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Gründer von bankrottem Fonds wollen Börse für Insolvenzforderungen aufbauen

So ein Ritt auf einer Kanonenkugel kann erfrischend sein. Ausschnitt von einem Bild von August Levin von Wille (1872)

Kein Witz: Die Gründer des insolventen Hedgefonds Three Arrows Capital haben sich mit den Gründern einer insolventen Börse zusammengetan, um den Handel mit Insolvenz-Ansprüchen zu revolutionieren. Dafür suchen sie nun 25 Millionen Dollar Kapital.

Die Methode, die Lösung für das Problem zu verkaufen, das man selbst verursacht hat, hat gestern einen neuen Höhepunkt erreicht.

Su Zhu und Kyle Davies sind die Gründer des Hedgefonds Three Arrows Capital (3AC), der im Juni pleite ging und den Krypto-Markt mit sich riss, unter anderem die Lending-Plattform Celsius. Zhu und Davies haben sich nun mit Mark Lamb und Sudhu Arumugam zusammengetan, die die Börse Coinflex gegründet haben. Coinflex ging ebenfalls in der Folge der Pleitewellen im Juni unter, konnte sich aber durch eine Restrukturierung und eine Tokenausgabe noch einigermaßen retten.

Klingt nach einem Dreamteam, oder? Aber wartet ab, was die vier zusammen aufbauen wollen.

Gestern kam eine Präsentation an die Öffentlichkeit, durch die Zhu, Davies, Lamp und Arumugam 25 Millionen Dollar an Investmentkapital einholen wollen. Zhu hat gegenüber Wu Blockchain bestätigt, dass die Präsentation echt ist.

Die vier haben vor, eine neue Börse zu gründen, der Arbeitstitel ist derzeit GTX. Diese Börse soll aber nicht nur den Handel mit Kryptowährungen und später auch Aktien erlauben – sondern auch und vor allem den mit Claims – also mit Ansprüchen auf die Konkursmasse gescheiterter Krypto-Unternehmen. Die Präsentation nennt explizit die Ansprüche der Gläubiger gegenüber FTX, Celsius, BlockFi und Mt.Gox. Durch sie sollen rund 20 Milliarden Dollar freigesetzt werden.

Also: Zhu und Davies, die eine Schlüsselrolle im Kollaps der Krypto-Märkte 2022 gespielt haben, helfen nun denjenigen, die Schulden bei bankrotten Krypto-Unternehmen haben, diese zu Geld zu machen. Ja, man soll sogar Ansprüche gegenüber Coinflex selbst handeln können. Ist das eine Art von Nächstenliebe, eiskalter Zynismus – oder ein verfrühter Aprilscherz?

Das Geschäftsvorhaben trieft zwar so sehr vor Ironie, dass fast jeder zuerst dachte, es sei ein Gag – hat aber doch Hand und Fuß. Es ist eine gute Idee, die ein Potenzial hat, das weit über den Kryptomarkt hinausreicht. Denn der Kauf und Verkauf von Ansprüchen an insolvente Unternehmen ist auf anderen Plattformen umständlich, teuer und für kleine Halter unmöglich. So können risikobereite Funds die Ansprüche nicht kaufen, und die Gläubiger bleiben für eine lange Zeit auf illiquiden Ansprüchen sitzen. Das ginge schon besser.

Auf der neuen Börsen sollen nun die Ansprüche gegenüber insolventen Krypto-Firmen wie FTX oder Celsius sofort handelbar und als Kollateral verwendbar sein, um sich andere Assets oder Währungen zu leihen. Damit wäre „GTX“ die einzige Börse, auf der man solche Ansprüche mit einem Orderbuch handeln und kollaterialisieren kann. Es gab Berichte, dass die Claims dabei tokenisiert werden, was naheliegend und spannend wäre, aber dies konnte ich noch nicht bestätigen.

Weiter ausblickend soll die neue Börse zunächst Krypto-Assets aufnehmen, um langfristig auch den Aktienhandel zu integrieren. Die bis zu 20 Milliarden Dollar, die als Forderungen an bankrotte Krypto-Unternehmen derzeit brach liegen, sollen als eine Art Kickstart Liquidität ins Orderbuch bringen. Damit möchte GTX in die Lücke springen, die der Ausfall von FTX hinterlassen hat.

So interessant die Idee ist, so riskant ist sie. Man verpackt Schulden als Wertpapiere neu, kollaterialisiert sie, macht aus ihnen womöglich Token, erlaubt den Handel damit – was soll schon schiefgehen? Die Insolvenz von 3AC scheint Su Zhu und Kyle Davies nicht den Appetit auf Risiko verdorben zu haben. Das verdient, so absurd es klingt, auf eine etwas schräge Weise Respekt.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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1 Kommentar zu Gründer von bankrottem Fonds wollen Börse für Insolvenzforderungen aufbauen

  1. Sehr gut geschrieben, – auch mal was zu lachen.
    Irgendwie ist Crypto auch „Kapitalismus pur“, wo am Ende alles handelbar ist.

    Was nicht erwähnt wurde: Bei der Gox-Pleite gibt es einen regen Handel mit „Claims“, allerdings noch traditionell mit Verträgen.

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