Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Physiologie des Herzens

  Reflexe und hormonelle Wirkungen
© H. Hinghofer-Szalkay
Bainbridge-Reflex: Francis A. Bainbridge
Bezold-Jarisch-Reflex: Albert v. Bezold, Adolf Jarisch
Frank-Starling-Mechanismus: Otto Frank, Ernest Starling
Gauer-Henry-Reflex: Otto Gauer, James Henry
inotrop:
ἰνός = Muskel, τρόπος = Richtung, Wendung




Blut strömt aus der Kreislaufperipherie zum rechten Herzvorhof - angetrieben durch ein Druckgefälle: Je höher der periphere ("systemische") Druck und je geringer der Vorhofdruck, desto leichter bewegt sich das Blut herzwärts. Die Strömung nimmt mit dem Druckunterschied zu, die Kurve des venösen Rückstroms (venous return) quantifiziert diese Beziehung. Dazu kommt: Während der Systole "saugt" das Herz Blut aus dem Venensystem an.

Entsprechend dem Frank-Starling-Mechanismus fällt die Systole umso stärker aus, je mehr Blut in der Diastole in die Kammer eingelagert wurde. Die Darstellung als Druck-Strömungs-Diagramm heisst Starling-Kurve. Beide Kurven (venöser Rückstrom und Starling) überschneiden sich im aktuellen Zustandspunkt des kardiovaskulären Systems (Gefäßsystem und Herz sind hydromechanisch zusammengeschaltet) - sozusagen als Kompromiss zwischen der Mechanik des Kreislaufs und derjeniger des Herzens.

Der Druck im Vorhof ist kardiologisch aufschlussreich: Im rechten Vorhof wird er als zentraler Venendruck (CVP: central venous pressure), im linken Vorhof als pulmonalkapillärer Druck (PCWP: pulmonary capillary wedged pressure) bezeichnet. Diese Druckwerte können mittels Herzkathetern ermittelt werden.

Änderungen von Ventrikelkraft, Blutvolumen, Gefäßdehnbarkeit oder peripherem Strömungswiderstand äußern sich in charakteristischen Verlagerungen der entsprechenden Druck-Volumen-Beträge. So wird bei körperlicher Belastung das Herzminutenvolumen (Strömung) stark erhöht, der Vorhofdruck kann dabei unverändert bleiben, wenn sich die Zustandskurven - venöser Rückstrom und Starling - entsprechend verschieben (höhere Inotropie des Herzens, erleichterter venöser Rückstrom aus der Peripherie).

Unter physiologischen Bedingungen sind die Aktionen von Herz und Kreislauf gut aufeinander abgestimmt. Das ermöglichen Feedback-Mechanismen: Die Herzwände sind mit Rezeptoren ausgestattet, die Reflexe auslösen und als Volumen- oder Frequenzwächter auftreten können. Auch ist das Herz ein hormonbildendes Organ: Natriuretische Peptide werden bei starker Dehnung in den Kreislauf freigesetzt und erhöhen u.a. die renale Salz- und Wasserausscheidung. Auf diese Weise wird das Blutvolumen gesenkt und das Herz entlastet (was auch durch Diuretika bezweckt wird, wenn der Blutdruck zu hoch oder das Herz überfordert ist).


Venöser Rückstrom Rezeptoren und Reflexe   Vorlast und Nachlast

Praktische Aspekte       Core messages

Der Großteil (60-70%) des Blutvolumens befindet sich im Venensystem, und aus diesem Reservoir schöpft das rechte Herz seinen Nachschub - und zwar an der Einmündungsstelle der Hohlvenen in den rechten Vorhof (beim linken Herzen ist es die Einmündung der Pulmonalvenen in den linken Vorhof). Der "Versorgungsdruck" an diesen Einmündungsstellen wird als rechts- bzw. linkskardiale Vorlast (preload) bezeichnet, und er hängt von mehreren Faktoren ab:
Beim rechten Herzen
vom Blutvolumen und dem - durch den Sympathikus einstellbaren - Kontraktionsgrad (venösem Tonus) der peripheren Gefäße (beides steigert den Füllungsdruck), der Pumpaktion des rechten Ventrikels (nimmt diese zu, sinkt der Füllungsdruck), von der Körperlage (im Liegen ist der Füllungsdruck wesentlich höher als im Sitzen oder Stehen: Orthostase), von der Atemphase (Inspiration fördert den Blutstrom zum Herzen), von der Aktivität der Skeletttmuskulatur (die Muskelpumpe fördert den Rückstrom von Blut zum Herzen).
Beim linken Herzen hängt der diastoliche Füllungsdruck ab von der Atemlage (höher bei Exspiration), dem Sauerstoffgehalt der Luft (Vasokonstriktion bei Hypoxie), der Pumpleistung des linken Ventrikels (nimmt diese zu, sinkt der Füllungsdruck).

Pressen / Husten / Vaslalva-Manöver, die alle den intrapulmonalen Druck steigen lassen, wirken sich entsprechend auf die Druckverhältnisse im Herzen aus ( vgl. dort).
 
Das Niederdrucksystem wirkt als Blutreserve für das Herz
 
Wie sind Gefäßsystem und Herz funktionell aufeinander abgestimmt? Einerseits fließt dem rechten Herzen Blut aus dem Körper zu (venöser Rückstrom), andererseits pumpt das linke Herz Blut in das arterielle System (wo eine bestimmte arterielle Impedanz herrscht). Das Herz fungiert als Förderpumpe, mit dem Lungenkreislauf zwischen rechter und linker Herzhälfte.
 

Abbildung: Effekte (rote Pfeile) von Blutvolumen, Inotropie und peripherem Widerstand auf die Druck-Strömungs-Charakteristika im Kreislauf
Nach Vorlagen bei McGraw-Hill 2006


Oben: Erhöhung des Blutvolumens (venöse Rückstromkurve nach rechts verlagert) steigert Vorlast und Herzminutenvolumen.
 
Mitte: Stärkung des Herzschlags (positive Inotropie) erhöht das Herzzeitvolumen (cardiac output) und senkt die Vorlast.
 
Unten: Vasokonstriktion (erhöhter peripherer Widerstand) senkt das Herzzeitvolumen.
 
Schnittpunkte (grün): Druck- und Strömungswerte, die sowohl der Funktionskurve des Herzens als auch derjeniger des Gefäßsystems entsprechen. Andere Zustände sind nicht möglich, da Herz und Kreislauf gekoppelt sind.
 
Venous return -Kurve: Der Druckabfall von der Kreislaufperipherie (Schnittpunkte der blauen Kurven mit der Abszisse: "Systemdruck", mean systemic pressure) zum rechten Vorhof treibt Blut in das Herz (venöser Rückstrom)

Cardiac output -Kurve s. Starling-Mechanismus

Venöser Rückstrom und Pumpfunktion des Herzens haben jeweils ihre eigene Druck-Strömungs-Charakteristik. An der Schnittstelle zwischen Herz und Gefäßsystem ergibt die Überschneidung dieser beiden Funktionen den aktuellen “Arbeitspunkt” des Herzens - definiert als Schnittpunkt der Kurve für Herzzeitvolumen (cardiac output - Frank-Starling-Mechanismus ) und venösem Rückstrom (venous return).

Strömungsgesetz: Das Blut strömt aus der Kreislaufperipherie aufgrund eines treibenden Drucks zum Herzen, und der Betrag des Herzzeitvolumens (HZV) ist proportional dem Unterschied von peripherem (Venolen-) Druck (mittlerer systemischer Druck pms) und dem (diastolischen) Druck im rechten Herzen (Füllungsdruck, Zentralvenendruck, rechtsatrialer Druck pra):
 
HZV ~ pms - pra
 
Dieser Druck beträgt einige mm Hg (vgl. dort). Steigt der periphere Druck, nimmt der Transport von Blut zum Herzen (und das Herzminutenvolumen) zu; steigt der Zentralvenendruck, nehmen diese Werte ab.

Kommt es zu einer Einengung im venösen Rückstromgebiet (Erhöhung des Strömungswiderstandes, etwa durch Kompression der unteren Hohlvene), dann flacht sich die Kurve des venösen Rückstroms ab, d.h. bei gegebenem Druckunterschied fließt weniger Blut zum Herzen. Das kann zu Erniedrigung der kardialen Auswurfleistung und im Extremfall zu Kreislaufkollaps führen.
 
Rezeptoren und reflektorische Steuerung
 
Kardiopulmonale Rezeptoren in Herzmuskel (80% unmyelinisiert, vor allem aus den Ventrikeln; 20% myelinisiert, aus den Vorhöfen), Hohlvenen und Pulmonalarterie codieren die Stärke ihrer Wanddehnung als Aktionspotentialfrequenzmuster. Es sind mechanosensible Nervenfasern, welche die afferente Information über den Vagusnerv (X) an das Kreislaufzentrum (nucl. tractus solitarii) übermitteln. Sie projizieren auch auf andere Kerne des Kreislaufzentrums sowie auf den Hypothalamus (vermehrte Dehnung der Vorhöfe reduziert die Vasopressinbildung magnozellulärer Neurone).
 
Die Reflexwirkung
einer stärkeren Vorhofdehnung ist eine inhibitorische auf den peripheren Widerstand, ähnlich wie die der arteriellen Barorezeptoren - allerdings nicht generalisiert, sondern nur in den Nieren. Gleichzeitig steigert der Bainbridge-Reflex (s. weiter unten) die Herzfrequenz (im Gegensatz zum Baroreflex, dessen Aktivierung die Herzfrequenz senkt). Die kombinierte Reflexwirkung - renale Vasodilatation und Tachykardie - ist eine Steigerung von renaler Perfusion und Diurese.
 
Eine Abnahme der Vorhofdehnung beeinflusst die Herzfrequenz kaum, erhöht aber die sympathische Efferenz zu den Nieren.

Näheres zu Niederdruckrezeptoren s. dort

Sinkender Druck (mangelnder venöser Rückstrom!) aktiviert neurale und humorale Mechanismen, welche die Vorlast des Herzens wieder steigern. Über Wirkung im Hypothalamus kann die Sekretion von Vasopressin vom Herzen aus reflektorisch beeinflusst werden. Nach dem Gauer-Henry-Reflex bewirkt Erhöhung des Drucks im Bereich des rechten Vorhofs über Vasopressin Diurese - beim Menschen spielt dieser (bei manchen Tieren physiologisch bedautsame) Reflex eine untergeordnete Rolle, hier führt kardiale Drucksteigerung vor allem zu Volumenregulation über natriuretische Peptide.

Steigender Füllungsdruck wird vom Herzen auch direkt beantwortet: Durch Freisetzung natriuretischer Peptide (atrial: ANP, brain: BNP, letzteres klinisch als Herzinsuffizienzmarker verwendet, da es von den Ventrikeln gebildet wird: Je schwerer die Insuffizienz, desto höher die BNP-Spiegel im Plasma).

Der Bezold-Jarisch-Reflex wird durch Rezeptoren im Ventrikel ausgelöst: Es ist ein vagaler Schutzreflex, der zu Verlangsamung des Herzschlags führt und den Blutdruck erniedrigt. Dieser Reflex kann durch Minderdurchblutung, Sauerstoffmangel, Serotonin ausgelöst werden.

Kardiomulmonale Rezeptoren fallen in folgende Kategorien:

      Ventrikuläre Chemorezeptoren: Sie bilden den Großteil der nichtmyelinisierten Afferenzen (C-, einige Aδ-Fasern) und melden über sympathische und parasympathische Bahnen Schmerzimpulse an das Gehirn. Aktivierbar sind sie durch Stoffe, die aus ischämischen Myozyten frei werden - Adenosin, Bradykinin, Prostaglandine, Histamin, Serotonin, Thromboxan aus Blutplättchen, Laktat, K+-Ionen, Sauerstoffradikale (Angina pectoris!). Solche Meldungen bewirken eine reflektorische Erhöhung des Sympathikustonus (Bradykardie, Blutdruckanstieg, evt. Arrhythmien).
  
      Myelinisierte veno-atriale Mechanorezeptoren: Bei diesen "Volumenrezeptoren" handelt es sich - wie in arteriellen Barorezeptoren - um mechanosensible Nervenfasern. Sie liegen im Endokard der Einmündungsgebiete der Zustromgefäße und der Vorhöfe und signalisieren Zentralvenendruck und zentrales Blutvolumen. Diese Größen bestimmen die Vorlast des Herzens, die von den Volumenrezeptoren beeinflusst wird. Herzminutenvolumen und arterieller Blutdruck stehen damit indirekt auch unter dem Einfluss der Volumenrezeptoren.

Man unterscheidet

    Vorhofrezeptoren (A-Rezeptoren): Sie befinden sich in der Wand des rechten Vorhofs und signalisieren mechanische Reizung während der Vorhofkontraktion - synchron mit der a-Welle im Venenpuls bzw. der P-Welle im EKG. Sie wurden als Herzfrequenzfühler beschrieben.

    Hohlvenenrezeptoren (B-Rezeptoren): Diese befinden sich an den Einmündungsregionen der v. cava superior sowie der v. cava infeior. Sie melden das Ausmaß passiver Dehnung - und damit indirekt Information über die Höhe des zentralen Venendrucks; sie feuern spätsystolisch und während des frühdiastolischen Druckanstiegs, synchron mit der v-Welle des Venenpulses. Ihre Reizung reduziert den Sympathikustonus, senkt so den Blutdruck (ähnlich wie beim Barorezeptorreflex) und bremst den Renin- Angiotensin- Aldosteron- Mechanismus, was zu Volumenentlastung führt.

Bei stärkerer Dehnung der Vorhofrezeptoren (Erhöhung des venösen Rückstroms, rasche Infusion größerer Mengen Kochsalz) und niedriger Herzfrequenz wird der Bainbridge-Reflex (atrial reflex) über vagale Afferenzen und Wirkung auf das Kreislaufzentrum aktiviert: Die Aktivität sympathischer Efferenzen zum Sinusknoten nimmt zu, das Herz schlägt schneller (isolierte Tachykardie) - dadurch werden die Vorhöfe entlastet

Ein physiologischer Ausdruck des Bainbridge-Reflexes ist die respiratorische Sinusarrhythmie.

Zum Bainbridge-Reflex s. auch dort

Während Reizung der Barorezeptoren die Herzfrequenz senkt (negative Rückkopplung, Stabilisierung des Blutdrucks), erhöht der durch Dehnung von Vorhofrezeptoren (Erhöhung des Zentralvenendrucks) ausgelöste Bainbridge-Reflex
die Herzfrequenz ( Abbildung).
 

Abbildung: Einfluss einer Volumenerhöhung ("Infusion") auf Bainbridge- und Barorezeptorreflex

Der Barorezeptorreflex wirkt vor allem bei niedrigeren, der Bainbridge-Reflex bei höheren Füllungs- und Druckwerten

Die an sich gegenläufigen Reflexeffekte beeinflussen die Herzfrequenz in Abhängigkeit vom Volumenstatus und ergänzen einander mit dem Ziel einer optimalen Herz- und Kreislauffunktion
( s. dort): Während Barorezeptoren die Stabilisierung des Blutdrucks zum Ziel haben, reagieren Volumenrezeptoren auf Dehnung mit einer Erhöhung der Flüssigkeitsausscheidung (Erniedrigung des Blutvolumens).
  
      Nichtmyelinisierte Mechanorezeptoren im Herzmuskel: Sie übertragen Mechanosensibilität aus dem gesamten Herzen und der Pulmonalarterie über sympathische und parasympathische Bahnen. Sie bewirken bei enddiastolischen Drucksteigerungen - z.B. bei tiefer Einatmung - Bradykardie und Vasodilatation (ein Reaktionsmuster, das auch bei Reizung arterieller Barorezeptoren auftritt). Ihr Beitrag zur Homöostase des Herzminutenvolumens ist gering.
  
      Barorezeptoren in den Koronararterien: Sie funktionieren wie andere arterielle Barorezeptoren und wirken stärker als Mechanorezeptoren im Ventrikelbereich.
  

Abbildung: Arterielle und kardiopulmonale Barorezeptoren: Afferenzen und Efferenzen
Nach einer Vorlage in Stowe D, Ebert T. Sympathomimetic and sympatholytic drugs. In A. Evers, M. Maze, & E. Kharasch (Eds.), Anesthetic Pharmacology: Basic Principles and Clinical Practice (pp. 648-665). Cambridge University Press 2013

Afferenzen (von Herz und Gefäßen) zum, und Efferezen (zu Herz und Gefäßen) vom Kreislaufzentrum laufen über sympathische und parasympathische (IX, X) Nervenbahnen

Im Gegensatz zu arteriellen Rezeptoren, welche den Gefäßwiderstand generell im Körper beeinflussen, nimmt bei Reizung der B-Rezeptoren im Vorhof nur der Widerstand der Nierengefäße ab und die renale Perfusion zu. Das verstärkt die Diurese und reduziert das Blutvolumen (negatives feedback).

Zur dehnungsabhängigen Freisetzung atrialer natriuretischer Peptide s. dort
 
Vorlast und Nachlast
  
Je höher der diastolische Füllungsdruck, desto stärker kontrahiert der Ventrikel (Frank-Starling) - das Herz funktioniert als "angebotsorientierte Pumpe". Diesen "Nachschubdruck" (rechts aus dem Venensystem, links aus dem Lungenkreislauf) nennt man Vorlast. Steigt sie an, nimmt die Herzleistung zu.
 
Andererseits muss der Ventrikel einen arteriellen Druck überwinden (rechts Pulmonalarterie, links Aorta) - dieser Druck gilt als Maß für die Arbeit, welche der Ventrikel leisten muss, um sein Schlagvolumen zu fördern, und wird als Nachlast bezeichnet. Steigt die Nachlast, sinkt das Schlagvolumen.

Zu Vorlast und Nachlast s. auch dort
   
Indikatoren für Vor- und Nachlast: Rechtes Herz

  
   Als zentralen Venendruck (ZVD, central venous pressure CVP) bezeichnet man den mittleren Blutdruck im Bereich der herznahem Venen im Thorax sowie im rechten Vorhof. Er indiziert die rechtskardiale Vorlast (preload).
 
Ein Anstieg des ZVD kann durch Rückstau vor dem Herzen (Insuffizienz) oder Lungenkreislauf (Sauerstoffmangel, Embolie) sowie Erhöhung des Blutvolumens (
Abbildung oben) bedingt sein. Der ZVD nimmt bei Aufrichten des Körpers (Blutumverteilung in untere Körperpartien) oder Blutverlust (mangelnde systemische Füllung) ab. Er kann mittels Zentralvenenkatheter gemessen werden - intraoperativ oder bei Intensivpatienten, um den Kreislaufzustand zu überwachen.

  
   Die Nachlast (afterload) des rechten Ventrikels ist durch den pulmonalarteriellen Druck gegeben.
 
Indikatoren für Vor- und Nachlast: Linkes Herz
 
     Der pulmonalkapilläre Druck (PCWP = pulmonary capillary wedge pressure) wird als Maß für diastolische Füllung und Vorlast des linken Ventrikels angesehen.

Messung: Eine Sonde wird vom rechten Ventrikel aus in eine Verzweigung der Pulmonalarterie vorgeschoben und mittels aufgeblasenem Ballon an der Sondenspitze "eingekeilt" - daher der Name, wedge = Keil; dadurch wird die Messstelle hydrostatisch vom pulmonalarteriellen Druck entkoppelt und mit dem Lungenkapillargebiet verbunden.


Abbildung: Linksdiastolische Druck-Volumen-Relation in Abhängigkeit von körperlichem Training
Nach Harridge SDR, Lazarus NR, Physical Activity, Aging, and Physiological Function. Physiology 2017; 32: 152-61

In Gruppen zu je 25 Personen - Untrainierte, unregelmäßig und regelmäßig Trainierte sowie Spitzensprotler - wurde mittels Herzkatheter (Druck) und Echokardiografie (Volumen) die Beziehung des pulmonalkapillären Drucks (Pulmonary capillary wedge pressure) als Funktion des normierten linksventrikulären enddiastolischen Volumens (Volumenindex: ml pro Quadratmeter Hautoberfläche) untersucht.
 
Bei niedrigem Trainingszustand ist die Kurve nach links verschoben und steil, was auf weniger dehnbare, steifere Ventrikelwände hinweist. Gut bis sehr gut Trainierte haben rechtsverschobene und flachere Druck-Volumen-Kurven (besser dehnbare Wände, höhere Volumencompliance)

Die Beziehung des PCWP zum enddiastolischen Volumen hängt stark von der körperlichen Fitness ab; Training erhöht die ventrikuläre Compliance und verschiebt damit die Druckkurve zu höheren Füllungsvolumina ( Abbildung).

  
   Die Nachlast für den linken Ventrikel ist die arterielle Impedanz (dynamischer Widerstand an der Aortenwurzel während der Austreibungszeit), klinisch wird sie durch die Höhe des arteriellen Blutdrucks abgeschätzt.
 
rechter Ventrikel
linker Ventrikel
Maß für die Vorlast (preload)
Maß für die Nachlast (afterload)
Maß für die Vorlast (preload) Maß für die Nachlast (afterload)
Zentralvenen-
druck
Pulmonalarterien-
druck
PCWP
Arterieller Blutdruck
  


Abbildung: Vorhofrezeptor- (Bainbridge-) Reflex
Nach einer Vorlage in tmedweb.tulane.edu

Steigt der Druck in den Vorhöfen des Herzens, kommt es über vagale Afferenz zur Auslösung des Bainbridge-Reflexes: Der Sympathikustonus nimmt zu, der parasympathische sinkt.
 
Steigerung der Herzleistung senkt den Vorhofdruck


Rasche Volumensteigerung (z.B. durch Wechsel von aufrechter zu liegender Körperlage - orthostatische Reaktion -, oder Infusion volumenwirksamer Flüssigkeit) erhöht den Druck im rechten Vorhof.

Das löst Reflexmuster aus, die unterschiedliche Wirkung haben:

       Bei bereits hohem Druck in den Vorhöfen löst weitere Dehnung von Vorhofrezeptoren über vagale Afferenzen den Bainbridge-Reflex aus (s. oben): Das Herz versucht das hohe Blutangebot über die Schlagfrequenz 'abzuarbeiten'.

       Bei niedrigem Ausgangsdruck hingegen erhöht der Frank-Starling-Mechanismus das Schlagvolumen mit zunehmender diastolischer Füllung. Steigender Blutdruck aktiviert wiederum den Barorezeptorreflex, was den Sinusknoten hemmt und die Herzfrequenz senkt (grüne Blöcke in der Abbildung).

       Vgl. dort



 
Pathologische Abnahme des Fördervermögens des rechten Ventrikels (Rechtsherzinsuffizienz) hat zwei Auswirkungen:

     Einerseits steigt der Druck im Venensystem (rechtskardiale Vorlast) und es können kardiale Ödeme auftreten, insbesondere in den Beinen und in der Leber.

     Andererseits nimmt die Auswurfleistung in den Lungenkreislauf ab (rechtskardiale Nachlast) und die hier gelegenen Dehnungsrezeptoren signalisieren einen Volumenmangel, was zu einer Retention von Wasser und Kochsalz in der Niere führt (chronisch erhöhter Sympathikustonus!) und die Ödembildung weiter anheizt.

  Therapeutisch kommt eine Kombination aus Herzstärkung (z.B. Glykoside) und Natriurese (z.B. Schleifendiuretika) in Betracht (je nach Klassifikation des Krankheitsbildes).
 

 
      Gefäßsystem (venöser Rückstrom, arterielle Impedanz) und Herz sind funktionell aufeinander abgestimmt: Erhöhung des Blutvolumens (vermehrte Vorlast) steigert (Frank-Starling), Vasokonstriktion (erhöhter peripherer Widerstand) senkt das Herzzeitvolumen. An der Schnittstelle Herz / Gefäßsystem überschneiden sich die Arbeitskurven von Herz und Kreislauf im aktuellen “Arbeitspunkt”. Steigt der periphere (systemische) Druck, fließt mehr, steigt der Zentralvenendruck, fließt weniger Blut zum Herzen
 
      Kardiopulmonale Rezeptoren in Vorhöfen, Ventrikeln und herznahen Gefäßen übertragen Information über den Vagusnerv an Kreislaufzentrum und Hypothalamus. Ihre Reizung (z.B. durch Drucksteigerung) senkt Herzfrequenz und peripheren Widerstand (nucl. tractus solitarii) und inhibiert die Sekretion drucksteigernder Hormone (Hypothalamus: Vasopressin). Sinkender Druck aktiviert umgekehrt Mechanismen, welche die Vorlast des Herzens steigern
 
      Ventrikuläre Chemorezeptoren (Adenosin, Bradykinin, Prostaglandine, Histamin, Serotonin, Thromboxan, Laktat, K+, Sauerstoffradikale) bilden den Großteil nichtmyelinisierter C- und Aδ-Afferenzen, melden Schmerz an das Gehirn und erhöhen sympathische Efferenzen (Bradykardie, Blutdruckanstieg). Myelinisierte veno-atriale Mechanorezeptoren messen das zentrale Blutvolumen: Vorhof (A-) rezeptoren feuern während der Vorhofkontraktion (Herzfrequenzfühler) und lösen bei starker Dehnung den Bainbridge-Reflex (Tachykardie entlastet die Vorhöfe) aus; Hohlvenen (B-) rezeptoren melden den zentralen Venendruck (frühdiastolischer Druckanstieg), senken Sympathikustonus (ähnlich wie Barorezeptorreflex) und renalen Gefäßwiderstand, und bremsen den Renin- Angiotensin- Aldosteron- Mechanismus (Volumenentlastung). Nichtmyelinisierte Mechanorezeptoren im gesamten Herzen (plus Pulmonalarterie) bewirken bei enddiastolischen Drucksteigerungen (tiefe Einatmung) Bradykardie und Vasodilatation. Barorezeptoren in den Koronararterien wirken stärker reflexogen als ventrikuläre Mechanorezeptoren. Der Bezold-Jarisch-Reflex ist ein vagaler Schutzreflex, ausgelöst durch Minderdurchblutung, Sauerstoffmangel, Serotonin: er führt zu Bradykardie und Blutdrucksenkung
 
      Ein Maß für die Vorlast des rechten Herzens ist der zentrale Venendruck (mittlerer Blutdruck im Bereich des rechten Vorhofs), für die Nachlast der pulmonalarterielle Druck. Für das linke Herz wird die Vorlast durch den pulmonalkapillären (PCWP), die Nachlast durch den arteriellen Druck abschätzbar. Steigerung der Herzleistung senkt den Vorhofdruck
 

 




  Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen: Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.