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Betriebsvereinbarung ChatGPT

ChatGPT erfreut sich auch im beruflichen Kontext immer größerer Beliebtheit. Auch Arbeitgeber wissen um das Potenzial des Chatbots von openai und erwerben teilweise kostenpflichtige Lizenzen für die berufliche Nutzung. Das aber bringt den Betriebsrat und seine Rechte ins Spiel: Hat der Betriebsrat beim Einsatz von ChatGPT ein Mitbestimmungsrecht? Kann er den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ChatGPT verlangen?

In diesem Beitrag geben wir Dir unsere qualifizierte Einschätzung zu diesen Themen und beantworten Dir folgende Fragen:

  • Hat der Betriebsrat bei ChatGPT ein Mitbestimmungsrecht?
  • Auf welche Mitbestimmungsrechte kann sich der Betriebsrat berufen?
  • Kann das Gremium den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ChatGPT verlangen?
  • Was muss alles in einer solchen Betriebsvereinbarung enthalten sein?

Diese Fragen und weitere Punkte anlässlich des Einsatzes von ChatGPT im Unternehmen klären wir für Dich in diesem Beitrag. Wenn Deine Fragen im Beitrag nicht beantwortet werden sollten, so laden wir Dich ein, mit uns Kontakt aufzunehmen.

Umfassende Unterstützung für den Betriebsrat bei der Betriebsvereinbarung ChatGPT.

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Deine juristischen und technischen Sachverständigen

Raphael Lugowski

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Herr Lugowski ist der Gründer von Betriebsrat Kanzlei. Er verfügt über jahrelange Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit Betriebsräten. Mit seinen Schwerpunkten im Betriebsverfassungsrecht und dem Arbeitnehmerdatenschutz verhandelt er regelmäßig IT-Betriebsvereinbarungen und IT-Rahmenbetriebsvereinbarungen.

Kevin Wagner

IT Consultant

Herr Wagner ist Kooperationspartner der Kanzlei. Als IT-Consultant, Datenschutzbeauftragter und IT-Sicherheitsbeauftragter verfügt er über viel IT-Sachverstand im Hinblick auf die typischen IT-Systeme wie Microsoft 365, Workday oder Successfactors. Seit 2014 hält er Seminare für Betriebsräte und berät sie zu den relevanten IT-Systemen.

Mitbestimmung des Betriebsrats bei ChatGPT – Ordnung und Verhalten

Zunächst einmal könnten Betriebsräte an die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG denken, wenn es um den Einsatz von ChatGPT im Betrieb geht. Danach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.

Das Mitbestimmungsrecht greift immer dann, wenn der Arbeitgeber allgemeinverbindliche Verhaltensregeln aufstellt. Wenn das Zusammenwirken und Zusammenleben der Arbeitnehmer im Betrieb dadurch geregelt wird, hat der Betriebsrat insofern ein Mitbestimmungsrecht.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei ChatGPT besteht hingegen nicht, falls der Arbeitgeber das sog. Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer regelt. Dieses ist vom bereits erwähnten mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten abzugrenzen. Das Arbeitsverhalten ist betroffen, wenn der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers unmittelbar konkretisiert.

Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wird kontrovers diskutiert

Hinsichtlich des Einsatzes von ChatGPT vertreten Juristen teilweise, dass Arbeitgeber durch die Weisung, ChatGPT bei der Arbeit zu nutzen, nicht das Arbeitsverhalten konkretisieren, sondern eine Regelung zur Nutzung von ChatGPT im Betrieb und damit zum Ordnungsverhalten treffen. Entsprechend wird das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bejaht.

Dann gibt es wiederum juristische Stimmen, die insofern ein solches Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verneinen. Mit einer Weisung, ChatGPT im Rahmen der Arbeit zu nutzen, konkretisiere der Arbeitgeber die Arbeitsleistung mit seinem Direktionsrecht.

Unsere Einschätzung: Die besseren Argumente sprechen aus unserer Sicht dafür, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats insofern abzulehnen. Denn tatsächlich unterliegt es dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, die Arbeitsmittel zur Leistung der Arbeit festzulegen. Hierdurch stellen Arbeitgeber keine allgemeine Verhaltensregel auf, sondern legen eine Modalität der Durchführung der Arbeit fest.

Bis zu einer abschließenden Klärung durch die Rechtsprechung können Betriebsräte aber gegenüber dem Arbeitgeber gut vertreten, dass das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht. Sie müssen sich allerdings auf Einwände und Gegenargumente einstellen.

ChatGPT als technische Überwachungseinrichtung

Auch die Mitbestimmung des Betriebsrats bei ChatGPT nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG diskutiert die Juristenwelt kontrovers. Kann der Betriebsrat zumindest insofern den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ChatGPT verlangen? Teilweise behaupten Arbeitsrechtler, dass Arbeitgeber keinen Zugriff personenbezogene Daten hätten. Die personenbezogenen Daten wären nur für die Betreiber von openai verfügbar, nicht hingegen für den Arbeitgeber.

Mitbestimmung gegeben – Betriebsrat kann Abschuss Betriebsvereinbarung ChatGPT verlangen

Wir sind hingegen der Meinung, dass ein Mitbestimmungsrecht durchaus gegeben ist. Unzweifelhaft handelt es sich bei ChatGPT um eine technische Einrichtung. Sie ist auch zur Leistung- und Verhaltenskontrolle in der Lage, da die personenbezogenen Daten dem Zugriff von Arbeitgebern gerade nicht verschlossen sind.

Arbeitgeber könten ChatGPT z.B. in der Enterprise-Version kaufen und ihre Beschäftigten anweisen, ChatGPT für ihre Arbeit zu nutzen. Oder sie würden es den Arbeitnehmern freistellen, ChatGPT für ihre Arbeit zu verwenden. Dann würden Arbeitnehmer ChatGPT über den (kostenpflichtigen) Unternehmensaccount nutzen. Zwar gibt openai an, dass nur die Nutzer innerhalb einer Organisation ihre Konversationen mit dem Chatbot sehen können:

Within your organization, only end users can view their conversations. Workspace admins have control over workspaces and access. Authorized OpenAI employees will only ever access your data for the purposes of resolving incidents, recovering end user conversations with your explicit permission, or where required by applicable law.

FAQ openai

Doch gehört in diesem Fall der Account zweifellos dem Unternehmen. Entweder kennt der Arbeitgeber die Login-Daten oder er könnte den Arbeitnehmer anweisen, die Login-Daten zu verraten. Dann könnte er sich im vom Arbeitnehmer genutzten Account anmelden.

Und was würde er dann zu sehen bekommen? Wenn die entsprechende Funktion aktiviert ist, kann der Arbeitgeber dann die Chat-Historie einsehen. Er kann kontrollieren, welche Eingaben („Prompts“) der Arbeitnehmer gemacht hat und welche Art von Konversation er mit dem Chatbot geführt hat.

Kontrollmöglichkeit durch manuelles Einloggen in Account ausreichend

Aber ist das tatsächlich eine mitbestimmungspflichtige potenzielle Leistungs- oder Verhaltenskontrolle, wenn sich der Arbeitgeber in den Account einloggt und manuell kontrolliert? Ja, das reicht für das Mitbestimmungsrecht aus. Allein aufgrund der steten Speicherung der Eingaben und Chatverläufe erweitert ChatGPT die menschlichen Kontrollmöglichkeiten.

Alles in allem ist ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG aus unserer Sicht zu bejahen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Enterprise-Lizenz handelt oder der Arbeitgeber den Beschäftigten eine kostenpflichtige oder kostenfreie Account-Version bereitstellt.

Betriebsvereinbarung ChatGPT – Leistungs- und Verhaltenskontrolle ausschließen

Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung ChatGPT ist aus unserer Sicht unbedingt anzuraten. In einer solchen Betriebsvereinbarung ChatGPT sind die Leitplanken der Nutzung von ChatGPT im Betrieb zu regeln. Dies gilt vor allem für den Arbeitgeber, damit er das System nicht für Leistungs- und Verhaltenskontrollen einsetzt.

Der Betriebsrat sollte mit dem Arbeitgeber also Regelungen vereinbaren, die es dem Arbeitgeber untersagen, auf die in ChatGPT generierten Leistungs- und/oder Verhaltensdaten Zugriff zu nehmen. Noch besser ist eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung ChatGPT, die auf technischer Ebene die Maßgabe aufstellt, dass personenbezogene Leistungs-/Verhaltensdaten gar nicht erst generiert werden.

Technische Einstellungen in ChatGPT in Betriebsvereinbarung regeln

So kann etwa die Betriebsvereinbarung ChatGPT vorsehen, dass die Einstellung „chat history and model training“ auszuschalten ist. Dies hätte zur Folge, dass ChatGPT die Chat-Hostorie in der Sidebar nicht mehr speichern würde. Mit jedem Ausloggen würde ChatGPT den aktuellen Chat löschen. Auch besteht die Möglichkeit, den Chat sofort über den Button „Clear“ zu löschen.

Das heißt allerdings nicht, dass ChatGPT die eingegeben Daten damit nicht erfassen würde. Openai schreibt hierzu:

When history is turned off, new chats on this browser won’t appear in your history on any of your devices, be used to train our models, or stored for longer than 30 days.

Data Controls FAQ von openai

Das heißt also, dass die Daten durchaus vorgehalten werden, jedoch nicht mehr im Zugriff des Accounts sind. Openai versichert, dass deren Mitarbeiter Chatverläufe nur bei Missbrauch sichten würden. Im Übrigen sind die Chatverläufe weder im Account sichtbar noch nutzt ChatGPT die Konversationen zur Fütterung des Trainingsmodells (in der Enterprise-Version kann das ohnehin nicht passieren). Nach 30 Tagen löscht ChatGPT die Kommunikation endgültig.

Damit können Arbeitgeber und Betriebsrat die Thematik der möglichen Leistungs- und Verhaltenskontrolle technisch über die Einstellungen lösen. Dies sollten die Betriebsparteien in der Betriebsvereinbarung zu ChatGPT festhalten.

Inhalte einer Betriebsvereinbarung zu ChatGPT

Der Aspekt der Leistungs- und Verhaltenskontrolle ist nicht das einzige Thema, dass es in der Betriebsvereinbarung ChatGPT zu regeln gilt. Daneben gibt es noch weitere Bereiche, die in einer Betriebsvereinbarung unbedingt einer Klärung zugeführt werden sollten.

Dazu gehört insbesondere auch das Datenschutzrecht. Hier geht es einerseits um personenbezogene Daten, die in das System eingegeben werden könnten. Openai gibt an, dass ChatGPT diese Daten für einen gewissen Zeitraum speichert – selbst in der Enterprise-Version. Der Zweck der Speicherung besteht darin, Vorfälle zu lösen, Unterhaltungen bei Anordnung oder einer gesetzlichen Verpflichtung wiederherzustellen.

Sollte Arbeitgeber ChatGPT nicht in der Enterprise-Version nutzen, würde ChatGPT die Daten zudem in das Trainingsmodell einspeisen.

Für die mit der Nutzung von ChatGPT verbundenen Zwecke gibt es keine Rechtsgrundlage für die Eingabe, Weitergabe und sich hieran anschließende Speicherung von personenbezogenen Daten. Aus diesem Grund sollte eine Betriebsvereinbarung ChatGPT vorsehen, dass die Eingabe von personenbezogenen Daten (und erst recht besondere Kategorien von personenbezogenen Daten) untersagt ist. Dies betrifft sowohl die Arbeitgeberseite wie auch die Beschäftigten.

Andererseits dürften auch Arbeitgeber ein vitales Interesse daran haben, dass ChatGPT auch die sensiblen Unternehmensdaten nicht in das eigene Trainingsmodell einspeist, sofern die nicht die Enterprise-Version verwendet wird. Openai gibt an, dass ChatGPT Fragen und Informationen für eigene Zwecke zur Verbesserung der Dienste verwendet Deshalb sollte auch die Eingabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in einer Betriebsvereinbarung ChatGPT geregelt und strikt untersagt werden.

Sinnvolle Inhalte in einer Betriebsvereinbarung ChatGPT

Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Punkte, die die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung ChatGPT regeln sollten. Hier eine nicht abschließende Übersicht:

  • Zweck des Einsatzes von ChatGPT im Betrieb
  • Lizenz: Welche ChatGPT-Lizenz soll genutzt werden?
  • Ggf. Einsatz von eigenen Trainingsdaten per API-Schnittstelle
  • Welche Beschäftigtengruppen sollen ChatGPT nutzen dürfen?
  • Im Rahmen welcher Tätigkeiten und Arbeitsschritte soll ChatGPT zum Einsatz kommen?
  • Informationen an Beschäftigte über KI-Grundlage von ChatGPT
  • Ggf. Wahlrecht von Beschäftigten, ChatGPT zu nutzen
  • Maßgaben zur Verwendung von ChatGPT
  • Möglichkeit der Privatnutzung
  • Ausschluss des Zugriffs auf den Account der Beschäftigten
  • Datenschutz und datenschutzfreundliche Voreinstellungen
  • Ausschluss von Leistungs-/Verhaltenskontrollen
  • Verbot des Exports von Chatverläufen (per Einstellung)
  • Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Beschäftigten und ChatGPT
  • Schulungen zu einem konstruktiven Einsatz des Systems
  • Regelungen zum Missbrauch von ChatGPT
  • Maßgaben zum Urheberrecht der Ausgagen von ChatGPT
  • Kontrollrechte des Betriebsrats bzgl. Einstellungen / zweckentsprechender Verwendung
  • Halbjährliche Evaluation der Möglichkeiten von ChatGPT

Du siehst also, dass die Betriebsvereinbarung zu ChatGPT vielleicht doch nicht so trivial ist, wie die auf den ersten Blick reduzierte Oberfläche des Systems vermuten lässt. Da gibt es doch einige Themen, die die Betriebsparteien im Blick behalten müssen – auch abseits der zwingenden Mitbestimmung. Der Betriebsrat wird daher sehr gut argumentieren können, dass er einen Anspruch auf Hinzuziehung von sachverständigen Beratern hat.

Fazit zur Betriebsvereinbarung ChatGPT

Der Betriebsrat hat bei der Einführung und dem Einsatz von ChatGPT im Betrieb mitzubestimmen. Ein Mitbestimmungsrecht ergibt sich zwar nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da die Weisung, ChatGPT zu nutzen, das Arbeitsverhalten betrifft. Allerdings erweitert der Einsatz von ChatGPT die potenziellen Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers. Das führt dazu, dass das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von technischen Einrichtungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einschlägig ist. Der Umfang der Mitbestimmungspflichtigkeit von ChatGPT ist allerdings zurzeit noch strittig.

In einer Betriebsvereinbarung ChatGPT sollte der Betriebsrat insbesondere darauf achten, dass Arbeitgeber ChatGPT nicht für Leistungs- oder Verhaltenskontrollen nutzen. Dies sollte er durch Maßgaben zu technischen Einstellungen und ein Verbot der Leitungs-/Verhaltenskontrolle absichern. Darüber hinaus ist es auch unverzichtbar, in einer solchen Betriebsvereinbarung auch Maßgaben zum Datenschutz zu verankern.

Daneben können Betriebsrat und Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung ChatGPT noch zahlreiche weitere wichtige Themen regeln. Verhaltenspflichten im Umgang mit ChatGPT sind hierbei genau so wichtig wie die Sicherstellung, dass die Beschäftigten ChatGPT gewinnbringend einsetzen können. Auch Regelungen zur Möglichkeit der Privatnutzung erscheinen sinnvoll.