Wann sollten Sie einen Vorschuss gewähren und unter welchen Bedingungen?

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Für Sie als Unternehmer:in ist es wichtig zu wissen, dass es Ihnen freisteht, eine Bitte um einen Vorschuss abzulehnen oder dieser zuzustimmen, je nachdem, wie es um das Vertrauensverhältnis bestellt ist.

Oje, das Geld wird knapp! Die meisten Menschen, die in einem Angestelltenverhältnis arbeiten, durch Freiberuflichkeit auf sich selbst gestellt sind oder das Studierendenleben kennengelernt haben, können diese Not vermutlich nachempfinden. Für Angestellte gibt es die Möglichkeit mit der Bitte um einen Vorschuss an die:den Arbeitgeber:in heranzutreten. Doch welche Rechte und Pflichten sind für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen mit Lohnvorschüssen verbunden?

Inhalt:

Definition: Was versteht man unter einem Vorschuss?

Ein Vorschuss ist eine Vorauszahlung des:r Arbeitgeber:in an den:die Arbeitnehmer:in. Der Unterschied zu einem Darlehen besteht darin, dass es sich bei einem Vorschuss lediglich um die Verschiebung der normalen Lohnzahlung handelt. Es wird also Geld ausgezahlt, für das noch Arbeit geleistet werden muss. Außerdem müssen von einem Vorschuss Lohnsteuer und Sozialabgaben abgezogen werden.

Beispiel: Frau Klein bittet ihre Arbeitgeberin Frau Schulte im März um einen Vorschuss auf den Lohn des Folgemonats. Ohne dieses Geld wäre sie nicht in der Lage, ihre Versicherungsbeiträge zu zahlen. Frau Schulte bewilligt den Vorschuss. Der Lohn des Monats April wird mit dem Vorschuss verrechnet und dementsprechend weniger ausgezahlt.

Besteht ein grundsätzlicher Rechtsanspruch auf einen Vorschuss?

Normalerweise hat ein:e Arbeitnehmer:in keinen Anspruch auf einen Vorschuss. Sollte eine vorgezogene Zahlung benötigt werden, liegt es im Ermessen des:der Arbeitgeber:in, ob guter Wille gezeigt und ein Vorschuss bewilligt wird.

In der Regel wird ein Vorschuss erst dann gezahlt, wenn die Probezeit abgeschlossen ist und ein entsprechendes Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde. Doch natürlich gibt es auch hier Ausnahmen.

Die Fürsorgepflicht des:der Arbeitgeber:in

Wenn ein:e Arbeitnehmer:in sich in einer Notlage befindet, die vorher nicht abzusehen war und plötzlich auf einen Vorschuss angewiesen ist, kann mit der Fürsorgepflicht des:der Arbeitgeber:in gegenüber dem:der Arbeitnehmer:in argumentiert werden. In diesem Fall ist ein Rechtsanspruch möglich.

Betriebsinterne Regelungen

Eine weitere Ausnahme sind Regeln innerhalb eines Unternehmens. In Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen können Regelungen bezüglich einer vorgezogenen Lohnzahlung festgehalten sein. Es lohnt sich also für beide Seiten, diese Bestimmungen zu kennen.

Das Limit: Die Höhe eines Vorschusses darf drei Monatsgehälter, bzw. 2600 Euro, nicht überschreiten.

Pflicht zur Rückzahlung von Überzahlungen

Hat ein:e Arbeitnehmer:in mehr Geld erhalten, als ihr:ihm zusteht, muss dieser Betrag an den:die Arbeitgeber:in zurückgezahlt werden. Der § 818 Abs. 3 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der besagt, dass Geld nicht zurückgezahlt werden muss, sofern es seinem Zweck zugeführt worden ist und somit nicht als Bereicherung zu werten ist, gilt an dieser Stelle nicht.

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Beispiel: Herr Meier erhält von seiner Arbeitgeberin Frau Schulte einen Vorschuss in Form eines ganzen Monatsgehalts. Wenig später kündigt er seine Stelle. Von diesem Zeitpunkt an kann der Vorschuss nicht mehr mit zukünftigen Löhnen verrechnet werden. Eine Rückzahlung des gesamten Betrags ist jetzt Pflicht.

Auch hier gibt es aber einen Sonderfall:

Reisekosten

Vorschüsse auf Reisekosten sind ein Ausnahmefall. Werden folgende drei Bedingungen eingehalten, sind sie sowohl steuer- als auch beitragsfrei:

  1. Der gezahlte Betrag muss der Höhe der Kosten entsprechen, die die:der Arbeitnehmer:in zu begleichen haben wird. Hierbei kann es sich zum Beispiel um die Kosten für eine Übernachtung im Hotel handeln.
  2. Die Verwendung des Geldes für eine auswärtige Tätigkeit muss klar nachweisbar zugeordnet sein. Dessen kann mit einem Vermerk Sorge getragen werden, dass das ausgezahlte Geld für die Dienstreise bestimmt ist.
  3. Nach der Dienstreise oder der anderweitigen auswärtigen Tätigkeit muss eine Abrechnung der tatsächlich geleisteten Spesen vorgenommen werden. Es ist erforderlich, dass der Vorschuss in diese Rechnung mit einbezogen wird.

In welchem anderen Kontext kann von Vorschüssen die Rede sein?

Nicht nur in Angestelltenverhältnissen ist von Vorschüssen die Rede. Es kann sich hierbei auch um einen Vorschuss, bzw. eine Anzahlung auf eine ausstehende Dienstleistung oder auszuliefernde Produkte handeln.

In diesem Fall wird der Vorschuss in der Regel verhandelt, abhängig von den Gegebenheiten der betreffenden Branche. Wichtig ist es, eine Vorschussrechnung auszustellen und nach Abschluss der gesamten Transaktion eine Schluss-Rechnung.

Die Drittel-Regelung: Diese kommt häufig zur Anwendung und funktioniert wie folgt: Das erste Drittel des Gesamtbetrages wird bei der Auftragsstellung gezahlt. Das zweite Drittel der Zahlung erfolgt bei Lieferung, das letzte Drittel bei der Abnahme.

Wie sieht es mit Vorschusszinsen aus?

Vorschusszinsen werden von Bankinstituten verlangt, wenn der:die Sparer:in vor Fälligkeit auf Spareinlagen zugreifen möchte. Ein Vorschuss wird zinslos gezahlt. Auch zinslose Darlehen bis 2600 Euro kann Ihr Unternehmen anbieten. Wenn das ursprünglich zinslose Darlehen aber das Limit von 2600 Euro übersteigt, fallen Zinsen an.

Vorschuss oder Darlehen?

Vorschuss: Vorteile

  • auch, wenn der Vorschuss über 2600 Euro liegt, müssen keine Zinsen verlangt werden
  • Tilgung erfolgt über den Abzug vom Bruttolohn

Darlehen: Vorteile

  • einfacher in der Handhabung (bis 2600 Euro), da keine Abzüge wie Lohnsteuer und Sozialabgaben verrechnet werden müssen
  • Tilgung durch Abzüge vom Nettolohn
  • lohnsteuerpflichtiges Einkommen bleibt gleich

Fazit: Ein Vorschuss beruht auf Vertrauen

Für Sie als Unternehmer:in ist es wichtig zu wissen, dass es Ihnen freisteht, eine Bitte um einen Vorschuss abzulehnen oder dieser zuzustimmen, je nachdem, wie es um das Vertrauensverhältnis bestellt ist und welche internen Regelungen Ihr Unternehmen aufgestellt hat. Sollte Ihre Fürsorgepflicht gefragt sein oder eine Dienstreise im Raum stehen, sieht die Sachlage anders aus. Darüber hinaus sollte Ihr Unternehmen einen Standpunkt dazu haben, ob, bzw. wann ein zinsloses Darlehen und wann ein Vorschuss gewährt wird.

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