Mal was Neues ausprobieren? Finanzierung der Energiewende aus Steuermitteln

Keine Abgabe für erneuerbare Energien mehr auf der Stromrechnung? In Zeiten von Pandemie und Wirtschaftskrise schaffen es auch ungewöhnliche Vorschläge in die Debatte. Denn die letzten Monaten haben gezeigt, wie schnell sich ein etablierter Rahmen ändern lässt. In diesem Sinne sprechen sich das Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut der Uni Köln (FiFo), die Stiftung Umweltenergierecht und Deutsche Energieagentur (dena) gemeinsam dafür aus, den Ausbau der erneuerbaren Energien aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren und die Umlage auf null zu senken.

Varianten zur Finanzierung von Erneuerbaren

Alternativen zum EEG: Finanzierung über Stromsteuer und CO2-Bepreisung Quelle: dena

Nach einer Kurzstudie von FiFo, Dena und Stiftung Umweltenergierecht gibt es zur Finanzierung der erneuerbaren Energien effizientere Alternativen als das derzeitige Umlagesystem. Eine Kombination von Stromsteuer und Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) könnte nach den Berechnungen den administrativen Aufwand verringern. Diese Auszahlungen an die Betreiber von geförderten Anlagen würden unverändert beibehalten.

Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten Betreiber von PV- und Windanlagen Zuschüsse für ihre Stromproduktion, um im Strommarkt wettbewerbsfähig zu sein. Finanziert wird diese staatliche Förderung bisher nicht aus dem Bundeshaushalt sondern über eine Abgabe, die durch die Energieversorger erhoben wird. Das zugrundeliegende Austausch- und Übertragungssystem zwischen den Marktteilnehmern ist sehr komplex. Insbesondere führen zahlreiche Ausnahmeregelungen und unklare Anwendungsfälle regelmäßig zu Streitigkeiten.

EEG-Umlage bremst neue Unternehmen

Zudem sehen sich viele Newcomer im Energiemarkt durch das EEG in ihrer Geschäftstätigkeit behindert. Insbesondere Startups, die neue Dienstleistungen für den Markt entwickeln, machen die Erfahrung, dass die Angebote zwar benötigt werden, aber aufgrund der Belastung durch die EEG-Umlage nicht darstellbar sind. Dazu gehören eine Versorgung mit Mieterstrom, eine Vermarktung von Windstrom über Power Purchase Agreements, der Betrieb von Speichern, die Flexibilisierung der Nachfrage, die Elektromobilität sowie die Umwandlung von Strom in Wasserstoff, Gas oder Wärme.

Letztlich verhindert das EEG damit, was es eigentlich ermöglichen sollte: CO2-freie Energie sollte auch im Verkehrssektor, im Wärmemarkt und in der Industrie genutzt werden. „Die EEG-Umlage ist eine Innovationsbremse und steht der Integrierten Energiewende mit ihren vielfältigen Geschäftsmodellen im Weg,“ erläutert Andreas Kuhlmann, dena.

Finanzierung über CO2-Preis und Stromsteuer

Das FiFo hat untersucht, wie hoch die eingenommenen Betrag aus dem EEG künftig sein werden. Demnach geht das Institut von 24,65 Mrd. Euro für 2021 einem sukzessiven Rückgang auf 14,71 Mrd. Euro bis 2030 aus. Diese Summen könnten alternativ durch die 2021 eingeführte CO2-Bepreisung für Brennstoffe in Kombination mit einer Verdopplung der Stromsteuer eingenommen werden.

Damit wäre der Bundeshaushalt für die Finanzierung des Ausbaus erneuerbarer Energien zuständig. Der rechtliche Rahmen existiert bereits: „Mit Einführung eines CO2-Preises für Brennstoffe wurde eine Verbindung zwischen dem Umlagesystem des EEG und dem Bundeshaushalt geschaffen, da die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung als Unterstützung für die Finanzierung der EEG-Umlage genutzt werden sollen“, erläutert Thorsten Müller, Stiftung Umweltenergierecht.

Entlastung für Verbraucher

Ein weiterer Aspekt des Vorschlags ist die Entlastung der Verbraucher. Die EEG-Umlage ist in den letzten Jahren gestiegen und dies würde auch für das kommende Jahr erwartet. Um das zu verhindern, wurden im Bundeshaushalt bereits Zuschüsse vorgesehen. Für den Verbraucher ergibt sich im nächsten Jahr inklusive Stromsteuer eine Abgabe für EEG und Stromsteuer von 8,55 Cent pro Kilowattstunde.

Die Studie schlägt nun vor, diesen Betrag auf 4,1 Cent pro Kilowattstunde zu senken. „Ein wettbewerbsfähiger Strompreis ist die Basis für die Integrierte Energiewende“ betont Kuhlmann. Die direkte und indirekte Nutzung des Stroms in den Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Industrie benötige dringend eine Verschlankung des Regelwerks. Nur so ergebe sich ein wirtschaftlicher Einsatz von Technologien und Energieträgern wie Wasserstoff und Speicher.

Belastung der Verbraucher je Kilowattstunde

Die EEG-Umlage bis 2030 in verschiedenen Varianten. Quelle: dena

Michael Thöne, FiFo sieht die Vorteile für Konjunktur und Bundeshaushalt gleichermaßen: „Mittelfristig punktet das Szenario mit einer schnellen Reduktion der eingesetzten Haushaltsmittel. Denn die steigenden Einnahmen aus dem BEHG sollen vollständig zur Gegenfinanzierung eingesetzt werden.“ Ab 2026 seien die Einnahmen dann um drei Milliarden Euro höher als nach der gegenwärtigen Regelung. Dieser Saldo steige weiter an.

Ersatz der EEG-Umlage durch alternative Finanzierung

Einnahmen aus EEG-Umlage im Vergleich zu Stromsteuer und CO2-Bepreisung Quelle: dena

Weniger Bürokratie durch bestehende Instrumente

Nicht zuletzt ist auch der Bürokratieabbau ein wichtiges Argument: Das EEG enthält 26 Paragrafen um die die Rechte und Pflichten und auch Ausnahmen zu regeln, die für Übertragungs-, Verteilnetzbetreiber, Stromlieferanten, Eigenversorger sowie stromintensive Unternehmen gelten. Müller betont den mehrfachen Nutzen einer Vereinfachung: „Statt eines Nebeneinanders von EEG-Umlage und Stromsteuer sollte sich der Gesetzgeber auf einen Mechanismus beschränken und damit zweifachen Aufwand vermeiden.“ Das heutige Regelwerk bedeute für Unternehmen und Staat vermeidbaren Aufwand und unnötige Kosten. Die Vereinfachung des Systems wäre nach Einschätzung der Autoren bereits zum 1. Januar 2021 umsetzbar.

 

www.dena.de

www.fifo-koeln.de

www.stiftung-umweltenergierecht.de

Bildquelle: Deutsche Energie-Agentur (dena, 2020): „Vorschlag für die Senkung der EEG-Umlage auf null“

 

 

 

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