezeigt, bei denen F1000-Brackets eingesetzt wurden. Diese klinischen Fälle befinden sich momentan noch in diversen Behandlungsphasen, sodass der weitere Therapiefortschritt sowie Behandlungsabschluss hier noch nicht dargestellt werden konnten. Dies wird jedoch an dieser Stelle zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.

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