Wort zum Sonntag: Die wünschenswerteste Personalunion

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Wir Menschen sind mit sehr verschiedenen Geistesgaben und körperlichen Fähigkeiten ausgestattet. Soll sich unser Gemeinschaftsleben harmonisch und friedlich gestalten, müssen wir unsere Gaben und Fähigkeiten in die Gemeinschaft einbringen. Wir sind aufeinander angewiesen. Der Theaterdichter mag die erfolgreichsten Stücke schreiben, ohne den Schauspieler, der sie darstellt, bleiben sie tot. Der Sportler hat den Trainer und dieser den Sportler nötig. Der Arbeiter kann nur dann eine Maschine bedienen, wenn der Konstruktor sie entworfen hat. Das tiefgründigste Werk eines Theologen bleibt totes Gut, wenn es nicht gelesen wird. So ist es auf allen Gebieten unseres Daseins, wir sind aufeinander angewiesen.

Das zeigt uns auch im Lukasevangelium die Begebenheit mit den beiden Schwestern Maria und Martha. Beide wollen Christus ihre Zuneigung zeigen. Martha sorgt sich für das leibliche Wohl ihres Gastes, Maria will sich von Jesus belehren lassen. Wir sollen von beiden Schwestern etwas in uns aufnehmen: die leibliche Fürsorge für unsere Mitmenschen und das wache Ohr für die Botschaft Christi. Die hl. Franziska von Rom (1384 - 1440) verstand es meisterhaft, geistige Gabe mit leiblicher Aufgabe zu verbinden. Sie war eine vorbildliche Hausfrau und eine eifrige Christin. Das gipfelte in ihrer Lebensauffassung: „Der Herd ist so wichtig wie der Altar!“

Wir sind stolz auf unsere europäische Kultur. Sie entsprang aus zwei Quellen, aus einer geistigen und einer materiellen. Diese beiden Quellen hat uns der Schutzpatron Europas, der hl. Be-nedikt, erschlossen (480 - 547). Sie heißen: „Ora et labora – Bete und arbeite!“ Mit diesen beiden Werten haben die Benediktiner den kampf- und raublustigen Germanen das Schwert entwunden und ihnen dafür den Pflug und die Maurerkelle in die Hand gedrückt. Mit anderen Worten: Christlicher Glaube gepaart mit Fleiß und Erfindungskraft der Menschen haben die Kultur Europas geschaffen. Das gelang nur, als sich der „Oramensch“ mit dem „Laboramenschen“ zur Einheit verbunden hat. Solange beide Gaben, das „Ora“ und das „Labora“, im Menschen eine Einheit bleiben, ist es um unsere Zukunft gut bestellt.

Will der Europäer nur ein „Laboramensch“ sein, was ist die Folge? Der hl. Franz von Assisi wurde gefragt, warum seine Mitbrüder kein Eigentum haben wollen. Er antwortete: „Wer etwas besitzt, will sein Besitztum verteidigen. Dazu benötigt er Waffen!“ Waffen bedeuten Kampf. „Laboramenschen“ wollen besitzen und ihr Eigentum vergrößern. Dazu benützen sie ihre Waffen. Alle Wirtschafts- und Raubkriege werden von waschechten „Laboramenschen“ vom Zaun gebrochen. Und was ist die Folge? Die mit großer Mühe aufgebauten Städte werden in Trümmerhaufen verwandelt. Der „Laboramensch“ kann keinen dauernden Frieden und keine materielle Sicherheit schaffen.

Sollen wir nun ins Gegenteil fallen und reine „Oramenschen“ werden? Das hilft uns auch nicht. Einige Fischer waren zum Fischfang mit einem Boot auf dem Meer. Plötzlich erhob sich ein Sturm. Sie fürchteten sich so sehr, dass sie die Ruder wegwarfen und den Himmel anflehten, sie zu retten. Aber das Boot wurde immer weiter vom Ufer weggetrieben. Da sagte ein alter Fischer: „Warum haben wir die Ruder weggeworfen? Zu Gott beten und rudern – nur beides zusammen kann uns helfen!“ Aus einer Urerfahrung ist das Sprichwort entstanden: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“
Vereinen wir in uns den „Laboramenschen“ mit dem „Oramenschen“ zu einer Personalunion. Sie ist die wünschenswerteste Personalunion. Dadurch behalten wir die rechte Orientierung durchs Leben und mit dem „Ora et labora – bete und arbeite“ schaffen wir eine lebenswerte Zukunft.