DIE JUDEN IN DER STRAFKOMPANIE
DIE JUDENVERNICHTUNG IM KL AUSCHWITZ
DIE JUDENVERNICHTUNG IM KL AUSCHWITZ
DIE JUDEN IN DER STRAFKOMPANIE
Im zweiten Monat nach ihrer Ankunft im Lager wurden die Juden in Block 2 untergebracht und später – zusammen mit den Polen, die der Beteiligung an der Flucht des ersten Häftlings aus dem Lager (Tadeusz Wiejowski) beschuldigt wurden, ins Obergeschoss von Block Nr. 2 verlegt, bis sie dann schließlich im Erd- und teilweise auch im Obergeschoss von Block 11 einquartiert wurden. Zusammen bildeten sie die sogenannte Strafkompanie, die sehr rigoros behandelt und zur Ausführung der schwersten Arbeiten eingesetzt wurde. Während ihre Versetzung in die Strafkompanie für die Polen eine Strafe für angebliche Verschuldungen im Lager war, kamen die Juden allein aufgrund ihrer Herkunft dorthin.

Die Häftlinge aus der Strafkompanie wurden vor allem zum Ziehen der zur Planierung der Lagerwege dienenden massiven Walze, zum Tragen der Betonpfeiler für den Zaun sowie zur Förderung von Kies aus nahegelegenen Gruben eingesetzt (es gab mindestens vier solche Kiesgruben). Die Arbeit dort fand unter geradezu mörderischen Bedingungen statt: die unablässig von den Kapos mit Knüppeln geschlagenen Häftlinge mussten sich mit ihren mit Kies gefüllten Schubkarren „im Laufschritt” vorwärtsbewegen, und wenn jemand stolperte oder vor Erschöpfung umfiel und nicht sofort wieder aufstand, wurde er bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen oder getötet. Aus den erhalten gebliebenen Dokumenten geht hervor, dass praktisch alle Juden, die von 1940 bis zum Frühherbst 1941 ins Lager eingeliefert wurden, unverzüglich nach ihrer Ankunft in die Strafkompanie in Block 11 geschickt wurden und dass wahrscheinlich alle dort umkamen.
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Franciszek Wieczorkowski, Arbeit an der Walze.
Quelle: Sammlungen PMA-B

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Ernst Krankemann, Nummer 3210, Kapo der Strafkompanie. Nach Auschwitz kam er mit dem Transport vom 29. August 1940 aus dem KL Sachsenhausen. Er zeichnete sich durch besondere Grausamkeit gegenüber den Häftlingen aus.
Quelle: Archiv des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau (im folgenden: APMA-B)

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Quelle: APMA-B

Personalkarte von Marcus Feingold, dem einzigen vor dem Herbst 1941 ins KL Auschwitz eingelieferten Juden, der nur deshalb nicht im Lager umkam, weil er bald darauf ins KL Neuengamme verlegt wurde.

Als an der Wende vom Winter zum Frühjahr 1941 begonnen wurde, die Häftlinge zu fotografieren, wurden von den etwa 250-300 der im Vorjahr ins Lager Eingelieferten nur von 23 Juden Aufnahmen gemacht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein geringer Teil der Fotografien wohl verlorengegangen ist, kann angenommen werden, dass die Sterblichkeit unter den Juden in Auschwitz in dieser Zeit bis zu 90% betrug.
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Ein am 29. November 1940 eingelieferter jüdischer Häftling. Auf der Jacke seiner Häftlingskleidung sieht man unter dem Dreieck und der Häftlingsnummer einen „schwarzen Punkt” – damit wurden die Häftlinge der Strafkompanie gekennzeichnet.
Quelle: APMA-B

In der ersten Hälfte des Jahres 1941 wurden, ähnlich wie im Vorjahr, etwa 330 Juden zusammen mit etwa 7000 Polen nach Auschwitz deportiert. Es ist anzunehmen, dass alle ums Leben kamen: zum Teil wurden sie systematisch in der Strafkompanie getötet, die übrigen (etwa 170-180) dagegen wahrscheinlich am 23. Juni, als der Lagerkommandant „aus Anlass” des Angriffs der Wehrmacht gegen die UdSSR den Funktionshäftlingen den Befehl erteilte, „alle Juden loszuwerden”. In der Strafkompanie spielten sich damals dantische Szenen ab: die Kapos und ihre Stellvertreter rannten mit Knüppeln über den Kiesgrund und prügelten damit mitleidlos alle Juden, die sich erfolglos bemühten, diesen Schlägen auszuweichen.

In den recht zahlreich erhalten gebliebenen Dokumenten aus der zweiten Jahreshälfte 1941 gibt es keine Eintragungen, die davon zeugen, dass sich damals irgendein vorher ins Lager eingelieferter Jude im KL Auschwitz befand. Indirekt bestätigen dies die Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge, die vom totalen und massenhaften Charakter dieses Verbrechens berichten.

Bericht von Kazimierz Hałgas:

Von anderen Ereignissen im Zusammenhang mit meinem Aufenthalt im KL Auschwitz ist mir der 23. Juni, ein Montag, besonders intensiv in Erinnerung geblieben – der Tag nach der sonntäglichen Sauforgie der SS-Männer, denn so hatten sie den Ausbruch des Krieges mit der UdSSR gefeiert. Gleich nach dem Morgenappell rief der Lagerkommandant alle Funktionshäftlinge zusammen, also auch die Blockältesten […]. Er erklärte geradeheraus, dass er bis zum Abendappell keine Juden mehr im Lager haben wolle. Sie seien schuld am Krieg.

Diese Absicht wurde voll verwirklicht. Zuerst erschlug man alle kranken Juden in der S.K. Kranke Juden durften damals nicht ins Krankenrevier aufgenommen werden. Wenn sie nicht aufstehen konnten, ließ man sie im Block, wo sie im Laufe des Tages totgetrampelt wurden. Daher wurden sie noch vor dem Mittag tot aus dem Block herausgetragen. Der Rest wurde in der Kiesgrube erledigt, die sich hinter dem Zaun gegenüber dem Krankenblock 20 befand. Durch ein Fenster auf dem Flur dieses Blocks im ersten Stock konnte ich damals eine Zeitlang beobachten, wie in der Kiesgrube die dort arbeitenden Juden zusammen mit der gesamten Strafkompanie erledigt wurden.
Quelle: Bericht von Kazimierz Hałgas, APMA-B. Zespół Oświadczenia, Bd. 89, K. 165, 166.