Angehörige von Imrali-Gefangenen stellen Besuchsantrag

Die Angehörigen von Abdullah Öcalan und seinen drei Mitgefangenen auf Imrali haben bei den türkischen Behörden erneut einen Antrag für einen Besuch gestellt. Seit mehr als zwei Jahren besteht kein Kontakt zu der Gefängnisinsel im Marmarameer.

Die Familienangehörigen von Abdullah Öcalan und seinen Mitgefangenen haben bei den türkischen Justizbehörden einen Antrag auf Erteilung einer Besuchserlaubnis gestellt. Der Antrag wurde am Freitag sowohl bei der Oberstaatsanwaltschaft in Bursa als auch bei der Vollzugsleitung des Inselgefängnisses Imrali, wo Öcalan und drei weitere politische Geiseln des türkischen Staates inhaftiert sind, eingereicht. Neben ihren Angehörigen fordert auch der Rechtsanwalt Mazlum Dinç, der zugleich Bevollmächtigter von Öcalan ist, Zugang zur Insel. Eine Antwort der Behörden liegt noch nicht vor.

Abdullah Öcalan befindet sich seit seiner Verschleppung in die Türkei im Jahr 1999 auf der im Marmarameer gelegenen Gefängnisinsel Imrali in Isolationshaft. Der letzte Kontakt zu ihm war ein Telefongespräch mit seinem Bruder im Frühjahr 2021, das nach wenigen Minuten unterbrochen wurde. Mit seinem Rechtsbeistand von der Istanbuler Kanzlei Asrin hatte Öcalan zuletzt im August 2019 Kontakt. Nach acht Jahren Unterbrechung waren mit einem von der inzwischen wieder inhaftierten Politikerin Leyla Güven angeführten Hungerstreik insgesamt fünf Anwaltsbesuche durchgesetzt worden. Der letzte Familienbesuch auf der Insel wurde im März 2020 abgesegnet.

Betroffen von der Isolation auf Imrali sind auch Öcalans drei Mitgefangene Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş, die 2015 im Zuge des Dialogs zwischen dem kurdischen Vordenker und der Führung in Ankara in das Inselgefängnis verlegt wurden. Als juristische Ummantelung für das Unrecht auf der Insel dienen der türkischen Justiz in der Regel willkürlich verhängte „Disziplinarmaßnahmen“ gegen die Imrali-Gefangenen. Auch die 2009 von Abdullah Öcalan verfasste „Roadmap für Verhandlungen“, die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als Verteidigungsschrift vorgelegt wurde, wird immer wieder für die Unterbindung von Besuchen herangezogen.

Hunderte Anträge auf Besuchserlaubnis

Nach Angaben des Anwaltsbüros Asrin sind seit Anfang 2021 mindestens 275 Anträge auf Besuchsgenehmigung für das Verteidigungsteam der Imrali-Gefangenen und 120 Anträge für Familienangehörige bei der Generalstaatsanwaltschaft Bursa und der Gefängnisdirektion gestellt worden. Keiner der Anträge wurde positiv beschieden. Auch Klagen vor dem türkischen Verfassungsgericht blieben ergebnislos.

Türkei verstößt nicht nur gegen eigene Gesetze

Dabei verstößt das Verbot von Anwaltsbesuchen im Imrali-Gefängnis offen gegen die 2015 aktualisierten Standard-Mindestregeln der Vereinten Nationen (UN) für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln), gegen die Empfehlungen des Antifolterkomitees des Europarats (CPT) und gegen das türkische Vollzugsgesetz (Gesetz Nr. 5275). Staaten sind verpflichtet, die Ausübung der Rechte von Gefangenen und Verurteilten ohne Rücksicht auf ihre Identität oder die Qualität ihrer Strafe zu gewährleisten. Doch die türkische Justiz ist nicht gewillt, die menschenverachtenden Haftbedingungen auf Imrali zu korrigieren und hält an einer Behandlung nach Feindstrafrecht fest.