Wie hilft die Abzinsung beim Vergleich von Investitionen?

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Die Abzinsung – auch Diskontierung genannt – ist eine Berechnungsmethode zur Ermittlung des Werts einer zukünftigen Zahlung zum aktuellen Zeitpunkt.

Die Abzinsung ist eine Rechenmethode, die sowohl bei investitionspolitischen Entscheidungen nützlich ist, als auch manchmal bei der Bilanzerstellung erforderlich ist. Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel, wie man die Abzinsung berechnet, wofür man sie benötigt und was es im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten und Rückstellungen zu beachten gibt.

Abzinsung einfach erklärt

Die Abzinsung – auch Diskontierung genannt – ist eine Berechnungsmethode zur Ermittlung des Werts einer zukünftigen Zahlung zum aktuellen Zeitpunkt. Das Gegenteil der Abzinsung ist die Aufzinsung, bei welcher der zukünftige Wert einer gegenwärtigen Zahlung ermittelt wird.

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Der Grundgedanke hinter der Abzinsung ist, dass aufgrund der Existenz von Zinsen ein Geldbetrag zum aktuellen Zeitpunkt nicht denselben Wert in der Zukunft hat. Im Rahmen der Zinseszinsrechnung lässt sich per Abzinsung ermitteln, welches Anfangskapital nötig ist, wenn das Endkapital, der Zinssatz und die Laufzeit bekannt sind.

Abzinsung berechnen

Zur Berechnung der Abzinsung gibt es eine Formel, die auch in der Zinseszinsrechnung zum Einsatz kommt. Sie sieht wie folgt aus:

Barwert = Ursprungswert x Abzinsungsfaktor

Der Barwert wird auch Gegenwartswert genannt und ist die Höhe des Betrags zum aktuellen Zeitpunkt.

Der Abzinsungsfaktor in der obigen Formel wird so berechnet:

Abzinsungsfaktor = 1 / (1+r)^n = 1 /q^n

r steht dabei für den Zinssatz, mit dem abgezinst werden soll und n für die Laufzeit, die betrachtet wird.

Beispiel für die Abzinsung

Um die obige Formel zu verdeutlichen, schauen wir uns nun die Abzinsung an einem Beispiel an. Wir stellen uns die Frage, wie viel ein Geldbetrag in Höhe von 2.000€, den wir in 5 Jahren erhalten, heute wert ist. Wir gehen von einem Zinssatz von 6% aus. Den Barwert oder den Gegenwartswert berechnen wir mit Hilfe der Formel für die Abzinsung. Zuerst berechnen wir den Abzinsungsfaktor:

Abzinsungsfaktor = 1 / (1+0.06)^5 = 0,747

Anschließend setzen wir den Abzinsungsfaktor in die Formel ein:

*Barwert = 2.000€ x 0,747 = 1.494,52€ *

Investiert man heute also zum Beispiel 1.494,52€ und erhält einen festen jährlichen Zinssatz von 6%, beträgt der Wert der Investition in fünf Jahren genau 2.000€.

Restlaufzeit für Monate und Tage

Beträgt die Restlaufzeit keine vollen Jahre, müssen bei der Abzinsung Zwischenwerte gebildet werden. Das heißt, der Abzinsungsfaktor wird auf Monatsbasis bzw. Tagesbasis berechnet. Für eine Laufzeit von 1 Jahr, 5 Monaten und 8 Tagen sieht das so aus:

Abzinsungsfaktor für 2 Jahre: 0,898 Abzinsungsfaktor für 1 Jahr: 0,948 Differenz der beiden Abzinsungsfaktoren: 0,05 Abzinsungsfaktor für 5 Monate und 6 Tage: 6 / 12 x 0,05 + 8 / 360 x 0,05 = 0,026 Anzuwendender Abzinsungsfaktor: 0,948 – 0,026 = 0,922

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Wozu benötigt man die Abzinsung?

Nun können wir die Abzinsung berechnen, doch was bringt sie einem? Die Antwort darauf: Mit ihrer Hilfe lassen sich Zahlungen zu verschiedenen Zeitpunkten miteinander vergleichen. Für die Finanz- und Investitionspolitik eines Unternehmens ist dies von enormer Bedeutung.

Hat ein Unternehmen zum Beispiel die Wahl zwischen zwei Investitionsmöglichkeiten, kann es anhand der Abzinsung berechnen, welche der beiden lohnenswerter ist. Es schaut sich dabei an, welche Erträge die beiden Investitionen zu einem zukünftigen Zeitpunkt einbringen würden und zinst diese Erträge dann auf den aktuellen Zeitpunkt ab.

Damit sieht es, wie viel es aktuell investieren müsste, um einen bestimmten Ertrag zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu erzielen. Die Entscheidung, welche Investition getätigt werden soll, fällt auf diese Weise leichter.

Abzinsung im Steuerrecht

Abzinsung von Verbindlichkeiten

Das Einkommensteuergesetz (EStG) schreibt vor, dass Verbindlichkeiten mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen sind. Dieser Wert stammt noch aus dem Jahr 1999, also lange vor der Finanzkrise, wo die Leitzinsen deutlich höher waren als heute. Nichtsdestotrotz muss mit diesem Wert abgezinst werden, wenn ein Unternehmen seine Verbindlichkeiten auf der Steuererklärung kenntlich machen muss.

Dabei gibt es jedoch einige Ausnahmen, bei denen Verbindlichkeiten nicht abgezinst werden müssen:

Ein Bankdarlehen muss deshalb beispielsweise nicht abgezinst werden, da es sich um ein verzinsliches Darlehen handelt. Ebenfalls muss ein Kredit, der vom Käufer gewährt wurde (z.B. eine Finanzierung eines Autohändlers) nicht abgezinst werden.

Den Abzinsungsfaktor findet man in Tabelle 2 zu §12 Abs. 3 BewG (Bewertungsgesetz). Man muss ihn deshalb nicht selbst berechnen, sondern sucht diesen für die entsprechende Laufzeit aus der Tabelle aus und setzt ihn dann direkt in die Abzinsungsformel ein.

Beispiel

Ein Unternehmen hat zum Bilanzstichtag am 31.12.2021 eine unverzinsliche Verbindlichkeit in Höhe von 18.000€ mit einer Laufzeit von 3 Jahren, die in monatlichen Raten von 500€ zurückbezahlt wird. Gemäß Tabelle beträgt der Abzinsungsfaktor für diese Laufzeit 0,852.

Wir rechnen also:

Barwert = 18.000€ x 0,852 = 15.336€

Die Differenz (2.664€) zwischen dem Rückzahlungsbetrag (18.000€) und dem Barwert (15.336€) stellt aus steuerlicher Sicht ein Ertrag für das Unternehmen dar und muss als solcher erfasst werden. Das heißt, die Steuerlast erhöht sich dadurch.

Ein Jahr später beträgt die Restlaufzeit der Verbindlichkeit noch 2 Jahre. Der Abzinsungsfaktor beträgt 0,898 und damit lautet unsere Gleichung:

Barwert = 18.000€ x 0,898 = 16.164€

Die Verbindlichkeit wird nun also hochgebucht, wodurch für das Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr aus steuerlicher Sicht ein Verlust entsteht und somit weniger Einkommen versteuert werden muss.

Ist die Laufzeit einer unverzinslichen Verbindlichkeit nicht bekannt, muss sie geschätzt werden. Um die steuerrechtliche Abzinsung zu vermeiden, sollten Unternehmen deshalb mit ihren Gläubigern verzinsliche Verbindlichkeiten vereinbaren, sofern möglich.

Abzinsung von Rückstellungen

Für die Abzinsung von Rückstellungen gelten ähnliche Regeln wie bei den Verbindlichkeiten. In folgenden Fällen muss eine Rückstellung nicht abgezinst werden:

  • Laufzeit zum Bilanzstichtag kürzer als 12 Monate
  • Rückstellung ist eine Vorausleistung
  • Die der Rückstellung zugrundeliegende Verbindlichkeit ist verzinslich

Die Berechnung erfolgt ebenfalls mit einem Zinssatz von 5,5%, sofern es sich nicht um Pensionsrückstellungen handelt. Bei diesen wird mit einem Zinssatz von 6% gerechnet.

Beurteilung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen für die Abzinsung

Ob eine Verbindlichkeit oder Rückstellung abgezinst werden muss, muss für jeden Fall separat überprüft werden. Das Gesetz spricht hierbei auch vom Einzelbewertungsprinzip.

Eine Ausnahme darf nur bei sogenannten Massenverpflichtungen gemacht werden, d.h. wenn eine große Menge an gleichartigen Verbindlichkeiten oder Rückstellungen vorliegen.

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