Nützliche Bakterien in der Nase als Therapieoption für Rhinosinusitis?

Nützliche Bakterien im Darm beeinflussen die Gesundheit. Eine aktuelle Studie legt nahe, dass es auch in unserer Nase solche „guten” Bakterien gibt. So hatten Menschen mit chronischer Sinusitis beziehungsweise Rhinosinusitis weniger Milchsäurebakterien eines bestimmten Stammes in den oberen Atemwegen.

Die Autoren der im Fachmagazin Cell Reports veröffentlichten Studie konnten außerdem einen Bakterienstamm identifizieren, der besonders gut an die sauerstoffhaltige Umgebung in der Nase angepasst ist. Als Teil ihrer Studie haben die Forscher als Proof-of-concept ein Nasenspray entwickelt, das Milchsäurebakterien in die Nase bringt. Diese waren in der Lage die oberen Atemwege gesunder Probanden zu besiedeln.

Um herauszufinden, ob die Bakterien die mit Darmgesundheit assoziiert sind, auch in den oberen Atemwegen eine Rolle spielen haben die Senior-Autorin der Studie, Sarah Lebeer von der Universität Antwerpen, und ihr Team Bakterien aus der Nase von 100 Gesunden mit denen von 225 Patienten mit chronischer Rhinosinusitis verglichen. Sie untersuchten die Prävalenz von 30 verschiedenen Bakterienfamilien in den oberen Atemwegen der Studienteilnehmer. Ergebnis: Bei Gesunden fanden sich bis zu zehn mal mehr Milchsäurebakterien in den oberen Atemwegen als bei Rhinosinusitis-Patienten. Die stäbchenförmigen Milchsäurebakterien sind dafür bekannt, pathogene Keime zu unterdrücken, weil sie durch Fermentation Milchsäure produzieren. Allerdings hat man diese Bakterien bisher noch nicht detailliert in der Nase untersucht.

Das taten die Autoren der vorliegenden Studie: Sie konnten einen bestimmten Milchsäurebakterienstamm identifizieren, der nicht nur anti-entzündliche und antibiotische Wirkung gegen Pathogene hatte, sondern auch spezifische Merkmale, die es den Bakterien erlauben sich optimal an die Umgebung in der Nase anzupassen. Milchsäurebakterien wachsen normalerweise am besten ohne Sauerstoff. Bei den Bakterien in der Nase konnten die Forscher allerdings Gene nachweisen, die es den Bakterien erlauben die höheren Sauerstoffkonzentrationen in der Nase und den oxidativen Stress zu tolerieren. Außerdem stellten die Forscher fest, dass diese bestimmten Milchsäurebakterien haarähnliche Strukturen – Fimbrien – auf ihrer Oberfläche haben. Diese erlauben es den Bakterien sich an Oberflächen anzuheften und deuten auf eine Interaktion zwischen Bakterium und Wirt in der Nase hin.

Als nächstes folgte der Versuch, die Ergebnisse in Vivo zu verifizieren. Allerdings ist “eine Einschränkung, dass es kein wirklich gutes Tiermodell oder mechanistisches Modell gibt, um die Interaktion in der Nase zwischen Bakterien und menschlichem Wirt zu testen”, erklärt Lebeer. “Das Nasenmikrobiom ist bei Mäusen sicher anders als beim Menschen. Außerdem sind Mäuse Nasenatmer, sie bekommen keine Rhinosinusitis und haben weniger Allergien oder Entzündungen.”

Allerdings konnten die Forscher aufgrund der Erfahrungen aus dem Labor und den bekannten sicheren Anwendungen von Milchsäurebakterien, die Bakterien direkt beim Menschen testen. Sie entwickelten ein probiotisches Nasenspray mit einem ausgesuchten Milchsäurebakterienstamm und testeten es an 20 gesunden Probanden. Dabei ist es nicht einfach, Bakterien in die Nase zu bringen, weil hier Fremdstoffe effizient abgewehrt werden. Nach zwei Wochen zwei mal täglicher Anwendung des Nasensprays, konnten die Forscher eine Besiedlung der Nase mit dem speziellen Milchsäurebakterienstamm nachweisen, ohne unerwünschte Nebeneffekte. Die Studie war nicht auf den Nachweis des Nutzens ausgelegt, allerdings berichteten einige Probanden von weniger Problemen mit der Nase und dass sie besser atmen könnten.

Als nächsten Schritt plant das Team um Lebeer zu untersuchen, ob die Fimbrien und die Fähigkeit oxidativen Stress zu tolerieren der Schlüssel für die nützlichen anti-inflammatorischen Eigenschaften des Bakterienstamms sind. Außerdem wollen sie herausfinden, welche antibiotischen Stoffe – außer Milchsäure – die Bakterien produzieren. Letztendlich ist das Ziel einen neuen Therapieansatz für chronische Rhinosinusitis, basierend auf einem probiotischen Nasenspray, zu finden. “Wir glauben, dass bestimmte Patienten vom Umbau des Mikrobioms der Nase profitieren würden und dass nützliche Bakterien in der Nase ihre Symptome reduzieren könnten”, betont Lebeer. Aber es sei noch ein langer Weg bis zur tatsächlichen Anwendung. (red/ja)

Originalpublikation:
De Boeck et al. Lactobacilli Have a Niche in the Human Nose. Cell Reports 2020;31,107674.

Quelle
Cell Press
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