Elektronik > 2021 > 2021-12-12
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PIN-Sonde mit OP-Verstärkern und Tonaderspeisung

Bei aller Begeisterung für die Zweitransistor-PIN-Dioden-Sonde zur Detektion radioaktiver Beta- und Gammastrahlung, wer in Richtung Messung gehen will, braucht etwas Stabileres! Als solches findet man auf den Elektronikseiten von B. Kainka einen OP-Verstärker-basierten Schaltungsvorschlag zur Vorverstärkung der PIN-Dioden-Impulse. Der leidet weit weniger unter Spannungs- und vor allem Temperaturabhängigkeiten und gibt der PIN-Diode eine niederohmigere Anbindung ohne unerklärliche "Arbeitspunkteffekte". Wenn man allerdings mit einer Energieversorgung von ein oder zwei NiMH-Akkus je 1.2 V arbeiten will, kommt man ohne Aufwärtskonversion nicht mehr aus. Und die erhöhen unnötig die Komplexität. Da der vorgeschlagene OP-Verstärker TLC272 mindestens 3 V Betriebsspannung benötigt, habe ich es mit zwei Spannungswandlern versucht, einmal induktiv (1.2 V auf 5 V) und einmal kapazitiv (2.4 V auf 4.8 V mit dem ICL7660). Beide Male war der Erfolg bescheiden, insbesondere wegen Beteiligung der wandlerinduzierten Störungen.
Also fiel die Wahl auf die Tonaderspeisung, die sowohl PC als auch Smartfon an ihrem Mikrofoneingang für Elektretmikrofone anbieten. Das vereinfacht die PIN-Sonde, soweit sie die Auswertung einem Rechner überlassen soll, ganz wesentlich. Maßstab war mein Smartfon (Samsung Xcover 4). Das liefert 2.5 V Gleichspannung am Mikrofon-Klinkenbuchsen-Eingang, allerdings über einen Innenwiderstand von 2.2 k. Damit wäre bei einem Zweifach-OPV auf Basis TLC272 sowohl die verfügbare Spannung als auch der verfügbare Betriebsstrom zu niedrig. Die Wahl fiel deshalb auf den pinkompatiblen MCP6002. Der rauscht zwar ein klein wenig mehr, kostet aber nur die Hälfte, kommt laut Datenblatt mit 1.8 V aus und begnügt sich mit 200 µA. Die würden die 2.5 V gerade einmal um 2.2 k x 200 µA = 440 mV reduzieren, so dass selbst mit Zusatzbeschaltung noch über 2 V Versorgungsspannung übrig bleiben.
Das Ergebnis ist eine doch recht einfach gebliebene Schaltung, die sowohl am Smartfon als auch am PC funktioniert. (Am PC stehen bei mir sogar 3.5 V zur Verfügung.) Verpackt in einem Alu-Gehäuse zusammen mit 10 parallel geschalteten PIN-Dioden BPW34 von Vishey ergibt sich eine robuste PIN-Sonde, die wenig handwerkliche Arbeit erfordert und zusammen mit meinem am Markt nicht mehr erhältlichen Thorium-Glühstrumpfpäckchen eine Zählrate von ca. 200/Minute liefert. Eine weitere drastische Verkleinerung der Mechanik sollte übrigens mit SMD-Teilen kein Problem sein.
Das Schaltbild wurde mit dem Internet-Schaltungssimulator von Paul Falstad erstellt [falstad.com/circuit/] und lässt sich dort durch Import von circuit-20211212-1537.circuitjs.txt bearbeiten. Von links nach rechts: Der 1 µF-Kondensator dient der Siebung der Speisespannung, die der Mikrofonanschluss liefert. Die folgenden drei Widerstände dienen zusammen mit dem zweiten Kondensator 1 µF und dem Kondensator 100 nF der Feinsiebung und Vorspannungserzeugung für die PIN-Diode(n) und die virtuelle Masse der OPV. Der erste OPV ist als Strom-Spannungswandler geschaltet, der aus 100 pA PIN-Diodenstrom 1 mV negative Ausgangsspannung (gegen virtuelle Masse) macht. Der zweite OPV ist kapazitiv an den ersten angekoppelt und verstärkt die Spannung um einen Faktor 330. Die beiden Kondensatoren 10 pF und 220 pF reduzieren das Rauschen. Am Ausgang des zweiten OPV dient der 100 nF-Kondensator als Wechselspannungslast für die Zählimpulse. Seine Größe bestimmt ganz wesentlich die Signalhöhe an der Klinkenbuchse. Die Wechselspannungslast erhöht den Versorgungsstrom kurzzeitig, wodurch sich am 2.2k-Widerstand im Smartfon eine Spannung aufbaut, die als Mikrofonsignal mit geeigneter Software auswertbar ist. Dabei dient der eingangsseitige 1 µF-Kondensator zusätzlich der Rauschunterdrückung. Zwar wird dadurch auch das Signal geschwächt. Ohne diesen Siebkondensator geht es aber leider nicht. Der 560 Ohm-Widerstand am Ausgang reduziert eine Schwingneigung der OPV, die sich interessanterweise mit der Anzahl parallel geschalteter PIN-Dioden vergrößert.
Als Gehäuse wurde eines aus Aluminium gewählt, um Licht und Funkstörungen abzuhalten. Wichtig ist der Einsatz der wasserdichten Version. (Die Normalversion ist am Deckel nicht lichtdicht.)
Für jede PIN-Diode (Rastermaß 5.08 mm) steht ein einzelnes 4 mm-Loch zur Verfügung. 4.5 mm wäre auch noch gegangen, 5 mm (oberes Loch) sind definitiv zu viel. Die Abschirmung besorgt eine Alu-Haushaltsfolie (15 µm dick), die von innen mit Grafit-Leitkleber befestigt wurde. Als Bohrmarkierschablone eignet sich übrigens die Fotodioden-Lochrasterplatine im unbestückten Zustand.
So könnte eine Messanordnung mit Smartfon aussehen. Das Kabel für die Mikrofonleitung ist ein selbstkonfektionierter Adapter zwischen dreipoliger Klinkenbuchse an der PIN-Sonde und einer vierpoligen am Händy. Die Kabelabschirmung ist nur am dreipoligen Klinkenstecker angeschlossen und über den inneren Kontakt mit dem Alu-Gehäuse verbunden. Wegen der Kontaktschwächen von Klinkenbuchsen wird auch der mittlere Kontakt als Masse genutzt. Am vierpoligen Stecker sind nur die inneren beiden Kontakte angeschlossen, und zwar für mein Händy das Signal am innersten (normalerweise Masse) und am zweitinnersten die Masse. Für den Anschluss an der Mikrofonbuchse des PCs reicht übrigens ein standardmäßiges dreipoliges Kabel!
Links der Gehäusedeckel mit Dichtung. Die ist zwar gegen Wasser gedacht, hilft aber auch gegen Licht. Auf der großen Platine befindet sich die Elektronik. Oben sieht man die Platine mit den 10 PIN-Dioden. Die Unterseite ist für die dreipolige Klinkenbuchse reserviert. Die Platinen warten noch auf eine Fixierung durch Heißkleber. Ohne Fixierung wirkt insbesondere die Diodenplatine zusammen mit der Alu-Folie als Kondensatormikrofon. Weitere Mikrofonieverursacher dürften die Keramikkondensatoren sein.
Nahansicht des Gehäuseinneren. Links die Klinkenbuchse, rechts die PIN-Diodenplatine.
Nahansicht der Diodenplatine, die die Alufolie nicht berührt und damit beschädigen könnte.
Elektronikplatine. Für eventuelle spätere Experimente und Optimierungen wurden einige Widerstände austauschbar gemacht und mit Fassungen versehen.
Verdrahtungsseite der Lochrasterplatine. An den Ecken wurden LED-Fassungen als Abstandshalter zum Metallboden zweckentfremdet, mit verdrilltem Schaltdraht befestigt und auf der Oberseite verlötet.
PIN-Dioden-Platine. Die Dioden wurden durch Präzisionsbuchsenleisten austauschbar gehalten. Man kann also nachträglich die Diodenzahl ändern oder den Diodenhersteller wechseln.
Verdrahtungsrückseite. Zur Reduzierung der Leckströme könnte es angebracht sein, die Platine von Flussmitteln zu reinigen. Die schwarzen Markierungen stammen noch von der Nutzung der unbestückten Platine als Bohrschablone.
Verklebung der Bohrlöcher mittels Alufolie und Grafitleitkleber - sicher optimierungsfähig, aber wirksam

Einige Tests

Da die PIN-Sonde den Mikrofonverstärker von PC oder Smartfon nutzt, ist es naheliegend, sich erst einmal das Signal (samt Rauschen) anzuhören. Das gelingt in Echtzeit nur am PC, da das Smartfon den Lautsprecher beim Einstecken des Klinkensteckers zwangsabschaltet. Als Probe diente mein nicht mehr käufliches Thorium-Glühstrumpfpäckchen. Beide zeitlich unterschiedlichen Tonaufnahmen wurden bei der Umkodierung mit dem PC-Programm XMedia Recode 3.4.5.9 von Sebastian Dörfler ins freie OGG-Format jeweils auf 100 % Aussteuerung normalisiert. (Das bedeutet auch, dass der zufälligerweise höchste Impuls die Lautstärke des Hintergrundrauschens bestimmt!)
Ausgangssignal am Smartfon, aufgenommen mit dem freien Android-Programm Audio Recorder 3.4.3
Ganz anders hört es sich am Mikrofoneingangs meines PCs an, irgendwie unterirdisch wie knallende Sektkorken in der Kanalisation. Aufgenommen mit dem Windows7-Audiorekorder.
Zum Analysieren der Kurvenform ist das freie Programm Audacity bestens geeignet. Dazu braucht man allerdings das Original in Form einer WAV-Datei. (Die komprimierten Versionen zeigen starke Verfälschungen der Kurvenform!).
Der gesamte Original-WAV-Kurvenverlauf am Smartfon-Ausgang, passend zur obigen Audiodatei. Man sieht hier schon, dass das Signal invertiert ist. Denn ein positiver Puls am OPV-Ausgang erzeugt einen höheren Laststrom, der die Versorgungsspannung "einbrechen" lässt.
Audacity ermöglicht das Herausselektieren einzelner Impulse, hier der erste der beiden großen Doppelimpulse. Die Pulslänge liegt bei 600 µs, der Schwanz danach bei ca. 9 ms. Kritisch für die Schwellwerteinstellung am Diskriminator ist der Unterschwinger, der die gleiche Richtung hat wie der negative Impuls. Denn der kann bei großen Impulsen deutlich höher als das Rauschen sein. Es sei denn, man baut eine Totzeit von ca. 9 ms ein. Wer also höhere Zählfrequenzen als ca. 6000 pro Minute anstrebt, findet hier noch Optimierungspotenzial.
So ungefähr gibt sich der Pocket Geiger. Leider haben sich Android und deren Händys inkompatibel weiterentwickelt. Um an das Menü zur Einstellung der Schwellwerte usw. zu gelangen, braucht man das Programm Menütaste, das sich hier als verschiebbare durchscheinende weiße drei Pünktchen über den Bildschirm legt.
PC-Auswertung mit dem Pulse Recorder Analyzser Version 3.2 von Marek Dolleiser. Rechts die PIN-Sonde, eingespannt in einen "Schreibtischschraubstock" über einer Thorium-Glühstrumpfpackung als Probe.

Technische Eigenschaften

Anschluss Stereo-Klinkenbuchse 3.5 mm
Maße 92 x 35 x 30.5 mm³
Gewicht 83.2 g
Spannung 2.5 - 3.5 V (Leerlauf, über Smartfon oder PC)
Strom 225 µA @ 3 V (gemessen)

Messgeräte

Amperemeter Extech MN16 [Conrad]
Voltmeter Extech EX350 [Conrad]

Stückliste (ohne Gewähr)

Bauteil Typ
Bezug
Alu-Gehäuse 1550WA wasserdicht
Conrad
2fach-OPV MCP6002-I/P
Conrad
Klinkenbuchse 3.5 mm, dreipolig
ELV
Klinkenstecker 3.5 mm, dreipolig
Conrad
Klinkenstecker 3.5 mm, vierpolig
ELV
Klinkenkabel (PC) 3.5 mm, dreipolig, 50 cm
ELV
10 x PIN-Dioden BPW34 Vishey
ELV
1 m Mikrofonkabel 2 x 0.14 mm²
Conrad
Keramik-Kondensator 10 pF
ELV
Keramik-Kondensator 220 pF
ELV
2 x Keramik-Kondensator 1µF
Conrad
2 x Keramik-Kondensator 100nF
ELV
Keramik-Kondensator 470 nF
Conrad
Widerstand 560 Ohm
ELV
Widerstand 1k
ELV
Widerstand 100k
ELV
Widerstand 270k
ELV
Widerstand 330k
ELV
Widerstand 470k
ELV
Widerstand 10M
Conrad
IC-Fassung achtpolig
ELV
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2022-10-01
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© Manfred Bromba - CC BY-SA
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