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Smartphone-Nutzung in der COVID-19-Pandemie

Nutzung mobiler Dienste als Helfer in schwierigen Zeiten

Während der ersten Phase der Pandemie zwischen Mitte März und Mitte Mai griffen 45% der Deutschen nach eigenen Angaben deutlich öfter zum Smartphone. In dieser Zeit waren die Mobilgeräte nicht nur ein zentrales Kommunikationsinstrument, sondern auch Zugangspunkt zu zahlreichen digitalen Diensten. Besonders junge Konsumenten verwendeten ihr Smartphone häufig; Im Alterssegment der 18- bis 24-Jährigen berichteten bemerkenswerte 62% von einer deutlich intensiveren Nutzung als vor COVID-19.

 

Tatsächlich wurde das Smartphone während der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen als digitaler Helfer in schwierigen Zeiten wahrgenommen. Schließlich haben die unterschiedlichen Spielarten mobiler Kommunikation in diesen Wochen viele persönliche Treffen ersetzt. 45% der Mobilfunknutzer fühlten sich nach eigenen Angaben dank des Smartphones weniger isoliert von Familie und Freunden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die ältere Generation den Nutzen neuer Kommunikationsdienste oft nicht wahrnimmt. Lediglich 33% der Befragten über 65 Jahre betrachten ihr Smartphone rückblickend als hilfreich gegen das Alleinsein, bei jungen Konsumenten unter 25 Jahren waren es hingegen 72%. 

 

Die Pandemie als Katalysator für neue Kommunikationsdienste?

Welche Dienste profitierten im Lockdown besonders stark? Verändert die Pandemie vielleicht sogar mobile Nutzungsmuster langfristig? In der Tat zeigen die Studienergebnisse bei fast allen Smartphone-relevanten Diensten eine stärkere Nutzung während der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Das Ausmaß der Zuwächse unterscheidet sich jedoch zum Teil erheblich. Besonders gefragt in der Krise waren Soziale Netzwerke und die gute, alte Sprachtelefonie. Video-Calls, die in der Pandemie im beruflichen Umfeld einen regelrechten Boom erleben, wurden ebenfalls stärker angenommen, ihre Nutzerbasis ist aber keinesfalls explodiert. 

Noch interessanter als die Betrachtung des temporären Nutzungs-Peaks ist der Blick auf mögliche langfristige Effekte. Um diese zu bewerten, wurden die 2.000 Konsumenten mit der Frage konfrontiert, ob sie nach Ende des „Social Distancing“ die jeweiligen Dienste in gleichem Umfang weiterhin verwenden wollen. Und auch hier werden Soziale Netzwerke an erster Stelle genannt. Obwohl diese ohnehin stark angenommen werden, wollen 10% der Konsumenten ihre während des Lockdowns stärkere Nutzung nicht zurückfahren. 


Offensichtlich überzeugen konnten auch Online-Banking-Lösungen. Diese verwendeten 13% der Befragten während der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen häufiger, 9% wollen die stärkere Nutzung fortführen. Bemerkenswert ist hier der spezifische Blick auf die ältere Generation: 17% der Befragten über 65 Jahre haben Online Banking häufiger genutzt, stattliche 14% wollen die gesteigerte Intensität beibehalten. Die Zahlen verdeutlichen: Ein Teil der Generation 65+ wurde durch die Pandemie mehr oder weniger freiwillig an Online Banking herangeführt  - und ließ sich zu einem erheblichen Teil von den digitalen Angeboten überzeugen. 


Ernüchternd dagegen sind die Ergebnisse im Bereich von Video-Calls. COVID-19 hat hier nicht den erwarteten Nutzungsschub ausgelöst. Gerade einmal 5% der Deutschen wollen künftig öfter Videotelefonate führen. Das ist nicht einmal die Hälfte jener, die in der Zeit von Mitte März bis Mitte Mai häufiger als zuvor Video-Call nutzten. Die Zahlen überraschen, denn Videotelefonie war während des „Social Distancing“ über Wochen oft die einzige Möglichkeit, Freunde und Familienangehörige außerhalb des eigenen Haushalts zu sehen. Offensichtlich bedarf es aber weiterer Impulse, um Video-Calls auch im privaten Kontext stärker zu etablieren. Anbieter von Hardware und Diensten können hierbei wertvolle Beiträge leisten, beispielsweise über die Vorinstallation entsprechender Apps, das Angebot passender Tarifbausteine oder das Bereitstellen intuitiver Bedienoberflächen gerade für ältere Konsumenten. Sie sollten dies zügig tun, denn im Augenblick ist das Momentum auf ihrer Seite. Schließlich gehören Video-Calls in Zeiten von Remote Work inzwischen fest zum beruflichen Alltag – entsprechend gering dürften Berührungsängste auch bei privater Nutzung ausfallen.

Konsumenten haben in der Pandemie mobile Kommunikation stärker verwendet. Die bestehenden Nutzungsmuster wurden intensiviert.

Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter Technology, Media & Telecommunications Deloitte

 

Und auch eine positive Überraschung halten die aktuellen Studienergebnisse bereit. Denn die Pandemie könnte tatsächlich eine kleine Renaissance der Sprachtelefonie auslösen. 8% der Befragten wollen künftig häufiger als vor COVID-19 zum Hörer greifen. Ein interessantes Detail dabei: Unter jungen Konsumenten ist die Bereitschaft zur stärkeren Nutzung von Telefongesprächen besonders groß.

Krisengebiet Remote Work?

Einen interessanten Blick über den mobilen Tellerrand hinaus versprechen die Rückmeldungen unserer Befragten zum Thema „Remote Work“. Dieses war während der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen für viele Berufstätige die einzig mögliche Arbeitsmöglichkeit. Und auch nach den Lockerungen erfolgt die Rückkehr in die Büros, wenn überhaupt, in sehr kleinen Schritten. Remote Work traf viele in technischer und räumlicher Hinsicht unvorbereitet. Dennoch bewerten rückblickend mehr als zwei Drittel der Befragten die Arbeit zu Hause als nicht schwieriger als am Bürostandort. Herausforderungen haben eher Frauen (32%) als Männer (27%) wahrgenommen - doch insgesamt können Arbeitgeber bei einer künftigen Flexibilisierung von Workspace mit einer Akzeptanz des Remote-Work-Konzepts rechnen.

 

Die weitgehend reibungslose Arbeit remote beruht entscheidend auf zuverlässigen Netzen, funktionierenden Anwendungen und einem modernen Gerätepark. Nur vergleichsweise wenige der befragten Konsumenten berichten von unterbrochenen Breitbandverbindungen, Hardware-Problemen oder Schwierigkeiten beim Zugriff auf Dateien. Stattdessen werden in erster Linie der zusätzliche Abstimmungsbedarf sowie die parallele Nutzung vieler unterschiedlicher Kommunikationskanäle negativ wahrgenommen. 

 

Die mit Abstand am häufigsten genannte Herausforderung im Homeoffice ist die Größe der genutzten Monitore. Auch dies ist eine positive Nachricht, denn Arbeitgeber können dieses Problem einfach und ohne ausufernde Kosten abstellen, indem sie ihren Mitarbeitern entsprechende Bildschirme für die Arbeit zu Hause bereitstellen. Und auch eine Fokussierung des Softwareangebotes auf wenige Kommunikationstools ist unproblematisch und würde offenbar manchen Arbeitnehmern das Leben leichter machen.

Hürden im Homeoffice betreffen eher Aspekte rund um Equipment und Organisation, weniger die Infrastruktur.

Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter Technology, Media & Telecommunications Deloitte