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Veröffentlicht am 02.07.2022, 08:58

Lerne sie kennen

"Die Mätzchen": Eine Dreier­beziehung mitten in Graz

Graz - Anlässlich des Pride Months und der heutigen Christopher Street Parade in Graz haben wir mit den "Mätzchen" ein Interview geführt. Marcel, Marco und Michel führen bereits seit sechs Jahren eine polyamore Beziehung. Im Juli folgt dann die "Hochzeit". Im Artikel lernt ihr die drei etwas kennen.
von Redaktion6 Minuten Lesezeit (802 Wörter)Interview

Marcel (35), Marco (32) und Michel (24), auch bekannt als „die Mätzchen“, sind seit sechs Jahren ein polyamores Pärchen. Am Anfang waren es nur Marcel und Marco, die als homosexuelles Ehepaar auftraten. Bis sie Michel kennenlernten und sich beide in ihn verliebten. Seit je her gehen die drei durch dick und dünn. Nun läuten am 21. Juli die Hochzeitsglocken – genau zehn Jahre nach Marcel und Marcos Hochzeit. „Wir heiraten in einer freien Trauung. Es wird ein symbolischer Akt werden, um das Bestehen unserer Beziehung zu feiern“, erzählen sie. Im Interview mit 5 Minuten gewähren sie einen Einblick in das Leben eines polyamoren Pärchen.

Wie kann man sich das Leben in einer polygamen Beziehung vorstellen?

Der Entscheidungsprozess ist viel schwieriger bei drei Personen. Zurzeit sehen wir das stark bei den Hochzeitsvorbereitungen. Wenn jeder verschiedene Geschmäcker hat, ist es schwierig auf jeden Rücksicht zu nehmen und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Auf der anderen Seite kann man die ganzen Aufgaben und Pflichten, die man in einer Beziehung hat, auf drei Köpfe aufteilen. Das macht vieles manchmal leichter. Im Großen und Ganzem ist eine polyamore Beziehung einer monogamen sehr ähnlich.  

Werdet ihr untereinander eifersüchtig? Wie geht ihr mit solchen Situationen um?

Eifersucht ist bei uns kein Thema mehr. Gerade am Anfang war Marco recht eifersüchtig. Das hat sich aber recht schnell gelegt. Wenn man in einer polyamoren Beziehung ist und man kriegt das mit, dass der Partner mit einem anderen Menschen romantische, sexuelle Erfahrungen macht und dieser einen dennoch liebt wie früher – dann merkt man recht schnell, dass man keine Angst haben muss. Diese Erkenntnis führt dazu, dass die Eifersucht sich mit der Zeit auflöst.

Warum habt ihr euch dazu entschlossen, eure Beziehung auf Social Media und im Fernsehen öffentlich zu machen?

„Die Mätzchen“, also wir auf Instagram, ist ein Kind des Lockdowns. Uns war zu dieser Zeit langweilig und wir haben angefangen, Fotos von uns zu machen. Vorerst war der Account eigentlich nur für uns, unsere Freunde und ein paar Familienmitglieder gedacht. Wir waren totale Neulinge auf Instagram. Aber gleich nach dem ersten Foto hatten wir bereits 100 Abonnenten – es ging rasend schnell. Schließlich bekamen wir auch die ersten Anfragen vom Fernsehen. Viele haben wir abgelehnt. Unsere erste Show war dann bei Barbara Karlich. Wir kannten die Sendung aus unserer Kindheit und haben beschlossen, teilzunehmen. Dann kamen auch Anfragen von ATV und Vox. Mittlerweile sind wir in der Fernsehwelt angekommen und es gefällt uns. Wir glauben vor allem, dass es etwas bringt: Leute können erkennen, dass wir eine ganz normale Familie sind und dass man bei uns keine wilden Sachen sieht.

Habt ihr mit Vorurteilen zu kämpfen? Wenn ja, wie geht ihr damit um?

Ja, aber nur am Anfang, wenn man uns nicht kennt. Wir verstehen, dass jeder Mensch Vorurteile hat, auch wir. Wenn dann Leute sehen, dass drei Männer in eine Wohnung einziehen, haben sie halt Vorurteile – bis sie uns kennenlernen. Bestes Beispiel ist da unsere 82-jährige Nachbarin. Heute sagt sie, wie sehr sie uns liebt und dass sie es nicht verkraften könnte, wenn wir hier wegziehen würden. Andererseits haben wir oft bei Institutionen Probleme sowie auch bei der Wohnungssuche. Sobald herauskommt, dass wir eine polyamore Beziehung haben, haben wir oft die Wohnung nicht bekommen. Wenn wir aber behauptet haben, dass wir Brüder oder eine WG sind, war das kein Problem.

rbt

Wie gehen die Leute in eurer Umgebung mit eurer Beziehung um?

Für unsere Freunde war es von Anfang an kein Problem. Sie haben uns zwar gewarnt, aber dennoch unterstützt. Was unsere Familien betrifft, war es leider nicht so. Es gab in allen drei Familien Personen, die sehr stark dagegen waren. Sie haben sogar versucht, unsere Beziehung zu sabotieren und uns auseinanderzubringen. Heute haben wir eine Regel: Jeder einzelne von uns ist für die eigene Familie verantwortlich. Somit darf derjenige auch entscheiden, mit wem wir Kontakt haben und mit wem nicht. Natürlich sind Nachbarn eher skeptisch, aber mittlerweile sind wir voll in unsere Nachbarschaft hineingewachsen. Dennoch gab es schon einige erschreckende Vorfälle: Zum Beispiel hat jemand „Scheiß Schwule“ auf unser Auto geschrieben.

Was haltet ihr als Mitglieder der LGBTIQ+ Community vom Pride Month?

Wir finden den Pride Month gut. Man darf nicht vergessen, dass dieser Kampf, an dem während des Pride Month gedacht wird, noch nicht zu Ende ist. Das ist ein laufender Kampf. Auch wenn wir hier das Recht haben frei zu leben, ist das nicht überall so. Zum Beispiel in Ungarn, Polen und vielen anderen Ländern wird die LGBTIQ+ Community stark diskriminiert. Darauf muss aufmerksam gemacht werden. Genau deshalb sind sämtliche Paraden und Veranstaltung so wichtig – so können wir Sichtbarkeit schaffen.

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